Aufbau und propagandistische Wirkung der hellenistischen Herrscherpaläste von Aigai und Pergamon


Seminararbeit, 2005

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Basileia von Aigai
2.1 Zur Identifikation Aigais
2.2 Die Lage der Basileia
2.3 Gebäude der Basileia
2.3.1 Der Palastkomplex
a) Allgemein
b) Der Peristylhof
c) Die Andrones
d) Das Doppel-Andron
e) Die Tholos
f) Ostfassade und Propylon
g) Weitere Räume des Eingangsbereichs
h) Die Aussichtsterrasse
i) Das Obergeschoss
j) Das Nebenperistyl
k) Gärten
2.3.2 Das Theater
2.3.3 Der Eukleia-Tempel
Datierung und zusammenfassende Deutung der Basileia

3. Pergamon
3.1 Vorgeschichte Pergamons
3.2 Lage der Basileia
3.3 Gebäude der Basileia
3.3.1 Kleiner Palastkomplex (Baugruppe IV)
a) Allgemein
b) Peristylhof
c) Oikos oder Ritualraum
d) Weitere Räume der Anlage
3.3.2 Großer Palastkomplex (Baugruppe V)
a) Allgemein
b) Peristylhof
c) Andrones
d) Kultraum
3.3.3 Das Athena-Heiligtum mit Bibliothek
3.3.4 Der große Altar
3.4 Zusammenfassende Deutung der Basileia

4. Fazit

Quellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Folgenden sollen die hellenistischen Herrscherpaläste von Aigai und Pergamon einschließlich ihrer Basileia genauer dargestellt und, soweit dies auf Basis des dürftigen Forschungstandes möglich ist, auf ihre propagandistische Wirkung hin untersucht werden. Die schriftlichen Quellen sind im Zusammenhang mit den behandelten Palästen nur von sehr begrenztem Nutzen, eine direkte Beschreibung ihrer ist nirgends überliefert. Somit müssen in den meisten Fällen indirekte Aussagen, vornehmlich von Diodor, als Basis für weitergehende Deutungen dienen. Aktuellere Publikationen zu den hellenistischen Herrscherpalästen sind relativ rar, wobei neuere Publikationen hauptsächlich auf der Deutung bestehenden, auch überholten Kartenmaterials und nur selten auf direkter Forschung vor Ort basieren. Mit dem hellenistischen Herrscherpalast als speziellem Forschungsgegenstand befassen sich an aktuellen Publikationen ein Sammelband von Wolfram Hoepfner sowie eine Monografie von Inge Nielsen. Diese beiden Veröffentlichungen bilden zusammen mit der ausführlichen Untersuchung des Palasts von Aigai durch Vera Heermann und der umfassenden Darstellung Pergamons durch den dortigen Grabungsleiter Wolfgang Radt die Basis dieser Hausarbeit, diverse andere Publikationen fließen ergänzend ein.

2. Basileia von Aigai

2.1 Zur Identifikation Aigais

Die Gleichsetzung des modernen Vergina mit Aigai, das bis zur Verlegung um 400 v. Chr. nach Pella Hauptstadt Makedoniens war[1], wurde als erstes 1972 von N.G.L. Hammond in seinem Werk „A History of Macedonia I“ vertreten. Der archäologische Nachweis erfolgte 1977 mit der Entdeckung der makedonischen Königsnekropole und wurde in den darauffolgenden Jahren noch durch die Freilegung eine Theaters und eines kleinen Tempels in unmittelbarer Nähe zum Palastkomplex untermauert.[2]

2.2 Die Lage der Basileia

Auf dem höchsten bebaubaren Plateau des Gebietes von Aigai, am Hang des Vermion-Gebirges errichtet, liegt die Basileia der Stadt, bestehend aus einem Tempel und einemTheater sowie dem sich südlich oberhalb davon erhebenden Palast[3], der von Befestigungsmauern entlang der Kanten des bebauten Plateaus zu den Seiten und in seinem Rücken nach Osten, Süden und Westen umschlossen wird.[4]

2.3 Gebäude der Basileia

2.3.1 Der Palastkomplex

a) Allgemein

Die Gesamtanlage wurde auf einer rechteckigen Fläche mit Seitenlängen von 95 m und 145 – 148 m errichtet. Mit einer Breite von 88,80 m und einer Länge von 104,50 m nimmt der Hauptbau des Palastes etwa zwei Drittel der Fläche ein, ein weiteres Drittel entfällt auf den sich im Südwesten anschließenden, mit Seitenlängen von 42 m fast quadratischen Anbau, der als Nebenperistyl bezeichnet wird.[5] Als Baumaterial des Palastes dienten vor allem Lehmziegel und Kalkstein unterschiedlicher Qualität. Darüber hinaus kam Marmor für die Schwellen im Repräsentativtrakt und eventuell in dünnen Platten als Wandverkleidung zum Einsatz.[6]

b) Der Peristylhof

Mit Seitenlängen von ca. 41,5 x 41,5 m[7] gehört der Peristylhof, der das Zentrum des Palasts von Aigai bildet, zu den größten der gesamten griechischen Architektur.[8] Auf die Höhe der 16 dorischen Säulen auf jeder Seite kann auf Grund ihres schlechten Erhaltungszustands nur noch geschlossen werden, sie dürfte bei etwa 5,3 m gelegen haben.[9] Die darüber liegenden Architravblöcke, von denen einige wenige vollständig erhalten geblieben sind, haben eine durchschnittliche Länge von 2,83m und lassen an einigen Stellen noch den weißen Verputz erkennen, mit dem möglicherweise auch die Säulen überzogen waren.[10] Eine vorgeschlagene Bepflanzung des Hofes[11] scheint angesichts vieler anderer denkbarer Funktionen, wie etwa als Platz für militärische Appelle, für Versammlungen, für Schaukämpfe und für die Ausbildung junger Adliger unwahrscheinlich.[12]

c) Die Andrones

Zu allen Seiten des Peristylhofs sind Andrones gelegen, die sich auf Grund ihrer Klinenbänder und der exzentrischen Türen leicht als solche identifizieren lassen.[13] Diese Banketträume lassen sich basierend auf ihrer Größe in drei Gruppen unterscheiden. So finden sich drei sehr große, für 30 Klinen[14] ausgelegte Räume im Westen, sechs Räume[15] mit Platz für 19 Klinen im Norden und Osten sowie vier Räume im Süden des Palastes, die offenbar für 15 Klinen ausgelegt waren.[16] Eine Sonderstellung nehmen zwei im Südosten gelegene, durch einen Vorraum vom Peristylhof abgetrennte Andrones ein. Ihre im Verhältnis zu den übrigen Banketträumen sehr geringe Größe von 5 m x 5 m und dem sich daraus ergebenden Raum für höchstens sieben Klinen lassen vermuten, dass es sich hierbei um vornehmlich privat genutzt Räume handeln könnte[17], wofür auch der direkte Zugang zur Treppe im Süden zum möglicherweise privat genutzten Obergeschoss[18] spricht. Über die genaue Ausgestaltung der Andrones lässt sich infolge der Zerstörung wenig genaues sagen, sicher ist nur die Gestaltung der Böden mit schwarz-weißen Kieselmosaiken, die gefundenen Überreste der diese Mosaiken umrahmenden, durchgehend 1,10 m breiten Klinenbänder haben eine rötliche Färbung, darüber hinaus konnten farbige Putzfragmente gefunden werden.[19] Doppelte Belegung der Klinen vorausgesetzt konnte der König in seinen Andrones zur selben Zeit über 500 Gäste empfangen[20], möglicherweise abhängig von ihrem sozialen Status aufgeteilt auf die unterschiedlich großen Räumlichkeiten.[21] Wie groß die Ausrichtung des gesamten Palasts auf Öffentlichkeitswirksamkeit gewesen sein muss, lässt sich leicht an der Anzahl der auf die Ausrichtung der im makedonischen Hofzeremoniell so zentralen Bankette[22] ausgelegten Andrones ablesen, die mehr als die Hälfte der gesamten Anlage einnehmen.

d) Das Doppel-Andron

Einen Sonderfall unter den Andrones stellt eine Baugruppe bestehend aus den drei mittleren Räumen auf der Südseite des Peristylhofs dar[23]. Die beiden äußeren Räume waren nicht wie alle anderen Andrones zum Peristylhof, sondern zu dem dazwischenliegenden Raum hin geöffnet, der, durch einen mit drei Säulen bestandenen Durchgang vom Peristylhof aus zu erreichen, auf Grund des fehlenden Klinenbandes zu seinen Seiten selbst kein Bankettraum gewesen sein kann.[24] Insbesondere die prunkvolle Ausschmückung der Räume, wozu vor allem das besterhaltenste Mosaik der Anlage[25], das im östlichen Andron der Baugruppe gefunden wurde, zu rechnen ist, hat zu den verschiedensten Deutungen Anlass gegeben. Allen Interpretationen ist die besondere Bedeutung der Raumgruppe im Kontext des Palastes gemein, was allerdings weniger auf die Einzigartigkeit dieser Raumkonstellation[26], als vielmehr auf seine reiche Ausstattung zurückzuführen ist. So wurde vorgeschlagen, im mittleren Verbindungsraum eine Art Thron- oder Audienzraum des Herrschers zu sehen, wogegen sein Charakter eines Durchgangszimmers, den ihm die angeschlossenen Banketträume verleihen, spricht.[27] Schlüssiger scheint eine Aufteilung der Räumlichkeiten beim königlichen Festbankett, bei dem jeweils einer der beiden Speiseräume für das Symposium des Königs und eines für das der Königin gedient haben könnte.[28] Der Vorraum könnte somit als Warteraum für Gäste und als Wachraum der Leibwächter gedient haben. Auch könnten hier die vorbereiteten Speisen[29] und besonders edles Prunkgeschirr aufgestellt gewesen sein.[30]

e) Die Tholos

Sehr unterschiedlich gedeutet worden ist der 11,25m[31] breite, kreisrunde Raum, der sich, im Südosten des Palast gelegen, nach Westen zum Peristylhof hin öffnet. Infolge weiter fortgeschrittener Zerstörung können als Basis neuerer Deutungen größtenteils nur noch die Aufzeichnungen der ersten Ausgräber Aigais, Heuzey und Daumets, dienen. Diesen zufolge betrat man den Raum über eine Marmorschwelle, der Boden selbst bestand ehemals aus Marmorplatten in Mörtelbettung. An der nordöstlichen Seite des Raums befand sich ein zweistufiges Marmorpodest, das besonders zur Deutung des Raumes als möglichem Thronraum beigetragen hat.[32] Für eine derartige Deutung, bei der das Podest als Platz für den Thron oder eine thronartig erhöhte Kline gedient haben könnte, spricht auch die ebenfalls im Raum gefundene Inschrift „HRAKLHI NATRWIWI“, die den Bezug zu Herakles, dem Ahnherren des makedonischen Königshauses, herstellt.[33] Für die frühere Deutung des Raums als Bad[34] lassen sich keine stichhaltigen Belege anführen, dagegen scheint auch eine kultische Nutzung, etwa als Altarraum nicht unwahrscheinlich[35], wobei natürlich auch eine gleichzeitige Nutzung als Thronraum und Heiligtum denkbar ist[36]

[...]


[1] I. Nielsen, Hellenistic Palaces. Tradition and Renewal (1994) 81.

[2] V. Heermann, Studien zur makedonischen Palastarchitektur (1986) 239.

[3] Ebd. 242.

[4] M. Andronicos, Vergina. The Royal Tombs and the Ancient City (1984) 38.

[5] V. Heermann, a.O. 244.

[6] Ebd. 299f.

[7] W. Hoepfner, Zum Typus der Basileia und der königlichen Andrones (1996) 9. Ebs. bei V. Heermann, a.O. 247. Anders bei M. Andronicos, a.O. 39., der von einer Seitenlänge von 44,5 m spricht, was nur auf ein völlig anderes Maßanlegen zurückzuführen sein kann. So vermutet Heermann in diesem Zusammenhang, dass beim Wert von 44, 5 m das Maß an der Außenkante des Stylobats angelegt worden sein müsse.

[8] Ebd. 9.

[9] V. Heermann, a.O. 247. Heermann überträgt hierbei Messungen, die die ersten Ausgräber Daumet und Heuzey an einer scheinbar vollständig zusammengesetzten Säule der Fassade durchführen konnten und setzt sie ins Verhältnis zu eigenen Messungen des Durchmessers von Säulenresten des Peristyls. Sie betont ausdrücklich, dass nur von einem Annäherungswert die Rede sein kann.

[10] Ebd. 246. Heermann weißt auf Größenvariationen um einige Zentimeter bei allen Bauelementen der Säulenordnungen des Palastes hin, die sowohl auf teilweise schlechte Steinmetzarbeiten, teilweise auf absichtliche Kürzung und Verlängerung zur Einpassung, aber auch auf starke Verwitterung des Porosmaterials zurückzuführen seien.

[11] I. Nielsen, a.O. 84.

[12] W. Sonne, Hellenistische Herrschaftsgärten (1996) 141.

[13] V. Heermann, a.O. 256

[14] Ebd. 257. Es wird hier mit einer durchschnittlichen Klinengröße von 80 – 90 cm Breite und 180 – 190 cm Länge gerechnet.

[15] W. Hoepfner, a.O. 11. Hoepfner spricht hier entgegen der von ihm selbst vorgelegten und verwendeten Rekonstruktionszeichnung von J. Travlos von nur fünf statt den eindeutig erkennbaren sechs Räumen für 19 Klinen.

[16] Ebd. 11.

[17] Ebd. 15.

[18] Ebd. 17.

[19] V. Heermann, a.O. 256ff.

[20] W. Hoepfner, a.O. 13.

[21] I. Nielsen, a.O. 84. Ebs. M. Andronicos, a.O. 44. Andronicos schlägt die drei größten Andrones als Banketträume für die Palastgarde vor.

[22] Ebd. .97.

[23] V. Heermann. a.O. 259 ff. Heermann glaubte, noch zwei weitere vergleichbare Raumkonstellationen im West- und Nordflügel erkennen zu können, was inzwischen von verschiedenen Seiten wiederlegt werden konnte, z.B. I. Nielsen. a.O. 87f.

[24] W. Hoepfner, a.O. 13ff.

[25] M. Andronicos, a.O.42.

[26] W. Hoepfner, a.O. 14. Demnach sind vergleichbare Raumgruppen z.B. auch in Wohnhäusern in Pella gefunden worden.

[27] Ebd. 14.

[28] Ebd. 15.

[29] V. Heermann, a.O. 355.

[30] W. Hoepfner, a.O. 14. Hoepfner widerspricht Heermanns Vorschlag bezüglich des Aufstellen der Speisen im Vorraum mit Verweis auf das Servieren am Platz durch Sklaven, obwohl beides sich keineswegs zwingend ausschließen muss. Vielmehr könnte doch gerade ein kurz vor Symposiumsbeginn im Durchgangsraum aufgebautes Buffet, von dem aus die Sklaven später dann am Platz servierten, eine beeindruckende Wirkung auf den hereintretenden Gast entfaltet haben.

[31] V. Heermann. 252. Anders W. Hoepfner, a.O. 15., der von 11,10m spricht, was damit zusammenhängen könnte, dass sich Hoepfner bei den meisten seiner Zahlangaben offensichtlich auf die Ergebnisse von Daumet und Heuzey von 1876 bezieht.

[32] Ebd. 252.

[33] Ebd. 253.

[34] Ebd. 252.

[35] W. Hoepfner, a.O. 15., Hoepfner geht von einer ausschließlichen Nutzung als Altarraum aus.

[36] M. Andronicos, a.O. 42. Andronicos verweist darüber hinaus darauf, dass die makedonischen Könige gleichzeitig auch Priester waren, was die Verbindung von Thronraum und Heiligtum an einem Ort wahrscheinlich erscheinen lässt.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Aufbau und propagandistische Wirkung der hellenistischen Herrscherpaläste von Aigai und Pergamon
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Veranstaltung
Medien der Selbstdarstellung hellenistischer Herrscher
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V93034
ISBN (eBook)
9783638067997
ISBN (Buch)
9783638955638
Dateigröße
532 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aufbau, Wirkung, Herrscherpaläste, Aigai, Pergamon, Medien, Selbstdarstellung, Herrscher, Hellenismus, Alexander der Große, Kassander, Vergina, Makedonien, Herrschaftsrepräsentation, Repräsentation, Philipp II.
Arbeit zitieren
Thomas Kauf (Autor:in), 2005, Aufbau und propagandistische Wirkung der hellenistischen Herrscherpaläste von Aigai und Pergamon, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93034

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