Die Reichskleinodien

Bedeutung, Symbolik und Gebrauch der Herrschaftszeichen des Alten Reiches


Seminararbeit, 2007

38 Seiten, Note: 1-


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung
I. 1. Einführung und Fragestellung
I. 2. Bemerkungen zur Reichskleinodienforschung

II. Die Reichskleinodien im rituellen Handeln der deutschen Herrscher

III. Genese und Zusammensetzung
III. 1. „Sachen bestimmter Art, nicht bestimmte Sachen“
III. 2. Verfestigung und Sakralisierung

IV. Die Reichskleinodien im Einzelnen
IV. 1. Die Krone
IV. 2. Das Szepter
IV. 3. Das Reichsschwert
IV. 4. Das Zeremonienschwert
IV. 5. Der Reichsapfel
IV. 6. Der kaiserliche Ornat
IV. 7. Die Reichsheiltümer

V. Die Heilige Lanze
V. 1. Forschungsüberblick
V. 2. Herkunft der Lanze
V. 3. Das sächsische Haus
V. 4. Von Otto I. zu Otto III.
V. 5. Heinrich II. und die Umbenennung der Lanze
V. 5. Das salische Haus
V. 6. Die Staufer

VI. Schlussbemerkung

VII. Bibliographie
VII.1. Abkürzungsverzeichnis
VII.2. Quellen
VII.3. Abbildungsverzeichnis
VII.4. Bibliographie

VIII. Anhang

I. Einleitung

„Quae sint insignia imperialia, et quid significet unumquodque?“[1]

I. 1. Einführung und Fragestellung

„Welche Kaiserinsignien gibt es und was bedeuten sie im Einzelnen?“ Diese Frage, angeblich von Heinrich VI. (1190-1197) an ihn gerichtet, beantwortete der staufische Hofkaplan Gottfried von Viterbo seinerzeit, indem er als Insignien, welche der Kaiser besitze, das Reichskreuz, das Reichsschwert, das Zepter, die Krone, die Heilige Lanze und den Reichsapfel anführte.[2]

Zur Beantwortung dieser historischen Frage, die Generationen von Historikern, Theologen und Rechtsgelehrten beschäftigte, will auch vorliegende Arbeit einen Beitrag leisten: Was waren, wozu dienten und welche Bedeutung hatten die Reichskleinodien des Römisch-Deutschen Reiches, die sich heute in der Schatzkammer des Kunsthistorischen Museums in Wien befinden und die als einer der bedeutendsten Kronschätze des Mittelalters gelten?

Die Königreiche des Mittelalters waren keine Staaten im Sinne der abstrakten Großorganisationen der Neuzeit, sondern auf personellen Bindungen beruhende und somit konkret erfahrene Gemeinschaften einer Volksgruppe und ihrer Eliten, die durch das kulturelle Band des Christentums zu einem Ganzen geeint waren.[3] Der Staat bezeichnet in diesem mediävistischen Kontext eine Ordnungsvorstellung, welche die Integration größerer Bevölkerungsgruppen durch Vermittlung von Elementen gemeinsamen Bewusstseins leistete, von denen die wirksamsten Faktoren in der Religion und der Einhaltung tradierter Verpflichtungen wurzelten. Innerhalb einer solchen Gesellschaftsordnung kam der Person des Herrschers eine heilsgeschichtlich relevante, göttlich legitimierte Qualität zu.[4]

In besonderem Maße galt dies für das Heilige Römische Reich. Über Karl den Großen (800-814) führte es sich auf das Imperium Romanum zurück und glaubte sich bereits im Licht des kommenden Reiches Christi. Seine Herrscher verstanden sich als Schutzherren der Kirche und der ganzen Christenheit. Daher wurde der Deutsche König und Römische Kaiser in besondere Gewänder gehüllt, er trug als heilig angesehene Waffen in der Hand und eine Krone auf dem Haupt, die seine Erhabenheit über alle anderen Menschen deutlich machte.[5]

Auf dem Höhepunkt ihrer Bedeutung erschienen die Reichskleinodien als „Unterpfand und Siegel“ der Herrschaft, denn das Römisch-Deutsche Reich war keine erbliche Monarchie. Seine Herrscher wurden gewählt und erwiesen ihre Rechtmäßigkeit daher nicht durch Erbrecht, sondern durch den Besitz der überlieferten und anerkannten Insignien.[6]

Die Reichskleinodien hatten jedoch nicht von Anfang an diese Bedeutung, vielmehr durchliefen sie eine lange Entwicklung, in der sie von prinzipiell austauschbaren Herrschaftszeichen zu unverwechselbaren Symbolen des Reiches wurden.

Der Diskurs, der im Folgenden geführt werden soll, will Licht in diese Vorgänge bringen. Es soll untersucht werden, welche Rolle die Reichskleinodien im Bereich des zeremoniellen Handels und im politischen Denken ihrer Zeit spielten. Anschließend werden die eingangs bereits erwähnten Insignien beschrieben und ihre Symbolik erläutert. Ebenso wird auf Zusammensetzung und Genese der Objektgruppe eingegangen werden. Ein besonders Augenmerk soll hierbei der Heiligen Lanze zukommen, die aus verschiedenen Gründen eine herausragende Sonderstellung unter den deutschen Reichskleinodien besitzt und sich in besonderer Weise eignet, exemplarisch den Charakter eines mittelalterlichen Herrschaftszeichen anschaulich zu machen. Ihre Bedeutung speiste sich gleichermaßen aus christlich-biblischer Tradition, germanischer Überlieferung und dem Erbe des antiken Römischen Kaiserreiches. Sie war Gegenstand zeitgenössischer Rechtsauffassungen und frommen Wunderglaubens und in ihrer Ausdeutung einem sich ständig wandelndem Prozess unterworfen, der ihr durch die Jahrhunderte immer neue Facetten abgewann.

I. 2. Bemerkungen zur Reichskleinodienforschung

Die Reichskleinodien gehören sicherlich zu den besterforschten Themen der deutschen Geschichte. Die Publikationen hierzu sind Legion. Namhafte Autoren sind vor allem Hermann Fillitz, sicherlich einer der intimsten Kenner der Thematik und Percy Ernst Schramm, dessen wichtiges Werk zu „Herrschaftszeichen und Staatssymbolik“[7] einen bedeutenden Beitrag zur Insignienkunde lieferte. Die Arbeiten dieser Wissenschaftler beeinflussten eine Vielzahl weiterer Autoren. Zu nennen sind außerdem Hans-Jürgen Becker, Jürgen Petersohn, Joachim Ott und Josef J. Schmid, deren Forschungen in diese Arbeit mit einflossen.

Zu den Schwierigkeiten der deutschen Insignienforschung gehörte stets eine gewisse Ideologieanfälligkeit[8] Im Zuge des romantisierten Mittelalterbildes des 19. Jahrhunderts etwa galten die Reichskleinodien als Inbegriff der Sehnsüchte nach der verlorenen Reichsherrlichkeit.[9] Auch im Geschichtsbild des Nationalsozialismus fanden die Reichskleinodien eine krude Rezeption. Ihm galten sie als „Zeichen der Größe, Pracht und Herrlichkeit“ und „Symbol der Einheit, Größe, Macht und Stärke der deutschen Nation.“[10]

Ein weiteres Problem stellt der Umgang mit den Quellen dar. Realien, Bilddarstellungen und schriftliche Zeugnisse erfordern jeweils unterschiedliche Zugriffe.[11] Dabei sind die mittelalterliche Bildquellen zu ungenau, um einzelne Insignien zweifelsfrei erkennen zu können. Ein Befund, der oft auch auf literarische Überlieferungen zutrifft.[12]

Die ältesten naturgetreuen Abbildungen der Reichskleinodien sind das Nürnberger Heiltumsbuch von 1487 und eine Darstellung Karls des Großen von Albrecht Dürer aus dem Jahr 1510.[13]

Die Insignienforschung bedarf deshalb präziser Beobachtung. Dies bedeutet eine Sonderung der Zeugnisse nach Herkunft und Gattung, strenge Scheidung nach Ländern und Jahrhunderten, Beachtung des Wandels neben der Kontinuität, Trennung der Symbole von Gebilden ähnlicher, aber doch anderer Art, keine isolierende Betrachtung der einzelnen Stücke und klare Begriffsbildung über die Gegenstände der Untersuchung.[14]

II. Die Reichskleinodien im rituellen Handeln der deutschen Herrscher

In ihrer Gesamtheit handelt es sich bei den Reichskleinodien um äußere Zeichen, denen im Rahmen der monarchischen Semiotik des Mittelalters und teilweise schon in der Antike symbolische Funktion zukam. Sie wiesen den Herrscher als solchen aus und waren in ihrem Gebrauch von diesem monopolisiert.[15] Im weitesten Sinne gehörten dazu alle Dinge der herrscherlichen Lebenssphäre, so etwa auch Standarten und Gewänder, die indumenta imperalia.[16] Andererseits standen an der Spitze des reichsdeutschen Insignienschatzes Reliquien von hoher Wertschätzung, da diese naturgemäß einmalig waren, während die übrigen Insignien prinzipiell durch gleichartige Stücke ersetzt werden konnten.[17]

Herrschaftszeichen sind statische Symbole der Macht. Als solche sprechen sie nicht zwangsläufig für sich selbst, sondern sie müssen im Zusammenhang mit ihren Kontexten, nämlich dem Vollzug repräsentativen Herrscherhandelns, gesehen und interpretiert werden.[18]

Der Insigniengebrauch der deutschen Könige und Kaiser war öffentliches politisches Handeln. Es bekundete ein spezifisches Verständnis von Amt und Hierarchie und dokumentierte die zentrale Stellung des Herrschers im Reich. Die gezielte Miteinbeziehung der Fürsten in das Insignienzeremoniell demonstrierte einen auf Ausgleich und Konsens bedachten Herrschaftsstil.[19] Am sinnfälligsten geschah dies während der Krönungszeremonie, während welcher der Auserkorene im eigentlichen Wortsinne mit der Herrschaft bekleidet wurde.[20] Dies geschah vornehmlich zunächst in Aachen, ab 1531 in Frankfurt am Main, der Wahlstadt des Königs. Vereinzelt wurden die Reichskleinodien auch bei Kaiserkrönungen verwandt, nachweislich für Friedrich III. (1440-1493) in Rom und Karl V. (1519-1556) in Bologna.[21]

Die Bedeutung der Krönung liegt darin, das etwa das Aufsetzen der Krone und die Verwendung der anderen Insignien, verbunden mit bestimmten Handlungen und Worten konstitutive Akte bewirkte, in diesem Fall die Rechtsbegründung der Herrschaft. Gleichzeitig jedoch zeigte der Besitz der Insignien auch an, dass ihr Träger in der rechtmäßigen Tradition seiner Vorgänger und im Einvernehmen mit dem Willen Gottes stand. In den Insignien ist eine Akkumulation geistlich-theologischer Inhalte präsent, welche neben der juristischen Bedeutung ebendiese transzendentale Herrschaftsauffassung zum Ausdruck brachte und sie gleichsam als Unterpfand auf die jenseitige Herrlichkeit erscheinen ließen, denen der König und Kaiser als Statthalter Gottes teilhaftig werden sollte.[22]

Die Herrschaftszeichen machen so in mehrfacher Hinsicht sichtbar, was eigentlich unsichtbar ist.[23] „Ein Zeichen und seine Auslegung“, so charakterisiert Joachim Ott das zeitgenössische Verständnis von Herrschaftszeichen und Herrschaftsakten.[24] Darin liegt ihr Zweck.

Vorraussetzung dafür das dieses System funktionieren kann, ist dass die Zeichenhaftigkeit der Insignie erkannt und im beabsichtigten Sinn decodiert werden kann.[25] Dies ist in der Geschichte der reichsdeutschen Insignien nicht immer der Fall gewesen, ebenso finden sich Ereignisse, während derer die potentielle Mehrdeutigkeit von Insignien sichtbar wurde.[26]

III. Genese und Zusammensetzung

III. 1. „Sachen bestimmter Art, nicht bestimmte Sachen“

Die Reichskleinodien sind keine homogene Sammlung, sondern vielmehr ein gewachsener Bestand unterschiedlichster Provenienz.[27] Die Objekte entstammen einem Zeitraum, der von der karolingischen Zeit bis ins frühe 16. Jahrhundert reicht und verschiedenen Werkstätten von Süditalien bis Norddeutschland.[28]

Als festumrissene Objektgruppe werden die Reichsinsignien im 12. Jahrhundert in den Quellen genauer fassbar, wobei in der Regel drei oder vier Objekte erläuternd für das Ganze gesetzt erscheinen. Die Nomenklatur des Gesamtbestandes variiert im Hochmittelalter zwischen Ausdrücken wie: insignia imperialis, regalia insignia, insignis imperialis celsitudinis, oder keyserliche zeychen.[29]

Bis ins 14. Jahrhundert fanden Austauschprozesse statt, der Bestand wuchs und vervielfältigte sich, was die Inventarlisten von 1246 und 1350 zeigen.[30] Verlorengegangene Stücke wurden durch Andere, Gleichartige ersetzt.[31]

Da das Reich keine feste Residenz, oder eine Hauptstadt besaß, führte der Herrscher seine Herrschaftszeichen entweder mit sich, oder verwahrte sie an einem von ihm kontrollierbaren Ort. Unter den letzten Staufern war das die Burg Trifels in der Rheinischen Pfalz. Die ersten Habsburger brachten den Reichsschatz auf die Kyburg bei Winterthur, Ludwig der Bayer (1314-1347) ließ ihn nach München bringen, Karl IV. (1346-1378) verwahrte ihn auf der Burg Karlsstein bei Prag. Sigismund (1410-1437) hütete sie auf der Burg Visegrad in Ungarn, ehe er 1423 der Reichstadt Nürnberg das Privileg verlieh, die Reichkleinodien aufbewahren zu dürfen. Von 1424 bis 1796 blieben sie dort und erlebten das Ende des Reiches unter den Vorzeichen der Französischen Revolution.[32]

Die heute als Reichskleinodien bezeichneten Stücke wurden vermutlich zusammen mit anderen Teilen des persönlichen Schatzes der jeweiligen Inhaber aufbewahrt, zu dem neben persönlichen Insignien auch Kleidungsstücke und Reliquiensammlungen gehörten.[33] Dies mag als Erklärung dienen, warum nach dem Tod des jeweiligen Königs bei der Trennung der Stücke und der Übergabe an den Nachfolger manche Objekte zum Reichsschatz kamen und andere nicht. Es existierte kein allgemeingültiger Konsens, welche Insignie, nun zu den Reichskleinodien „dazugehörte“ und welche eine persönliche Insignie des jeweiligen Herrschers war.[34] Diese nämlich besaßen üblicherweise eigene Insigniengruppen, welche etwa mehr dem Geschmack der jeweiligen Zeit entsprachen und bei den verschieden Anlässen, zu denen das Zeremoniell erforderte, das der Kaiser „unter Krone“ ging, genutzt wurden.[35]

Wenn man als Reichsinsignien also Herrschaftszeichen verstehen will, welche unabhängig von Herrschern und Dynastien im Besitz des römisch-deutschen König- und Kaisertums verblieben, muss man die Tatsache wahrnehmen, dass, von den Reliquien abgesehen die meisten Objekte nicht die Einzigen ihrer Art waren, die gleichzeitig existierten.[36] Es bestand durch das ganze Mittelalter hindurch eine Art Insignienkonkurrenz, da alle Zeichen, die ein Herrscher trug, unabhängig von den heute in Wien verwahrten Stücken als Kaiserzeichen galten. Bei der Mehrzahl der deutschen Königskrönungen wurden andere als die Reichsinsignien verwandt. Bei einer Zahl von 21 Krönungen zwischen 1198-1486 lässt sich nur in vier Fällen die Nutzung der achteckigen Reichskrone nachweisen, in weiteren Dreien kann sie angenommen werden.[37]

Die Herrschaftszeichen waren, natürlich mit Ausnahme der Reliquien, prinzipiell austauschbar. Die Definition Wilhelm Sickels für die Krönungsinsignien in Byzanz, dass diese „Sachen bestimmter Art, nicht bestimmte Sachen“ waren, kann ebenso auf die Reichskleinodien angewandt werden.[38] Die Vorstellung, dass im Besitz eines konkreten Gegenstandes die Macht des Staates liege, entwickelte sich erst im Spätmittelalter.[39]

III. 2. Verfestigung und Sakralisierung

Die Reichgeschichte des 13. Jahrhunderts brachte eine Reihe von Königen wechselnder Dynastien hervor, von denen die Habsburger und Luxemburger die Bedeutendsten waren.

Unter diesen Umständen wurde der Besitz des Reichschatzes, zu dem die überkommenen Insignien gehörten, Zeichen und Beweis der legitimen Nachfolge der früheren Herrscher. Wer nun am rechten Ort gewählt und am rechten Ort vom rechten Erzbischof mit den rechten Insignien gekrönt worden war, war legitimer König.[40]

Im Laufe des 13. Jahrhunderts vollzog sich eine, wenn auch in ihren Einzelschritten nicht immer klar ersichtliche Sakralisierung und staatsrechtliche Aufwertung der Reichskleinodien.[41] Ein erster Höhepunkt solcher Tendenzen wurde 1262 erreicht, als Richard von Cornwall in Aachen einen Ornat deponierte, der für alle Zeiten in der Krönung Verwendung finden sollte.[42] Der Chronist Mathias von Neuenburg (um1295-1364) bezeichnet die Insignien in ihrer Gesamtheit als „sanctuariorum insignia, que regnum dicuntur.“.[43]

Zwei Phänomene haben diese Entwicklung maßgeblich begünstigt. Im Zuge der Verehrung, des 1165 heiliggesprochenen Reichsgründer Karl den Großen begann man die Insignien des Reichsschatzes auf Diesen zurückzuführen, wodurch sie den Status einer res sacra erhielten und reliquienähnlich verehrt wurden.[44]

1350 schließlich wurden bei der Übergabe der Reichskleinodien an Karl IV. nahezu alle Stücke als ehemals Karl dem Großen gehörig bezeichnet.[45] Unter anderem reagierte man im Reich so darauf, dass in Frankreich diverse Stücke aus dem Besitz der Könige als Erbstücke Karls des Großen identifiziert wurden.[46]

Wie in vielen anderen Fällen schuf der Glaube Realitäten, denn die meisten Reichskleinodien waren jüngeren Datums als dass sie sich auf Karl den Großen zurückführen ließen[47].

Auch die ortsfeste Verwahrung blieb nicht ohne Folgen auf die Sicht der Reichskleinodien.

Nach der Deportation nach Nürnberg im Jahr 1424 wurde die Insigniengruppe allmählich museal.[48] Dass der König nun in der Regel nur noch einmal, nämlich während seiner Krönung, die Reichskleinodien trug, bewirkte zwar einerseits eine Aufwertung seines personalen Ornates, zum anderen aber eine Lösung der Reichkleinodien von der Person des jeweiligen Herrschers, so dass sie allmählich mehr und mehr zu selbstständigen Symbolen des Reiches wurden. Die Insignien wurden nun zu eigentlichen Reichskleinodien, zu elementaren Bestandteilen von Imagination und Erinnerungskultur des Reiches, da sie nun nicht mehr die Person des Herrschers, sondern die durch göttliche Ordnung geheiligte Institution des Reiches bezeichneten.[49]

[...]


[1] Gotifredi Viterbiensis Pantheon, hrsg. von Georg Waitz, in: MGH SS 22, S. 107-307, S. 272.

[2] „Ut scriptura tonat, crux, ensis, sceptra, corona, Lancea, palla, bona nobis insignia donant. Restat ut exponam, quid sua signa sonant.” Pantheon, S. 272.

Vgl.: Petersohn, Jürgen, Über monarchische Insignien und ihre Funktion im mittelalterlichen Reich, in: HZ 266 (1998), S. 47-96, S. 54.

[3] Vgl.: Rémond, René, Religion und Gesellschaft in Europa. Von 1789 bis zur Gegenwart (Europa bauen 15), München 1998, S. 150; Reinhard, Wolfgang, Glaube und Macht. Kirche und Politik im Zeitalter der Konfessionalisierung, Freiburg im Breisgau 2004, S. 84.

[4] Vgl.: Schramm, Percy E.: Herrschaftszeichen und Staatssymbolik. Beiträge zu ihrer Geschichte vom dritten bis zum sechzehnten Jahrhundert (Schriften der MGH 13), 3 Bde., Bd. 1, Stuttgart 1954, S. 1

[5] Vgl.: Fillitz, Hermann, Die Insignien und Kleinodien des Heiligen Römischen Reiches, Wien 1954, S. 5.

[6] Vgl.: Fillitz, Hermann, Katalog der Weltlichen und der Geistlichen Schatzkammer, 4. Auflage, Wien 1968, S. 49.

[7] Schramm, Percy E.: Herrschaftszeichen und Staatssymbolik. Beiträge zu ihrer Geschichte vom dritten bis zum sechzehnten Jahrhundert (Schriften der MGH 13), 3 Bde., Stuttgart 1954-56.

[8] Vgl.: Becker, Hans-Jürgen, Die Symbolik der Reichskleinodien, in: Die Reichskleinodien. Herrschaftszeichen des Heiligen Römischen Reiches (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst 16), hrsg. von der Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Göppingen 1997, S. 162-184., S. 150.

[9] Vgl.: Bringmann, Michael, Das deutsche Reich und die Kaiserkrone. Realität und Mythos, in: Krönungen. Könige und Aachen – Geschichte und Mythos; Katalog der Ausstellung in 2 Bänden, hrsg. von Mario Kramp, Bd. 2, Mainz 2000, S. 795-809, S. 806.

[10] Vgl.: Schwemmer, Wilhelm, Die Reichskleinodien in Nürnberg 1938-1945, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 65 (1978), S. 397-413, S. 399. Zur Rezeption der Reichskleinodien in der NS-Zeit vergleiche außerdem: Thamer, Hans-Ulrich: Mittelalterliche Reichs und Krönungstradition in den Geschichtsbildern der NS-Zeit, in: Krönungen. Könige und Aachen – Geschichte und Mythos; Katalog der Ausstellung in 2 Bänden, hrsg. von Mario Kramp, Bd. 2, Mainz 2000, S. 829-837.

[11] Vgl.: Petersohn, Jürgen, Die Reichsinsignien im Herrscherzeremoniell und Herrschaftsdenken des Mittelalters, in: Die Reichskleinodien. Herrschaftszeichen des Heiligen Römischen Reiches (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst 16), hrsg. von der Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Göppingen 1997, S. 162-184, S. 162.

[12] Vgl.: Petersohn, Monarchische Insignien, S. 52.

[13] Vgl. Abbildung II und IV im Anhang. Zum Nürnberger Heiltumsbuch vgl. Fußnote 52.

[14] Vgl.: Becker, Symbolik, S. 152.

[15] Vgl.: Petersohn, Monarchische Insignien, S. 54.

[16]habuimus etiam in potestate nostra sanctam crucem, lanceam, coronam, indumenta imperialia et omnia insignia imperii.”, Vita Heinrici IV. Imperatoris, hrsg. Von Wilhelm Eberhard, in: MGH rer. Germ. i.u.s. 58, Hannover 1899, S. 34.

[17] Vgl.: Petersohn, Monarchische Insignien, S. 56.

[18] Vgl.: Kintzinger, Martin, Zeichen und Imagination des Reiches, in: Heilig. Römisch. Deutsch. Das Reich im mittelalterlichen Europa, hrsg. von Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter, Dresden 2006, S. 345-372, S. 362.

[19] Vgl.: Petersohn, Monarchische Insignien, S. 95.

[20] Vgl.: Ott, Joachim, Die Frühgeschichte von Krone und Krönung, in: Krönungen. Könige und Aachen – Geschichte und Mythos; Katalog der Ausstellung in 2 Bänden, hrsg. von Mario Kramp, Bd. 2, Mainz 2000, S. 122-131, S. 122.

[21] Vgl.: Fillitz, Hermann, Die Reichskleinodien, in: Krönungen. Könige und Aachen – Geschichte und Mythos; Katalog der Ausstellung in 2 Bänden, hrsg. von Mario Kramp, Bd. 2, Mainz 2000, S. 141-160, S.142. (Reichskleinodien 2000)

[22] Vgl.: Leithe-Jasper, Manfred; Distelberger, Rudolf: Kunsthistorisches Museum Wien. Weltliche und Geistliche Schatzkammer, München, 1998, S. 38.

[23] Vgl.: Becker, Symbolik, S. 157.

[24] Vgl.: Ott, Joachim, Krone und Krönung. Die Verheißung und Verleihung von Kronen in der Kunst von der Spätantike bis um 1200 und die geistige Auslegung der Krone, Mainz 1998, S. 151.

[25] Vgl.: Kintzinger, Zeichen, S. 348.

[26] Vgl.: Althoff, Gerd, Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter, Darmstadt 2003, S. 25.

[27] Vgl.: Petersohn, Jürgen, Die Reichsinsignien im Krönungsgebrauch und Herrscherzeremoniell des Mittelalters, in: Krönungen. Könige und Aachen – Geschichte und Mythos; Katalog der Ausstellung in 2 Bänden, hrsg. von Mario Kramp, Bd. 1, Mainz 2000, S. 151-161, S. 151.

[28] Vgl.: Fillitz: Reichskleinodien 2000, S. 142.

[29] Vgl.: Petersohn, Monarchische Insignien, S. 52-53.

[30] Zum Bestand von 1246 siehe: Inventar der Reichskleinodien vom 19. 9 1246, In: Mittelalterliche Schatzverzeichnisse, Bd. 1: Von der Zeit Karls des Grossen bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München 4), hrsg. vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte in Zusammenarbeit mit Bernhard Bischoff, München 1967, Nr. 95.

Der Bestand von 1350 ist inseriert in der Empfangsbestätigung Karls IV.: Bestätigung der Übergabe der im Einzelnen beschriebenen Reichsinsignien durch Markgrafen Ludwig von Brandenburg an König Karl, hrsg. von Margarete Kühn, in: MGH Const. X, Weimar 1991, Nr. 68.

[31] Vgl.: Fillitz: Reichskleinodien 2000, S. 141-151.

[32] Vgl.: Fillitz: Reichskleinodien 2000, S. 144.

[33] Vgl.: Fillitz: Reichskleinodien 2000, S. 143.

[34] Vgl.: Fillitz, Hermann, Die Reichskleinodien- Ein Versuch zur Erklärung ihrer Entstehung und Entwicklung, in: Heilig. Römisch. Deutsch. Das Reich im mittelalterlichen Europa, hrsg. von Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter, Dresden 2006, S. 133-161, S. 157; Fillitz: Reichskleinodien 2000, S. 144.

[35] Hierfür bildete sich der Typus der Mitrenkrone heraus, also Kronreif mit Bügel als kaiserliches Vorrecht und eine quergestellte bischöfliche Mitra darin. Dieser Kronentypus stellt eine Synthese von kaiserlichen und priesterlichen Ehrenzeichen dar. Vgl. Leithe-Jasper, Distelberger, Schatzkammer, S. 14.

[36] Vgl.: Petersohn, Monarchische Insignien, S. 50.

[37] Vgl.: Petersohn, Monarchische Insignien, S. 51.

[38] „Es verdient übrigens bemerkt zu werden, dass [...] die byzantinischen Insignien nicht bestimmte Sachen, sondern Sachen bestimmter Art waren.“, Sickel, Wilhelm, Das byzantinische Krönungsrecht bis zum 10. Jhdt, in: Byzantinische Zeitschrift 7 (1898), S. 511-558, S. 554; Vgl.: Fillitz, Reichskleinodien 2006, S. 146.

[39] Vgl.: Rösch, Gerhard, Die Herrschaftszeichen Kaiser Friedrichs II., in: Die Reichskleinodien. Herrschaftszeichen des Heiligen Römischen Reiches (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst 16), hrsg. von der Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Göppingen 1997, S. 30-58, S. 35.

[40] Vgl.: Rösch, Friedrich II., S. 35.

[41] Vgl.: Petersohn, Monarchische Insignien, S. 89.

[42] Vgl.: Rösch, Friedrich II., S. 35.

[43] Die Chronik des Mathias von Neuenburg, hrsg. von Adolf Hofmeister, in: MGH NS 4, Berlin 1940, S. 100.

[44] Vgl.: Petersohn, Reichsinsignien, S. 157.

[45] Siehe Fußnote 30. Vgl.: Denkmale der deutschen Könige und Kaiser. Ein Beitrag zur Herrschergeschichte, Bd. 2: Von Rudolf I. bis Maximilian I., 1273 - 1519 (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München 7), hrsg. von Percy Ernst Schramm, München 1978, S. 24-25.

[46] Vgl.: Fillitz, Reichskleinodien 2006, S. 158.

[47] Zugrunde liegt die Datierung in: Leithe-Jasper, Distelberger, Schatzkammer, S. 42-59.

[48] Vgl.: Petersohn, Monarchische Insignien, S. 56-57.

[49] Fillitz: Reichskleinodien 2000, S. 144; Petersohn, Monarchische Insignien, S. 91.

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Details

Titel
Die Reichskleinodien
Untertitel
Bedeutung, Symbolik und Gebrauch der Herrschaftszeichen des Alten Reiches
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
HS Mittelalterliche Krönungsorte und Nekropolen im europäischen Vergleich
Note
1-
Autor
Jahr
2007
Seiten
38
Katalognummer
V92867
ISBN (eBook)
9783638069540
ISBN (Buch)
9783640179480
Dateigröße
3563 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Reichskleinodien, Mittelalterliche, Krönungsorte, Nekropolen, Vergleich
Arbeit zitieren
Christian Lannert (Autor:in), 2007, Die Reichskleinodien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92867

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