Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika

Wie regiert der Präsident im Vergleich mit dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland


Seminararbeit, 2008

34 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


G l i e d e r u n g

1. Einleitung

2. Verfassungsrechtliche Stellung des Präsidenten
2.1 Wahl des Präsidenten
2.2 Befugnisse und Machtgrenzen
2.3 Veränderungen in der Machtbalance zwischen Präsident und Kongress

3. Wie regiert der Präsident
3.1 Departments und unabhängige Behörden
3.2 Executive Office
3.2.1 White House Office
3.2.2 Office of Management and Budget
3.2.3 National Security Council
3.3 Executive Order of the President
3.3.1 Was ist eine Executive Order
3.3.2 Legitimationsgrundlage der Executive Order
3.3.3 Gebrauch von Executive Orders
3.3.4 Kritik an Executive Orders
3.4 Presidential Style
3.4.1 Umgang und Organisation
3.4.2 Allgemeine Fähigkeit zur Einflussnahme

4. Vergleich mit der Bundesrepublik Deutschland
4.1 Vergleich präsidielles und parlamentarisches Regierungssystem
4.2 Der Präsident und der Bundeskanzler in der Gesetzgebung
4.3 Die Autorisationsmodelle zur Legitimation der Macht
4.4 Die unterschiedlichen Formen des Regierens
4.5 Die außenpolitische Rolle des Präsidenten

5 Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das politische System der Vereinigten Staaten von Amerika beschreibt eines der ältesten demokratischen Systeme der Welt. Seit mehr als 200 Jahren ist dieses System formell nur 27 Mal ergänzt worden. Im Laufe ihrer Geschichte haben sich die Vereinigten Staaten zu der größten Volkswirtschaft der Welt entwickelt. Nach dem Zerfall der Sowjetunion verblieben die Vereinigten Staaten als einzige Supermacht in einer nunmehr multipolaren Weltordnung. Der Präsident der Vereinigten Staaten wird landläufig auch als der mächtigste Mann der Welt bezeichnet. Wir wollen daher erklären, wie der Präsident der Vereinigten Staaten regiert und dies in Bezug mit dem uns bekannten Regierungshandeln des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland setzen. Wir wollen dabei erklären wie die Macht des amerikanischen Präsidenten entsteht, ob sie im politischen System der Vereinigten Staaten determiniert ist oder durch die die persönliche Machtakkumulation der Amtsinhaber entstand.

Um diese Frage zu beantworten haben wir unsere Arbeit in drei Abschnitte unterteilt. Im ersten Abschnitt werden wir erklären, wie der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika regiert. Zu diesem Zweck werden wir uns eingehend mit der Stellung des Präsidenten innerhalb des amerikanischen politischen Systems beschäftigen. Dazu werden wir mit unseren Erläuterungen bei den Wahlen zum Präsidentenamt beginnen und anschließend seine Befugnisse betrachten. Die Machtgrenzen werden dieser Betrachtung folgen und die Schranken in den Handlungskompetenzen des Präsidenten aufzeigen. In diesem Zusammenhang werden wir uns dem Kongress als dem hauptsächlichen Gegenspieler des Präsidenten auf der Bundesebene widmen. Unser Ziel wird es an dieser Stelle sein, eine Machtverschiebung zugunsten des Präsidenten nachzuweisen. Wir wollen darlegen, dass diese Machtverschiebung nicht vorrangig im politischen System der Vereinigten Staaten angelegt ist, sondern auf vielen, vor allem nicht systembedingten, Faktoren beruht.

Anschließend werden wir im zweiten Abschnitt die Instrumente untersuchen, die dem Präsidenten zu seiner Amtsführung zur Verfügung stehen. Anhand dieser Instrumente wollen wir nachweisen, dass der Präsident selbst einen großen Anteil daran hat, dass sich heutzutage ein gewichtiger Teil der politischen Macht in seinem Amt konzentriert. Jeder Mensch wird durch seine Persönlichkeit bestimmt. Dies gilt natürlich auch für den Präsidenten der Vereinigten Staaten. Daher wollen wir im zweiten Abschnitt weiterhin den Einfluss der Persönlichkeit des Präsidenten auf seine Amtsführung untersuchen. Dazu werden wir den sogenannten Presidential Style betrachten, also die Art des Präsidenten zu regieren. Wir wollen hier feststellen, dass die Persönlichkeit des Präsidenten entscheidenden Einfluss auf seine Amtsführung hat und zur Machtakkumulation beitragen kann. Anhand von Beispieltypen wollen wir nachweisen wie der persönliche Führungsstil des Präsidenten Einfluss auf Informationsfluss und die Akteure im politischen System hat.

Im dritten Abschnitt werden wir den Präsidenten und seine Amtsführung mit dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland vergleichen. Wir haben den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland als Vergleichsobjekt herangezogen, da dieser in Bezug auf das Regierungshandeln den geeigneten Vergleichspartner zum Präsidenten der Vereinigten Staaten darstellt. Hierzu sollen zuerst die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Regierungssystemen aufgezeigt werden. Anschließend werden die Rollen des Präsidenten und des Bundeskanzlers in der Gesetzgebung verglichen. Wir gehen dabei auf die Unterschiede in der Wahl der beiden Amtsträger ein und vergleichen die unterschiedlichen Formen des Regierens. Den Abschluss wird eine vergleichende Betrachtung des Handels der beiden Akteure in der Außenpolitik bilden.

Wir wollen so zeigen, dass der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sich im Laufe der amerikanischen Verfassungsgeschichte umfangreiche Kompetenzen angeeignet hat, die in dieser Form nicht von vorherein in der Verfassung angelegt waren. Wir werden darlegen, dass die Verfassung der Vereinigten Staaten in diesem Bezug interpretationsoffen ist und einen großen Ermessensspielraum in der Amtsführung des Präsidenten zulässt und daher einen eher weit gefassten Rahmen für das Handeln des Präsidenten darstellt.

2. Verfassungsrechtliche Stellung des Präsidenten

In diesem Abschnitt werden wir darstellen, welche Stellung der Präsident im politischen System der Vereinigten Staaten von Amerika einnimmt. Dazu werden wir zuerst auf die Wahl des Präsidenten eingehen und anschließend seine Befugnisse und Machtgrenzen darlegen sowie die Verschiebung der Machtbalance zwischen Präsident und Kongress erläutern.

2.1 Wahl des Präsidenten

Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika enthält nur grundlegende Aussagen über die Wahl des Präsidenten. Lediglich die Wählbarkeit des Präsidenten und wie aus den Präsidentschaftskandidaten der Präsident und der Vizepräsident ermittelt werden, sind ebenso wie die Befugnisse des Präsidenten in der Bundesverfassung niedergeschrieben. Demnach muss ein möglicher Präsidentschaftskandidat mindestens 35 Jahre alt und gebürtiger Amerikaner sein sowie seinen Wohnsitz seit mindestens 14 Jahren in den Vereinigten Staaten von Amerika haben. Seinen Vizepräsidentschaftskandidaten, der diese Voraussetzungen ebenfalls erfüllen muss, kann der Präsident selbst bestimmen. Allerdings dürfen Präsidentschaftskandidat und Vizepräsidentschaftskandidat nicht aus dem gleichen Bundesstaat stammen (vgl. Oldopp 2005: 159).

Die konkrete Ausgestaltung der Kandidatenbestimmung obliegt den Einzelstaaten. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich eine Vielzahl unterschiedlicher Wahlmodi herausgebildet hat. Diese unterscheiden sich nicht nur zwischen den Einzelstaaten, sondern sind auch durch die Statuten der Parteien unterschiedlich festgelegt. Man kann offene und geschlossene Vorwahlen, die Auswahl durch Parteikomitees oder über Parteiversammlung, die entweder staatenweit oder lokal durchgeführt werden, unterscheiden. Weitestgehend haben sich heutzutage die offenen oder geschlossenen Vorwahlen durchgesetzt.

Durch die Vorwahlen werden die Delegierten für den Bundesparteitag bestimmt. Je nach Partei und Staat gewinnt der Kandidat mit den meisten Stimmen entweder alle Delegiertenstimmen oder diese werden prozentual aufgeteilt. Auch die Anzahl der Delegierten, welche von der einzelstaatlichen Parteiorganisation zum Bundesparteitag entsendet werden, kann sich in den Vorwahlen unterscheiden. So hat sich zum Beispiel eine Orientierung an der Anzahl der Kongressabgeordneten oder eine Orientierung an dem Ergebnis der letzten bundesweiten Wahlen durchgesetzt. Je nach Gesetzeslage der Einzelstaaten können die Delegierten verpflichtet sein, ihre Stimme auf dem Bundesparteitag demjenigen Kandidaten zu geben, für den sie gewählt wurden. Auf den Bundesparteitagen wird der Präsidentschaftskandidat mit absoluter Mehrheit gewählt. Zusätzlich, zu den bei den Vorwahlen bestimmten Delegierten, kommen bei den Demokraten noch die sogenannten Superdelegierten hinzu. Dies sind beispielsweise verdiente Parteimitglieder, Senatoren, Abgeordnete oder Bürgermeister (Oldopp 2005: 161ff.). Sollte kein Kandidat nach mehreren Wahlgängen die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen können, wird durch die Parteiorganisation ein neuer Kandidat präsentiert, ein sogenanntes „dark horse“ (Carstens 2006: 38).

Bei den Hauptwahlen wird der Präsident nicht direkt, sondern durch ein Wahlmännerkollegium gewählt. In jedem Einzelstaat stehen dabei so viele Wählmänner zur Wahl, wie der jeweilige Staat Abgeordnete und Senatoren in den Bundeskongress entsendet. Dem District of Columbia, der weder Abgeordnete noch Senatoren in den Kongress entsendet, stehen drei Wahlmänner zu, insgesamt also 538 Wahlmänner. Derjenige Kandidat mit den meisten Stimmen in einem einzelnen Staat bekommt in der Regel auch alle Wahlmännerstimmen zugesprochen. Eine Ausnahme bilden Maine und Nebraska, dort werden zwei Wahlmännerstimmen für das Gewinnen des Staates und zwei beziehungsweise drei Wahlmännerstimmen für das Gewinnen der einzelnen Wahlkreise vergeben. Die so gewählten Wählmänner sind durch gesetzliche Regelungen der Einzelstaaten gebunden, ihre Stimme demjenigen Kandidaten zu geben, für den sie gewählt wurden. Nur in fünf Staaten ist ein Abweichen von dieser Regelung mit einer geringen Geldbuße belegt. Die Bundesverfassung sieht ein imperatives Mandat der Wahlmänner nicht vor. Das Wahlmännerkollegium tritt am ersten Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember in den Hauptstädten der Einzelstaaten zur Abstimmung zusammen. Das Ergebnis wird an den Kongress übermittelt.

In einer gemeinsamen Sitzung beider Kammern werden als symbolischer Akt am 6. Januar die Stimmen der Wahlmännerversammlung ausgezählt. Diese Auszählung erfolgt genauso wie die Wahl getrennt für die Präsidentschaftskandidaten und die Vizepräsidentschaftskandidaten (vgl. Oldopp 2005: 164). Sollte kein Kandidat die Mehrheit der Wahlmännerstimmen erhalten haben, wählt das Repräsentantenhaus den Präsidenten. Der Vizepräsident wird nach der gleichen Prozedur bestimmt. Er wird in diesem Fall jedoch durch den Senat gewählt. Bei der Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten hat jeder Staat, unabhängig der Anzahl seiner Kongressmitglieder nur eine Stimme. Der Kandidat muss die Mehrheit von 26 Stimmen erreichen, um gewählt zu werden. Eine Wahl durch den Kongress kommt meist dann vor, wenn mehr als zwei populäre Kandidaten zu den Hauptwahlen angetreten sind oder Stimmengleichheit im Wahlmännergremium herrscht. Zuletzt war dies 1824 der Fall, als John Quincy Adams durch das Repräsentantenhaus zum Präsidenten gewählt wurde. Die Wahlbeteiligung beträgt bei den Präsidentschaftswahlen in der Regel rund 50 Prozent und ist damit im Vergleich zu Europa relativ gering. Die Orientierung der Anzahl der Wahlmänner an der Anzahl der Mitglieder des Kongresses, zuzüglich der drei Wahlmänner für den District of Columbia, gewichtet so die kleineren Staaten etwas höher, da jeder Staat mindestens zwei Senatoren und einen Abgeordneten entsendet also auch mindestens drei Wahlmännerstimmen vergibt. Die indirekte Wahl des Präsidenten und Vizepräsidenten über das Elektorengremium soll zwar die Bürger an der Wahl beteiligen aber gleichzeitig die Verfassungstreue des zukünftigen Präsidenten sicherstellen und einen „cäsaristischen Volkstribun“ (Hartmann 2005: 129) verhindern.

Als einzige Bundeswahl kann die Präsidentschaftswahl mit Bundesmitteln bezuschusst werden. Dies gilt sowohl für die Vorwahlen und den Nominierungsparteitag, als auch für die Hauptwahlen. In den Vorwahlen muss der Kandidat in mindestens 20 Einzelstaaten mindestens 5000$ an Privatspenden sammeln, damit die einzelnen Spenden um maximal 250$ pro Spende aufgestockt werden können. Wenn ein Kandidat öffentliche Mittel im Hauptwahlkampf einsetzt, so stellen diese Mittel auch die Ausgabenhöchstgrenze dar und er darf dann selbst keine weiteren Spenden mehr annehmen. Davon unberührt sind allerdings unabhängige Kampagnen durch Vereine, Parteien oder Verbände. Die Kandidaten von Drittparteien oder unabhängige Kandidaten müssen alle Ausgaben selbst tätigen. Sie bekommen bei Erreichen von fünf Prozent der Wählerstimmen eine erfolgsabhängige Provision. Bei einem erneuten Antreten zur nächsten Wahl kann diese dann als am „Stimmenergebnis orientierte Vorabfinanzierung“ (Oldopp 2005: 170) erfolgen.

2.2 Befugnisse und Machtgrenzen

Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird landläufig als die mächtigste Person der Welt bezeichnet. Dies ist jedoch nicht in seiner Stellung im politischen System der Vereinigten Staaten von Amerika zu begründen, sondern vielmehr in der heutigen weltpolitischen Bedeutung des Bundes.

Die Bundesverfassung verleiht dem Präsidenten die Kompetenzen des Staats- und Regierungschefs. Darüber hinaus ist er Oberbefehlshaber der Streitkräfte und oberster Diplomat. Er kann das Begnadigungsrecht ausüben, den nationalen Notstand ausrufen und Bundesbeamte ernennen. Des Weiteren kann er von seinem Veto-Recht bei Gesetzesvorlagen Gebrauch machen (vgl. Hartmann 2005: 127). Dies lässt auf den ersten Blick eine ungeheure Machtfülle vermuten, welcher jedoch durch die Legislative Grenzen gesetzt sind. Sein Veto kann durch den Kongress überstimmt werden, die von ihm vorgeschlagenen Bundesbeamte bedürfen der Zustimmung durch den Senat und als Oberbefehlshaber der Streitkräfte kann er zwar seine Truppen kommandieren, über ihre Aufstellung entscheidet aber der Kongress. Auch die Gliederung der nachgeordneten Ministerien und Behörden hängt vom Kongress ab. Auch das Begnadigungsrecht ist eingeschränkt, so kann der Präsident niemanden begnadigen der durch ein impeachment - Verfahren verurteilt wurde.

Der Präsident kommuniziert mit dem Kongress offiziell nur in der Rede zur Lage der Nation, der Haushaltsbotschaft oder Sonderbotschaften. Er besitzt kein formales Gesetzesinitiativrecht, trotzdem nehmen die meisten Gesetzesvorschläge ihren Ausgang in den Behörden der Exekutive. Seit der Präsidentschaft Franklin D. Roosevelts ist in der amerikanischen Öffentlichkeit die Erwartungshaltung entstanden, das sich der Präsident an der Gesetzgebung beteiligt und sie nicht nur durch sein Veto blockieren kann. Er legt dazu dem Kongress jährlich ein Programm mit Gesetzgebungsvorschlägen vor. Die einzelnen Initiativen werden dann informell über dem Präsidenten nahestehende Senatoren oder Abgeordnete in den Kongress eingebracht. Die Exekutive muss daher im Kongress als Lobbyist in eigener Sache auftreten. Die Präsidenten tun daher gut daran, ihre Verbindungsbüros zum Kongress mit fähigem Personal zu besetzen und auch auf deren Rat zu hören. Denn der Erfolg einer Präsidentschaft hängt mehr mit dem Umgang mit dem Kongress als mit den Mehrheitsverhältnissen im Kongress zusammen, da Fraktionsdisziplin im Kongress kaum eine Rolle spielt (vgl. Oldopp 2005: 65ff.). Wenn ein Gesetz den Kongress passiert hat, kann es der Präsident durch sein Veto stoppen. Dieses lässt immer das ganze Gesetz scheitern, ein sogenanntes line-item veto mit dem der Präsident sein Veto gegen einzelne Gesetzespassagen hätte richten können, scheiterte 1998 am Supreme Court. Das Veto des Präsidenten kann der Kongress mit einer Zweidrittel-Mehrheit überstimmen. Neben diesem formellen Veto kommt es zum sogenannten pocket-veto, wenn sich der Kongress innerhalb der zehntägigen Annahmefrist für ein Gesetz vertagt und somit als Adressat eines Vetos nicht erreichbar wäre. Der Präsident kann sich den Beschluss in die Tasche stecken (vgl. Hartmann 2005: 127).

Diese bislang dargestellten Machtbefugnisse des Präsidenten lassen einen klaren und engen Rahmen um seine tatsächlichen Befugnisse erkennen. In Krisenzeiten steigt die Macht des Präsidenten allerdings um ein vielfaches an. So kann der Präsident das Kriegsrecht verhängen, wenn die zivilen Verwaltungen eines Notstandes nicht mehr Herr werden können. Dann übernimmt die Bundesregierung oder die Nachgeordneten Verwaltungen das Krisenmanagement. Grundsätzlich gilt aber das Prinzip der Subsidiarität, die unterste Instanz die den Notstand beheben kann ist zuständig (vgl. Office of Emergency Planning 1974: 10).

Der Präsident ist nach Artikel 2 Absatz 2 der Bundesverfassung Oberbefehlshaber der Bundestruppen und der Milizen der Einzelstaaten, sofern sie zum Dienst für den Bund einberufen werden. Den Krieg kann allerdings nur der Kongress erklären. Da der Präsident aber die Freiheit hat die Truppen dort einzusetzen wo er es für sinnvoll hält, obliegt es ihm einen Krieg auch tatsächlich zu führen. So weigerte sich zum Beispiel Präsident Cleveland gegen Spanien wegen der Kuba-Frage Krieg zu führen, obwohl der Kongress bereits Spanien den Krieg erklärt hatte (vgl. Fisher 1997:256). Zur Verteidigung benötigt der Präsident nicht die Zustimmung des Kongresses, so holte Präsident Jefferson 1807 erst für Maßnahmen die über die reine Verteidigung gegen Piraten im Mittelmeer hinausgehen die Zustimmung des Kongresses ein. Die durch die Präsidenten erlassenen Maßnahmen dehnen die ihnen von der Verfassung überlassenen oder durch Gesetze zuerkannten Rechte oft sehr weit. So ordnete Präsident Lincoln 1861 in den Parlamentsferien, ohne vom Kongress dazu autorisiert zu sein, die Einberufung der Milizen der Einzelstaaten, eine Blockade der Südstaaten und sogar die Aussetzung der Habeas Corpus Akte an. Als der Kongress wieder zusammentrat erklärte Lincoln:

„ whether strictly legal or not, were ventured upon under what appeared to be a popular demand and a public necessity, trusting then, as now, that Congress would readily ratify them. ” (Abraham Lincoln, 1861, zit. nach Fisher 1997: 260)

Präsident Lincoln schien es unter diesen ausserPräsident Lincoln schien es unter diesen aussergewöhnlichen Umständen des Bürgerkrieges wichtiger die Verfassung zu schützen, als sie in ihrer Form vollständig zu beachten. Im Zweiten Weltkrieg ließ Präsident Roosevelt per Executive Order die japanischstämmige Bevölkerung der Westküste internieren, darunter auch rund 70.000 gebürtige Amerikaner. Der Supreme Court urteilte 1943 dass diese Aktion rechtmäßig sei. In einem abweichendem Votum wurde dieser Akt von Richter Murphy allerdings sogar mit den Deportationen im Dritten Reich verglichen (vgl. Fisher 1997: 262). Auch während der Wirtschaftskrise hatte Roosevelt die Gesetze recht weit gedehnt. So begründete er Bankschließungen mit dem Trading with the Enemy Act von 1917, wohlwissend dass das Gesetz nicht für diesen Fall geschaffen wurde. Im Kriege kann der Präsident auch Unternehmen beschlagnahmen, wenn diese sich weigern Auflagen für die Kriegswirtschaft zu erfüllen. Trotzdem scheiterte der Versuch Präsident Trumans während des Korea-Krieges Stahlmühlen aufgrund eines Streikes zu verstaatlichen 1952 am Supreme Court (vgl. Fisher 1997: 263). Im Angriffsfall, nach einer Kriegserklärung oder bei Aufständen kann der Präsident den inneren Sicherheitsnotstand ausrufen (Internal Security Act, 1950). In diesem Fall dürfen Personen, die der Spionage oder Sabotage verdächtig sind, für die Dauer des Notstandes in Haft genommen werden (vgl. Carstens 2006: 237).

Die Befugnisse des Präsidenten werden durch die Verfassung und durch Gesetze eingeschränkt. Krisenzeiten sind Momente in denen der Patriotismus besonders gefordert wird, es kommt zum rally around the flag, niemand will in den Verdacht geraten unpatriotisch zu Handeln. So kommt es, das in der Krise zuerst gehandelt wird und im Nachhinein der Gesetzgeber das exekutive Handeln per Gesetz rechtfertigt oder das Gerichte dieses Handeln sanktionieren.

2.3 Veränderungen in der Machtbalance zwischen Präsident und Kongress

Die Exekutive und Legislative sind im amerikanischen politischen System weitgehend unabhängig voneinander. Man kann daher vom „government of seperated institutions sharing powers“ (Hübner 2007: 110) sprechen, unterschiedliche und getrennte Institutionen teilen sich die Macht. Trotzdem ist eine Zusammenarbeit der beiden Institutionen, Kongress und Präsident, zwingend notwendig. Bei der Ernennung von Richtern und der Besetzung von Spitzenstellen in der Bundesverwaltung, insbesondere bei den Leitern unabhängiger

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Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika
Untertitel
Wie regiert der Präsident im Vergleich mit dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Veranstaltung
Proseminar Innenpolitik/Vergleich: Das politische System der USA (WT08)
Note
1,0
Autoren
Jahr
2008
Seiten
34
Katalognummer
V93447
ISBN (eBook)
9783638066839
ISBN (Buch)
9783638954617
Dateigröße
667 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Präsident, Vereinigten, Staaten, Amerika, Proseminar, Innenpolitik/Vergleich, System, USA, Bundeskanzler
Arbeit zitieren
A. Schröder (Autor:in)C. Fuchs (Autor:in)P. Hentschel (Autor:in), 2008, Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93447

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