Konsens und Gewalt - Politische Instrumente von Kaiser Friedrich I. Barbarossa


Hausarbeit, 2008

17 Seiten


Leseprobe


INHALT

0. Einleitung: Das politische Interessengeflecht Europas im 12. Jhd

1. Machtanspruch und Selbstverständnis Barbarossas

2. Erfolgsfaktoren staufischer Herrschaftspolitik
2.1 Heiratspolitik
2.2 Die kaiserlichen Reichslegaten
2.3 Die juridisch-theoretische Untermauerung der Reichsgewalt und der Ausbau des Lehnsrechts
2.4 Fürstenpolitik
2.5 Die Förderung der Reichsministerialität
2.6 Staufische Wirtschaftspolitik

3. Fazit: Kontinuität oder Neue Ära?

Literatur

0. Einleitung: Das politische Interessengeflecht Europas im 12. Jhd

Das heilige römische Reich war im 12. Jhd ein multinationaler Staatenbund, aus dem Trias der drei Königreiche Deutschland, Italien und Burgund bestehend. Das benachbarte Königreich Dänemark sowie das Herzogtum Polen gehörten selbst nicht zum Reich, deren Staatsoberhäupter waren jedoch Vasallen des römischen Kaisers. England, Frankreich, Kastilien und Aragon stellten in Westeuropa, Ungarn und Böhmen in Osteuropa selbständig agierende politische Einheiten dar. Die traditionellen Gegenmächte des Kaisers wurden – auf weltlicher Seite durch das Kaiserreich Byzanz – auf geistlicher Seite durch den Papst gebildet. Hinzu kamen die Stadtstaaten Pisa und Genua, die Stadt Rom, die aufsteigenden Städte Norditaliens – und auf Sizilien das normannische Königreich. Innenpolitisch sind ebenfalls die Städte zu nennen, die in Folge des demographischen Wachstums im 11. und 12. Jhd. zu einem starken wirtschaftlichen, politischen und auch militärischen Machtfaktor geworden waren. Außerdem gab es Fürsten, Grafen und Markgrafen, die dem Kaiser entgegenstehende Interessen vertreten konnten. Neben dem Papst im Rom agierte ferner der Klerus – ob als Ordens- oder Amtsklerus weitgehend selbständig. Insbesondere das Episkopat, dem in der nachkarolingischen Anarchie vom schwachen Königtum staatliche Funktionen übertragen worden waren, konnte sich auf Augenhöhe zu den weltlichen Fürsten behaupten[1]

Dies ist die Situation, in die Friedrich Barbarossa 1122 hineingeboren wurde: Ein konfliktreiches und spannungsgeladenes Interessengeflecht unterschied-lichster Mächte, die sich auch gegen ihn verbünden konnten, um ihre Interessen durchzusetzen. Als Barbarossa 1190 starb, hinterließ er weitgehend geordnete Verhältnisse: Er hatte seine Nachkommen in Schlüsselpositionen platziert, den Fortbestand der Dynastie gesichert, große Konflikte beigelegt und das Land befriedet. Die vorliegende Arbeit soll aufzeigen, welchen Mitteln und Instrumenten sich Barbarossa bediente, um diese innen- und außenpolitischen Erfolge zu erzielen.

1. Machtanspruch und Selbstverständnis Barbarossas

Barbarossa konnte seine Abstammung über die Saliertochter Agnes direkt auf die ausgestorbene salische Herrschaftsfamilie nachweisen. Daraus leitete er seinen Herrschaftsanspruch unmittelbar ab. Ideologisch rekurrierte sich sein Herrschaftsverständnis auf das noch ältere Geschlecht der Karolinger. Denn nach der kaiserlichen Vorstellung „…gebe es in der Menschheitsgeschichte nur ein einziges Kaisergeschlecht, dessen Glieder ohne Rücksicht auf den Raum, wo sie geherrscht hätten, geheimnisvollerweise miteinander verbunden seien und dessen letztes Glied das staufische Kaisertum sei[2] “. In der Darstellung seines Oheims Ottos v. Freising war nach dem Tod Ludwig des Kindes indes ganz konkret mit der Krönung Heinrichs III. das Königtum wieder zur „semen Karoli“ zurückgekehrt, in dessen Linie nun auch Barbarossa stehe[3]. Die durch Barbarossa initiierte Heiligsprechung Karls des Großen 1165 in Aachen brachte dieses Selbstverständnis deutlich zum Ausdruck. Werner Hechberger, auf Odilo Engels verweisend, begründet die salisch-staufisch Dynastiekontinuität damit, dass sich Barbarossa selbst nicht als Staufer bezeichnet habe, sondern als Waiblinger, wobei das Geschlecht der Waiblinger das der Salier und Staufer umfasste[4]. Die salische Tradition wurde bewusst an seine Nachkommen weitergegeben. So erhielten seine Söhne Heinrich und Otto traditionelle salische Herrschernamen. Zudem hatte Barbarossa den Wunsch geäußert, in Speyer, der Grablage der salischen Kaiser bestattet werden zu wollen[5]. Tilman Struve geht sogar noch weiter und verweist auf Bestrebungen seit der frühen Salierzeit, bei denen die Kaiser durch eine verstärkte Bezugnahme zum römischen Kaisertum ihre königliche Machtposition zu konsolidieren versucht haben; auch diesen Bezug hätten die Staufer aufgegriffen[6]. Struve leitet aus diesem Ansatz auch Barbarossas Einsatz für den Aufbau und Erhalt einer funktionierenden und einheitlichen Rechtsordnung her.

Für Barbarossa war es ferner wichtig, seine Kinder von Anfang an in wichtige Schlüsselpositionen einzusetzen. Bereits mit vier Jahren wurde 1169 der zweitälteste Sohn Heinrich in Aachen zum König gekrönt. 1173 wurde die Herrschaft des Kaisersohns Otto über Burgund vertraglich gesichert. Selbst dem Papst hatte Barbarossa Im Zuge der Kreuzzugsvorbereitungen ein Versprechen abgenötigt, den Sohn Heinrich VI. zum Kaiser krönen zu lassen.[7] Zuvor jedoch hatte Barbarossa mit dessen Vorgänger Alexander III. eine langjährige Auseinandersetzung über das Verhältnis von Regnum und Sacerdotium geführt, die als Konflikt zweier unterschiedlicher selbstbewusster Macht-Perspektiven interpretiert werden kann. In dem erbitterten Streit, der zu einem Kirchenschisma mit zwei von Barbarossa eingesetzten Gegenpäpsten geführt hatte, vertrat der Staufer ein starkes Verständnis seines Kaisertums, „…in dem der Papst nur eine bestätigende Funktion hatte und auf die Rolle des Koronators beschränkt war[8] “. Dem entgegen stand der päpstliche Überlegenheitsanspruch, nach dem der Papst von Gott beauftragt sei, den König zum Kaiser zu weihen und der Kaiser deshalb dem Papst untergeordnet sei[9].

1157 hatte er Otto v. Freising zur literarischen Darstellung seiner Taten, die „Gesta Friderici“, beauftragt, ein weiteres Indiz für das hohe Sendungsbewusstsein des Stauferkaisers.

2. Erfolgsfaktoren staufischer Herrschaftspolitik

Seit Karl dem Großen hatte sich wenig in der Reichsverwaltung geändert gehabt. Die Regierung des Reisekaisertums wurde durch persönliche Anwesenheit ausgeübt. Bereits mit dem traditionellen Umritt, wie durch Barbarossa nach seiner Königskrönung 1152 von Aachen aus vollzogen, stellte sich Barbarossa in diese alte karolingische Tradition. Der Bau von Kaiserpfalzen, wie z.B. in Gelnhausen wurde durch Barbarossa deshalb vorangetrieben. Außerhalb dieser Pfalzen, und wenn nicht gerade ein befreundetes Fürstenhaus die Unterkunft stellte, regierte Barbarossa und sein Hofstaat mitunter aus dem Zelt heraus[10]. Die Verwaltung dieses ausgedehnten Reiches ließ sich daher auch nur durch eine besonders intensive Reisetätigkeit bewerkstelligen, die sehr große Ansprüche an die Physis des Kaisers stellte, zumal erstens die unbequemen Reisemittel des Pferdes und zweitens die häufige Überquerung der Alpen zu berücksichtigen ist. Die Effizienz der Verwaltung maß sich also in erster Linie an der Reiseintensität, die bis ins hohe Alter beachtlich war (Barbarossa starb auch auf einer Reise). Holger Berwinkel bezeichnet den Hof des 12. Jhd deshalb auch als „…viel zu wenig institutionalisiertes, [und daher als] ein amöbenhaftes Gebilde“[11]

[...]


[1] vgl. Berwinkel, Holger: Verwüsten und Belagern, Tübingen, 2007, S. 24 und S. 50

[2] LexMA, Brepolis Medieval Encyclopaedias, Stuttgart 1999, S. 827

[3] vgl. Hechberger, Werner: Staufer und Welfen 1125 – 1190, Köln, Weimar, Wien 1996, S. 125

[4] vgl., ders., ebda., S. 135

[5] vgl., ders., ebda.,, S. 139

[6] vgl. Struve, Tilman: Roma caput mundi. Die Gegenwart Roms in der Vorstellung des Mittelalters (Passauer historische Forschungen, Bd. 12), Köln, Weimar, Wien 2002, S. 163

[7] vgl. Opll, Ferdinand: Friedrich Barbarossa, Darmstadt 1994, S. 163

[8] Rogge, Jörg: Die deutschen Könige im Mittelalter, Darmstadt 2006, S. 31

[9] vgl. ders., ebda., S. 30

[10] vgl. Opll, Ferdinand: Friedrich Barbarossa, Darmstadt 1994, S. 155

[11] Berwinkel, Holger: Verwüsten und Belagern, Tübingen 2007, S. 46

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Konsens und Gewalt - Politische Instrumente von Kaiser Friedrich I. Barbarossa
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Hauptseminar Geschichte
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V93192
ISBN (eBook)
9783638064774
ISBN (Buch)
9783638953498
Dateigröße
459 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konsens, Gewalt, Barbarossa, Regnum, Sacerdotium, Kirchenschisma, Staufer, Reisekaisertum, Heinrich der Löwe, Reichsministerialität
Arbeit zitieren
Matthias Wühle (Autor:in), 2008, Konsens und Gewalt - Politische Instrumente von Kaiser Friedrich I. Barbarossa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93192

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