Zu: Luise Rinser - Geh fort wenn du kannst


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

26 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Wahl der Erzählung Geh fort wenn du kannst

2. Hintergrund und Inhaltsangabe von Geh fort wenn du kannst

2. Hintergrund und Inhaltsangabe von Geh fort wenn du kannst

3. Einordnung von Geh fort wenn du kannst in das Gesamtwerk Luise Rinsers

4. Die Weltanschauung Rinsers: Konflikt zwischen Politik und Kirche
4.1. Rinsers Sicht auf Glaube und Kirche
4.2. Rinsers Sicht auf Politik und politisches Engagement

5. Das autobiographische Element in Geh fort wenn du kannst
5.1. Thematisierung des Lebenskonflikts Rinsers
5.2. Autobiographische Züge in den Figuren von Geh fort wenn du kannst

6. Inwieweit ist Geh fort wenn du kannst Frauenliteratur oder Erbauungsliteratur?
6.1. Frauenliteratur
6.2. Erbauungsliteratur

7. Die Qualität und Überzeugungskraft des Textes (Stil)
7.1. Grundsätzliches
7.2. Aufbau, Perspektive
7.3. Satzbau, Wortwahl, Stilmittel

8. Luise Rinser als eine Bestsellerautorin

9. Literaturverzeichnis
9.1. Primärliteratur
9.2. Sekundärliteratur
9.3. Zeitschriften

1. Wahl der Erzählung Geh fort wenn du kannst

Luise Rinser, die im Jahre 1911 geboren wurde und 2002 verstarb, zählte zu einer der produktivsten und meistgelesenen deutschen Autorinnen der Gegenwart.

Sie erzielte Bestsellererfolge, wurde aber von den Kritikern nicht ganz ernst enommen, da sie nach deren Meinung überwiegend literarisch „minderwertige“ Frauen- und Erbauungs­literatur[1] schrieb. Inwieweit dieser Vorwurf berechtigt ist, soll in dieser Hausarbeit unter anderem untersucht werden.

Als Beispiel für einen Verkaufserfolg Luise Rinsers wählte ich die Erzählung Geh fort wenn du kannst., welche 1959 veröffentlicht worden ist. Dieser Text erschien mir exemplarisch für die „religiöse Periode“ der Autorin und es findet sich meiner Meinung nach in diesem einen Buch ein Zugang zu ihrem Gesamtwerk, denn hier scheinen ihr ideologischer Hintergrund und ihre Weltanschauung durch. Wie so viele andere Bücher Rinsers enthält Geh fort wenn du kannst autobiographische Züge und auch ihr typischer Schreibstil ist in dieser Erzählung offenkundig. Die Punkte Ideologie, Autobiographie sowie Stil werde ich in verschiedenen Kapiteln meiner Hausarbeit behandeln.

Geh fort wenn du kannst mag auf den ersten Blick klischeehaft und altmodisch wirken. Dass darin aber weitaus modernere Konzepte innewohnen, die ansatzweise auch in unsere Zeit passen, möchte ich darlegen, denn „die Suche nach der Versöhnung der allem lebendigen Sein innewohnenden Widersprüche“,[2] die nach Gill das Leitmotiv von Rinsers Werk und Leben ist, ist durchaus noch heute aktuell.

2. Hintergrund und Inhaltsangabe von Geh fort wenn du kannst

Den Hintergrund zu Geh fort wenn du kannst bildet Rinsers Besuch im Benediktinerinnen-Kloster Veroli bei Frosinone in Italien. Eine Nonne dieses Klosters brachte Rinser ihr Kriegstagebuch, worin sie schilderte, wie sie den Kampf um Monte Cassino 1943 miterlebt hatte. Monte Cassino war im zweiten Weltkrieg versehentlich von den Alliierten zerstört worden, weil diese die deutsche Wehrmacht darin versteckt vermutet hatten. In einer Mauer des Klosters Monte Cassino war der lateinische Satz egredere si potes eingemeißelt, der übersetzt als Titel des Romans diente.[3]

Die Kommunistin Angelina reist 1943 von Deutschland nach Italien, um dort ihre Großmutter zu besuchen, doch diese ist mittlerweile verstorben. Sie trifft in dem Ort ihrer Großmutter zufällig ihre alte Freundin Giulia wieder, mit der sie gemeinsam das Dorf verlässt. Bei ihrer Wanderschaft verletzt sich Angelina am Fuß und wird in einem Kloster behandelt. Dort unterhält sich Angelina mit der Oberin, wobei Angelinas kommunistische Weltsicht auf die christliche Weltsicht der Oberin prallt. Sie finden keinen Kompromiss (Rinser: Geh fort wenn du kannst = GF, S. 15).

Angelina und Giulia gehen schließlich gemeinsam nach Rom, um sich der Partisanen­gruppe um den charismatischen Führer Antonio anzuschließen (GF, 18). Sie gelangen in deren Hauptquartier in den Bergen nahe des zerstörten Klosters Veroli (GF, 24). Bei einem Gefecht in der Nähe dieser Klosterruinen erschießt Angelina einen deutschen Soldaten. Sie stürzt rücklings über die Mauer des Klosters und wird von der Partisanengruppe getrennt. Bei ihrem Sturz verletzt sie sich so sehr, dass sie nicht mehr zu ihren Gefährten zurückkehren kann, sondern in der verlassenen Klosterruine Zuflucht suchen muss (GF, 42). Aus Langeweile liest sie das einzige Buch, das sie dort findet: das benediktinische Brevier (GF, 43). Während ihres Aufenthalts in den Ruinen macht Angelina einen Sinneswandel durch und bereut, einen Menschen getötet zu haben. Nach einiger Zeit findet sie Giulia in den Klosterruinen. Angelina ist nun gläubig geworden und versucht, ihre Freundin von Gott zu überzeugen; Giulia wehrt sich allerdings gegen fromme Gedanken (GF, 49 f.).

Als nach Kriegsende die Nonnen in das Kloster zurückkehren, um es wieder aufzubauen, treten Angelina und Giulia nach einigem Zögern in das Konvent ein (GF, 84 f.). Angelinas früherer Mitstreiter Antonio, der in der nun kommunistischen Regierung einen hohen Posten innehat, kommt zum Kloster, um Angelina einen Heiratsantrag zu machen und sie mit sich zu nehmen. Angelina lehnt ab, obwohl sie Antonio liebt (GF, 86), denn sie bevorzugt das kontemplative Leben im Kloster.[4]

3. Einordnung von Geh fort wenn du kannst in das Gesamtwerk Luise Rinsers

Luise Rinser veröffentlichte insgesamt über hundert Romane und Erzählungen, autobiographische Prosa, Essays, Rezensionen, Kinderbücher, Hörspiele und in sehr beschränktem Maße auch Lyrik und Dramen.

Rinser schrieb von den 1930ern bis zu den frühen 1960ern überwiegend Romane und Erzählungen, wohingegen sie ihren Schwerpunkt seit den 1960ern auf Autobiographien verlagerte.

Zu den berühmtesten Werken ihrer frühen Schaffensperiode gehören Die gläsernen Ringe (1941) , Jan Lobel aus Warschau (1948) und Mitte des Lebens (1950).

Geh fort wenn du kannst (1959) fällt in die „religiöse Phase“ Rinsers, wozu auch die Romane Abenteuer der Tugend (1957) und Die vollkommene Freude (1962) gehören.

Nach dieser Periode erschienen Romane wie Der schwarze Esel (1974), Tagebücher wie Kriegsspielzeug (1978) und Autobiographien wie Den Wolf umarmen (1981) und Saturn auf der Sonne (1994).

Bekannt sind auch Rinsers religiöse Essays wie Zölibat und Frau (1967) oder gesellschaftliche Schriften wie Unterentwickeltes Land Frau (1970).[5]

4. Die Weltanschauung Rinsers: Konflikt zwischen Politik und Kirche

4.1. Rinsers Sicht auf Glaube und Kirche

In ihrem Gespräch mit Marianne Konzag fasst Luise Rinser die wichtigsten Elemente ihrer Weltanschauung zusammen: „Ich bin ein religiöser Mensch und ein sozialer.“[6]

Die Frage, wie man Religion und Politik vereinen könne, beschäftigt sie auch in ihrer Erzählung Geh fort wenn du kannst. Um diese Geschichte besser verstehen und Autobiographisches herauslesen zu können, betrachten wir zunächst die Weltanschauung und das Engagement der Autorin.

In ihren jüngeren Jahren war Luise Rinser noch nicht gläubig – so äußerte sie sich im ‚authentischen’ Gefängnistagebuch etwas abfällig über die Religiosität der Bibel­forscherinnen:

[...] das politische Heil nicht von etwas Außermenschlichem erwarten dürfe, das sei zu bequem, wir müssten uns schon selbst darum bemühen, dafür gebe es den Sozialismus [...] Es gelingt mir nicht, aus ihren Glaubenslehren klar zu werden.[7]

Seit etwa 1955 regte sich in Rinser jedoch zunehmend ein Bedürfnis nach Religiosität, weil sie, wie sie selbst sagte, von „einem heftigen Strahl dessen, was man Gnade nennt“,[8] getroffen wurde.

Von Mitte der 1950er bis Anfang der 1960er Jahre kann man folglich von einer „katholischen Periode“ Rinsers sprechen,[9] was auch in ihren Werken offensichtlich wird. Rinsers Religiosität bestand aus den Grundsätzen, dass der Urgrund des Glaubens mystischer Natur sei, eine Einheit aller Dinge herrsche und nur die Liebe Polaritäten vereinen könne.[10] Rinser hielt sich nicht nur am Christentum fest, sondern war auch von der chinesischen Philosophie wie dem Taoismus und vom Zen-Buddhismus beeinflusst.[11]

[...]


[1] Vgl. Schnell: Geschichte der deutschsprachigen Literatur seit 1945, S. 411 f.

[2] Gill: Die Utopie Hoffnung bei Luise Rinser, S. 2.

[3] Vgl. Rinser: Saturn auf der Sonne, S. 192.

[4] Vgl. Falkenstein: Luise Rinser, S.43.

[5] Vgl. Schwab: Vita und Bibliographie, S. 281 ff.

[6] Konzag: Gespräch mit Luise Rinser, S. 817.

[7] Rinser: Gefängnistagebuch, S. 21.

[8] Dies.: Saturn auf der Sonne, S. 194.

[9] Vgl. Gill: Die Utopie Hoffnung bei Luise Rinser, S. 63.

[10] Vgl. Reinhold: Literatur als Lebenshilfe, S. 547 f.

[11] Vgl. Konzag: Gespräch mit Luise Rinser, S. 823.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Zu: Luise Rinser - Geh fort wenn du kannst
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Deutsche Philologie)
Veranstaltung
Westdeutsche Erzählprosa 1945 - 1960
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
26
Katalognummer
V92549
ISBN (eBook)
9783638063784
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Luise, Rinser, Westdeutsche, Erzählprosa
Arbeit zitieren
M.B.A. + Eng. Sonja Wagner (Autor:in), 2003, Zu: Luise Rinser - Geh fort wenn du kannst, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92549

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