Ovids Ars Amatoria und die augusteischen Ehegesetze


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Ovid und sein historisches Umfeld
Biografie
Historischer und gesellschaftlicher Kontext
Ovids Verhältnis zu Augustus

2. Die augusteischen Ehegesetze
Zur lex Iulia de maritandis ordinibus
Zur lex Iulia de adulteriis

3. Die Ars Amatoria
Allgemein
Aufbau
Buch I
Buch II
Buch III

4. Bezüge zwischen Ars und Ehegesetzen
Eine Warnung am Anfang
Bezüge zur lex Iulia de maritandis ordinibus
Bezüge zur lex Iulia de adulteriis

5. Fazit

6. Quellenverzeichnis

7. Literaturverzeichnis

Einleitung

„Carmen et error“,[1] so gibt Ovid im zweiten Buch der Tristien selbst Auskunft, seien die Gründe, die sein elendes Schicksal, seine auf Geheiß Augustus veranlasste Verbannung ins weit von Rom entfernte Tomis am Schwarzen Meer, besiegelt hätten. Wenn auch vermutlich für immer ungewiss bleiben wird, was sich hinter „error“ verbirgt, so herrscht doch zumindest im Hinblick auf „carmen“ annähernd Einhelligkeit, dass Ovid damit sein Werk über die Liebeskunst, die Ars amatoria meinte.[2] Denn gegenüber den sittenstrengen Ehegesetzen des Augustus musste Ovids ausschweifendes Werk geradezu als Affront gewertet werden. Ziel dieser Arbeit ist es, die Bezüge, die in der Ars Amatoria auf die augusteischen Ehegesetze genommen werden, darzulegen und zu erläutern. Dazu werden, nach einigen einleitenden Worten zu Ovid und seinem zeitgenössischen Umfeld zunächst die Ehegesetze des Augustus sowie die Ars Amatoria genauer dargestellt, um beide Texte anschließend zu einander in Beziehung zu setzen. Im abschließenden Fazit wird darüber hinaus noch die Frage der tatsächlichen Relevanz der Ars Amatoria für Ovids Verbannung behandelt.

Grundlegend für diese Arbeit ist die den Themenkomplex nach wie vor am umfassendsten behandelnde, von 1979 stammende Publikation von Wilfried Stroh. Darüber hinaus dienen die elementaren Ovid-Monografien von Harzer, Albrecht und Holzberg als Basis. Diverse weitere Zeitschriftenartikel und Monografien fließen ergänzend ein. Als Übersetzung zur Ars Amatoria wurde auf die metrische Bearbeitung von Holzberg zurückgegriffen.

1. Ovid und sein historisches Umfeld

Biografie

Der überwiegende Teil der heute bekannten biografischen Informationen zu Publius Ovidius Naso beruhen auf dessen eigenen Texten, vor allem auf dem zehnten Gedicht des vierten seiner in der Verbannung verfassten Tristien -Bücher. Diese Quellenlage beinhaltet natürlich eine Reihe von Unwägbarkeiten, gerade angesichts eines Autors wie Ovid, der in den meisten seiner Werke aus der Ich-Perspektive spricht, dabei aber immer wieder von einer Rolle in die nächste schlüpft und sich vorwiegend im Rahmen literarischer Gemeinplätze bewegt. Zieht man diese Faktoren mit in Betracht , gibt sein autobiografischer Versbrief ein recht detailreiches Bild seiner Lebensumstände.[3]

Geboren wurde Ovid demnach in Sulmo, 120 Kilometer östlich von Rom gelegen, im Jahr 43 v. Chr.,[4] also 12 Jahre vor der Schlacht von Actium, womit er die Republik nur noch in jungen Jahren erlebte und der überwiegende Teil seines literarischen Schaffens in die Zeit der Herrschaft Augustus fiel.[5] Seine Familie gehörte offenbar dem alten Landadel an, wobei er wert auf die Feststellung legt, dass die Zugehörigkeit zum Ritterstand nicht erst den jüngeren innenpolitischen Wirren zu verdanken sei, sondern schon weit länger zurückreicht.[6] In Rom erhielt Ovid Unterricht in Senecas Rhetorenschule gemeinsam mit seinem ein Jahr älteren Bruder.[7] Nach dessen unerwartetem frühen Tod trat er vermutlich nun an dessen statt die Ämterlaufbahn an und besetzte auch eine Reihe niederer Posten innerhalb der römischen Administration.[8] Vor der Quästur und der damit verbundenen Aufnahme in den Senat brach Ovid die politische Laufbahn allerdings ab, da er sich nach eigener Auskunft weder körperlich noch mental dem Leben als Politiker gewachsen fühlte.[9] Stattdessen widmete er sich von nun an nur noch der Dichtung, unternahm Bildungsreisen nach Athen, Kleinasien und Sizilien[10] und begann im Umfeld des Dichterkreises um den mit seiner Familie offenbar bekannten Marcus Valerius Messala etwa um das Jahr 25 v. Chr. mit seinem eigentlichen literarischen Werk. Zentrales Thema seiner ersten Schaffensperiode ist die Liebe, die nach seinem offenbar ersten bekannten Werk, der Liebeselegiensammlung der Amores, unter anderem auch in der hier behandelten Ars Amatoria im Mittelpunkt steht.[11] In einer zweiten Schaffensperiode kurz nach der Zeitenwende um Christi Geburt verfasste Ovid die Metamorphosen, eine Sammlung und Verarbeitung mythologischer Verwandlungsgeschichten und begann mit einer literarischen Verarbeitung des römischen Festkalenders, den Fasti.[12] Doch noch bevor er dieses Werk beenden konnte wurde er im Jahr 8 n. Chr. auf Befehl Augustus in die Verbannung nach Tomis am Schwarzen Meer geschickt. Die Verbannung erfolgte in der Rechtsform der relegatio, also ohne Verlust des Vermögens und der Bürgerrechte,[13] worauf Ovid dezidiert hinweist.[14] Die kryptische Begründung für seine Verbannung, die Ovid selbst gibt, ein Gedicht (carmen) und ein Irrtum (error) seien für sein Unglück verantwortlich[15], gibt bis heute Rätsel auf und wird im Rahmen dieser Arbeit an anderer Stelle genauer erörtert. Bis zu seinem Tod im Jahr 17 oder 18 n. Chr. bemühte Ovid sich vergeblich um eine Aufhebung seiner Verbannung, wovon sein Spätwerk, die Tristien und die sich daran anschließenden Epistulae ex Ponto Zeugnis geben, in denen die Klagen über die unerträglichen Härten des Exils in Tomis einen weiten Raum einnehmen.[16]

Historischer und gesellschaftlicher Kontext

Die Epoche, in die Ovid hineingeboren wurde, war hinsichtlich der politischen Konstellation vorwiegend geprägt durch Octavian und sein Wirken. Wie bereits erwähnt entspricht die Jugendzeit Ovids in etwa der Phase des Ringens um die Macht im römischen Reich, die Octavian im wesentlichen im Jahr 31 v. Chr. bei Actium für sich entscheiden konnte. Damit ist die Herrschaft Octavians, ihre Ausweitung und Etablierung in den folgenden Jahren eine zentrale Determinante der zeitgenössischer Entwicklung. Nach der langen Zeit des Bürgerkrieges deklarierte Octavian, zunächst als princeps, bald mit dem Ehrentitel Augustus bedacht, die von ihm errichtete Monarchie als wiederhergestellte Republik[17] und begann mit einer Reihe von Reformen, teils in innovativer, teils in restaurativer Weise, vielfältig und einschneidend in die innerrömische Gesellschaftsordnung einzugreifen. Zu den innovativen Initiativen können vor allem praktische Verwaltungsmaßnahmen und -vorschriften gezählt werden, beispielsweise die Einrichtung einer staatlichen Feuerwehr, Ansätze einer Baugesetzgebung sowie die Neuorganisation der Wasser- und Getreideversorgung. Große Teile der augusteischen Innenpolitik hingegen, beispielsweise Maßnahmen zur Befriedung der großen Sklavenbevölkerung oder die hier genauer zu erörternden Ehegesetze lassen sich zusammenfassend als tendenziell stark konservativ und restriktiv charakterisieren.[18]

Unterhalb dieser offiziellen Ebene veränderten sich im Verhältnis zur republikanischen Zeit angesichts des neuen Systems auch auf direkter gesellschaftlicher Eben zentrale Rahmenbedingungen. Die ehemals, zumindest relativ gegebene Chancengleichheit für alle Angehörigen der adligen römischen Jugend, beim erfolgreichen Durchlaufen der Ämterlaufbahn Einfluss bis hinauf zu den höchsten Ämter des Staates erreichen zu können, war nun mehr oder weniger der willkürlichen Entscheidung eines Alleinherrschers gewichen, mit dem es sich zu halten galt, wenn man die eigene Karriere befördern wollte. Doch angesichts der erst kurz zurückliegenden Wirren und Schrecken des Bürgerkrieges fand sich offensichtlich der Großteil der römischen Oberschicht damit ab, die Möglichkeit zur gleichberechtigten Beteiligung im Staat gegen die Sicherheit und die wiederhergestellte Ordnung, die das neue System unter Augustus bot, zu opfern.[19]

Die literarische Rezeption der politischen Veränderungen fiel zunächst gespalten aus. Während einige zeitgenössische Autoren, vornehmlich ältere wie Vergil und Horaz, die Politik des Augustus ausdrücklich begrüßten, standen zahlreiche der bekannten jüngeren Autoren, insbesondere Elegiker wie Properz und Tibull, dem neuen System zunächst durchaus skeptisch gegenüber und flüchteten sich in die „verkehrte Welt“ der Elegie mit ihrem eigenen Wertesystem. Ihre zunächst von Staatsverdrossenheit geprägte Haltung begann sich allerdings ab dem Jahr 17 v. Chr. in eine Zustimmung zu Augustus und seinem Wirken zu wandeln.[20] Ovids erotische Dichtung, insbesondere die Amores sowie die hier zu behandelnde Ars Amatoria richtete sich vor diesem Hintergrund wohl vornehmlich an eine junge adelige Generation, die sich mit den neuen politischen Gegebenheiten arrangiert und mehr ins Privatleben zurückgezogen hatte, hier nun aber sich gerne an nicht zu realitätsfernen, bezugs- und anspielungsreichen Literaturprodukten jenseits der omnipräsenten Huldigungen an den princeps erfreuen wollte.[21]

[...]


[1] Ovid, trist. II, 207.

[2] So in den allermeisten vorliegenden Publikationen. Anderer Ansicht hierzu siehe bspw. Hollemann, Konflikt, S.378ff.

[3] Vgl. Harzer, Ovid, S.2.

[4] Vgl. Albrecht, Ovid, S.13.

[5] Vgl. Döpp, Werke, S.9.

[6] Ovid, trist. IV, 10, 7f. Übermäßig weit kann die Zugehörigkeit seiner Familie zum Ritterstand allerdings auch nicht zurückreichen, da auf Sulmo erst im 1. Jahrhundert v. Chr. der Bereich der römischen Bürgerschaft ausgedehnt wurde. Vgl. dazu White, Ovid, S.2.

[7] Vgl. Albrecht, Ovid, S.15.

[8] Vgl. Döpp, Werke, S.17.

[9] Ovid, trist. IV, 10, 35-38.

[10] Vgl. Albrecht, Ovid, S.16.

[11] Vgl. ebd., S.18f.

[12] Vgl. Albrecht, Ovid, S.21f.

[13] Vgl. Harzer, Ovid, S.3.

[14] Ovid, trist. II, 137. „relegatus, non exul“.

[15] Ovid trist. II, 207.

[16] Vgl. Schmitzer, Ovid, S.20.

[17] Vgl. Gehrke/Schneider, Geschichte, S.301.

[18] Vgl. Gehrke/Schneider, Geschichte, S.306f.

[19] Holzberg, Ovid, S. 49.

[20] Vgl. ebd., S. 50.

[21] Vgl. ebd., S.51.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Ovids Ars Amatoria und die augusteischen Ehegesetze
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Veranstaltung
Geschlechterverhältnisse in der römischen Kaiserzeit
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V93036
ISBN (eBook)
9783638068017
ISBN (Buch)
9783638955591
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ovids, Amatoria, Ehegesetze, Geschlechterverhältnisse, Kaiserzeit
Arbeit zitieren
Thomas Kauf (Autor:in), 2006, Ovids Ars Amatoria und die augusteischen Ehegesetze, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93036

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