Thetis in der Schmiede des Hephaistos

Analyse röm. Kopien überlieferter griech. Bildthemen und Kompositionen


Seminararbeit, 2002

25 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Vergleich der beiden Darstellungsvarianten
2.1. Hephaistos steht in seiner Werkstatt und zeigt Thetis den Schild für ihren Sohn Achilles
2.1.1. Wandmalerei in der Casa IX 5,2 ( Abbildung 1)
2.1.2. Wandgemälde aus der Casa di Sirico (Abbildung 3)
2.1.2 Gemälde der Casa degli Amorini dorati (Abbildung 4)
2.2. Hephaistos sitzt und zeigt Thetis den Schild für ihren Sohn Achilleús in seiner Werkstatt
2.2.1. Gemälde der Casa IX, 1,7 (Abbildung 4)

3. Das griechische Tafelbild

4. Literatur

5. Internetseiten

6. Bildnachweise

1. Einleitung

...Sei getrost und laß dies nicht das Herz dir bekümmern. Könnt` ich ihn doch so gewiß entrücken dem grausamen Tode fern in der Weite, sobald ihm naht das schreckliche Schicksal, wie ihm die herrlichen Waffen bereit sein werden, die mancher, wer sie gewahrt, bestaunen noch wird von den Völkern der Menschen. Also sprach er, ließ sie zurück und schritt zu den Bälgen, wandte sie gegen das Feuer und hieß am Werke sie schaffen[1]

Basierend auf diese und die folgende Textpassagen aus Homers Ilias wurde ein Kunstwerk in der griechischen Malerei geschaffen, das die Meernymphe Thetis in der Werkstatt des Hephaistos zeigt.

Thetis überredete Hephaistos Waffen für ihren Sohn Achilleús zu schmieden, um ihn vor seinem tödlichem Ende im Kampf gegen Troja zu schützen. Auch sollten sie ihn von seiner Trauer um seinen Kampfgenossen und Freund Patroklus ablenken.

Da dieses Gemälde leider nicht mehr erhalten ist, soll anhand von Vergleichen römischer Kopien aus der verschütteten Vesuvstadt Pompeji gezeigt werden, wie der Aufbau und die Komposition dieses Gemäldes höchstwahrscheinlich gewesen sein kann.

Die römische Wandmalerei liefert zwei Darstellungsformen, die sich mit diesem Thema befassen.

a) Hephaistos steht in seiner Werkstatt und zeigt Thetis den Schild für ihren Sohn Achilles
b) Hephaistos sitzt und läßt den Schild Thetis durch einen Gehilfen zeigen

Für die erste Darstellu

ngsweise stehen drei relativ gut erhalten Wandgemälde in den Häusern Casa degli Amorini dorati, Casa di Sirico und Casa IX 5,2 (Domus Uboni) zur Verfügung.

In der Casa befindet sich ein Gemälde, das sich mit der zweiten Variante des sitzenden Hephaistos befaßt.

Sowohl die Gemälde des Casa IX 5,2, als auch der übrigen Häuser sind durch das Museo Nazionale in Neapel archiviert und katalogisiert.

Da sich diese Szene in einer Schmiede abspielt, wird kurz auf die damalige Bauweise einer solchen Werkstatt im Mittelmeerraum eingegangen.

2. Vergleich der beiden Darstellungsvarianten

2.1. Hephaistos steht in seiner Werkstatt und zeigt Thetis den Schild für ihren Sohn Achilles

2.1.1. Wandmalerei in der Casa IX 5,2 ( Abbildung 1)

Die Wandmalerei im Haus IX 5,2 hat eine Höhe von 1,21m und wurde bei den Ausgrabungen nicht aus dem Wandsystem entfernt[2].

Das Bild weist eine symmetrische Komposition in der Figurendarstellung auf. Insgesamt sind auf dem Gemälde vier Personen dargestellt. Die Hauptpersonen dieser Viererkonstellation sind der Gott des Feuers und der Schmiedekunst, Hephaistos und die Meernymphe und Mutter Achilles, Thetis. Sie werden jeweils von einer Nebenfigur flankiert. Hinter Hephaistos scheint ein Gehilfe emsig in seiner Arbeit vertieft zu sein. Er hat dem Betrachter den Rücken zugewandt. Neben Thetis steht eine geflügelte Dämonin, die sich über ihre rechte Schulter beugt Diese Dämonin fällt allerdings kaum auf. Die Farbe ihres Inkarnats und ihrer Kleidung hebt sich kaum vom Hintergrund ab. Sie ist fast identisch. Sie scheint der Nymphe Verzierungen auf einem Schild zu erläutern, der mittig auf einem Amboß zwischen Hephaistos und Thetis aufgebaut ist. Dieser Schild stellt eine Beziehung zwischen Hephaistos und der Nymphe auf. Diese Verbindung wird durch zwei Gesten noch untermauert. Die Dämonin unterstreicht ihre Erklärungen, indem sie mit einem Stock auf die Verzierungen zeigt und Thetis diesen Ausführungen bewundernd folgt. Des weiteren muß Hephaistos den Schild festhalten, damit die Meernymphe seine Arbeit in Augenschein nehmen kann.

Thetis ist sitzend auf einem Thron dargestellt. Sie ist reich gekleidet und reich geschmückt. Ihre Haare sind in Locken gelegt und ein Diadem scheint diese Lockenfrisur zu halten. Das Gewand ist aus einem fast durchsichtigen Gewebe angefertigt. Der linke Ärmel ist so sehr verrutscht, daß ihre linke Schulter bis zur Armbeuge unverhüllt ist. Dieser Einblick kann Hepahistos Blicken keinesfalls verborgen bleiben und deutet daraufhin, daß sie sich ihrer Schönheit vollkommen bewußt ist.

Ihr helles Inkarnat verschwimmt mit der Farbe ihrer Bekleidung. Sie erscheint als Lichtgestalt, was durch die dunklere Farbgebung des Hintergrundes noch unterstrichen wird. Elegant sitzt sie in diesem Armstuhl. Ihr linker Arm ist auf die Lehne gelegt. Ihre Finger spielen mit dem Zipfel ihres Mantels, der über ihren Arm gelegt ist. Ihre rechte Hand ist erhoben. Diese Armhaltung scheint ihre Bewunderung über die kunstvolle Arbeit des Hephaistos zu unterstreichen. Sie scheint sich die Darstellungen zu verinnerlichen. In der Mitte des Schildes schlängelt sich eine Schlange. In der griechischen Mythologie gibt es zwei Deutungsmöglichkeiten für die Darstellung der Schlange. Sie kann auf der einen Seite als Bild für das Universum und die Unendlichkeit angesehen werden. Aber dagegen spricht, daß diese Schlange nicht als Ouroboros (Schwanzfresser) dargestellt ist. Möglicherweise kannte der Kopist diese Bedeutung nicht. Eine andere Interpretation weist auf ein Symbol von Wiedergeburt und Unsterblichkeit. Die Häutung der Schlange stand für die körperliche Regeneration nach überstandener Krankheit[3]. Da die Annahme vertreten wurde, daß Schlangen einen Winterschlaf halten, wurde dieser Akt in Griechenland als Symbol für Wiedergeburt, ewiger Jugend und Unsterblichkeit angesehen. Berücksichtigt man das Schicksal, das Achilleús im trojanischen Krieg ereilt, scheint diese Metapher auch eine mögliche Interpretationsvariante zu sein. Obwohl Achilleús zu den Heroen gezählt wird, wurde er nach seinem Tod nie in den Olymp aufgenommen, sondern fuhr in den Hades. Dieses Privileg wurde nur dem Sohn des Zeus Heracles zugestanden[4]. Erst während der Regierung des römischen Kaisers Hadrian wurde Achilleús in den „Götterstand“ gehoben. Er erhielt den Beinamen Pontarchos, Herrscher des Meeres[5].

Damit wäre der Maler dieses Gemäldes allerdings deutlich seiner Zeit voraus. Diese Wandmalerei wird dem Vierten[6] der vier römischen Stile der Wandmalerei zu geschrieben (Abbildung 2). Dieser Stil kam ca. 48 n. Chr. während der Regierungszeit Kaiser Neros auf und endete mit dem Ausbruch des Vesuvs 79 n. Chr. Die Landschaftsmalerei nahm hier fast impressionistische Züge an. Ebenso wurden lokale Ereignisse kolportiert, wie lebende Zeitgenossen wirklichkeitsgetreu dargestellt. Die mythologischen Szenen wurden allerdings in der griechischen Tradition übertragen, da davon auszugehen ist, daß die Maler Sklaven oder Freigelassene aus der römischen Kolonie Griechenland stammten.

Bei näherer Betrachtung des Wandgemäldes ist deutlich rechts neben der Schlange ein kleiner Stern zu erkennen. Um das Reptil herum sind noch vier Köpfe dargestellt, die Götter oder die Winde darstellen sollen. Den Schildrand bilden die zwölf Zeichen des Tierkreises. Dies deutet daraufhin, daß der Maler darauf bedacht war, die Unendlichkeit des Universums darzustellen.

Auffällig ist, daß Hephaistos farblich fast mit dem Hintergrund verschwimmt. Abgesehen von den Lichtreflexen, die sich auf seiner Haut widerspiegeln, scheint seine Hautfarbe fast identisch mit dem Hintergrund zu sein. Seine Hautfarbe ist wesentlich dunkler als die von Thetis. Dies deutet auf seine Arbeit in ständiger Hitze und Schmutz hin.

Allerdings weist die Darstellung des göttlichen Schmiedes einige Schwachpunkte auf. Hephaistos steht aufrecht und hält in der linken Hand einen kleinen Hammer. Wahrscheinlich hat er gerade seine Arbeiten an dem Schild beendet. Bekleidet ist er mit einem einfachen Lendenschurz, der allerdings zur Bekleidung eines Handwerkers gehörte. Da das Gemälde leider stark verwittert ist, können nur Vermutungen darüber gemacht werden, wie die Gestaltung des Kopfes ausgesehen hat. In der griechischen Mythologie wird Hephaistos bärtig und mit einem Pileus, einer einfachen Filzkappe dargestellt. Höchstwahrscheinlich hat sich der Kopist an diese Darstellungsweise gehalten. Nur schwach kann ein Bart und eine helle Kopfbedeckung erkannt werden. Obwohl seine Haltung entspannt wirkt, macht sie einen statuenhaften Eindruck. Der Schmied steht im Kontrapost. Sein rechtes Bein ist angespannt, das linke leicht angewinkelt. Der rechte Arm ist entspannt und hängt locker herab. Obwohl auch der Oberkörper nur noch schemenhaft zu erkennen ist, können die Darstellungen von Muskelpartien an der Brust und am Bauch noch aus gemacht werden. Allerdings wirkt Hepaistos weniger wie ein großer Athlet. Im Gegensatz zu Thetis wirkt er eher klein, gedrungen und unscheinbar. Sein Aussehen hat somit eigentlich sonst nichts mit der perfekten und schönen Erscheinungsform der übrigen griechischen Götter gemeinsam. Die Gestalt dieses Gottes entsprach alles andere als dem Schönheitsideal der Griechen.

Hephaistos wurde von seiner Mutter Hera aus dem Olymp verstoßen und ins Meer geworfen, da sie sich wegen seiner Behinderung schämte.

Wie bei Statuen aus den Epochen der Klassik und auch des Hellenismus festzustellen ist, vermieden es Künstler Verkrüppelungen, Häßlichkeit darzustellen. „Perfekte“ Körper und Schönheit wurden damals, wie auch in der heutigen Zeit vorgezogen. Als eines der wenigen Beispiele, wo die Häßlickeit und der Zerfall des Körpers im Vordergrund stehen, ist die sitzende Figur der „Trunkenen Alten“[7] zu nennen.

[...]


[1] Homerus, Ilias XVIII, 464-482, 9. Auflage, München 1989

2 L. Curtius: Die Wandmalerei Pompejis,, Leipzig 1929, S. 221

[3] http://www.draconian.com/whatis/whatis-german.htm

[4] Gerhard J. Bellinger: Knaurs Lexikon der Mythologie, Augsburg 2001, S.194

5 Ebd. S. 14

6 Die erste Phase des 4. Stils findet von ca. 48 bis 62 n. Chr.. Die Wand wird in dieser Zeit dezentralisiert. Gemalt wird in der Mittelzone eine harmonische Verteilung großer, aneinandergereihter Tücher bzw. von Teppichen mit textilen Mustern an den Rändern - gemäß dem hellenistischen Brauch, echte Bilderteppiche aufzuhängen. In der Mitte der Teppiche finden sich kleine Bilder oder schwebende Figuren. Zwischen den Teppichen erscheinen Durchblicke auf zarte, barocke, leuchtende Architekturgebilde. Der Durchblick, der schon in der Endphase des 3. Stils als Element wieder aufgenommen wurde, ist ein Rückgriff auf den 2. Stil. Im Gegensatz dazu handelt es sich aber nicht um eine Architektur, die auch gebaut werden könnte. Es ist eine künstliche Welt, die der realen Welt gegenüber gestellt wird. Dies gilt auch für die Oberzone, in der Girlanden die phantastische Architekturgebilde verbinden. Auf den Girlanden finden sich Tiere und andere Wesen. Das Bild als Ganzes ist v.a. in neronischer Zeit durch eine vielseitige Elastizität gekennzeichnet Die zweite Phase findet in Pompeji ihr Ende mit dem Ausbruch des Vesuv 79 n. Chr. Sie ist gekennzeichnet durch überwiegend horizontalen und vertikalen Elementen. Es erscheinen weiße, rote und rotbraune Felder mit stereotypen Ornamenten. Architektonische Elemente verdrängen die Teppiche und bilden Szenen, die die gesamte Wandfläche bedecken und von allegorischen und heroischen Gestalten belebt sind. Manchmal treten auch im Rückgriff auf den 2. Stil wieder realistische architektonische Gebilde auf. Im Rückgriff auf den 1. Stil erwacht auch wieder das Interesse am Stuckrelief.

http://www.kzu.ch/fach/as/material/kg_pompeji/pict/pic00.htm#pix04

7Dargestellt ist eine auf dem Boden hockende alte, magere Frau, die eine Weinkanne zwischen den Händen hält. Mit ihrer linken Hand umfaßt sie die Schulter des Gefäßes, die rechte Hand umgreift den Hals der Kanne. Ihren Kopf reckt sie, von der Betrachterposition ausgesehen, nach rechts oben. Der

Künstler dieser Statue ist bis dato leider unbekannt. Es können daher nur Vermutungen gemacht werden.

Zanker, Paul: Die Trunkene Alte, Frankfurt am Main 1989, S. 18

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Thetis in der Schmiede des Hephaistos
Untertitel
Analyse röm. Kopien überlieferter griech. Bildthemen und Kompositionen
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Klassische Archäologie)
Veranstaltung
Proseminar: Figürliche Wandbilder aus den Vesuvstädten
Note
2
Autor
Jahr
2002
Seiten
25
Katalognummer
V9234
ISBN (eBook)
9783638159968
ISBN (Buch)
9783638640916
Dateigröße
1575 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pompeji, Wandmalerei
Arbeit zitieren
Britta Heidel (Autor:in), 2002, Thetis in der Schmiede des Hephaistos, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9234

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