Schulmediation - Ein kurzer Überblick


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

18 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Konflikt und Mediation
2.1. Konflikt
2.2. Mediation

3. Schulmediation
3.1. Schulmediation
3.2. Kommunikationstechniken
3.3. Ziele und Grenzen der Schulmediation

4. Der Mediator

5. Phasen eines Mediationsverlaufs

6. Ein kritisches Resümee

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Gewaltbereitschaft unter Schülern wächst und macht schon lange nicht mehr Halt vor Bluttaten - Gewaltexplosionen, von denen wir aus den Nachrichten erfahren, die aber nur die Spitze eines Eisberges sind und das ganze Ausmaß der unbekannt bleibenden, alltäglichen Schulkonflikte erahnen lassen. Denn Schüler und Lehrer sind einander in einer vielstündigen Zwangsgemeinschaft ausgesetzt, was sich gerade unter den Schülern in Konflikten äußert, die sich in einer Aggressionsskala von leichten Beschimpfungen über schweres Mobbing bis zu tätlicher Gewalt einordnen lassen. Der Häufungsgrad mag in den verschiedenen Altersgruppen und Schulformen variieren - gemeinsam ist ihnen allen jedoch eine unzureichende Fähigkeit zur friedlichen Konfliktlösung. Da in vielen Fällen gerade das Elternhaus als problembelastete Institution versagt, ist die Schule selber gezwungen das Problem zumindest anzugehen. Dass hier aber immer noch mehr in die Nacharbeit, also in Polizeieinsatz an der Schule, in Jugendstrafeinrichtungen und Sozialarbeit investiert wird, als in die Konfliktvorbeugung und -bearbeitung z.B. mit Hilfe eines unparteiischen Streitschlichters, ist bedauerlich aber nicht unabänderlich.

Das Thema dieser Arbeit ist die Konfliktbewältigung in Schulen. Dabei soll es zunächst um Definition von Konflikt und Mediation gehen, um dann in weiteren Schritten die Möglichkeiten der Konfliktbewältigung mittels Schulmediation auszuloten. Nach der Vorstellung eines exemplarischen Phasenmodells der Schulmediation soll dann im Resümee - um eine wenig aussagekräftige Wiederholung von bereits Gesagtem zu vermeiden - die Sinnhaltigkeit der Schulmediation vor dem Hintergrund der allgemeinen Streitkultur erörtert, kontrastiert und bewertend profiliert werden.

2. Konflikt und Mediation

2.1. Konflikt

Der Begriff ‚Konflikt‘ ist zwar inzwischen von der Konfliktforschung vereinnahmt, steht aber in allgemeinen Wörterbüchern immer noch als eine Ableitung aus dem lateinischen Wort ‚conflictus‘ als Streit, Zwiespalt oder Zusammenstoß definiert. In einem Modell für zwischenmenschliche Beziehungen nach Gordon bedeutet Konflikt: „(…) ein Auftreten von Kämpfen und Kollisionen zwischen zwei (oder mehreren) Personen, wenn Verhaltensweisen und Bedürfnisbefriedigung in Gegensatz geraten oder wenn die Wertvorstellungen der Personen differieren.“[1] Rüttinger geht besonders von der Möglichkeit der Entstehung eines sozialen Konflikts aus, wenn mehrere Personen an einer Entscheidung beteiligt sind und die Personen gegensätzliche Alternativen präferieren. Dieser soziale Konflikt: „(...) läßt sich als eine soziale Beziehung definieren, in der zwei oder mehr Parteien, die voneinander abhängig sind, mit Nachdruck versuchen, gegensätzliche Handlungspläne zu verwirklichen und sich dabei ihrer Gegnerschaft bewußt sind.“[2] Dem schließt sich Glasl mit folgender Definition von Konflikt an: „Sozialer Konflikt ist eine Interaktion zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw.), wobei wenigstens ein Aktor Unvereinbarkeiten im Denken/Vorstellen/Wahrnehmen und/oder Fühlen und/oder Wollen mit dem anderen Aktor (anderen Aktoren) in der Art erlebt, dass im Realisieren einer Beeinträchtigung durch einen anderen Aktor (die anderen Aktoren) erfolge.[3] Dabei ist entscheidend, dass eine Seite sich durch die andere daran gehindert sieht, ihre Absichten, Empfindungen oder Wünsche durchzusetzen.[4] In der Schule entstehen Konflikte nach Hagedorn durch „(…) die personale Größe, die bauliche Dimension sowie die Enge in der Schule.“[5] Hurrelmann hat daran anschließend folgende Definition von Gewalt in der Schule entwickelt: „Das gesamte Spektrum von Tätigkeiten und Handlungen, die physische und psychische Schmerzen oder Verletzungen bei den im Bereich der Schule handelnden Personen zur Folge haben oder die auf die Beschädigung von Gegenständen im schulischen Raum gerichtet sind.“[6]

2.2. Mediation

Der Aufbau einer friedlichen Welt erfordert die Entwicklung und den weit verbreiteten Einsatz von effektiven Methoden, mit Konflikten umzugehen und sie zu lösen.[7] Eine dieser Lösungsmethoden ist die Mediation, die in den sechziger und siebziger Jahren in den USA entwickelt wurde. Der Begriff ‚Mediation‘ stammt aus der englischen Sprache und bedeutet übersetzt: „Vermittlung“.[8] Vermittlung zwischen Streitparteien stellt gleichzeitig auch die Hauptaufgabe von Mediation dar. So schreibt Marx: „Mediation ist eine Alternative zu gesellschaftlich etablierten Konfliktlösungsmechanismen, wie Urteilen und Schlichten und betont im Gegensatz zu diesen die Selbstbestimmung der Streitparteien. Mit Hilfe eines neutralen Dritten werden die Verhandlungen der Parteien erleichtert.“[9] Dulabaum führt dazu weiter aus: „Mediation ist eine informelle und außergerichtliche Art der Konfliktbearbeitung und strebt gegenseitiges Verstehen, gewaltfreie und konstruktive Kommunikation an. Mediation kann der Gewalt vorbeugen: am besten setzt sie ein, bevor ein Konflikt durch zunehmendes Misstrauen, sich steigernde Vergeltungswünsche zur gegenseitigen Verhärtung führt und in Hass ausufert.“[10]

Mediation stellt dabei allerdings ein informelles und außergerichtliches Konfliktlösungs-verfahren dar, indem zwischen zwei Streitparteien durch einen Vermittler ein gewaltfreier und konstruktiver Kommunikationsprozess gewährleistet und durch eine einvernehmliche Konflikt-lösung eine Win-Win-Situation geschaffen wird.[11] Hierbei kreiert der Mediator idealiter keine eigenen Lösungsvorschläge, sondern aktiviert Schritt für Schritt die situativ-adäquaten kreativen und dynamischen Gesprächstechniken (aktives Zuhören, Paraphrasierung, Refraiming usw.) bei den Streitenden und setzt so - ohne eigentliche Entscheidungsbefugnis - den Bearbeitungs-prozess der Konflikttransformation im Sinne der Dialog-, Meinungs- und Befindlichkeitsfindung in Gang.

3. Schulmediation

3.1. Schulmediation

Die Schulmediation ist eine von Olweus entworfene und von Hanewinkel und Kraak 1997 weiterentwickelte und damit relativ junge Unterart der Mediation. Ausführende sind hierbei Schüler, die einen scheinbar nicht weiter selbstständig operablen Konflikt haben und diesen an sog. ‚Konfliktlotsen‘, ‚Streitschlichter‘ oder ‚Peer-Mediatoren‘ weitergeben. Die Terminologie verrät schon das Besondere der Schulmediation, denn sie kann sowohl von Erwachsenen als auch von Mitschülern durchgeführt werden, was wiederum zu einem Problem führen kann - und in der Praxis auch führt. Denn die Methodik der Mediation umfasst ein Verfahren, dass sich an einer reinen Vermittlung zwischen den Parteien ausrichtet und eben nicht - darum ist der Begriff ‚Streitschlichter‘ irreführend - einen Konflikt im Sinne einer Schlichtung löst. Der Verlockung, in einem offensichtlichen Streifall ein ebenso offensichtliches ‚Salomonisches Urteil‘ zu fällen, sind dann natürlich unausgebildete oder oberflächlich ausgebildete Peer-Mediatoren sehr viel leichter erlegen als professionell-pädagogisch geschulte Mediatoren. Andererseits sollte natürlich - wenn möglich - ein in etwa Gleichaltriger vermitteln, da dieser sich mit der Lebenswelt der Mitschüler besser vertraut machen kann und durch gleichartige geschlechts- und altersspezifische Mimik, Gestik und Artikulation auf einer ganz anderen Vertrauensebene intervenieren, agieren und reagieren kann, als ein zwar professionellerer, aber auch zwangsläufig als Fremdkörper empfundener Pädagoge. Zumal Mediation natürlich immer als ein Einbruch in die Privatsphäre der Konfliktparteien empfunden wird und damit ein Höchstmaß an Vertrauen voraussetzt, das einem Gleichaltrigen gegenüber leichter aufzubringen fällt als gegenüber einem stets (wenn auch nur unbewusst) autoritär auftretenden Erwachsenen.[12] Für gelingende Mediation durch Schüler müssen allerdings einige Kriterien erfüllt werden: Zunächst müssen Lehrer, Elternbeirat und Schülervertretung über die Tätigkeit der Mediatoren unterrichtet sein und dieser unbedingt positiv gegenüberstehen. Ebenso müssen die Schüler über die Möglichkeit der Mediation informiert werden. Eine gründliche Schulung der Mediatoren ist unabdingbar, d.h. Lehrer müssen zur kontinuierlichen Betreuung der Mediatoren als ‚Coaches‘ bereitstehen. Darüber hinaus sollte klar sein, welche Konflikte von Schülern und welche nur gemeinsam mit Lehrern bearbeitet werden, wo und wann die Mediation stattfindet und wie das Ergebnis behandelt wird.[13]

[...]


[1] Siehe Gordon,T.: Lehrer-Schüler-Konferenz. Wie man Konflikte in der Schule löst. Hamburg 1977 S. 166. Es ist hierbei festzuhalten, dass es keine einheitliche Konfliktdefinition gibt. In der Fachliteratur wird jedoch meist die Definition von Glasl zitiert.

[2] Siehe Rosenstiel, L.v. /Molt, W./Rüttinger, B.: Organisationspsychologie. Stuttgart 1995. S. 188.

[3] Siehe Glasl, F.: Konfliktmanagement: ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater. Bern 1999.

S. 14 f.

[4] Nach der Definition von Glasl müssen alle Definitionsmerkmale gegeben sein, damit ein sozialer Konflikt vorhanden ist.

[5] Dies führe zu mangelnden personellen Beziehungen, Unübersichtlichkeiten und vermeintlicher Verknappung der Ressourcen. Darüber hinaus fördere der Druck, Schwächere auszusortieren, die Desintegration.

[6] Hurrelmann, K.: Familienstress, Schulstress, Freizeitstress. Basel 1990. S. 365.

[7] Siehe Wessels, M.: Psychologische Dimension internationaler Mediation. In: Gewaltfreie Konfliktlösungen. Interdisziplinäre Beiträge zu Theorie und Praxis friedlicher Konfliktbearbeitung. Hrsg. von Wilhelm Kempf, Wolfgang Frindte, Gert Sommer und Michael Spreiter. Heidelberg 1993. S. 71.

[8] Vgl. Simsa, C.: Mediation in Schulen, Schulrechtliche und pädagogische Aspekte. Neuwied 2002. S 1.

[9] Siehe Marx, A.: Mediation und Sozialarbeit. F/M 1999. S.16.

[10] Siehe Dulabaum, N.: Mediation: Das ABC. Berlin 1998. S.8f..

[11] vgl. ebda.: S.8.

[12] Schon aufgrund der jeweiligen Professionalisierung. Vgl. Walker, J.: Mediation in der Schule – Konflikte lösen in der Sekundarstufe 1. Berlin 2001. S.101 f..

[13] Vgl. Faller, K.: Mediation in der pädagogischen Arbeit. Ein Handbuch für Kindergarten, Schule und Jugendarbeit. Mühlheim 1998. S. 57.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Schulmediation - Ein kurzer Überblick
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Seminar für Religionspädagogik)
Veranstaltung
Konflikte im Religionsunterricht
Note
2
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V92315
ISBN (eBook)
9783638061155
ISBN (Buch)
9783638956673
Dateigröße
457 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schulmediation, Konflikte, Religionsunterricht
Arbeit zitieren
David Liebelt (Autor:in), 2007, Schulmediation - Ein kurzer Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92315

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