Management in Klein- und Mittelbetrieben


Seminararbeit, 2008

22 Seiten, Note: Sehr gut


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Problemstellung

2. Abgrenzung von KMU

3. Der Stellenwert von KMU im Wandel

4. Unternehmensführung in KMU

5. Innovationstätigkeit in KMU

6. Finanzierungsstrukturen von KMU

7. Zusammenfassung und Konklusion

8. Referenzen

1. Problemstellung

Historisch gesehen galt die Aufmerksamkeit der Betriebswirtschaft hauptsächlich den Großunternehmen. Erst in den letzten Jahrzehnten erfolgte eine verstärkte Fokussierung auf kleinere Betriebsgrößen, wie auch eine Vielzahl an in den letzten Jahren verfassten Lehrbüchern1 und gegründeten Fachjournale2 illustriert, welche speziell die Betriebswirtschaft der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) thematisieren. Dabei werden KMU zunehmend nicht mehr nur als „kleine Großunternehmen“ angesehen, sondern wegen der unterschiedlichen Organisationsstrukturen auch als „eigenständiger Typus“, für den ein einfaches ‚down-scaling’ der Erfahrungen mit Großunternehmen in den einzelnen Unternehmensbereichen nicht ohne weiteres möglich ist. Beispielsweise konzentrieren sich die unternehmerischen Funktionen in KMU zumeist nur auf wenige Personen, oder sogar den Eigentümer allein (Wilms 2003, S. 3f), ein direkter Vergleich mit der ausdifferenzierten Struktur von Großunternehmen (Management, Kapitaleigner, Aufsichtsorgane) ist in vielen Fällen unzulässig.

Wenn man heute von KMU spricht, werden diese häufig als „Motor der Wirtschaft“, „Rückgrat der Wirtschaft“ oder „Herzstück der Wirtschaft“ bezeichnet. Nach Angaben der KMU-Statistik der Wirtschaftskammer Österreich (2006) gehören 149.600 bzw. 99,3 Prozent der Arbeitgeberunternehmen zur Gruppe der KMU (<250 Beschäftigte), wobei in diesen Unternehmen 1.312.700 bzw. 61 Prozent der unselbstständig Beschäftigten angestellt sind. Die Bezeichnung „Motor der Wirtschaft“ ist in diesem Sinne also beinahe tautologisch.

Diese Arbeit soll dazu beitragen, ein besseres Verständnis über KMU, und darüber wie sie in der Betriebswirtschaftehre angesehen werden, zu bekommen. Welche Unterschiede bestehen in der Führungsebene im Vergleich zu großen Unternehmen? Welche typischen Stärken und Schwächen ergeben sich speziell für KMU? Mit welchen Strategien können sich KMU im Wettbewerb behaupten?

Einführend soll geklärt werden, was unter Klein- und Mittelbetrieben verstanden wird, welche Unternehmen dieser Gruppe hinzugezählt werden und wie sich diese vom Begriff „mittelständische Unternehmen“ abgrenzen. Weiters stellt sich die Frage, wie aus historischer Sicht in der ökonomischen Theorie auf KMU eingegangen wurde. Aus welchen Gründen wurden sie im Laufe der Zeit sowohl als Hindernis für wirtschaftliche Entwicklung als auch als Lösung jeglicher wirtschaftlicher Probleme gesehen?

Ebenfalls soll das Management von KMU genauer beleuchtet werden. Es werden die Gegensätze zwischen dem idealtypischem „Unternehmer“ und dem idealtypischen „Manager“ herausgearbeitet und untersucht, inwieweit diese Rollentrennung in KMU überhaupt zutrifft. Es soll diskutiert werden wie sich die beiden Typen sich in KMU ergänzen können um erfolgreich zu sein. In diesem Kontext wird auf die Unternehmensführung bei den sogenannten ‚hidden champions’ eingegangen, welche gewissermaßen den Idealtyp des erfolgreichen KMU darstellen.

Abschließend werden noch zwei zentrale Herausforderungen für KMU aufgezeigt. Einerseits handelt es sich dabei um die in der Literatur viel erörterte‚Eigenkapitallücke’ bei KMU, wo im Prinzip vielfach das Dilemma besteht, dass der klassische mittelständische Unternehmer möglichst wenig Einfluss an Eigenkapitalgeber abgeben möchte und dementsprechend lieber einen hohen Fremdverschuldungsgrad und ungünstige Konditionen bei Banken riskiert. Andererseits soll kurz das Innovationsmanagement als ‚der Erfolgsfaktor’ für KMU beleuchtet werden.

Die in dieser Arbeit behandelten Fragestellungen können auf folgende Kernfragestellungen zusammengefasst werden:

1) Wie können KMU definiert werden? Wie zeitgemäß ist die derzeit gängige Abgrenzung zwischen KMU und Großbetrieben in Österreich, wie sie beispielsweise anhand der KMU-Statistik der Wirtschaftskammer (2006) unternommen wird?
2) Welche Nutzen generieren KMU sowohl auf gesamtwirtschaftlicher als auch auf individueller Ebene?
3) Inwieweit ist eine Abgrenzung zwischen dem „typischen KMU-Unternehmer“ und dem „typischen Manager im Großunternehmen“ zulässig?

2. Abgrenzung von KMU

Spricht man von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), so ist zunächst einmal zu definieren, was man überhaupt unter diesem Begriff versteht und wie sich diese von Großunternehmen unterscheiden. Es ist wichtig zu erkennen, dass es in der Literatur zwar unzählige Eingrenzungsversuche gibt, wie Wegmann (2006, S. 13ff) argumentiert, gibt es bis heute jedoch keine verbindliche Definition. Je nachdem, ob es sich um statistische Zwecke, um die Gewährung von Förderungen, oder um steuerliche Pflichten handelt, werden dem Begriff KMU unterschiedliche Unternehmensgruppen zugeordnet. Vielfach synonym wird in der Literatur auch der Begriff des mittelständischen Unternehmen verwendet, wobei diese wiederum als unternehmerischer Mittelstand gesehen werden müssen und nicht als sozialer Mittelstand im Sinne der mittleren Einkommensschichten.

Eine Möglichkeit der Abgrenzung stellt eine Verwendung quantitativer Größen, wie etwa der Mitarbeiterzahl, dem Umsatz oder der Bilanzsumme, dar. In diesem Sinne wurde von der Europäischen Kommission eine gemeinsame Definition erarbeitet, welche mit 1. Januar 2005 in Kraft trat, deren Anwendung jedoch für die Mitgliedstaaten, in denen schon bisher unterschiedlichste Definitionen verwendet wurden, weiterhin nicht verpflichtend ist. Diese Definition beinhaltet neben mittleren und kleinen Unternehmen auch Kleinstunternehmen, wobei zur Abgrenzung, neben dem Schwellenwert für die Mitarbeiterzahl, wahlweise entweder Jahresumsatz oder -bilanzsumme herangezogen werden kann (Abbildung 1):

Abbildung 1: Schwellenwerte der Abgrenzung zwischen Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen gemäß Artikel 2 des Anhangs zur Empfehlung 2003/361/EG (Quelle: Europäische Kommission, 2006, S. 14)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hervorzuheben ist bei dieser Definition insbesondere das darin verwendete Unabhängigkeitskriterium (Artikel 3.1), welches vorschreibt, dass nur eigenständige Unternehmen in den KMU-Status fallen, d. h. Unternehmen dürfen weder Partner eines anderen Unternehmens, noch mit einem anderen Unternehmen verbunden sein. Dementsprechend dürfen andere Unternehmen weder die Mehrheit der Stimmanteile halten, die Mehrheit der Mitglieder der Leitungs- oder Aufsichtsorgane ernennen, das vertraglich zugesicherte Recht haben, einen beherrschenden Einfluss auszuüben, sowie über die alleinige Kontrolle über die Stimmenanteile der Gesellschafter oder Aktionäre verfügen (Wegmann, 2006, S. 23).

Dieses Kriterium könnte dazu führen, dass weit weniger Unternehmen tatsächlich unter die Kategorie KMU gezählt werden können, als wie bisher in den nationalen Statistiken ausgewiesen. Allerdings zeigt sich gerade hier die Problematik, dass nationale Statistiken, wie beispielsweise die KMU-Daten der Wirtschaftskammer Österreich (2006) aus unterschiedlichsten Quellen stammen und zumeist nur die Kategorie „Mitarbeiterzahl“ angeben. In Österreich werden beispielsweise Daten des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger, der WKO Beschäftigungsstatistik nach der Kammersystematik, und der Leistungs- und Strukturstatistik der Statistik Austria verwendet. Zwar werden die Daten jeweils nach den Grenzen der Beschäftigungsgrößengruppen gemäß der Kommissions- Empfehlung ausgewiesen, eine Berücksichtigung des Umsatz-, Bilanzsummen- oder gar Unabhängigkeitskriteriums erscheint mit diesen Daten jedoch nicht möglich.

Folglich können mit den derzeit bestehenden KMU-Statistiken keine Aussagen darüber getroffen werden, wie viele der ausgewiesenen KMU tatsächlich eigenständige Unternehmen sind, und wie viele nur Teil einer größeren Konzernstruktur sind. Gerade diese Frage ist aber entscheidend hinsichtlich einer qualitativen Abgrenzung von KMU bzw. wenn man Unterschiede in der Unternehmensführung zwischen KMU und Großunternehmen näher betrachten will (siehe Kapitel 4).

Ebenfalls ist zu beachten, dass Definitionen wie jene der Europäischen Kommission einheitliche Schwellenwerte für alle Branchen festlegen. Damit bleiben die Größen- und Unternehmensstrukturen in den einzelnen Branchen unberücksichtigt. Während beispielsweise ein Industriebetrieb mit 500 Mitarbeitern durchaus im Mittelfeld liegt, stellen Tourismusbetriebe mit 500 Mitarbeitern eher eine Ausnahme dar. Aus diesem Grund schlägt Mugler (1995) auf Basis einer empirischen Erhebung in Österreich branchenspezifische Abgrenzungen vor. Als Grenzwert zwischen KMU und Großbetrieben könnten für die Industrie 1000 Beschäftigte, für den Handel 100 Beschäftigte, für den Fremdenverkehr 300 Beschäftigte als Grenze dienen.

Weitere Abgrenzungsversuche beziehen auch qualitative Kriterien, wie etwa die Führungsstruktur, die Organisationsstruktur oder den Grad der Arbeitsteilung, ein. Pfohl (1997, S. 19ff) erstellt beispielsweise einen umfangreichen Merkmalskatalog unterteilt nach den unterschiedlichen betrieblichen Funktionsbereichen (Absatz, Produktion, Personal, Unternehmensführung etc.). Eine Klassifikation erfolgt hier je nach Dominanz bestimmter Merkmale, wobei auch nur einzelne Aspekte ein KMU prägen können.

Nach Rohlfing und Funk (2002) unterscheiden sich KMU von Großunternehmen vor allem durch folgende Ausprägungen:

- Dominanz des Unternehmers als Eigentümer und Unternehmensleiter: Der Unternehmer prägt die Unternehmenskultur, hat als Eigentümerunternehmer vielfach Kapital und Leitung in seiner Hand vereinigt und trägt das Risiko. Seine zentrale Rolle erschwert gleichzeitig die Verlagerung von Führungsaktivitäten auf Mitarbeiter.
- Flache Organisationsstrukturen: Mittlere Managementebenen oder Stabsstellen sind häufig nicht vorhanden. Es erfolgt eine geringere Arbeitsteilung, Generalistenwissen steht im Vordergrund.
- Eingeschränkte Anwendung von modernen Managementmethoden: Formale Planungsprozesse sind nicht stark ausgeprägt, es fehlt häufig ein aussagefähiges Controllingsystem. Unternehmerische Entscheidungen werden selten dokumentiert.
- Hohe Kundennähe: Einhergehend mit einer Spezialisierung auf Nischenmärkte ist der Kundenkreis überschaubar und durch einen staken persönlichen Kontakt geprägt
- Hohe Bedeutung persönlicher Beziehungen: Neben starken Kundenbeziehungen charakterisieren sich KMU auch durch ein starkes Netzwerk zu Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und zur unternehmensbezogenen Öffentlichkeit
- Hohe Flexibilität: Kurze, persönliche und informelle Informationswege sowie spontane Entscheidungsfindung und -durchsetzung durch den Unternehmer ermöglichen eine schnelle Anpassungsfähigkeit bei Veränderungen.
- Mehrdimensionales Zielsystem: KMU stellen besonders bei Familienunternehmen die Existenzgrundlage und Einkommensquelle des Unternehmers und dessen Familie dar, weswegen neben monetären Zielen auch Werte wie ein Streben nach Autonomie oder Verantwortung eine Rolle spielen.

Folgt man dieser Klassifizierung, so zeigt sich, dass die angeführten Charakteristiken überwiegend positive Wertungen sind. Zumindest vier davon (Hohe Kundennähe, hohe Bedeutung persönlicher Beziehungen, hohe Flexibilität und ein mehrdimensionales Zielsystem) können aus gesellschaftlicher Sicht als vorteilhaft angesehen werden. Einziger expliziter Kritikpunkt ist die attestierte eingeschränkte Anwendung von modernen Managementmethoden. Abgesehen davon, dass diese Aufzählung keine Gewichtung der Relevanz der einzelnen Faktoren zulässt, soll postuliert werden, dass diese überwiegend positive Sichtweise von KMU derzeit auch von einer gesellschaftlichen Mehrheit geteilt wird. Es stellt sich jedoch die Frage, ob es diese Sichtweise schon immer gegeben hat, bzw. wie sich diese im historischen Kontext entwickelt hat.

3. Der Stellenwert von KMU im Wandel

Bis in die 70er Jahre des 20 Jahrhunderts dominierte in unserer Gesellschaft das mit der industriellen Revolution entstandene Bild des gegenüber der kleinbetrieblichen Produktionsweise überlegenen Großunternehmens. Stellvertretend für diese Denkweise seien an dieser Stelle die Aussagen zweier bedeutender Ökonomen erwähnt, so sehr die von ihnen vertretenen Paradigmen sich auch ansonsten voneinander unterscheiden mögen:

„Sie [Anm.: die kleinbetriebliche Produktionsweise] ist nur verträglich mit engen naturwüchsigen Schranken der Produktion und der Gesellschaft. Sie verewigen wollen hieße, […] ‚die allgemeine Mittelmäßigkeit dekretieren’ […]. Sie muss vernichtet werden, sie wird vernichtet.“ (Marx 1867) in Bass 2006, S.4

„Die vollkommen bürokratisierte industrielle Rieseneinheit verdrängt […] die kleine oder mittelgroße Firma und „expropriiert“ ihre Eigentümer“ (Schumpeter 1942, S. 218, in Bass 2006, S.4)

Aus betriebswirtschaftlicher Sichtweise lassen sich die Vorteile von Großunternehmen auf eine Vielzahl von Faktoren zurückführen (Aiginger und Tichy 1984, S. 24f):

Skalenvorteile können sowohl in der Produktion (Economics of scale), als auch bei

Lagerung (Economics of stock), im Transport (Economics of transport) und im Absatz (Economics of scope) erzielt werden. Besonders in Branchen wie z.B. dem Flugzeugbau oder der Eisen- und Stahlerzeugung sind durch kapitalintensive Investitionen Mindestbetriebsgrößen bzw. Mindestmengen erforderlich.

[...]


1 Vgl. etwa Mugler (1995), Pfohl (1997), Bouncken (2003), Wegmann (2006) oder Haasis et al. (2007)

2 Von den 15 wichtigsten, von 1963 bis 1995 gegründeten englischsprachigen Zeitschriften mit KMU-Bezug wurden allein 10 im Zeitraum 1988 bis 1995 gegründet (Mugler 1995, S. 89)

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Management in Klein- und Mittelbetrieben
Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz
Note
Sehr gut
Autor
Jahr
2008
Seiten
22
Katalognummer
V93566
ISBN (eBook)
9783638067591
Dateigröße
482 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Management, Klein-, Mittelbetrieben
Arbeit zitieren
Christoph Töglhofer (Autor:in), 2008, Management in Klein- und Mittelbetrieben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93566

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