Die Ardennenoffensive - Letzter Ausweg, oder beschleunigter Untergang?


Seminararbeit, 2005

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Kapitel I – Ausgangslage und Vorbereitung der Offensive

Kapitel II – Verlauf und Scheitern der Offensive

Kapitel III – Hitlers Ziele und die Auswirkungen der Offensive

Schlussbetrachtung

Literatur – und Quellenverzeichnis

Einleitung

„Starke deutsche Kräfte sind am 16. Dezember um 5:30 Uhr in breiter Front aus dem Westwall nach einer kurzen, aber gewaltigen Feuervorbereitung zum Angriff angetreten und haben die vordersten Stellungen zwischen dem Hohen Venn und dem Nordteil Luxemburgs im ersten Ansturm überrannt.“[1]

Mit diesen optimistischen Worten beginnen die Berichte des Oberkommandos der Wehrmacht zur letzten deutschen Offensive des zweiten Weltkriegs, der Operation Wacht am Rhein – auch bekannt als Ardennen-Offensive. Diese ereignete sich zu einer Zeit, als der Krieg längst entschieden schien. Im Osten wie im Westen standen die Alliierten Truppen bereits an der Reichsgrenze. Die Wehrmacht hatte die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit bereits weit überschritten. Der rasche Vormarsch der Westalliierten war mühsam am Westwall, der alten Reichsgrenze aufgefangen worden und es entstand eine Phase des kurzzeitigen Stillstands an allen Fronten. In einem überraschend geführten Schlag sollten nun Panzerverbände der Wehrmacht, sowie der Waffen-SS durch die Ardennen nach Westen vorstoßen. Geplant war, in wenigen Tagen Antwerpen zurückzuerobern, sowie große Teile der alliierten Invasionsstreitmacht nördlich abzuschneiden und zu vernichten.

Hierfür waren im Vorfeld unter strengster Geheimhaltung alle verbliebenen Reserven des Deutschen Reichs hinter dem Westwall zusammengezogen worden, anstatt sie an anderen Fronten zum Einsatz zu bringen. Zusätzlich wurden Verbände aus der Front herausgelöst und aufgefrischt. Zwar war die Frontlinie in den Ardennen durch die Alliierten nur schwach besetzt, aber dennoch konnten die aufgestellten deutschen Truppen aus verschiedenen Gründen, auf die später noch eingegangen wird, unter den gegebenen Voraussetzungen für die Operation nicht ausreichen. Dies war sowohl den deutschen Generälen als auch Hitler selbst bekannt und diese Ansicht spiegelt sich auch in der vorhandenen Literatur zum Thema wieder. Strategischen Fragestellungen des Kampfgeschehens selbst kommt somit in dieser Untersuchung eine untergeordnete Rolle zu. Ziel dieser Arbeit ist es vielmehr, Hitlers Intentionen zu beurteilen, die ihn veranlassten die letzten mobilen Reserven des Deutschen Reichs in diese scheinbar aussichtslose Offensive zu schicken. Handelte es sich dabei um eine Art von „alles auf eine Karte setzen“? Ging es um einen „würdigen Abgang“? Oder glaubte Hitler tatsächlich das Kriegsglück im Westen noch wenden zu können? Und sollte das der Fall sein, warum glaubte er dieses Ziel mit dieser militärisch doch so aussichtslosen Offensive erreichen zu können? Weiterhin soll auch auf die Frage nach Mitverantwortung der maßgeblichen Offiziere eingegangen werden, die in der Literatur durchaus kontrovers dargestellt wird.

Zur Beantwortung dieser Fragen wird zunächst im ersten Abschnitt auf die Ausgangssituation im Herbst 1944 eingegangen. Untersucht werden die Lage des Deutschen Reiches, sowie die Planung und Vorbereitung der Offensive selbst. Im zweiten Kapitel soll versucht werden, ein grobes Bild des Verlaufs der Offensive zu geben. Hierbei wird neben der Darstellung der Ereignisse, hauptsächlich auf die Gründe für das Scheitern der Offensive eingegangen. Dabei steht die Frage im Raum, ob widrige Umstände und Entwicklungen, oder vorhersehbare Mängel in der Planung der Offensive den Ausschlag gaben. Eine Bewertung der Auswirkungen soll schließlich im dritten Teil der Arbeit erfolgen. Ausgehend von Hitlers Hoffnung, das Bündnis der Alliierten würde unter einer schweren militärischen Niederlage zusammenbrechen, liegt hierbei ein besonderes Augenmerk auf den Auswirkungen der Ardennen-Offensive auf das Verhältnis zwischen den Alliierten. Aber auch die tatsächliche Kriegswirksamkeit der Offensive, sowie die Folgen für das weitere Vorgehen der Alliierten sollen betrachtet werden. Unter Berücksichtigung dieser Betrachtungen soll schließlich versucht werden, Hitlers Zielsetzungen zu beurteilen, sowie die aufgeworfenen Fragen zu beantworten.

Kapitel I – Ausgangslage und Vorbereitung der Offensive.

Die militärische, wie auch politische Lage des Deutschen Reiches im Herbst 1944 war gekennzeichnet von unübersehbaren Anzeichen der drohenden vollständigen Niederlage. Am offensichtlichsten zeigte sich das an den beiden Hauptfronten[2], insbesondere der Ostfront. Nach schweren Verlusten im Verlauf der sowjetischen Großoffensiven im Vorfeld standen hier am 1. November 1944 1,84 Millionen Soldaten des Deutschen Ostheers auf einer 1200 Km langen Front mehr als 5 Millionen Rotarmisten gegenüber[3]. Hinzu kam eine außerordentliche materielle Überlegenheit der Roten Armee, die bei ihren konzentrierten Angriffen noch zusätzlich von der schlechten Materiallage und Mobilität der Wehrmacht profitieren konnte[4]. Ein ähnlich bedrohliches Bild zeigte sich an der Westfront. Hier war der Vormarsch der Westalliierten, der seit dem Durchbruch bei Avranches nahezu ungehindert verlaufen war, vorerst zum Stehen gebracht worden. Dies lag allerdings mehr an den Nachschubschwierigkeiten der Alliierten, als am Widerstand der deutschen Truppen. So standen im Westen am 1.12.44 etwa 416000 Soldaten der Wehrmacht mehr als 3,5 Millionen alliierten Soldaten gegenüber[5]. Und auch hier kam die materielle Überlegenheit der alliierten Truppen hinzu, die das Kräfteverhältnis weiter zu Ungunsten des Deutschen Reiches verschob.

Diese Überlegenheit resultierte zu nicht geringen Teilen aus der schwierigen Rüstungswirtschaftlichen Lage des Deutschen Reiches. Zunächst war das Jahr 1944 ein Jahr des Aufschwungs für die deutsche Rüstung gewesen. Seit Albert Speer am 2. September 1943 zum „Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion“ ernannt worden war, hatte er die deutsche Rüstungsproduktion grundlegend verändert. Er befreite die Industrie von militärbürokratischen Sanktionen und gab große Teile der Verantwortung bis zur Auslieferung an die Wehrmacht an die Rüstungsindustrie weiter. Damit gelang es die Produktion von Kriegsgerät in der ersten Jahreshälfte 1944 rasant zu steigern. So konnten im Juli 1944 die höchsten Austoßzahlen verzeichnet werden, die die deutsche Rüstungswirtschaft während des gesamten Zweiten Weltkriegs erreichte. Allerdings erlebte das Deutsche Reich im Kriegsjahr 1944 weiträumige Gebietsverluste, sowie den Abfall der meisten Verbündeten. Damit einhergehend sanken die unabdingbaren Rohstoffimporte aus besetzten Gebieten, sowie aus ehemals verbündeten, oder neutralen Staaten drastisch ab. Dies sorgte dafür, dass die Rekordzahlen aus dem Frühsommer 1944 nicht gehalten werden konnten und bereits ab Oktober kontinuierlich sanken.

Gravierender noch, als die Schwierigkeiten in der Produktion von Kriegsgerät, waren die Mängel in der Treibstoffproduktion. Am 8 Juni 1944 erklärte der Oberbefehlshaber der amerikanischen Luftstreitkräfte in Europa, General Spaatz, die deutsche Ölindustrie zum wichtigsten Ziel des strategischen Luftkriegs. Es folgten systematische Angriffe auf die deutschen Hydrierwerke. Die Produktion an Flugbenzin sank in Folge dessen von 180000 Tonnen im März 1944 auf 5300 Tonnen im September 1944. Ähnlich entwickelte sich auch die Produktion von Kraftfahrbenzin, sie sank von 134000 Tonnen auf 48000 Tonnen.

Bereits im August 1944 wies Speer deshalb Hitler in einer Denkschrift darauf hin, dass nach seinen Schätzungen bereits im November keine operativen Bewegungen der Truppe mehr möglich sein könnten.[6]

Dennoch, oder vielleicht gerade aufgrund dieser Lage, fasste Hitler in jenen Sommermonaten des Jahres 1944 den Entschluss zu einer entscheidungssuchenden Offensive im Westen. Der genaue Zeitpunkt, an dem der „Führer“ den Plan zur Ardennen-Offensive fasste, kann nicht endgültig geklärt werden. Allerdings zeigen sich in der rückwärtigen Betrachtung bereits Anzeichen dafür in einer Lagebesprechung mit Generaloberst Alfred Jodl am 31. Juli 1944.[7] Die Vorbereitungen einer Offensive im Westen begannen allerdings erst nach einer erneuten Besprechung mit Jodl, am 19. August 1944. Dieser wurde von Hitler beauftragt eine Reserve von 25 Divisionen zu bilden, und diese für einen Einsatz im Westen bereit zu machen. Der genaue Einsatzort wurde bis dahin nicht genannt. Erst am 16. September verkündete Hitler in einer Sonderbesprechung einen bereits recht präzisen Plan zu einer Gegenoffensive in den Ardennen, mit dem Ziel Antwerpen. Als Stichtag für den Abschluss der Vorbereitungen wurde der 1. November 1944 festgesetzt.

Hitler glaubte durch die Rückeroberung von Antwerpen den Nachschub der Alliierten empfindlich schwächen und außerdem Teile der Invasionsstreitmacht nördlich abschneiden und vernichten zu können.[8] Mindestens ebenso wichtig wie die militärischen Ziele waren jedoch die weitergehenden Überlegungen Hitlers. Er hoffte durch eine schwere militärische Niederlage das Verhältnis unter den Alliierten nachhaltig beeinträchtigen zu können, sowie die Unterstützung für den Krieg in den demokratischen Heimatländern der Invasionstruppen zu schwächen, wenn nicht gar vollständig zu brechen.[9]

[...]


[1] Bericht des OKW vom 18.12.1944 in: Jung, Hermann: Die Ardennen-Offensive 1944/45. Ein Beispiel für Hitlers Kriegsführung, Zürich/Frankfurt 1971 S. 366

[2] Nach der Invasion in Frankreich hatten sowohl die Alliierten, als auch das Deutsch Reich Truppen von der Südfront abgezogen und Italien war in den Status eines Nebenkriegsschauplatzes abgesunken, an dem lediglich noch Deutsche Truppen gebunden , jedoch mit keinem durchschlagenden Erfolg mehr gerechnet wurde.

[3] Vgl. Jung, Hermann: Die Ardennen-Offensive 1944/45. Ein Beispiel für Hitlers Kriegsführung, Zürich/Frankfurt 1971 S. 27

[4] Vgl. Jung, Die Ardennen-Offensive. S. 27

[5] Vgl. Jung, Die Ardennen-Offensive. S. 48

[6] Vgl. Jung, Die Ardennen-Offensive. S. 60-61

[7] Vgl. Cole, Hugh M.: The Ardennes: Battle of the Bulge, Washington 1965 S. 10

[8] Vgl. Jung, Die Ardennen-Offensive. S. 102

[9] Vgl. Heiber, Helmut (Hrsg): Lagebesprechungen im Führerhauptquartier - Protokollfragmente aus Hitlers militärischen Konferenzen 1942 – 1945, München 1964

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Ardennenoffensive - Letzter Ausweg, oder beschleunigter Untergang?
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Veranstaltung
Das Kriegsende 1945
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V92243
ISBN (eBook)
9783638055703
Dateigröße
503 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ardennenoffensive, Letzter, Ausweg, Untergang, Kriegsende
Arbeit zitieren
Stefan Weidemann (Autor:in), 2005, Die Ardennenoffensive - Letzter Ausweg, oder beschleunigter Untergang?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92243

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