Reintegrationsprozess der Expatriates nach dem internationalen Personaleinsatz

Gestaltungsempfehlung auf der Grundlage eines Parallelmodells


Diplomarbeit, 2007

85 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Problemstellung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Der Rahmen der Reintegration
2.1 Terminologie
2.2 Reintegration
2.2.1 Arten der Reintegration
2.2.2 Interkulturelle Entwicklung
2.3 Rückkehrschock
2.3.1 Prämisse des Rückkehrschocks
2.3.2 Ablauf des Rückkehrschocks
2.4 Variablen des Reintegrationsprozesses
2.4.1 Entsendungszeitraum
2.4.2 Vorhandene Auslandserfahrung
2.4.3 Einstellungen der Rückkehrer
2.5 Reintegration im unternehmerischen Kontext
2.5.1 Entsendungsmotive der Expatriates
2.5.2 Erwartungen der Expatriates
2.5.3 Anschlussaufgabe für Expatriates
2.5.4 Wissensmanagement
2.6 Reintegration im Kontext der Expatriates
2.6.1 Erfahrungen der Expatriates
2.6.2 Kontraproduktive Einstellungen

3 Theoretische Ansätze zur Reintegration
3.1 Theorien zum Anpassungsansatz
3.1.1 W-Kurven-Modell
3.1.2 Prozessmodell von Hirsch
3.1.3 Drei-Phasen-Modell von Fritz
3.1.4 Integration des Fritz- und Hirsch-Modells
3.1.5 Persönlichkeitstypen nach Adler
3.2 Theorien zum Lern- und Entwicklungsansatz
3.2.1 Lern- und Entwicklungsprozess in der Reintegrationsphase
3.2.2 Didaktisches Modell interkulturellen Lernens
3.2.3 Lehners Phasenmodell des Kulturlernens
3.2.4 Konzept der Reintegrationsseminare
3.3 Gegenüberstellung der Ansätze
3.4 Parallelmodell der Reintegration
3.4.1 Aufbau des Parallelmodells
3.4.2 Weitere Annahmen

4 Lösungsansätze nach dem Parallelmodell
4.1 Maßnahmen vor der Rückkehr
4.1.1 Entsendepolitik als Präventionsmaßnahme
4.1.2 „Kontakterhöhung“: Gestaltungsebene
4.1.2.1 Regelmäßiger Kontakt
4.1.2.2 Regelmäßige Leistungsbeurteilung
4.1.2.3 Festlegung der Rückkehrposition
4.1.2.4 Rückkehrer- oder Debriefing-Seminare
4.1.2.5 Einarbeitung des Nachfolgers
4.1.2.6 Maßnahmen am Arbeitsplatz
4.1.2.7 Vorzeitige Rückkehr
4.1.3 Phasen 1 und 2: Anpassungsebene
4.2 Maßnahmen nach der Rückkehr
4.2.1 „Eingewöhnung“: Gestaltungsebene
4.2.2 Phasen 3-5: Anpassungsebene
4.2.2.1 „Naive Integration“
4.2.2.2 „Desillusionierung“
4.2.2.3 „Tiefpunkt“
4.2.3 „Reintegrationsmaßnahmen“: Gestaltungsebene
4.2.3.1 Reintegrationsseminare
4.2.3.2 Gestaltung der Reintegrationsseminare
4.2.3.3 Problematik der Reintegrationsseminare
4.2.3.4 Individuelle Betreuung
4.2.4 Phase 6: Anpassungsebene
4.2.5 Weitere Vorschläge zur Reintegration
4.3 Kriterien des Reintegrationserfolgs
4.4 Trends im internationalen Personaleinsatz
4.5 Das Potential der Expatriates
4.5.1 Einsatzmöglichkeiten
4.5.2 Wissenstransfer

5 Kritische Würdigung

6 Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Einteilung der Entsendungszeiträume

Abbildung 2: W-Kurvenmodell in Anlehnung an Gullahorn und Gullahorn

Abbildung 3: Prozessmodell der Reintegration

Abbildung 4: Verlaufskurvenmodell der Rückkehr von Hirsch und Fritz

Abbildung 5: Bewältigungstypen des Reintegrationsprozesses

Abbildung 6: Parallelmodell der Reintegration nach Lern- und Anpassungsansatz

Abbildung 7: Langfristige Vorbereitung. Organisationsschema für eine Rückkehr vom Auslandseinsatz

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Synopse von Entsendungszielen für Mitarbeiter

Tabelle 2: Gegenüberstellung von Anpassungs- und Lernansatz

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

Die fortschreitende Internationalisierung und hoher Globalisierungsindex[1] in Deutschland bedeuten einen Zuwachs der Auslandsentsendungen und -kontakte im internationalen Personaleinsatz. Der Bedarf an auslandsorientierten und auslandserfahrenen Mitarbeitern wächst. Von Entsendungen sind nicht nur Führungskräfte aus mittlerem und oberem Management, sondern auch Ingenieure, Fach- oder Nachwuchskräfte betroffen. Hohe Ansprüche an Auslandsentsendeten erfordern viel Flexibilität und Sensibilität, um die beruflichen Hürden und die vielfältigen Lebensumstellungen zu meistern sowie die neuen kulturellen Einstellungen, Werte, Denk- und Verhaltensweisen zu respektieren und zu akzeptieren.

Das Heimkehren nach den Auslandseinsätzen entspricht nicht immer den Erwartungen und Vorstellungen der Rückkehrer und kann Probleme im Beruf, im sozialen Umfeld hervorrufen und Schockerlebnisse verursachen. Dabei bringen die Mitarbeiter nach Auslandseinsätzen interessante Erfahrungen, neue Ideen und interkulturelle Handlungsfähigkeiten mit, die im Heimatland von Unternehmen als Quelle für Innovation und Kreativität genutzt werden können. Um dieses Potential den Unternehmen zur Verfügung zu stellen, brauchen die Auslandsrückkehrer eine professionelle Unterstützung bei der Wiedereingliederung.

Die vorliegende Diplomarbeit konzentriert sich im Kontext der Auslandsentsendung auf die Rückkehr und Reintegration, die zu Phasen unterstützender Rahmenbedingungen bei der Durchführung eines Auslandseinsatzes gehören. Die Wiedereingliederung nach beruflichen Auslandsaufenthalten, Entfremdung nach der Rückkehr und Profitieren von vielfältigen Erfahrungen sind in den Personalabteilungen und im Bildungswesen deutscher Unternehmen erst ab den 1990er Jahren verstärkt aufgegriffen worden. Allerdings werden diese Themenbereiche auch heute noch, nach Jahrzehnten internationaler Tätigkeiten, nicht ausreichend erkannt[2]. Oftmals fehlen Konzepte, um den Mitarbeiter erfolgreich zurückzuführen.

1.1 Problemstellung

Wenn der Auslandsaufenthalt dem Ende zugeht und die Ziele erreicht wurden, kommt für den Auslandsentsandten der Zeitpunkt der Rückkehr. In der Heimat wird der Rückkehrer, wie bei der Ausreise, wieder mit Veränderungen und Umstellung konfrontiert, die für ihn häufig unerwartet sind. Ein Grund dafür könnte sein, dass im Alltagsverständnis die Rückkehr der Expatriates als „Heimkehr“ in eine altvertraute Umgebung für wenig problematisch gehalten wurde.[3] Nun zeichnet sich durch viele Studien ein Bild ab, dass die Entsandten nach der Rückkehr im Heimatland erhebliche betriebliche wie auch private Schwierigkeiten bewältigen müssen und ein dem Kulturschock ähnlicher Rückkehrschock nicht unwahrscheinlich ist.[4]

Parallel zur Anpassungsproblematik stellte die Untersuchung von Pricewaterhouse Coopers fest, dass besonders bei der Reintegration der aus dem Ausland zurückgekehrten Mitarbeiter viele Unternehmen oft zu nachlässig sind: Drei Viertel der Angestellten kritisieren, dass ihre Wiedereingliederung in den Arbeitsalltag vom Heimatunternehmen mangelhaft organisiert wurde. Sie bemängelten vor allem die herrschende Unklarheit darüber, wer im Unternehmen für den Reintegrationsprozess zuständig ist. Außerdem sei der Zeitpunkt für den Beginn dieses langwierigen Prozesses meist viel zu spät angesetzt.[5] Zum ähnlichen Ergebnis kam eine Studie der Universität Bayreuth, in dem zwei Drittel der Rückkehrer Probleme mit dem beruflichen Wiedereinstieg hatten.[6]

Zusätzlich klagen die Rückkehrer im Zeitalter des Human Resource Managements das im Ausland gewonnene Potential nicht nutzen zu können. Adler bestätigt: “Unfortunately, organizations frequently fail to profit from their employees’ foreign experience“.[7]

Die Folgen der Untersuchungsergebnisse werden für die Unternehmen sichtbar bei auffällig hohen Ausstiegsquoten nach einem Auslandsaufenthalt. Nach US-Studien verlässt bis zu 25% innerhalb eines Jahres und ca. 49% von Rückkehrern innerhalb der ersten drei Jahre das Unternehmen und wandert zur Konkurrenz ab.[8]

Der Wechsel von international erfahrenem Personal in ein anderes Unternehmen bedeutet jedoch einen beachtlichen Verlust, betrachtet man die direkten Aufwendungen eines mehrjährigen Auslandsaufenthalts und einer Stellenneubesetzung. Hinzu kommen indirekte Kosten durch den Verlust wertvoller Marktkenntnisse, Geschäftskontakte und internationale Erfahrungen, die so den Mitbewerbern zugute kommen.[9]

Um die Wiedereingliederung der Entsendeten aus organisatorischer Sicht und unter Aspekten der Personalentwicklung zu unterstützen, wird hier ein Modell entwickelt, in dem die vielschichtigen Lösungsvorschläge der Rückkehrproblematik anhand der Theorieansätze behandelt werden.

1.2 Aufbau der Arbeit

Im Mittelpunkt dieser Abhandlung steht die Reintegration der Expatriates nach der Beendigung des Auslandseinsatzes. Die Untersuchung stützt sich dabei auf eine umfangreiche Literaturanalyse. Mit der vorliegenden Arbeit sollen im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt werden:

(1) Untersuchung der Problematik der Reintegration auf beruflicher, privater und interkultureller Ebene;
(2) Gestaltungsempfehlung und Lösungshinweise im Wiedereingliederungsprozess in modellhafter Darstellung.

Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel.

Als Einstieg in die Thematik wird im Kapitel 2 mit Hilfe eines konzeptionellen Bezugsrahmens neben zentralen Begriffserklärungen auf die Rahmenbedingungen, Schockphänomene und Einflussfaktoren eingegangen. Das Thema umfasst nicht die Probleme der mitgereisten Familienmitglieder, sie werden am Rande im Zusammenhang mit Gestaltungsvorschlägen beschrieben.

Weitere Unterpunkte des Kapitels 2 gehen auf die unternehmerischen Aspekte wie organisatorische Probleme, Entsendungsmotive, Erwartungen im Beruf und Anschlussaufgabe im Zusammenhang mit der Wiedereingliederung ein. Ein weiteres Augenmerk liegt auf Wissensmanagement. Anschließend werden die Problematik und unterschiedliche Erfahrungen der Expatriates sowie unerwünschte Entwicklungen behandelt.

Im Kapitel 3 soll der Leser durch die Theoriegrundlagen ein Basiswissen über Reintegration erlangen, um die theoretischen Hintergründe bei Wiedereingliederungsprozessen nachvollziehen zu können. Für praxisorientierte Lösungsansätze wird am Ende des Kapitels ein Modell entwickelt, in dem die vorgestellten Theorien integriert werden.

Auf dieser vorgestellten Basis werden im Kapitel 4 Strategien für einen erfolgreichen Wiedereingliederungsprozess herausgearbeitet und die Kriterien der gelungenen Reintegration angesehen. Ein kurzer Blick auf Trends zeigt die Entwicklung der Entsendungen. Des Weiteren konzentriert sich die Arbeit auf die Potentiale der Entsandten im Zusammenhang mit Wissensmanagement und –transfer.

Anschließend wird im Kapitel 5 das Thema kritisch betrachtet.

Das sechste Kapitel fasst die Erkenntnisse aus der Literaturrecherche als eine Zusammenfassung zusammen.

2 Der Rahmen der Reintegration

Im Rahmen dieser Arbeit sind nur diejenigen Entsendungen zu berücksichtigen, die eine Anpassung an lokale Erfordernisse verlangen, Entwicklung interkultureller Kompetenzen ermöglichen[10] und eine Wiederanpassung im Heimatland implizieren.[11] Auch liegt der weitere Schwerpunkt auf Entsendungen mit einer begrenzten Aufenthaltsdauer, „da sich der Expatriate nur in diesem Fall auch auf seine Rückkehr und damit auf sein Leben nach der Auslandsentsendung vorbereiten kann“.[12]

Unter den folgenden Punkten werden die wichtigsten Begriffe zur Reintegration erläutert sowie die verschiedenen Aspekte und Einflussfaktoren beschrieben. Anschließend geht es um die Thematik aus Sicht des Unternehmens und der Rückkehrer.

2.1 Terminologie

Die Begriffe – „Entsendung“, „Expatriate“ und „Rückkehr“ – sind die Schlüsselwörter des Reintegrationsprozesses.

Eine Entsendung liegt im allgemeinen Sprachverständnis vor, wenn „ein Mitarbeiter im Auslandseinsatz das Arbeitsverhältnis mit dem entsendenden Unternehmensteil aufrechterhält“.[13] Ruch definiert den Begriff „Entsendung“ wie folgt: „Eine Entsendung ist das Versetzen bzw. ein Transfer von Arbeitnehmern für einen Arbeitgeber von einem Staat in einen anderen Staat für einen begrenzten Zeitraum“.[14]

Im Zusammenhang mit einer Auslandsentsendung spricht die Fachliteratur von einem “Expatriate“[15], einem Entsandten, welcher vom inländischen Staat (auch Heimatstaat genannt) in einen ausländischen Staat (auch Gaststaat genannt) für sein Unternehmen für einen im voraus bestimmten Zeitraum versetzt wird.[16] In der Fachliteratur finden sich auch Begriffe wie Expat, Entsendeter, Entsandter, Auslandsmitarbeiter oder Stammhausdelegierte – wobei diese Begriffe teilweise Bedeutungsakzente aufweisen.[17] In dieser Arbeit werden die Begriffe synonym verwendet, womit Frauen und Männer in gleicher Weise gemeint sind.

Beim Ausdruck „Rückkehr“ geht es allgemein um die Tatsache, dass ein Entsandter ins Heimatland zurückkommt.

Der „Rückkehrer“ oder „Heimkehrer“ ist ein Expatriate, der kurz vor der Heimreise steht oder sich schon im Heimatland befindet.[18]

2.2 Reintegration

Reintegration umfasst nach dem Auslandsaufenthalt verschiedene Perspektiven im Anpassungsprozess. Sie ist die Bezeichnung für die „vielschichtigen Prozesse, in deren Verlauf der von einem Auslandseinsatz zurückkehrende Mitarbeiter in der aufnehmenden Organisation wie auch in der heimischen Gesellschaft wieder Positionen übernimmt und lernt, diese wirksam und zugleich subjektiv befriedigend auszufüllen“.[19]

Reintegration wird in der Literatur ebenfalls als „Wiedereingliederung“, „Repatriierung“, „Rückgliederung“ oder „Reorientierung“ bezeichnet.[20] In der angloamerikanischen Literatur verwendet man auch die Ausdrücke „re-entry“[21] oder „repatriation“.[22]

Nach Deller suggerieren diese Bezeichnungen ein vorheriges Verlassen einer Organisation und folgen eher einer ethnozentrischen[23] Orientierung. Deller bevorzugt den Begriff „Anschlussaufgabe“, da die Organisationen zunehmend geozentrisch[24] ausgerichtet sind.[25]

Das größte Problem im Reintegrationsprozess liegt nach Aussagen der Wissenschaftler daran, dass die Entsandten sowie das Stammhaus keinerlei Anpassungsprobleme erwarten.[26]

2.2.1 Arten der Reintegration

Eine Reintegration hängt von vielen individuellen Einflussfaktoren ab und umfasst Anpassungsprozesse des Rückkehrers an das heimatliche Umfeld aus privater, beruflicher und soziokultureller Sicht:

(1) Private Reintegration: in erster Linie geht es hier um die Wiedereingliederung in ein soziales Netz, die Wiederaufnahme alter Beziehungen und das Knüpfen neuer Kontakte. Parallel dazu müssen die Veränderungen, die sich zwischenzeitlich zuhause im Bezug auf Personen und auf die Lebensumstände abgespielt haben und die eigenen, persönlichen Veränderungen bewältigt werden.[27] Ebenso gehört zu diesem Punkt der bewusste Umgang mit einer häufig vorkommenden Statusveränderung und einem Verlust an Lebensstandard;[28]
(2) Soziokulturelle Reintegration: hier liegt der Schwerpunkt auf der Wiedereingewöhnung an die kulturellen heimischen Verhältnisse. Durch die Auslandserfahrung könnte sich die eigene Weltanschauung verschoben haben, der Rückkehrer hat andere Wertvorstellungen und Maßstäbe angeeignet.[29] Diese Entwicklung korreliert auch mit interkultureller Lernfähigkeit und interkulturellen Kompetenzen;
(3) Berufliche Reintegration: in dem Bereich geht es schwerpunktmäßig um die Karriereerwartungen, Dequalifizierung und um eine sinnvolle entwicklungsfördernde Anschlussaufgabe für den Rückkehrer. Unterstützende organisatorische Maßnahmen während des Auslandsaufenthalts und nach der Rückkehr sind ebenso ein Teil von beruflicher Reintegration.

Private und soziokulturelle Reintegration kann sich komplizierter gestalten, wenn die Expatriates im Gastland geheiratet haben, die Ehe oder Partnerschaft im Ausland kaputt gegangen ist. Auch zu lange ununterbrochene Auslandsaufenthalte erschweren die Rückkehr.[30]

Ein positiver Verlauf der Reintegration hat größere Aussichten auf die Zufriedenheit, Leistungsfähigkeit und Effizienz des Heimkehrenden im privaten und beruflichen Umfeld. Zumindest bewirkt er einen guten Start im Beruf, beugt einer frühzeitigen Kündigung vor und sichert kurz- oder langfristig wertvolles Wissen für die Unternehmung im globalen Wettbewerb.

2.2.2 Interkulturelle Entwicklung

In einem Reintegrationsprozess sollten nicht nur private, soziokulturelle und betriebliche Aspekte betrachtet werden, sondern auch die interkulturelle Entwicklung der Expatriates. Interkulturelle Handlungskompetenz als Schlüsselqualifikation gewinnt für international tätige Personen zunehmend an Bedeutung.[31] Das übergreifende Ziel interkulturellen Lernens ist eine „Perspektivenbewusstheit“ zu entwickeln.[32]

Generell findet das interkulturelle Lernen durch den Auslandseinsatz statt und jeder Expatriate erwirbt im Ausland interkulturelle Kompetenzen.[33] Der Begriff „interkulturell“ bezieht sich auf eine Austauschbezeichnung zwischen oder einen Zustand des Aufeinandertreffens von mindestens zwei Kulturen.[34] Kompetenzbegriff wird hier als Synonym der Qualifikationen im pädagogischen Sinne verwendet[35] und mit dem Besitz und Einsatz von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten assoziiert.[36]

Die Kompetenzen zu kulturadäquatem Handeln entwickeln sich in und aus dem Verlauf eines lernsensitiven interkulturellen Begegnungs- und Erfahrungsprozesses.[37] „Sie [Kulturelle Überschneidungssituationen] bieten dem Individuum die Möglichkeit, das fremdkulturelle Orientierungssystem kennen zu lernen und in das eigene Orientierungssystem zu integrieren.“[38]

Erwerb interkultureller Kompetenzen setzt Lernfähigkeit voraus. Die Lernfähigkeit ist „ein Komplex von Einstellungen, Kenntnissen und Fähigkeiten, der es erlaubt, die notwendigen Lernhandlungen selbständig, effizient und eigenverantwortlich zu regeln“.[39] Damit das Lernpotential aktiviert wird, muss auch die Motivation zum Lernen, d.h. die Lernbereitschaft vorhanden sein.[40]

Zum Zeitpunkt der Rückkehr erreichen die Auslandsentsendeten hinsichtlich zahlreicher Faktoren wie beispielsweise der Dauer des Einsatzes, den dort wahrgenommenen Aufgaben und anderer situativer Faktoren unterschiedliche Entwicklungsgrade der interkulturellen Kompetenz. Weiterhin wirken die Persönlichkeitsstruktur[41], die demografische Situation, die persönlichen Motive des Repatriierten auf den Erwerb interkultureller Fähigkeiten.[42]

Nach La Brack beginnen nach einer Rückkehr Lernprozesse, in denen neue Orientierungssysteme konstruiert werden, die die Erfahrungen in der Gastkultur einschließen. Eine erfolgreiche Rückkehr gleicht daher vielmehr einem Neu-Lernen der Kultur (einer Enkulturation) als einem Wieder-Lernen (Re-Akkulturation).[43]

Im Endzustand des interkulturellen Lernens steht idealtypisch eine Person, die zu interkulturell kompetentem Handeln befähigt ist, die die Handlungen des fremdkulturellen Interaktionspartners in der gleichen Weise interpretieren und antizipieren kann wie in der Heimatkultur sowie das Handeln in der Fremdkultur als befriedigend und angenehm erlebt.[44]

2.3 Rückkehrschock

Mit dem Thema „Reintegration“ ist das Phänomen „Rückkehrschock“ eng verbunden. Heute herrscht die Ansicht vor, dass der Stress, der durch die Rückkehr entsteht, im Allgemeinen den Schock beim Übertritt in eine neue Kultur übertrifft.[45] Dabei determinieren die Dauer und Intensität eines Rückkehrschocks mehrere Faktoren wie beispielsweise Dauer, Ort und Häufigkeit von Auslandsaufenthalten sowie Grad der Integration im Gastland.[46] Mehrere Wissenschaftler bestätigen, dass prägende Auslandsaufenthalte starke Reaktionen des Rückkehr-Kulturschocks begünstigen.[47]

Weitere Synonyme des Rückkehrschocks sind Kontra-Kulturschock, umgekehrter Kulturschock, Reintegrationsschock, reversiver Kulturschock und Reentry-Schock.[48] Ein Rückkehrschock setzt einen Kulturschock[49] voraus und tritt bei der Rückkehr in die Heimatkultur infolge der Anpassung an fremdkulturelle Gegebenheiten und ihrer Wertschätzung auf.[50]

2.3.1 Prämisse des Rückkehrschocks

Als Vorbedingung des Reintegrationsschocks basiert Kulturschock auf der Annahme, dass die Wahrnehmung der Umwelt, das Selbstbild und die unmittelbarsten und persönlichsten Bedürfnisse weitgehend kulturell bestimmt werden.[51] Der Kulturschock erklärt die möglichen grundlegenden persönlichen Veränderungen in interkulturellen Begegnungen, wenn man sich auf die neue Kultur einlässt und ist eine Folge der Begegnungen mit Unterschieden.[52] Zur Entwicklung interkultureller Schlüsselqualifikationen und zur Fähigkeit zum Perspektivenwechsel sind die Aneignung der fremden Kulturstandards sowie ein Hineinversetzen in die fremden Einstellungen und Verhaltensweisen essentiell.[53]

Das bekannteste Stufenmodell (U-Kurve) von Oberg zum Kulturschock beschreibt vier aufeinander folgenden Phasen als Abfolge von „Hochs und Tiefs“: “Honeymoon-Phase“, “Crisis-Phase“ oder “Culture Shock-Phase“, “Recovery-Phase“ und “Adjustment-Phase“.[54]

2.3.2 Ablauf des Rückkehrschocks

Ein analoger U-förmiger Ablauf wie beim Kulturschock charakterisiert auch die Rückkehr-Phasen. Dem Wiedereingliederungsprozess entsprechend durchlaufen Rückkehrer unmittelbar bis zwölf Monate nach der Rückreise ins Heimatland eine Rückkehrer-Kulturschockphase.[55]

Wenn der Rückkehrer einen umgekehrten Kulturschock erlebt, gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie er darauf reagiert. Diese reichen von Dissoziation (die Weigerung, sich wieder in das Stammhaus oder die Gesellschaft im Heimatland zu integrieren, die oft in einem Rückzug ins Gastland endet) und Ablehnung (der Mitarbeiter verbleibt im Stammhaus, versucht jedoch nicht, sich wieder einzubringen) über Anpassung (der Mitarbeiter akzeptiert die Unterschiede, bewahrt aber seine hinzugewonnene Erfahrungen) bis zur Abhängigkeit, bei der der Rückkehrer sich wieder völlig in die Strukturen des Stammhauses einfügt und alles im Ausland an Erfahrung gewonnene verdrängt.[56]

La Brack sieht den Rückkehrshock als „Folge einer Spannung zwischen einer idealisierten Sichtweise von Zuhause, verbunden mit der Erwartung, mit der Heimkultur vertraut zu sein, und frustrierten Erwartungen, einem Gefühl von Entfremdung, und von Missverständnissen zwischen den Rückkehrern und deren Freunden und Familien“.[57]

Das Überraschende für den Heimkehrer ist die Fremdheit des Vertrauten und damit ist dieses Gefühl ein wesentlicher Bestandteil des Rückkehrschocks, der aus psychosozialen Anpassungsschwierigkeiten, Desorientierungs- und Frustrationserfahrungen besteht[58] sowie Identitätskrisen[59] und Romantisierung des Gastlandes auslöst.

Obwohl der Kontra-Kulturschock in vielem dem Kulturschock ähnlich ist, hat er eine eigene soziale Dynamik. Als normale „Nebenwirkung“ des Reisens und Kulturwechsels wird der Kulturschock weitgehend akzeptiert. Der Reentry-Schock bleibt dabei oft unerkannt, löst wenig Mitgefühl (oft gar Ablehnung) und Verständnis aus, die entstehenden zwischenmenschlichen Probleme werden den Rückkehrern persönlich angelastet.[60] ”At home, everyone expects the returnee to fit in quickly. They are much less tolerant of mistakes and have little empathy for the difficulties of reverse culture shock – such problems are not expected or accepted.”[61]

Weaver hat eine Gesetzmäßigkeit zwischen dem Kulturschock und Rückkehrschock festgestellt: “Those who adjusted best and were the most successful overseas usually experience the greatest amount of difficulty with reverse culture shock.”[62]

La Brack weist auf die bedeutsame Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Schocks – Kulturschock und Kontra-Kulturschock – hin:[63]

Gemeinsamkeiten von Kulturschock und Kontra-Kulturschock

- Die Schwere und Dauer beider Schocks hängt vom Individuum und von der Art der Kultur ab, in der die Anpassung geleistet werden muss;
- Beide Schocks lösen Selbstzweifel und Desorientierung, beide Kennzeichen einer Identitätskrise, aus;
- Die Anpassung an die Heimatkultur geschieht nach einem ähnlichen Muster wie jene an das Gastland (in Form einer U-Kurve);
- Die Techniken, um mit beiden Arten des Kulturschocks möglichst einfach und rasch fertig zu werden, sind im Grunde dieselben;
- Eines der kennzeichnenden Merkmale beider Schocks ist, dass die interpersonelle Kommunikation gestört ist;
- Beide Schocks hemmen die Effektivität der Person;
- Kulturschock wie auch Rückkehrerschock können, wenn sie als Transitionen[64] erkannt werden, zu persönlichem Wachstum und vertieftem Selbstverständnis führen.

Unterschiede zwischen Kulturschock und Kontra-Kulturschock

- Ein Kulturschock ist meist offensichtlich und kann äußerst spektakulär verlaufen. Der Rückkehrschock spielt sich mehr oder weniger im Stillen ab und wird meist weder von den Heimkehrenden noch von den Bekannten „diagnostiziert“;
- Kulturschock-Symptome werden von Freunden und Bekannten in der Regel dem Kulturwechsel zugeschrieben und sind sozial weitgehend akzeptiert; Kontra-Kulturschock-Symptome hingegen werden meist personalisiert und werden ungnädig aufgenommen;
- Der Druck, den das Individuum bei der Rückkehr erfährt, wird etwas anders als beim Kulturschock empfunden – mehr als von sich selbst ausgehend;
- Obwohl vieles dafür spricht, dass der Verlauf der Rückkehrphasen dem Verlauf einer U-Kurve gleicht, kann die Reintegration nicht einfach als spiegelbildliche Reflexion des Akkulturationsprozesses in der Kultur des Gastlandes gesehen werden. Insbesondere muss die klassische Abfolge “Honeymoon“, Kulturschock und schließliche Erholung nicht so streng in dieser Abstufung vorkommen;
- Die Rückkehrerfahrung ist eine Re-Akkulturation, ein simples Wiederaufnehmen eines früheren Lebensstils, behaupten Smith (1991) und Weaver (1987). La Brack ist anderer Meinung:” (…) if re-entry is simply a reacculturation or readaptation of earlier patterns to thought and behavior, what was the purpose of the overseas experience in the first place?”[65] Das Ziel eines Auslandsaufenthaltes ist einen neuen, erweiterten Horizont und Lebensstil zu erwerben,[66] nur im unerwünschten Fall ist die Rückkehr eine Re-Akkulturation.[67]

2.4 Variablen des Reintegrationsprozesses

Die Intensität in der Art und Weise der Rückkehr mit Integration der Auslandserfahrung im Heimatland beinhaltet persönliche und von der Person unabhängige Faktoren. Eine hierarchische Reihenfolge der beeinflussenden Faktoren beschreiben Pusch und La Brack (1993):

(1) Dauer des Auslandsaufenthalts;
(2) Ort des Auslandsaufenthalts (kultureller Kontrast: Gastland-Heimat);
(3) Vorhandene Auslandserfahrung;
(4) Intensität der Einbettung in die Kultur des Gastlandes;
(5) Kontakte und unterstützende Strukturen zuhause (Familie, Freunde, Studien- und Arbeitssituation);
(6) Frühere Rückkehr-Erfahrungen;
(7) Ausmaß des Heim-Kultur-Kontrasts vorher-nachher.[68]

Es wird sichtbar, dass die genannten Variablen begrenzte Voraussagen über die Intensität des Rückkehrschocks und den möglichen Verlauf der Reintegration ermöglichen.[69] Zu berücksichtigen sind zusätzlich situative Variablen, wie beispielsweise die persönliche Einstellung zur Rückkehr, aber auch die Erwartungen der Daheimgebliebenen.[70]

Im Folgenden werden ausgewählte Variablen des Reintegrationsprozesses mit persönlichen Einstellungen der Expatriates, die für das später vorgestellte Modell am bedeutendsten sind, näher beschrieben.

2.4.1 Entsendungszeitraum

Für die Ausbildung interkultureller Kompetenzen und Reintegration spielt der Entsendungszeitraum[71] eine wichtige Rolle. Ebenso sind vertrags-, arbeits-, versicherungs- und steuerrechtliche Gründe[72] sowie klimatische und politische Verhältnisse[73] zu berücksichtigen. Um die Rückkehrproblematik beherrschbar zu machen, sollte (sofern möglich) die Dauer des Auslandsaufenthaltes vertraglich festgelegt werden.[74]

Die Empfehlungen für die Auslandsaufenthalte in der Theorie und Praxis variieren: Fachliteratur spricht von max. fünf bis sechs Jahren[75], beim Bayer-Konzern in Leverkusen beispielsweise liegen Entsendungszeiträume bei drei bis fünf Jahre.[76] Für einen Wiedereingliederungsprozess ist ein kürzerer Auslandseinsatz (bis max. drei Jahre) vorteilhafter. Bei längeren Entsendungen nimmt das Wissen vom Mutterhaus des Arbeitnehmers kontinuierlich ab, auf der anderen Seite eignet sich der Mitarbeiter mehr landesspezifisches Wissen an.[77] Dabei besteht die Gefahr zu hoher Anpassung (“going native“[78]) und der Mitarbeiter kann nicht mehr als Träger von Unternehmenszielen des Stammhauses oder als Kontrollinstanz eingesetzt werden.[79]

Folgende Abbildung erklärt die Entsendungszeiträume und den Rahmen für die Eingewöhnungsprozesse nach der Rückkehr bei Auslandsaufenthalten mit mindestens eineinhalb bis fünf Jahren. Nach sechs Jahren könnte ein „Point of no Return“[80] überschritten worden sein und die Frage der Rückkehrproblematik offen stehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Einteilung der Entsendungszeiträume. In Anlehnung an: Ruch, F.V. (2002), S. 58

Die Umfrageergebnisse von Burghaus (2006) zeigen, dass die Entsendungen von mehr als sechs Jahren nur Führungskräfte betreffen, Fach- und Nachwuchskräfte bleiben unter vier Jahre im Ausland.[81]

2.4.2 Vorhandene Auslandserfahrung

Bei Vorerfahrungen mit Auslandseinsätzen wird nach mehreren Untersuchungen die Stärke des Rückkehrschocks reduziert erlebt,[82] da mit häufigem Kulturwechsel die Fähigkeit sich schnell und effektiv in einem neuen Orientierungssystem zurechtzufinden, wächst.[83] Dies könnte mit der Entwicklung der Transitions-Strategie erklärt werden. Personen, die ein langfristiges, entwicklungsorientiertes Verständnis für die interkulturelle Lernerfahrung haben, sehen die Rückkehrphase (wie auch Eintrittsphase in die andere Kultur) als Transition.[84] Transition ist eine weitreichende Veränderung des bisherigen Umfelds eines Individuums einschließlich der darauf bezogenen Wahrnehmungen, Interpretationen und Bewältigungsbemühungen des Betroffenen.[85] Diese Übergangsphasen bzw. Transitionserfahrungen, beispielsweise der Schulabschluss, Wechsel des Wohnorts und auch der Auslandsaufenthalt, sind oft schmerzhaft und desorientierend, enthalten zugleich aber ein Potential für persönliches Wachstum.[86]

Über den Zusammenhang zwischen Auslandserfahrungen und interkulturellen Kompetenzen gibt es in der Literatur verschiedene Standpunkte. Nach Engelhard/Hein bilden frühere Auslandserfahrungen keine valide Determinante zum Erwerb interkultureller Kompetenzen,[87] da die gewonnenen Vorerfahrungen im Ausland aufgrund vielfältiger, nicht generalisierbarer Aspekte nicht immer verwertbar und nur bedingt transferierbar sind.[88] Wang ist der Meinung, dass jede frühere internationale Erfahrung das kulturelle Bewusstsein und Wissen des Expatriates erweitert.[89]

Amstler stellt in seiner Untersuchung fest, dass nur wenige Aspekte der Akkulturation von einer Entsendung zur nächsten übertragbar sind. „Diese Erkenntnis ist für Entsendungsverantwortliche bei der Auswahl zukünftiger Expatriates direkt anwendbar, indem sie weniger Augenmerk auf frühere Auslandsentsendungen legen.“[90] Amstler bringt auch eine mögliche Erklärung für den geringen Einfluss früherer Auslandsentsendungen ein und spricht von der „Anpassungsmüdigkeit“, wo sich die Mitarbeiter nicht mehr die Mühe machen sich an die Gastkultur anzupassen.[91]

2.4.3 Einstellungen der Rückkehrer

Weaver beschreibt die innere Einstellung der Expatriates zur Rückkehr und Stresssituation: “The most significant is that few returnees anticipate reverse culture shock. When we expect a stressful event, we cope with it much better. We rehearse our reactions, think through the course of adjustment, and consider alternative ways to deal with the stressful event. We are prepared both physically and emotionally for the worst that could happen. Most sojourners are already expecting stress before they leave home. They know they will miss family and friends, and they are anxious about adjusting to new food, a different language, public transportation, and so forth. On the other hand, few sojourners worry about returning home.”[92]

Expatriates erleben immer wieder das Gefühl von Nicht-Wiedereingewöhnung. Ein erneuter Auslandseinsatz ist dann Flucht vor der Konfrontation mit der Heimat und ihren Anforderungen, die als fremd und feindlich erlebt werden. Die Wurzeln für das Verhalten können an der Anpassungsstrategie im Ausland liegen, wo der eigene kulturelle Hintergrund abgewertet und eine Assimilation an das Gastland vorgenommen wurde.[93]

Eine Wiedereingliederung fordert geistige Flexibilität. Bei erfolgreichen Auslandseinsätzen haben Entsandte gelernt die Alltagssituationen zu bewältigen, indem die kulturgeprägten Verhaltensweisen erkannt und für das eigene Verhalten antizipiert wurden.[94] Bei der Wiedereingliederung müssen diese Grundmuster abgelegt werden, gleichzeitig aber auch eine produktive Verarbeitung der persönlich und kulturell bedingten Unterschiede in Denk-, Entscheidungs- und Verhaltensmuster erfolgen.[95]

Weiterhin beobachtete Weaver die Veränderungen der Wahrnehmung bei den Expatriates: “The parochialism of the home society becomes more obvious than ever before to these sojourners, especially in contrast with the more global perspective acquired while away. Although they have discovered many hidden aspects of their own culture by going overseas and have broadened their view of the world, they have also returned more critical of their own society. To adapt overseas, sojourners had to be more tolerant of other points of views, change many of their attitudes, and open their minds to new ways of perceiving reality. Interestingly, this tolerance and open-mindedness is not always extended to those back home.”[96]

Die innere Einstellung, kulturelle Diversität und Offenheit der Expatriates beeinflussen ebenso den Verlauf der Wiedereingliederung.

2.5 Reintegration im unternehmerischen Kontext

Auf der Unternehmensebene kritisieren die Rückkehrer, wie schon in der zentralen Problemstellung erläutert, die mangelnde Organisation der Wiedereingliederung und eine wenig zufriedenstellende Aufgabe in der Firma nach der Rückkehr. Für viele Unternehmen sind neben diesen Problemen die Anpassungsschwierigkeiten der Expatriates immer noch etwas Unerwartetes. Aus Unternehmenssicht ergeben sich zusammenfassend fünf wesentliche Probleme, die den Verlauf der Wiedereingliederung im unternehmerischen Kontext beeinflussen:

- die Rückkehr des Entsandten wird nicht rechtzeitig geplant;
- Entsendungsmotive und Erwartungen nach der Rückkehr sind nicht genau kommuniziert worden;
- der Expatriate ist nach der Rückkehr auf sich allein gestellt;
- zum anvisierten Zeitpunkt ist keine äquivalente Rückkehrposition im Unternehmen verfügbar;
- Einsatz des Wissens nach der Rückkehr ist unklar.

Die nächsten Punkte untersuchen die Problematik der Entsendungsmotive, Erwartungen, Anschlussaufgabe sowie des Wissensmanagements. Auf die optimale Planung der Entsendungen als Präventionsmaßnahme wird im Abschnitt 4.1.1 eingegangen.

2.5.1 Entsendungsmotive der Expatriates

Die Expatriates verfolgen mit einer Auslandsentsendung bestimmte Ziele, die für Reintegrationsprozess bedeutend sein können. Zur Vermeidung von Reintegrationsproblemen sollte das Unternehmen schon bei der Auswahl eines geeigneten Kandidaten darauf achten, welche Motive der Mitarbeiter im Bezug auf den Auslandseinsatz hat. Diese Zielvorstellungen beinhalten die Ansprüche und Erwartungen, die der Entsandte an das Unternehmen nach der Rückkehr stellt.[97]

In verschiedenen Studien kristallisiert sich heraus ein Zielbündel aus Interesse an der Aufgabe, mehr Verantwortung und Selbständigkeit mit Karrierevorteilen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Synopse von Entsendungszielen für Mitarbeiter. Quelle: In Anlehnung an: Amstler, M. (2003), S. 10

2.5.2 Erwartungen der Expatriates

Die Perspektiven und Erwartungen von Unternehmen und Angestellten unterscheiden sich im Detail erheblich, wenn es um die Entscheidung zum Gang ins Ausland, die Reintegration nach der Rückkehr und die berufliche Entwicklung der Entsandten geht. Dies ergab die internationale Umfrage “Understanding and Avoiding Barriers to International Mobility“, die die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) zusammen mit der Cranfield University bei fünfzehn international vertretenen Unternehmen und deren international eingesetzten Mitarbeitern durchführte.[98]

Häufig wird von Unternehmen die Auslandserfahrung als Grundbedingung für eine erfolgreiche Karriere genannt, allerdings ist die Zahl der Expatriates größer als die der adäquaten Aufstiegspositionen und die Auslandseinsätze fördern heutzutage nicht automatisch die Karriere.[99] Nach Fritz, Müller, Kühlmann und Stahl sehen mehr als die Hälfte aller Heimkehrer die Position nach der Rückkehr als Karriereknick, während ihre daheim gebliebenen Kollegen bereits eine Karrierestufe weiter sind.[100]

Black und Gregersen haben 1999 bei 750 Unternehmen eine Befragung bei zurückgekehrten Arbeitnehmern durchgeführt. Ein Drittel gab an, dass sie auch noch drei Monate nach ihrer Rückkehr nur zeitlich begrenzte Aufgaben zu erledigen hatten. Mehr als 75% empfanden ihre neue Arbeitsstelle im Heimatstaat als eine Degradierung gegenüber ihrer Position im Ausland. 61% berichteten, dass ihre Erfahrungen nicht nutzen konnten.[101] Ähnliche Feststellung wird auch durch die Kienbaum-Studie „Vergütung und Einsatzbedingungen von Expatriates 2000“ bestätigt, in der 49% der Expatriates die gleiche Position wie vor ihrer Entsendung einnehmen.[102]

Auch die finanziellen Anreize stellen bei der Rückgliederung ein Problem dar. In der Regel ist die Rückkehr mit Entgelteinbußen und Entfall der Nebenleistungen im Ausland verbunden.[103]

Kühlmann und Stahl sehen die Hauptursachen für unzutreffende Erwartungen zum einen in der Unkenntnis des Rückkehrers über die Veränderungen während des Auslandsaufenthalts im wiederaufnehmenden Unternehmen und zum anderen in dem Persönlichkeitswandel, den der Expatriate selbst durchlaufen hat.[104] Zu diesem Kontext haben Wissenschaftler das Modell des „Person-environment-fit“[105] entwickelt.

[...]


[1] o.V. (2006a), http://www.atkearney.de/content/misc/wrapper.php/id/49792/name/pdf_at_kearney_global_index_2006_1163500781b06a.pdf, Stand 14.09.07

[2] Vgl. Hirsch, K. (2003), S. 418; Jumpertz, S. (2002), S. 92; Kühlmann, T.M. et al. (1995), S. 178.

[3] Vgl. Adler, N. J. (1981), S. 344; Kühlmann, T. M. et al. (1995), S. 177.

[4] Vgl. Black, J. S. et al. (1999), S. 103; Müller, S. (1991), S. 300.

[5] Vgl. PwC, (2005), http://www.pwc.de/portal/pub/!ut/p/kcxml/04_Sj9SPykssy0xPLMnMz0vM0Y_QjzKLd4p3dg0CSZnFG8QbeXvrR0IYATAxR4RIkL63vq9Hfm6qfoB-QW5oRLmjoyIArJ-n3g!!?siteArea=49c234c4f2195056&content=e501924f9111369&topNavNode=49c4e4a420942bcb, Stand 02.05.07

[6] Vgl. Kröher, M. (2000),

http://www.manager-magazin.de/koepfe/artikel/0,2828,107574,00.html, S. 1, Stand 12.08.07

[7] Vgl. Adler, N. J. (1991), S. 245.

[8] Vgl. Black, J. S. (1992), S. 178; Storti, C. (1997), S. 3; Vermond, K. (2001), S. 31.

[9] Vgl. Fleiter, D. (2006), http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hiwi/528103/, Stand 10.06.07

[10] Vgl. Kenter, M. (1989), Sp. 1925.

[11] Vgl. Scherm, E. (1995), S. 193.

[12] Amstler, M. (2003), S. 7.

[13] Vgl. Kühlmann, T. M (1995), S. X

[14] Ruch, F. V. (2002), S 31.

[15] Vgl. Drumm, H. J. (2005), S. 790.

[16] Ruch, F. V. (2002), S. 30.

[17] Vgl. Burghaus, A. (2006), S. 4, 15; Perlitz, M. (2004), S. 418.

[18] Vgl. Drumm, H. J. (2005), S. 797.

[19] Kühlmann, T. M. et al. (1995), S. 178.

[20] Gaugler, E. (1989), Sp. 1948; Kühlmann, T. M. et al. (1995), S. 177; Weber, W. et al. (2001), o.S.

[21] Vgl. Fritz, J. (1984), S. 121.

[22] Vgl. Weaver, G. (1994), S. 2 ff.

[23] Vgl. Weber, W. et al. (2001), S. 115.

[24] Vgl. Weber, W. et al. (2001), S. 115.

[25] Deller, J. (2004), S. 16.

[26] Vgl. Hein, S. (1999), S. 139; Jumpertz, S. (2002), S. 95.

[27] Vgl. Stadler, P. (1994), S. 178.

[28] Vgl. Burghaus, A. (2006), S. 18.

[29] Vgl. Bittner, A. et al. (1994), S. 226 f.

[30] Vgl. Institut für Interkulturelles Management (2007b), http://www.ifim.de/foliensets/reentry/reentry/frame.htm, Stand 24.08.07

[31] Vgl. auch Martin, C. (2001), S. 37.

[32] Vgl. Stadler, P. (1994), S. 204.

[33] Vgl. Martin, C. (2001), S. 103.

[34] Vgl. Fritsche, M. (1985), S. 62.

[35] Vgl. Büdenbender, U. et al., (1996), S. 202.

[36] Vgl. Schneider, H. (1994), S. 69.

[37] Vgl. Loboda, J. (2003), S. 14.

[38] Vgl. Loboda, J. (2003), S. 14.

[39] Thiele, A. (1985), S. 323.

[40] Vgl. Noe, R. A. (1986), S. 746.

[41] Vgl. Eulenburg, N. (2001), S. 185 ff.

[42] Vgl. Martin, C. (2001), S. 103 f.

[43] La Brack, B. (1985), S. 10: zitiert nach Stadler, P. (1994), S. 185.

[44] Vgl. Loboda, J. (2003), S. 15.

[45] Vgl. Adler, N. J. (1981), o.S.; Weaver, G. (1994), S. 3.

[46] Vgl. Stadler, P. (1994), S. 187.

[47] Vgl. Kühlmann, T. M. et al., (1995), S. 180; Stadler, P. (1994), o. S.

[48] Vgl. Gaugler, E. (1989), Sp. 1940, 1949; Perlitz, M. (2004), S. 420; Weaver, G. (1994), S. 1.

[49] Vgl. Kühlmann, T. M. (1995), S. 7; Stadler, P. (1994), S. 171.

[50] Del Fabbro, R. (2000), S. 91.

[51] Vgl. auch Hofstede, G. (2006), S. 4 f.

[52] Vgl. Stadler, P. (1994), S. 91f., 170.

[53] Vgl. Podsiadlowski, A. et al. (1996), S. 49.

[54] Vgl. Wagner, W. (1996), S. 18 f.

[55] Vgl. dazu Kapitel 3.1.2.

[56] Vgl. Fritz, J. (1982), S. 47.

[57] La Brack, B. (1992), S. 12: zitiert nach Stadler, P. (1994), S. 182.

[58] Vgl. Winter, G. (1996), S. 365.

[59] Vgl. Isogai, T.Y. et al. (1999), S. 497.

[60] Vgl. Stadler, P. (1994), S. 182 f.

[61] Weaver, G. (1994), S. 3.

[62] Weaver, G. (1994), S. 3.

[63] La Brack, B. (1985), o.S.: zitiert nach Stadler, P. (1994), S. 184.

[64] Vgl. auch Bennett, M. (1998), S. 25.

[65] La Brack, B. (1985), S. 10: zitiert nach Stadler, P. (1994), S. 185.

[66] Vgl. auch Pedersen, P. (1995), S. 2 ff.

[67] La Brack, B. (1985), S. 10: zitiert nach Stadler, P. (1994), S. 185.

[68] Vgl. Stadler, P. (1994), S. 187.

[69] Vgl. Stadler, P. (1994), S. 187.

[70] Vgl. Stadler, P. (1994), S. 187.

[71] Ruch, F. V. (2002), S. 57.

[72] Vgl. Scherm, E. et al. (2001), S. 239; Wirth, E. (1992), S. 209 ff.

[73] Ruch, F. V. (2002), S. 57.

[74] Scherm, E. (1995), S. 212; Wittenzellner, C. (1987), S. 81.

[75] Vgl. Ruch, F. V. (2002), S. 58 f.

[76] Vgl. Fleiter, D. (2006), http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hiwi/528103/, Stand 10.06.07

[77] Vgl. Ruch, F. V. (2002), S. 58 f.

[78] Vgl. Wirth, E. (1992), S. 147 f.

[79] Vgl. Dülfer, E. (2001), S. 549.

[80] Vgl. Fleiter, D. (2006), http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hiwi/528103/, Stand 10.06.07

[81] Vgl. Burghaus, A. (2006), S. 35 f.

[82] Vgl. Kühlmann, T. M. et al. (1995), S. 180; Scherm, E. (1995), S. 208; Winter, G. (1996), S. 367.

[83] Vgl. Thomas, A. et al. (2003), S. 237 ff.

[84] Vgl. auch Bennett, M. J. (1998), S. 25; Stadler, P. (1994), S. 210.

[85] Vgl. Kaminski, G. (1989), o.S.

[86] Vgl. Stadler, P. (1994), S. 210.

[87] Vgl. Stahl, G. K. (1998), S. 237.

[88] Vgl. Engelhard, J. (1996), S. 97.

[89] Wang, X. (2002), S. 332.

[90] Amstler, M. (2003), S. 91.

[91] Vgl. Amstler, M. (2003); S. 86.

[92] Weaver, G. (1994), S. 3.

[93] Vgl. Hansen, K. (2005), S. 56.

[94] Vgl. Martin, C. (2001), S. 103.

[95] Vgl. Hein, S. (1999), S. 113.

[96] Weaver, G. (1994), S. 4.

[97] Vgl. Dülfer, E. (2001), S. 547; Kühlmann, T. M. et al. (1998), S. 51.

[98] Vgl. PwC, (2005), http://www.pwc.de/portal/pub/!ut/p/kcxml/04_Sj9SPykssy0xPLMnMz0vM0Y_QjzKLd4p3dg0CSZnFG8QbeXvrR0IYATAxR4RIkL63vq9Hfm6qfoB-QW5oRLmjoyIArJ-n3g!!?siteArea=49c234c4f2195056&content=e501924f9111369&topNavNode=49c4e4a420942bcb, Stand 02.05.07

[99] Jumpertz, S. (2002), S. 94.

[100] Vgl. Fritz, J. (1982), S. 171, 179; Müller, S. (1991), S. 300; Kühlmann, T. M. et al. (1998), S. 53.

[101] Vgl. Black, J. S. et al. (1999), S. 103; vgl. auch Stroh, L. K. et al. (1998), S.111-124.

[102] Vgl. Gulnerits, K. (2001), http://www.wirtschaftsblatt.at/archiv/165245/index.do, Stand 17.05.07

[103] Vgl. Fritz, J. (1982), S. 32.

[104] Vgl. Kühlmann, T. M. et al. (1995), S. 185.

[105] Vgl. Kühlmann, T. M. et al. (1995), S. 181 f.

Ende der Leseprobe aus 85 Seiten

Details

Titel
Reintegrationsprozess der Expatriates nach dem internationalen Personaleinsatz
Untertitel
Gestaltungsempfehlung auf der Grundlage eines Parallelmodells
Hochschule
FOM Essen, Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Hochschulleitung Essen früher Fachhochschule
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
85
Katalognummer
V92401
ISBN (eBook)
9783638061391
ISBN (Buch)
9783640420056
Dateigröße
997 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Autorin dieser Diplomarbeit leitet Gestaltungsempfehlungen auf der Grundlage eines von ihr entwickelten Parallelmodells ab. Kommentar des Dozenten :"Mit ihrer Arbeit ist es Frau Scharbert gelungen, auf der Grundlage einer exzellenten Analyse der aktuellen Literatur pragmatische Gestaltungsempfehlungen von hohem Nutzen abzuleiten. Sie leistet einen innovativen Beitrag für die Weiterentwicklung der theoretischen Betrachtung des Themas sowie ... einen hervorragenden Beitrag für die unternehmerische Praxis".
Schlagworte
Reintegrationsprozess, Expatriates, Personaleinsatz, Entsendung, Reintegration, Parallelmodell der Reintegration, interkulturelle Entwicklung
Arbeit zitieren
Dipl.- Kffr. (FH) Kristi Scharbert (Autor:in), 2007, Reintegrationsprozess der Expatriates nach dem internationalen Personaleinsatz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92401

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