Ursachen und Verlauf der südostasiatischen Wirtschaftskrise in den 1990er Jahren


Seminararbeit, 2008

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung: Definition „Krise“

2. Auf dem Weg zur Erklärung der Südostasienkrise
2.1 Die Südostasienkrise
2.1.1 Beteiligte Länder der Asienkrise: Die Tigerstaaten
2.1.2 Wirtschaftliche Ausgangslage der Tigerstaaten in Südostasien vor der Krise
2.2 Ausbruch der Finanzkrise
2.3 Ausbruch der Währungskrise
2.4 Anlass für die Krise

3. Verlauf und Ausbreitung der Währungskrise

4. Literaturverzeichnis

5. Abbildungsverzeichnis

6. Hyperlinkverzeichnis

1. Einführung: Definition „Krise“

Im Hinblick auf die Komplexität der „(Südost)Asienkrise“ hinsichtlich ihrer vielschichtigen Ursachen im gesellschaftspolitischen bzw. finanziellen Bereich ist es zwingend nötig, die Begriffe Währungskrise, Bankenkrise und (staatliche) Schuldenkrise voneinander zu trennen:

Für den Begriff Währungskrise gibt es in der Volkswirtschaftslehre eine Vielzahl von Definitionen. Prof. Dr. Lutz Arnold, Lehrstuhlinhaber für Theoretische Volkswirtschaftslehre an der Universität Regensburg, definiert ein Ereignis als Währungskrise,

„wenn der feste Wechselkurs aufgegeben werden muss und die heimische Währung anschließend in erheblichem Umfang abwertet oder wenn die heimische Regierung und die Zentralbank eine drohende Abwertung nur mit hohem Einsatz – d.h. starken Zinserhöhungen, der Einführung von Kapitalverkehrskontrollen und /oder einem erheblichen Abfluss von Währungsreserven – verhindern können.“[1]

Der Wechselkurs als alleinige Indikatorvariable genügt folglich nicht, da es Regierungen möglich ist, sich effektiv gegen (spekulative) Angriffe zu verteidigen. Sie können z.B. auf Devisenmärkten durch massive Devisenverkäufe intervenieren und/oder das Zinsniveau erhöhen, um die finanzielle Attraktivität des Heimatlandes für Investoren zu erhalten. Unter diesen Umständen ist es ratsam, die Entwicklung der heimischen Devisenreserven und das Zinsniveau in die Analyse zusätzlich mit einzubeziehen.

Eine Banken - oder Finanzkrise beschreibt eine Konstellation, „in der das Vertrauen in das Bankensystem durch finanzielle Probleme einzelner Kreditinstitute so schwer beschädigt wird, dass durch eine Kettenreaktion auch andere Banken, deren Anleger und in der Folge die Volkswirtschaft geschädigt werden.[2]

Unsichere Kredite, ein Preisverfall bei Vermögenswerten (Assets) wie z.B. Aktien oder Immobilien, können sehr schnell zu einem Werteverlust der Aktivseite bei Banken führen.

Bankenkrisen zeigen sich z.B. bei sog. „Bank-runs“ - einem Gläubiger-run auf Banken - bei zwangsweisen Schließungen von Finanzinstitutionen (Illiquidität) oder in massiven monetären Stützungsprogrammen der Zentralbanken oder des Internationalen Währungsfonds (engl. International Monetary Fund) an notleidende Banken.

Unter einer staatlichen Schuldenkrise versteht man eine Situation, in der ein Staat nicht mehr fähig ist, seinen kurz- bzw. langfristigen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Die Literatur spricht dann in diesem Kontext von Liquiditätskrise (Solvenzkrise) bei kurzfristigen (langfristigen) Zahlungsengpässen .

Die Erfahrungen mit der Asienkrise (1997 / 98) haben jedoch gezeigt, dass diese Definitionen für sich genommen nicht ausreichen, um die verschiedenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aspekte aufzuzeigen, die letztendlich zum Ausbruch der (Südost)Asienkrise in Thailand am 2. Juli 1997 führten.

2. Auf dem Weg zur Erklärung der Südostasienkrise

Oftmals wird die Verantwortung für die Südostasienkrise irrationalen Anlegern zugeschrieben. Dabei wird ihnen vorgeworfen, dass sie ihr Kapital ohne jede Vorwarnung und unabhängig vom jeweils konkret vorherrschenden ökonomischen Umfeld aus einem Land abziehen und auf diese Weise den Kollaps der Währung herbeiführten.

Die Literatur spricht in diesem Zusammenhang von sog. Hot money. Als Paradebeispiel wird hier die Asienkrise genannt. Der Chefökonom der Weltbank, Stiglitz, bezeichnete dieses Verhalten der Anleger/Spekulanten in Anlehnung an Alan Greenspans Begriff der „Irrational Exuberance[3] als „Irrational Pessimism“.[4]

Die Gegner dieser Betrachtungsweise behaupten, dass die Kapitalflucht aufgrund makro- und mikroökonomischer Schieflagen in den asiatischen Ländern begründet gewesen sei. Dazu zählen z.B. Leistungsbilanzdefizite, abnehmende Währungsreserven, steigende Kreditvolumina, schwache Konjunkturverläufe, etc. zu den Fundamentaldaten, die eine Krise andeuten.

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit den konträren Standpunkten auseinander und liefert eine plausible Erklärung dafür, dass es sich bei der Asienkrise um eine sog. Twin crisis oder Zwillingskrise handelt. Auf eine Finanzkrise – den ersten Zwilling der Twin crisis – folgt zwangsläufig eine Währungskrise – der zweite Zwilling der Twin crisis.

Dornbusch spricht in seiner Arbeit „A Primer on Emerging Market Crises" in diesem Zusammenhang von New style crises, d.h. der Koexistenz von Finanz- und Währungskrisen:

“A new-style crisis (…) may originate with questions about either the balance sheet or the exchange rate, but when there is a question about one, the implied capital flight makes it immediately a question about both. In no time, capital wipes out reserves and precipitates a currency collapse.”[5]

2.1 Die Südostasienkrise

2.1.1 Beteiligte Länder der Asienkrise: Die Tigerstaaten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Die Tigerstaaten[6]

Als Tigerstaaten (oder auch "kleine Tiger") werden jene Länder Ost- und Südostasiens bezeichnet, die sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch ein enormes Wirtschaftswachstum auszeichneten. Es handelt sich dabei um die Länder Südkorea, Taiwan, Hongkong und Singapur. Vor wenigen Jahrzehnten gehörten diese Staaten noch zu den ärmsten Entwicklungsregionen der Welt, heute zählen sie zu den stärksten Konkurrenten der "alten Industrieländer" in Nordamerika und Europa und werden auch als Newly Industrialized Countries (NICs) bezeichnet.

Seit den 1980er Jahren konnten weitere ostasiatische Staaten eine enorme wirtschaftliche Entwicklung, ähnlich den Tigerstaaten, durchlaufen. Daher werden Indonesien, Malaysia, die Philippinen, und Thailand als die "Neuen Tiger" der zweiten Generation bezeichnet.

Teilweise von den Tigerstaaten der ersten Generation finanziert, machten sie eine vergleichbare Entwicklung durch. Zwischen 1986 und 1990 investierte allein die japanische Wirtschaft mehr als 13Milliarden US-Dollar in die neuen Tigerstaaten. So kam es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung, der in viel höherem Maße von ausländischem Kapital finanziert wurde, als dies bei den vier kleinen „Tigern” der Fall gewesen war.“[7]

Doch auch ihre Boomphase wurde durch die Asien-Krise zunächst gestoppt. Die Rückschläge waren dort noch erheblicher als in den bereits länger etablierten Tigerstaaten. Wie unvorhergesehen der Crash für die betroffenen Länder selbst eintrat, lässt sich an den fehlenden Vorsorgemaßnahmen ablesen: Sie hatten sich auf dauerhaft hohe Wachstumsraten verlassen, ihrer Bevölkerung eine lebenslange Beschäftigung und die damit verbundene soziale Absicherung versprochen – und deshalb den Aufbau einer allgemeinen Arbeitslosenversicherung und eines tragfähigen sozialen Netzes vernachlässigt.

Der weitaus größte wirtschaftliche Konkurrent für die Tigerstaaten erwächst zurzeit aber mit China, dem "großen Drachen". Allerdings ist mit dem ökonomischen Aufstieg Chinas zum größten Markt der Welt in den nächsten Jahren auch die Hoffnung verbunden, dass der gesamte asiatische Wirtschaftsraum von seinem Boom profitieren kann.

Unter dem Eindruck der jahrzehntelangen asiatischen Erfolgsstory wurde sogar die Überlegenheit des westlichen Gesellschaftskonzeptes in Frage gestellt und nicht ausgeschlossen, dass sich – auf für den Westen demütigende Weise – der Weg der asiatischen NICs als der erfolgsversprechendere erweisen würde.

They could be in a position to offer the West an example of how to marry economic change to social stability and reconcile freedom with order“ schloss die britische Zeitung The Economist im Oktober 1993 nicht mehr aus.

2.1.2 Wirtschaftliche Ausgangslage der Tigerstaaten in Südostasien vor der Krise

Die betroffenen Länder weisen durch ihre ökonomischen Rahmenbedingungen, unter denen sich die Asienkrise entwickeln konnte, signifikante Parallelen auf, die ich ausführlich beschreiben werde.

Ich habe vermehrt Diagramme mit Fokus auf Thailand, das exemplarisch für die ganze Region steht, verwandt, da die für die Untersuchung benötigten statistischen Daten in hinreichend aussagekräftiger Qualität vorhanden waren.

Hohes reales Wirtschaftswachstum seit den 70er Jahren (siehe Abb. 2) von durchschnittlich 8% p.a., mit Ausnahme der Philippinen, bescherten Millionen von Asiaten innerhalb weniger Jahre einen höheren Lebensstandard, eine bessere Gesundheitsversorgung, ein höheres Bildungsniveau und eine längere Lebenserwartung. Die entsprechenden Wachstumsraten der EU, USA und Japan betrugen im Durchschnitt lediglich 4% p.a.[8]

Die Wachstumsimpulse gingen vor allem vom Exportsektor aus. Konzentrierten sich die ostasiatischen Länder zunächst auf die Erzeugung einfacher Industriegüter z.B. Textilien, verschob sich der Schwerpunkt der Wertschöpfung sukzessive in anspruchsvolle Industriebereiche z.B. Chemie-, Halbleiter-, Erdölindustrie.

[...]


[1] Op. cit. Arnold, L. (2003), S. 197

[2] Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bankenkrise

[3] Vgl. Shiller, R. (2000)

[4] Vgl. Stiglitz, J. (1998)

[5] Op. cit. Dornbusch (2001)

[6] Quelle: http://www.klett.de/sixcms/list.php?page=miniinfothek&miniinfothek=Politik&node=Organisationen

[7] Quelle: http://de.encarta.msn.com/encyclopedia_721550051/Asiatische_Tigerstaaten.html

[8] Vgl.Aschinger, G. (2001), S. 219

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Ursachen und Verlauf der südostasiatischen Wirtschaftskrise in den 1990er Jahren
Hochschule
Universität Regensburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
22
Katalognummer
V93351
ISBN (eBook)
9783638068123
ISBN (Buch)
9783638955492
Dateigröße
858 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Volkswirtschaftliche Aufarbeitung der Asienkrise. Erklärung der Enstehung der Zwillingskrise.
Schlagworte
Ursachen, Verlauf, Wirtschaftskrise, Jahren
Arbeit zitieren
Herbert Spitzner (Autor:in), 2008, Ursachen und Verlauf der südostasiatischen Wirtschaftskrise in den 1990er Jahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93351

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