Darstellung der Sprachverwendung in der synchronen computervermittelten Kommunikation an einem Beispiel aus dem französischen Chat (IRC)


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

31 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Kommunikation im Internet
2.1 Kurzer Überblick zur Entwicklung des Internets
2.2 Erläuterung der wichtigsten Kommunikationsmedien
2.3 Die computervermittelte Kommunikation: Begrifflichkeit und spezielle Merkmale

3 Der Internet Relay Chat (IRC)
3.1 Die besonderen Eigenschaften der synchronen Kommunikation im IRC
3.2 Mediale und konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit der IRC-Kommunikation

4 Die Sprache im französischen IRC: Eine Analyse
4.1 Sprachliche Besonderheiten
4.1.1 Satzbau
4.1.2 Orthografie
4.1.3 Interpunktion
4.1.4 Phonetisierende Schreibweise und Assimilation
4.1.5 Zeichenwiederholung
4.1.6 Abkürzungen und Akronyme
4.1.7 Logogramme
4.1.8 Emoticons
4.1.9 Action Description
4.1.10 Anglizismen
4.1.11 Comicsprache und Lautwörter
4.2 Bewertung

5 Sondersprache oder Sprachwandel

6 Schlussbetrachtung

7 Anhang: IRC-Korpus

8 Literatur

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit behandelt die Sprachverwendung im Internet Relay Chat (IRC). Nach einem kurzen Überblick über die geschichtliche Entwicklung des Internets, werden seine wichtigsten Kommunikationsdienste vorgestellt. Natürlich können nicht alle Kommunikationsmedien des Internets an dieser Stelle untersucht werden. Daher liegt der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit auf der geschriebenen Sprache und ihren Besonderheiten in der synchronen Kommunikation. Hierfür bietet sich der IRC an, der erste Dienst in der historischen Entwicklung des Internets zur synchronen Kommunikation im Internet. Die zeitgleiche schriftliche Kommunikation zwischen mehreren Teilnehmern - die synchrone Kommunikation - ist eine neue Form der sprachlichen Kommunikation im Gegensatz zur zeitversetzten papierbasierten Briefkommunikation.

Betrachtet wird das Phänomen computervermittelte Kommunikation und deren jeweilige besonderen Bedingungen, speziell die Eigenschaften der IRC-Kommunikation. Die Zuordnung der Chat-Sprache zu der medialen/ konzeptionellen Mündlichkeit bzw. Schriftlichkeit wird untersucht. Die Untersuchung der spezifischen sprachlichen Phänomene, die sich aus den medialen Besonderheiten des IRC herausgebildet haben, werden auf der Grundlage eines französischen IRC Textkorpus geleistet. Hierfür wurde ein Mitschnitt aus dem französischen IRC gewählt, der die Besonderheiten der französischen Umgangssprache berücksichtigt. Es handelt sich ausschließlich um öffentliche Channels, die thematisch nicht spezifiziert sind und ein weit gefächertes Nutzerspektrum haben.

Abschließend wird die Frage untersucht, ob infolge der Verbreitung der elektronischen Medien und der damit entstehenden neuen Kommunikationsmöglichkeit ein Sprachwandel stattfindet, oder ob die Chat-Sprache als gruppenspezifische Sondersprache zu bestimmen ist.

2 Kommunikation im Internet

2.1 Kurzer Überblick zur Entwicklung des Internets

Das Internet ist ein weltumspannendes Computernetzwerk, dessen Grundfunktion in der stabilen Übertragung von Daten zwischen Computersystemen besteht. Entwickelt wurde das Internet vom amerikanischen Militär. Den Anfang bildete das 1969 vom amerikanischen Verteidigungsministerium eingerichtete Netzwerk ARPANet, das zunächst als in sich stabiles dezentralisiertes Computernetzwerk gedacht war und die Möglichkeit zu einer vom Rechnertyp unabhängigen Kommunikation bieten sollte. Dieses Netz wurde der Vorläufer für das heutige Computernetzwerk Internet. Mit der Anwendung der Electronic Mail entwickelte sich das Netzwerk, neben seiner Funktion der reinen Rechnerverbindung für den Dateitransfer, zu einem neuartigen Kommunikationsmedium, das eine direkte und indirekte Kommunikation mit Teilnehmern ermöglichte. So benötigte man für die Datenübertragung zwischen den unterschiedlichen Netzwerken ein einheitliches Netzwerkprotokoll. Ein solches ist das TCP/IP, das sich in den 80er Jahren verbreitete und immer mehr Menschen und Gesellschaftsgruppen den Zugang zum Computernetz ermöglichte. Mit der Seitenbeschreibungssprache Hypertext Markup Language (HTML) erweiterte sich das Internet zu einem multimedialen Netzwerk. 1992 wurde das World Wide Web dem Internet hinzugefügt (vgl. Faulstich 1998, 287ff.). Heute ist jeder, der einen Rechner und einen Telefonanschluss besitzt, in der Lage, sich in das Internet einzuloggen.

Das Internet hat sich zu einem globalen Informations- und Kommunikationsmedium entwickelt. Das Internet bildet heute eine komplexe transnationale virtuelle Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft ist nicht homogen, sondern sie ordnet sich nach Interessen, Gruppen, Clients, Themen und Institutionen. Jeder Nutzer hat die Möglichkeit, mehreren - sich immer wieder neu konstituierenden - Gemeinschaften anzugehören (Schlobinski 2000, 64). Auf der Grundlage der neuen Technologie sind zahlreiche interpersonale Kommunikationsdienste entstanden, unter denen der IRC einen relevanten Platz einnimmt. Wie im Folgenden dargestellt wird, unterscheidet sich die Kommunikation des IRC mittels Bildschirm und Tastatur erheblich von den bislang gewohnten Formen der schriftlichen als auch der mündlichen Kommunikation.

Zunächst werden die wichtigsten Kommunikationsmedien des Internets kurz vorgestellt, um dann auf die Besonderheiten der computervermittelten Kommunikation – speziell den IRC - einzugehen.

2.2 Erläuterung der wichtigsten Kommunikationsmedien

Das World Wide Web ist ein Informationspool, in dem Anwender mit Hilfe der HTML Beiträge quasi unzensiert und multimedial veröffentlichen und Informationen weltweit miteinander vernetzen können. Diese Beiträge in Form von Websites stehen der Öffentlichkeit mittels eines Browsers zur Verfügung und können neben Textelementen und Graphiken auch Animationen sowie Film- und Musikelemente beinhalten.

Die Newsgroups stellen Diskussionsrunden dar, die themenorientiert sind und die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken können. Die Mehrzahl dieser Foren ist öffentlich und stehen allen interessierten Anwendern zur Verfügung. Sie funktionieren nach dem Prinzip der schwarzen Bretter. Nutzer schreiben eine Nachricht und hinterlassen sie am „schwarzen Brett“ der Newsgroup. Andere Nutzer können die Nachricht jederzeit abrufen und ihrerseits einen Kommentar dazu verfassen, der wiederum auch von allen gelesen werden kann.

Ein seit den Anfangstagen des Internets (ARPAnets) beliebtes Medium ist die E-Mail, die elektronische Post. Sie ist von der Kommunikationsform mit einem Brief vergleichbar. Aber bei der E-Mail wird der Text digital erstellt, versendet und präsentiert. Eine E-Mail erreicht ihren Bestimmungsort im Normalfall schon nach wenigen Sekunden. Die E-Mail richtet sich meist an einen einzelnen Adressaten, kann aber auch mit Hilfe einer Mailingliste an mehrere Personen gesandt werden.

Ein weiterer beliebter Dienst ist der sowohl im WWW als auch von IRC-Clients[1] angebotene Chat. Verglichen mit herkömmlichen Medien ähnelt der Chat am ehesten dem Telefonat oder dem CB-Funk. Beim Chatten (engl. to chat ´plaudern, quatschen oder schnattern`) besteht die Möglichkeit, sich mit einem Teilnehmer zu unterhalten oder Gesprächsrunden mit mehreren Teilnehmern beizuwohnen. Hierfür wird der per Tastatur eingegebene Text nach dem Aktivieren der Eingabetaste auf dem Monitor des Gesprächspartners sichtbar. Der Empfänger kann sofort antworten. Im Internet existieren viele unterschiedliche Formen des Chats. Das in den 80er Jahren ent-wickelte und bis zum Durchbruch des WWW in den 90er Jahren dominierende Kommunikationsprogramm ist der IRC. Der IRC ist rein textorientiert, den Nutzern stehen nur die ASCII-Zeichen[2] zur Verfügung (vgl. Husmann 1998, 14).

Mit dem WWW sind Web-Chats bzw. Chat-Rooms als Variationen hinzugekommen. Sie unterscheiden sich technisch und medial vom IRC. Web-Chats nutzen neben dem ASCII-Code (Schrift) auch multimediale Elemente (s. Microsoft-Chat weiter unten). Sie besitzen nicht den unmittelbaren Charakter, da das Aktualisieren einer Seite und damit die Ansicht der Antworten meist einige Augenblicke dauert.[3] Auch ist die soziale Zusammensetzung der involvierten Nutzer eine andere (vgl. Fix 2001, 47).

Erwähnt sei hier auch der Microsoft Chat, in dem die Chat-User sich eine Comic-Figur auswählen können, die dann die jeweiligen Chat-Beiträge in Form einer Comic-typischen Sprechblase wiedergibt. Emotionen können hier durch ein Programm, das die Figuren entsprechend verändert, dargestellt werden. Verschiedene Feinabstimmungen hinsichtlich der gewählten Emotion wie beispielsweise Traurigkeit oder Glück sind möglich und ersetzen die Emoticons[4] des herkömmlichen IRC.

Des Weiteren gibt es den Talk, der sich dadurch auszeichnet, dass lediglich mit einer einzelnen Person Kontakt aufgenommen wird, deren Rechner gezielt angewählt wird. Nach einer Gesprächsanfrage, die auf dem Monitor der angewählten Person erscheint, kommt mit einem entsprechenden Befehl seitens der adressierten Person ein Talk zustande. Im Unterschied zum Chat erscheint jeder geschriebene Buchstabe sofort beim Gesprächsteilnehmer (vgl. Haase et al. 1997, 56). Verdrängt wurde diese Kommunikationsform vom IRC (Dittmann 2001, 32). Der IRC bietet auch die Funktion, sich mit einem einzelnen gewählten Gesprächspartner in einem privaten Chat-Room zu unterhalten, ohne dass die übrigen Teilnehmer einen Blick auf das Geschriebene werfen können.

2.3 Die computervermittelte Kommunikation: Begrifflichkeit und spezielle Merkmale

Unter dem Begriff computervermittelte Kommunikation (CVK) sind alle Kommunikationsformen zu verstehen, die durch die Vernetzung von Computern ermöglicht werden, wobei die schriftlichen Formen bisher in ihrer Anwendungshäufigkeit deutlich überwiegen. Die Möglichkeiten für Video-Konferenzen sowie Internet-Telefon werden in dieser Arbeit nicht untersucht. Unter CVK wird in dieser Arbeit nur die schriftbasierte Kommunikation verstanden. Der Begriff CVK umfasst synchrone und asynchrone Kommunikation sowie eine beliebige Teilnehmerzahl an der Kommunikation (vgl. Dittmann 2001, 28). Betrachtet man, was unter der natürlichen Kommunikation zu verstehen ist, die Face-to-Face Kommunikation, so fallen bei der CVK die meisten Sinnesmodalitäten weg. Während bei der Face-to-Face Kommunikation zwei oder mehr Menschen kommunizieren und alle Sinne mit einbezogen werden, da zur Kommunikation verbale als auch non-verbale Botschaften zählen, machen Kommunikationsmedien die gemeinsame und gleichzeitige Anwesenheit der Teilnehmer an einem Ort überflüssig. Mit den Medien Brief, Telefon oder Fax wird die räumliche Distanz überwunden.

Die Kommunikation ist auch zeitversetzt möglich. Die jeweilige Nachricht wird gespeichert und vom Empfänger zu einem späteren Zeitpunkt gelesen oder gehört (ebenda 2001, 30). Dies wird als asynchron bezeichnet. Kommunizieren die Ge- sprächsteilnehmer zur gleichen Zeit miteinander, wird die Kommunikation synchron genannt. Bezogen auf die bereits vorgestellten Kommunikationsdienste des Internets gelten folgende Zuordnungen:

Asynchrone Eins-zu-Eins-Kommunikation <=> E-Mail

Asynchrone Eins-zu-Viele-Kommunikation <=> Newsgroups, Mailingliste,

Websites

Asynchrone Viele-zu-Viele-Kommunikation <=> Newsgroups

Synchrone Eins-zu-Eins-Kommunikation <=> Talk, Web-Chat, IRC

Synchrone Eins-zu-Viele-Kommunikation <=> Web-Chat, IRC

Synchrone Viele-zu-Viele-Kommunikation <=> Web-Chat, IRC

Das Besondere am IRC ist die Tatsache, dass es sich um das einzige schriftbasierte Medium handelt, das eine zeitgleiche Viele-zu-Viele-Kommunikation bedient, die bis zur Einführung des IRC in dieser Form nur von gesprochener Kommunikation (z. B. das Partygespräch oder die Telefonkonferenz) bekannt war. Der IRC scheint eher Züge eines mündlichen Gesprächs aufzuweisen. Es fehlen jedoch die Gesten, die Mimik, die Körperhaltung, die Stimme sowie die gemeinsame unmittelbare Umgebung der Teilnehmer. Dieses fehlende gestisch-mimische Repertoire wird durch grafische Mittel ersetzt (vgl. Fix 2001, 42).

3 Der IRC

3.1 Die besonderen Eigenschaften der synchronen Kommunikation im IRC

In der synchronen IRC-Kommunikation ist es möglich, die Gleichzeitigkeit zu kontrollieren, denn anders als im Talk werden die Nachrichten erst nach Betätigung der Entertaste verschickt, so dass der Sender seine Äußerung noch einmal durchlesen kann, bevor sie interaktiv mitgeteilt wird. Die Spontaneität und Dynamik, die im mündlichen Gespräch vorhanden sind, reduzieren sich wesentlich (vgl. Husmann 1998, 26). Trotz der Simultaneität des Chats (zeitgleiche Präsenz der Gesprächssteilnehmer am Computer) fallen Produktions- und Äußerungsakt zeitlich nicht zusammen. Die Produktion des Beitrags bleibt für den Teilnehmer unsichtbar (Störrer 2001, 7).

Weiterhin ist es möglich, während eines IRC im privaten Chat sich gleichzeitig im öffentlichen Channel mit vielen weiteren Teilnehmern zu unterhalten, was in einer Face-to-Face Kommunikation auch realisierbar ist. Im Chat ist die gleichzeitige Teilnahme an verschiedenen Gesprächssträngen ein Zeichen der „Könnerschaft“ (Störrer 2001, 8). Zudem kann jede gesendete Mitteilung jeder Zeit nachgelesen werden, so dass ein temporärer Mangel an Aufmerksamkeit nicht zwangsläufig den Ausschluss des Teilnehmers vom Verständnis des Gesprächsthemas nach sich zieht. Die Funktion des Zwischenspeicherns ermöglicht die zeitweilige Abwesenheit. Es sind der Anzahl der Gesprächsteilnehmer keine Grenzen gesetzt. Einzelne Gesprächsstränge lassen sich durch Nachlesen rekonstruieren (vgl. Husmann 1998, 26).

[...]


[1] Es handelt sich um ein spezielles Programm, das dem IRC-Nutzer den Zugang zu der IRC-Kommunikation ermöglicht. Das Programm wird kostenfrei im Internet zur Verfügung gestellt.

[2] ASCII steht für American Standard Code for Information Interchange.

[3] Eine Auflistung der meist besuchten Web-Chat Kanäle: http://www.100hot.com/chat/

[4] Emoticon ist eine Abkürzung für emotional icon. Emoticons stellen mit Hilfe von festgelegten Kombinationen von Satzzeichen des ASCII-Codes Gesichtszüge dar, die Gefühle ausdrücken. Eine Liste der gängigsten Emoticons findet sich in Rosenbaum (1999, 97).

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Details

Titel
Darstellung der Sprachverwendung in der synchronen computervermittelten Kommunikation an einem Beispiel aus dem französischen Chat (IRC)
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Romanistik)
Veranstaltung
Sondersprachen der Romania
Note
2
Autor
Jahr
2002
Seiten
31
Katalognummer
V9260
ISBN (eBook)
9783638160087
Dateigröße
680 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Untersuchung der Internetsprache anhand einer selbst erhobenen vielschichtigen Materialbasis aus dem französischen Chat. 483 KB
Schlagworte
Internetsprache, Chat, computervermittelte Kommunikation, französischer IRC, Sprachanalyse, Sondersprache
Arbeit zitieren
Stephanie Klaus (Autor:in), 2002, Darstellung der Sprachverwendung in der synchronen computervermittelten Kommunikation an einem Beispiel aus dem französischen Chat (IRC), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9260

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