Kreativität der Psychologie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

50 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1 Definition des Begriffes Kreativität
1.1 Was ist Kreativität?
1.1.1 Die kreative Persönlichkeit
1.1.2 Der kreative Prozess
1.1.3 Das kreative Produkt

2 Die verschiedenen Theorien der Kreativität
2.1 Die psychoanalytische Theorie der Kreativität
2.2 Die Gestalttheorie der Kreativität
2.3 Die assoziationspsychologische Theorie der Kreativität
2.4 Die Übertragungstheorie der Kreativität
2.5 Die existentialistische Theorie der Kreativität
2.6 Die interpersonale oder Kulturtheorie der Kreativität

3 Kreativität und Intelligenz
3.1 Übertragbarkeit der Kreativität
3.2 Weitere Forschungsergebnisse zur Beziehung zwischen Kreativität und Intelligenz

4 Kreatives Denken und Problemlösen

5 Ist Kreativität erlernbar?

6 Kreativität an Schulen
6.1 Die kreative Grundschule
6.2 Kreativität anstatt Gewalt an Schulen
6.3 Kurzbeschreibung des TSD-Z
6.3.1 Empirische Studie mit TSD-Z
6.3.2 Weitere Studien mit TSD-Z
6.4 Internationaler und nationaler Vergleich
6.4.1 Die PIRLS/IGLU- Studie
6.4.2 Die TIMSS-Studie (Vergleich Japan und Deutschland)

7 Kreativität im Beruf
7.1 Clusterorganisation
7.2 Market Driving Unternehmen
7.3 Anregungen der Beruflichen Kreativität in Malaysia

8 Unterschiedliche Konzeptionen von Kreativität
8.1 Westliche Perspektive
8.2 Östliche Perspektive

9 Wie kann man Kreativität fördern?

10 Abschließende Bemerkung

11 Literaturverzeichnis

1 Definition des Begriffes Kreativität

Was wäre der Mensch ohne seine Kreativität? Irgendetwas, aber kein Mensch. Was dem Vogel die Flügel und dem Raubtier seine Reißzähne ist dem Menschen seine Fähigkeit, neues zu schaffen und es sich zu nutze zu machen. Nun stellt sich die Frage, was ist Kreativität?

Das Wort kommt aus dem Lateinischen von creare, was schaffen und erschaffen bedeutet. Dieses Wort existiert schon sehr lange im deutschen Sprachgebrauch, zum Beispiel im Wort Schöpfertum.

Heute hat der Begriff Kreativität eine andere Bedeutung, die er von der Übertragung des englischen Wortes „creativity“ erhält. Er kennzeichnet die neuen Denkströme und Forschungsarbeiten in vielen Bereichen. Die neue Kreativitätsforschung entstand, da man mit den Ergebnissen der damaligen Intelligenzforschung unzufrieden war. Diese Forschung wurde aus einem aktuellen und ökonomischen Interesse heraus durchgeführt.

Kreativität ist grundsätzlich eine Fähigkeit, die als etwas Positives angesehen werden kann.

Kreativität darf also nicht nur unter dem kognitiven Aspekt, sondern auch aus dem persönlichkeitstheoretischen Aspekt gesehen werden.

Eine allgemeingültige Formulierung für die verschiedenen Vorstellungen der Menschen zu dem Thema Kreativität lautet: „Kreativität ist die Fähigkeit intelligenten Lebewesen, neue und unübliche Kombinationen für bestehende und neue Aufgabenstellungen zu finden. (…) Unter Kreativität kann demnach die schöpferische, Ideen entwickelnde Kraft des Menschen verstanden werden“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Kreativit%C3%A4t).

1.1 Was ist Kreativität?

„Das ist die Frage nach der Definition und dem Kriterium der Kreativität, ob sie als Persönlichkeit, Prozess oder Produkt verstanden werden kann. Darstellung der Kreativität in der Sicht verschiedener psychologischer Schulen. Kann Kreativität mit Intelligenz gleichgesetzt werden?“ ( Landau, 1969, S.10).

Die Diskussion um die Definition eines Begriffes – dazu noch eines eigentlich nicht definierbaren Begriffes – ist oft zäh und fruchtlos. Aber gerade im Fall der Kreativität ist sie essentiell und sollte allen großherzigen Schlüssen und Spekulationen vorausgehen. Leider löst der Begriff Kreativität immer noch viel Verwirrung aus. Aber ganz global gesehen könnte

man die Kreativität in vier verschiedene Kategorien unterteilt, nämlich in das Potential, das Produkt, die Person und den Prozess. Mit dem kreativen Potential sagt man etwas darüber aus, ob eine Person im Prinzip in der Lage ist, eine kreative Leistung zu erbringen. Das kreative Produkt ist das konkrete Ergebnis einer kreativen Leistung. Die kreative Person hat gezeigt, dass sie in der Lage ist, kreative Produkte zu erzeugen. Und kreative Prozesse sind die Operationen, die der Mensch ausführt, wenn er kreativ tätig ist.

Der Kreativität werden auch sehr viele Attribute zugeschrieben, wie zum Beispiel, originell, neu, adäquat, ungewöhnlich, relevant, wertvoll, harmonisch, transformiert, kondensiert und spontan. „Damit werden Aussagen einmal über das neuartige und Treffende (originell -relevant) in der Kreativität gemacht, zum anderen werden intellektuelle Prozesse genannt (transformiert – kondensiert), darüber hinaus wird auch der Wert von Kreativität betrachtet. So ist in jedem Attribut ein Teilaspekt erfasst, der sich jeweils auf die kreative Persönlichkeit, auf das schöpferische Produkt oder den Prozess beziehen kann“ (Landau, 1969, S.12).

Häufig stellt sich auch noch die Frage, wie ein Zugang zur Kreativität gewonnen werden kann. Ist es die Analyse der kreativen Persönlichkeit, des Produktes oder des Prozesses? Dies wird immer von der Intervention des Forschers abhängen, und zwar welche Aspekte der Kreativität er untersuchen möchte. Es gibt einige Bereiche in der Arbeitswelt, in der sich die Kreativität als ein schöpferisches Produkt darstellt, wie beispielsweise für den Kunsthistoriker, den Manager in der Industrie und für einige Wissenschaftler. Kreativität wird von einigen Künstlern, oder Psychotherapeuten als ein Prozess gesehen. Während Psychologen, Psychoanalytiker und Erzieher sich bei der Kreativität um den Persönlichen Prozess interessieren, der für sie am ausschlagebensten ist.

Wann man also genau von der kreativen Persönlichkeit spricht, wird nun genauer im nächsten Punkt erläutert.

1.1.1 Die kreative Persönlichkeit

Kreativität ist laut Joy Paul Guilford und seinen Kollegen, jede neue, noch nicht dagewesene, von wenigen Menschen gedachte und effektive Methode ein Problem zu lösen, bzw. die Miteinbeziehung von Faktoren wie: Problemsensitivität, Ideenflüssigkeit, Flexibilität und Originalität.

Joy Paul Guilford war der erste Forscher, der von Persönlichkeitsmerkmalen der kreativen Persönlichkeit sprach. Er kam zu dem Entschluss, dass jeder Mensch kreativ sein kann, wenn dessen potential gefördert bzw. wieder aktiviert werden würde.

Demzufolge wäre Kreativität die zeitnahe Lösung (Flexibilität) für ein Problem, mit ungewöhnlichen, vorher nicht gedachten Mitteln (Originalität) und mehreren Möglichkeiten der Problemlösung (Ideenflüssigkeit), die für das Individuum vor der Problemlösung in irgendeiner Weise nicht denkbar ist (Problemsensitivität).

Guilford unterschied zwischen Fähigkeiten (aptitudes) und Merkmalen (traits). Eine dieser Fähigkeiten ist die Bereitschaft des einzelnen Individuums, Dinge zu lernen, welche angeboren sein können, entweder durch den Einfluss der Umgebung oder durch die Interaktion die von beiden determiniert ist.

Aber nicht alle Merkmale können gemessen oder kontrolliert werden, wie zum Beispiel Einstellungen, Interesse oder Temperament, denn diese Merkmale sind angeboren. Kreativität hängt von Begabungen, Motivationen und Persönlichkeitseigenschaften ab.

Guilford erläutert acht Faktoren die für die kreative Persönlichkeit von hoher Bedeutung sind. Ein erster Faktor wäre eine hohe Empfindsamkeit für Problemstellungen, welches einige Leute aufzeigen. Sie nehmen viel häufiger Widersprüche, Ungereimtheiten und Lücken in ihrem Wissen wahr wie andere. Diese Leute hinterfragen ihre alltäglichen Gewohnheiten und denken über die Berechtigung herkömmlicher Denk – und Verhaltensweisen nach.

Eine überdurchschnittliche hohe Frustrationstoleranz bei den Kreativen benannte Guilford als zweiten Faktor. Diese Menschen können besser als andere mit innerer Spannung und der Bewältigung von Misserfolgen umgehen. Dabei geben sie nicht auf, oder lassen sich entmutigen. Immer nach vorne blicken ist deren Devise.

Drittens zeichnet sie die Fähigkeit spielerisch eine Vielzahl von Einfällen zur gegebenen Problemstellung zu produzieren aus. Bei ihnen entstehen häufig kreative Lösungen aus Assoziationen, Vorstellungen, Symbolen oder Ideen. Deren Qualität steigt umso mehr, desto spontaner, schneller und weniger überlegt die Lösungen sind.

Die Flexibilität der Personen wäre ein weiteres Charakteristikum. Jene stellen sich schneller und leichter auf eine veränderte Umwelt ein. Diese Menschen besitzen die Fähigkeit in sehr kurzer Zeit ihr Wissen und ihre Erfahrungen neu zu ordnen und somit können sie neuen Raum für Einstellungen, Meinungen und Erwartungen schaffen.

Ein weiterer Faktor wäre die überdurchschnittliche Energie, in welcher sie versuchen durch verschiedene Problemlösemöglichkeiten ihre Probleme zu bewältigen. Dies geschieht in einer Neuformulierung des Problems, mittels Aufteilung in mehrere Etappenziele oder eben der Bereitschaft sich immer wieder mit ein und demselben Problem auseinander zu setzen.

Eine kreative Persönlichkeit hat meistens eine überdurchschnittliche sichere Urteilskraft und besitzt ein relativ genaues Bewertungsvermögen. Bei dem Erkennen von Problemen und bei der Wahl des aussichtsreichen Lösungsansatzes zeigt sich diese Fähigkeit.

Hinzu kommt auch das kreative Persönlichkeiten keine zu engen Bewertungsmaßstäbe haben, da dies bei der Kreation von neuen Ideen hinderlich wäre.

Guilford konnte des Weiteren ein breit gefächertes und in bestimmten Bereichen auch sehr tiefgehendes Wissen als weiteren Faktor feststellen, denn er sah darin die direkte Folge aus der Motivation gewisse Wissenslücken zu schließen.

Menschen mit einer kreativen Persönlichkeit fällt es auch leichter, durch ihr starkes Wissen und der hohen Motivation, sich Informationen von Wissen anzueignen.

Somit genießen es diese Menschen unbekannte Probleme zu lösen und durch dessen Lösung sich selbst wieder neues Wissen anzueignen.

Der letzte Faktor, laut Guilford, ist die Fähigkeit, die gefundenen kreativen Lösungen auch anzuwenden. Allerdings muss diese Lösung von anderen Menschen akzeptiert und verstanden werden.

Guilford kam zu dem Entschluss, dass kreative Menschen nicht durchgehend kreativ sind, sondern das man eher von einem Rhythmus der Kreativität sprechen sollte.

Genauso konnte er in seinen Untersuchungen nicht feststellen, dass ein hoher Intelligenzquotient auch eine hohe Kreativität nach sich zieht.

An der University of California, am Institut of Personality Assesement and Research, unter der Leitung von Barron und MacKinnon wurden Skalen von Persönlichkeitsmerkmalen, die einem kreativen Individuum zu eigen sind, entwickelt. Als Vorlage diente hier das Merkmal der kreativen Persönlichkeit, dass anhand verschiedener Kreativitäts- und Persönlichkeitstest geprüft wurde.

Sie fanden heraus, dass es zwei wichtige Voraussetzungen gab, nämlich die Offenheit und Originalität der Umwelt gegenüber. Daraus folgernd setzte Barron fünf Hypothesen auf. Die erste besagte, dass kreative Individuen die Komplexität bevorzugen. Die zweite war, dass kreative Individuen in ihrer Psychodynamik differenzierter und komplexer sind. Die dritte Hypothese sagte aus, dass kreative Individuen unabhängiger in ihrem Urteil sind. Die vierte besagt, dass diese Individuen selbstbewusster und dominanter sind und die fünfte und letzte Hypothese besitzt den Inhalt, dass kreative Individuen sich gegen die Unterdrückung oder Einschränkung wehren.

Andere Forscher hatten wiederum unterschiedliche Meinungen zu dem Thema kreativen Persönlichkeiten. „Hilgard und Jones fanden, dass diese Individuen naiv seien, während Jackson und Messick neben den bereits oben aufgeführten Merkmalen der Originalität, Sensitivität und Flexibilität dem kreativen Menschen auch einen poetischen Sinn zuschreiben. Alle diese Merkmale werden heute zur Vorhersagbarkeit der Kreativität mit Hilfe von Tests geprüft“ (Landau, 1969, S.14).

Die Motivation ist auch ein Punkt, der zu dem Persönlichkeitsaspekt der Kreativitätsforschung gehört. Nun stellt sich die Frage wie diese Motivation zu Stande kommt? Einige Forscher nehmen an, dass einige Individuen ein unbefriedigtes, sublimiertes Bedürfnis besitzen, also den Drang mit der Umwelt zu kommunizieren. Andere Forscher sind der Meinung, dass es sich um einen angeborenen Drang handelt, und wieder andere nehmen an, dass es ein intellektueller Drang, Neugierde, Hang zum Neuen, zur Ordnung oder einfach nur zur Abwechslung ist.

Unter all diesen Faktoren wird am meisten die Konformität mit der Umwelt angegeben.

Ein Forscher namens Parnes ist jedoch anderer Meinung. „Für Parnes heißt kreatives denken, zuerst unkritisch, mit „hinausgeschobener Beurteilung“ Informationen aufzunehmen und sie erst nachher abzuwägen. Diese Denkart entwickelt sich durch Lernen zu einer Einstellung, die in jedem Lebensbereich angewendet werden kann“ (Landau, 1969, S.15).

Parnes hält es im Gegensatz zu anderen Forschen jedoch für möglich, dass ein Individuum in jedem Lebensalter die Motivation zur Kreativität entwickeln kann, wobei andere Forscher der Meinung sind, dass dies erst im Erwachsenenalter möglich sei.

Aber nicht nur die kreative Persönlichkeit ist entscheidend für die Kreativität der Psychologie, sondern auch der kreative Prozess.

1.1.2 Der kreative Prozess

Heutzutage läuft der kreative Prozess, genauso wie der Problemlösungsprozess, in vier Phasen ab. „Jeder Phase versetzt das Individuum in einen bestimmten psychischen Zustand, der zunächst als Spannung, dann als Frustration, in der dritten Phase als Freude und in der Endphase als Konzentration erlebt wird“ (Landau, 1969, S.15).

In der ersten Phase der Vorbereitung wird eine Prüfung des Problems vorgenommen, in welchen ein intensives, aber leider meist erfolgloses Bemühen zu erkennen ist.

Diese Person bemüht sich sehr noch mehr Informationen für das vorliegende Problem zu finden.

Auf die erste Phase folgt die zweite, welche die Phase der Inkubation ist. In dieser Zeit erfolgt die Beschäftigung mit der Problemstellung im Unterbewusstsein, welches so scheint als wäre es vergessen. Somit kann man sagen, dass der Mensch es unbewusst mit sich herumträgt.

Das bekannte „Aha“ - Erlebnis ist ein Bestandteil der dritten Phase, die auch als Illuminationsphase oder auch als Moment der Inspiration bekannt ist.

Diese plötzliche Inspiration wird auch häufig von starken Gefühlswallungen begleitet und bringt halbfertige oder auch bereits endgültige Lösungswege hervor. Letztendlich erfolgt die vierte und letzte Phase in der der Lösungsweg bewertet wird. Wenn dieser Lösungsweg für gut befunden wird, so wird jener auch umgesetzt. Am Ende der Phase der Evaluation und der Verwirklichung wird die Lösung meistens mit anderen kommuniziert.

„Ghiselin (1963) glaubt, dass man die Kreativität der Persönlichkeit nur an der Toleranz, mit der sie diese begleitenden Zustände während des Prozesses erträgt, messen kann. Torrance (1962) gibt die beste Definition der Prozessorientierten Forscher: Kreativität ist ein Prozess der Formgebung von Ideen oder Hypothesen, des Testens dieser Ideen und der Kommunikation der Resultate“ (Landau, 1969, S.15-16).

Wenn ein Erlebnis etwas neues ist, das heißt was man zuvor noch nie gesehen hat oder wusste, so wird die Neugierde, das abenteuerliche Denken, der Entdeckungsmechanismus genauso wie Imagination angeregt. Kreativität kann als ein Prozess gesehen werden, der in einem neuen Produkt endet und von irgendeiner Gruppe zu irgendeinem Zeitpunkt als nützlich oder befriedigend angesehen wurde.

Ghiselin setzt das Kriterium für den kreativen Prozess, allerdings gibt es auch andere Forscher, die eine andere Meinung vertreten. So zum Beispiel Torrance und Stein, die das Kriterium in dem kreativen Produkt sehen, welches im nächsten Punkt genauer erläutert wird, denn dort wird die Problematik der künstlichen Trennung von kreativer Persönlichkeit, kreativem Prozess und kreativem Produkt besonders deutlich gemacht.

1.1.3 Das kreative Produkt

„Eine der anerkanntesten Definitionen für das kreative Produkt ist die von Ghiselin (1957): „Kreative Leistung ist … die erstmalige Formgebung eines Bedeutungsuniversums, der Ausdruck davon, wie das Individuum seine Welt und sich selbst versteht“ (Landau, 1969, S.16).

Dinge müssen gewisse Richtlinien erfüllen, so dass man von einer kreativen Schöpfung sprechen kann. Somit kann man sagen, dass es etwas völlig neues, etwas völlig anderes, in diesem Zusammenhang Ungewohntes, Unbekanntes oder nicht Akzeptiertes enthalten muss. Das Produkt kann auch sehr überraschend sein, also im Widerspruch zu dem Erwartenden stehen.

Jedem kreativen Objekt muss von Experten aus dem jeweiligen Fachgebiet eine gewisse Bedeutung zugemessen werden.

Guilford macht für das kreative Produkt noch weitere Unterscheidungen, und zwar differenziert er zwischen zwei Arten. Die erste Art ist die greifbare und von der Kultur anerkannte, die zweite Art sind die psychologischen Produkte, die nicht nur von überaus intelligenten Menschen geschaffen werden und nicht unbedingt greifbar sind, sondern auch gedachte und ausgedrückte Ideen sein können.

Die wichtigsten Beiträge zum Thema kreative Produkte leisteten Brogden und Sprecher, die angaben, dass das kreative Produkt neu ist, entweder für die Erfahrungswelt eines Individuums oder für eine Kultur. Jedoch ist Neuheit noch nicht alles, denn diese Neuheit muss der Realität angepasst sein.

„Ghiselin (1963) unterscheidet zwischen zwei Ebenen, einer primären und einer sekundären. Die Primäre führt zu neuen Einsichten, die das Bedeutungsuniversum einer Kultur ändern, die Sekundäre erweitert nur bestehende Einsichten innerhalb des Bedeutungsuniversums“ (Landau, 1969, S.17). Wenn man auf das Thema Kunst eingeht, so kann man sagen, dass hier vor allem eine Verdichtung wichtig ist. Dies bedeutet, dass viele verschiedene Aspekte darin enthalten sein sollten und dass es viele Sichtweisen zulässt und immer wieder etwas Neues zu entdecken bietet.

Anhand von Zeichnungen unterscheidet zum Beispiel Irving Taylor, eine Hierarchie von fünf Ebenen. Die erste Ebene findet in der frühen Kindheitskreativität statt und wird als expressiv bezeichnet. Wenn sich das Individuum Fertigkeiten angeeignet hat, so wird diese Ebene als die Produktive bezeichnet. Die dritte Ebene ist die erfinderische Ebene, was soviel bedeutet, wie neue Beziehungen zwischen den erlernten Dingen zu finden. Für die Erfinder steht die vierte Ebene, die erneuernde Ebene. Die letzte und fünfte Ebene, welche auch als die höchste angesehen wird, ist die auf der die Ideen der Bahnbrecher der Kultur geprägt werden.

Das Neue bezieht sich in den ersten drei Ebenen auf die Erfahrungswelt des einzelnen Individuums und auf das Bedeutungsuniversum einer Kultur bezieht sich die vierte und fünfte Ebene. „Obwohl die individuelle Kreativität in ihrer Bedeutung von der Sicht der kulturellen Tradition her gleich Null ist, ermöglicht sie erst die soziale Kreativität, in der sich das Neue auf die Entwicklung einer Kultur bezieht“ (Landau, 1969, S.17).

Da Kreativität ein positiver Begriff ist, darf eine kreative Schöpfung auch nichts mit Mord, Totschlag, Krankheit, Vernichtung und Zerstörung zu tun haben. So können Terroranschläge mit einem Flugzeug zwar als einfallsreich, allerdings aber niemals als kreativ bezeichnet werden.

Aber nicht nur das kreative Produkt ist wichtig für die Kreativität in der Psychologie, sondern auch die verschiedenen Theorien der Kreativität.

2 Die verschiedenen Theorien der Kreativität

Das Gebiet der Kreativität hat sich erst in jüngster Zeit als eigener, selbstständiger Forschungszweig durchsetzen können. Da aber die Kreativität ein wichtiges und allgemein bedeutsames Phänomen ist, wurde dieses Gebiet schon früher innerhalb der verschiedenen Schulen der Psychologie untersucht.

Aus diesem Grund wird im folgenden Abschnitt ein Überblick über das Gebiet der Kreativität in den einzelnen Schulen gegeben.

2.1 Die psychoanalytische Theorie der Kreativität

In dieser Theorie wird vor allem auf Freud und seine Konzepte eingegangen. „Freud schreibt: „Die Befriedung solcher Art, wie die Freude des Künstlers am Schaffen, an der Verkörperung seiner Phantasiegebilde, die des Forschers an der Lösung von Problemen und am Erkennen der Wahrheit haben eine besondere Qualität, die wir gewiss eines Tages metapsychologisch charakterisieren können“(Landau, 1969, S.18).

Dieser Prozess, der von Freud beschrieben wurde, wird heute von den tiefenpsychologisch orientierten Forschern als Ausgangspunkt jeder kreativen Tätigkeit gesehen. Laut Freud versuchen sich die Menschen vor ihren Trieben einerseits und vor der Außenwelt, die die Befriedigung dieser Triebe nicht gestattet, andererseits zu schützen, indem sie sich auf innere, psychische Vorgänge zurückziehen. Mit Hilfe einer inneren Phantasiewelt formen sich die Menschen eine neue Realität, das Produkt ihrer Kreativität. Freud begrenzt aber die Fähigkeit kreativ zu sein auf wenige Menschen. Für ihn sind diese Personen in erster Linie Künstler.

Auf der anderen Seite spricht er aber auch davon, dass den anderen, „nicht selbst Schöpferischen“ durch das Betrachten von Werken eine Phantasiebefriedigung möglich ist. „Hier erweitert Freud die Fähigkeit schöpferisch zu sublimieren, die er zunächst nur dem Künstler zuschrieb, auf den Kunstbeschauer“ (Landau, 1969,S.19). Diese Erweiterung ist auch in der Beziehung zwischen Sublimation und Kultur enthalten. Von dieser Grundlage ausgehend, sehen die tiefenpsychologisch orientierten Kreativitätsforscher die Motivation zu allen kulturellen Leistungen in der Ablenkung bzw. Verschiebung der libidinösen Energien von ihren eigentlichen auf höher stehende Ziele.

„So glaubt Barron (1963) z.B., für den Kreativität u.a. auch „Ordnung zu schaffen“ heißt, dass ihr Ursprung auf die unkontrollierten Impulse zurückgeht, die die Sozialisierung in der analen Phase mit sich bringt“ (Landau, 1969,S.19). Unter anderem könnte man die Frage stellen, wo der kreative Prozess überhaupt stattfindet. Laut Freud werden diese Prozesse im Unbewussten angenommen.

„Freud folgend definiert Deutsch Kreativität: „Wenn der Druck der triebhaften Impulse ansteigt und eine neurotische Lösung droht, führt die unbewusste Abwehr zur Schöpfung eines Kunstwerkes. Der psychische Effekt ist eine Entlastung der aufgestauten Emotionen bis ein erträgliches Niveau erreicht ist (1960, S.34)“ (Landau, 1969,S.20). Kris, einer der besten Interpreten Freuds in der Kreativitätsforschung, unterstreicht die Rolle des Ich versus Es. Er glaubt, dass die Kreativität nur mit Hilfe der Regression des Ich möglich ist. Des Weiteren unterscheidet er zwischen der kreativen Regression, in welcher das Ich von primären Kräften des Es nur für kurze Zeit unterdrückt wird, und der Regression per se, in der das Ich vom Es überwältigt wird und dem ganzen Geschehen keinen Einhalt gebieten kann.

Auf ähnliche Art und Weise differenziert Rose (1964) zwischen kreativer und regressiver Imagination. Die Kreative bedeutet ein Ausbau der Ich-Grenzen. Sie gibt dem Ich dadurch eine Hilfestellung, um sein Gleichgewicht zwischen dem körperlichen Ich (biologische Dimension) und der Ich-Identität (soziale Dimension) zu erhalten.

Einer der wichtigsten Diskussionspunkte innerhalb der tiefenpsychologischen Kreativitätsforschung ist, dass das Ich im Bewussten und Vorbewussten herrscht. Bei Kubie (1966) steht die Bedeutung des Vorbewussten beispielsweise im Vordergrund. Er ist der Meinung, dass die kreative Persönlichkeit ihr Vorbewusstes gegenüber offener ist als die nicht kreative Persönlichkeit. Des Weiteren behauptet Kubie, dass das Unbewusste nur anspornen kann, das Bewusste nur kritisieren, verbessern und werten. Er sagt aber, dass Kreativität ein Ergebnis Vorbewusster Aktivität ist. Diese Kreativität wird von integrierten primären Prozessen motiviert, die unintegrierten, die unbewusst ablaufen, hemmen Kreativität.

„Pine (1959) untersuchte die primären Prozesse, d.h. gewisse Mechanismen aus Freuds Traumtheorie wie: Verschiebung, Symbolisierung und Verdichtung, in kreativen Produkten und seine Ergebnisse können insofern als Bestätigung Kubies angesehen werden, da er fand, dass, je integrierter die unbefriedigten Bedürfnisse, um so höher die Qualität der kreativen Produkte sind“ (Landau, 1969,S.21). Die psychoanalytische Theorie der Kreativität behandelt überwiegend die Motivations- und Emotionsaspekte der Kreativität. Sie sieht die Genese der Kreativität im inneren Konflikt. Des Weiteren kann behauptet werden, dass der kreative Prozess eine Erfüllung aufgestauter Emotionen ist, der sich mittels freier Assoziationen entwickeln kann, die wiederum von der Phantasie, den Tagträumen und den Kindheitsspielen gespeist werden kann. „Das kreative Individuum akzeptiert und verarbeitet diese Assoziationen, während das nichtkreative sie verdrängt“ (Landau, 1969,S.22).

Die folgende Theorie, die in dieser Arbeit erläutert werden soll, nennt sich die Gestalttheorie.

2.2 Die Gestalttheorie der Kreativität

Laut Wertheimer vollzieht sich Denken, indem das Individuum gruppiert, reorganisiert, strukturiert und dabei immer auf das Ganze – das Problem, das Lösung fordert – bezogen bleibt. Es heißt, dass jedem produktiven Prozess der Wunsch zugrunde liegt, die innere Beziehung von Umfang und Form wahrzunehmen. „Die innere Beziehung von Form und Umfang ist für Wertheimer nicht die Suche nach irgendeiner Beziehung, die Form und Umfang verbindet, sondern die Art ihrer wahren Interpendenz“ (Landau, 1969,S.23). Das heißt die innere Struktur jeder gegebenen Situation. Trotz alledem führt nicht jede Suche zum kreativen Produkt. Köhler beispielsweise differenziert zwischen guten und schlechten Fehlern, die zu einer Lösung führen. Wertheimer aber unterscheidet zwischen zwei Lösungen, einmal zwischen der, an die man nur per Zufall oder Übung herankommt, und zwischen der, die wirkliche Einsicht und das Erfassen des Problems erfordert. Nur diejenigen, welche auch die Lücken im Ganzen ausfüllen und aus diesem Grund Harmonie und Gleichgewicht wiederherstellen, sind kreativ. Die Gestalttheorie sieht die Kreativität als eine Aktion, durch die ein neuer Gedanke oder eine neue Idee geformt hervorgebracht wird. Dieses Neue entsteht ganz plötzlich, da es sich hier um ein Produkt der Vorstellung und nicht der Vernunft oder Logik handelt. Wertheimer behauptet, dass der Wunsch nach Findung der inneren Beziehung zwischen Umfang und Form, bei einem Künstler größer ist als bei einem kreativen Denker.

Arnheim, der von der Kunstpsychologie ausgeht, ergänzte das Gleichgewichtsmodell von Wertheimer, in dem er den Künstlern Persönlichkeitsmerkmale zuschrieb. Er stellte fest, dass Künstler einen Sinn von Gleichgewicht und Symmetrie haben. „Kreative Individuen sind durch folgende Merkmale ausgezeichnet: sie haben die Gabe zu abstrahieren, abzuwägen, Formen und Strukturen zu regeln und dank ihrer dynamischen Fülle zu erweitern“ (Landau, 1969,S.24).

Des Weiteren wird im kreativen Prozess die Wechselwirkung von Person, Prozess, Produkt und Umgebung besonders deutlich. Man sagt, dass jedes Studium der Kreativität, das sich nur auf einen dieser Aspekte bezieht und sie als Gesamtheit aus den Augen verliert, das Problem nicht zu Genüge erfassen kann.

Im nächsten Punkt wird eine weitere Theorie der Kreativität vorgestellt. Dabei handelt es sich um die assoziationspsychologische Theorie.

[...]

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Kreativität der Psychologie
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
50
Katalognummer
V92902
ISBN (eBook)
9783638062770
ISBN (Buch)
9783638950053
Dateigröße
714 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kreativität, Psychologie
Arbeit zitieren
Sarah Moser (Autor:in), 2007, Kreativität der Psychologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92902

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