Aventiure-Bewältigung im "Wigalois" und im "Daniel von dem blühenden Tal"

Ein literarischer Vergleich der nachklassischen Artusromane


Bachelorarbeit, 2019

52 Seiten, Note: 2,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der aventiure-Weg im Wandel

3. Die Helden
3.1 Motivation der Helden
3.2 Der Held als miles christianus

4. Die Gegenwelt

5. aventiure -Bewältigung
5.1 .Zufall' und (un)erwartete Hilfe
5.2 Hilfsmittel
5.3 Weisheit und List

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

der ie dehein dörperheit begie,

der hâte ir hulde verlorn.

si hâte in schiere verkorn,

er getorste niemer zuo ir komen.

dâmite wurden sie üzgenomen

die im ze gesellen tohten

und mit ëren heizen mohten

die von der Tavelrunde. (Dan., 98-105)

Im Artusroman zählt es zur höchsten Ehre für einen Ritter, zu König Artus in die Tafelrunde aufgenommen zu werden. Diese Ehre gilt es als Held im Kampf zu verteidigen und dadurch das exzellente Ansehen des Hofes hochzuhalten. Doch die eigene Eignung, als Geselle dem Hof zu dienen, muss zunächst durch die Bewältigung einiger singulärer Wagnisse, den aventiuren, bewiesen wer­den.

Der Wigalois des Wirnt von Grafenberg1 und der Daniel von dem blühenden Tal (i. F. Daniel) vom Stricker2 zählen zu den sogenannten nachklassischen Ar- tusromanen. Diese unterscheiden sich in einigen Aspekten von ihren Vorgän­gern. Vor allem die Heldenkonzeption, aber auch aventiure-Welt und -Bewäl­tigung weisen signifikante Unterschiede auf.

Während beide Helden gleichermaßen als heilsbringende Erlöser auftreten und die gottgewollte Ordnung wiederherzustellen begehren, unterscheiden sich ihre Motivationen und Methoden der aventiure -Bewältigung deutlich. Wi- galois tritt, motiviert durch die Minne, als Werkzeug Gottes gegen das Böse an. Dabei lässt er sich von seinem Herrn leiten und mittel- sowie unmittelbar hel­fen. Seine Kampfeskunst, Willens- und Leibeskraft spielen dabei dennoch eine entscheidende Rolle. Daniel setzt seinen gottgegebenen Verstand listenreich ein und agiert bedacht als unbezwingbarer Herr über seine Sinne. Auch er be­nötigt den vollständigen ritterlichen Tugendkatalog, um sich die zwingend nö­tige Unterstützung für seine gefährlichen Aufgaben zu verdienen. Seine uneh­renhaften Listen werden von Gott legitimiert, sodass Daniel sein Ziel, Ehre und Gut zu erlangen, erreicht. Welche Maßnahmen, Strategien und Hilfsmittel als Reaktion auf eine veränderte sowie gefährlichere aventiure -Welt notwendig werden und welche Rolle Gott, Glück und schicksalsträchtige .Zufälle' spielen, ist Gegenstand dieser Arbeit.

Zunächst werden die veränderten aventiure -Bedingungen umrissen. An­schließend wird die Heldenkonzeption im Hinblick auf Motivierung und Cha­rakterisierung als Gotteskrieger untersucht. Die Darstellung der Gegenwelt er­klärt die idealisierende Überhöhung des neuerlichen Heldentypus und offen­bart ihre antagonistische Steigerung ins Dämonische. Wie und mit welchen Mitteln diese Gegenwelt von den Helden durchlaufen wird, ist Thema des an­schließenden Kapitels. Darin werden mittelbares und unmittelbares göttliches Eingreifen, offensive und defensive Hilfsmittel sowie die angewendeten Stra­tegien der Helden analysiert. Ein Fazit fasst die Ergebnisse zusammen.

2. Der aventiure-Weg im Wandel

Nachklassische Artusromane unterscheiden sich in einigen wesentlichen Punkten von klassischen Artusromanen. Im Reallexikon der deutschen Litera­turwissenschaft ist der klassische Artusroman wie folgt charakterisiert3:

Im Mittelpunkt steht ein allein ausziehender Held, der eine nach dem Prinzip von Stei­gerung und Korrektur angelegte zweifache Reihe von Aventiuren (Doppelweg, doppelter Cursus) zu durchlaufen hat, in der er sich als Individuum und am Ende als Glied der Gesellschaft erfährt. Ausgangspunkt ist eine als Aventiure erscheinende Provokation der Idealität des Artushofes, die durch den Ritter bewältigt wird, was zu einer nur scheinhaften Harmonie führt. Auf einer zweiten Aventiure-Fahrt wird in gestufter Form die endgültige Integration des Helden erreicht.

Die ritterlichen Bewährungsproben dienen in der Artusepik als „strukturbil­dende Bauelement[e]“4. Durch Bestehen der gleichzeitig selbstgesuchten und vorbestimmten aventiuren findet „der Held seinen Platz in der Gesellschafts- ordnung“5. Damit hat die „Selbstverwirklichung des höfischen Ritters [...] ei­nen zweifachen Bezug: auf sich selbst und auf die Gesellschaft.“6

Die wohl auffälligsten Unterschiede zur klassischen Artusepik gehen sowohl im Wigalois als auch im Daniel von der Heldenkonzeption aus. Beide Helden seien gemäß Haug „von Anfang an [...] perfekte arthurische Ritter, [sodass] die Handlung [...] nur noch dazu dienen [kann], dieses immer wieder neu zu be- stätigen“7. Die ritterlichen Bewährungsproben werden zu Affirmations- aven- tiuren, da beide Protagonisten das klassische Ziel, in die Tafelrunde aufgenom­men zu werden, bereits zu Beginn erreichen.8 Eine solche Unfehlbarkeit hat in der Konsequenz jedoch eine veränderte aventiure-Welt zur Folge: „Da der Held in seiner absoluten Perfektion psychisch und physisch unschlagbar ist, ist die Gegenwelt sozusagen genötigt, übernatürliche Kräfte ins Spiel zu bringen, um überhaupt eine Chance zu haben.“9

Die Gegenwelt wird förmlich dämonisiert, was - ebenso wie die Frage, ob die Helden tatsächlich makellos sind - noch zu diskutieren sein wird. Im Umkehr­schluss muss der Held, der „trotz aller Perfektion mit seinen nur menschlichen Kräften dem Dämonischen nicht gewachsen sein kann“10, auf andere Strate­gien zurückgreifen. An diesem Punkt unterscheiden sich Wigalois und Daniel stark voneinander. Wigalois kann einerseits auf seine sxlde und andererseits auf Gott vertrauen, beide begleiten ihn durch die aventiure-Welt. Daniel wie­derum setzt stets auf Besonnenheit und List als Kernstrategie, hat Gott aber ebenfalls als Verbündeten an seiner Seite.

Für die Protagonisten wird in der Forschung darüber hinaus das Fehlen der gattungstypischen Krise zwischen dem ersten und zweiten aventiure -Weg postuliert. Die „vollkommene[...] Idealität [der Helden] impliziert, daß es auf ihrem Weg keine Krise mehr geben kann.“11 So sei Wigalois ein „völlig unprob­lematische^ Held], der unbeirrt, ohne einen Rückschlag zu erleiden, voran- schreitet.“12 Der tapfere Artusritter weist darüber hinaus alle Merkmale einer Märchenfigur auf.13 Auch Daniel, der „,Mann für jede Jahreszeit'“14, ist „von An­fang an überlegen durch seine Fähigkeit der list, diese macht ihn immun gegen jede Krise.“15

Tatsächlich geht der Stricker noch einen Schritt weiter und dreht das klassi­sche Gattungsprinzip in seinem Roman um:

Nicht der Protagonist, sondern der Artushof wird im Daniel mit Strukturelementen des Doppelwegs in Beziehung gebracht und auf diese Weise maßstäblich fixiert. Und nicht Daniel, sondern der Artushof ist es, der in diesem Roman in eine Krise gerät, die ihm beinahe die Existenz kostet.16

Eben diese Krise tritt, analog zur Krise im klassischen Artusroman, erst in Er­scheinung, als bereits alles gewonnen scheint. Erneut ist Daniel der einzige, der König Artus und damit die arthurische Weltordnung retten und somit den Untergang des Guten verhindern kann. Der Artushof und mit ihm die gesamte christlich-höfische Welt sind „von der Souveränität des Protagonisten“17 völlig abhängig.

Im Wigalois erfährt der Artushof keine konkrete Bedrohung, dafür jedoch die höfische Welt, deren Schutz wiederum Aufgabe der arthurischen Ritter ist.18 Anders als beim klassischen Artusroman reitet der Held nicht los, um aventiure zu finden und sich durch ihre Bewältigung als für die Tafelrunde ge­eignet zu beweisen. Stattdessen kommt die aventiure zum Artushof. Nach ein­dringlicher Bitte des jungen Wigalois an König Artus (1769-1786) gewährt dieser dem unerfahrenen Ritter, die aventiure anzunehmen. Ab seinem Auf­bruch vom Hof bezeichnet die âventiure hol [n] (1797) ausschließlich das ei­gentliche Ziel: Die Befreiung der Stadt Glois von Roaz. Das wird auch durch die konsequente Verwendung des bestimmten Artikels evident.19 Einher mit der Vertreibung des Teufelsbündners aus der Stadt geht dabei notwendigerweise die Befreiung des dazugehörigen Landes Korntin in der zweiten aventiure -Se- quenz; das Böse muss vollständig eliminiert werden. In der Gegenwelt warten einige Kreaturen und Apparaturen auf den Helden, die einerseits seine Bereit­schaft, in den Tod zu gehen (4222-7), und andererseits seine Gottestreue (4343-7) einer Bewährung unterziehen.20 Im Umkehrschluss dienen die rein ritterlich-höfischen Bewährungsproben der ersten aventiure-Sequenz, die Wi­galois auf seinem Weg nach Korntin begegnen, nicht der Wiederherstellung der arthurischen Ordnung, sondern formen Wigalois' Persönlichkeit21, bestä­tigen seine Eignung als Ritter und Erlöser und bringen ihm ere ein.

Die in beiden Romanen zu konstatierende Einbeziehung des Artushofs in die Handlung ermöglicht die Ausstattung des ehemals utopischen Fluchtpunkts mit negativen Zügen.22 Zugleich muss sich die „Idealität ganz in den Helden zurückzieh[en]. Er verwandelt sich in einen krisenlosen Träger von Nor- men.“23

Logische und beinahe schon zwangsläufige Konsequenz aus der Perfektion und Idealität des Helden ist seine „Stilisierung [...] zum arthurischen Legen­denheiligen“24, zum miles christianus. Nur als Gottes rechte Hand bzw. als sein Werkzeug hat der Held die Berechtigung, die göttliche Ordnung25 wiederher­zustellen.

3. Die Helden

Der gemeinsame Nenner der nachklassischen Artusepik ist die scheinbar voll­kommene Idealität des Helden und, damit notwendigerweise einhergehend, das Fehlen der Krise. Gawein, der „vollendete Vertreter der arthurischen Idealität“26, ist daher prädestiniert dafür, als Wigalois' Vater und Leitfigur auf­zutreten. Der Sohn übertrifft den Vater sogar noch, wie durch die Tugendstein­probe (1489-1517) bereits antizipiert wird. Daniel wiederum trägt einen bib­lischen Namen, den des Propheten aus dem Alten Testament, und evoziert da­mit divergierende Meinungen in der Forschung.27 Für Mertens ist Daniel „kein ritterlicher Kämpfer [...], sondern ein Mann des Gottvertrauens und der [welt­lichen] Klugheit.“28 Näher untersucht werden im Folgenden die doch unter­schiedlichen Motivationen der beiden Protagonisten sowie ihre Darstellung als Gotteskrieger.

3.1 Motivation der Helden

Wichtig für das Verständnis, warum der Held überhaupt die âventiure erstr[i]ten (Wig., 7936) will, ist seine Motivation. Interessanterweise ist im Da­niel zum Zeitpunkt der Matür-Fehde ein Teil von König Artus' Gesellen nâch âventiuregeriten (979). Daniel selbst hingegen will zwar von [Matürs] handen / dulden schaden oderfromen (1010-1), reitet aber nicht explizit nâch âventi- ure. Die exclusio des aventiure -Begriffs korrespondiert mit der Andersartigkeit der bevorstehenden Aufgabe, die nur vom Artushof als Ganzes bewältigt wer­den kann.29 Die Untersuchungen in vorliegender Arbeit beschäftigen sich je­doch primär mit Daniels alleine durchgeführten Erlösungstaten, die sich unter dem aventiure-Begriff subsumieren lassen.

Hauptmotivation der Helden ist der Erwerb von guot und die Erhaltung der durch die Aufnahme in die Tafelrunde (Wig., 1629-30, Dan., 388-9) bereits vor der aventiure -Fahrt gewonnenen ëre.30

Wigalois legt zusätzlich großen Wert darauf, als riter mit dem rade (3103) weithin erkannt zu werden und gesellschaftliches Ansehen zu erwerben31: ich wil verdienen der besten gruoz/ und daz man mich erkennen muoz, / od ich ver- liuse mfnen lip (1355-7) . Die initialen Gründe jedoch, warum Wigalois seine Mutter Florie und das Feenreich für immer verlässt und zum Artushof kommt, sind einerseits der Wunsch, seinen Vater Gawein zu finden, und andererseits sein Gefühl der ,Unfertigkeit'32. Letzteres dürfte mit seinem jungen Alter und seiner Unerfahrenheit33 zu tun haben. Erst nach seiner .Fertigstellung', nach­dem er seine persönlichen Bewährungsproben erfolgreich abgeschlossen hat, erfährt Wigalois, dass er seinen Vater bereits kennt34 (4792-4804). Im Ver­gleich dazu spielt die Abstammung Daniels eine untergeordnete Rolle.35 Da­niel kommt allein um der ere willen an den Artushof: ich quam umb anders niht her/ wan daz ich iuwer huldeger (339-4).

Während Daniel von Anfang an aus altruistischen Beweggründen handelt - auch, wenn diese mit dem Ziel der Gewinnung höchster ere verknüpft sind36 -, zeigt sich eine solche Bereitschaft zur Aufopferung für andere bei Wigalois erst in Korntin. Auf seiner Bewährungsfahrt handelt er egoistisch37, sein primäres Ziel ist die Demonstration seiner ritterlichen Fähigkeiten und seiner Eignung für die Haupt- aventiure. Dass Wigalois dabei auch anderen hilft und die ere des Artushofs hochhält, ist zwar stets gewährleistet, aber nie primäre Intention.38

Nachdem Wigalois keine ungeschliffenen Stellen mehr aufweist, erfährt er endlich von Nereja, wie er der werlte lop erringen soll (3620-726). Die Kulti­vierung der ere tritt als Teil der ohnehin präsupponierten höveschen zuht in den Hintergrund. Als Wigalois üf [Laries] hüs ze Roimunt (3755) eintrifft und die dort verweilende Prinzessin zu Gesicht bekommt, tritt die Minne als neues Movens hinzu. Vielmehr wird Wigalois von ihr wehrlos überwältigt: Vrou Minne nam in mit ir kraft / und zoch in in ir meisterschaft /gewalticliche âne wer (4153-5). Die Personifizierung der Minne und der Topos der Minnegefan­genschaft 39 waren allerdings gängig in der Literatur und sind keine Signifi­kanzsignale.40 Dennoch hat die Minne hohes Gewicht für Wigalois, da sie die irdische Motivation des Helden und damit zugleich eine individuelle Kompo­nente repräsentiert41. Der Gedanke an Larie spielt, wenn auch nur punktuell und leidenschaftslos42, an entscheidenden Stellen eine Rolle.43

Eming führt aus, dass für die Prinzessin nicht die Minne an erster Stelle stehe, „sondern der .Wert', den Gwigalois für Larie hat: seine Bereitschaft, für sie in den Tod zu gehen.“44 Eine Analogie zum aus der Minnelyrik bekannten Frau­endienst drängt sich förmlich auf.45 Wigalois, einmal der Minne verfallen, hat keine Möglichkeit mehr, die unter Umständen tödlich endende aventiure ab­zulehnen. Er muss seiner Herrin, entsprechend dem Vasallendienst, uneinge­schränkt dienen. Hahn stellt außerdem ein berechnendes Kalkül seitens der aus Korntin verstoßenen Larie fest, die Nereja aufträgt, ihren Helden „auf den Minnepreis [...] scharf [zu machen], um ihn zusätzlich zu motivieren“46:

Nu berieten sich die drie,

diu schöne Lârie,

ir muoter und diu selbe maget

diu in diu mxre hetgesaget,

wie man den riter enpfienge

daz er dâ von gevienge

guoten willen in den tot. (4055-61)

Untergeben macht Nereja dem Helden die tödliche aventiure schmackhaft: sus begunde si in wetzen / unde reizen üf den tot (3824-5). Der Erzähler wiederum relativiert die psychische Manipulation des stolzen und suggestiblen jungen Ritters sogleich wieder: des was ir weizgot vil unnot, / wand er pflac solher man- heit/daz sin lip was bereit (3826-8). Darüber hinaus ist Larie von gottgemach­ter Schönheit und geliutert als ein spiegelglas (4128-35). Emings These, dass Wigalois „in gewissem Sinne in eine Falle gegangen“47 sei, kann daher nur be­dingt zugestimmt werden. Hinzu kommt, dass ein Ritter eine einmal angenom­mene aventiure auch beenden oder sterben muss.48 So gesehen dient die Minne nicht dazu, den Helden nâch âventiure zu bringen, sondern ihn die aven- tiure erfolgreich bestehen zu lassen.

In diesem Zusammenhang anzusprechen ist auch noch das Brot, das dem Helden von seiner geliebten Larie mitgegeben wird. Als Symbol ihrer Minne49 verleiht es muot (4475) und beweist ihm, nachdem er aus der vom Drachen Pfetan verursachten Ohnmacht aufwacht, dass er sein Ritterdasein nicht nur geträumt hat (5837-57). Darüber hinaus bewirkt der Gedanke an Larie (7581­95), dass der heiden [Roaz] von dem gaste / eine wunden in ein bein enpfie / diu im an daz herzegie (7596-8).

Daniel zeigt sich im Kontrast dazu unbeeindruckt von der Minne. Sie ist zu keiner Zeit handlungsprägend für ihn.50 So wird dem Protagonisten vor und nach seinem Sieg über den Zwerg Jurân das Herzogtum von dem Trüeben Berge samt juncfrouwe angeboten, er lehnt jedoch ab (1751-73). Eine Heirat scheint vor Erledigung der Ziel-aventiure nicht in Frage zu kommen, Daniel habe sich laut Moelleken „noch nicht verwirklicht“51. Zwar gewinnt der Held nach dem Sieg des Artushofes über Matür guot und frouwe (6262-67), es scheint ihm aber nie primär darum zu gehen. Seine Motivation begrenzt sich auf den „ent­schiedene^] Wunsch, durch seinen persönlichen Einsatz die Gefahr für das Artusreich bereits im Vorfeld abzuwenden“52 und dadurch seine ere auszu­bauen.

Auffällig ist, dass Daniels triuwe gegenüber dem Artushof immer wieder auf die Probe gestellt wird. Das erste Mal ist dies der Fall, als Daniel auf den zwei­ten Riesen trifft. Plötzlich befindet er sich in einer zunächst ausweglosen Situ­ation: Um Matür wie geplant zu besiegen53, muss er an dem Riesen vorbei, des­sen Haut von nichts durchtrennt werden kann (768-70, 1054-55). Daniel ent­scheidet sich natürlich für den Ehrentod: ich wilgernerminen lip / frümecliche komen abe / denn ich in mit schanden iemer habe (1078-80). Doch sein Ritt in den Tod wird von der Juncfrouwe von dem Trüeben Berge verhindert, die ihre Befreiung von dem Zwerg Jurân erbittet. Der Appell an Daniels erbaermde und damit an seine humilitas54 zeigt Wirkung und der Held entscheidet, die ere- bringende Erlösungstat zwischenzuschieben.55 Vergleichbare Schemata, in denen Daniel sich zwischen ere und schande entscheiden muss, finden sich auch bei der büchlosen - und der siechen-aventiure.56 Doch der Protagonist er­liegt zu keinem Zeitpunkt der Versuchung, sein eigentliches Ziel, Cluse, zu­gunsten des schnellen Glücks aus den Augen zu verlieren.57 Da es bis zu Ar­tus' Eintreffen noch dauert, kann Daniel die Zeit nutzen und durch sere rehtiu werc (1412) den drei juncfrouwen und dem grâven von dem Liehten Brunnen aus ihrer not helfen.

[Die] drei [...] unabhängig anmutenden Entscheidungen [zugunsten der Rettung der juncfrouwen] entpuppen sich als Stationen eines gedanklichen Prozesses, der in Da­niels Erkenntnis kulminiert, daß sich die ritterliche Tat primär auf den Dienst am ande­ren auszurichten hat, selbst unter Einsatz des Lebens. Hier liegt die wahre Bewährungs­probe für den Artusritter.58

Dass Daniel richtig handelt, zeigt sich vor allem auch durch eine Errungen­schaft, die der Held im weiteren Verlauf noch dringend brauchen wird: Jurâns alles durchschneidendes Schwert.59

Damit erhalten die aventiuren die Funktion einer argumentatio: Sie beweisen, dass man mit willige[m] muot (26) lop und ere bejagen (23) kann, wie der Stri­cker im Prolog verkündet.60

3.2 Der Held als miles christianus

Sowohl für Wigalois als auch für Daniel werden in der Forschung Charakteris­tika eines Legendenheiligen61, eines miles christianus62, aufgerufen. Doch nicht alle in der Forschung gegenwärtigen Begriffe beschreiben die Helden zutref­fend.

Wigalois wird bereits von Kindertagen an als nahezu perfekt dargestellt: âne missewende / lebt er in siner kindheit (1247-8) und dazgelücke was im ie bereit (1382). Außerdem gap im got in siner jugent / scheinen lip und ganze tugent (1244-5). [D] ie gâbe ouch an in suochten, / den gap er als in tohte (1251-2). Wigalois' Schwertleite findet am Pfingsttag statt (1642-4) und bei seinem ur- loup in den tot (1850) wünschen man unde wip (1843) ihm Glück: herre, got, nü bewar/dem riter sinen schoenen lip! (1840-1).

Es folgen die ersten fünf aventiuren, die sich durch rein ritterlich-höfische Kämpfe auszeichnen und Wigalois' Eignung für die Gegenwelt herstellen. Bis zu diesem Zeitpunkt setzt Wigalois zwar schon auf gotes kraft (2824) und be­tet zum himels keiser (3936), die Gottgewandtheit bleibt aber auf dem Niveau dessen, was auch in klassischen Artusromanen üblich war.63 Der Aufenthalt des Protagonisten in Roimunt stellt schließlich einen Wendepunkt hin zur in­tensiven göttlichen Ausrichtung dar.64 Bereits bei seiner Ankunft begrüßen die Leute den Helden ehrfürchtig; alle scheinen sich darüber einig zu sein, dass Wigalois derjenige ist, der als instrumentum Dei65 den Usurpator Roaz vertrei­ben wird:

si sprâchen alle ,ist er daz

[...] der uns daz reine lant

erledigen sol ze Korntin?

der sol hie willekomen sin

uns allen ze troste!

[...]

der âne meisterschaft

die werlt alle werden hiez

und der den vâlant verstiez [...]

er warf in in der helle pfuol:

also müez vallen von siner hant

der heidnische vâlant [...]' (3982-4003)

Hier heißt es ganz klar, dass Gott, der bereits den Teufel aus dem Himmel­reich verstiez, derjenige sein soll, von dessen Hand der heidnische vâlant Roaz vallen wird. Wigalois fällt dabei entsprechend die Rolle eines Repräsentanten der Exekutive zu: Er führt als Vollstrecker unter Gottes Geleit aus, was ipso iure notwendig ist, um die göttliche Weltordnung wiederherzustellen.66

Wigalois selbst jedoch ist der Minne zu Larie vollständig verfallen und scheint deshalb bereitwillig zu akzeptieren, dass seine Tage als freier Tugend­ritter gezählt sind. Er ist plötzlich nicht mehr der heldenhafte Hoffnungsträger, der nâch aventiure reitet, sondern wird als todgeweihte menschliche Waffe für Gottes Plan instrumentalisiert.67 So bittet der Held vor dem Kampf gegen Pfetan nicht nur um Gottes Hilfe, er erkennt auch seine Rolle als Gottes Werk­zeug an68: du solt den tievel vellen (5084).

Doch auch wenn Wigalois bevorstehender Tod mehrmals prophezeit wird - so beispielsweise besonders prominent, wenn dem Krieger ein samit der was rot als Todesmal an den Speer gebunden wird (6151-4), oder wenn vor dem Kampf gegen Marrien eine Stimme seinen Tod beklagt (6910-7) - zeigt der Held stets eine unbeirrbare Entschlossenheit und Risikobereitschaft.69 Cormeau konstatiert gar einen dem Heldentypus implizierten „latenten Opti­mismus“70, der die linear ansteigende Gefahr beinahe schon relativiere, zumin­dest aber ins Paradoxe übersteigere.71

[D]aß Wigalois stellenweise als prädestinierter Befreier erscheint, hat die Wirkung, daß an Wigalois von Anfang an eine Erwartung geheftet ist, die das Ziel nur bestätigt. Weil die Aventiure nicht nur durch das subjektiv Mögliche, sondern mit durch göttliche Bestimmung determiniert ist, ist der Ausgang weniger offen, durch eine stärkere Er­folgserwartung als die sonst latent vorhandene eingeengt.72

Der weniger offene Ausgang, den Cormeau aufzeigt, wird von Wigalois' Wahl desgelückes rat (1047) als sein Wappen bekräftigt. Es antizipiert nicht nur die Radkonstruktion Roaz'73, die vor Glois überwunden werden will, sondern es symbolisiert auch das Rad der Glücksgöttin Fortuna und damit die Aufforde­rung, sich der göttlichen Lenkung vorbehaltlos zu überlassen.74 Mehrfach wird Wigalois als mit göttlicher sxlde gesegnet und als der sxlden kint (6883) aus­gewiesen.75 Bestärkend tritt die Aussage der Seele König Lars hinzu, wenn sie Wigalois seinen göttlichen Auftrag erläutert: nu hât dich got hergesat/ daz du uns erledigen solt (4701-2). Einhergehend wird dem Helden auch sein Sieg über Pfetan prophezeit: du erslehst den wurm, daz ist wâr (4777).

Schiewer formuliert die durch „die Signatur permanenten Glücks“76 ausge­schlossene Fehlbarkeit des Protagonisten als „Exorbitanz und Omnipotenz“77 und erkennt eine selbsterfüllende Prophezeiung in Wigalois' aventiure-Weg. 78

Einen zweiten Wendepunkt stellt Wigalois' Ohnmacht nach dem Kampf ge­gen Pfetan dar.79 Obwohl der Held von der Seele Lars weiß, dass er seine kraft im Kampf verlieren wird (4778-80) - seine Ohnmacht also Teil des göttlichen Plans und notwendig für den weiteren Weg ist - , empfindet er seine missliche Lage als Gottes Strafe80: dar zuo lid ich den gotes zorn (5857). Während Fuchs und Kern nach der Ohnmacht keine Änderung in der Attitüde des Helden fest­stellen wollen81, konstatiert Henderson eine „Einsicht des Helden in eigene De- fizienz und Verfehlung, die es in der folgenden Aventiurekette auszugleichen gilt.“82 Beifuss schließt sich dieser Interpretation an und schlägt vor, Wiga­lois' Ohnmacht als Demonstration der göttlichen Allmacht und Gottes War­nung vor superbia zu sehen.83 Eine solche Warnung vor Übermut scheint bitter nötig; Wigalois muss vor sich selbst geschützt werden, um Korntin zu überle­ben. Was die Rezipierenden längst wissen, muss der Protagonist erst schmerz­lich lernen: diu âventiure / was so ungehiure, / swer si wolde erwerben, / daz der dâ müese ersterben / ezn wolde got dan understen (2455-9).

Ein ähnliches Exempel statuiert Gott erneut an Wigalois in der Ruel-Episode:

do si daz swertgegen im swanc,

don het er des deheinen [ge]danc

daz er iht lenger solde leben,

het imz got niht gegeben.

des genâde ist niht gelich;

daz erzeiget er aller tägelich.

er nidert hoch gemüete; (6465-71)

Auch hier soll der Held lernen, dass - zumindest in der Gegenwelt - nicht vollkommene ritterliche Fähigkeiten entscheidend sind, sondern einzig und allein die triuwe zu Gott.84 Doch auch nachdem Gott den Protagonisten in gan­zen zwivel stiez (6480), um ihn anschließend wieder zu erlösen (6487), kommt Wigalois nicht auf die Idee, Gott zu danken. Es findet erneut keine „religiöse Umkehr des Helden“85 statt. Stattdessen freut er sich, sein Schwert - und damit das, was ihn hauptsächlich definiert: seine manheit und hövescheit86 - wieder­zuhaben: , o wol mich, swert, daz ich dich hân!' (6514).

Jeglicher zwivel an Gottes Gnade und Allmacht scheint erst zu erlöschen, als Wigalois sein Schicksal vollständig in Gottes Hände gibt (6856-8) und sich auf der Brücke vor dem Wasserrad schlafen legt, nachdem er darauf - am Höhe­punkt seiner Laufbahn87 - von Gott gefangengesetzt wird (6815-6). Es scheint kein Zufall zu sein, dass sein Fall gerade vor dem Rad stattfindet, dem Symbol der sxlde und der Fortuna, das der riter mit dem rade selbst im Wappen führt, dem er aber nicht die nötige Achtung schenkt.88 Monologisch gesteht der junge Ritter sich ein, dass sein Schicksal allein von Gott determiniert wird:

,noch mac min wol werden rât:

wes got mit mir gedâht hât,

daz muoz benamen doch geschehen;

ich wil ouch im des sieges jehen.

war umb gehabe ich mich niht wol?

wan swaz mir geschehen sol,

dazn mac doch niemen understën.' (6834-40)

Signifikant ist an dieser Stelle Wigalois' Formulierung ,des sieges jehen'. Sie impliziert einen vorausgegangenen Kampf, gerade so, als habe Wigalois sich für erhaben über Gott gehalten oder zumindest seine Abhängigkeit vom All­mächtigen in Frage gestellt. Eine solche, höchste Form der superbia stünde freilich der in der Forschung konstatierten und vom Erzähler postulierten Vollkommenheit und Idealität des Helden sehr kontrastiv gegenüber. Hender­son stellt in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit Wigalois sich seiner gottgegebenen sxlde und der ihm widerfahrenen Gnade bewusst sei.89 Es scheint nicht zu weit hergeholt, diese Frage damit zu beantworten, dass die Gefangenschaft auf der Wasserradbrücke den eigentlichen Wendepunkt im Hinblick auf die Gesinnung des Helden darstellt und dieser sich erst dort sei­ner bisherigen Verfehlung bewusst wird, „rechte[r] religiöse[r] Gesinnung [...] nicht den ihr gebührenden Platz ein[ge]räum[t zu haben]“90.

Rechtzeitig ab dem „Eintritt in das Reich des Teufels“91 ist der Held endlich bereit; er hat auch die letzten zwivel abgelegt. Beim Kampf gegen Roaz - und dem Zurückdrängen des Teufels kurz vorher - zeigt sich deutlich, dass für Wi­galois die Bezeichnung als miles christianus absolut angemessen ist, auch wenn der Held seine rechte Gesinnung erst finden musste.

Noch einmal betont wird dieser Umstand im Hinblick auf die Analogie, die zwischen Wigalois und Roaz beobachtet werden kann. Während Wigalois im Auftrag Gottes in den Kampf zieht, wird Roaz von einem tievel begleitet, dessen Unterstützung er zu bekommen glaubt, der aber letztlich nach Roaz' Seele trachtet (7325-33). Beide Krieger sind ausgesprochen höfische Ritter, nur ha­ben sie antagonistische Ziele und Auftraggeber.

Darüber hinaus korrespondieren der miles christianus und der miles diaboli- cus aber auch miteinander: Die Lanze, mit der Wigalois den Drachen töten kann, besteht aus dem gleichen Stahl wie Roaz' Helm (7379-84).92 Roaz' Wappen wiederum, ein Drache (7358-91), verknüpft ihn mit Pfetan auf metonymische Weise, obgleich der Teufelsbündner den Drachen selbst fürch­ten muss.93 Beide Kämpfer und ihre Schicksale sind so stark miteinander ver­woben, dass die Grenzen zwischen Gut und Böse in Ambivalenz zu verschwim­men scheinen.

Ein Kampf gegen den Teufel, der Roaz begleitet, bleibt Wigalois jedoch er­spart. Er tet daz kriuze dâ vür sich (7268) und hat außerdem einen Segen­spruch, den Schutzbrief94, an seinem Schwert. Beides sorgt mittelbar dafür, dass der Teufel sich ihm nicht nähern, die göttliche Beschirmung nicht durch­brechen kann: do was gewarnet der junge man mit einem brieve, der im wart gestricket an siner vart umb sin swert mit gebet, und mit dem kriuze, daz er tet vür sich do er zem tor in gie dâ von getorste der tievel nie zuo im komen nâher baz. (7334-41)

Ein solch mächtiger Schutz durch Gott kann wohl nur einem echten miles christianus zuteilwerden. Wigalois folgt „einem ihm vorbestimmten Weg [und muss] das ihm Vorgegebene durchstehen“95. Dennoch kann er weder als Le­gendenheiliger96 noch als passiv leidender Held97 bezeichnet werden.

Das wird evident in der Tatsache, dass Wigalois den tievel nicht sehen und ihn folgerichtig nicht bekämpfen kann (7317-25). Dem Protagonisten kann deshalb keine Heiligkeit zugesprochen werden, wie Hammer darlegt:

Da der Heilige in direktem Kontakt mit der Sphäre des Göttlichen steht, sind die Kräfte­verhältnisse eindeutig. Der Teufel kann zwar Menschen oder Tiere unter seine Kon­trolle bringen, hat sich aber der göttlichen Vormacht zu fügen, die der Heilige nicht bloß repräsentiert, sondern die durch ihn unmittelbar wirkt. Höllische Kräfte müssen ihm gehorchen und er ist vielfach der Einzige, der sie auch unmittelbar wahrnehmen kann.98

Doch auch passiv leidend ist Wigalois nicht. Wenn Schulz schreibt, dass Wi­galois zwar der Einzige und Erwählte sei, es aber „auf Gottes Eingreifen in ei­nem Maße ankommt, das es völlig gleichgültig macht, wessen er sich als Werk­zeug bedient“99, dann lässt er außer acht, dass der eigentliche Kampf ein rein ritterlich-höfischer unter zwei ebenbürtigen Kriegern ist. In diesem wie in al­len anderen Kämpfen sind exorbitante ritterliche Fähigkeiten obligatorisch, sodass die Wahl des Kämpfers keineswegs beliebig sein kann. Auch Passivität muss dem Helden demzufolge abgesprochen werden.

Genauso wenig passiv leidend und ebenso kein Legendenheiliger ist der Rit­ter von dem blühenden Tal. Im Daniel wird der Gottesbezug des Titelhelden bereits durch den biblischen Namen hergestellt und seine Idealität sowie seine primäre Kampfstrategie antizipiert. Die Idealitätsmerkmale des Helden wer­den im Roman noch deutlicher, der Gottesbezug jedoch weniger deutlich ex­pliziert als im Wigalois.

Es sei zunächst noch einmal auf Daniels Namen eingegangen, der auf den bib­lischen Propheten rekurriert. Die Wahl des Namens bietet dem Stricker hin­sichtlich der Authentizität seines Helden einige Vorteile: Zum einen werden zu dieser Zeit die Geschehnisse der Bibel als historisch aufgefasst und beanspru­chen absolute Glaubwürdigkeit.100 Die Bibel insgesamt stellt als Bericht über wichtige Geschehnisse eine historia dar.101 Damit rekurriert der Name des Ar- tushelden auf eine .historische' Person und wird durch die höchste Glaubwür­digkeit der Heiligen Schrift legitimiert.102 Zum anderen ist Daniel, der Prophet aus dem Alten Testament, „ein populäres Beispiel herrscherlicher Weisheit, die Hinterlist nicht ausschließt.“103 Ein solcher Anknüpfungspunkt an die list, die das gesamte Werk des Strickers durchzieht und wesentliche Bedeutung für dessen Struktur hat104, erscheint prädestiniert, da die hinterlistigen Handlun­gen des alttestamentlichen Daniels einen hoch anzusetzenden Legitimations­wert für die listreichen Handlungen Daniels von dem blühenden Tal darstellen.105 Pingel weist außerdem nach, dass „Daniels list [...] mit den Grundsätzen [der] christliche[n] Weltanschauung überein[stimmt]“.106

Den Erwartungen, die der Name des Protagonisten bei den Rezipierenden evoziert haben dürfte, wird auch die histoire gerecht. Korrespondierend mit der Charakterisierung der Gegner als der Teufelswelt zugehörig wird Daniel unmissverständlich als Bote Gottes dargestellt107: er sprach: ,sit wilkomen gote, / ir sit benamen sin bote, / er hât iuch hergesant (4827-9). Doch im Gegensatz zu Wigalois ist Daniel von Anfang an bewusst, dass er auf Gottes Hilfe ange­wiesen ist und sein Schicksal in Händen des Schöpfers liegt.108 So richtet er sich mit folgenden Worten an die verzweifelte Herzogstochter von dem Trüe- ben Berge:

,frouwe, getrüwet ez gote

daz ich mit sinem gebote überwinde daz twerc.

got minnet so sëre rehtiu werc

daz ir gewis muget wesen,

wir sullen wol vor im genesen.' (1409-14)

Auch sein Verhalten sieht Daniel, der besten ritter ein (360), in Abhängigkeit von Gottes Gutdünken: sol ich iuch iemer mër gesehen, / daz muoz harte an got stân. (1982-3). Den Sieg über die büchlosen versteht Daniel primär als Werk Gottes: uns hât got dâvon erlost. /des sullet ir im gnâde sagen. (23 1 0-1).109 Die grxvin von dem Liehten Brunnen wiederum schreibt den Sieg Daniel zu und preist dessen Weisheit: er überwindet wol swaz er will. /siner wisheit der ist vil. (2349-50).

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Daniel - genau wie Wigalois - auch ritterlich-höfisch kämpft. Vor allem der Kampf gegen Jurân, bei dem Da­niel noch nicht über das Wunderschwert verfügt, ist ein Kampf zwischen eben­bürtigen Gegnern: [...] Danielen und daz twerc. / die begunden manlichiu werc / beidiu sament wisen. (1631-3). Doch bereits ab der ersten aventiure ist der ritterliche Held dazu gezwungen, „- mit graduellen Unterschieden - unhöfi­sche Methoden der Auseinandersetzung an[zu]wenden, die durch die Ausnahmesituation und die übergeordnete moralische Zielsetzung jedoch le­gitimiert sind.“110 Auch bleibt ere Daniels oberstes Prinzip. Unhöfische Anwen­dung von list wird vom Stricker als wisheit legitimiert, sofern sie zur Überwin­dung überirdischer Gegner erforderlich ist.111 Vor allem seine wisheit sorgt da­für, dass Daniel nichts fehlschlägt. Er ist von Anfang an perfekt und ideal112 und weist initial keine Makel in der triuwe zu Gott oder der höveschen zuht auf. „Als Überwinder der superbia seiner Gegner steht Daniel in der Nachfolge von Christus, ist Erlöser und exemplarischer Vertreter der humilitas.“113 Zum Ver­gleich: Im Wigalois ist Gott derjenige, der superbia verurteilt und hoch gemüete nidert; und zwar bei Wigalois.

Einen letzten Aspekt, der Daniel als miles christianus ausweist, stellen seine Befreiungstaten dar. Daniel erlöst drei kleinere Reiche von deren Usurpatoren, in allen Fällen handelt es sich entsprechend der mittelalterlichen Rechtsauf­fassung um den Tatbestand der unrechtmäßigen Fehde.114 Daniel stellt die arthurische - und damit die göttliche - Ordnung wieder her115, indem er die juncfrouwen aus ihrer not erlöst und den Zwerg, die Kopffüßler und den glatz­köpfigen siechen beseitigt. Der Held tritt „in erster Linie als Restitutor des Rechts auf, der seine Taten aus gesellschaftlichem Verantwortungsgefühl und dem Pflichtbewußtsein zu sozialer Hilfeleistung vollbringt“116: was lones wxre ich darumbe wert/ daz iuwere viende ligent tot? / diz ist mir selber also not / als iu und iuwern liuten (2302-5). Doch erst nach erfolgreichem Abschluss der Haupt-aventiure, der Vergeltung der unrechtmäßigen Fehde Matürs, und der anschließenden Besänftigung und rechtlichen Aufklärung des Riesenvaters sind Frieden und göttliche Ordnung wiederhergestellt.117 Daniels Befreiungs­taten machen ihn damit, ähnlich wie Wigalois, zum Vollstrecker des Rechts des ordo, zu einem instrumentum Dei. Kontrastiv zum Wigalois gibt es jedoch keine Hinweise darauf, dass Daniel von Gott auserwählt wurde, um göttliches Recht durchzusetzen. Er agiert lediglich unter Gottes wachendem Auge und kann sich, dank seines vorbildlichen Verhaltens und seiner Aufopferungsbereit­schaft für die Gesellschaft, der göttlichen Gnade sicher sein. Am Ende der Ro­mane steigen beide Helden zum rex christianus auf118 und stehen damit auf derselben Stufe wie König Artus.

4. Die Gegenwelt

Die Charakterisierung der beiden Helden als Exekutive der göttlichen Rechts­ordnung wird durch die Dämonisierung der Gegenwelt unterstrichen. Zusätz­lich erhält die höfische Welt mit ihren Werten und Normen eine affirmierende Kontur durch die Konstruktion einer antihöfischen Gegenwelt.119

Feiert [im höfischen Bereich] die Kommunität der Vortrefflichen ihre Gemeinsamkeit im Fest, so fällt die Gegenwelt in eine Vielzahl von Einzelgestalten und Einzelgängern auseinander. Hier der höfische Ritter, dort der ,unzivilisierte Wilde'; hier der vollkom­mene Körper, dort die häßliche Gestalt. Die zivilisatorische Ambition des Artushofes provoziert ihr Komplement einer .anarchischen' Welt. Die Vollkommenheit des Hofes bringt zwangsläufig ihr Gegenteil hervor.120

Doch die Gegenwelt ist kein vollständig geschlossenes System121 ; vielmehr überlagert sie die höfische Welt partiell122, wenn zum Beispiel ein Riese den Artushof aufsucht (Dan., 410-1) oder Wigalois einen magischen Gürtel aus dem Feenreich trägt, der ihn vor aller not (1366) schützen soll.

Besonders deutlich wird eine solche Überlagerung in der ersten aventiure Daniels. Der Zwerg Jurân ist, trotz seiner nichtmenschlichen Statur, ein ritter­lich-höfischer Kämpfer. Sein Handeln ist jedoch nur in Ansätzen höfisch. Zwar ist er dazu bereit, sein Wunderschwert abzulegen und gegen Daniel mit einem normalen Schwert ritterlich zu kämpfen, der Frauendienst (1662), dem er sich verpflichtet zu haben glaubt, ist jedoch nicht aufrichtig.123 So klagt die Herzo­gin von dem Trüeben Berge, die ihr Reich und ihre Unversehrtheit gefährdet sehe: ich müeze werden sin wip. /sit ichzso ungerne tuo, /ez welle mich twingen darzuo / daz ich ze jungste müeze / vallen für sine füeze (1312-6). Pure Ambi­valenz entfaltet sich damit in dem Zwerg, der als unhöfisches Wesen im höfi­schen Kampf seine unhöfische Motivation, die er selbst höfisch wähnt, zu be­friedigen sucht.

Auch der Teufelsbündner Roaz im Wigalois kann als korrespondierendes Beispiel angeführt werden. Er hat sich zwar in einer Burg in Glois verschanzt, das aufgrund vielfachen übermächtigen Schutzes ohne göttliches Zutun nicht betreten werden kann, ist selbst aber ein Ritter, der höfisch und ohne Hilfsmit­tel kämpft. Roaz hat sich jedoch mit dem Teufel eingelassen und war nur durch ihn in der Lage, das Land Korntin zu okkupieren: er hât durch sinen zouberlist / beidiu sële unde leben / einem tievel gegeben; der tuot durch in wunders vil: / er vüeget im allez daz er wil; (3656-60). Durch diesen unrechtmäßigen Eingriff in den ordo hat der ungetriuwe man (3683) sich der superbia schuldig ge­macht124, als imz sin herre der tievel riet (3669). Dadurch wird der Usurpator zum instrumentum diaboli.

Roaz ist in seiner Ambivalenz, die auch in der Topografie der Burg von Glois deutlich wird,125 „keine eindeutige Personifizierung des Teufels“126. Der Text spricht lediglich von der heiden (3667). Nichtsdestotrotz ist Roaz auch nicht vollständig menschlich, sondern michel als ein gigant (7354). Seine treulose Seele ist damit nach außen hin sichtbar. Es spielt keine Rolle, ob Gegner gute und böse Seiten vereinen oder „eindeutig negativ gezeichnet sind, [...] sofern sie sich mit den Teufeln eingelassen haben.“127 Roaz kann aufgrund seines vil grozen übermuot[s] (4003) nicht mehr in die höfische Gesellschaft reintegriert werden: Roaz was verstolen dan /zehant von der tievel schar (8136-7).

Die genannten Beispiele zeigen: Es kann nicht von einer eindeutigen Dämo­nisierung der Gegenwelt die Rede sein. Vielmehr kommt es „zu einer merk­würdigen Ambivalenz der Erscheinungen: [...] Im Negativen scheint etwas Po­sitives zu stecken, im Dämonisch-Gefährlichen gibt es etwas Lichthaftes.“128 Die „Züge einer civitas diaboli“129 sowie die Anklänge einer Höllenfahrt in Korntin130 sprechen dennoch eine eindeutige Sprache, die die Gegenwelt ins Dämonische rücken zu wollen scheint.

Beide Helden - Wigalois und Daniel - sind und bleiben „höfische Ritter in einer ritterlichen aventiure“.131 Dennoch müssen sie, um das Böse zu überwin­den, das sich nur partiell im höfischen Raum zeigt, „in die Welt, die der arthu- rischen Idealität entgegensteht, hinabsteigen, um sie zu überwinden.“132 Es ist zwar richtig, dass die „quasi-purgatorische Topografie“133 Korntins nicht ex­plizit als solche denotiert wird, dennoch kann nicht die Rede davon sein, dass die lediglich über einen Assoziationsrahmen evozierten Anklänge einer Jen­seitsreise „seltsam funktionslos und oberflächlich“134 blieben, wie Hammer kri­tisiert. Schulz weist in Opposition dazu darauf hin, dass „nicht in jeder Szene [...] alle [...] Gegensätze entfaltet werden [müssen], um für die Korntin-Sequenz strukturelle Relevanz zu erhalten.“135

Hauptfunktion der Charakterisierung der Gegenwelt und ihrer Wächter als dämonisch oder teuflisch ist die Legitimation des arthurischen Ritters als miles christianus. Die Gegner, die mittels allerlei übermächtigen listen und kreften kämpfen, sind im Wigalois absolut unberechenbar und können nicht ohne die Hilfe Gottes bezwungen werden.136 Im Daniel sieht das freilich anders aus; dort macht der Held sich in jedem Kampf die Berechenbarkeit seiner Gegner zunutze und benötigt keine direkte göttliche Hilfe. Seine Listen wiederum be­dürfen - aufgrund ihres unehrenhaften Charakters - der Legitimierung durch Gott; einerseits vor den anderen Rittern und den Damen, andererseits vor den Rezipierenden. Eine solche Legitimierung kann ihren vollständigen Wert erst durch den Kampf gegen teuflische Mächte entfalten, weil erst dann der ritter­lich-höfische Kampf an seine Grenzen stößt, nicht mehr zum Sieg reichen kann und alternative Strategien auf den Plan rufen muss.

Im Einzelnen bestehen die Stimuli, die Assoziationen mit Dämonen oder dem Teufel evoziert haben dürften, aus intertextuellen Bezügen zur Bibel, Deskriptionen von Lärm und Stille137, hässlicher Physis oder überirdischer Zauberkunst, und - nicht zuletzt - der Zuweisung teuflischer Attribute und der faktischen Bezeichnung als tievel durch Figuren der Diegese oder durch den Erzähler. Das bedeutet konkret, dass die Gegenwelt nicht zu einer civitas dia- boli wird, weil sie explizit als solche bezeichnet wird, sondern dass die Summe ihrer Einzelbeschreibungen sie als Ganzes zu einer civitas diaboli macht.

Alle Gegner, die innerhalb eines unrechtmäßig usurpierten Reichs auftau­chen, - mit Ausnahme von Roaz - werden in direkten Bezug zum Teufel gesetzt. Seinen ersten Gegner in Korntin, den Drachen Pfetan, nennt Wigalois tievel (5084) und tievels bot (5079). Das Waldweib Ruel wird vom Erzähler tiuvelin (6379) und mehrfach tievels trüt (6443, 6452) genannt. Dasselbe gilt für den heidnischen Zwerg Karrioz; der Erzähler spricht auch über ihn als tievels trüt (6577). Das feuerwerfende Ungeheuer Marrien wird ebenfalls vom Erzähler als vâlant (6976) und tievel (7001) betitelt.138 Komparabel sieht es im Daniel aus: Die von dem büchlose[n] vâlant (2026) vertriebene frouwe von dem Lieh- ten Brunnen klagt über schaden unde spot/ von einem tifelsman (1878-9), den [...] der leidige tifel/ üz der helle gesant (1900-1) haben müsse. Der namenlose sieche habe durch des tiveles nit (4379), so die grxvin von der Grüenen Ouwe, ihr Land okkupiert. Kontrastiv zu Roaz wird der sieche nicht als instrumentum diaboli charakterisiert, sondern ist selbst ein Teufel: do begunde her keren / der tifel al sine kraft/ und ist hie worden sigehaft (4356-8). Alle neugeborenen Knaben hânt zehant den lip verlorn (4364), in hât des tifels gewalt /genomen allen den lip (4366-7).139

Untermauert wird der Teufelsbezug der Monster unter anderem durch ihre äußerlichen Erscheinungen. Hässlichkeit dient als Hinweis auf einen inneren Zustand der Sündhaftigkeit.140 Der sieche wird, in auffälliger Ähnlichkeit zum klassischen Teufelsbild, als kal unde rot (4383) beschrieben. Dem Kopffüßler ist daz houbetsogroz,/ez trüegen küme zwen man (1882-3). Er hat weder büch (1886) noch darme (1887), im ist bein und arme / gewahsen an daz houbet (1888-9). Damit weist der büchlose keine explizit dämonischen Attribute auf, ist aber dennoch weder menschlich noch tierisch und damit überirdisch.

Zusätzlich trägt die ungehiure (1897) Kreatur ein Medusenhaupt141, swenn [sie] die liute txten wil (1903).

Ebenso nicht explizit dämonisch ist das hässliche Erscheinungsbild Ruels (6347-6355) und Karrioz' (6601-11), die dafür beide übermenschliche Kraft aufweisen. Der Drache Pfetan, mit seinem zagel langen (5042), wird nâch wur­mes sit (5041) beschrieben (5028-42, 5055-74). „Eine auch nur entfernt ver­gleichbare Rolle höllischer Drachen, wie sie u.a. in den zahlreichen christlichen Jenseitsvisionen beschrieben werden, kommt Pfetan [...] jedoch nicht zu.“142 Dafür wird ihm - wie auch Karrioz (6716-7) und Marrien (7025-7) - die Fä­higkeit zu sehr lautem Brüllen attribuiert: do begunder lüewen sâ zehant/ daz der walt al erhal. (5101-2). Nicht zuletzt zeichnet den Drachen seine Quasi­Unbesiegbarkeit aus: man enmac in niht gesëren/mitgeschozze noch mit gëren; / ouch ist dehein gesmide / daz den wurm snide / wan diu glävie eine; (4769­73). Besagte glävie ist eine gottgesandte Lanze, deren Existenz nur Sinn macht, wenn Pfetan im Umkehrschluss der dämonischen Sphäre zugeordnet wird.143

Marrien, das Mischwesen144 aus Hundekopf, Menschenkörper und Pfer­derumpf (6934-48), weist mit seinem verzauberten Feuertopf den offensicht­lichsten Teufelsbezug auf. Das magische Feuer kann nur durch Blut gelöscht werden: von sinem bluote begunde / daz viur erleschen dâ ez bran (7010-1).

Nach Marriens Tod ruft eine Stimme Roaz zu: sit Marrien erslagen ist, / daz in aller sin list/ vor dem tode niht mohte ernern (7039-41). Die Feuermetaphorik „weist zurück auf die im Infernum umhergehenden Ritter, denen Wigalois ganz am Anfang in Korntin begegnete“145 und rekurriert somit auf das Feuer der Hölle. Mit der Blutmetaphorik ist das Blutvergießen konnotiert, das für den Sieg über das Böse notwendig ist146 und in der finalen Schlacht gegen Kö­nig Lion in Form eines angedeuteten Blutbades Wirklichkeit wird: daz bluot üf dem velde vloz (11109).

Ein echtes Blutbad, und damit das in der Literatur geläufige Motiv der Aus­satzheilung147, findet sich in Daniels siechen-aventiure: an der stat tote er hun­dert man / und also vil unz er gewan / bluotes eine bütene vol, / ez geviele in übel oder wol. / dar inne wolde er sich baden. (4421-25). „Das Motiv der Aus­satzheilung mit Blut ist [...] eng verbunden mit dem Motiv der Erlösung durch den Opfertod Christi; es ist ein religiöses Motiv“.148

Der Teufel und seine Dämonen können also in vielerlei Gestalt auftreten. In dieser Wandelbarkeit liegt ein distinktes Merkmal des Teufels; er steckt in je­dem Monster und kann selbst jedes Monster sein. Der Mensch wiederum, der sich nicht mit dem Teufel einlässt, kann seinen scheinen lip (Wig., 1245) nicht verbergen.149

5. aventiure-Bewältigung

Nachdem die beiden Protagonisten und die zu ihnen antagonistische Gegen­welt im Detail diskutiert wurden, folgt nun die Untersuchung der aventiure- Bewältigung. Im Fokus stehen dabei das göttliche Eingreifen, das sich mal ein­deutig, mal als .Zufall' bemerkbar macht, die Hilfsmittel, die den Artusrittern zur Verfügung stehen sowie im Kampf genutzte wisheit und list als Bewälti­gungsstrategie. .Zufall' und (un)erwartete Hilfe

Sowohl Wigalois als auch Daniel werden auf ihren aventiuren - ähnlich wie im Märchen - stets von Glück begleitet. Diese sxlde, die Wigalois gar implizit im Wappen führt, zeigt sich mehrfach als handlungsprägender Zufall oder als di­rektes respektive indirektes Eingreifen Gottes. Zusätzlich ist sie untrennbar mit der göttlichen Providenz verbunden. Im Mittelalter gibt es, unabhängig von seiner Konkretisierung, einen Konsens darüber, dass sowohl Gott als auch der T eufel omnipräsent seien und das Schicksal jedes Menschen in Händen des Allmächtigen liege.150

Gott, christliche Werte und damit einhergehend der christliche Glaube sind zumindest latent immer im Spiel, auch wenn sie nicht explizit genannt werden oder auf sie rekur­riert wird. [...] Ein gemäß dem Tugendkatalog handelnder Ritter ist damit sozusagen automatisch im Einklang mit Gott und dem christlichen Glauben, auch dann, wenn nicht expressis verbis darauf hingewiesen wird.151

Wenn Wigalois auf die Behauptung Graf Hojirs, er könne nur durch Gottes Hilfe überleben (2916-7), entgegnet: ez müez under uns beiden / got ze rehte scheiden; /dem wil ichs enpfelhen gar, / wand er nam ie des rehten war; / ân in kan ich nihtstriten (2919-23), dann weist er darauf hin, ohne Gott nicht kämp­fen zu können. Zusätzlich dürfte gemeint sein, dass der Held ausschließlich das göttliche Recht verteidigen, nicht aber für eine unehrenhafte und damit gott­lose Sache striten will.152 Der Graf hat unrechtmäßig einen Schönheitspreis entwendet, der Kampf gegen ihn ist damit der Kampf gegen ein Vergehen vor Gott. Derjenigen Seite im Kampf, die für die göttliche Ordnung steht, ist der Sieg deshalb sicher.

Auch Daniel kann sich, dank der vorbildlichen Verteidigung seiner ere sowie seinem altruistischen Einsatz für Land und Leute, Gottes Schirm sicher sein. „Wenn er wirklich einmal in Gefahr gerät, kommt ihm ein unverhoffter Zufall zustatten in Gestalt einer hilfebedürftigen Dame, die über alle zweckdienli­chen Informationen verfügt.“153 Weil got minnet so sere rehtiu werc (1412), entschließt sich Daniel stets zur Hilfe der Dame und nimmt den Kampf also sëre in sinen muot (1473). Diese bewussten Entscheidungen, die frouwen in ih­rem ungemach (1467) zu unterstützen, sind notwendig für den erfolgreichen Abschluss der Haupt-aventiure, da Daniel die dafür erforderlichen Hilfsmittel sowie die Gunst wichtiger Unterstützer erwirbt. Doch auch Daniels Entschluss, sieben Tage vor den anderen Artusrittern loszureiten, sorgt dafür, dass er ei­nerseits die nötige Zeit für die Zwischen-aventiuren hat und andererseits, dass niemand einschließlich ihm selbst durch die Hand des Riesenwächters sterben muss:

ez muoz ein groz heil wesen,

sol ich vor den genesen

die so getânen mort tuont daz sie nieman bestuont,

wan der den tot hât erliten.

ich bin ze fruo üz geriten.

owë! waere ich dâ heime noch! (1361-7)

Hervorzuheben ist die wirklich sehr glückliche Fügung, dass genau in dem Moment, als Daniel im Begriff ist, den Riesen herauszufordern (1075-114), die Herzogstocher von dem Trüeben Berge ankommt und ihm mit ihrer Bitte um Hilfe vor die Füße fällt. Sie erzählt Daniel: Swen got des siges dâ gewert, / dem wirt ein so getânez swert/ dâmit er wol erslüege / dise risen ungefüege (1301­4). Weil des herzogen kint (1224) so was überladen / mit herzeleit und mit scha­den (1351-2), und gleichermaßen durch die Aussicht auf Jurâns Wunder­schwert, nimmt Daniel die aventiure freudig an. Er wird gewissermaßen in seine aventiure-Kette umgeleitet.154 Trotz seiner Prächtigkeit ist der Artusheld also auf Hilfe von anderen und auf eine glückliche, göttliche Fügung angewie­sen.155 Die aventiuren sorgen letztendlich auch dafür, dass der kriselnde Ar- tushof die Möglichkeit zu seiner Selbstkorrektur erhält.156

Ein noch schicksalhafterer .Zufall', der im gleichen Zusammenhang gesehen werden kann, ist Daniels Gefangennahme im Zaubernetz in der aventiure zur Grüenen Ouwe, initialisiert durch den Verlust des grâven von dem Liehten Brun­nen. Daniels physische Ohnmacht wirkt sich gleich dreifach positiv auf das nachfolgende Geschehen aus. Erstens verdient sich der Ritter durch die Befrei­ung des Landes zur Grüenen Ouwe von dem siechen die Gunst der juncfrouwe (4856-61) sowie die Unterstützung von sechsundzwanzig Männern (4959-65) in der Matür-Schlacht: die ritter sprâchen alle do: /,er hât uns gemachet fro, / wir suln alle mit im dar / und sehen vil gerne wiez dâ gefar, / sit wir den lip von ime hân.' (4851-5). Zweitens kann Daniel erst durch die Solidarität der juncfrouwe auf ihre Dienste und das Zaubernetz zurückgreifen und sie zur Ge­fangennahme des Riesenvaters einsetzen: ir netze si bereite. / Daniel sie dar leite / dâ si ez setzen solde / und ouch vilgerne wolde (7407-9). Ohne das Netz wäre König Artus vermutlich nicht zu erretten gewesen.157 Drittens findet Da­niel seinen verloren gegangenen Gefährten, den Grafen, unter den vertorten (4455) Gefangenen des siechen wieder: er besach die guoten ritter gar / und daz er den grâven vant, / und hâte in vil schiere erkant (4746-8). Gesuchte und zufällige aventiure werden damit eins, intern und extern motivierte Ziele fallen zusammen und verstärken dadurch den Eindruck einer glücklichen Fügung und göttlichen Vorsehung.158

Alle diese glücklichen Zufälle, dazu zählt beispielsweise auch der grußlos vorbeireitende Ritter (2448-63), der seine Verfolgung durch den Grafen und damit dessen Verlust evoziert, wirken wie ,von oben' geplant und strategisch ausgelotet. Indem Daniel genau am Tag vor der prophezeiten, aber zeitgleich unmöglichen Heilung des siechen auftaucht, der ein Jahr lang in Männerblut baden musste, erscheint der Ritter „als der zur vorbestimmten Zeit gesandte Erlöser“.159 Daniel ist der Providenz unterworfen.160 Dietl stellt für den Wiga- lois den Vergleich mit einem Schachspiel her; dieser ist eins zu eins auch für den Daniel anwendbar:

Wie Providentia, so ist auch das Schachspiel nur ,von oben' als solches erkenntlich. Aus der Perspektive der Figuren ist die lenkende Hand nicht sichtbar. Diese Perspektive herrscht im Aventüreteil vor. Auch hier agiert Wigalois als Schachfigur der Providentia, aber aus der Perspektive der Schachfiguren selbst finden willkürliche Einzelkämpfe statt und herrscht Fortuna.161

Konkrete Hilfe in Form von direktem Eingreifen durch Gott, das auch expres- sis verbis als solches ausgewiesen wird, findet sich allerdings nur im Wigalois. Doch auch im Daniel gibt es zumindest adäquate Implikationen. So trägt es sich zu, dass dem Zwerg Jurân bei einem Schlag auf Daniels Helm sin swert enzwei brast (1665), gleich nachdem die Damen bâten got vil minnecliche (1656), daz er dem rehten stüende bi, / und es got enden wolde, / als er von rehte solde (1658-60). Fortan hat der durch die minne affizierte Zwerg keine reelle Chance mehr, gegen Daniel den Sieg davonzutragen.

In der Szene, in der Daniel von seinem Gefährten, dem grâven von dem Lieh- ten Brunnen, durch einen herabfallenden stein hartegroz (2484) getrennt wird, ist sogar von einem Wunder die Rede: hie muget ir wunder hxren / wie küme Daniel genas, / so nâhe im doch der tot was (2496-8). Tatsächlich muss diese märchenhaft anmutende, schnelle Abfolge von scheinbar zufällig korrelieren­den Ereignissen wie gottgeführt auf die Rezipierenden gewirkt haben. Noch deutlicher wird der Gottesbezug im Hinblick auf den weiteren Verlauf des Ro­mans, der ohne diesen, zunächst unscheinbar wirkenden Eingriff des Allmäch­tigen so nicht vonstatten hätte gehen können.

Im Wigalois wird Gottes Eingreifen noch deutlicher konkretisiert. Mindes­tens ein genuines Wunder162 findet sich in Wirnts Roman. Die Ruel- aventiure wartet mit diesem Wunder und zusätzlich einem indirekten göttlichen Eingriff auf. Ein solches Motiv der Dopplung sei laut Grubmüller als Aufmerksamkeits­signal zu werten.163 Gott muss dem Protagonisten zweimal zur Hilfe kommen. Zunächst sorgt das .zufällige' Wiehern des Pferdes des Helden dafür, dass das Waldweib ihn an Ort und Stelle liegen lässt und angsterfüllt die Flucht ergreift: sin ors begunde schrien /und ze weien sere. /dem wibe enwart niht mere/ wan daz sin also ligen liez (6425-8). Sie glaubt, das Schreien rühre vom Drachen Pfetan her, den sie sehr fürchtet. Doch Wigalois, immer noch gefesselt, bedarf eines weiteren Wunders, um sein Leben zu behalten, und betet. Gott erweist sich ihm gnädig: in dirre bet so loste sich / diu starke wide dâ er mit / gebunden was nâch diebes sit (6505-7). Das von Grubmüller angeführte Aufmerksam­keitssignal hebt die Lehre hervor, die Wigalois aus seiner Nahtoderfahrung ziehen muss: Es gibt Bereiche, wo hövesche zuht und das Streben nach ere we­der Sieg noch Überleben garantieren.164 Doch die aventiure dient additiv ei­nem höheren Zweck. Dass Wigalois überhaupt in seine missliche Lage geraten ist, wäre eigentlich auf sein unbeabsichtigtes Abkommen vom Weg zurückzuführen, wenn der Erzähler nicht versichern würde, dass Gott hier ein­gegriffen habe: ditz was sinesgewaltes spil, / daz er diesem küenen man /sinen trost an gewan, / den sin herze ungerne liez; / in ganzen zwivel er in stiez, / dâ von er sine vreude lie (6476-81).

Einem zweiten, quasi-genuinen Wunder geht voraus, dass Gott Wigalois zu­nächst in physische Ohnmacht stürzt: hie was der ellende/gevangen âne man­nes hant! (6826-7). Auf der Brücke zwischen tödlichem Nebel und dem mit Kolben und Schwertern bespickten Wasserrad vor einem Tor (6773-84) kann der Held weder vor noch zurück. Da er nun aber keinen zwivel mehr hat und endlich einsieht, sich nicht über Gott stellen zu können, wird ihm erneut gött­liche Gnade zuteil. Wie Gottes Wirken formuliert ist, erinnere laut Fuchs an ei­nen legendarischen Wunderbericht:165

nü habt iu ze râten wer

im dâ kxme ze troste

od wer in erlöste.

das tet der süezen mxgde kint.

von des krefte wxte ein wint;

der sluoc den nebel vaste nider

in daz vüle wazzer wider,

daz zer selben stunde

daz wazzer begunde dicken von des nebels kraft (6862-71)

In Kontrast zu den Fesseln Ruels, die sich wie von Geisterhand lösen, bedient Gott sich für dieses Wunder irdischer Kräfte. Der Nebel wird vom Wind in das Wasser zurück geblasen und erhärtet es, sodass sich das Rad nicht mehr dre­hen kann.166 Ohne die Versicherungen des Erzählers, dass es sich um ein gött­liches Wunder handele, würden aus irdischer Perspektive lediglich Plötzlich­keit und Ungewöhnlichkeit der Ereignisse auf ein solches hindeuten.

Analoge Dissonanzen zwischen Erzählerkommentar und histoire finden sich auch an weiteren Stellen. Beispielhaft kann der Kampf gegen Marrien ange­führt werden. Wigalois kämpft klug und erkennt selbstständig die Schwach­stelle des Mischwesens, die zu dessen Vernichtung und seiner Rettung führt (7010-9). Der Erzähler merkt jedoch an: und hët sin got nihtgepflegen, /er wxr ze tode dâ verbrant (7020-1). Fuchs kommentiert dazu:

Ob Gwigalois den Sieg aus eigener Kraft erficht oder ob wiederum Gottes Kraft unmit­telbar eingegriffen hat, ist nicht entscheidbar: Erzählte Handlung und Verhalten des Helden und des Erzählers widersprechen sich erneut. Letztlich ist wohl der Gang der

Handlung an einen Punkt gelangt, wo eine solche Entscheidung keine Rolle mehr spielt: Das Handeln des Helden ist Gottes Wirken, sein Schicksal ist [...] unausgesprochen eins mit der göttlichen Providenz. Das Eingreifen höherer Macht bestätigt den Helden in sei­ner Erwähltheit, umgekehrt ist der Held in seiner Geschichte Erweis der Gnade und All­macht Gottes [...].167

Korrespondierend mit Daniel ist auch die aventiure -Bewältigung von Wiga- lois, neben den markierten Wundern, in auffälliger Weise von schicksals­trächtigen .Zufällen' beeinflusst, die vom Erzähler nicht eindeutig als Provi­denz kenntlich gemacht werden. So fällt zum Beispiel die Tatsache auf, dass Wigalois auf der Suche nach dem Drachen einen Weg einschlägt, der ihn gleich zur schreienden Beleâre führt (4860-70). Durch die Entführung ihres Mannes - der als einziger von den drei verschleppten Rittern noch lebt - erhält der tapfere Held eine zusätzliche Motivierung, Pfetan zu töten (5079-85). Darüber hinaus erwirbt Wigalois durch die Befreiung des Entführten die Gunst Beleâres und bereitet somit unbewusst seine spätere Rettung vor dem Tod vor.168 Ebenfalls als Streich der Fortuna ist anzusehen, dass das räuberische Fischerpaar ausgerechnet die Tasche mit Laries Minnebrot liegen lässt. Durch das Brot erlangt der nach dem Drachenkampf ohnmächtige und nackte Held seine Erinnerung zurück und entgeht einer Existenzkrise (5841-53).169

Ob diese überirdische Macht nun aber Gott, Schicksal, Fortuna oder Provi­denz genannt werde, spiele gemäß Dietl letztendlich keine Rolle. Die abstrak­ten Größen seien nicht voneinander zu trennen.170 Spätestens also nach sei­nem Eintreffen in Roimunt - er hat zu diesem Zeitpunkt seine affirmierende Bewährungsfahrt erfolgreich bestanden und erfährt von seiner göttlichen Er­lösungsaufgabe - ist Wigalois „kein Ritter[,] der auf âventiure im Sinn von Zu­fallsfahrt und Bewährung geht.“171 Sein Weg wird von oben gelenkt; der Held kann immer dann durch Gebete auf Gott zurückgreifen, wenn er „an den Rand des von ihm Erfassbaren gelangt“172. Zwar dauert es bis zur Gefangenschaft und Befreiung durch Gott auf der Brücke, doch schließlich weiß auch Wigalois, was von Anfang an feststeht, und ruft gen Himmel: swaz ich hân gestriten ie, / daz tet ich âne meisterschaft, /bärlich mit diner kraft; (7119-21).

Einen weiteren Hinweis auf die Existenz einer ordnenden Macht, die in das Geschehen eingreift, geben die magischen und göttlichen Hilfsmittel173. Sie werden Wigalois immer rechtzeitig zugespielt, bevor sie gebraucht werden.174 Auch Daniel erhält gerade noch pünktlich die Gelegenheit, sich die Dienste des Wunderschwerts und des Zaubernetzes zu sichern.

Im Einzelnen kommt den meisten Hilfsmitteln eine dedizierte Aufgabe zu, die auch zu einem bestimmten Zeitpunkt, in einer bestimmten Situation, er­füllt werden muss. Im Wigalois ist der erste Hilfsgegenstand des Protagonisten zugleich gewissermaßen ein Relikt aus seiner Vergangenheit175: der Gürtel aus dem Feenreich. Letzteres wird aufgrund der Tatsache, dass es ohne den Gürtel nicht auffindbar ist, als defizitär markiert176 und von Wigalois endgültig hinter sich gelassen. Die Befähigungen, die der Gürtel seinem Träger verleiht, sind sehr vielfältig, wie am Beispiel der Königin Ginover berichtet wird:

daz si den gürtel umbe bant;

do het diu vrouwe sâ zehant

vreude [Hss.: sterke] unde wisheit:

sine truobte deheiner slahte leit,

die sprâche kunde si alle wol,

ir herze daz was vreuden vol,

swaz spils man dâ begunde,

si dühte des wie siz kunde;

deheiner kunst ir niht gebrast. (330-8)

Ein solches Feuerwerk an vortrefflichen Kompetenzen dürfte Wigalois zu­gleich Segen und Fluch gewesen sein: Wenn sterke unde wisheit einerseits seine Kampftauglichkeit erhöhen, führt diese Quasi-Unbesiegbarkeit anderer­seits unvermeidbar zu Selbstüberschätzung und Arroganz. Evident wird jene Nebenwirkung des Gürtels in dem Umstand, dass der Held sich vor Gott der superbia schuldig macht und seine Handlungen, bis zur dritten Ohnmacht vor dem Wasserrad - und damit über das Tragen des Gürtels hinaus -, die Hand­schrift einer Affiziertheit durch Übermut tragen.

Der Diebstahl des Gürtels durch das Fischerpaar ist von Providenz bestimmt. Zwar beklagt der Held den Verlust: wâ mit sol ich mich bewarn / sit ich den gürtel hân verlorn / den ich ze troste hët erkorn /zallen minen dingen? (5997­6000); hier sei jedoch an seine eingeschränkte Perspektive auf die Dinge und sein Nichtwissen um die göttliche Führung erinnert. Ein paar Verse nach der Klage über den Verlust erkennt der Held für die Funktion des Gürtels sogleich einen adäquaten Ersatz in Gottes Gunst: ichn welle dâ totgeligen, / od mit der gotes kraftgesigen (6004-5) und der minne zu Larie177: den lip wil ich dâ wâgen / durch si, der min herzegert; (6011-2).

Welche Rolle der Gürtel genau innehat, ist in der Forschung umstritten. Cormeau und Fuchs sehen in ihm ein „mehr oder minder blindes Motiv der Vor- und Jugendgeschichte“178. Es ist jedoch weder so, dass Wigalois ab dem Zeit­punkt des Verlusts „ganz auf sich selbst und mehr noch auf Gott gestellt sein wird“179, noch übernimmt sein neuer, ebenfalls magischer Harnisch „genau die Funktion des Gürtels“180. Vielmehr bedarf die universelle Macht des Gürtels der Substitution durch unterschiedlichsten Beistand. So spielen die minne als interne und der göttliche Auftrag als externe Motivierung eine Rolle - gepaart mit dem Wissen um Gottes Gnade und Erwähltheit -, indem sie sich bestär­kend auf tugent, manheit (4767) und vesten muot (4428) sowie hemmend auf jegliche zwivel auswirken. Laries Brot verkörpert zusätzlich beide Motivierun­gen: Es erinnert den Helden an der juncfrouwen minne und ist simultan das christliche Symbol des kraftspendenden Gottesleibes.181 Direkte respektive indirekte göttliche Hilfe kann von Wigalois in Situationen, die andernfalls aus­weglos wären, in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus dienen der gesegnete Schutzbrief und der magische Harnisch, den man mit deheiner slahte dinge (6085) durchbrechen kann, dem sxlden kint als lebensrettende Assis­tenz. In Anbetracht all dieser Hilfsmittel ist hervorzuheben, dass „göttlicher Beistand [...] nur gleichsam als primus inter pares [fungiert].“182 Ebenfalls eine wichtige Beobachtung ist, dass der magische Gürtel das einzige gleichermaßen offensive und defensive Hilfsmittel darstellt. Nach seinem - übrigens gottge­wollten183 - Verlust lässt sich deshalb ein Wechsel hin zu rein defensiven Hilfs­mitteln konstatieren. Die Überwindung seiner Gegner gelingt Wigalois fortan ausschließlich aus sich heraus, seine apotropäischen Hilfsmittel184 schützen und stärken ihn dabei.

Ganz konkret für den Kampf gegen den Drachen Pfetan erhält Wigalois das paradiesische blüemelin; / des süeze gap im guoten muot: / vür übeln smac was ezguot (4992-4). Durch die liebliche Blüte kann des wurmesstanke (4739) ihm nichts anhaben. Um den nahezu unzerstörbaren Drachenpanzer zu durchdrin­gen, benötigt Wigalois ferner die glävie, eine Lanze aus indischem Stahl (4753­8), die ein Engel gebracht hat (4749). Analogisch zum Wunderschwert Jurâns im Daniel vermag die Lanze Stein zu durchdringen als ein zein (4758) und eig­net sich als einzige existente Waffe zur Tötung des Drachen. Dass die glävie (4748) stecket in der steinwant (4759), erinnert stark an Excalibur, das Schwert, das seinerzeit nur König Artus aus dem Stein zu ziehen vermochte, um seine Rechtmäßigkeit an der Krone zu legitimieren.185 Allerdings wird nicht deutlich, ob ausschließlich Wigalois in der Lage wäre, die Lanze aus dem Felsen zu ziehen und damit seine göttliche Erwähltheit bewiesen zu bekom­men. Durch die Omnipräsenz der Artuslegende im Kanon legt das intertextuell sehr eng verknüpfte Motiv dies jedoch nahe.

Dem Schutzbrief, einem gesegneten Pergament in einem Amulett, kommt eine spezielle Aufgabe zu. Zusammen mit Gebet und Bekreuzigung schützt er Wigalois mittelbar vor einem Angriff durch den tievel, der mit Roaz einen Pakt eingegangen ist, wie oben bereits beschrieben. Dass der Teufel keine Chance gegen Gott hat, dessen Schirm mittels der priesterlichen Segnung angerufen wird, führt auf den in der christlichen Theologie etablierten Mächtedualismus zurück; der Teufel bleibt an den ordo gebunden und diesem letztendlich un­tergeordnet.186 Wigalois braucht den Teufel gar nicht selbst zu bekämpfen und erledigt ihn daher auch nicht „wie nebenbei“187. Er kämpft nur gegen Roaz. Der ritterlich-höfische Kampf zeichnet sich durch mänliche kraft / und ganze kunst ze strite (7537-8) aus.

Demgemäß werden beide auf ihre Art erledigt: Der eine mit christlichen Ritualen, der andere im ritterlichen Kampf; der eine erfordert mit dem gebetbewehrten Amulett geistliche, der andere mit Schild und Schwert ritterliche Waffen.188

Der Wirkungsbereich des Schutzbriefes ist auf „schwarze Magie, die sich der Hilfe des Teufels bedient“189, begrenzt: der priester strihte im umb sin swert / einen brief, der gap im vesten muot: / vür älliu zouber was er guot (4427-9). Nur im Zusammenhang mit der Kunst des Teufels ist von zouber die Rede: er hât durch sinen zouberlist/beidiu sele unde leben /einem tievelgegeben (3656-8). Zouber ist dementsprechend dadurch determiniert, dass seine Wirkkraft durch den Teufel und nicht durch seinen Bündner ausgeübt wird (3659) sowie letzteren außerdem die Seele kostet.190 Damit sind zouber und wunder kom­plementär strukturiert:191

Beide stehen nur scheinbar in der Macht des Menschen, sind aber nicht mit innerwelt­lichen Kategorien zu erklären, sondern nur durch Verweis auf eine außerweltliche Macht, die, so sehr der Mensch meint, das Hilfsmittel in der Hand zu haben, die Regie über dieses wie über den Menschen selbst führt. Während beim Zauber diese außer­weltliche Macht der Teufel ist, ist es beim [Wunder] Gott.192

Keinerlei Schutzwirkung entfaltet der Briefsegen infolgedessen gegen Pfetan oder Marrien.193 Das listviuwer (6992) des Zentauren steckt sogar das Schwert in Brand: do warf er den haven dar / mit dem viure üf in gar, / daz beidiu helm und swert bran (7003-5). Fasbender will in der Wirkungsbeschreibung vür älliu zouber was erguot (4229) des Briefs einen Waffensegen wiedererkennen, der das Schwert „davor, dass es durch feindliche Beschwörung stumpfgezau­bert wird, bewahren soll.“194 Die Auslegung von Dietl erscheint wesentlich schlüssiger: Ob der Schutzbrief, ob ein Gebet oder ob das Kreuzzeichen wirken, liege allein in der Entscheidungsgewalt Gottes. Wigalois habe, ähnlich wie der miles diabolicus mit dem tievel, einen ,Pakt' mit Gott geschlossen.195 Damit stellt der Schutzbrief für sich eine Art instrumentum Dei dar, durch welches Gott sein Wunder wirken, es gewissermaßen kanalisieren kann.

Bezogen auf den Wigalois sei zuletzt noch auf den gemäß Beifuss merkwür­digen Umstand hingewiesen, dass der Held bewusst darauf verzichtet, die hei­lige Lanze, die das Drachenherz durchbohrte, auch gegen Roaz einzusetzen196: und bat den reinen wirt sâ / daz er dieglävien dâ / bi dem wurme suochte/ und si im behalten ruochte/ unz er dar wider kxme (6214-8). Der Kampf erfolgt mit Schild und Schwert. Eine Erklärung könnte in der Bedeutung des Schwertes als „Sinnbild der göttlichen Allmacht und Gerechtigkeit“197 liegen. „Derjenige, der das Schwert zur Vernichtung der Ungläubigen nicht zu gebrauchen weiß, kann nicht zum Begründer des neuen, auf christlichen Grundsätzen beruhen­den Reiches werden.“198 Wigalois ist als vollstreckende Gewalt des ordo gewis­sermaßen dazu verpflichtet, die göttliche Ordnung mit dem Schwert, dem Zei­chen der Gerichtbarkeit, in aller Härte durchzusetzen.

Auch Daniel was gar ein helt, / ouch was sin swert üzerwelt (3621-2). Für die Bewältigung der aventiure ist der Tod des vil micheln risen (1049) und seinem Bruder erforderlich, da sie das Reich Matürs bewachen. Praktischerweise hat dem Ritter von dem blühenden Tal sin frümikeit ein swert/ erworben sit er üz- reit / daz den risen als ein wazzer sneit (3750-2). Von einem tapferen Ritter geführt, vermag die Klinge alles zu durchschneiden: ez enwart nie stein so herte, / der sich dem swerte erwerte, / ezn zersnite in als ein holz (1307-9). Ausgestat­tet mit der Wunderklinge kann Daniel den Wächterriesen um seine Gliedma­ßen und sein massives houbet erleichtern (2768-839), den anderen Riesen tö­tet er später in der Schlacht (3781-824). Als Träger des auserwählten Schwer­tes ist Daniel auch selbst auserwählt: In seiner Rolle als miles christianus ist er über die Wiederherstellung der arthurisch-göttlichen Rechtsordnung hinaus auch für das Leben von König Artus verantwortlich.199

Ein weiteres Mal leistet das Schwert dem Protagonisten treue Dienste, als er den Landeseingang von der Grüenen Ouwe passieren will, um seinen Gefährten zu finden. Die Situation weist Parallelen mit der Gefangenschaft Wigalois' auf der Brücke auf. Dort ist der Eingang nach Glois durch das unüberwindbare Wasserrad versperrt. Daniel liegt ein Fels im Weg. Der Held wird der scheinbar ausweglosen Situation gewahr: der unseligen steine / der stât so vil an minem wege / (daz ir den tifel iemer pflege!) / daz ich niht wizzen kan / wie ich alder deheinen man /im ze hilfe komen sol (3960-5). Nach kurzem Zweifel: so wil ich hiutegote jehen/daz ich allefröude wil üfgeben (3970-1), reizt ihn seine man- heit (3978), es wart im zorn und unwert (3983) und er schlägt auf den Stein ein, der durch die Kraft des Schwertes nachgibt. Wo Wigalois einem Wunder Gottes bedarf, kann Daniel durch sein metallenes Sinnbild göttlicher Allmacht sein Ziel erreichen.

Für die finale Affirmations- aventiure, die Entführung Artus' durch den Rie­senvater, nachdem zunächst alles gewonnen schien, kommt ein zweites Hilfs­mittel zum Einsatz: das Zaubernetz. Auch diesmal stellt es die einzige Möglich­keit dar, zu einem positiven Ende zu gelangen und erneut ist Daniel der einzige, der die Krise von der Artusgesellschaft abwenden kann. Hervorzuheben ist in dem Zusammenhang der Pferdedienst, anhand dessen Daniel der Grafentoch­ter von der Grüenen Ouwe seine Ehrerbietung demonstriert200: daz ir ein künic riche / also willecliche / ir pfert bereite / und ir daz dar leite / sam ein williger kneht, / daz was billich unde reht: / im was ergâhenes not (7347-53). „In der hier erreichten Vollkommenheit des Zusammenspiels beider Rollen hebt sich die Differenz zwischen Normanspruch und Verwirklichung auf, suln und wel­len werden identisch [...].“201 Der Erzähler verteidigt Daniels Geste, die seinem Status eigentlich nicht geziemt, mit Gott: er dorfte niemer schamerot / dur die swachheit gestân. / got selbe ist so gemuot, /swaz man durch rehte not tuot, / daz er des niht enrichet (7356-9).

Es ist ferner festzuhalten, dass Daniel das Netz nicht selbst einsetzt und sein Schwert im Text nie als übernatürlich beschrieben wird. Somit bedient der Held sich keinerlei magischer Hilfe, auch nicht, als er die Möglichkeit dazu hat. Er lehnt die Verwendung des teuflischen Medusenhauptes des büchlosen vehement ab: des hxte ich aber schande /swenne ich in dem lande / begienge einen grozen mort (2179-81). Er sorgt sich nicht nur um sein eigenes Leben (2196-8), sondern weiß auch: man jxhe, ich wxre ein tifel (2187). „Im Gegen­satz zu dem Wunderschwert, das erst in den Händen eines tapferen Ritters wirksam werden kann, [...] ist das Haupt eine Mordwaffe schlechthin, da es, unabhängig von seinem Besitzer, alle tötet, die es sehen.“202 Für einen gotter­wählten Verteidiger der Rechtsordnung kommt eine solche Waffe selbstver­ständlich nicht in Frage und wird von Daniel mit den folgenden Worten in ei­nem See versenkt: dü bist von dem tifel komen, / der müeze din ouch walten: / ich wil dich niht behalten (2200-2).

Am Schluss bleibt noch eine wichtige Differenz zwischen Wigalois und Daniel festzuhalten. Wigalois ist nach dem Verlust des Gürtels nur noch mit defensi­ver Unterstützung ausgestattet. Kontrastiv dazu verwendet Daniel selbst keine expressis verbis magisch oder göttlich konnotierten Gegenstände und be­nötigt keinerlei Schutz außer der göttlichen Providenz. Mit dem Schwert als Sinnbild göttlicher Gerechtigkeit, der Hilfe seiner in den aventiuren gewonne­nen Unterstützer, der omnipräsenten göttlichen Beschirmung und seiner list und Verstandeskraft meistert Daniel alle Gefahren und Fehden, ohne ein ein­ziges Mal ernsthaft Gefahr zu laufen, sein Leben zu verlieren.

5.3 Weisheit und List

Bisher wurden die ritterlichen Fähigkeiten von Wigalois und Daniel betont, die trotz allem Beistand eine wichtige und notwendige Rolle spielen. Doch für beide Ritter nehmen auch Klugheit, Urteilsvermögen und List einen signifikan­ten Stellenwert in der Bewältigung ihrer aventiuren ein. Vor allem im Daniel werden „[d]ie höfische Konvention und das Ethos der Kraft [...] durch das neue Ethos der list überboten.“203 Der Stricker hat seinen Protagonisten vollständig an einem progressiven Leitspruch ausgerichtet, den er selbst im Roman for­muliert:204

Swer ihtguoter liste kan,

den solde wip unde man gerne ëren dester baz.

ein man tuot mit listen daz daz tüsent niht entxten,

swie groze kraft sie hxten (7487-92)

Diese Prämisse Daniels kritisiert und verurteilt unreflektierte Gewalt und af- fizierten Aktionismus.

Vor den unüberwindlichen Waffen oder Qualitäten des Schadendämons versagt [sic!] ritterlicher Mut und ritterliche Kraft. Aber die menschliche Klugheit erspäht seine schwache Stelle, und wer sie geschickt ausnutzt, kann den Dämon leicht überwinden.205

Um seine programmatische Ansicht zu untermauern, lässt der Stricker die aventiure-Gegner stets die Kontrolle über ihre ratio verlieren, sodass sie sich durch ihre emotional aufgeladene actio selbst das Grab schaufeln. Klugheit und list des Helden sind also nur möglich, weil die Gegner berechenbar sind und Daniel es versteht, die richtigen Impulse zu setzen.206

Im Fall des Zwergs Jurân nutzt Daniel dessen minne -Gefangenschaft aus, um ihm sein Schwert abzugewinnen. „Der einst unüberwindliche Zwerg findet nur darum seinen Tod, weil er in seinem emotionalen Stadium dem geschärften Intellekt des Gegners nicht gewachsen ist.“207 Die minne, die nach de Boor in­nerhalb der Artuswelt eigentlich „läuternde und erziehende Kraft“208 habe, wird vom Stricker anders ausgelegt: an swen si leget ir kraft, / der muoz ir sin undertân. / daz selbe tet her Jurân, / er gap sich in ir gebot (1596-9). Der sug­gestible Zwerg lässt sich auf Daniels Vorschlag (1538-57) ein, gegen den vermeintlich aller swachesten man (1545) ohne sein Wunderschwert anzutre­ten. Liebestrunken ist er einerseits von seinen Fähigkeiten überzeugt und an­dererseits lässt sein Stolz ihn sich nicht die Blöße vor der vrouwe geben, das Duell abzulehnen. Ohne das Gebet der Damen und das Eingreifen Gottes hätte Jurân möglicherweise gewonnen, doch die in Daniel gewissermaßen personi­fizierte Providenz enthauptet ihn zum guten Schluss.

Während Daniels Verstand in der ersten aventiure die Bedingungen geschaf­fen hat, selbige überhaupt erst absolvieren zu können, dient er dem Helden in den weiteren aventiuren als notwendige Bewältigungsstrategie. Das Gebaren des büchlosen ist maßgeblich von willkürlichem zorn (2066) determiniert209, den Daniel ausnutzt und das Ungeheuer provoziert. Voll der unsxlde (2065) tritt es schließlich vor das Burgtor. Doch Daniel sich eines listes [...] under want: / er nam den spiegel in die hant, / als in sin wisheit lerte (2075-9). Vor dem tödlichen Blick sicher, besiegt er den Träger des Medusenhauptes nun ohne Schwierigkeiten.

Für die Strategie gegen den siechen bedarf der Held erstmals der Beratung (4590-636), da der tifel gewitzt und der zouberlist kundig ist.210 Alle Leute so gar vertorten / die sin rede gehörten (4455-6). Zwar ist der sieche nicht von Emotionen affiziert, dennoch ist seine Schwachstelle die superbia: seine An­nahme, unbesiegbar zu sein.211 Daniel kann sich deshalb unter die hypnotisier­ten Opfer mischen und seinen nichtsahnenden Gegner rücklings enthaupten.

Tapferkeit verbunden mit Gewandtheit und Kalkül: das macht Daniel von dem blühen­den Tal zu einem wahren Superhelden in einem fabulierenden Spiel, das mit einem Au­genzwinkern über alle Mittel verfügt, die die Tradition bereitstellt.212

Mit Ragotzky sei die Verknüpfung zwischen der list und Daniels Funktion als miles christianus hergestellt:

Besitzt jemand die Fähigkeit der list, dann muß er auch über wisheit, die richtige Orien­tierung an der gottgewollten Ordnung, verfügen, dann weiß er auch, was Recht ist und kann gar nicht anders, als sich spontan dem Recht zu verpflichten.213

Der Gotteskrieger Wigalois, dessen Erfolg vor allem auf seine Körperkraft, seinen unbezwingbaren Mut und seine Zielgerichtetheit, gepaart mit göttlicher sxlde und Providenz, zurückzuführen ist, scheint im Kontrast zu Da­niel nicht zu flexiblen und reflektierten Konfliktlösungen fähig.214

Tritt ein unvorhergesehenes Problem auf, das mittels eines Kampfes nicht zu lösen ist und für das gerade kein Wundermittel bereitsteht, ist Gwigalois an den Grenzen seiner Möglichkeiten angelangt.215

Fairerweise sei jedoch angemerkt, dass auch Daniel die Wasserradkonstruk­tion, die nun mal keinen emotionalen Angriffspunkt bietet, nicht mit list hätte überwinden können. Insofern sei Wigalois die Hilfe Gottes dort zugestanden.

An anderer Stelle zeigt sich, dass Wigalois seinen gottgegebenen Verstand sehr wohl einzusetzen weiß und nicht etwa Daniel der erste Artusritter ist, der Schläue gegen seine Gegner nutzt.216 Seine Kämpfe gegen Karrioz, Marrien, die alten Wächter und Roaz werden vom Erzähler mit Attributen wie kündicheit und list belegt. Gegen Karrioz her Gwigâlois mit kündicheit / wider disen riter streit (6691-2), gegen die Wächter mit listen er sus mit in vaht: / er schirmet mange wile; / dar nâch sluoc er mit ile (7154-6), und vor Roaz sus entweich er wider unde vür/ mit listen [...] (7510-1). Die Strategie des Zuschlagens aus der Deckung bzw. dem Hinterhalt wendet er auch gegen Pfetan an:

üf den wurm dâ er gie;

die glävie er sigen lie

daz sin der wurm niht ensach;

durch sin herze er im stach

den schaft unz an die hantgar e er des mannes würde gewar: so snellicliche kom er da (5093-9)

Anhand der Observationen, die Wigalois auf dem Weg gen Glois und im strit gegen den Zentauren Marrien macht, passt der Held sein Vorgehen situations­spezifisch an. So bemerkt er, dass der Nebel, in dem Karrioz sein Ende findet, alles verklebt, und reitet erst abends weiter, nachdem der Nebel sich gesenkt hat (6760-6). Seine Begegnung mit dem listviuwer-werfenden Marrien zeigt die größte Ähnlichkeit mit den aventiuren Daniels. Nicht Wigalois, sondern Marrien wähnt sich unbesiegbar. Doch als Wigalois bemerkt, dass sein Har­nisch dem Feuer standhält, schlägt er zu: daz sinem halsberge lieht/ daz selbe listviuwer niht / mohte geschaden; des wart er vro / an die geschepfte lief er do. / ouch was ir so ger an in / daz si von dem slage hin / niht entweich den er tet (6994-7). Der Treffer affiziert Marrien mit Panik; er wirft seinen ganzen Feu­ertopf unüberlegt gegen Wigalois und flieht. Doch Wigalois bemerkt die feuer­löschende Eigenschaft des Blutes und kann sich vor dem Verbrennungstod ret­ten (7010-9). Die superbia rafft Marrien letztendlich hin, komparabel mit den Gegnern im Daniel.

Haug ist, bezogen auf Daniel, durchaus zuzustimmen, wenn er in einem Ver­gleich der list -Komponente zwischen Wigalois und Daniel schreibt, im Daniel werde nicht dem Negativ-Irrationalen etwas Positiv-Irrationales entgegengesetzt, d. h. es ist nicht die Begnadung durch Glück, die den Aventiureritter in erster Linie auszeichnet, sondern das Magisch-Irrationale findet sein Gegengewicht in der Rationalität als der besonderen Eigenschaft des Helden.217

Wigalois allerdings ist nicht ausschließlich von positiver irratio und sxlde be­stimmt, auch ratio und kunst wurden ihm von Gott geschenkt (1409, 2893-6).

Das Handlungsmodell der list basiert auf kunst unde wisheit218, beide Eigen­schaften können sowohl Wigalois als auch Daniel vorbehaltlos zugesprochen werden. Diese Attribute ebnen den Weg für das Erlangen von guot und unter­stützen die Helden bei der Wiederherstellung des ordo. Aufgrund der Art und Weise, wie die Helden ihren aventiure-Weg beschreiten, ließen sich die Ro­mane - weniger der Wigalois, dafür umso mehr der Daniel - gemäß Ragotzky auch der Gattung der Märe zuordnen: „Auch in den Mären geht es um die Fä­higkeit, scheinbar paradoxe Situationen richtig zu interpretieren und entspre­chend zu handeln.“219

6. Fazit

Im Vergleich zum klassischen Artushelden zeigen Wigalois und Daniel neue Konzeptionen: Sie sind immun gegen die Krise, stehen unter Gottes Schutz und sind von Anfang an bzw. rechtzeitig vor Antritt der Haupt- aventiure perfekt und ideal in allen Belangen. Neben Mut, Stärke und hövescher zuht setzt vor allem Daniel auf Besonnenheit und List. Wigalois vertraut auf seine sxlde und exorbitante Leibeskraft. Beide Helden stehen während ihrem beschwerlichen Weg unter Gottes Geleit.

Da beide Ritter bereits zu Beginn in die Tafelrunde aufgenommen werden, gibt es keine Bewährungs-, sondern lediglich Affirmations- aventiuren, die ohne Schwierigkeiten von den Helden gemeistert werden. Die Struktur des Doppelwegs findet sich im Daniel beim Artushof wieder, der seinen Status als utopischer Fluchtpunkt verliert und auf die Souveränität des Helden und seine Rettung angewiesen ist.

Die Idealität und Unbesiegbarkeit der Helden ruft jedoch eine veränderte Gegenwelt mit Anklängen einer civitas diaboli auf den Plan. Wiederum als Re­aktion auf die neuerlich mit dem Teufel verbündeten und dementsprechend mit ritterlichen Fähigkeiten nicht bezwingbaren Gegner erfolgt eine Erhöhung des jeweiligen Helden zum miles christianus.

Der Auftrag der Helden besteht in der Wiederherstellung der usurpierten göttlichen Ordnung. Als instrumentum Dei befreien Wigalois und Daniel die feindlich besetzten Länder, Grafschaften und Herzogtümer. Während Daniels persönliche Motivation einerseits den Erwerb von ere und guot sowie ande­rerseits die Unterstützung seines Herrn und den Dienst an Land und Leuten umfasst, ist Wigalois, der riter mit dem rade, zunächst nur darauf bedacht, sich einen Namen zu machen. Erst nachdem er seinen Erlösungsauftrag erfährt und die ihm nach erfolgreicher Befreiung Korntins versprochene Dame kennen­lernt, ändert sich seine Motivation. Die ohnehin präsupponierte Ehrgewin­nung tritt als Ziel in den Hintergrund, vordergründig treiben ihn die minne und die damit verbundene Verpflichtung an, den Auftrag auszuführen.

Beide Helden durchlaufen eine innerliche Entwicklung. Daniel lernt, dass die wahre Bewährungsprobe für einen Artusritter im altruistischen Riskieren des eigenen Lebens liegt. Der Erfolg seiner aventiuren beweist, dass man mit willigem muot lop und ere bejagen kann, wie der Stricker im Prolog verkündet. Wigalois entwickelt in der ersten aventiure -Sequenz seine Persönlichkeit und erwirbt die ritterlichen Tugenden, im Land Korntin wird er dann durch Gott von seinem Hochmut befreit, indem dieser ihn mehrfach gefangen setzt. Sym­bolträchtig verurteilt Gott Wigalois' Selbstüberschätzungstendenzen vor dem Wasserrad und erreicht endlich dessen Kapitulation. Der Held erkennt Gottes Allmacht an und bittet um Verzeihung für seine höchste Form der superbia.

Als Gottes Werkzeug ist Wigalois nicht mehr der heldenhafte Hoffnungsträ­ger, der nâch aventiure reitet, sondern er wird als todgeweihte menschliche Waffe für Gottes Plan instrumentalisiert. Dennoch zeigt Wigalois unbeirrbare Entschlossenheit und latenten Optimismus. Der Ausgang ist, damit einherge­hend, weniger offen. Die Hinweise darauf, dass der Held in allen seinen Taten von Gott und Glück begleitet wird, münden letztendlich im Sieg gegen Roaz als einer Art selbsterfüllenden Prophezeiung.

Der Schutz, den Wigalois und Daniel durch Gott genießen, macht sie zwar zu Gotteskriegern, nicht jedoch zu Heiligen oder passiv leidenden Helden. Trotz aller Lenkung durch Providenz und glückliche .Zufälle' ist die ritterliche Kampfeskunst erforderlich, um gegen die Gegner zu bestehen. Daniel jedoch ist bereits ab der ersten aventiure dazu gezwungen, die unhöfische Bewälti­gungsmethode der list anzuwenden. Diese ist aber durch Gott legitimiert, wie der Stricker durch verschiedene Strategien nachdrücklich hervorhebt. Daniel ist im Vergleich zu Wigalois vollends perfekt und märchenhaft. Als Überwin­der der superbia seiner Gegner ist Daniel Erlöser und exemplarischer Vertre­ter der humilitas. Im Wigalois ist wiederum Gott derjenige, der superbia verur­teilt und hoch gemüete nidert; und zwar bei Wigalois.

Beide Helden können auf Hilfsmittel zurückgreifen, die ihnen für einen be­stimmten Einsatzzweck zugespielt werden bzw. im richtigen Moment verdient werden können. Nachdem Wigalois mit dem Zaubergürtel seine einzige offen­sive Hilfe eingebüßt hat, ist er lediglich mit defensivem Beistand ausgestattet. Göttliches Eingreifen dient ihm als primus inter pares. Daniel nutzt ausschließ­lich sein Schwert und seinen mindestens genauso scharfen Verstand. Mit der Nutzung von letzterem setzt Daniel einen Gegenpol zu unreflektiertem Aktio­nismus und emotionsaffizierter Handlung.

Das Schwert symbolisiert Recht und Ordnung. Beide Ritter agieren als Re- stitutoren des Rechts und erreichen unter göttlicher Beschirmung die Wieder­herstellung des ordo. Daniel ist zusätzlich zu Gottes Hilfe auch auf die Unter­stützung von anderen angewiesen, deren Gunst er sich zum Glück durch ehr­bare Handlungen zuvor gesichert hat.

Summa summarum scheinen sich divergierende Lehren aus den Romanen ziehen zu lassen. Wirnt rät offenkundig zu bedingungslosem Gottvertrauen, der Stricker plädiert dafür, den eigenen Verstand karitativ zu nutzen. Die Quintessenz der Heldenkonzeption in beiden Werken ist jedoch gleich: Beide Helden sind Ritter, die mit eren heizen mohten / die von der Tavelrunde.

Quellen

Der Stricker: Daniel von dem blühenden Tal. Hrsg. v. Michael Resler. 3., über­arbeitete Auflage. Berlin/Boston 2015.

Katholische Kirche; Deutsche Bischofskonferenz: Die Bibel. Einheitsüberset­zung der Heiligen Schrift. Gesamtausgabe. Stuttgart 2016.

Wirnt von Grafenberg: Wigalois. Hrsg. v. Sabine und Ulrich Seelbach. Text der Ausgabe von J. M. N. Kapteyn. Übersetzt, erläutert und mit einem Nach­wort versehen von Sabine und Ulrich Seelbach. 2., überarbeitete Auf­lage. Berlin/Boston 2015.

Darstellungen

Beifuss, Helmut: Wigalois - ein Ritter Gottes? Schriftenreihe Schriften zur Me­diävistik; Band 25. Hamburg 2016.

Bolta, Eva: Die Chimäre als dialektische Denkfigur im Artusroman : mit exemp­larischen Analysen von Teilen des "Parzival" Wolframs von Eschenbach, des "Wigalois" Wirnts von Grafenberg und der "Crone" Heinrichs von dem Türlin. Mikrokosmos. Beiträge zur Literaturwissenschaft und Bedeu­tungsforschung. Band 81. Frankfurt am Main 2014.

Boor, Helmut de: Der Daniel des Stricker und der Garel des Pleier. In: Helmut de Boor, Ingeborg Schröbler (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Band 79. Tübingen 1957, S. 67-84.

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[...]


1 Zitierte Ausgabe: Wirnt von Grafenberg: Wigalois. Hrsg. v. Sabine und Ulrich Seelbach. Text der Ausgabe von J. M. N. Kapteyn. Übersetzt, erläutert und mit einem Nachwort versehen von Sabine und Ulrich Seelbach. 2., überarbeitete Auflage. Berlin/Boston 2015. Quelle wird i. F. in Klammern zitiert, ggf. mit Sigle Wig., wo erforderlich.

2 Zitierte Ausgabe: Der Stricker: Daniel von dem blühenden Tal. Hrsg. v. Michael Resler. 3., über­arbeitete Auflage. Berlin/Boston 2015. Quelle wird i. F. in Klammern zitiert, ggf. mit Sigle Dan., wo erforderlich.

3 Artusepik. In: Fricke, Harald [et al.] (Hrsg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Band 1. Berlin [et al.] 2007, S. 153.

4 Aventiure. In: Ebd., S. 187.

5 Ebd.

6 Ruh, Kurt: Höfische Epik des deutschen Mittelalters. Band. 1: Von den Anfängen bis zu Hart­mann von Aue. 2., verb. Aufl. Berlin 1977, S. 117.

7 Haug, Walter: Paradigmatische Poesie. Der spätere deutsche Artusroman auf dem Weg zu einer ,nachklassischen'Ästhetik. In: Christian Kiening [et al.] (Hrsg.): Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. Band 54. Berlin 1980, S. 204-231, hier S. 211.

8 Vgl. Mertens, Volker: Der deutsche Artusroman. Reclams Universal-Bibliothek; 17609. Stutt­gart 2007, S. 208.

9 Haug (1980): Paradigmatische Poesie, S. 211. Dazu auch Grubmüller: „[D]ie fortschreitende Bekanntheit des Artusromans fixiert die Vorbildlichkeit des Artusritters [und] zwingt - im Sinne notwendiger Überbietung als Aufmerksamkeitssignal - zur Perfektionierung des Helden. Aus ihr resultieren der Demonstrationscharakter der ersten Aventiurekette, das Fehlen der Krise und schließlich [...] die Dämonisierung der Abenteuerwelt. Sie aber kann dann nur noch [...] durch das Eingreifen Gottes bewältigt werden [...].“ (Grubmüller, Klaus: Artusroman und Heilsbringerethos. Zum ,Wigalois' des Wirnt von Grafenberg. In: Jens Haustein [et al.] (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Band 107. Berlin/New York 1985, S. 218-239, hier S. 226).

10 Haug (1980): Paradigmatische Poesie, S. 211.

11 Ebd., S. 226.

12 Heinzle , Joachim: Über den Aufbau des Wigalois. In: Wolfgang Adan und Jan Standke (Hrsg.): Euphorion. Zeitschrift für Literaturgeschichte. Band 67. Heidelberg 1973, S. 261-271, hier S. 267.

13 Lüthi schreibt über die Charakteristika einer Märchenfigur: „Da die Märchenfiguren keine eigene Innenwelt haben und also konsequenterweise eigentlich auch keine eigenen Ent­schlüsse fassen können [...], muß das Märchen danach trachten, sie durch äußere Anstöße vor­wärts zu bewegen. Ein Auftrag [...] führ[t] den Helden in die Welt hinaus. Aufgaben und Gefah­ren geben ihm entscheidende Möglichkeiten. Geschenke, Ratschläge und direktes Eingreifen jenseitiger wie diesseitiger Gestalten helfen ihm weiter.“ (Lüthi, Max: Das europäische Volks­märchen. Form und Wesen; eine literaturwissenschaftliche Darstellung. Bern 1947, S. 53).

14 Mertens, Volker: .Gewisse lëre'. Zum Verhältnis von Fiktion und Didaxe im späten deutschen Artusroman. In: Friedrich Wolfzettel (Hrsg.): Artusroman und Intertextualität: (Beiträge der Deutschen Sektionstagung der Internationalen Artusgesellschaft vom 16. bis 19. November 1989 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. M.). Giessen 1990, S. 85-106, hier S. 95.

15 Ragotzky, Hedda: Gattungserneuerung und Laienunterweisung in Texten des Strickers. Tü­bingen 1981, S. 79.

16 Ebd., S. 78. Moelleken möchte „keine wesentliche Änderung“ in der zweiten Krise des Ar- tushofes sehen, da dieser bereits durch die initiale Fehde, vorgetragen durch den Riesen im Auftrag Matürs, in eine Krise gerate (Moelleken, Wolfgang W.: Die Bedeutung der Riesenva­terepisode in Strickers,Daniel von dem blühenden Tal'. In: William C. McDonald (Hrsg.): Spec­trum Medii Aevi, Essays in Early German Literature in Honor of George Fenwick Jones. Albany (New York) 1983, S. 347-359, hier S. 354). Er übersieht dabei jedoch, dass die zweite Krise das gesamte arthurische Gefolge inklusive König in völlige Handlungsohnmacht versetzt (Parzival wird vom gleichen Schicksal wie Artus ereilt, gleich nachdem er den Riesenvater herausfor­dert (7176-7215)) und sich somit als deutliche Steigerung gegenüber der initialen Krise dar­stellt. Darüber hinaus scheinen die arthurischen Ritter, trotz dass sie bereits einmal von Daniel und seiner weise erdachten List gerettet werden mussten, nichts dazugelernt zu haben; sie wollen unreflektiert sogleich auf den Riesenvater schießen (7064-65). Daniel greift jedoch ein und rät der tumben diet (7066), den Riesenvater am Leben zu lassen (7074-78), da Artus sonst nicht gerettet werden kann. Die Überwindung der zweiten Krise ist somit notwendig, um das Fehlverhalten der Ritter aufzudecken und die nur scheinbar hergestellte Ordnung in eine ge­nuine und rechte Ordnung zu überführen. Auch Pingel sieht einen Rollentausch zwischen Ar­tushof und Held (Pingel, Regina: Ritterliche Werte zwischen Tradition und Transformation. Zur veränderten Konzeption von Artusheld und Artushof in Strickers "Daniel von dem blühenden Tal". Mikrokosmos. Beiträge zur Literaturwissenschaft und Bedeutungsforschung. Band 40. Frank­furt am Main 1994, S. 118f.): Der Artushof muss sich bewähren, seine Akteure, inklusive König, wirken „hilflos und zum Teil sogar ein wenig lächerlich“ (Ebd., S. 119), während Daniel frei von Mängeln sei.

17 Ragotzky (1981): Gattungserneuerung und Laienunterweisung, S. 79.

18 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 115.

19 Vgl. Dietl, Cora: Wunder undzouber als Merkmal der âventiure in Wirnts Wigalois?. In: Fried­rich Wolfzettel (Hrsg.): Das Wunderbare der arthurischen Literatur. Probleme und Perspekti­ven. Tübingen 2003, S. 299-311, hier S. 300.

20 Für Mertens „erscheint die Abenteuerwelt [...] als Gegenwelt, [...] die es lediglich zu über­winden gilt, an der es aber nichts zu lernen und zu deuten gibt.“ (Ders. (1990): Gewisse lere, S. 88). Diese Schlussfolgerung berücksichtigt jedoch nicht, dass Wigalois eine gewisse Entwick­lung durchmacht: Er muss beispielsweise erst schmerzlich lernen, dass in der Gegenwelt an­dere, nichthöfische, Regeln gelten. So wird er von dem Waldweib Ruel beinahe getötet, weil er sein Schwert gemäß den ritterlichen Idealen nicht gegen eine Frau erheben will (6373-77). Auch Daniel muss erst lernen, „daß er die ritterlichen Werte situationsgemäß interpretieren muß“ (Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 119), bevor er es mit dem Endgegner, dem Riesen­vater, aufnehmen kann.

21 Fuchs stellt fest, dass Wigalois nach Abschluss der ersten aventiure -Sequenz nichts erreicht habe, was ihm nicht bereits zu Beginn des Romans ohne Zweifel zugesprochen worden wäre. Daher könne der Held sich auch nicht verfehlen (Fuchs, Stefan: Hybride Helden: Gwigalois und Willehalm. Beiträge zum Heldenbild und zur Poetik des Romans im frühen 13. Jahrhundert. Heidelberg 1997, S. 140). Die höfischen Bewährungsproben dienen als Beweis für Nereja und den Helden selbst - und damit auch für die Rezipierenden - dass Wigalois wirklich, trotz sei­nes jungen Alters, ein geeigneter und mutiger Kämpfer ist, der an seine Fähigkeiten glaubt. Schulz erkennt die Idealität des Helden ebenfalls und möchte dem aventiure-Weg die Funktion der Demonstration von Wigalois' „exorbitante[r], von ihm selbst deshalb gar nicht mehr do­sierbare^] Kampfkraft“ zuschreiben (Schulz, Armin: Das Nicht-höfische als Dämonisches: Die Gegenwelt Korntin im Wigalois. In: Friedrich Wolfzettel, Cora Dietl, Matthias Däumer (Hrsg.): Artusroman und Mythos. Schriften der Internationalen Artusgesellschaft, Sektion Deutschland, Österreich. Band 8. Berlin 2011, S. 391-407, hier S. 401). Doch durch diese unkontrollierbare Kraft begeht Wigalois anfänglich Fehler, wie z. B. einen unbeabsichtigten Mord (1993-2002). Eming regt deswegen an, „die These der .Idealität' zu überdenken“ (Eming, Jutta: Funktions­wandel des Wunderbaren: Studien zum Bel inconnu, zum Wigalois und zum Wigoleis vom Rade. Trier 1999, S. 169). Gottzmann weist auf die vier zu erwerbenden Tugenden hin, die Wigalois im Verlauf lernt und beim Vorrechtskampf gegen Schaffilun schließlich vereinen kann: tempe- rantia, fortitudo, iustitia, und prudentia (Gottzmann, Carola L.: Wirnts von Gravenberc Wigalois: Zur Klassifizierung sogenannter epigonaler Artusdichtung. In: Cola Minis, Arend Quak (Hrsg.): Amsterdamer Beiträge zur Älteren Germanistik, Band 14. Amsterdam [et al.] 1979, S. 87-136, hier S. 127f.).

22 Vgl. Haug, Walter: Literaturtheorie im deutschen Mittelalter von den Anfängen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. 2., überarb. u. erw. Aufl. Darmstadt 1992, S. 260. Schneider führt als exemplarischen Beleg an, dass im Wigalois sogar der tugendhafteste Ritter (Gawein) durch die Tugendsteinprobe fällt. Lediglich Artus selbst und Wigalois bestehen sie (1489-1517) (vgl. Schneider, Almut: Teufelsklang und höllische Stille. Erzählen von Dissonanz im ,Wigalois' des Wirnt von Gravenberg. In: Jörn Bockmann und Julia Gold (Hrsg.): Turpiloquium: Kommunika­tion mit Teufeln und Dämonen in Mittelalter und früher Neuzeit. Würzburger Beiträge zur deutschen Philologie; Band 41. Würzburg 2017, S. 83-102, hier S. 100). Der Artushof bedürfe gem. Schneider also „der Erneuerung [...] aus einem anderweltlichen Feenreich.“ (Ebd.).

23 Haug (1992): Literaturtheorie im deutschen Mittelalter, S. 260.

24 stellv. Mertens (2007): Der deutsche Artusroman, S. 183. Schröder spricht ursprünglich von einer Stilisierung zum „Legendenhelden“ (Schröder, Werner: Der synkretistische Roman des Wirnt von Gravenberg: Unerledigte Fragen an den Wigalois. In: Rainer Gruenter (Hrsg.): Eu­phorion. Zeitschrift für Literaturgeschichte. Band 80, Nr. 3. Heidelberg 1986, S. 235-277, hier S. 248).

25 Das Artusreich wurde seinem König von Gott persönlich ze lehen gegeben (Dan.: 484-9). Die arthurisch-höfische Ordnung ist somit zugleich die göttliche Ordnung.

26 Haug (1980): Paradigmatische Poesie, S. 216.

27 So liest Mertens den Daniel als „literarisches Experiment“ (Ders. (1990): Gewisse lëre, S. 95) und sieht eine karikierende Überbietung der religiösen Überhöhung Wigalois' (vgl. Ebd., S. 93). Wandhoff wiederum schlägt vor, dem Roman eine doppelte Lesbarkeit zuzugestehen: Eine parodistische und eine ernstzunehmende, handlungsorientierte; abhängig von der Belesen­heit der Rezipierenden (vgl. Wandhoff, Haiko: Strickers ,Daniel von dem Blühenden Tal': ein komischer Artusroman im frühen 13. Jahrhundert? In: Werner Röcke (Hrsg.): Komische Gegen­welten: Lachen und Literatur in Mittelalter und Früher Neuzeit. Paderborn 1999, S. 47-62, hier S. 54).

28 Mertens (2007): Der deutsche Artusroman, S. 207.

29 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 118.

30 Moelleken & Henderson erkennen „Daniels hilfreiche Taten im Dienste Schutzloser“ richtig als geeignet für den Erwerb von ëre und guot (Moelleken, Wolfgang W., Henderson, Ingeborg: Die Bedeutung der liste im ,Daniel' des Strickers. In: Cola Minis (Hrsg.): Amsterdamer Beiträge zur Älteren Germanistik. Band 4. Amsterdam 1973, S. 187-201, hier S. 197), sehen jedoch in dem Helden eine Repräsentation des „Menschen âne guot, der sich nur mit Hilfe außeror­dentlicher Mittel, der liste, um seinen Herrn verdient machen kann und dadurch lop, ëre und das ersehnte guot erlangt.“ (Ebd., S. 199). Ragotzky und Pingel lehnen diese Ansicht zurecht ab und weisen darauf hin, dass Daniel als Königssohn (341-44) vermutlich über ausreichende Mittel verfüge (vgl. Ragotzky (1981): Gattungserneuerung und Laienunterweisung, S. 45, Anm. 1 und Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 33, Anm. 4). Mit dem noch zu erwerbenden guot sind vielmehr die Königskrone eines rechtmäßig befreiten Reiches und die Hand einer Frau ge­meint.

31 Vgl. Cormeau, Christoph: ,Wigalois' und ,Diu Crone': zwei Kapitel zur Gattungsgeschichte des nachklassischen Aventiureromans. Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Lite­ratur des Mittelalters; 57. Zürich 1977, S. 41.

32 Vgl. Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 161.

33 Wigalois ist noch sehr jung (1318-20) und wird in der ersten âventiure -Sequenz nicht ernst genommen (1805-18, 2626-31, 3380-7).

34 Vgl. Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 161f.

35 Daniel stellt sich als Sohn des Königs Mandogran vor (341-44).

36 Vgl. Henderson, Ingeborg: Strickers Daniel von dem Blühenden Tal: Werkstruktur und Inter­pretation unter Berücksichtigung der handschriftlichen Überlieferung. German language and li­terature monographs; 1. Amsterdam 1976, S. 142.

37 Vgl. Wehrli, Max: Formen Mittelalterlicher Erzählung. Zürich 1969, S. 236.

38 Vgl. Fuchs (1997): Hybride Helden, S. 140.

39 Vgl. Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 179f.

40 Vgl. Beifuss, Helmut: Wigalois - ein Ritter Gottes? Schriftenreihe Schriften zur Mediävistik; Band 25. Hamburg 2016, S. 132.

41 Vgl. Cormeau (1977): ,Wigalois'und,Diu Crone', S. 42.

42 Vgl. Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 183.

43 Wigalois: 6423-24, 7581-59. Beifuss deutet Wigalois' gir (7130) als das Verlangen nach La­rie (Ders. (2016): Wigalois - ein Ritter Gottes?, S. 183).

44 Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 179.

45 Vgl. EBD. , S. 180.

46 Hahn, Ingrid: Gott und Minne, Tod und ’triuwe’: zur Konzeption des ’Wigalois’ des Wirnt von Grafenberg. In: Helmut Brall, Barbara Haupt, Urban Küsters (Hrsg.): Personenbeziehungen in der mittelalterlichen Literatur. Studia Humaniora; 25. Düsseldorf 1994, S. 37-60, hier S. 49.

47 Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 180.

48 Zum mit der ëre einhergehenden Zwang vgl. Schneider: „Der normative Ehrebegriff des Ho­fes zwingt auch Daniel zum [zu dem Zeitpunkt zwingend tödlichen] Wagnis gegen den Rie­sen“ (Schneider, Guido: Er nam den spiegel in die hant, als in sin wisheit lërte: zum Einfluß kle­rikaler Hofkritiken und Herrschaftslehren auf den Wandel höfischer Epik in groß- und kleinepi­schen Dichtungen des Stricker. Item mediävistische Studien; 1. Essen 1994, S. 159). Daniel: 1056-60.

49 Fuchs bezeichnet das Brot als „Minnebrot“ (Ders. (1997): Hybride Helden, S. 144). Dietl ver­steht das Brot ebenfalls als „Sinnbild der Minne[, die den Helden als verborgene Kraft] beglei­tet - und ihm [...] immer wieder zusammen mit Gott helfend beistehen wird.“ (Dies. (2003): Wunder und zouber, S. 308).

50 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 150. Während das Artusreich in höchster Gefahr ist, komme eine egoistische Verwirklichung der persönlichen Interessen nicht in Frage (Ebd.).

51 Moelleken , Wolfgang W.: Minne und Ehe in Strickers Daniel von dem blühenden Tal: Struk­turanalytische Ergebnisse. In: Hugo Moser, Benno v. Wiese (Hrsg.): Zeitschrift für Deutsche Philologie, Band. 93. Sonderheft. Berlin/New York 1974, S. 42-50, hier S. 48.

52 Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 127.

53 Daniels Plan sieht vor, das Matürsche Heer mit Hilfe des schreienden und damit betäuben­den Tieres zu besiegen (1003-09).

54 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 150f.

55 Vgl. Ebd., S. 102.

56 Vgl. Ebd., S. 127.

57 Vgl. Henderson (1976): Strickers Daniel, S. 143.

58 Ebd., S. 142f.

59 Vgl. Ebd., S. 144.

60 Vgl. Henderson (1976): Strickers Daniel, S. 177.

61 Vgl. stellv.: Schröder (1986): Der synkretistische Roman, S. 248.

62 Vgl. Fuchs (1997): Hybride Helden, S. 146, Grubmüller (1985): Artusroman und Heilsbringe­rethos, S. 236f.

63 Vgl. Kern, Peter: Die Auseinandersetzung mit der Gattungstradition im Wigalois. In: Friedrich Wolfzettel (Hrsg.): Artusroman und Intertextualität: (Beiträge der Deutschen Sektionstagung der Internationalen Artusgesellschaft vom 16. bis 19. November 1989 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. M.). Giessen 1990, S. 73-83, hier S. 76.

64 Vgl. Beifuss (2016): Wigalois - ein Ritter Gottes?, S. 130.

65 EBD. , S. 131.

66 Vgl. Brinker, Claudia: ,hie ist diu aventiure geholt!' Die Jenseitsreise im Wigalois des Wirnt von Gravenberg: Kreuzzugsprogaganda und unterhaltsame Glaubenslehre? In: Claudia Brinker, Claudia Brinker-von der Heyde (Hrsg.): Contemplata aliis tradere, Studien zum Verhältnis von Literatur und Spiritualität. Bern 1995, S. 87-110, hier S. 89f.

67 Vgl. Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 178.

68 Vgl. Beifuss (2016): Wigalois - ein Ritter Gottes?, S. 146.

69 Vgl. Cormeau (1977): ,Wigalois'und,Diu Crone', S. 40. Wigalois: 6040-58, 6527-8, 6830-59.

70 Cormeau (1977): ,Wigalois'und,Diu Crone', S. 40.

71 Vgl. Ebd.

72 Cormeau (1977): ,Wigalois'und,Diu Crone', S. 58.

73 Vgl. Wehrli (1969): Formen Mittelalterlicher Erzählung, S. 232.

74 Vgl. Henderson, Ingeborg: Selbstentfremdung im ,Wigalois' Wirnts von Grafenberg. In: Bernd Kratz (Hrsg.): Colloquia Germanica, Internationale Zeitschrift für Germanische Sprach- und Literaturwissenschaft, Band 13, Nr. 1. Bern [et al.] 1980, S. 35-46, hier S. 42. Detailliert zum Rad der Fortuna: Ebd.

75 Vgl. ausführlich zur göttlichen sxlde Kern (1990): Gattungstradition im Wigalois, S. 78f.

76 Schiewer, Hans-Jochen: Mythisierung als Vereinfachung: ein Versuch zum (späten) Artusro­man: ,Wigalois'. In: Hans-Jochen Schiewer, Stefan Seeber (Hrsg.): Höfische Wissensordnungen. Encomia Deutsch; 2. Göttingen 2012, S. 39-50, hier S. 46.

77 Ebd.

78 Vgl. Ebd.

79 Vgl. Henderson (1980): Selbstentfremdung im ,Wigalois', S. 35f.

80 Vgl. Ebd, S. 40.

81 Kern erkennt zwar eine Steigerung des „religiöse[n] Beistand[s] über das gewohnte Maß hinaus“ (Kern (1990): Gattungstradition im Wigalois, S. 76), sieht darin aber keinen Wende­punkt. Fuchs stimmt dem zu und postuliert, dass Wigalois schon vor, aber auch nach der Ohn­macht ein leidender Held sei und bleibe (vgl. Fuchs (1997): Hybride Helden, S. 150). Cormeau wiederum will einen Bewährungsprozess auch in der zweiten aventiure -Reihe sehen, nicht aber eine Krise (vgl. Cormeau (1977): ,Wigalois'und,Diu Crone', S. 48).

82 Henderson (1980): Selbstentfremdung im ,Wigalois', S. 41.

83 Vgl. Beifuss (2016): Wigalois - ein Ritter Gottes?, S. 153f.

84 Vgl. Grubmüller (1985): Artusroman und Heilsbringerethos, S. 231.

85 Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 202.

86 „Gwigalois Höflichkeit und Hilfsbereitschaft in bezug [sic!] auf Frauen steht in den ersten âventiuren eine bemerkenswerte Rücksichtslosigkeit und Brutalität hinsichtlich seiner Gegner gegenüber“ (Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 171).

87 Vgl. Henderson (1980): Selbstentfremdung im ,Wigalois', S. 44.

88 Vgl. Ebd.

89 Vgl. Henderson (1980): Selbstentfremdung im ,Wigaloisr, S. 43.

90 Ebd., S. 44.

91 Grubmüller (1985): Artusroman und Heilsbringerethos, S. 235.

92 Vgl. Schneider (2017): Teufelsklang und höllische Stille, S. 100.

93 Vgl. Schulz (2011): Das Nicht-höfische als Dämonisches, S. 399.

94 Bezeichnung übernommen von Brinker, die auch auf den Brauch dahinter eingeht (vgl. Brin­ker (1995): Die Jenseitsreise im Wigalois, S. 101).

95 Dietl, Cora: Wigalois der Schachkönig. In: Klaus Bohnen, Bjprn Ekmann (Hrsg.): Text & Kon­text; Zeitschrift für germanistische Literaturforschung in Skandinavien; 24. Kopenhagen [et al.] 2002, S. 98-112, hier S. 105.

96 stellv. Fuchs: „Der Held trägt deutliche Züge des Legendenheiligen: er ist psychisch völlig statisch und geht seinen auserwählten Lebensweg mit Gottes Gnade[,] ohne mehr dazuzutun, als ohnehin schon immer perfekt gewesen zu sein und, wo es nötig wird, Gottes Beistand an­zufordern.“ (Ders. (1997): Hybride Helden, S. 168).

97 Ebd. , S. 143.

98 Hammer, Andreas: Ordnung durch Un-Ordnung. Der Zusammenschluss von Teufel und Monster in der mittelalterlichen Literatur. In: Achim Geisenhanslüke, Georg Mein (Hrsg.): Monströse Ordnungen. Zur Typologie und Ästhetik des Anormalen. Bielefeld 2009, S. 209-256, hier S. 222.

99 Schulz (2011): Das Nicht-höfische als Dämonisches, S. 399.

100 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 163.

101 Vgl. Seifert, Arno: Historia im Mittelalter. In: Arno Seifert (Hrsg.): Archiv für Begriffsge­schichte; 21. Göttingen 1977, S. 226-284, hier S. 244.

102 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 164.

103 Ebd., S. 33.

104 Vgl. Moelleken & Henderson (1973): Die Bedeutung der liste im ,Daniel', S. 195.

105 Vgl. Ragotzky (1981): Gattungserneuerung und Laienunterweisung, S. 69.

106 Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 186. Pingel weist im Daniel einen „Rückgriff auf vier Exempelfiguren“ nach. Die Funktion dieser Exempelfiguren; Daniel, Alexander, Odysseus und Perseus, bestehe darin, Daniel umfassend abzusichern. Die list, die Daniel hauptmotivisch ver­wendet, mache diese Legitimation notwendig (vgl. Ebd., S. 160-187).

107 Vgl. Ebd., S. 106.

108 Vgl. Ebd., S. 106f. Vgl. auch Daniel: 1978-83.

109 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 106f.

110 Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 103.

111 Vgl. Ebd.

112 Vgl. Ebd., S. 112.

113 Ebd.

114 Vgl. Ragotzky (1981): Gattungserneuerung und Laienunterweisung, S. 66f., Anm. 38. Im Fall Jurâns und des Herzogtums zum Trüeben Berge hat der Zwerg die Reichsübernahme noch nicht abgeschlossen.

115 Vgl. Schilling , Michael: Der Stricker am Wiener Hof? Überlegungen zur historischen Situie­rung des Daniel von dem Blühenden Tal. In: Rainer Gruenter (Hrsg.): Euphorion. Zeitschrift für Literaturgeschichte. Band 85. Heidelberg 1991, S. 273-291, hier S. 280.

116 Ebd., S. 279.

117 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 103.

118 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 103 und Grubmüller (1985): Artusroman und Heils­bringerethos, S. 237.

119 Vgl. Giloy-Hirtz, Petra: Begegnung mit dem Ungeheuer. In: Gert Kaiser (Hrsg.): An den Gren­zen höfischer Kultur. Anfechtungen der Lebensordnung in der deutschen Erzähldichtung des hohen Mittelalters. München 1991, S. 167-209, hier S. 177.

120 Ebd., S. 178.

121 Henderson beschreibt ausführlich die drei Ebenen des vollständig abgeschotteten Landes Korntin (Henderson, Ingeborg: Dark Figures and Eschatological Imagery in Wirnt von Graven- berg's Wigalois. In: Edward R. Haymes, Stephanie Cain Van D’Elden (Hrsg.): The Dark Figure in Medieval German and Germanic Literature. Göppingen 1986, S. 99-113, hier S. 101f.).

122 Vgl. Giloy-Hirtz (1991): Begegnung mit dem Ungeheuer, S. 178.

123 Vgl. Ebd., S. 184.

124 Vgl. Henderson (1986): Dark Figures, S. 106.

125 Vgl. Haug (1980): Paradigmatische Poesie, S. 212.

126 Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 208.

127 Schulz (2011): Das Nicht-höfische als Dämonisches, S. 404.

128 Haug (1980): Paradigmatische Poesie, S. 212.

129 Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 84.

130 Vgl. Henderson (1986): Dark Figures, S. 105, Hammer (2009): Ordnung durch Un-Ordnung, S. 238, Anm. 52.

131 Hammer (2009): Ordnung durch Un-Ordnung, S. 238, Anm. 52.

132 Haug, Walter: Der Teufel und das Böse im mittelalterlichen Roman. In: Walter Haug (Hrsg.): Strukturen als Schlüssel zur Welt. Kleine Schriften zur Erzählliteratur des Mittelalters. Tübin­gen 1989, S. 67-85, hier S. 73.

133 Hammer (2009): Ordnung durch Un-Ordnung, S. 238, Anm. 52.

134 Ebd.

135 Schulz (2011): Das Nicht-höfische als Dämonisches, S. 404, Anm. 39.

136 Vgl. Cormeau (1977): ,Wigalois'und,Diu Crone’, S. 39.

137 Vgl. ausführlich dazu: Schneider (2017): Teufelsklang und höllische Stille.

138 Vgl. Grubmüller (1985): Artusroman und Heilsbringerethos, S. 234.

139 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 104-6.

140 Vgl. Henderson (1986): Dark Figures, S. 104.

141 Schröder bezeichnet das durch einen Blick in die Augen tötende houbet (Dan., 1902-6) tref­fend als „Medusenhaupt“. (Schröder, Werner: und zuckte in uf als einen schoup. Parodierte Ar­tus-Herrlichkeit in Strickers ,Daniel'. In: Karl Hauck, Karl A. Kroeschell (Hrsg.): Sprache und Recht. Band 2. Beiträge zur Kulturgeschichte des Mittelalters. Festschrift für Ruth Schmidt- Wiegand zum 60. Geburtstag. Berlin [et al.] 1986, S. 814-830, hier S. 820).

142 Hammer (2009): Ordnung durch Un-Ordnung, S. 237. Schulz tritt dazu in Opposition: „[E]in Drache gilt dem Mittelalter grundsätzlich als teuflisches Geschöpf“ (Ders. (2011): Das Nicht­höfische als Dämonisches, S. 404, Anm. 38).

143 Hammer ist nicht zuzustimmen, wenn er die Bedeutung der Gotteswaffe als unklar ausweist (vgl. Ders. (2009): Ordnung durch Un-Ordnung, S. 237). Zwar besiegt Wigalois den Drachen primär mit seiner heroischen Kampfkraft und ebenjener Lanze, also einer ritterlichen Waffe; für den Sieg aber ist diese spezielle Waffe, die von einem Engel gebracht wurde, unbedingt erforderlich, da nur sie dem Drachen die tödliche Wunde beibringen kann. Dass der religiöse Kontext erst durch den Protagonisten etabliert werde (Ebd.), scheint angesichts der Blüte (4743) aus dem kleinen, irdischen paradise (4673) und der besagten göttlichen Lanze nicht zutreffend. Die Bekreuzigung (5019) und das Gebet (5079-85) mit der Bitte, Gott möge den tievel vellen (5084) dürften zusätzlich ihre Wirkung entfaltet und den ganzen Kampf in das Licht eines gottgeführten Erlösungskampfes gerückt haben. Ein weiteres Mal schlägt Wigalois das Kreuzzeichen nur noch vor dem Kampf gegen Roaz; der umwölkte Teufel kann sich dem Helden daraufhin nicht mehr nähern.

144 Marrien kann den Zentauren zugeordnet werden, die im Mittelalter als Dämonen galten (vgl. Bolta, Eva: Die Chimäre als dialektische Denkfigur im Artusroman : mit exemplarischen Analysen von Teilen des "Parzival" Wolframs von Eschenbach, des "Wigalois" Wirnts von Grafen­berg und der "Crone" Heinrichs von dem Türlin. Mikrokosmos. Beiträge zur Literaturwissen­schaft und Bedeutungsforschung. Band 81. Frankfurt am Main 2014, S. 122, Anm. 443). Bolta geht auch auf das Motiv des griechischen Feuers näher ein (vgl. Ebd.).

145 Gottzmann (1979): Wirnts von Gravenberc Wigalois, S. 117.

146 Vgl. Ebd.

147 Vgl. Dietl, Cora: Strickers Daniel zwischen Herrscherroman und Heiligenlegende. In: Cora Dietl, Friedrich Wolfzettel, Christoph Schanze (Hrsg.): Gattungsinferenzen. Der Artusroman im Dialog. Berlin [et al.] 2016, S. 95-115, hier S. 104. Ebd. auch ausführlich zum Motiv der Aus­satzheilung.

148 Dietl (2016): Strickers Daniel zwischen Herrscherroman und Heiligenlegende, S. 105.

149 Vgl. Hammer (2009): Ordnung durch Un-Ordnung, S. 221.

150 Vgl. Beifuss (2016): Wigalois - ein Ritter Gottes?, S. 96.

151 Ebd. , S. 97. „Ergänzt werden die vier [...] Grundtugenden [Weisheit, Tapferkeit, Gerechtig­keit und Mäßigung/mâze] zu einem siebener System [sic!] durch die drei explizit christlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe.“ (Ebd.). Gottzmann weist darauf hin, dass Wigalois die drei göttlichen Tugenden Hoffnung, Glaube und Liebe durch Gottes Gnade verliehen werden (Dies. (1979): Wirnts von Gravenberc Wigalois, S. 128).

152 Vgl. Beifuss (2016): Wigalois - ein Ritter Gottes?, S. 120f.

153 Schröder (1986): Parodierte Artus-Herrlichkeit in Strickers ,DanieP, S. 819.

154 Vgl. Schneider (1994): Er nam den spiegel in die hant, S. 159f.

155 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 103.

156 Vgl. Schneider (1994): Er nam den spiegel in die hant, S. 163.

157 Vgl. Schneider (1994): Er nam den spiegel in die hant, S. 162.

158 Vgl. Henderson (1976): Strickers Daniel, S. 164.

159 Dietl (2016): Strickers Daniel zwischen Herrscherroman und Heiligenlegende, S. 107.

160 Dietl trifft die Aussage über Wigalois, sie trifft aber auch auf Daniel zu (vgl. Dies. (2002): Wigalois der Schachkönig, S. 108).

161 Ebd., S. 109.

162 Zur Definition des Wunders nach den Brüdern Grimm vgl. Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 27-29.

163 Vgl. Grubmüller (1985): Artusroman und Heilsbringerethos, S. 231.

164 Vgl. Ebd.

165 Vgl. Fuchs (1997): Hybride Helden, S. 167.

166 Vgl. Ebd. , S. 168.

167 Fuchs (1997): Hybride Helden, S. 170.

168 Vgl. Ebd. , S. 149.

169 Auf diese und weitere glückliche Zufälle weist Dietl hin (Vgl. Dietl (2003): Wunder und zouber, S. 309).

170 Vgl. Ebd..

171 Ebd., S. 310.

172 Ebd.

173 „Die Wunderdinge, die Gwigalois benutzt, lassen sich zwar noch einigermaßen nach magi­scher und christlicher Provenienz unterscheiden [...]. In Ihrer Funktion jedoch sind magisch­zauberische und religiöse Mittel nicht mehr auseinanderzuhalten.“ (Eming (1999): Funktions­wandel des Wunderbaren, S. 212f.). Fasbender legt deshalb eine Verständigung darüber nahe, „dass .magisch' und .christlich/religiös' auch nach christlichem Verständnis keine Gegensätze darstellen [müssen]“ (Fasbender, Christoph: Der, Wigalois' Wirnts von Grafenberg. Eine Einfüh­rung. Berlin/New York 2010, S. 173).

174 Vgl. Dietl (2003): Wunder und zouber, S. 309.

175 Vgl. Ebd., S. 307f., Anm. 28.

176 Vgl. Dimpel, Friedrich M.: Fort mit dem Zaubergürtel! Entzauberte Räume im ,Wigalois' des Wirnt von Gravenberg. In: Sonja Glauch, Susanne Köbele, Uta Störmer-Caysa (Hrsg.): Projek­tion - Reflexion - Ferne. Räumliche Vorstellungen und Denkfiguren im Mittelalter. Berlin 2011, S. 13-37, hier S. 18, Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 162.

177 Vgl. Wehrli, Max: Wigalois. In: Robert Ulshöfer (Hrsg.): Der Deutschunterricht. Beiträge zu seiner Praxis und wissenschaftlichen Grundlegung. Band 17. Spätes Mittelalter. Stuttgart 1965, S. 18-35, hier S. 26.

178 Fuchs (1997): Hybride Helden, S. 151. Ähnlich Cormeau: „Der Gürtel ist [...] beinahe ein blin­des Motiv.“ (Cormeau (1977): ,Wigalois'und,Diu Crone', S. 54).

179 Kern (1990): Gattungstradition im Wigalois, S. 76.

180 Fuchs (1997): Hybride Helden, S. 152. Der Harnisch macht partiell unverwundbar, ihm kann selbst Marriens listviuwer nichts anhaben (6990-3). Wie sollte ein Gürtel eine solche Funktion leisten?

181 „In der Gestalt des Brotes [...] wird Gott lebendige Nahrung für uns Menschen.“ (Guardini, Romano: Von heiligen Zeichen. Mainz 1927, S. 39). Auch die Bibel gibt Aufschluss. So spricht Jesus: „Ich bin das Brot des Lebens“ (Joh. 6, 48), „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm.“ (Joh. 6, 56). Zusätzlich schützt das Brot gegen Hunger, „wie die Hostie in der Legende“ (Wehrli (1969): Formen Mittelalterlicher Erzählung, S. 239).

182 Fuchs (1997): Hybride Helden, S. 152.

183 Vgl. Beifuss (2016): Wigalois - ein Ritter Gottes?, S. 156.

184 Beifuss zählt zu den apotropäischen Mitteln den Schutzbrief im mit Reliquien bestückten Amulett, das Minnebrot, die duftende Blüte und die glävie (vgl. Ebd. , S. 140).

185 Vgl. Ebd. , S. 139, Anm. 55.

186 Vgl. Hammer (2009): Ordnung durch Un-Ordnung, S. 216.

187 Fuchs (1997): Hybride Helden, S. 175.

188 Hammer (2009): Ordnung durch Un-Ordnung, S. 240.

189 Dietl (2003): Wunder und zouber, S. 303.

190 Vgl. Ebd.

191 Vgl. Ebd., S. 304.

192 Ebd.

193 Vgl. Ebd., S. 303.

194 Fasbender (2010): Der ,Wigalois'. Eine Einführung, S. 174.

195 Vgl. Dietl (2003): Wunder und zouber, S. 304.

196 Vgl. Beifuss (2016): Wigalois - ein Ritter Gottes?, S. 161.

197 Menzel, Wolfgang: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. Hrsg. v. G. Joseph Manz. 2. Auflage. Regensburg 1856, S. 357.

198 Gottzmann, Carola L.: Rittertum, Minne, Ehe und Herrschertum: die Artusepik der hochhöfi­schen Zeit. Deutsche Artusdichtung, Band 1. Information und Interpretation; 2. Frankfurt am Main 1986, S. 315.

199 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 136.

200 Vgl. Moelleken (1983): Die Bedeutung der Riesenvaterepisode, S. 355.

201 Ragotzky (1981): Gattungserneuerung und Laienunterweisung, S. 71.

202 Henderson (1976): Strickers Daniel, S. 147.

203 Kern, Peter: Rezeption und Genese des Artusroman: Überlegungen zu Strickers Daniel von dem blühenden Tal. In: Hugo Moser, Benno v. Wiese (Hrsg.): Zeitschrift für Deutsche Philologie, Band 93. Sonderheft. Berlin [et al.] 1974, S. 18-42, hier S. 40. Henderson hat zwar nicht Unrecht, wenn sie auf die unverminderte Bedeutung der Kraft hinweist (vgl. Dies. (1976): Strickers Da­niel, S. 139, Anm. 13.), die vor allem in den Schlachten zu bestaunen ist (bspw. 5571-2), den­noch überwiegt in Daniels Einzel-aventiuren definitiv die Notwendigkeit der list -Anwendung über die der kraft -Anwendung. Der Stricker selbst bezieht zum Thema list vs. kraft Stellung in seiner vielzitierten Lehrverlautbarung (7487-92, s. S. 42 in vorliegender Arbeit).

204 Vgl. Spiewok, Wolfgang: Der Stricker und die Prudentia. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Ernst Moritz Arndt-Universität Greifswald, Gesellschaftswissenschaftliche Reihe, Band 13. Greifswald 1964, S. 119-126, hier S. 124.

205 Boor, Helmut de: Der Daniel des Stricker und der Garel des Pleier. In: Helmut de Boor, Inge­borg Schröbler (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Band 79. Tübingen 1957, S. 67-84, hier S. 72.

206 Vgl. Henderson (1976): Strickers Daniel, S. 141. Ragotzky formuliert es so: „Schlau nutzt Daniel den ,blinden Fleck' des jeweiligen Gegners, d.h. die Stelle, wo dieser durch mechani­sches Reagieren berechenbar und damit verwundbar ist.“ (Ragotzky, Hedda: Das Handlungs­modell der list und die Thematisierung der Bedeutung von guot: Zum Problem einer sozialge­schichtlich orientierten Interpretation von Strickers Daniel vom blühenden Tal und dem Pfaffen Amis. In: Gert Kaiser (Hrsg.): Literatur - Publikum - historischer Kontext. Bern [et al.] 1977, S. 183-203, hier S. 193).

207 Henderson (1976): Strickers Daniel, S. 144.

208 Boor, Helmut de: Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart. Band 2. Hrsg. v. Helmut de Boor und Richard Newald. Die höfische Literatur: Vorbereitung, Blüte, Ausklang, 1170-1250. 11. Auflage, bearbeitet v. Ursula Henning. München 1991, S. 63.

209 Vgl. Pingel (1994): Ritterliche Werte, S. 149f.

210 Vgl. Ebd., S. 150.

211 Vgl. Ebd.

212 Haug (1980): Paradigmatische Poesie, S. 220.

213 Ragotzky (1981): Gattungserneuerung und Laienunterweisung, S. 73.

214 Vgl. Eming (1999): Funktionswandel des Wunderbaren, S. 204.

215 Ebd. Vgl. auch Ebd., S. 214.

216 Vgl. Beifuss (2016): Wigalois - ein Ritter Gottes?, S. 180, Anm. 134.

217 Haug (1980): Paradigmatische Poesie, S. 220.

218 Vgl. Ragotzky (1977): Das Handlungsmodell der list, S. 194 und Dies. (1981): Gattungser­neuerung und Laienunterweisung, S. 74.

219 Ragotzky (1981): Gattungserneuerung und Laienunterweisung, S. 82.

Ende der Leseprobe aus 52 Seiten

Details

Titel
Aventiure-Bewältigung im "Wigalois" und im "Daniel von dem blühenden Tal"
Untertitel
Ein literarischer Vergleich der nachklassischen Artusromane
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für Deutsche Sprache und Literatur)
Note
2,1
Autor
Jahr
2019
Seiten
52
Katalognummer
V925478
ISBN (eBook)
9783346252265
ISBN (Buch)
9783346252272
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wigalois, aventiure, daniel von dem blühenden tal, list, gottgeleit, artusroman
Arbeit zitieren
Sebastian Voigt (Autor:in), 2019, Aventiure-Bewältigung im "Wigalois" und im "Daniel von dem blühenden Tal", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/925478

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