Factor Investing. Regelgebundene und quantitativ getriebene Kapitalanlage

Umsetzung der Faktor Strategien am Euro Stoxx 50


Bachelorarbeit, 2020

100 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

III. Tabellenverzeichnis

IV. Formelverzeichnis

V. Symbolverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Vorgehensweise und Zielsetzung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Die Bestimmung der Performance
2.1.1 Rendite
2.1.2 Risiko
2.1.3 Rendite und Risiko im Kontext der Finanzmärkte
2.2 Kritische Hinterfragung der Informationseffizienz an Finanzmärkten
2.3 Das Capital Asset Pricing Model
2.4 Vom CAPM zum Factor Investing

3 Factor Investing
3.1 Die Faktoren
3.2 Die Auswahl der Faktoren
3.2.1 Momentum
3.2.2 Low Volatility
3.2.3 Value
3.3 Implementierung der Faktorstrategien
3.3.1 Style Faktoren im Kontext des Konjunkturzyklus
3.3.2 Die Long-Only und Long-Short Debatte
3.4 Die Performance der Faktoren in der Vergangenheit

4 Die Umsetzung der Faktor Strategien am Euro Stoxx 50
4.1 Die Architektur von Indexprodukten
4.1.1 Portfolio Neuzusammenstellung und Neugewichtung
4.1.2 Die Anzahl der Einzelwerte
4.1.3 Die Gewichtung der Einzelwerte
4.2 Daten und Methodik
4.3 Einzelfaktorstrategien
4.3.1 Momentum Strategie
4.3.2 Low Volatility Strategie
4.3.3 Value Strategie
4.4 Multifaktorstrategien
4.4.1 Top-Down Ansatz
4.4.2 Bottom-Up Ansatz

5 Die Analyse der umgesetzten Strategien
5.1 Alphafaktor und Information Ratio
5.2 Die Benchmark
5.3 Faktor Regression und Jensen-Alpha
5.4 Sharpe-Ratio
5.5 Performanceanalyse
5.5.1 Benchmark
5.5.2 Einzelfaktorstrategien
5.5.2.1 Momentum
5.5.2.2 Low Volatility
5.5.2.3 Value
5.5.3 Multifaktorstrategien
5.5.3.1 Top-Down Ansatz
5.5.3.2 Bottom-Up Ansatz
5.6 Gesamtergebnis und kritische Würdigung

6 Fazit

VI. Anhangsverzeichnis

VII. Literatur und Quellenverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

II. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Rendite-Risiko-Beziehung verschiedener Anlageklassen

Abbildung 2: Erkenntnisse aus dem CAPM für das Factor Investing

Abbildung 3: Konjunkturzyklus und Faktorprämien

Abbildung 4: Risiko und Rendite der Faktoren (1975-2014)

Abbildung 5: Der Investmentprozess eines langfristigen Anlegers

Abbildung 6: Standardabweichung und Anzahl der Aktien im Portfolio

Abbildung 7: Charakteristiken der Gewichtung nach Marktkapitalisierung

Abbildung 8: Gewichtung nach Faktorausprägung

Abbildung 9: Momentum Strategie

Abbildung 10: Low Volatility Strategie

Abbildung 11: Value Strategie

Abbildung 12: Korrelation zwischen den Faktoren

Abbildung 13: Top-Down Ansatz beim Multifactor Investing

Abbildung 14: Bottom-Up Ansatz beim Multifactor Investing

Abbildung 15: Rendite-Risiko-Diagramm: Benchmark (2010-2020)

Abbildung 16: Rendite-Risiko-Diagramm: Momentum (2010-2020)

Abbildung 17: Rendite-Risiko-Diagramm: Low Volatility (2010-2020)

Abbildung 18: Rendite-Risiko-Diagramm: Value (2010-2020)

Abbildung 19: Rendite-Risiko-Diagramm: MF Top-Down (2010-2020)

Abbildung 20: Rendite-Risiko-Diagramm: MF Bottom-Up (2010-2020)

Abbildung 21: Gesamtübersicht (2010-2020)

Abbildung 22: Bruttoinlandsprodukt Eurozone

Abbildung 23: Gesamtübersicht (2010-2015)

Abbildung 24: Gesamtübersicht (2015-2020)

III. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die Umsetzung der Momentum Strategie

Tabelle 2: Momentum Portfolio (30.06.2019)

Tabelle 3: Die Umsetzung der Low Volatility Strategie

Tabelle 4: Low Volatility Portfolio (30.06.2019)

Tabelle 5: Die Umsetzung der Low Volatility Strategie

Tabelle 6: Value Portfolio (01.01.2019)

Tabelle 7: Multifactor Bottom-Up Portfolio (30.06.2019)

Tabelle 8: CAPM Regression: Benchmark (2010-2020)

Tabelle 9: CAPM Regression: Momentum (2010-2020)

Tabelle 10: CAPM Regression: Low Volatility (2010-2020)

Tabelle 11: CAPM Regression: Value (2010-2020)

Tabelle 12: CAPM Regression: MF Top-Down (2010-2020)

Tabelle 13: CAPM Regression: MF Bottom-Up (2010-2020)

Tabelle 14: Auswertung der Portfolios (2010-2020)

IV. Formelverzeichnis

Formel (1): Performance

Forme l (2): Bruttorendite

Forme l (3): Diskrete Rendite

Form el (4): Stetige Rendite

Form el (5): Umformung stetige Rendite

Formel (6): Standardabweichung

Formel (7): Anualisierte Standardabweichung

Formel (8): Erwartete Rendite

Formel (9): Gewichtung einer Aktie

Formel (10): Alphafaktor

Formel (11): Information Ratio

Formel (12): CAPM Regression

Formel (13): Sharpe-Ratio

V. Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Seit der Finanzkrise findet beim Investieren in Investmentfonds ein tiefgreifender Wandel statt. Die oftmals routinemäßig und schablonenhaft angefertigten aktiv gemanagten Finanzprodukte brachten den Anlegern während der Finanzkrise Ergebnisse, mit denen sie nicht zufrieden sein konnten. Klassische, aktiv gemanagte Fonds sind zudem auch durch die Konkurrenz der passiv gemanagten und börsengehandelten Indexfonds großer Konkurrenz ausgesetzt.1 Diese sogenannten ETFs erfreuen sich einer großen Beliebtheit. Jedoch ist die Masseneuphorie um die viel beworbenen ETF Produkte schon fast übertrieben. Solche Fonds werden von überbewerteten und auf einzelne Sektoren konzentrierte Aktien dominiert.2

Um der Unzufriedenheit der Anleger entgegenzutreten antwortet die Branche mit dem Factor Investing. Dieses hat in der vergangenen Zeit einen großen Zuspruch erlebt. Factor Investing stellt eine Strategie für das aktive und passive Investieren dar.3 Der Anlageansatz soll höhere risikobereinigte Renditen abwerfen. Erreicht wird das durch die systematische Auswahl von Wertpapieren, die bestimmte Eigenschaften aufweisen.4

Durch die zunehmende Verbreitung des Factor Investing werden Bedenken laut, die höheren risikobereinigten Renditen der Faktoren könnten mit der Zeit verschwinden. Ein Grund dafür ist, dass Factor Investing auf Anomalien beruht, die durch Arbitrage beseitigt werden könnten. Fließt also als Folge der weiteren Verbreitung des Factor Investing viel Geld in bestimmte Aktien, so kann ihr Renditepotenzial verringert und die Bewertungskennzahl erhöht werden. Auch ist ein Anleger mit der Idee des Factor Investing nicht zu jeder Zeit gleich erfolgreich. Die einzelnen Faktoren sorgen nicht zu jeder Zeit für höhere risikobereinigte Renditen.5

Es ist deshalb wichtig, sich ausgiebig mit dem Thema Factor Investing zu beschäftigen, da dieses einiges an Fachwissen und Überlegungen verlangt. Um den angesprochenen Problemen entgegenzuwirken sollte bei der Auswahl der Faktoren einiges beachtet werden.

1.2 Vorgehensweise und Zielsetzung

Die Arbeit über das Factor Investing beginnt zunächst mit einer Erläuterung der für den Leser benötigten theoretischen Grundlagen. Der Fokus liegt dabei auf der Performancemessung einer Geldanlage und ihrer zwei Komponenten. Nach der Erarbeitung der in der Praxis gängigen Formeln zur Messung der Performance wird auf das Capital Asset Pricing Model und die Informationseffizienz an den Finanzmärkten eingegangen. Die Ausführung über das Capital Asset Pricing Model bildet die Überleitung zum Kern der Arbeit, dem Factor Investing.

Nach einer Begriffserklärung folgt die genaue Erläuterung, welche Faktoren sich für das Factor Investing eignen. Die für das Factor Investing geeigneten Faktoren Momentum, Low Volatility und Value werden daraufhin genauer beschreiben. Danach wird die Frage beantwortet, wie die Faktoren in ein Portfolio6 eines Anlegers implementiert werden können. Die Abhängigkeit der Performance der Faktoren von der Konjunktur wird hier ebenso thematisiert, wie der herrschende Zielkonflikt zwischen der Effektivität der Implementierung der Faktoren und der Möglichkeit der praktischen Umsetzung.

Die Fragestellung der Implementierung wird im nächsten Unterpunkt der Arbeit konkretisiert und für jeden Faktor erläutert. Danach werden in Betracht kommende Aktien für die Faktorstrategien vorgestellt. Es handelt sich um die Einzelwerte des Euro Stoxx 50, der als Anlageuniversum dient. Folgend wird die Gestaltung eines Portfolios, basierend auf einem Index, beschrieben. Neben den zu beachtenden Problemen, vor denen ein langfristiger Anleger steht, wird auch die Auswahl der Einzeltitel und ihre Gewichtung detailliert beschrieben. Danach folgt die praktische Umsetzung der einzelnen Portfolios der Faktorstrategien. Nachdem die Portfolios der einzelnen Faktorstrategien erstellt sind, findet eine Überleitung zu den Multifaktorstrategien statt. Es handelt sich hierbei um eine Verknüpfung der einzelnen Faktorstrategien. Auch hierzu werden Portfolios gebildet.

Am Ende der Arbeit folgt eine genaue Beschreibung zu den in der Arbeit verwendeten Methoden der Performancemessung. Der Vergleichsmaßstab für die Portfolios der Faktorstrategien wird festgelegt und Kennzahlen zur Performancemessung werden beschrieben. Danach geht die theoretische Beschreibung in die Messung der Performance aller Portfolios der Faktorstrategien, gegenüber dem festgelegten Vergleichsmaßstab unter Anwendung der Kennzahlen, über. Die Performancemessung endet mit einer Zusammenfassung und einer Gesamtübersicht aller Portfolios und schließt eine kritische Würdigung mit ein. Ein Fazit bildet den Schlusspunkt der Arbeit.

Die Zielsetzung der Arbeit liegt in der Überprüfung, ob die Portfolios der Faktorstrategien eine bessere Performance abliefern, als ihr Vergleichsmaßstab. Ein Abgleich der theoretischen Literatur mit der praktischen Umsetzung des Themas Factor Investing steht dabei im Mittelpunkt.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Die Bestimmung der Performance

Bei der Konstruktion eines Portfolios werden verschiedene Anlagecharakteristiken betrachtet. Dabei spielt die Rendite-Risiko-Beziehung der einzelnen Assets7, die in der Kapitalmarkttheorie dargestellt wird, eine große Rolle.8 Zusammen werden die beiden Komponenten als Performance bezeichnet. Die jeweilige Wichtigkeit der beiden genannten Komponenten hängt dabei von der Risikoeinstellung des Investors ab.9

Die erste Komponente der Performance, die Rendite, stellt die Ertragskraft eines Assets dar. Dabei handelt es sich um einen prozentualen Wert, der die Verzinsung des eingesetzten Kapitals aufzeigt. Kauft ein Anleger eine Aktie, so ist die Höhe der Rendite mit Unsicherheit behaftet. Denn wer eine Aktie kauft und hält, kann nicht sagen, ob er sie in der Zukunft wieder mit einem Gewinn verkaufen kann. Da die Renditedaten der Zukunft nicht zur Verfügung stehen, muss sich ein Anleger, der vor der Frage steht, ob sich die Geldanlage in bestimmte Aktien lohnt, anders behelfen. Dabei kann er die Renditen aus der Vergangenheit betrachten, um eine Vorstellung von den künftigen Erträgen zu erhalten. Die historischen Renditen dienen somit als Schätzwert für die zukünftigen Renditen.10 Das Risiko, die zweite Komponente der Performance, trägt der beschriebenen Unsicherheit Rechnung. Es bezeichnet die Möglichkeit der Abweichung von einer geplanten Größe. Risiko wird sowohl als negative als auch positive Abweichung der geplanten Größe verstanden.11 Die eben erläuterte zweidimensionale Zielgröße Performance wird mathematisch als Anlagerendite dividiert durch das mit der Anlage verbundene Risiko dargestellt. Es ergibt sich folgender Ausdruck zur Bestimmung der Performance:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bruns, C./Meyer-Bullerdiek, F. (2020), S. 2.

Durch die gemeinsame Betrachtung von Rendite und Risiko mit dimensionsgleichen Werten ist im Sinne der Portfoliokonstruktion eine simultane Optimierung der zwei Komponenten möglich.12

2.1.1 Rendite

Die Rendite von Kapitalanlagen setzt sich ebenfalls aus zwei Bausteinen zusammen. Zum einen gibt es periodische Einnahmen, wie Coupons bei Anleihen oder Dividenden bei Aktien und zum anderen Kapitalgewinne und -verluste aufgrund von Preisänderungen. Renditen können für mehrere Perioden oder auch nur über eine einzelne Periode berechnet werden.13 Dabei können Renditen für beliebig lange Perioden angegeben werden. Jedoch können die Renditen verschiedener Assets nur miteinander verglichen werden, wenn sie sich auf Perioden mit einer gleichen Dauer beziehen. Die gemeinsame Vergleichsperiode bei Renditen erstreckt sich meistens über den Zeitraum von einem Jahr. Der im Folgenden verwendete Renditebegriff wird als Brutto-Nominalrendite bezeichnet, da Transaktionskosten, Steuern und die Inflation nicht berücksichtigt werden.14 Die Bruttorendite einer einzelnen Periode bis kann folgendermaßen dargestellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Ang, A. (2014), S. 625.

Dabei ist der Preis der Kapitalanlage zu Beginn der betrachteten Periode und benennt den Preis der Kapitalanlage zum Ende der betrachteten Periode. Die Variable beinhaltet alle Dividenden und Zinszahlungen, die bis zum Ende der betrachteten Periode gezahlt werden.15 Bei dieser Betrachtung handelt es sich um eine Periode, die durch zwei einzelne Zeitpunkte abgegrenzt werden kann. Aus diesem Grund wird die mit der genannten Formel berechneten Rendite auch als diskrete Rendite bezeichnet. Die Formel enthält die Annahme, dass die Dividenden und Zinszahlungen ohne weiteren Verlust oder Verzinsung bis zum Periodenende aufbewahrt werden, oder anders gesagt, entnommen werden.16 Der Zinsenzinseffekt wird also nicht berücksichtigt. Die hier beschriebene diskrete Rendite kann, wenn sie über mehrere Perioden für die gleiche Kapitalanlage bestimmt wird, multiplikativ miteinander verknüpft werden. Das Ergebnis zeigt dann die Bruttorendite über den gesamten betrachteten Zeitraum an.17

Die diskrete Rendite besitzt den weiteren Vorteil, dass sie bei der Betrachtung verschiedener Assets additiv ist. Dafür muss sie nur in die Form umgewandelt werden, die durch folgende Formel definiert ist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Ang, A. (2014), S. 626.

Bei der additiven Verknüpfung müssen die einzelnen diskreten Renditen der Assets mit ihrer Gewichtung im Portfolio multipliziert und dann zu einer Gesamtrendite addiert werden.18

Neben den diskreten Renditen gibt es noch die sogenannten stetigen Renditen. Stetige Renditen können als Aneinanderreihung von diskreten Renditen in sehr kurzen Abständen beschrieben werden, wobei die stetige Rendite mathematisch dem Grenzwert aus der diskreten Rendite, wenn die Dauer der Anlageperiode gegen ein Minimum strebt, entspricht.19 Die stetige Rendite lässt sich wie folgt darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Ang, A. (2014), S. 626.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Ang, A. (2014), S. 626.

Bei der stetigen Rendite kommt es somit zu einer kontinuierlichen Verzinsung zwischen dem Anfangs- und dem Endzeitpunkt der Periode, wodurch dem Zinseszinseffekt Rechnung getragen wird. Die stetigen Renditen eines Assets können additiv verknüpft werden, um die Gesamtrendite eines Assets zu berechnen.20 Ein weiterer Vorteil der stetigen Renditen ist, dass sie näherungsweise als normalverteilt angesehen werden können. Somit eignen sie sich zur Berechnung von Modellen, bei denen die Normalverteilung angenommen wird.21

Der Einsatz von stetigen Renditen oder diskreten Renditen sollte nach der Eignung zur praktischen Anwendbarkeit erfolgen. Sie sind trotz ihrer Unterschiede gleichwertige Instrumente zur Renditeberechnung. Ang (2014) vergleicht den Einsatz der beiden Vorgehensweisen mit den Maßeinheiten beim Rezept eines Apfelkuchens. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Zutaten in Pfund oder Kilo gemessen werden. Jedoch sollte nicht frei zwischen den Methoden gewechselt werden, um Fehler zu vermeiden.22 In der Portfoliotheorie kommen verstärkt diskrete Renditen zum Einsatz. Die beschriebenen Eigenschaften der multiplikativen Verknüpfung der Renditen eines Assets und der additiven Verknüpfung mehrerer Assets eignen sich gut dafür.23

Renditebetrachtungen über mehrere Perioden können miteinander vergleichen werden, indem die einzelnen Renditen jeder Periode in eine Durchschnittsrendite umgewandelt werden. Dabei gibt es einen Unterschied zwischen der arithmetischen und der geometrischen Durchschnittsrendite. Bei der Berechnung der arithmetischen Durchschnittsrendite werden die einzelnen Renditen addiert und dann durch die Anzahl der betrachteten Perioden dividiert.24 Hier werden die einzelnen stetigen Renditen verwendet, da sie wie oben beschrieben für ein Asset additiv sind. Bei diskreten Renditen wird die geometrische Durchschnittsrendite gebildet. Diese erfüllen die hier geforderte Voraussetzung über ein Asset multiplikativ verknüpfbar zu sein. Bei der geometrischen Durchschnittsrendite werden die einzelnen diskreten Renditen multiplikativ verknüpft und dann die Wurzel, entsprechend der betrachteten Perioden, gezogen.25

2.1.2 Risiko

Auch das Risiko einer Kapitalanlage besteht aus zwei Komponenten. So setzt sich das Gesamtrisiko aus dem systematischen und dem unsystematischen Risiko zusammen. Bei systematischen Risiken handelt es sich um Risiken, die eine ganze Anlageklasse betreffen. Unsystematische Risiken beziehen sich hingegen auf einen einzelnen Anlagetitel.26 Das Risiko in Form der Unsicherheit betrifft die künftigen Kursbewegungen. Sie können in der Zukunft unterschiedlich ausfallen, da verschiedene Umwelteinflüsse eintreten können. Die Umwelteinflüsse können mit Eintrittswahrscheinlichkeiten versehen werden. Auf diese Weise kann eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für erzielbare Renditen erstellt werden. Unter diesen Umständen sind die Renditen Zufallszahlen, für deren Verteilungen sich Kennzahlen berechnen lassen.27

Diese Kennzahlen dienen somit als Risikomaß, wobei die für Finanzmarktrisiken am meisten verbreitete Kennzahl die Volatilität ist. Mit Hilfe der in Prozent ausgedrückten Volatilität kann das Gesamtrisiko berechnet werden. Die Volatilität ist nichts anderes, als der an den Finanzmärkten verwendete Begriff für die annualisierte Standardabweichung. Mathematisch baut die Volatilität auf der Varianz, welche die durchschnittlich quadrierten Renditeabweichungen des Mittelwertes darstellt, auf. Da die Varianz keine prozentuale Größe ist, muss sie in die Standardabweichung umgerechnet werden, die der Quadratwurzel der Varianz entspricht. Somit besitzen das Risikomaß und die Rendite nun die gleiche Einheit.28

Die Unterstellung der Normalverteilung ist für die Volatilität essentiell. Mit den zwei Parametern, erwartete Rendite der Grundgesamtheit 𝜇 und Standardabweichung 𝜎, kann nur die Normalverteilung vollständig beschrieben werden. Da die stetigen Renditen der Normalverteilung näher kommen, als die diskreten Renditen, kann die Formel für die Standartabweichung 𝜎 modifiziert werden.29 Die Formel sieht dann folgendermaßen aus:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Steiner, M. u. a. (2017), S. 60.

Steht dabei für die Anzahl der verwendeten Renditebeobachtungen und für die stetige Rendite. Die erwartete Rendite der Grundgesamtheit 𝜇 spiegelt dabei den Durchschnitt der historischen Renditen wider. Daraus ergibt sich bei der Vorgehensweise mit stetigen Renditen der Vorteil, dass sich die erwartete Rendite als arithmetisches Mittel der stetigen Rendite berechnen lässt.30 Bei der Betrachtung einer Stichprobe der Grundgesamtheit wird der Nenner der Formel um eins reduziert. Mit dem Nenner T-1 kann eine erwartungstreue Schätzung gewährleistet werden.31

Um die Standardabweichungen verschiedener Kapitalanlagen vergleichbar zu machen, werden sie in die annualisierte Volatilität umgewandelt. Dafür muss die Standardabweichung mit der Quadratwurzel aus der Anzahl der Berechnungszeiträume multipliziert werden.32 Folgende Formel ergibt sich bei Berechnung der Standardabweichung unter Verwendung monatlicher Renditen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mondello, E. (2018), S. 7.

Bei der Verwendung von monatlichen Renditen wird die Standardabweichung somit für die Annualisierung mit der Quadratwurzel aus der Zahl zwölf multipliziert. Die hier dargestellte Berechnung der Volatilität aus historischen Daten wird in der Praxis als Prognose für die Zukunft verwendet und steuert so dem Treffen von Anlageentscheidungen bei.33

2.1.3 Rendite und Risiko im Kontext der Finanzmärkte

Für einen Anleger ist es wichtig, gute Phasen und Krisenzeiten zu definieren. Krisenzeiten werden zum Beispiel durch eine Rezession, einer steigenden Inflation oder Finanzkrisen definiert. Während solcher Zeiten neigen risikoreiche Anlagen zu einer schlechteren Performance, als Anlagen mit einem geringen Risiko.34 Für das Risiko müssen die Anleger entschädigt werden. Sonst würde folglich kein Anleger risikoreiche Anlagen, wie zum Beispiel Aktien, halten. Die Entschädigung für das eingegangene Risiko ist die sogenannte Risikoprämie. In den normalen Zeiten werden die Anleger mit dieser Prämie belohnt.35 Abbildung 1 auf Seite 18 zeigt die Rendite und das Risiko verschiedener Anlageklassen in 19 Ländern36 über den Zeitraum zwischen den Jahren 1900 und 2010.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Rendite-Risiko-Beziehung verschiedener Anlageklassen

Quelle: Ang, A. (2014), S. 241.

Aktien weisen über diesen Zeitraum eine höhere Rendite pro Jahr und eine höhere Volatilität auf, als Anleihen. Über den langen Zeitraum besitzen Aktien gegenüber Anleihen somit eine höhere Risikoprämie. Die später in Kapitel drei vorgestellten Faktoren sind dabei die treibenden Kräfte hinter den Risikoprämien.37

2.2 Kritische Hinterfragung der Informationseffizienz an Finanzmärkten

Eine weit diskutierte Fragestellung ist, ob Finanzmärkte effizient oder ineffizient sind.38 Die Informationseffizienz an den Finanzmärkten bezieht sich auf die Reaktion der Anlagepreise auf neue Informationen. Ein informationseffizienter Markt zeichnet sich durch das rationale Einpreisen neuer Informationen aus. In den aktuellen Anlagepreisen sind alle aktuellen und vergangenen Informationen verarbeitet. Bei effizienten Märkten gelingt es einem Manager nicht, den Markt dauerhaft zu schlagen.39 Die Markteffizienzhypothese bezeichnet die Theorie, die besagt, dass der Preis eines Wertpapiers durch effiziente Märkte immer dem wahren Wert des Wertpapiers entspricht.40 Fama (1970) nennt drei hinreichende Voraussetzungen für effiziente Finanzmärkte:

- Keine Transaktionskosten beim Handel mit Wertpapieren
- Sämtliche Informationen sind kostenlos und für alle Investoren zugänglich
- Die Investoren stimmen der gegebenen Implikation der Informationen zu.41

Fama beschreibt die Schwierigkeit der Erfüllung aller drei Vorrausetzungen in der Praxis. Er nennt die drei Vorrausetzungen nicht als notwendige Vorrausetzungen für effiziente Märkte, sondern nennt das Fehlen einer der Vorrausetzungen als Grund für eine mögliche Ineffizienz. Fama unterteilt die Informationseffizienz in drei unterschiedliche Stufen auf Basis des Grades, der in den Preisen einbezogenen Informationen.42

Viele Ökonomen glauben nicht an die Existenz von Märkten mit einer perfekten Informationseffizienz. Der Grund dafür ist, dass Informationen mit Kosten verbunden sind. Wären die Märkte informationseffizient, würde niemand auf die Idee kommen, Geld für Informationen auszugeben. Ist aber niemand bereit dazu, Geld für Informationen zu bezahlen, können diese auch nicht eingepreist werden.43

Grossmann und Stiglitz (1980) beschreiben ein Szenario, in dem die Beschaffung von Informationen mit Kosten verbunden ist. Mit den kostenpflichtigen Informationen suchen Manager nach Marktineffizienzen. Durch die daraus entstehende Behebung der Ineffizienzen kommt es zu einem fast perfekten informationseffizienten Markt. Eine Überschussrendite kann von Investoren erzielt werden, die bereit sind, auch das Geld für die Informationen auszugeben.44

Die Markteffizienzhypothese ist heutzutage immer noch wichtig. Für Manager bildet sie die Grundlage, Untersuchungen durchzuführen, um mögliche Ineffizienzen zu identifizieren. Diese würden letztendlich zur Überrendite gegenüber dem Markt führen. Ineffizienzen an den Finanzmärkten können zwei Gründe haben. So sind sie zum einen mit rationalen und zum anderen mit verhaltensbedingten Ansätzen erklärbar.45

2.3 Das Capital Asset Pricing Model

Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)46 wird als erste Theorie im Feld des Factor Investing angesehen. Vor der Veröffentlichung des Modells bestand die öffentliche Meinung, dass Risiko und Rendite eines Wertpapiers durch die Volatilität festgelegt werden. Das CAPM zeigte neue Erkenntnisse zum Risikobegriff und zur Entlohnung des eingegangenen Risikos.47 Das CAPM greift den Gedanken der Portfoliotheorie auf, das Risiko von Wertpapieren durch Diversifikation zu beeinflussen.48 Beim CAPM wird das Risiko nicht anhand eines isolierten Assets, sondern der Bewegung des Assets im Vergleich zu anderen Assets und zum gesamten Markt betrachtet.49 Die Volatilität einer einzelnen, isoliert betrachteten Aktie ist damit irrelevant. Das verwendete Risikomaß, der Betafaktor, misst die Schwankung eines Assets im Vergleich zum Markt.50 Der Betafaktor spiegelt das systematische Risiko eines Assets wider, das im Gegensatz zum unsystematischen Risiko nicht wegdiversifiziert werden kann. Eine Annahme des CAPM ist die Anlage und Aufnahme von Geld zu einem identischen, risikolosen Zins. Die Anleger halten im CAPM eine Kombination aus dem risikolosen Zins und dem riskanten Teil der Anlage.51 Der riskante Teil der Anlage ist das Marktportfolio. Es enthält alle verfügbaren Wertpapiere im Verhältnis zu ihrer Marktkapitalisierung.52 Im CAPM werden folgende weitere Annahmen getroffen:

- Alle Anleger haben homogene Erwartungen
- Der Kapitalmarkt ist vollkommen
- Der Kapitalmarkt ist im Gleichgewicht
- Für alle Anleger gelten die gleichen Kurse und damit die gleichen Renditen.53

Unter den gegebenen Annahmen investiert jeder Anleger in das gleiche, risikobehaftete und optimale Portfolio, das Marktportfolio.54 Die Rendite einer einzelnen risikobehafteten Anlage kann im CAPM mit folgender Formel berechnet werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bruns, C./Meyer-Bullerdiek, F. (2020), S. 95.

Dabei bezeichnet den Renditeerwartungswert des Wertpapiers und den Renditeerwartungswert des Marktportfolios. Die Variable steht für das Beta des betrachteten Wertpapiers, die Variable für den risikolosen Zinssatz. Es existiert ein linearer Zusammenhang zwischen der Rendite und dem Betafaktor der Anlage. Die Rendite ergibt sich aus dem risikolosen Zinssatz und der Risikoprämie.55 Im CAPM ist folglich das Marktrisiko der alleinige Renditetreiber und somit auch der einzig betrachtete Faktor. Die Rendite wächst dabei linear mit dem vom Anleger übernommenen Risiko. Verluste, die bei sinkenden Kursen entstehen, werden durch eine höhere Rendite kompensiert. Es gibt keine anderen Faktoren, die systematisch erwartete Aktienrenditen beeinflussen.56

2.4 Vom CAPM zum Factor Investing

Die vereinfachenden Annahmen des CAPM ignorieren die Komplexität der Finanzmärkte. Das Modell suggeriert eine Welt mit einem perfekt effizienten Finanzmarkt. Marktineffizienzen werden durch die Annahme der kostenlosen Bereitstellung und Zugangsmöglichkeit von Informationen aus dem Modell ausgeschlossen. In Abschnitt 2.2 wird erläutert, dass Ökonomen nicht an die Existenz solch perfekter, effizienter Märkte glauben.57 Das CAPM definiert das Risiko eines Assets durch den Betafaktor. Dieses Marktrisiko ist das einzige Risiko, das mit einer Risikoprämie belohnt wird. Das CAPM ist folglich ein Einzelfaktormodell. Mit der Zeit wurde aber deutlich, dass das CAPM die Renditen von Assets nicht ausreichend erklären kann. Finanzmarktforscher suchten daraufhin neben dem Marktrisiko nach weiteren Faktoren, um die Renditen eines Assets besser erklären zu können.58 Trotz der vereinfachten Annahmen ist das CAPM für die Implementierung der Faktoren nützlich. Abbildung 2 auf Seite 22 zeigt einige der Erkenntnisse, die vom CAPM auf Multifaktorenmodelle übertragen werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Erkenntnisse aus dem CAPM für das Factor Investing

Quelle: Ang, A. (2014), S. 205 f.

Anleger sollen den Faktor anstatt einzelner, individueller Assets halten und in ihr Portfolio integrieren. Halten sie individuelle, nicht diversifizierte Assets, bauen sie das unsystematische Risiko in ihr Portfolio mit ein, das nicht durch eine Risikoprämie belohnt wird. Durch Diversifikation können sie das unsystematische Risiko aus ihrem Portfolio ausschließen. Dabei ist im CAPM das Marktportfolio das am meisten diversifizierte Portfolio, das ein Anleger halten kann. Im CAPM beziehen sich die Überlegungen auf den Marktfaktor, also das eingegangene Marktrisiko. Die Überlegung kann aber auf jeden weiteren handelbaren Faktor übertragen werden.59 Die Anleger können dabei selbst entscheiden, wie stark sie von den Faktoren profitieren wollen. Nach der jeweiligen Risikoneigung eines Anlegers besteht das Portfolio aus verschiedenen Kombinationen des Marktportfolios und der risikolosen Anlage.60 Das Risiko eines einzelnen Assets wird dabei von seinem Beta bestimmt. Assets mit einem hohen Beta besitzen ein höheres Risiko, aber gleichzeitig auch eine höhere Risikoprämie, um die höheren Verluste in schlechten Zeiten auszugleichen.61 Die Theorie der Faktoren und neben dem Marktfaktor anerkannte Faktoren werden im nächsten Abschnitt erläutert.

3 Factor Investing

3.1 Die Faktoren

Aktien besitzen Risikoprämien, da sie verschiedenen Risiken unterliegen. Ein Beispiel eines Risikos ist das im CAPM beschriebene Marktrisiko. Das Marktrisiko ist ein Faktor. Über die Jahre hinweg wurden viele solcher Faktoren identifiziert, welche Risiko- und Renditeunterschiede verschiedener Aktien erklären.62 Faktoren sind vergleichbar mit den in Lebensmittel enthaltenen Nährwerten. Genau wie die verschiedenen Lebensmittel unterschiedliche Nährwerte besitzen, sind auch die Faktoren einzelner Aktien unterschiedlich. Und genau, wie die Nährwerte die Treiber hinter Lebensmittel sind, so sind auch die Faktoren die Treiber der Performance eines Assets.63 Ang, Goetzmann und Schaefer (2009) bekamen den Auftrag, den norwegischen Staatsfonds zu untersuchen und ihn zu beurteilen. Sie finden heraus, dass die gute Performance des Fonds durch die Faktoren erklärbar ist. Dabei rechnen sie die gute Performance des Fonds nicht dem aktiven Management, sondern den im Portfolio implementierten Faktoren zu. Sie empfehlen für das Management des Fonds, den Fokus auf die bessere und effizientere Implementierung der Faktoren zu legen.64 Die umfangreiche Untersuchung gilt als Durchbruch des Factor Investing.65

Das Investieren in Faktoren führt über einen längeren Zeitraum zu einer guten Performance. Jedoch kann es in schlechten Zeiten auch zu einer Unterperformance kommen. Wie beim CAPM, in dem das Risiko der sinkende Markt ist, wird das Risiko mit einer Risikoprämie kompensiert. Für jeden Faktor gilt dabei jedoch eine individuelle Definition einer Krise, in der die Strategie zu einer Unterperformance führt.66

Es wird zwischen zwei Arten von Faktoren unterschieden. Es gibt makroökonomische Faktoren, wie die Inflation oder das Wirtschaftswachstum, welche alle Anlageklassen betreffen. Die zweite Art von Faktoren wird von den sogenannten Style Faktoren repräsentiert. Sie erklären die Rendite und das Risiko innerhalb einer Anlageklasse.67

3.2 Die Auswahl der Faktoren

Bevor ein Anleger in Faktoren investieren will, muss er sich Gedanken machen, welche Faktoren er in Betracht zieht. Dabei ist es wichtig, einige Grundsätze konsequent zu beachten. Ang (2014) empfiehlt auf folgende vier Eigenschaften der Faktoren zu achten:

- Legitimation durch wissenschaftliche Forschung
- Die Faktoren haben in der Vergangenheit signifikante Prämien erzielt, die in Zukunft weiterhin Bestand haben werden
- Es müssen historische Untersuchungen der Faktoren, auch für Krisenzeiten vorliegen
- Sie müssen in liquiden und handelbaren Instrumenten umsetzbar sein.68

Durch die Erfüllung der vier Eigenschaften wird verhindert, dass Faktoren, die einen Trend darstellen, ausgeschlossen werden. Der Fokus richtet sich somit auf die anerkannten und ausführlich untersuchten und dokumentierten Faktoren.69

Während Style Faktoren handelbare Investmentstrategien darstellen, ist das Investieren in makroökonomische Faktoren mit deutlich mehr Schwierigkeiten verbunden. Das liegt daran, dass einzelne Anlageklassen sich nicht eins zu eins mit ihnen bewegen. Bewegungen der Assets in Bezug auf die makroökonomischen Faktoren sind oftmals nicht intuitiv.70 Der Fokus wird deshalb auf die Style Faktoren von Aktien gelegt. Auf die Interaktion der Style Faktoren mit den makroökonomischen Faktoren wird in Abschnitt 3.3.1 eingegangen. Anerkannte Style Faktoren, die alle Eigenschaften erfüllen, sind Momentum, Low Volatility und Value.71

3.2.1 Momentum

Der Faktor Momentum bezieht sich auf die vergangenen Renditen von Aktien. Nach diesem werden Aktien mit positiven Kurstrends auch in Zukunft eine positive Kursbewegung haben. Aktien mit einer unterdurchschnittlichen Rendite werden hingegen auch in der Zukunft zu den Verlierern zählen.72 Die Überlegungen zum Faktor Momentum gibt es schon sehr lange, jedoch kam es erst spät zu empirischen Untersuchungen. Heute ist der Faktor Momentum ein anerkannter und weit verbreiteter Faktor.73 Das Bestehen des Momentum Faktors wurde in vielen Studien nachgewiesen.

Jegadeesh und Titman (1993) weisen den Effekt als eine der Ersten nach. Grundlage ihrer Untersuchung über den Zeitraum vom Jahr 1965 bis zum Jahr 1989 sind die an der NYSE74 gelisteten Aktien. Die Aktien werden dabei aufgrund der historischen Rendite über einen bestimmten Zeitraum ausgewählt. Danach werden die auf diese Art segmentierten Aktien eine vorgegebene Zeit lang gehalten. Sie stellen fest, dass sie mit der Strategie eine Überrendite gegenüber dem Vergleichsindex erzielen können.75 Glaser und Weber (2002) veröffentlichten ihre detaillierten Untersuchungen zum Momentum Effekt am deutschen Aktienmarkt und weisen ihn dort nach.76

Die Ursache des Faktors Momentum wird im Herdenverhalten77 des Menschen gesehen. Durch dieses Verhalten wird geklärt, warum Personen instinktiv einem Trend folgen.78 Momentum, das durch Herdenverhalten generiert wird, kann am Beispiel der Verbreitung positiver Unternehmensnachrichten betrachtet werden. Ausgangslage hierfür bildet die Verarbeitung der Informationen der verschiedenen Individuen. Momentum kann nun generiert werden, wenn auf die positiven Nachrichten verspätet überreagiert wird und der Kurs als direkte Folge daraus kontinuierlich ansteigt. Auch kann Momentum durch eine Unterreaktion generiert werden. Denn bei einer Unterreaktion kann, wenn diese bemerkt wird, der Kurs zu einem späteren Zeitpunkt ansteigen.79

3.2.2 Low Volatility

Der Low Volatility Faktor bezieht sich auf das Risiko der Aktien. Bei dem Faktor wird ein geringeres Risiko mit einer positiven risikobereinigten Rendite belohnt. Er steht damit im Widerspruch zur klassischen Finanzliteratur, die höhere Risiken mit höheren Renditen assoziiert.80 Zahlreiche empirische Untersuchungen haben herausgefunden, dass Aktien mit einer niedrigeren Volatilität eine bessere Performance aufweisen, als Aktien mit einer hohen Volatilität.81

Haugen und Heins (1972) stellten Untersuchungen zur Rendite und Risiko Beziehung an der NYSE gelisteten Aktien für den Zeitraum von 1926 bis 1971 an. In diesem Zeitraum finden sie heraus, dass Aktien mit einem niedrigen Betafaktor einen hohen Alphafaktor82 besitzen.83 Sie stellen zudem fest, dass ein Anleger, der ein höheres Risiko eingeht, nicht unbedingt mit einer höheren Risikoprämie rechnen kann.

Baker und Haugen (2012) überprüfen die Low Volatility Faktorprämie am Aktienmarkt für 21 Industrie- und zwölf Schwellenländer im Zeitraum von 1990 bis 2011. Sie können die Prämie an den untersuchten Märkten über den betrachteten Zeitraum nachweisen. Bei der Untersuchung implementieren sie die Aktien in ihr Portfolio, die in den letzten 24 Monaten vor den Kaufprozessen die geringsten Volatilitäten aufzeigten. Aufgrund der Ergebnisse stellen sie die bisherige Lehre zum Zusammenhang von Rendite und Risiko in Frage.84

Die Faktorprämie kann auf Basis der Verhaltensweise der Anleger erklärt werden. Diese neigen eher dazu, Aktien mit einer hohen Volatilität zu kaufen, als Aktien mit einer niedrigen Volatilität. Grund hierfür ist, dass viele Anleger denken, mit risikoreichen Anlagen viel Geld verdienen zu können. Auch schauen sie oftmals nur auf die Aktien, die in der Vergangenheit große Kursgewinne zu verzeichnen hatten und ignorieren die Tatsache, dass sich dieser Umstand in der Zukunft ändern kann. Aufgrund des Verhaltens der Anleger findet kein Arbitrage- Prozess der Anomalie statt. Die Faktorprämie bleibt bestehen.85 Eine weitere Erklärung liefert die Struktur des Marktes. Investoren, die hohe Zielvorgaben bezüglich der Rendite haben, wie es zum Beispiel bei Fondsmanagern der Fall sein kann, werden eher in volatile Aktien investieren. Dadurch weisen die volatilen Aktien relativ zu risikoärmeren Aktien höhere Kurse und geringere Renditen auf.86 Auch die Vorgabe eines Investors, den Tracking Error87 gering zu halten, sorgt für das Bestehen des Low Volatility Faktors.88

[...]


1 Vgl. www.faz.net (2018).

2 Vgl. Seethamraju, C. (2017), S. 2.

3 Vgl. www.faz.net (2018).

4 Vgl. www.bnpparibas-am.de (o. J.).

5 Vgl. www.robeco.com (2019).

6 Ein Portfolio ist eine Sammlung einzelner Anlagen, die unter Zielsetzung der Optimierung einzelner Gesichtspunkte zusammengestellt wird. Vgl. Bruns, C./Meyer-Bullerdiek, F. (2020) S. 2.

7 Synonym zum Begriff Kapitalanlage.

8 Vgl. Mondello, E. (2015), S. 1.

9 Vgl. Bruns, C./Meyer-Bullerdiek, F. (2020), S. 1.

10 Vgl. Beike, R./Schlütz, J. (2015), S. 72.

11 Vgl. Steiner, M. u. a. (2017), S. 55.

12 Vgl. Bruns, C./Meyer-Bullerdiek, F. (2020), S. 1 f.

13 Vgl. Mondello, E. (2015), S. 2.

14 Vgl. Franzen, D./Schäfer, K. (2018), S. 72-74.

15 Vgl. Ang, A. (2014), S. 625.

16 Vgl. Spremann, K. (2008), S. 72-74.

17 Vgl. Mondello, E. (2015), S. 3 f.

18 Vgl. Ang, A. (2014), S. 625 f.

19 Vgl. Franzen, D./Schäfer, K. (2018), S. 75 f.

20 Vgl. Ang, A (2014), S. 626 f.

21 Vgl. Steiner, M. u. a. (2017), S. 54.

22 Vgl. Ang, A (2014), S. 627 f.

23 Vgl. Steiner, M. u. a. (2017), S. 55 f.

24 Vgl. Mondello, E. (2018), S. 7.

25 Vgl. Franzen, D./Schäfer, K. (2018), S. 78 f.

26 Vgl. Steiner, M. u. a. (2017), S. 56 f.

27 Vgl. Franzen, D./Schäfer, K. (2018), S. 84 f.

28 Vgl. Mondello, E. (2018), S. 25-27.

29 Vgl. Steiner, M. u. a. (2017), S. 59.

30 Vgl. Mondello, E. (2018), S. 27 f.

31 Vgl. Steiner, M. u. a. (2017), S. 60.

32 Vgl. Steiner, M. u. a. (2017), S. 60.

33 Vgl. Steiner, M. u. a. (2017), S. 61 f.

34 Vgl. Ghayur, K. u. a. (2019), S. 38.

35 Vgl. Ang, A. (2014), S. 195 f.

36 Die betrachteten Länder sind Australien, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Südafrika, Spanien, Schweden, Schweiz, Großbritannien und die USA.

37 Vgl. Ang, A. (2014), S. 194, 240 f.

38 Vgl. Islam, S. M. N./Watanapalachaikul, S. (2005), S. 53.

39 Vgl. Mondello, E. (2018), S. 68.

40 Vgl. Islam, S. M. N./Watanapalachaikul, S. (2005), S. 54 f.

41 Vgl. Fama, E. F. (1970), 387 f.

42 Vgl. Fama, E. F. (1970), 413-416.

43 Vgl. Ang, A. (2014), S. 209 f.

44 Vgl. Grossmann, S. J/ Stiglitz, J. E. (1980), S. 393.

45 Vgl. Ang, A. (2014), S. 210.

46 Das CAPM baut auf den Annahmen und Erkenntnissen der Portfoliotheorie auf. Es wurde in den 1960er Jahren von William F. Sharpe, John Lintner und Jan Mossin unabhängig voneinander entwickelt. Siehe Sharp, W. F. (1964); Lintner, J. (1965); Mossin, J. (1966).

47 Vgl. Ghayur, K. u. a. (2019), S. 37.

48 Vgl. Steiner, M. u. a. (2017), S. 22.

49 Vgl. Ghayur, K. u. a. (2019), S. 37.

50 Vgl. Ang, A. (2014), S. 196 f.

51 Vgl. Mondello, E. (2015), 245 f.

52 Vgl. Steiner, M. u. a. (2017), S. 22.

53 Vgl. Franzen, D./Schäfer, K. (2018), S. 209.

54 Vgl. Mondello, E. (2015), S. 250.

55 Vgl. Steiner, M. u. a. (2017), S. 22, 26-27.

56 Vgl. Ang, A. (2014), S. 197 f.

57 Vgl. Mondello, E. (2015), S. 236-239; Vgl. Ang, A. (2014), S. 207-209.

58 Vgl. Lumholdt, H. (2018), S. 118.

59 Vgl. Ang, A. (2014), S. 197 f.

60 Vgl. Ang, A. (2014), S. 199 f.

61 Vgl. Ghayur, K. u. a. (2019), S. 37f.

62 Vgl. Ghayur, K. u. a. (2019), S. 35 f.

63 Vgl. Ang, A. (2014), S. 193 f.

64 Vgl. Ang, A. u. a. (2009), S. 24-26.

65 Vgl.www.robeco.com (o. J.).

66 Vgl. Ang, A. (2014), S. 193, 444.

67 Vgl. www.blackrock.com (o. J. a).

68 Vgl. Ang, A. (2014), S. 455 f.

69 Vgl. Ang, A. (2014), S. 456.

70 Vgl. Ang, A. (2014), S. 474.

71 Vgl. Ghayur, K. u. a. (2019), S. 40.

72 Vgl. Lumholdt, H. (2018), S. 127.

73 Vgl. Zaher, F. (2019), S. 118-120.

74 Die New York Stock Exchange (NYSE) ist die größte Wertpapierbörse der Welt. Sie ist in der Wall Street in New York ansässig. Vgl. www.handelsblatt.com (o. J.).

75 Vgl. Jegadeesh, N./Titman. S. (1993), S. 67-68, 89.

76 Vgl. Glaser, M./Weber, M. (2002), S. 19 f.

77 Weiterführende Informationen zum Herdenverhalten in Johnson, F. (2018).

78 Vgl. Zaher, F. (2019), S. 127 f.

79 Vgl. Ang, A. (2014), S. 238.

80 Vgl. Zaher, F. (2019), S. 99.

81 Vgl. Lumholdt, H. (2018), S. 128.

82 „Der Alphafaktor einer Aktie entspricht {…} der Differenz zwischen der Gesamtrendite einer Aktie und der systematischen Rendite.“ Steiner, M. u. a. (2017), S. 311.

83 Vgl. Haugen, R. A./Heins, A. J. (1972), S. 21-26.

84 Vgl. Baker, N. L./Haugen A. (2012), S. 1-2, 4, 16.

85 Vgl. Zaher, F. (2019), S. 107 f.

86 Vgl. Bruns, C./Meyer-Bullerdiek, F. (2020), S. 312.

87 Der Tracking Error spielt in Bezug auf das passive Portfoliomanagement eine Rolle. Hier ist er ein Maß für die Qualität der Nachbildung der Benchmark. Vgl. Steiner, M. u. a. (2017), S. 73.

88 Vgl. Zaher, F. (2019), S. 109 f.

Ende der Leseprobe aus 100 Seiten

Details

Titel
Factor Investing. Regelgebundene und quantitativ getriebene Kapitalanlage
Untertitel
Umsetzung der Faktor Strategien am Euro Stoxx 50
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Ravensburg, früher: Berufsakademie Ravensburg
Note
1,5
Autor
Jahr
2020
Seiten
100
Katalognummer
V924485
ISBN (eBook)
9783346236807
ISBN (Buch)
9783346236814
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aktien, Geldanlage, Euro Stoxx 50, Value, Momentum, Low Volatility, Investment Strategie, regelbasiert, Factor Investing
Arbeit zitieren
Patrick Schneider (Autor:in), 2020, Factor Investing. Regelgebundene und quantitativ getriebene Kapitalanlage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/924485

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