Preispolitik in der Energiewirtschaft. Innovative Elemente im Privatkundenbereich


Seminararbeit, 2006

53 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Thema und Aufbau der Arbeit

2. Struktur und Besonderheiten des Elektrizitätsmarktes

3. Preisbildung in der Elektrizitätswirtschaft
3.1. Kostenfaktoren
3.2. Preisbildung am Markt

4. Strom- Produkt oder Dienstleistung?

5. Preisdifferenzierung
5.1. Theoretische Ansätze der Preisdifferenzierung
5.2. Definition, Arten und Ziel der Preisdifferenzierung
5.3. Personenbezogene Preisdifferenzierung
5.4. Räumliche Preisdifferenzierung
5.5. Verwendungsabhängige Preisdifferenzierung
5.6. Mengenbezogene Preisdifferenzierung
5.7. Produktionsbezogene Preisdifferenzierung
5.8. Preisbündelung
5.9. Leistungsbezogene Preisdifferenzierung
5.10. Zeitliche Preisdifferenzierung

6. Dynamische Stromtarife
6.1. Realtime Pricing am Beispiel Eckernförder Tarif
6.2. Time-of-Use tariffs am Beispiel Option Tempo
6.3. Demand Bidding der Southern California Edison
6.4. Critical Peak Pricing in Kalifornien
6.5. Akzeptanz für die Umsetzung eines dynamischen Tarifs in Deutschland

7. Fazit

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Unterteilung der Preispolitik

Abbildung 2: Wertschöpfungskette in der Energiewirtschaft

Abbildung 3: Die Struktur des Elektrizitätsmarktes in Deutschland

Abbildung 4: Erzeugungskapazitätsanteile nach Unternehmen

Abbildung 5: Regelzonen der Übertragungsnetzbetreiber

Abbildung 6: Kostenanteile der Stromrechnung

Abbildung 7: Merit Order

Abbildung 8: Strom und Spannung im Leiterquerschnitt

Abbildung 9: Dienstleistungsphasen

Abbildung 10: Klassisches Modell der Preisdifferenzierung

Abbildung 11: Formen der Preisdifferenzierung

Abbildung 12: Grafische Darstellung der Preisdifferenzierung

Abbildung 13: Family- und Single Tarif

Abbildung 14: Speicherheizungstarif der Stadtwerke Neustadt

Abbildung 15: Wärmepumpenbeispieltarif

Abbildung 16: Formen der mengenbezogenen Preisdifferenzierung

Abbildung 17: Mengenbezogene Preisdifferenzierung bei AllgäuStrom

Abbildung 18: Ökostrom der Stadtwerke Schönau

Abbildung 19: Produkt und Dienstleistungsspektrum Strom

Abbildung 20: Veränderungen der sinusförmigen Struktur des Stromes

Abbildung 21: Zweizeiten Tarif

Abbildung 22: Die technischen Komponenten des Eckernförder Feldversuchs

Abbildung 23: Bestimmung des Realpreises

Abbildung 24: Lastverlagerung beim Eckernförder Tarif

Abbildung 25: Tarif Tempo der EDF

Abbildung 26: Darstellung des Tagespreises beim Tarif Tempo

Abbildung 27: Critical Peak Pricing

Abbildung 28: Übersicht über Dynamische Tarifstudien

Abbildung 29: Preisschwankungen an der EEX am 01.11.2006

Abbildung 30: Energiemodem

Abbildung 31: Kenntnis des Strompreises

Abbildung 32: Strompreissituation

Abbildung 33: Hauptkostentreiber des Strompreises

Abbildung 34: Auswirkungen eines dynamischen Tarifs

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Reine Ökostromanbieter

Tabelle 2: Kraftwerksunterteilungen

Tabelle 3: Stromwertbereiche der Stromwert-Ampel

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Thema und Aufbau der Arbeit

Diese wissenschaftliche Arbeit befasst sich mit der Preispolitik in der Energiewirtschaft aus der Sichtweise des Marketings. Die Preispolitik ist eines der wichtigsten Instrumente des Marketings. Sie versucht, durch Preisgestaltung den Nachfrager zum Kauf zu animieren und somit den Absatz und den Gewinn zu steigern. Der Preis spielt dabei eine überaus wichtige Rolle (vgl. Meffert, 2000, 483).

Die Preispolitik umfasst also vielfältigste Bereiche und Prinzipen, die in dieser Arbeit nicht alle behandelt werden können. Eine Gliederungsmöglichkeit der Preispolitik zeigt die Abbildung 1: Unterteilung der Preispolitik.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Unterteilung der Preispolitik

(Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Meffert, 2000, 483- 591)

Die Verfasser konzentrieren sich auf die Preisdifferenzierungsstrategien. Die Formen der Preisdifferenzierung werden theoretisch erarbeitet und anhand von Beispielen der Energiewirtschaft untersucht und erläutert[1].

Zuvor erläutern die Verfasser die Struktur und Besonderheiten des Elektrizitätsmarktes (Kapitel 2). Ein sehr interessanter Aspekt im Elektrizitätsbereich ist die Preisbildung, die im Kapitel 3 erläutert wird. Im Kapitel 4 wird erörtert, ob Strom ein Sachgut oder eine Dienstleistung ist. Diese Einordnung ist für das Kapitel 5 Preisdifferenzierung von großer Bedeutung. Der Spezialfall der zeitlichen Preisdifferenzierung, dynamische Stromtarife, wird anhand der Eckernförder Tarifstudie sowie weiteren Beispielen dargestellt. Diese bisher wenig umgesetzten Möglichkeiten der Energieversorgungsunternehmen ist das innovative Element der Preispolitik in der Energiewirtschaft und wird deshalb besonders herausgestellt. Die Verfasser untersuchen die Akzeptanz von Realpreisen für Elektrizität durch eine Befragung. Abschließend wird die Arbeit im Fazit zusammengefasst und bewertet.

2. Struktur und Besonderheiten des Elektrizitätsmarktes

- Politische Rahmenbedingungen

Der Elektrizitätsmarkt weist im Gegensatz zu anderen Märkten wichtige Besonderheiten auf, die im Folgenden kurz charakterisiert werden. Bis 1998 gab es in diesem Sektor ausschließlich Monopolisten, die die Verbraucher von Energie auf der gesamten Wertschöpfungskette versorgten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Wertschöpfungskette in der Energiewirtschaft

(Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung RWE, 2006, 2)

Diese natürlichen Monopole sind dadurch gekennzeichnet, dass ein einziger Anbieter in einem abgegrenzten Versorgungsgebiet, die Konsumenten zu einem günstigeren Preis versorgen kann als mehrere dies tun könnten. Die Preisfestsetzung erfolgte unter der Genehmigung einer Regulierungsbehörde.

Durch ineffiziente Regulierung, politische Veränderungen und vor allem das Entstehen großer Übertragungsnetze war die Notwendigkeit eines natürlichen Monopols nicht mehr gegeben. Aus diesem Grund wurde in der europäischen Binnenmarktrichtlinie Strom 96/92/EG festgelegt, dass der Strommarkt geöffnet werden muss.

„Deutschland setzte diese Richtlinie durch das Gesetz zur Neureglung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) um.“ (Gerke et al. 2000, 9)

Erst mit diesen politischen Weichenstellungen konnte sich ein Wettbewerb um Absatz und Kunden im Elektrizitätsbereich entwickeln.

- Merkmale des Gutes Elektrische Energie (vgl. Gerke et al., 2000, 13-14 und Hensing et al., 1998, 111-113)

- leitungsgebunden
- schwere Steuerbarkeit
- auf die Qualität bezogen: homogenes Gut
- simultane Erzeugung und Verbrauch, d.h. eingespeiste Leistung= nachgefragte Leistung
- Speicherung nur unter hohen Verlusten möglich, keine praktische Relevanz
- low-involvement Produkt
- Netznotwendigkeit

Diese Charakteristika bieten für elektrizitätsproduzierende Energieversorgungsunternehmen (im folgenden EVU genannt) Herausforderungen im Wettbewerb um Kunden. Ein EVU kann durch Produkt- und Preisdifferenzierungen neue Kunden gewinnen. Des Weiteren kann auf die besondere Art der Erzeugung der Energie verwiesen werden. Hierbei ist im Wesentlichen die Erzeugung von Elektrizität aus Erneuerbaren Energien zu nennen[2].

- Die Marktstruktur

Der deutsche Strommarkt lässt sich in 4 Ebenen einteilen:

- Erzeugungsebene
- Übertragungsebene
- Verteilungsebene/ Vertriebsebene (in Abbildung 3: Groß- und Einzelhandel)
- Verbraucherebene

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Die Struktur des Elektrizitätsmarktes in Deutschland

(Quelle: eigene Darstellung nach Gerke et al., 2000, 114)

Wie bereits im Punkt politische Rahmenbedingungen ausgeführt, gab es für die Endkunden bis 1997 von der Erzeugungsebene, Übertragungsebene und Verteilungsebene in einem bestimmten Gebiet nur einen Anbieter, ein Wechsel war nicht möglich. Mit der Binnenmarktrichtlinie Strom 96/92/EG und dem EnWG musste diese Integration entflechtet werden. Dies wird unter dem Begriff Unbundling zusammengefasst. Darunter wird „die buchhalterische, informatorische, organisatorische und rechtliche Entflechtung des Übertragungs- und Verteilnetzes von den anderen Wertschöpfungsstufen in vertikal und horizontal integrierten Versorgungsunternehmen“ (Wissel, 2006, 4) verstanden. Der Kunde hat seitdem die Wahl, bei welchem EVU er seine Elektrizität bezieht, ein Wettbewerb ist möglich.

- Quantifizierung der Marktstruktur

Im Jahr 2006 gibt es in Deutschland:

- 4 große Verbundunternehmen (Vattenfall Europe AG, EnbW AG, RWE AG, EON AG)
- ca. 80 Regionalversorger (z.B. EnviaM)
- ca. 900 Lokale Versorger (z.B. Stadtwerke Cottbus)

Die Verbundunternehmen sind sowohl in der Erzeugung, Übertragung sowie teilweise in der Verteilung tätig[3]. Regionalversorger sind vorwiegend in der Verteilung und mit kleinen Erzeugungskapazitäten vertreten. Der zahlenmäßig größte Teil ist in der Verteilung vertreten (vgl. Gerke et al., 2000, 10 und Müller, 1998, 32-34). Die 4 großen Verbundunternehmen vereinen über 80% der Erzeugungskapazitäten in Deutschland.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Erzeugungskapazitätsanteile nach Unternehmen

(Quelle: Schwarz/ Lang, 2005, 864)

Des Weiteren werden die Übertragungsnetze (380 kV, 220 kV) von diesen 4 Konzernen geführt. Vergleich Abbildung 5: Regelzonen der Übertragungsnetzbetreiber auf der folgenden Seite.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Regelzonen der Übertragungsnetzbetreiber

(Quelle: VDN)

3. Preisbildung in der Elektrizitätswirtschaft

Der Elektrizitätsanbieter steht vor der Entscheidung, den Strom selbst zu produzieren oder am Markt zu beschaffen. Die Marksituation in Deutschland zeigt jedoch, dass die Energieerzeugung durch die vier großen Verbundunternehmen dominiert wird[4] und nur ein geringer Anteil des Stromes von kleineren Erzeugern kommt. Die Verfasser möchten in diesem Kapitel die Kostenfaktoren darstellen und im Weiteren die Bildung des Preises am Markt darstellen (vgl. Müller, 1998, 327-329).

3.1. Kostenfaktoren

Kostenfaktoren für die Bereitstellung von elektrischer Energie lassen sich in die Erzeugungs-, Transport- und Vertriebskosten unterteilen. Ein weiterer Kostenfaktor sind die regulatorischen Kosten.

- Erzeugungskosten

Die Erzeugungskosten unterteilen sich in:

- die Brennstoffkosten
- die Betriebskosten
- und die Kapitalkosten.

Die Brennstoffkosten sind je nach Primärenergieträger Weltmarktpreise wie für Erdgas, Steinkohle[5], Uran und Erdöl. Braunkohle ist aufgrund des geringen Heizwertes nur ortsnah einsetzbar, hierfür existiert ein heimischer Markt. Für Biomasse oder Biogas sind ebenfalls heimische Märkte entscheidend. Die Betriebs- und Kapitalkosten sind technologiespezifisch und werden in dieser Arbeit nicht näher erläutert.

- Kosten für Transport und Vertrieb

Die Kosten für den Transport und Vertrieb lassen sich in

- die Netznutzungsentgelte,
- die Konzessionsabgaben
- und die Vertriebskosten unterteilen.

Für die Übertragung und den Transport der elektrischen Energie zum Verbraucher sind Netznutzungsentgelte an die Netzbetreiber zu zahlen, diese müssen von der Netzagentur genehmigt werden. Konzessionsabgaben sind Abgaben, die von EVU’s an die Gemeinden für die Nutzung von öffentlichen Gütern zu leisten sind[6]. Vertriebskosten setzen sich bspw. aus den Kosten für das Mess- und Zählwesen und den Personalkosten zusammen (vgl. Müller, 1998, 71-73).

Der Elektrizitätsanbieter wird den Preis für eine kWh Arbeit mindestens in Höhe seiner Grenzkosten (variable Kosten/ kWh) festlegen.

- Kosten aufgrund von Verordnungen und Gesetzen

Weitere Kostenfaktoren sind regulatorische Maßnahmen des Staates. Für den Elektrizitätsbereich sind das Steuern und Abgaben (Umlagen), die unterteilt werden in:

- Erneuerbare Energien Umlage
- die Kraft-Wärme-Kopplungsumlage
- die Stromsteuer (Ökosteuer)
- die Mehrwertsteuer
- CO2- Zertifikate Kosten

Die erneuerbaren Energien haben in der Regel höhere variable Grenzkosten und würden ohne gesetzlich festgeschriebene Einspeisepreise in wesentlich geringerem Maß angeboten werden. Im EEG sind diese Einspeisevergütungen in Abhängigkeit der Erzeugungsart der erneuerbaren Energie festgeschrieben. Zudem wird den erneuerbaren Energien ein Vorrang zur Einspeisung gegenüber den konventionellen Energieerzeugungsarten gewährt. Die entstehenden Kosten (auch Transferkosten genannt) werden auf die EVU’s und letztlich auf die Endkunden abgewälzt (vgl. Pfaffenberger, 2006b, 11 und Erneuerbare Energien Gesetz, 2000, 1-6)[7].

Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz hat das Ziel, die dezentrale Elektrizitätserzeugung bei gleichzeitiger Wärmenutzung zu fördern. Diese Technologie ermöglicht sehr hohe Nutzungsgrade, mindert den Brennstoffbedarf und senkt damit Emissionen. Für die eingespeiste Energie in das Stromnetz des Betreibers bekommt der Einspeiser einen Bonus, der wiederum an die Endkunden weiter gegeben wird (vgl. Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, 2002, 1-6).

Die Ökosteuer hat das Ziel, durch die Besteuerung von Energie einen Lenkungseffekt zu erreichen und den Energieverbrauch zu senken. Die Einnahmen dieser Steuer werden zur Senkung der Lohnnebenkosten[8] eingesetzt (BMU, 2004, 1-2).

Die Mehrwertsteuer, die aus der Umsatzsteuer resultiert, wird an die Kunden durch höhere Preise weitergereicht (vgl. Umsatzsteuergesetz, 1979, 1-68). Auf nähere Ausführungen zur Mehrwertsteuer verzichten die Verfasser an dieser Stelle.

Die CO2- Kosten resultieren aus der Verpflichtung der Bundesregierung, bis zum Jahr 2012 die Emissionen um rund 21% gegenüber dem Jahr 1990 zu vermindern. Hierzu wurde für die Energiewirtschaft und die energieintensiven Industrien ein Zertifikatesystem eingeführt. Es steht nur eine begrenzte festgelegte Menge an Emissionsrechten zur Verfügung, die auf die Emissionsverursacher nach Benchmark bzw. auf Grundlage historischer Emissionen verteilt werden. Die Unternehmen bekommen die Zertifikate kostenlos abzüglich einer Emissionsreduktion zugeteilt. Die Unternehmen stehen vor der Wahl Emissionen zu mindern und eventuell überschüssige Emissionsrechte am Markt, zu verkaufen oder Emissionsrechte an der Börse oder durch bilateralen Handel zu erwerben. Aufgrund dieser Konstellation ergibt sich am Markt ein Preis für den Ausstoß von CO2. Dieses System verursacht Kosten bei den Unternehmen, die an die Verbraucher weitergereicht werden (vgl. Fichtner, 2005, 7-10).

Zusammengefasst ergeben diese Kostenfaktoren und die Gewinne in den Wertschöpfungskettensegmenten den Preis für die Verbraucher. Für einen durchschnittlichen Verbrauchshaushalt (3500 kWh/ Jahr) ergeben sich laut dem VDEW Kosten von 56,76 €/ Monat (VDEW, 2006, 1-2)[9]. Die Aufteilung der Kosten zeigt folgende Grafik:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Kostenanteile der Stromrechnung[10]

(Quelle: eigene Darstellung, mit Daten des VDEW)

3.2. Preisbildung am Markt

Es gibt zwei grundsätzliche Möglichkeiten für einen Elektrizitätsanbieter, Strom am Markt zu beschaffen:

- über den OTC- Markt
- über Strombörsen
- Der OTC- Markt

Der OTC (Over the counter) Handel bezeichnet finanzielle Transaktionen, die nicht über die Börse abgewickelt werden. Hierbei wird zwischen der traditionellen Handelsform im direkten Geschäftsverkehr oder des Handels mittels eines Intermediäres unterschieden (auch bilateraler Stromhandel) (Koch, Baier, 2003, 57). Im liberalisierten Strommarkt können Transaktionen so zum einen kostengünstiger und flexibler als beispielsweise an der Börse abgewickelt werden, beispielsweise Börsengebühren eingespart werden. Zum anderen können auf OTC- Märkten Produkte gehandelt werden, die nicht an Börsen angeboten werden. Es können drei Grundformen unterschieden werden (in Anlehnung an Koch, Baier, 2003, 58):

- Inseratsysteme
- Bilaterale Kommunikationssysteme
- Multilaterale Kommunikationssystem
- Die Strombörse

Eine weitere Beschaffungsmöglichkeit für Elektrizität am Markt ist die Strombörse. Hierbei handelt es sich um ein standardisiertes Instrument, welches elektrische Leistungen für eine bestimmte Zeitdauer handeln lässt. Der Preis ergibt sich durch das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage. Charakteristisch für den Elektrizitätsmarkt ist, dass gleiche Erzeugungsarten ähnliche variable Kosten aufweisen. Durch den CO2- Zertifikate- Preis ergibt sich für die Erzeugungsarten Braunkohle, Steinkohle und Erdgas eine Erhöhung der variablen Kosten um die benötigte Menge an Emissionszertifikaten (vgl. Abbildung 7: Merit Order). Den höchsten spezifischen CO2- Ausstoß/ kWhelt hat Braunkohle, demzufolge ist bei diesem Energieträger der höchste Aufschlag zu erkennen. Diese Aneinanderreihung der variablen Erzeugungskosten wird Merit Order genannt. Den Preis für die Leistung setzt jeweils der teuerste Anbieter. Alle anderen bekommen ebenfalls diesen Preis. Dadurch können die vermeintlich größten Profiteure (Wasser und Kernkraft) ihre weitaus höheren Kapitalkosten, bedingt durch hohe Investitionen, decken (vgl. Hensing et al., 1998, 117- 121 und Pfaffenberger, 2006a, 62f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Merit Order[11]

(Quelle: Pfaffenberger, 2006a, 63)

4. Strom- Produkt oder Dienstleistung?

Eine Einordnung von elektrischer Energie als Produkt oder Dienstleitung ist schwierig. Physikalisch gesehen, ist elektrischer Strom das Fließen von Elektronen, angegeben in Stromstärke mit der Einheit Ampere. Die Ursache für einen Strom ist ein Potentialunterschied (Φ12) von Elektronen[12]. Das Produkt aus Strom und Spannung ergibt die elektrische Leistung. Die Integration der Leistung über die Zeit ergibt die elektrische Arbeit, die gewöhnlich durch einen Zähler beim Privatkunden erfasst und bezahlt werden muss. Die elektrische Arbeit wird beim Kunden dann in mechanische, thermische oder Lichtenenergie umgewandelt. Das heißt, die Nutzung ist vielfältig und kundenabhängig.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Strom und Spannung im Leiterquerschnitt

(Quelle: eigene Darstellung)

Damit ist die elektrische Energie aber noch nicht als Dienstleistung oder Produkt charakterisiert. Die Diskussion, ob elektrische Energie Dienstleistung oder Produkt ist, ist nicht neu.

„In der Fachliteratur wird seit Ende der Achtziger die Diskussion geführt, ob es sich bei der Bereitstellung von Elektrizität um eine Dienstleistung oder um eine Güterherstellung handelt.“ (Hermann, 1997, 31)

Hermanns Fazit ist, dass Elektrizität bei der Verteilung und beim Transport Dienstleistungscharakter hat, bei der Erzeugung jedoch Gutscharakter aufweist (Vgl. Hermann, 1997, 31). Eine Möglichkeit zur Charakterisierung der Elektrizitätsversorgung als Dienstleistung ist der Dimensionsansatz. Die Dimensionen einer Dienstleistung sind nach Meffert (Meffert, 1994, 521):

- das Dienstleistungspotential
- der Dienstleistungsprozess und
- das Dienstleistungsergebnis

Diese Dimensionen wurden für die Charakterisierung von Dienstleistungen von verschiedenen Autoren aufgegriffen und beschrieben. Die folgende Übersicht gibt eine Beschreibung der Dienstleistungsphasen durch verschiedene Autoren wieder. Da die Nutzenphase wird von nur einem Autor aufgegriffen wird, verzichten die Verfasser auf eine nähere Untersuchung dieser Phase.

[...]


[1] Die Verfasser konzentrieren sich auf den Privatkundenbereich, interessante Möglichkeiten der Preisdifferenzierung sollen jedoch auch auf den Geschäftskundenbereich dargestellt werden.

[2] Diese Möglichkeit wird im Kapitel 5.7 Produktionsbezogene Preisdifferenzierung behandelt.

[3] Die Entflechtung bezieht sich nur auf die rechtliche, nicht aber auf die eigentumsrechtliche Komponente.

[4] Vgl. hierzu Kapitel 2 Struktur und Besonderheiten des Elektrizitätsmarktes.

[5] Die heimische Steinkohle ist nur durch Subventionen am Markt mit den Importen konkurrenzfähig.

[6] Gemeint ist die Nutzung von Straßen und anderer im öffentlichen Besitz stehender Gebiete für die Leitungsverlegung.

[7] Mit der Novellierung im Jahr 2004.

[8] Der Beitrag der Rentenversicherung kann dadurch um 1,7% gesenkt werden.

[9] Die Konzessionsabgaben sind gemeindeabhängig und sind regional sehr unterschiedlich.

[10] CO2- Zertifikate Kosten werden den Erzeugungskosten zugeordnet.

[11] In dieser Darstellung wurde auf der Y- Achse kein Wert für den Preis angegeben. Die farbliche Kennzeichnung wurde durch die Verfasser hinzugefügt.

[12] Angegeben in der Spannung U [V], die sich aus der Differenz der Potentiale Φ1 und Φ 2 ergibt.

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Preispolitik in der Energiewirtschaft. Innovative Elemente im Privatkundenbereich
Hochschule
Brandenburgische Technische Universität Cottbus
Note
2,0
Autoren
Jahr
2006
Seiten
53
Katalognummer
V93048
ISBN (eBook)
9783638070294
ISBN (Buch)
9783638955409
Dateigröße
3306 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Preispolitik, Energiewirtschaft
Arbeit zitieren
Dipl.-Ing Marco Groschke (Autor:in)Thomas Rauer (Autor:in), 2006, Preispolitik in der Energiewirtschaft. Innovative Elemente im Privatkundenbereich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93048

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