Neustrelitz. Die Geburt eines barocken Residenzensembles

Die Entwicklungsprozesse einer Residenzbildung in Mecklenburg von der Entstehung des Fürstentums Mecklenburg-Strelitz 1701 bis zur Verfestigung der Stadtgestalt


Magisterarbeit, 2004

86 Seiten, Note: 1,6


Leseprobe


Inhalt

Einführung
Die Geschichte der Stadt Neustrelitz in der Literatur
Die Archivalien

1. Die historischen Grundlagen der Residenzbildung
Die Landesteilung: Der Hamburger Vergleich
Das Stargarder Gebiet

2. Der Residenzausbau
2. 1 Das Strelitzer Stadtschloss
Der Residenzausbau unter Adolph Friedrich II
Der Residenzausbau unter Adolph Friedrich III
Die Bedeutung des Residenzausbaus
2. 2 Das fürstliche Haus zu Glieneke
Die Meierei Glieneke
Der Bau des neuen fürstlichen Hauses
Die Rekonstruktion der baulichen Gestalt des fürstlichen Hauses
Die Bedeutung des neuen fürstlichen Hauses
Das Haus der Herzogin
Die Nutzung des fürstlichen Hauses. Jagd- oder Lusthaus?

3. Die weitere Entwicklung in der Residenzstadt Strelitz
Der Brand des Strelitzer Stadtschlosses
Die Interimslösungen in Strelitz
Der Wiederaufbau des Strelitzer Stadtschlosses
Das Ende des Wiederaufbaus des Strelitzer Stadtschlosses und das Weiße Haus
Die Bedeutung des Wiederaufbaus des Strelitzer Stadtschlosses und der veränderten Planungen

4. Die Gartenanlage in Glieneke
Die Bauzeit des Lustgartens
Die Ausmaße des Lustgartens
Die Gestaltungselemente des Lustgartens
Der Tiergarten
Die Bedeutung der Gartenanlage in Glieneke

5. Das neue Residenzschloss
Die Wirtschaftsgebäude am Schlosshof
Die Bauzeit und die Finanzierung des neuen Residenzschlosses
Die Gestalt des neuen Residenzschlosses
Der Schlosshof
Die Nebengebäude des Schlossareals
Die architektonischen Vorbilder und die Bedeutung des neuen Residenzschlosses
Die Hintergründe der Residenzverlagerung und der Zeitpunkt des Entschlusses

6. Die neue Stadt
Die Gründung der Stadt
Der Grundriss der neuen Stadt
Der ungewöhnliche geometrische Bezug der geplanten Stadt zum Schloss und die Unregelmäßigkeiten bei der Umsetzung des Grundrisses
Die Erschließung und die Bebauung des Grundrisses
Das Ringen um die Funktionsfähigkeit der Stadt und ihre Entwicklung
Die Gründungsabsicht: Stadterweiterung oder Stadtneugründung?
Die Bedeutung der Stadtgestalt
Die Ursachen der Stadtgründung

7. Zusammenfassung
Literatur
Abbildungsnachweis

Einführung

Im Jahre 1701 wurde das Fürstentum Mecklenburg durch den Hamburger Vergleich erneut geteilt und die beiden Teilstaaten Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz entstanden. Das Herzogtum Mecklenburg-Strelitz bestand aus dem Gebiet um Stargard und dem Bistum Ratzeburg. Der hier regierende Herzog wählte die Stadt Strelitz im Stargarder Gebiet zu seiner Residenz.

Nachdem das innerstädtische Residenzschloss 1712 völlig ausgebrannt war, entstand um1730 etwa 10 Kilometer außerhalb der Stadt Strelitz eine neue Residenz. Bald nach dessen Fertigstellung forderte der Herzog die Strelitzer und auch Fremde auf, sich in einer neu anzulegenden Stadt nordöstlich des neuen Schlosses niederzulassen. Der 20. Mai 1733 gilt als das offizielle Gründungsdatum der Stadt Neustrelitz.

Die Stadt ist über einem regelmäßigen Grundriss errichtet. Von einem quadratischen Marktplatz gehen 8 Straßen sternförmig ab. Gemeinsam mit dem wenige Jahre zuvor errichteten Schloss und dem dazugehörigen Lustgarten bildete die Stadt ein barockes Residenzensemble.

Durch einen Brand ist das Residenzschloss 1945 vernichtet worden. Der Garten wird in einer Gestaltungsvariante Lennés gepflegt. Die Stadt ist in ihrem Grundriss und mit der ursprünglichen Parzellierung größtenteils erhalten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Neustrelitz, Plan der Residenz im 19. Jahrhundert

Die Entstehung eines zusammengehörenden Residenzensembles wie Neustrelitz war im 17. und 18. Jahrhundert kein Einzelfall. Um 1700 strebten auch die deutschen Fürsten in ihrem konkurrierenden Drang nach souveräner Macht und Außendarstellung dem absolutistischen Modell Frankreichs und auch den absolutistischen Ausdrucksformen in der Architektur nach. Von Ludwigsburg über Karlsruhe bis Ludwigslust, einige Jahrzehnte nach Neustrelitz, entstanden außerhalb der alten Residenzstädte neue Residenzen mit regelmäßig angelegten Siedlungen.[1]

Die Geschichte der Stadt Neustrelitz in der Literatur

Für Neustrelitz beschränken sich die Erklärungen zu den Ursachen der Residenzverlagerung auf wenige Zeilen in der Sekundärliteratur, gefüllt mit Vermutungen. So steht seit etwa 200 Jahren die Behauptung im stadtgeschichtlichen Raum, die Strelitzer Bürger hätten dem Herzog zum Wiederaufbau des abgebrannten Strelitzer Stadtschlosses jede Hilfe verweigert und ihn damit zum Auszug aus der alten Residenzstadt gezwungen.[2] Durch den zielgerichteten Ausbau eines kleinen Jagdschlosses auf dem fast 10 Kilometer entfernten Domanialgut Glieneke soll in der Folge ein neues Residenzschloss entstanden sein, das die Gründung einer neuen Stadt Neustrelitz nach sich zog.[3]

Durch die Recherche in den noch vorhandenen Regierungsakten des Herzogtums ergibt sich ein anderes Bild der Geschehnisse von der Landesgründung bis zum Aufbau der neuen Stadt.

In seinem Vorwort zur „Geschichte der Landeshauptstadt Neustrelitz“ von 1933 merkte Karl August Endler an, dass an Literatur „nur wenig zur Verfügung“ stünde.[4] Als einzig ihm bekannte und bedeutende Schrift zum Thema gab er den „Versuch einer Topografie der herzoglichen Residenzstadt Neustrelitz“ des Geheimen Rats von Kamptz aus dem Jahre 1792 an.[5] Das relativ zeitnah verfasste Büchlein beinhaltet detaillierte Beschreibungen von Schloss, Garten und Residenzstadt mit genauen Maßangaben aus den Jahren nach 1780.

Eine weitere sehr zeitnahe Quelle stellt Thomas Nugents „Reisen durch Deutschland und vorzüglich durch Mecklenburg“ dar.[6] Nugent, der 1766 das Heimatland seiner Königin Charlotte besuchte, beschrieb auch die Residenz Neustrelitz und das Leben am Hofe Adolph Friedrichs IV.

1921 veröffentlichte Georg Krüger in der Reihe „Kunst und Geschichts- Denkmäler des Freistaates Mecklenburg-Strelitz“ den ersten Band über das Land Stargard.[7] In diesem Band sind Daten, Abbildungen und Karten enthalten, die noch heute in der Sekundärliteratur genutzt werden.

Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums der Stadt Neustrelitz im Jahre 1933 erschien eine ganze Reihe von Publikationen. Hervorzuheben sind hier die Arbeiten von Karl August Endler, gestützt auf die Akten in den Archiven, und die Aufsätze Konrad Hustaedts, die hauptsächlich in Lokalzeitungen erschienen.

Die neuere Literatur ist durch die Publikationen Annalise Wagners[8] geprägt. Unter ihrem Namen finden sich sämtliche Anekdoten und vermeintliche Fakten aus der älteren Literatur, populärwissenschaftlich aufbereitet, wieder. Ohne Quellenangaben entstanden so sehr nützliche Orientierungshilfen, aber leider auch wissenschaftlich nur bedingt verwertbare Schriften.

Die Archivalien

In einer Diplomarbeit über Bibliothek und Archiv Neustrelitz hatte Horst Börjesson die Vermutung geäußert, dass viele Zeugnisse aus der Zeit des Landesgründers Adolf Friedrich II. (1701- 1708) beim Brand des Strelitzer Residenzschlosses von 1712 vernichtet worden seien.[9] Dennoch sind aus dieser Zeit einige wichtige Schriftstücke erhalten. Diese und die nachfolgend angelegten Akten gelangten unter den Nationalsozialisten nach Schwerin.[10] Die Zusammenführung der Mecklenburger Akten ermöglichte auch ihre Auswertung durch Endler und Hustaedt zum 200-jährigen Stadtjubiläum im Jahre 1933.

1950 gelangten weitere Aktenbestände aus Neustrelitz nach Schwerin.[11] Akten, die nach dem 2. Weltkrieg in Göttingen lagerten,[12] sind 1986 an das heutige Landeshauptarchiv in Schwerin überstellt worden. Noch heute sind einige Bestände nicht gesichtet und daher auch noch immer für die Nutzung gesperrt.

Die für Neustrelitz relevanten Aktenbestände bestehen mehrheitlich aus Briefen, Rechnungen und Beschwerden, die an den Herzog oder seine Kammer gerichtet waren. Die Akten geben meist nur eine Seite der Kommunikation wieder. Die Absichten und Ansichten des Herzogs und seiner Regierung bleiben so oft im Verborgenen. Nur in seltenen Fällen finden sich die entsprechenden Anweisungen und Antworten in Form von Diktatmitschriften oder Vorlagen. Da oft neue Bestände gebildet wurden, sind Papiere, die sich auf ein und denselben Vorgang beziehen, heute in unterschiedlichen Beständen zu finden. Oft erschließen sich Zusammenhänge erst nach vergleichendem Aktenstudium.

1. Die historischen Grundlagen der Residenzbildung

Die Landesteilung: Der Hamburger Vergleich

Gustav Adolph, der letzte Herzog von Mecklenburg-Güstrow, hatte keine Söhne. Die weitere Erbfolge war in Mecklenburg nicht eindeutig geregelt. Nach dem Tod Gustav Adolphs im Jahre 1695 entspann sich ein Intrigenspiel um die Vormacht in Mecklenburg. Neben dem Schweriner Herzog erhob auch Adolph Friedrich, ein Onkel des Schweriner Regenten Friedrich Wilhelm, Anspruch auf den Mecklenburger Thron. Beide versuchten ihr Recht durchzusetzen.[13]

In Mecklenburg schwelte mindestens seit dem Ende des 30-jährigen Krieges Konflikt zwischen den Landesherren und dem Adel um die Macht. Der Adel nutzte jede Gelegenheit, die Position der Mecklenburger Herzöge zu schwächen und die Durchsetzung ritterlicher Abgaben zu verhindern. So wurden auch Auseinandersetzungen zwischen den Mitgliedern der mecklenburgischen Fürstenfamilie forciert. Die Nachbarstaaten, aber auch der mecklenburgische Adel waren an einem schwachen, möglichst geteilten Mecklenburg interessiert.[14]

Es ist schwer nachzuweisen, dass Adolph Friedrich seine Ansprüche erst nach der Ermutigung durch die Wortführer des Mecklenburger Adels Andreas Gottlieb von Bernstorff d. Ä. und Christian Siegfried von Plessen, den dänischen Minister, anmeldete. Die Mecklenburger Adligen in dänischen und welfischen Diensten plädierten aber offen für seine Unterstützung und tauschten sich mit ihren Standesgenossen darüber aus, dass sie ihre Privilegien besser wahren könnten, „…wenn zwei als ein Herr im Lande wäre“ und „Wie die Hauptsache…viel besser gehen würde wenn man dem Herzog zu Strelitz hülfe, das er könne Part nehmen und den Adel conserviren helfen bei seinen juribus“.[15]

Der Schweriner Herzog Friedrich Wilhelm erreichte die Zuweisung Güstrows durch den Kaiser. Güstrow wurde militärisch besetzt, worauf unter anderem der Niedersächsische Kreis und der schwedische König Truppen in das Land schickten.

1701 bestimmte eine Kommission, der die wichtigsten Interessensgruppen angehörten, die Landesteilung. Der Vergleich regelte die Erbfolge unter Vermeidung einer erneuten Landesteilungen und sollte die Möglichkeit der Wiedervereinigung waren. Die Einheit der Standesverbände und die gemeinsamen Landtage sollten erhalten bleiben.[16]

Adolph Friedrich erhielt das Land Stargard sowie das alte Bistum Ratzeburg für die Reichsfürstenstimme und wurde so zum ersten Landesfürsten von Mecklenburg-Strelitz. Er wählte die Stadt Strelitz zur Residenzstadt.

Bereits im 17. Jahrhundert hatte Adolph Friedrich die Domanialämter Strelitz und Mirow als Apanage erhalten.[17] Das Gebiet der Stadt Strelitz gehörte hingegen nicht zum Besitz des Herzogs. Er verfügte lediglich über das Gelände um das innerstädtische Residenzschloss und die Schlossfreiheit.

Dem neuen Landesherrn wurden jährliche Einnahmen von 40000 Reichstalern garantiert. Da die Kommission die Einnahmen, die aus dem Besitz des Landes Mecklenburg-Strelitz fließen würden, auf nur 31000 Taler schätzte, sollte die Schweriner Landeshälfte jährlich 9000 Taler aus den Einnahmen des Boizenburger Elbzolls an Strelitz abführen. Zur Errichtung einer landesfürstlichen Residenz in Strelitz musste Schwerin einmalig 8000 Reichstaler an Adolph Friedrich II. zahlen.[18]

Das Stargarder Gebiet

Das Gebiet Stargard, der Kern des neuen Landes, war im Mittelalter von Brandenburg aus kolonialisiert worden und 1306 durch die Heirat Heinrich des Löwen mit der Erbtochter Beatrix in Mecklenburger Besitz übergegangen. 1471 wurde das Gebiet mit dem übrigem Mecklenburg vereint. Bereits bei einer früheren Landesteilung 1621 war das Gebiet Stargard dem Herzogtum Mecklenburg-Güstrow zugeschlagen worden. 1648 kamen Stadt und Amt Mirow sowie das Amt Nemerow hinzu.

Nach dem 30-jährigen Krieg war der Bauernstand in Stargard nahezu vernichtet. Durch die Einführung der Gutswirtschaft wurden die freien Bauern weiter zurückgedrängt. Die Leibeigenschaft wurde eingeführt.[19] Durch eine zentralistisch geführte Wirtschaft versuchte Adolph Friedrich II. die Einkünfte des Landes zu mehren.

Die märkische Kolonisation einiger Orte des Gebiets brachte gesonderte Rechtsprivilegien mit sich. So besaß Strelitz seit 1349 das Brandenburger Stadtrecht. Seit dem 14. Jahrhundert hatten die Vasallen und die Städte des Landes Stargard das Privileg inne, sich, im Falle einer Verletzung ihrer Rechte, einen neuen Landesherrn unter den damals noch regierenden Brandenburger Markgrafen zu wählen.[20] Die Strelitzer Fürsten waren lediglich auf ihren persönlichen Besitzungen, dem „Domanialbesitz“ (etwa 1/5 des Landes) unabhängig. Die Gesamtheit der Stände, dies waren die Ritterschaft und die Landschaft, musste wichtigen Verordnungen zustimmen.[21]

2. Der Residenzausbau

2. 1 Das Strelitzer Stadtschloss

Das Alt-Strelitzer Residenzschloss war ein Wasserschloss, das aus einer mittelalterlichen Burg an der Kreuzung von Handelswegen entstanden war. Seit 1316 befand sich hier eine Burg der Brandenburger Markgrafen. Bereits 1673 wurde diese zur „ständigen Logis“ der Mecklenburger Herzöge hergerichtet.[22] Schon vor der Landesteilung von 1701 war das Strelitzer Stadtschloss die Residenz des späteren ersten Fürsten Adolph Friedrich II.[23]

Mit der Wahl einer festen Residenz entsprachen die Mecklenburger Fürsten den Gegebenheiten der Zeit. Ab etwa 1500 wurden die Fürsten auch in Deutschland zunehmend sesshaft. Dieses Sesshaftwerden führte zum Ausbau der Stadtschlösser. In den Städten entstanden um die Residenzen weitestgehend geschlossene Gebiete, die Schlossbezirke, in denen sich der Hofstaat ansiedelte.[24]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Alt- Strelitz, Plan der Residenzstadt im frühen 18. Jahrhundert

Der Residenzausbau unter Adolph Friedrich II.

Im Hamburger Vergleich wurden Adolph Friedrich II. einmalig 8000 Taler zugesprochen, damit er sich ein „ansehnliches Schloss“ bauen konnte.[25]

Für die Zeit nach 1700 finden sich auch die ersten Nachrichten über Umbau- und Erweiterungsarbeiten in Strelitz in den Akten. Von 1700 bis 1709 wurde auf dem Bauhof ein Reitstall errichtet. Der Marstall wurde 1703 repariert.[26]

Am 10. Januar 1707 wurde Joachim Borchman als Baumeister verpflichtet. Aus einem Empfehlungsschreiben Borchmans geht hervor, dass er zuvor, ähnlich wie die meisten Baumeister der Zeit, für das Militär gearbeitet und durch Reisen nach „Frankreich, Holl- und Engelland [...]“ bereits Erfahrungen gesammelt hatte.[27] Mit der Einstellungsurkunde wurden ihm konkrete Aufgaben zugewiesen. Er sollte die Residenz und die Amtsbauten im Bistum Ratzeburg errichten sowie eine nicht näher benannte Kirche reparieren oder umbauen.[28] Es ist anzunehmen, dass es sich hier um den Ausbau einer Kirche zu höfisch- zeremoniellen Zwecken handelte. 1707 entstanden für den Postmeister und den Oberschenken[29] zwei neue Häuser. Bereits für den Juli 1707 weist eine Handwerkerrechnung eine „neue Schloßbrücke“ sowie ein Dachfenster in einem „neuen Stock“ des Schlosses aus.[30] Nachrichten über einen beabsichtigten Umbau der Stadt nach barockem Muster sind nicht vorhanden. 1708 starb der erste Landesherr.[31] Sein Nachfolger, Adolph Friedrich III., ließ das Schloss weiter ausbauen.

Der Residenzausbau unter Adolph Friedrich III.

Der Ausgangspunkt der größeren Umbauten des Strelitzer Schlosses war die Hochzeit Adolph Friedrich III. mit Dorothea Sophia von Holstein-Plöen am 16. April 1709.[32] Die laut dem Hamburger Vergleich von 1701 einmalig gezahlten 8000 Reichstaler zum Residenzausbau waren vielleicht schon verbraucht.

Die nun benötigten Mittel kamen mit der Gemahlin aus Holstein. Zusätzlich zum „üblichen Brautschatz“ wurde im „Ehepact“ von 1708 die Zahlung von 17500 Dänischen Kronen, etwa 12000 Reichstaler, vereinbart. Im Gegenzug sollte Adolph Friedrich das Amt Mirow, Sperenberg oder Stargard als Witwensitz für die Herzoginmutter zur freien Auswahl stellen und ausbauen.[33] Es wurde unterstellt, dass die Herzogin Einfluss auf die Landesverwaltung ausübte[34] und die treibende Kraft hinter den Bautätigkeiten war.[35]

Nach der Hochzeit forcierte der Herzog unverzüglich die Bauarbeiten in Strelitz. Bereits am 18. April 1709 ermahnte er den Baumeister Borchman schriftlich: „das ein und andere Bauen und repariren lassen geht zu langsam voran [...]“. Borchman sollte mit „ernsterem Fleiße und Kräften [...]“ an die Arbeiten herangehen.[36]

Für das Jahr 1709 existieren umfangreiche Baurechnungen, die neben dem neuen Stockwerk auch eine neue Küche erwähnen. Für das Jahr 1709 bis 1710 beliefen sich die Ausgaben zum Schlossbau, darunter für die Zimmer der Herzogin und für neue Möbel, das Superintendentenhaus, zum Brückenbau und für den Chor der Stadtkirche auf 1360 Reichstaler.[37] Die Vielzahl der Rechnungen und die genannten Summen sprechen für den größeren Umfang der Umbauarbeiten. Anhaltspunkte über die formalen Veränderungen geben sie nicht. Nach Aktenlage war auch jetzt kein Geld in den Aus- oder Umbau der Residenzstadt Strelitz geflossen.

Der Umbau des Schlosses könnte bereits 1710 abgeschlossen worden sein. Dafür sprechen die fehlenden Rechnungen in den Akten ab dem Jahr 1710 und der gleichzeitig begonnene Ausbau eines Hauses auf dem Gelände der Meierei in Glieneke. Zudem schrieb ein gewisser G. Bartsch[38] aus Berlin am 17. März 1713 zum Verbleib von Entwurfszeichnungen zum Strelitzer Schloss aus dem Jahre 1711, dass es 1711 „keine apparence, daß Hochfürstl. Durchl. bauen würden [...]“ gegeben hatte.[39]

Die Bedeutung des Residenzausbaus

Eine wichtige Bedeutung hatte der Residenzausbau innerhalb des innermecklenburgischen Konfliktes mit Mecklenburg-Schwerin. Strelitz war von den Staaten des Niedersächsischen Kreises, allen voran Braunschweig-Celle, als machtpolitisches Gegengewicht zum größeren Mecklenburg-Schwerin aufgebaut worden. Schwerin musste für den Ausbau einer Residenz in Strelitz einmalig 8000 Reichstaler zahlen. Die weiteren Zahlungen aus Niedersachsen und Dänemark für den Residenzausbau in Strelitz und in der Folge für Neustrelitz zeigen, dass die Existenz einer repräsentativen, mit Schwerin vergleichbaren Residenz im Ringen um Vormacht innerhalb Norddeutschlands von Bedeutung war.

Adolph Friedrich II. und Adolph Friedrich III. versuchten mit dem Ausbau des innerstädtischen Residenzschlosses von 1701 bis 1710 nicht nur den allgemeinen Tendenzen und „Moden“ der Zeit zu folgen. Dieser war Teil des notwendigen Landesausbaus. Adolph Friedrich II. versuchte durch eine Vielzahl zentralistisch gesteuerter Unternehmungen das Einkommen des Landes zu heben.[40] Wie die Akten zeigen, wurden die neuen Bauten in der Stadt für den angewachsenen Hofstaat und die Verwaltung des Landes errichtet. Der Umbau des Schlosses war zur Installation einer zentralen Verwaltung aber auch zu repräsentativen Zwecken für die neuen Landesherrn notwendig.

2. 2 Das fürstliche Haus zu Glieneke

Um 1700 war der Raum in vielen deutschen Residenzstädten, sowohl für die gewachsenen Hofstaaten, wie zur Errichtung repräsentativer Bauten, bereits zu eng geworden. Auch die Stadt Strelitz bot keinen Platz mehr zur Erweiterung, wie der Herzog einige Jahre später selbst feststellte.[41]

Die Fürsten mussten um 1700 vor die meist noch befestigten Städte ziehen, um dort die neuen Formen der repräsentativen Raumgestaltung zu entfalten.[42] Oft geschah dies durch planmäßige Stadterweiterungen, wie in der Berliner Dorotheenstadt und der Friedrichstadt.

Einen anderen Weg, die Flächen vor den Toren der Städte zu erschließen, stellte die Errichtung von Lusthäusern und die Anlage von Gärten dar.[43] Kleinere Lust- oder Jagdhäuser bildeten oft die Zwischenstufe auf dem Weg zu repräsentativen Lustschlössern und neuen Residenzen vor der Stadt.

Auch bei Strelitz entstanden schon früh einige dieser Anlagen. So gab es in Christiansburg, das noch bis zum Ausbau des Mirower Hauses 1712 als Witwensitz für die Gemahlin Adolph Friedrichs II. genutzt wurde,[44] einen von Franz Sänger betreuten Garten.[45]

In Glieneke auf einem Gutshof, der wegen seiner Verbindung zu dem Domanialgebieten Torwitz und Prelank von Bedeutung war,[46] wurde gebaut, nachdem der Umbau des Strelitzer Stadtschlosses beendet war. Das hier entstandene Haus nimmt innerhalb der Residenzbildung und der späteren Residenzverlagerung eine bedeutende Rolle ein.

Die Meierei Glieneke

Das landwirtschaftliche Gut Glieneke soll seit 1549 im Besitz des Herzogs Johann Albrecht gewesen sein.[47] Glieneke war seitdem immer Teil des fürstlichen Domanialgebietes[48] und gehörte stets zum Amt Strelitz.[49]

1683 ging der Meierhof, wie das Gut funktionsbedingt genannt wurde, mit dem Amt Strelitz an Adolph Friedrich II.[50] Dieser hatte auf einem Hügel für den Schreiber des Gutes ein neues Haus errichten lassen, schrieb Kamptz.[51] Offensichtlich von Kamptz übernommen, wird dieses Wohnhaus von allen Autoren als der Kern des späteren Neustrelitzer Schlosses angesehen.

Der Bau des neuen fürstlichen Hauses

Die erste Notiz über den neuen Bau in Glieneke erscheint für das Jahr 1710 in den Akten. Am 4. Juli erging an die Ämter der Befehl, 50 Wagen Bauholz nach Glieneke zu bringen.[52] In einer an den Herzog gerichteten Mahnung vom 8. Oktober schrieb Zimmermann Johann Cundel, dass das „Gebäude in Glienke 20 Fuß breiter, in der Mitte auch 4 ½ Fuß höher und 4 mal verriegelt, …oben mit einem verschwellte Dachstull ist… Denn in diesem Hochfürstl. Gebäude 4 hundert Stück Holtz samt dem Rest befindlich, Da hingegen in des Hl. Oberschenckens Wohnung nur 180 Stück consumiret worden [...]“[53] In einem zweiten Brief vom 22. Dezember 1710 bezeichnet der Zimmermann das Haus als „fertig und gerichtet [...]“. Das Haus sei weiter und das „oberste Stockwerk höher … mit einem Hölzern gewölb… auch eine Biegung und verschwellten Dachstuhl gemacht [...]“. Cundlel merkte an: „von dem allen in dem vorigen mündlichen Contract nicht das Geringst ist gedacht worden [...]“[54] Aus der undatierten Rechnung des Zimmermanns geht hervor, dass er 18 Gebinde errichtete. Das „oben Stockwerk“ bezeichnet er als gebrochen. Ebenso ist ein liegender, verschwellter Dachstuhl erwähnt, der gegen den stehenden gesetzt wurde.[55]

Ein schriftlicher Vertrag mit dem Maurermeister Grobecker vom 8. Mai 1711 benennt den Bau als das „neue Hochfürstl. Haus zu Glineke“. Das gesamte Haus war „auswendig rund umbher mit Gips auszuputzen und vor Quadratarbeit, gleich dem Fürstl. Schloße zu Mirow zu verfertigen [...]“ Die Fensterlaibungen sollten mit „zierlichen Rahmen“ betont werden. Auch in diesem Vertrag wurden Details nachträglich geändert. Eingefügt wurden die Anweisungen, das Haus zu Glieneke „mit doppeltem Dach“ zu decken. Von den nötigen Gründungsarbeiten waren „nur allein die Fundamenta unter dem Sahlen welche vorereichen Herbst bereits verfertigt ausgenommen [...]“.[56]

Ein weiterer Vertrag, geschlossen zwischen der Herzogin Dorothea Sophia und dem Stuckateur Johann Baptista Clerici, verlangte das Gewölbe und die Wände des Saales „zu verfertigen“, mindestens „6 Gemächer mit einem Cornice und ein Compart mit glatten Leisten in der Mitten wie die Logimenter in Mihrau [...]“ auszugestalten.[57]

Ein Zeugnis für den Stuckateur vom 28. Dezember 1712 besagt, dass keinerlei Arbeit mehr für ihn vorhanden war.[58] Das Haus in Glieneke muss also fast fertig gewesen sein. Für den 27. März 1713 findet sich die letzte Rechnung des Zimmermanns Johann Cundel zum Uhrturm in Glieneke in den Akten.[59] Wie dieser Turm aussah, ist nicht überliefert.

Die Rekonstruktion der baulichen Gestalt des fürstlichen Hauses

Die bereits 1710 vorhandene Fundamentierung unter dem Saal, die im Maurervertrag erwähnt wurde, könnte die in der Literatur verbreitete Behauptung bestätigen, dass das alte Amtsschreiberhaus den Kern des späteren Lusthauses sowie des Schlosses bildete. Da das Glieneker Haus aus der Erweiterung des alten Amtsschreiberhauses hervorging, war seine Position bereits vorgegeben. Das Haus orientierte sich wahrscheinlich am hügeligen Gelände. Die Mittelachse des neuen Hauses wich von der geografischen Nord- Südachse um etwa 31 Grad in Richtung Westen ab. Eine 1734 gegebene Erklärung des Herzogs besagt, dass auch der durchgehende Saal im Obergeschoss des neuen Residenzschlosses aus dem alten Haus hervorgegangen war.[60] Bei Kamptz ist er mit einer Tiefe von 58 Fuß und einer Breite von 24 Fuß angegeben.[61] Diese 58 Fuß hatte Kamptz auch als Maß der gesamten Tiefe des corps de logis des späteren Schlosses angeführt.[62]

Als man 1905 zum Anbau der neuen westlichen Flügel des Schlosses eine Wand an der Westseite einriss, kamen vermauerte Außenfenster des ehemaligen Hauses zum Vorschein.[63] Gestützt auf die alte Außenwand, rekonstruierte Hustaedt für das fürstliche Haus eine Seitenlänge von ca. 18 Metern und 7 Fensterachsen, was mit den durch Cundel errichteten Gebinden gut übereinstimmen würde. (58 Mecklenburg-Strelitzsche Werkfuß entsprachen 18,2033 Metern, 1 Fuß=12 Zoll= 0,31385 Meter).[64]

Hustaedt unterstellte dabei einen symmetrischen Aufbau des Hauses. Bei der Betrachtung des Schlossgrundrisses aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert finden sich Wände, die etwa an der Stelle der Außenwände des alten Lusthauses standen. Die Grundfläche des Lusthauses war demnach quadratisch.

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Abb. 3, 4: Rekonstruktion des Grund- und Aufrisses des Glieneker Hauses

Annalise Wagner behauptete, das war Haus eingeschossig errichtet worden.[65] Dem Maurervertrag und der Rechnung des Zimmermanns zufolge, besaß das Haus Erd- und Obergeschoss. Das Dach hatte einen liegenden und einen stehenden Dachstuhl, war gebrochen und sollte „doppelt“ gedeckt sein. Das obere Geschoss kann unter einem Mansarddach gelegen haben.

Eine Andeutung der Breite des Lusthauses gibt die heute auf Planen aufgemalte Fassade der mittleren 7 Achsen des späteren Schlosses im Neustrelitzer Schlossgarten.

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Abb. 5: heutige Darstellung der Fassade des Neustrelitzer Schlosses

Mehrfach wird in den Verträgen mit den Handwerkern das bauliche Vorbild Mirow erwähnt. Das Mirower Haus wurde von 1707 bis 1712[66] durch Borchman als Fachwerkbau für die Witwe Adolph Friedrichs II. an Stelle einer ehemaligen Johanniter-Komturei errichtet.[67] Das Mirower Schloss kann allerdings nicht für die Rekonstruktion des Lusthauses in Glieneke dienen, da es nach einem Brand im Jahre 1742 teilweise neu gestaltet wurde.[68]

Die Bedeutung des neuen fürstlichen Hauses

Das Haus der Herzogin

1734 erklärte der Herzog, er hätte das Glieneker Haus seiner Gemahlin geschenkt.[69] Dass dies vermutlich noch während des Baues geschehen war, legen die Verträge und Rechnungen mit den verantwortlichen Handwerkern nahe. Die Rechnungen des Zimmermanns und der Vertrag mit dem Maurer sind an den Herzog gerichtet bzw. durch diesen unterzeichnet. Dagegen ist der Vertrag mit dem Stuckateur zum Innenausbau von 1711 bereits durch die Herzogin abgeschlossen.

Für die Zeit nach 1713 gibt es in den Regierungsakten lange keine Notiz über das Lusthaus. Dies ist plausibel durch die Aussage Endlers erklärbar, dass die Herzogin das Gut bis 1717 selbst bewirtschaftete. Danach sei das Gut mit dem Amt Strelitz an einen Pächter vergeben worden.[70]

Dass Fürstinnen eigene Gärten mit den darin befindlichen Bauten anlegten und bewirtschafteten, ist keine Seltenheit. Besonders die protestantische Vorstellung von der Landesmutter ging im 18. Jahrhundert mit der Verwaltung und der Haushaltsführung einher.[71] Ähnlich könnte auch die Strelitzer Herzogin die Geschäfte ihres Gutes geführt haben. Hierin ist wohl auch ein Grund für die oben erwähnte Behauptung der Einmischung der Herzogin in die Landesverwaltung zu finden.

Die Nutzung des fürstlichen Hauses. Jagd- oder Lusthaus?

In der Literatur hat sich für den Bau auf der Meierei Glieneke der Begriff „Jagdschloss“ festgesetzt. Schon Kamptz erklärte, dass das Haus bereits unter dem ersten Herzog „Jagdschloss“ hieß und der Glieneker Wald der Rehjagd gedient hatte.[72] Hustaedt hingegen wusste aus den Akten, dass das Haus nie als „Jagdhaus“, sondern als „Lusthaus“ oder einfach als „neues fürstliches Hause“ bezeichnet wurde.[73]

Bereits im 17. Jahrhundert wurden Waldstücke in der Nähe der Lustschlösser zu Jagdzwecken umzäunt, aus denen die Tiergärten hervorgingen.[74] Von einem ländlichen Lusthaus aus die Jagd zu pflegen, war für den Adel der Zeit nichts Ungewöhnliches.[75] Der Waldbesitz und die damit verbundene Jagd war eines der wichtigsten Adelsprivilegien überhaupt.[76] In Glieneke existierte bis 1720 kein Tiergarten. Der südwestlich des Lusthauses gelegene Wald könnte jedoch zur Jagd genutzt worden sein.

Auch der Besitz des Hauses durch die Herzogin negierte keineswegs die Nutzung des Waldes seitens des Hofes. In Dresden war beispielsweise der Baumgarten neben dem Herzogingarten dem Kurfürsten zugeordnet. Dem Mann wurde hier weiterhin das alte Adelsprivileg Wald zugesprochen.[77]

In den Akten im Schweriner Landesarchiv erscheint im Zusammenhang mit Glieneke nicht ein einziges Mal das Wort „Jagd“.

Die Jagdhauslegende von Neustrelitz, die das Regierungsmitglied Kamptz 1792 aufnahm, klingt wie die Kopie einer verbreiteten Entstehungsgeschichte von Schloss Versailles, an dem sich Adolph Friedrich IV., der Regent des Autors, bei der späteren Gestaltung des Schlosses und des Gartens sehr stark orientierte. Der Legende zufolge hätte der junge Louis XIII. im Jahre 1626, der Nächte im Stroh nach zu langen Jagden überdrüssig, ein bescheidenes Jagdhaus mit wenigen Zimmern errichten lassen, welches der Kern des späteren Schlosses war.[78]

Da auch gegenüber Thomas Nugent, dem Gast aus der Heimat des neuen Verwandten, König Georg III., der Begriff „Jagdhaus“ genutzt wurde, muss man eine beabsichtigte Erhöhung der Entstehungsgeschichte des Glieneker Hauses in Anlehnung an die Geschichte Versailles’ unter Adolph Friedrich IV. vermuten.

Für das Haus in Glienke scheint es, wie schon Hustaedt feststellte, stets einen anderen festen Begriff gegeben zu haben. „hochfürstliches Gebäude“ oder „Haus“. Das Zeugnis für den Stuckateur von 1712 führt zum ersten Mal den Begriff „Lust-Haus“ ein, der im folgenden Schriftverkehr immer genutzt wurde.

Einige Autoren vermuteten anhand von Samenlieferungen im Jahre 1712 an den Gärtner Johann Franz Sänger auch einen früheren Lustgarten am Glieneker Haus.[79] Sänger war allerdings Gärtner in Christiansburg. Die Berichte und Rechnungen Sängers in den Akten beziehen sich ausnahmslos auf Christiansburg.[80]

Hinweise auf die Anlage des Lustgartens in Glieneke fehlen für diese Zeit und sind auch durch die baldige Verpachtung und die sumpfige Lage des erst später aufgeschütteten Geländes[81] unwahrscheinlich.

Die Errichtung des Glieneker Hauses, zu welchem Zweck auch immer, muss als Teil des Residenzausbaus betrachtet werden. Erst ab 1712, als die Grundrissdisposition festgeschrieben war, gelangte das Haus in den Besitz der Herzogin. Hier tauchte erstmals die Bezeichnung „Lusthaus“ für den Glieneker Bau auf, ohne dass eine entsprechende Nutzung nachweisbar wäre. Erst nach 1712 entsteht auch der wesentlichste Unterschied zu vielen anderen Guts- und Herrenhäusern Mecklenburgs. Der Uhrturm. Weder in der ersten abschließenden Zimmermannsrechnung, noch im Maurervertrag war dieser Turm vorgesehen. Er könnte seine Existenz dem Bedeutungswandel des Hauses verdanken. Der Turm muss daher als Teil der Repräsentationssymbolik betrachtet werden, die sich auf den Besitz des Gutes durch die Herzogin bezog.

Die Abgabe der Bauherrschaft über das Haus durch den Herzog an die Herzogin, die vor den Dezember 1712 zu datieren ist, könnte auch durch die nachfolgend beschriebenen Ereignisse in Strelitz motiviert gewesen sein, die die volle Aufmerksamkeit des Herzogs und seiner Regierung fordern sollten.

3. Die weitere Entwicklung in der Residenzstadt Strelitz

Der Brand des Strelitzer Stadtschlosses

In der Nacht vom 24. zum 25. Oktober 1712 brannte das Strelitzer Stadtschloss vollständig aus. Der Brand, der angeblich von der Küche ausging, brach zwischen 12 und 1 Uhr nachts aus und wütete etwa 4 bis 5 Stunden. Die Ursache blieb ungeklärt.[82]

In den Akten findet sich eine, wenige Tage nach dem Unglück verfasste, ausführliche Beschreibung, die vermutlich als Textvorlage für die zahlreichen Bittbriefe an die Verwandten in ganz Deutschland und sogar an den Reichskonvent zu Regensburg diente. Das Schloss wurde demnach von „dem heftige Feuersbrunst mit allen was darin vorhanden gewesen, in die Asche gelegt [...]“. Die Familie des Herzogs kam allein mit den „Nachtkleidern“ davon.[83] Der Gesamtschaden am Schloss wurde auf etwa zwei Tonnen Gold geschätzt.[84]

[...]


[1] Jöchner, Cornelia: Die „schöne Ordnung“ und der Hof, 2001

[2] Kamptz, C. Ch. A.H.: Versuch einer Topographie der herzoglichen Residenzstadt Neustrelitz, 1792, S. 9

[3] Hamann, Manfred: Das Staatliche Werden Mecklenburgs. in: Mitteldeutsche Forschungen, Jg. 24, 1962, S. 34

[4] Endler, Karl August: Die Geschichte der Landeshauptstadt Neustrelitz, 1933

[5] Kamptz, C. Ch. A.H.: Versuch einer Topographie der herzoglichen Residenzstadt Neustrelitz, 1792

[6] Nugent, Thomas: Reisen durch Deutschland und vorzüglich durch Mecklenburg. dt. Fassung Berlin- Stettin, 1781/82, neu herausgegeben, bearbeitet und kommentiert von Sabine Bock, 2000

[7] Krüger, Georg: Kunst und Geschichts- Denkmäler des Freistaates Mecklenburg- Strelitz. Bd. 1/I.: Das Land Stargard, bearb. Von Georg Krüger, 1921

[8] Wagner, Annalise: Aus dem alten Neustrelitz, 1967; Aus dem alten Neustrelitz, 2. verb. u. verm. Auflage, 1968; Beiträge zur Chronik der Stadt Neustrelitz.1733- 1933, 1982/83

[9] Börjesson, Horst: Bibliothek, Archiv und Museum in Neustrelitz 1796- 1950, in: Carolinum. Historisch- literarische Zeitschrift, 47. Jg., Nr. 89 1983, S. 39

[10] Wagner, Annalise: Beiträge zur Chronik der Stadt Neustrelitz.1733- 1933, in: Carolinum. Historisch- literarische Zeitschrift, 46. Jg., Nr. 88, 1982/83, S. 26

[11] Wagner, Annalise: Beiträge zur Chronik der Stadt Neustrelitz.1733- 1933, in: Carolinum. Historisch- literarische Zeitschrift, 46. Jg., Nr. 88, 1982/83, S. 26

[12] ebenda

[13] Endler, Karl August: Die Geschichte des Landes Mecklenburg- Strelitz 1701- 1933, 1935, S. 11 ff.

[14] ebenda

[15] Brief des Gesandten am Kaiserlichen Hof Huldenburg an Bernstorff vom 21. 10 1699. Quelle: Ballschmieter, Hans- Joachim: Andreas Gottlieb von Bernstorff und der mecklenburgische Ständekampf 1680- 1720, in: Mitteldeutsche Forschungen 26, Köln, Graz 1962, S. 63

[16] Landeshaptarchiv Schwerin (im Folgenden „LHAS“ genannt), 4.3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 91; Endler, Karl August: Die Geschichte des Landes Mecklenburg- Strelitz 1701- 1933, 1935, S. 13

[17] Endler, Karl August: Die Geschichte des Landes Mecklenburg- Strelitz 1701- 1933, 1935, S. 10; Der Begriff „Amt“ meint die Verwaltungseinheit des Domaniums, des persönlichen Landbesitzes des Herzogs.

[18] LHAS, 1.2. Land und Haus, Strelitzer Archiv, Akte: 14, 19; Endler, Karl August: Die Geschichte des Landes Mecklenburg- Strelitz 1701- 1933, 1935, S. 13

[19] Endler, Karl August: Die Geschichte des Landes Mecklenburg- Strelitz 1701- 1933, 1935, S. 10

[20] Hamann, Manfred: Das Staatliche Werden Mecklenburgs. in: Mitteldeutsche Forschungen, Jg. 24, 1962, S. 16

[21] Endler, Karl August: Die Geschichte des Landes Mecklenburg- Strelitz 1701- 1933, 1935, S. 11

[22] Krüger, Georg: Kunst und Geschichts- Denkmäler des Freistaates Mecklenburg- Strelitz. Bd. 1/I.: Das Land Stargard, bearb. Von Georg Krüger, 1921, S. 116

[23] LHAS, 4.11-1 Mecklenburg- Strelitzsches Staatsministerium und Landesregierung, Akte: 17/955

[24] Jöchner, Cornelia: Die „schöne Ordnung“ und der Hof. 2001, S. 71, 151

[25] Endler, Karl August: Die Geschichte des Landes Mecklenburg- Strelitz 1701- 1933, 1935, S. 13; LHAS, 4.3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 35- 41

[26] LHAS, 4.3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 103

[27] dass.:Akte I. 148

[28] ebenda

[29] Die Bezeichnung „Oberschenk“ war Begriff für den Küchenmeister, der Finanzbeamte eines Amtes oder Hofes, verantwortlich für die Einnahmen und Ausgaben. Quelle: Hamann, Manfred: Das Staatliche Werden Mecklenburgs. in: Mitteldeutsche Forschungen, Jg. 24, 1962, S. 125

[30] LHAS, 4.3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 103

[31] Endler, Karl August: Die Geschichte des Landes Mecklenburg- Strelitz 1701- 1933, 1935, S.17

[32] ders. S. 20

[33] LHAS, 4. 3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 608

[34] Endler, Karl August: Die Geschichte des Landes Mecklenburg- Strelitz 1701- 1933, 1935, S. 20

[35] Hustaedt, Konrad: Neustrelitz, Baugeschichte des Schlosses. Mecklenburg- Strelitzer Heimatblätter Jg. 9, 1933, S. 2

[36] LHAS, 4. 3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 103

[37] ebenda

[38] Hinter dem Absender verbirgt sich vermutlich Johann Gottfried Bartsch, der als Kupferstecher und Schönschreiber auch am Berliner Hof tätig war und dessen Nachlass in die Stadtbibliothek von Breslau gelangte. Quelle: Thieme- Becker: Künstlerlexikon, II, 1908

[39] LHAS, 4. 3 -1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 103

[40] Endler, Karl August: Die Geschichte des Landes Mecklenburg- Strelitz 1701- 1933, 1935, S. 16

[41] LHAS, 4. 3 -1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 94, Erklärung zum neuen Residenzschloß, hier im Anhang unter der Abbildung Nr. „47“ enthalten

[42] Jöchner, Cornelia: Die „schöne Ordnung“ und der Hof, 2001, S. 71

[43] Moser, Friedrich Carl von: Teutsches Hof- Recht, 2. Bd, 1755, S. 265

[44] Köhler, Marcus / Staffa, Inge: in: Mitteilungen der Pückler Gesellschaft(Hrsg.): Historische Gärten um Neubrandenburg, 17. Heft neue Folge 2002, S. 14

[45] LHAS, 4.11-6 Kammer- und Forstkollegium Mecklenburg- Strelitz, Akte: 9219

[46] Kamptz, C. Ch. A.H.: Versuch einer Topographie der herzoglichen Residenzstadt Neustrelitz, ²1833, S. 3

[47] Krüger, Georg: Kunst und Geschichts- Denkmäler des Freistaates Mecklenburg- Strelitz. Bd. 1/I.: Das Land Stargard, bearb. von Georg Krüger, 1921, S. 31, Anm. 4

[48] Wagner, Annalise: Beiträge zur Chronik der Stadt Neustrelitz.1733- 1933. in: Carolinum. Historisch- literarische Zeitschrift, 46.Jg., Nr. 88 1982/83, S. 34

[49] Kamptz, C. Ch. A.H.: Versuch einer Topographie der herzoglichen Residenzstadt Neustrelitz, ²1833, S. 59

[50] Krüger, Georg: Kunst und Geschichts- Denkmäler des Freistaates Mecklenburg- Strelitz. Bd. 1/I.: Das Land Stargard, bearb. von Georg Krüger, 1921, S. 32, Anm. 3

[51] Kamptz, C. Ch. A.H.: Versuch einer Topographie der herzoglichen Residenzstadt Neustrelitz, ²1833, S. 2

[52] LHAS, 4.3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 94

[53] dass., 4.11-6 Kammer- und Forstkollegium Mecklenburg- Strelitz, Akte: 9137; Der Vergleich des Zimmermanns mit dem Haus des Oberschenken bezog sich entweder auf das 1707 in Strelitz gebaute neue Haus für denselben oder das von Adolph Friedrich II. in Glieneke erbaute Wohnhaus des Amtsschreibers. Die Bezeichnung „Oberschenck“ kann hier den Küchenmeister oder Amtsschreiber meinen.. Für diese Annahme spricht, dass der Handwerker vom Oberschenken die Anweisung erhielt, das Haus innerhalb weniger Tage fertig zu stellen, um das geforderte Geld zu erhalten.

[54] LHAS, 4.11-6 Kammer- und Forstkollegium Mecklenburg- Strelitz, Akte: 9137

[55] dass., 4.3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett Akte: I. 94

[56] ebenda

[57] LHAS, 4. 3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 94

[58] dass., 4. 3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 93

[59] dass., 4.11-6 Kammer- und Forstkollegium Mecklenburg- Strelitz, Akte: 9159

[60] dass., 4.3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 94

[61] Kamptz, C. Ch. A.H.: Versuch einer Topographie der herzoglichen Residenzstadt Neustrelitz, ²1833, S. 16

[62] ders., S. 14

[63] Hustaedt, Konrad: Neustrelitz, Baugeschichte des Schlosses. Mecklenburg- Strelitzer Heimatblätter, Jg. 9, 1933, S. 2

[64] Mitteilungen des Instituts für Denkmalpflege - Arbeitsstelle Schwerin an die ehrenamtlichen Beauftragten für Denkmalpflege der Bezirke Rostock, Schwerin, Neubrandenburg, Nr.32, 1988, S. 752 ff.

[65] Wagner, Annalise: Beiträge zur Chronik der Stadt Neustrelitz.1733- 1933, in: Carolinum. Historisch- literarische Zeitschrift, 46. Jg., Nr. 88 1982/83, S. 34

[66] Aus dem Maurer- und Stuckateurvertrag für Glieneke kann man entnehmen, dass das Mirower Haus bereits 1711 fertig gestellt war.

[67] Kramer, Heike in: Fürstlich Gartenträume. Schlösser und Gärten in Mecklenburg und Vorpommern, S. 20, 66

[68] Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg- Vorpommern, 2000, S. 345 ff.

[69] LHAS, 4.3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 94

[70] Endler, Karl August: Die Geschichte der Landeshauptstadt Neustrelitz 1733- 1933, 1933,.S. 4

[71] Jöchner, Cornelia: Die „schöne Ordnung“ und der Hof, 2001, S. 101 ff.

[72] Kamptz, C. Ch. A. H.: Versuch einer Topographie der herzoglichen Residenzstadt Neustrelitz, ²1833, S. 5, 2

[73] Hustaedt, Konrad: Neustrelitz, Baugeschichte des Schlosses. Mecklenburg- Strelitzer Heimatblätter, Jg. 9, 1933, S. 1

[74] Jöchner, Cornelia: Die „schöne Ordnung“ und der Hof, 2001, S. 55

[75] Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel- Wissenschafft Der großen Herren, 1733, Nachdruck 1990, S. 859

[76] Jöchner, Cornelia: Die „schöne Ordnung“ und der Hof, 2001, S. 54

[77] Jöchner, Cornelia: Die „schöne Ordnung“ und der Hof, 2001, S. 55, Anm. 177

[78] Lablaude, Pierre- André: Die Gärten von Versailles, 1995, S. 15 ff.

[79] Köhler, Marcus / Staffa, Inge: in: Mitteilungen der Pückler Gesellschaft(Hrsg.): Historische Gärten um Neubrandenburg, 17. Heft neue Folge 2002, S. 13

[80] LHAS, 4.11-6 Kammer- und Forstkollegium Mecklenburg- Strelitz, Akte: 9219

[81] ebenda

[82] Stieff, Christian: Heinrich Anshelms von Ziegler und Kliphausen Continuierter Historischer Schauplatz und Labyrinth der Zeit. Erste Fortsetzung, Bd.1, 1718, S. 852

[83] LHAS, 4. 3-1 Mecklenburg- Strelitzsches Fürstenhaus mit Kabinett, Akte: I. 103

[84] Stieff, Christian: Heinrich Anshelms von Ziegler und Kliphausen Continuierter Historischer Schauplatz und Labyrinth der Zeit. Erste Fortsetzung. Bd.1, 1718, S. 853

Ende der Leseprobe aus 86 Seiten

Details

Titel
Neustrelitz. Die Geburt eines barocken Residenzensembles
Untertitel
Die Entwicklungsprozesse einer Residenzbildung in Mecklenburg von der Entstehung des Fürstentums Mecklenburg-Strelitz 1701 bis zur Verfestigung der Stadtgestalt
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Kultur- und Kunstwissenschaften)
Note
1,6
Autor
Jahr
2004
Seiten
86
Katalognummer
V92224
ISBN (eBook)
9783638060691
ISBN (Buch)
9783638951494
Dateigröße
12562 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Neustrelitz, Geburt, Residenzensembles
Arbeit zitieren
Torsten Pöschk (Autor:in), 2004, Neustrelitz. Die Geburt eines barocken Residenzensembles, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92224

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