Konzeption einer Blockchain-Schnittstelle. Organisationsübergreifende Workflows in Workflow Management Systemen


Masterarbeit, 2020

110 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Problemstellung
1.3 Aktueller Stand der Forschung
1.4 Zielsetzung
1.5 Aufbau der Arbeit

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Cross-organizational Workflow (CoWf)
2.1.1 Definition
2.1.2 Standardisierung
2.1.3 Struktur und Bestandteile
2.2 Workflow Management System (WfMS)
2.2.1 Definition
2.2.2 Standardisierung
2.2.3 Struktur und Bestandteile
2.3 Blockchain-Technologie (BCT)
2.3.1 Definition
2.3.2 Standardisierung
2.3.3 Struktur und Bestandteile

3 Methodik

4 Analyse
4.1 BPMN-Fallbeispiel und BPMN-Gateways
4.2 Blockchain-Implementierung Multichain (MC)
4.3 Workflow Reference Model (WfRM)
4.4 Zusammenfassung

5 Konzeption
5.1 Process Definition Tool (Fallbeispiel und Gateways in der BPMN)
5.2 Interface 1 (Mapping zwischen BPMN und Petri-Netz)
5.3 Workflow Engine (Fallbeispiel und Gateways im Petri-Netz)
5.4 Process Definition (Mapping zwischen Petri-Netz und Blockchain)
5.5 Workflow Enactment Service (Fallbeispiel und Gateways in der Blockchain)

6 Zusammenfassung und Ausblick

Anhang I: Validierung des mathematischen Modells

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: WfMS (1 bis w) und M2M-Schnittstellen (m)

Abbildung 2: Graphen m(w) bei ganzzahlig variiertem w

Abbildung 3: Werte aus Tabelle 1 im kartesischen Koordinatensystem

Abbildung 4: Begriffshierarchie

Abbildung 5: Verteiltes System

Abbildung 6: Workflow Reference Model (WfRM)

Abbildung 7: Struktur der Blockchain

Abbildung 8: Spezielle Vorgehensweise

Abbildung 9: Sechsstufige Vorgehensweise

Abbildung 10: Satzschablone für funktionale Anforderungen

Abbildung 11: BPMN-Fallbeispiel eines CoWf

Abbildung 12: Struktur der Blockchain-Implementierung Multichain

Abbildung 13: Begriff Process Definition

Abbildung 14: Basic Process Definition Meta-Model (BPDMM)

Abbildung 15: Begriff Process Instance

Abbildung 16: Anwendungsfall-Diagramm Process Definition Tool

Abbildung 17: Verbotene Schlingen im BEN

Abbildung 18: Beispiel eines Graphen im BEN

Abbildung 19: Markenbewegung in Abhängigkeit von Schaltungen k

Abbildung 20: Mapping Aktivität

Abbildung 21: Mapping Sequenz

Abbildung 22: Mapping Iteration

Abbildung 23: Mapping Parallel Gateway (AND)

Abbildung 24: Mapping Exclusive Gateway (XOR)

Abbildung 25: Mapping Inclusive Gateway (OR)

Abbildung 26: Mapping Exclusive Event Gateway

Abbildung 27: Mapping Parallel Event Gateway

Abbildung 28: Mapping Complex Gateway mit exemplarisch 2 aus 3

Abbildung 29: Mapping Start Event

Abbildung 30: Mapping End Event

Abbildung 31: BPMN-Fallbeispiel im BEN

Abbildung 32: N+ und N- zum BPMN-Fallbeispiel im BEN

Abbildung 33: Netzmatrix (N) zum BPMN-Fallbeispiel im BEN

Abbildung 34: Berechnungsvorschrift

Abbildung 35: Auszug aus dem BPMN-Fallbeispiel im BEN

Abbildung 36: Zustandsvektoren s und Transitionsvektor t

Abbildung 37: Workflow Engine in der UML als Klassendiagramm

Abbildung 38: Relevante Entitäten des BPDMM

Abbildung 39: Modifizierte Workflow Engine

Abbildung 40: Attribute in der Block-Data

Abbildung 41: Verteilungsdiagramm zum BPMN-Fallbeispiel

Abbildung 42: Auszug aus dem BPMN-Fallbeispiel im BEN

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zusammenhang m(w)

Tabelle 2: BPMN-Symbole zur Beschreibung von CoWf

Tabelle 3: Alle BPMN-Gateways

Tabelle 4: Zusammenfassung der funktionalen Anforderungen (Ax)

Tabelle 5: Taxonomie der PN-Varianten geordnet nach Komplexität

Tabelle 6: Mengen und Symbole im BEN

Tabelle 7: Zustandstabelle mit mehreren Schaltungen k

Tabelle 8: Postkantenmatrix (N+) und Prekantenmatrix (N-)

Tabelle 9: Netzmatrix N = N+ – N-

Tabelle 10: Bestandteile der Berechnungsvorschrift und Wertebereiche

Tabelle 11: Attribute der Process Definition in der Multichain

Tabelle 12: Transitions-Typen

Tabelle 13: Neue Streams für die Verteilung der Workflow Engine

1 Einleitung

1.1 Motivation

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) prognostiziert bis 2025 innerhalb Europas einen Zuwachs von 1,25 Billionen Euro an industrieller Bruttowertschöpfung durch die Digitalisierung (vgl. Rückeshäuser et al. 2001, S. 492). Unter dem Begriff Digitalisierung ist ein Megatrend zu verstehen, der durch den Einsatz von Technologien wie beispielsweise der Blockchain-Technologie zu Veränderungen in bestehenden Geschäftsfeldern führt (vgl. Rückeshäuser et al. 2001, S. 492 ff.). Ein Megatrend ist eine global stattfindende Entwicklung während eines definierten Zeitraums mit Auswirkungen auf Gesellschaft, Wirtschaft und Politik (vgl. Horx 2014, S. 61 ff.). In Anlehnung an Kulendik et al. (2001, S. 143) kann die Digitalisierung innerhalb einer Organisation zu einer Konzentration auf das Kerngeschäft führen, sodass Tätigkeiten, die für Kunden keinen direkten Mehrwert bedeuten, an kooperierende Organisationen (z. B. externe Dienstleister) vergeben werden (Outtasking, Outsourcing). Für diese kooperierenden Organisationen ist dann die Effizienz (Wirtschaftlichkeit) ein wesentlicher Aspekt (vgl. Urbach und Ahlemann 2016, S. 1 ff.), weshalb zur Koordination der Zusammenarbeit Workflow Management Systeme (WfMS) eingesetzt werden. Der Ablauf von Tätigkeiten wird in den verbundenen WfMS der kooperierenden Organisationen definiert, verteilt und koordiniert, was als organisationsübergreifender Workflow bzw. synonym Cross-organizational Workflow (CoWf) zu bezeichnen ist.

Eine weitere signifikante Effizienzsteigerung von CoWf in WfMS könnte nun durch die Anwendung der Blockchain-Technologie in den Maschine-zu-Maschine-Schnittstellen (M2M-Schnittstellen) erreicht werden, mittels derer die WfMS der kooperierenden Organisationen verbunden sind. Dies soll in dieser Arbeit untersucht werden.

1.2 Problemstellung

Die WfMS der kooperierenden Organisationen werden mittels M2M-Schnittstellen verbunden, die derzeit auf konventionellen Technologien wie beispielsweise Corba, E-Mail oder Webservices basieren (vgl. Weske et al. 1998, S. 179 ff.; Adams et al. 2014, S. 120 und S. 682 ff.). Allen M2M-Schnittstellen ist die Fähigkeit gemein, die Daten der CoWf zwischen den WfMS auszutauschen (vgl. Klingemann et al. 1998, S. 5). Die folgende Abbildung zeigt mehrere WfMS (1 bis w) und deren M2M-Schnittstellen (m):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: WfMS (1 bis w) und M2M-Schnittstellen (m)

Aus Abbildung 1 ist ersichtlich, dass zwischen der Anzahl an WfMS (w) und der Anzahl an M2M-Schnittstellen (m) ein Zusammenhang besteht. Steigt w, so steigt auch m. Die maximale Anzahl von m in Abhängigkeit von w wird bei einem vollständig vermaschten Netz erreicht. Bei einem solchen Netz verfügt jedes WfMS über eine M2M-Schnittstelle zu jedem anderen WfMS, d. h. alle kooperierenden Organisationen sind durch CoWf verbunden. Der soeben aufgeführte Zusammenhang zwischen m und w – unter Berücksichtigung der zuvor erwähnten Abhängigkeit im Weiteren als m(w) bezeichnet – kann durch einen Graphen visualisiert werden. Die folgende Abbildung zeigt den Graphen m(w), wobei w exemplarisch ganzzahlig von 1 bis 7 variiert wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Graphen m(w) bei ganzzahlig variiertem w

In Abbildung 2 werden die M2M-Schnittstellen (m) durch Kanten (Verbindungslinien) dargestellt und die WfMS (w) durch Knoten (Ziffern). Eine Abzählung der Kanten liefert zu jedem w die maximale Anzahl von m. Die folgende Tabelle zeigt das Ergebnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Zusammenhang m(w)

Die Werte aus Tabelle 1 können in ein kartesisches Koordinatensystem eingetragen werden, dessen unabhängige Variable (Abszissen-Achse) w und abhängige Variable (Ordinaten-Achse) m sind. Die folgende Abbildung zeigt das Ergebnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Werte aus Tabelle 1 im kartesischen Koordinatensystem

Aus Abbildung 3 ist ersichtlich, dass es bei einer steigenden Anzahl w zu einer überproportionalen Erhöhung von m kommt. Dieser Zusammenhang führt insbesondere bei CoWf zu einer Komplexitätserhöhung der M2M-Schnittstellen, was im Weiteren als Komplexitätsproblem bezeichnet wird. Das Komplexitätsproblem führt zu einer Erhöhung der Anzahl an Parametern und Verbindungen innerhalb der M2M-Schnittstellen (erste Auswirkung). Die Kommunikation zwischen den WfMS ist dadurch weniger transparent bzw. nachvollziehbar (zweite Auswirkung). Daraus resultieren höhere Wahrscheinlichkeiten für Softwarefehler und Manipulationsmöglichkeiten (dritte Auswirkung). Infolgedessen ist die Kommunikation zwischen den WfMS nicht rechtssicher (vierte Auswirkung).

Zusammenfassend verhindern somit das Komplexitätsproblem und dessen Auswirkungen eine weitere Effizienzsteigerung durch CoWf in WfMS. Allerdings berichten Fridgen et al. (2018), dass diesbezüglich eine Verbesserung durch die Nutzung der Blockchain-Technologie erreicht werden kann. Dieser Ansatz soll im Verlauf der Arbeit auf WfMS ausgeweitet und untersucht werden.

1.3 Aktueller Stand der Forschung

Zunächst wird näher auf den aktuellen Stand der Anwendungsforschung (Informatik) eingegangen, die sich mit Blockchain-Technologie beschäftigt. Aktuelle Forschungsartikel mit Bezug zur Blockchain-Technologie sind in dieser Arbeit unter der Bezeichnung Blockchain-Forschung subsummiert. Bisher hat sich die Blockchain-Forschung nicht mit der Anwendung der Blockchain-Technologie in WfMS beschäftigt. Das Fraunhofer-Institut für angewandte Informationstechnik (FIT) veröffentlichte zwei Forschungsartikel zu einem Prototyp eines CoWf, der auf Blockchain-Technologie basiert (vgl. Fridgen et al. 2017; Fridgen et al. 2018). Der Begriff Prototyp bezeichnet in diesem Zusammenhang eine zur Erprobung und evtl. Weiterentwicklung bestimmte erste Ausführung, die für einen Erkenntnisgewinn verwendet wird (vgl. Sommerville 2018, S. 74; Duden-Universal 2015, S. 1394). Bei dem Prototyp des FIT handelt es sich um einen auf Blockchain-Technologie basierenden Dokumenten-Workflow (BDW-Prototyp), dessen Besonderheit darin besteht, dass die Verteilung von Dokumenten (Dateien) durch Blockchain-Technologie erfolgt. Die Blockchain-Technologie wird dabei als organisationsübergreifende Schnittstelle verwendet. Ein Dokument, das in einer Blockchain-Instanz (Node) abgelegt wird, wird mittels Blockchain-Technologie auf alle anderen angebundenen Nodes repliziert und dadurch verteilt.

Die Verwendung der Blockchain-Technologie führt zu einer Reduktion der Schnittstellenkomplexität, weil eine Abstraktionsebene erzeugt wird, die nur Datenreplikation zur Aufgabe hat, wodurch wiederum eine Vereinfachung der System-Integration möglich ist (vgl. Fridgen et al. 2018). Technologiebedingt können Daten, die einmal in einen Node geschrieben wurden, nachträglich nicht mehr gelöscht bzw. verändert werden, was Transparenz und eine Absicherung gegen Manipulation bedeutet. Auf diese Weise werden beim BDW-Prototyp im Rahmen eines international stattfindenden Schifffahrtsgeschäfts durch Waren-Empfänger Zahlungsanweisungen an eine Bank (Beglaubigungsdokumente, Akkreditive) in verschiedenen, aber untereinander mittels Blockchain-Technologie verbundenen Nodes gespeichert. Nach der Speicherung können Zahlungsanweisungen von den Waren-Versendern aus einem Node des Verbundes gelesen werden, bevor diese daraufhin die Waren verschiffen (vgl. Fridgen et al. 2017). Insofern beschreibt der BDW-Prototyp den statischen Ablauf einer räumlich verteilten, aber nachvollziehbarren und manipulationssicheren Treuhandschaft von Dokumenten.

Der BDW-Protoyp beinhaltet jedoch einen gleichbleibenden bzw. starren Ablauf (Schreiben und Lesen von Dokumenten in Nodes). In WfMS sind die Abläufe hingegen dynamisch (Ablaufänderungen). Abläufe in WfMS können gemäß vorgegebenen Logiken verzweigt oder vereinigt werden und sind dabei an Bedingungen bzw. Ereignisse gebunden. Ebendiese dynamischen Abläufe von CoWf in WfMS bleiben bisher in der Blockchain-Forschung unberücksichtigt. Der BDW-Prototyp ist somit funktional eingeschränkt – es können keine dynamischen Ablaufverzweigungen definiert und mittels Blockchain-Technologie realisiert werden. Zusammenfassend existiert in der aktuellen Blockchain-Forschung eine Forschungslücke, die in Bezug auf die Anwendbarkeit der Blockchain-Technologie in WfMS aus fehlenden Erkenntnissen

1. zur Anwendungsmöglichkeit als M2M-Schnittstellen und
2. zur Expressivität von dynamischen Abläufen in CoWf besteht. Im folgenden Kapitel wird auf die Zielsetzung dieser Arbeit hinsichtlich der soeben identifizierten Forschungslücke näher eingegangen.

1.4 Zielsetzung

In diesem Kapitel wird auf die Zielsetzung der Arbeit hinsichtlich der im vorherigen Kapitel aufgezeigten Forschungslücke näher eingegangen. Nach Allweyer (2015, S. 10) und OMG-BPMN-BEISPIEL (2010, S. 9) wird zur Beschreibung von CoWf in WfMS die Business Process Model and Notation (BPMN) verwendet, die dynamische Abläufe durch Symbole (Gateways) beschreibt. Innerhalb der aufgezeigten Forschungslücke könnte die Expressivität der BPMN in Bezug auf dynamische Abläufe (Gateways) von CoWf in WfMS durch die Anwendung der Blockchain-Technologie eingeschränkt sein. Diesbezüglich wird ein Erkenntnisgewinn a priori angestrebt. Nach Ernst (2016, S. 32 bis 35) und dem Duden-Universal (2015, S. 173) bezeichnet der Begriff a priori einen Erkenntnisgewinn auf Grundlage der Vernunft (Verstand, Denkfähigkeit), d. h. ohne Absicherung durch Erfahrung bzw. Beobachtung. Im Gegensatz dazu steht der Begriff a posteriori, der einen Erkenntnisgewinn bezeichnet, welcher sich auf Erfahrung bzw. Beobachtung stützt (vgl. Duden-Universal 2015, S. 171). In der Arbeit soll a priori durch eine Konzeption (vgl. Kapitel 5) Klarheit darüber geschaffen werden, ob mittels Anwendung der Blockchain-Technologie in den M2M-Schnittstellen von homogenen WfMS alle in der BPMN enthaltenen dynamischen Abläufe (Gateways) von CoWf in WfMS – ohne Einschränkung der Expressivität – verwendet werden können. Die Art und Weise des Erkenntnisgewinns (Methodik) wird in Kapitel 3 näher behandelt. Das technische Erkenntnisinteresse (Verwertbarkeit, Anwendbarkeit) der Arbeit wird mittels der folgenden Forschungsfrage (F) konsolidiert:

(F) Inwiefern kann Blockchain-Technologie bei der Konzeption dynamischer Abläufe von CoWf in WfMS angewendet werden?

Die Forschungsfrage wird durch die folgenden Modalfragen (M1 bis M3) präzisiert:

(M1) Wie können die in der BPMN enthaltenen dynamischen Abläufe (BPMN-Gateways) von CoWf in WfMS eingegeben und durch Blockchain-Technologie gespeichert werden?

(M2) Wie können durch Blockchain-Technologie dynamische Abläufe von CoWf in WfMS realisiert werden?

(M3) Existiert eine Einschränkung der Expressivität hinsichtlich M1 oder M2?

Zur Komplexitätsreduktion der Fragestellungen sollen im Weiteren jegliche Bestandteile von WfMS nicht berücksichtig werden die manuelle Aspekte (vgl. Kapitel 4.3) von WfMS betreffen (erste Restriktion). Vereinfachend wird bei der Konzeption von M2M-Schnittstellen zwischen homogenen WfMS ausgegangen (zweite Restriktion). Zudem sollen Rollen unberücksichtigt bleiben (dritte Restriktion).

Aus den drei Restriktionen resultiert eine Schwäche der Konzeption in Bezug auf die funktionale Vollständigkeit der M2M-Schnittstelle. Jedoch wird angenommen, dass dies die Aussagekraft der Konzeption (vgl. Kapitel 5) in Bezug auf die Anwendbarkeit der Blockchain-Technologie zur Realisierung dynamischer Ablaufverzweigungen (Gateways) von CoWf in WfMS nur marginal verringert. Die zu erwartende Schwäche wird zugunsten der Übersichtlichkeit während der Konzeption akzeptiert.

1.5 Aufbau der Arbeit

Zunächst werden in Kapitel 2 die theoretischen Grundlagen aufgezeigt, die für das Verständnis der Arbeit notwendig sind. Die notwendige begriffliche Klarheit ergibt sich aus der Erklärung und kritischen Reflexion der Kernbegriffe (vgl. Kapitel 2.1 bis 2.3). In Kapitel 3 erfolgen die Auswahl und Beschreibung einer Methodik, die hinsichtlich der Zielsetzung geeignet ist, den geforderten Erkenntnisgewinn zu leisten. Da es sich bei Blockchain-Technologie um eine disruptive Technologie handelt, ist eine spezielle Vorgehensweise notwendig. In Kapitel 4 werden ein geeigneter CoWf in Form eines BPMN-Fallbeispiels und eine geeignete Blockchain-Implementierung ausgewählt. Danach erfolgt die Analyse der fachlichen Anforderungen anhand des ausgewählten BPMN-Fallbeispiels und der BPMN-Gateways (vgl. Kapitel 4.1), der ausgewählten Blockchain-Implementierung (vgl. Kapitel 4.2) und des WfRM (vgl. Kapitel 4.3). Schließlich wird in Kapitel 5 unter Berücksichtigung der zuvor ermittelten Anforderungen die M2M-Schnittstelle mittels Blockchain-Technologie konzipiert. Während der Konzeption erfolgt eine Überführung der BPMN-Gateways und des BPMN-Fallbeispiels mittels eines Mappings in ein Petri-Netz (vgl. Kapitel 5.2), woraus schließlich die neuen Komponenten des WfMS resultieren. Zum Schluss werden in Kapitel 6 die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst, kritisch gewürdigt und weiterhin offene Fragestellungen sowie Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt.

2 Theoretische Grundlagen

Für das Verständnis der Arbeit sind die wesentlichen Begriffe des Titels von besonderer Bedeutung, welche im Weiteren als Kernbegriffe bezeichnet werden. Aus Verständnisgründen werden im Titel die deutschen Übersetzungen der Kernbegriffe verwendet. In der Literatur sind jedoch auch die englischen Bezeichnungen der Kernbegriffe anzutreffen, die aufgrund der Allgemeinenverständlichkeit verwendet werden.

2.1 Cross-organizational Workflow (CoWf)

2.1.1 Definition

Der Kernbegriff Cross-organizational Workflow (CoWf) enthält die Teilwörter Cross-organizational und Workflow. In der Literatur wird der Begriff Workflow unterschiedlich definiert (vgl. Gadatsch 2017, S. 11 f.). Lehmann (1999, S. 29) bezeichnet die Unterschiede in den Definitionen als „kreativen Begriffswirrwar“. Auch Schwabe et al. (2001, S. 212) berichten von „mannigfaltigen Variationen der Definitionen“. Aufgrund der Divergenz zwischen den Definitionen verschiedener Autoren werden im Folgenden die Gemeinsamkeiten und die Gegensätze der Definitionen systematisch gruppiert aufgezeigt und schließlich in einer Arbeitsdefinition zusammengefasst.

Einige Autoren definieren den Begriff Workflow nahe an der wortwörtlichen Bedeutung als Arbeitsfluss, Ablauf, Arbeitsvorgang oder Task (vgl. Galler 1997, S. 7; Gadatsch 2017, S.12; Wittges 2005, S. 8; Faustmann 2000, S. 27).

Eine andere Autoren-Gruppe betrachtet einen Workflow als eine geregelte Abfolge von Aktivitäten, die aus mehreren Arbeitsschritten bestehen (vgl. Vogler 1996, S.345; Casati et al. 1996, S. 443; Jablonski et al. 1997, S. 490; Schnetzer 1999, S. 16; Lehmann 1999, S. 30; Podolsky 2003, S. 37). Wesentlich ist dabei die Anwendung von festgelegten Regeln, die zur Steuerung der Aktivitäten verwendet werden (vgl. Vogler 1996, S. 345).

Die Workflow Management Coalition (WfMC) ist eine globale Organisation, zu welcher Hersteller, Anwender und Forscher gehören, die sich mit der Standardisierung von WfMS beschäftigen (vgl. Holey et al. 2007, S. 226; WFMC-ABOUT 2019). Sie definiert den Begriff Workflow wie folgt: „The computerised facilitation or automation of a business process, in whole or part” (WFMC-MODEL 1995, S. 6). Ein Standard ist „etwas, was als mustergültig, modellhaft angesehen wird und wonach sich anderes richtet“ (Duden-Universal 2015, S. 1676). Er entfaltet seine Wirkung durch allgemeine Anerkennung (vgl. Reiss und Reiss 2019, S. 34).

Wesentlich an der Defnition der WfMC ist die Automatisierung (engl. automation) eines Geschäftsprozesses (engl. business process) die durch einen Computer gesteuert wird (engl. computerised facilitation). Nach Oberweis (1996, S. 14 f.) werden die Begriffe Workflow und Geschäftsprozess unter dem Oberbegriff betrieblicher Ablauf subsummiert. Nach Gadatsch (2017, S. 12 f.) bezeichnen beide Begriffe verschiedene Aspekte von Arbeitsflüssen. Der Geschäftsprozess beschreibt, was zu erledigen ist und wer es erledigt (planende Tätigkeit, dispositiv). Der Workflow sagt aus, wie es erledigt wird (ausführende Tätigkeit, operativ). Eine deartige Unterscheidung wird erstmals von Taylor (1911) erwähnt, der Tätigkeiten innerhalb eines Geschäftes (engl. shop) in planende Tätigkeiten (engl. planning of work) und ausführende Tätigkeiten (engl. execution) unterteilt. Nach Taylor (1911, S. 9) erfolgt diese Unterscheidung aufgrund der Effizienz (engl. efficiency). Die Effizienz ist „das Verhältnis von wertmäßigem Output zu wertmäßigem Input“ (Wöhe et al. 2016, S. 8). Ebendiese Effizienz kann durch die Steuerung des Ablaufs ausführender Tätigkeiten mittels eines Computers verbessert werden (vgl. Gadatsch 2017, S. 13), was nach Vogler (1996, S. 348 f.) durch einen Übersichtsgewinn erreicht wird, der zur zeitlichen Optimierung von Abläufen führen kann. Gleiche Abläufe sind mittels Computer reproduzierbar und müssen nicht immer wieder erneut geplant werden (vgl. Müller 2005, S. 8). Nach Lehmann (1999, S. 55) sind durch die Automatisierung eine Senkung der Kosten sowie eine Steigerung der Produktivität möglich.

Neben der WfMC verwenden auch zahlreiche andere Autoren den Begriff Automatisierung bei der Definition (vgl. Jablonski et al. 1997, S. 490; Podolsky 2000, S. 37; Müller 2005, S. 14; Adams et al. 2014, S. 46; Gadatsch 2017, S. 13).

Das englische Teilwort Cross-organizational wird mit organisationsübergreifend übersetzt (vgl. Langenscheidt 2019, S. 179 und S. 579). Der in der Übersetzung enthaltene Begriff Organisation ist nach Wöhe et al. (2016, S. 99) vielschichtig, d. h. es existieren verschiedene kontextabhängige Bedeutungen. Im Titel bezeichnet der Begriff Organisation einen „einheitlich aufgebauten Zusammenschluss von Menschen zur Erreichung bestimmter Zielsetzungen“ (Duden-Universal 2015, S. 1302) wie beispielsweise Unternehmen, Behörden, Vereine usw.

Zusammenfassend wird für den Begriff Cross-organizational Workflow in Anlehnung an WFMC-MODEL (1995, S. 6) die folgende, in Bezug auf den Titel hinreichend genaue, Arbeitsdefinition gebildet: Der Begriff Cross-organizational Workflow (CoWf) bezeichnet Aktivitäten innerhalb eines organisationsübergreifenden Geschäftsprozesses (organisatorische bzw. räumliche Verteilung), deren Ablauf aus Effizienzgründen ganz oder wenigstens teilweise durch einen Computer vorgegeben wird und die reproduzierbar sind (Automatisierung).

2.1.2 Standardisierung

Die Beschreibung von CoWf erfolgt standardisiert, indem in einer allgemein akzeptieren formalen Sprache das Wissen über CoWf ausgedrückt wird. Im Folgenden werden zunächst die Begriffe formale Sprache und Wissen definiert. Der Begriff Wissen wird in der Literatur über eine Begriffshierarchie beschrieben. Eine Begriffshierarchie besteht aus verschiedenen Begriffen (Ebenen), die zueinander in einer hierarchischen Beziehung stehen (vgl. Krcmar 2015, S. 11 f.). Die folgende Abbildung zeigt die Begriffshierarchie:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Begriffshierarchie (in Anlehnung an Lux und Peske 2002, S. 18)

Aus Abbildung 4 ist ersichtlich, dass die Definition des Begriffs Wissen (Ebene 4) durch die darunterliegenden Begriffe Zeichen, Daten und Information (Ebenen 1 bis 3) erfolgt. Im Weiteren werden deshalb die Ebenen näher beschrieben:

Auf der ersten Ebene befinden sich einzelne Zeichen. Beispielsweise die folgenden Zeichen: A, B, C, a, b, c, 1, 2, 3, 4, 5. Die Zeichen stammen aus einem Alphabet (vgl. Wagenknecht und Hielscher 2014, S. 19). Nach Wagenknecht und Hielscher (2014, S. 17) ist ein Alphabet eine Menge (A) von unterscheidbaren Zeichen, also ein Zeichenvorrat. Eine Menge ist in der Mathematik eine Zusammenfassung unterschiedlicher Objekte (Elemente) zu einem Ganzen (vgl. Staab 2007, S. 29). Beispielsweise ist die folgende Menge (A) ein Alphabet, dessen Zeichen (Objekte, Elemente) durch Kommata getrennt und in Mengenklammern { } eingefasst werden: A = {A, B, C, a, b, c, 1, 2, 3, 4, 5}.

Die einzelnen Zeichen (zweite Ebene) werden miteinander durch Anwendung einer Syntax zu Daten (dritte Ebene) verbunden. Der Begriff Syntax geht auf das lateinische Wort syntaxis zurück, das mit Zusammenstellung bzw. Ordnung übersetzt wird (vgl. Duden-Universal 2015, S. 1732). Die Syntax beschreibt folglich eine geordnete ZusammensteIlung gemäß vorgegebener Regeln. In der Literatur wird der Begriff Syntax durch das Begriffspaar konkrete Syntax und abstrakte Syntax näher spezifiziert. Die konkrete Syntax verbindet die einzelnen Zeichen, die aus einem Alphabet stammen, zu Zeichenketten bzw. Wörtern (vgl. Wagenknecht und Hielscher 2014, S. 7 ff.). Davon abzugrenzen ist der Begriff abstrakte Syntax, der in der Literatur synonym auch Grammatik oder Sprachenbeschreibung genannt wird. Die abstrakte Syntax verbindet Zeichenketten bzw. Wörter zu einem Satz (vgl. Wagenknecht und Hielscher 2014, S. 5 und S. 12 ff. und S. 28 f.). In der Begriffshierarchie beinhaltet die Definition des Begriffs Daten eine strukturierte Verbindung einzelner Zeichen zu Zeichenketten bzw. Wörtern. Folglich werden die einzelnen Zeichen, die aus einem Alphabet stammen, erst durch Anwendung einer konkreten Syntax zu Daten.

Nicht jedes Zeichen eines Alphabets hat auch eine Semantik (Bedeutung). Beispielsweise könnte das Zeichen  semantisch für einen Brief stehen. Nach Vossen und Witt (vgl. 2016, S. 15) werden Zeichen oder Zeichenketten, die eine Semantik haben, Symbole genannt. Können Daten (zweite Ebene) einer Semantik zugeordnet werden, so handelt es sich um eine Information (dritte Ebene). In der Literatur wird jedoch der Begriff Information unscharf definiert (vgl. Krcmar 2015, S. 11). Aus Umfangsgründen wird auf die verschiedenen Definitionen des Begriffs Information nicht näher eingegangen. Im Weiteren wird deshalb der Begriff Information konform zur Begriffshierarchie verwendet: Eine Information besteht aus Daten, die eine Semantik aufweisen.

Bei der Verwendung des Begriffs Information ist jedoch zu beachten, dass die Semantik immer vom Kontext (Zusammenhang, Umfeld) abhängig ist (vgl. Böckenhauer und Hromkovič 2013, S. 179 f.). Kann eine Information durch eine Pragmatik (Berücksichtigung des Kontextes) ergänzt werden, dann entsteht Wissen (vierte Ebene).

Nach Allweyer (2015, S. 10) kann das Wissen über CoWf in der Business Process Model and Notation (BPMN) modelliert werden. Die BPMN ist eine standardisierte formale Sprache die von der Object Management Group (OMG) entwickelt und veröffentlicht wird (vgl. OMG-BPMN-ABOUT 2011). Nach OMG-ABOUT (2020) ist die OMG ist ein Zusammenschluss aus wirtschaftlich selbstständigen Unternehmen (Konsortium). Neben der BPMN existieren noch andere formale Sprachen, die eine Beschreibung von CoWf ermöglichen, die jedoch nach Allweyer (2015, S. 10) zur Beschreibung der CoWf in WfMS von untergeordneter Relevanz sind. Diesbezüglich wird eine substantielle Verifizierung aus Umfangsgründen nicht geleistet.

2.1.3 Struktur und Bestandteile

In diesem Kapitel wird näher auf die Struktur (Syntax) und die Bestandteile (Symbole) der BPMN hinsichtlich der Beschreibung von CoWf eingegangen.

Die BPMN ist insofern ein Modell, dass sie eine Beschreibung der inneren Beziehungen und Funktionen von Workflows ermöglicht (vgl. Allweyer 2015, S. 13). Modellhaft können in der BPMN sowohl bereits real existierende Workflows als auch Muster bzw. Vorbilder neuer Workflows abgebildet werden (vgl. Allweyer 2015, S. 9).

Die BPMN ist jedoch auch eine Notation, da sie ein System von Zeichen oder Symbolen enthält (vgl. Duden-Universal 2015, S. 1275) und definiert, wie diese Symbole zur Beschreibung von CoWf untereinander in Beziehung gesetzt werden können (vgl. Allweyer 2015, S. 9). Eine vollumfängliche Darstellung aller Symbole der aktuellen BPMN-Version 2.0 ist hier nicht möglich, da dies den Rahmen der Arbeit überschreiten würde. Die folgende Tabelle zeigt eine Auswahl an BPMN-Symbolen die im Weiteren zur Beschreibung von CoWf verwendet werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: BPMN-Symbole zur Beschreibung von CoWf (vgl. OMG-BPMN-STANDARD 2011 und vgl. Allweyer 2015, S. 16 ff.)

Die Symbole aus Tabelle 2 können entsprechend der in OMG-BPMN-STANDARD (2011) beschriebenen Syntax angeordnet werden. Dynamische Abläufe von CoWf enthalten spezielle BPMN-Gateways (vgl. Tabelle 2), die eine Ablaufsteuerung mittels Conditions ermöglichen. Auf diese Weise können dynamische Abläufe von CoWf einheitlich beschrieben und in WfMS eingegeben werden.

2.2 Workflow Management System (WfMS)

2.2.1 Definition

Der Kernbegriff Workflow Management (WfM) besteht aus den zwei Teilwörtern Workflow (vgl. Kapitel 2.1.1) und Management. Jablonski et al. (1997, S. 491) definieren den Begriff Management wie folgt: „Management umfasst nach allgemeiner Auffassung Handlungen wie [...] Organisieren, Planen, Kontrollieren, Steuern“.

In der Literatur wird der Begriff Workflow Management unterschiedlich definiert, was Lehmann (1999, S. 34) als „Uneinigkeit“ zwischen den Autoren bezeichnet. Jablonski und Bussler (1996, S. 28) stellen fest: „Many definitions of workflow management can be found in the literature. Each of them is correct”. Kritisch betrachtet muss jedoch in Frage gestellt werden, ob tatsächlich jede Definition des Begriffs Workflow Management korrekt ist (engl. each of them is correct). Lehmann (1999, S. 34) erklärt die Ursache der Uneinigkeit unter den Autoren wie folgt: „Die Uneinigkeit beruht nicht zuletzt darauf, dass es keine herausragenden, zentralen Veröffentlichungen gibt, die das Gebiet des Workflow-Managements begründen“. Nach Lehmann (1999, S. 34) hat sich das Workflow Management allmählich aus mehreren Quellen entwickelt. Auf diesbezügliche historische Quellen gehen beispielsweise Lehmann (1999, S. 34) sowie Van Der Aalst und Van Hee (2002, S. 27) näher ein. Zur Verdeutlichung werden exemplarisch zwei Quellen näher betrachtet, die zudem aufschlußreich sind hinsichtlich der Art und Weise wie Workflows in Computern modelliert werden.

Zinsman (1977, S. x) erklärt: „A formalism is developed for modelling office procedures [...] this formalism is called an argumented Petri net”. Die enthaltene Umschreibung Arbeitsabläufe im Büro (engl. office procedures) wird in dieser Arbeit als historische Paraphrasierung des Begriffs Workflow betrachtet. Somit erläutert die Quelle die Entwicklung eines Formalismus (engl. formalism) zur Beschreibung von Workflows. Ein Formalismus ist eine strenge Form (vgl. Duden-Universal 2015, S. 630). Solch eine strenge Form für Workflows ist das Petri-Netz (engl. Petri net).

Schließlich nehmen Ellis und Nutt (1980, S. 33) Bezug auf Zinsman (1977) und erklären: „The argumented Petri nets Zisman uses to describe office procedures can also be used to represent asynchronous processes”. Nach Ellis und Nutt (1980, S. 33 f.) eignet sich das von Zinsmann verwendete Petri-Netz auch zur Beschreibung von asynchronen Abläufen (engl. asynchronous processes). Ein Ablauf ist dann asynchron, wenn er „nicht gleichzeitig“ (Duden-Universal 2015, S. 189) bzw. unabhängig von einem anderen Ablauf stattfindet (Nebenläufigkeit, Parallelität). Ellis und Nutt (1980) erweitern folglich den von Zinsmann beschriebenen Formalismus um den Aspekt der Nebenläufigkeit.

Zusammenfassend ist zu erkennen, dass sich das WfM aus der technischen Unterstützung von Arbeitsabläufen im Büro entwickelte. Dazu wurde hinsichtlich der Modellierung von Abläufen mehrfach auf den Formalismus des Petri-Netzes zurückgegriffen, der immer wieder an neue Anforderungen angepasst wurde. Die von Lehmann (1999, S. 34) beschriebene Uneinigkeit der Autoren ist somit historisch nachzuvollziehen. Aufgrund der Divergenz zwischen den Definitionen unterschiedlicher Autoren werden im Folgenden die Gemeinsamkeiten und die Gegensätze der Definitionen systematisch gruppiert aufgezeigt und schließlich in einer Arbeitsdefinition zusammengefasst.

In der aktuellen Literatur wird der Begriff Workflow Management von mehreren Autoren durch eine Aufzählung verschiedener Aufgaben definiert (vgl. Galler 1997, S. 10; Vogler 1996, S. 345 f.; Schnetzer 1999, S. 18; Gadatsch 2017, S. 20 f.). Jedoch existieren Unterschiede bei der inhaltlichen Beschreibung der Aufgaben (vgl. Vogler 1996, S. 345 f.; Müller 2005, S. 10; Gadatsch 2017, S. 20 f.). Nach Müller (2005, S. 10 f.) folgt jeder Workflow einem Lebenszyklus (engl. lifecycle) indem er modelliert, implementiert, ausgeführt und kontrolliert wird. Die Aufgabe des WfM ist es dabei, diesen Lebensyklus zu organisieren (vgl. Müller 2005, S. 10).

Auf der Grundlage der gruppierten Definitionen des Begriffs WfM in der Literatur, wird die folgende Arbeitsdefinition gebildet: Der Begriff Workflow Management (WfM) bezeichnet die Verantwortung für zusammenhängende Handlungen, wie beispielsweise die Organisation, Planung, Steuerung und Kontrolle von Workflows, die einem Lebenszyklus folgen und Regelungen bzw. einen Formalismus zu zeitlichen, räumlichen und personellen Aspekten von Workflows beinhalten (Ablauforganisation).

Wird der Begriff Workflow Management durch das Teilwort System erweitert, so entsteht der Begriff Workflow Management System (WfMS). Das ergänzende Teilwort System bezieht sich in diesem Zusammenhang auf ein technisches System (vgl. Duden-Universal 2015, S. 1732). Der Begriff WfMS wird in der Literatur unterschiedlich definiert. Lehmann (1999, S. 37) äußert kritisch, dass es sich um „ein breitgefächertes Spektrum an Definitionssätzen“ handelt. Aufgrund der Divergenz zwischen den Definitionen verschiedener Autoren werden im Folgenden die Gemeinsamkeiten und die Gegensätze der Definitionen systematisch gruppiert aufgezeigt und schließlich in einer Arbeitsdefinition zusammengefasst.

In der Literatur wird der Begriff WfMS von mehreren Autoren über den Zielbezug zum Workflow Management definiert (vgl. Schnetzer 1999, S. 18; Müller 2005, S. 11). Beispielsweise definiert Müller (2005, S. 11): „Das Workflow Management System ist ein System, welches das Workflow Management unterstützt“.

Hingegen Lehmann (1999, S. 63) erklärt den Begriff WfMS über die Kategorie des technischen Systems, indem er WfMS als verteiltes System bezeichnet. Ein verteiltes System ist eine Menge voneinander unabhängiger Computer, die dem Benutzer wie ein einzelnes, kohärentes System erscheinen (vgl. Tanenbaum und Van Steen 2007, S. 18). Die folgende Abbildung zeigt ein verteiltes System:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Verteiltes System (vgl. Tanenbaum und Van Steen 2007, S. 19)

Kritisch betrachtet, muss jedoch ein WfMS nicht zwangsläufig ein verteiltes System sein. Andere Autoren verwenden bei der Definition des Begriffs WfMs den Bezug zur Gruppe der Computer Supported Cooperative Work (CSCW) Systeme (vgl. Galler 1997, S. 10 f.; Schwabe et al. 2001, S. 205 ff.). Ein CSCW-System ist nach Galler (1997, S. 10) und nach Jablonski und Bussler (1996, S. 15 f.) ein technisches System zur Unterstützung bei der Zusammenarbeit innerhalb einer Personengruppe. Erfolgt die Zusammenarbeit der Personengruppe räumlich und zeitlich wenig reglementiert (geringe Ablauforientierung), wird eine Groupware verwendet – ein System, das ein Workgroup-Computing leistet (vgl. Galler 1997, S. 10 f. und S. 16 f.). Erfolgt die Zusammenarbeit der Personengruppe räumlich und zeitlich reglementiert (hohe Ablauforientierung), wird ein WfMS verwendet – ein System, das ein WfM leistet (vgl. Galler 1997, S. 10 f. und S. 16 f.).

Schließlich definieren wiederum andere Autoren den Begriff WfMS über einen Komponentenbezug, indem Aufgaben für System-Komponenten beschrieben werden (vgl. WFMC-MODEL 1995, S. 20; Galler 1997, S. 10 f.; Müller 2005, S. 11). Nach ISO/IEC/IEEE24765 (2017, S. 82) wird der Begriff Komponente (engl. component) wie folgt definiert: „Module, within a system [...] functionally or logically distinct part of a system”. Eine Komponente ist somit ein Modul innerhalb der gesamten Software eines WfMS, welches sich funktional bzw. logisch abgrenzen lässt.

Auf der Grundlage der gruppierten Definitionen des Begriffs WfM wird für den Begriff WfMS die folgende Arbeitsdefinition gebildet: Der Begriff Workflow Management System (WfMS) bezeichnet ein technisches System aus dem Bereich der CSCW-Systeme, welches ein WfM durch aufgabenbezogene, ggf. räumlich verteilte Software-Komponenten unterstützt.

2.2.2 Standardisierung

Durch eine Standardisierung ist die Art und Weise festgelegt, inwiefern WfMS einheitlich ausgeführt werden. Die Standardisierung von WfMS erfolgt mittels der WfMC (vgl. Kapitel 2.1.1). Die WfMC beschreibt nach WFMC-MODEL (1995) für WfMS ein Workflow Reference Model (WfRM). Der Begriff WfRM setzt sich aus den Teilbegriffen Workflow (vgl. Kapitel 2.1.1) und Reference Model zusammen. Der zweite Begriff Reference Modell (dt. Referenzmodell) bezeichnet dabei ein Modell, das einen allgemeingültigen Charakter hat (vgl. Krcmar 2015, S. 40) und somit als Vorbild für etwas betrachtet werden kann. Insofern ist das WfRM eine schematische bzw. vereinfachte Abbildung eines WfMS. Nach Holey et al. (2007, S. 224) ist das WfRM auch eine Rahmenarchitektur für die Implementierung von WfMS. Der Begriff Rahmenarchitektur bezeichnet nach Reussner und Hasselbring (2009, S. 319) eine erprobte, generische Architektur für bestimmte Anwendungen. Das Wort Architektur (engl. architecture) beschreibt innerhalb eines Systems die Gesamtheit von dessen Komponenten und deren Beziehungen untereinander (vgl. IEEE1471-2000 2000, S. 3; Petrasch und Meimberg 2006, S. 42).

2.2.3 Struktur und Bestandteile

In diesem Kapitel werden anhand des WfRM (vgl. WFMC-MODEL 1995) allgemein die Komponenten eines WfMS und deren Beziehungen untereinander näher beschrieben. Die folgende Abbildung zeigt das WfRM:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Workflow Reference Model (WfRM) (vgl. WFMC-MODEL 1995, S. 20)

In Abbildung 6 sind die Komponenten (1) bis (4) des WfRM für den Erkenntnisgewinn in Bezug auf die Forschungsfrage (vgl. Kapitel 1.4) von besonderer Bedeutung. Die anderen Komponenten werden aufgrund der Restiktionen (vgl. Kapitel 1.4) nicht beschrieben. Das Process Definition Tool (1) ermöglicht einer Person die Eingabe des CoWf in das WfMS. Der eingegebene CoWf wird durch das Interface 1 (2) in ein maschinenlesbares Format umgewandelt. Die Workflow Engine (3) liest den maschinenlesbaren CoWf ein und steuert den Ablauf des Workflows gemäß vorgegebenen Bedingungen (Conditions) bzw. Ereignissen (Events). Der Workflow Enactment Service (4) verteilt ggf. die Workflow Engine auf mehrere homogene WfMS und aktiviert die Ausführung des Workflows in der Workflow Engine. Eine Vertiefung der Komponenten ist nach WFMC-MODEL (1995) möglich.

Der Einfachheit halber werden in dieser Arbeit die Komponenten (1) bis (4) des WfRM mit dem Terminus Blockchain-Schnittstelle bezeichnet. Der Terminus Blockchain-Schnittstelle ist Bestandteil des Titels, jedoch nicht der Blockchain-Forschung (vgl. Kapitel 1.4) oder dem WfRM zugehörend. Für den Begriff Blockchain-Schnittstelle wird deshalb die folgende Arbeitsdefinition gebildet: Der Begriff Blockchain-Schnittstelle bezeichnet in dieser Arbeit die vier WfRM-Komponenten Process Definition Tool (1), Interface 1 (2), Workflow Engine (3) und Workflow Enactment Service (4), die M2M-Interaktionen zwischen homogenen WfMS mittels Blockchain-Technologie vorbereiten bzw. durchführen.

2.3 Blockchain-Technologie (BCT)

2.3.1 Definition

Der Kernbegriff Blockchain-Technologie besteht aus der Synthese der zwei Teilwörter Blockchain und Technologie. Der Duden-Universal (2015, S. 1748) führt den Begriff Technologie etymologisch auf die Art und Weise der praktischen Ausführung (Verfahrensweise) zurück, die spezifische Beschaffenheiten (Eigenschaften, Strukturen) berücksichtigt.

Der Begriff Blockchain entwickelte sich aus der Konsolidierung verschiedener Konzepte (vgl. NIST-IR-8202 2018, S. 2) und beinhaltet Lösungen zu heterogenen Problembereichen. Haber und Stornetta (1991) beschreiben ein Hauptbuch (engl. ledger), in das Geschäftsvorgänge (z. B. Zahlungen, Lieferungen usw.) sequentiell eingetragen werden und das als Computerprogramm realisiert wird. Um nachträgliche Manipulationen an bereits eingegebenen Daten zu verhindern (vgl. Narayanan et al. 2016, S. 15) werden dabei Timestamps und verkettete Hashwerte verwendet (vgl. Haber und Stornetta 1991). Nach Fischer und Hofer (2011, S. 906 f.) bezeichnet der Begriff Timestamp (Singular) einen Zeitstempel, der eine Kombination aus Datum und Uhrzeit enthält. Der Begriff Hashwert (Singular) bezeichnet das Ergebnis einer mathematischen Hashfunktion, die in einem Computerprogramm realisiert wird.

Die räumliche Verteilung von Hauptbüchern (engl. distributed ledgers) ermöglicht schließlich Lamport, der ein Konsensmodell (engl. consensus model) zur zuverlässigen Vereinbarung eines Ergebnisses in einem unzuverlässigen Computernetzwerk beschreibt (vgl. Lamport 1998). Computernetzwerke sind unzuverlässig, wenn die verbundenen Computer keine gemeinsame Grundlage zur Absicherung bzw. Bestätigung von Sachverhalten (z. B. Identitäten) haben. Ein Konsensmodell ist eine inhaltliche Vereinbarung bei der Kommunikation zwischen Computern (Protokoll), hinsichtlich der Einigkeit bzw. Richtigkeit von Sachverhalten (Vertrauensbildung).

Erst die Konsolidierung dieser beiden Lösungen ermöglicht die Konzeption eines Computerprogramms das ein transparentes, manipulationssicheres und bankenunabhängiges Zahlungsmittel (Bitcoins) bereitstellt (vgl. Nakamoto 2018). Ebenso vielseitig wie die Konzepte, die der Begriff Blockchain vereinigt, sind dessen Definitionen in der Literatur. Aufgrund der Divergenz zwischen den Definitionen verschiedener Autoren werden im Folgenden die Gemeinsamkeiten und die Gegensätze der Definitionen systematisch gruppiert aufgezeigt und schließlich in einer Arbeitsdefinition zusammengefasst.

In der Literatur wird der Begriff Blockchain von mehreren Autoren über die Analogie zu einer Datenbank definiert (vgl. Mohanty 2018, S. 17; Bashir 2018, S. 32; Hosp 2018, S. 50). Hosp (2018, S. 50) stellt fest: „Eine Blockchain ist eine dezentrale und meist öffentliche Datenbank“. Der Begriff Datenbank bezeichnet das Schreiben, Lesen, Löschen und Ändern von Daten in einem Datenbanksystem (vgl. Fischer und Hofer 2011, S. 208 und S. 211; Duden-Informatik 2006, S. 163 ff.). Kritisch betrachtet ist jedoch der Begriff Datenbank bei der Definition unzureichend da Daten, die in eine Blockchain geschrieben werden, nachträglich nicht mehr geändert oder gelöscht werden können (vgl. Ben Ayed und Belhajji 2017, S. 1; Mohanty 2018, S. 17).

Andere Autoren definieren den Begriff Blockchain über die Analogie zu einem Hauptbuch (vgl. Ben Ayed und Belhajji 2017, S. 1; NIST-IR-8202 2018, S. 1; Mohanty 2018, S. 17). Kritisch betrachtet bedeutet jedoch die Verwendung von Hauptbuch eine Einschränkung auf Geschäftsvorgänge. Nach Prusty (2017, S. 15) ist eine Blockchain nicht auf Geschäftsvorgänge beschränkt. In der Literatur werden die Begriffe Blockchain und Hauptbuch durchaus gleichgesetzt: „Blockchains are digital ledgers“ (NIST-IR-8202 2018, S. 1). Jedoch existieren nach Fertig und Schütz (2019, S. 27) zwischen den Begriffen Blockchain und Hauptbuch wesentliche Unterschiede. Begriffliche Klarheit diesbezüglich schaffen Fertig und Schütz (2019, S. 27) wie folgt: „Der Begriff Blockchain wird in der Literatur häufig synonym mit dem Begriff Ledger (Hauptbuch) verwendet. Beide Konzepte sind sich zwar sehr ähnlich, unterscheiden sich aber in einem bestimmten Punkt: Während die Blockchain Daten in Blöcken sortiert, werden Daten beim Ledger einfach aufeinanderfolgend abgelegt.“ Einige Autoren sind diesbezüglich genauer und beschreiben, dass eine Blockchain ein Hauptbuch enthält, das aus aufeinanderfolgenden Blöcken besteht (vgl. Prusty 2017, S. 15; Bashir 2018, S. 32; Antonopoulos 2018, S. XXIV).

Wiederum andere Autoren verwenden bei der Definition von Blockchain die Analogie zu einer komplexen Datenstruktur (vgl. Prusty 2017, S. 15; Fertig und Schütz 2019, S. 25). Nach dem Duden-Informatik (2006, S. 177) ermöglicht eine Datenstruktur die strukturierte Ablage von Daten innerhalb eines Computerprogramms.

Aufgrund er Vielzahl an divergierenden Definitionen wird auf der Grundlage der zuvor geleisteten Gruppierung folgende Arbeitsdefinition gebildet: Der Begriff Blockchain bezeichnet aus Entwicklersicht eine evtl. räumlich verteilte und sich selbst-replizierende komplexe Datenstruktur, die neue Daten autonom in sequentiell-verbundenen Blöcken ablegt und sich selbst vor Manipulationen schützt.

Als Arbeitsdefinition für den Begriff Blockchain-Technologie wird die folgende Definition aus dem Duden-Online (2020) verwendet, die nicht im Widerspruch zu den zuvor geleisteten Analysen steht: Der Begriff Blockchain-Technologie bezeichnet ein „auf der Anwendung von Blockchains (Plural) beruhendes Verfahren“. Auf die Art und Weise der Ausführung (Verfahrensweise) bei der Anwendung von Blockchains (Plural) wird im folgenden Kapitel näher eingegangen.

2.3.2 Standardisierung

Durch eine Standardisierung wird die Art und Weise festgelegt, wie Blockchains (Plural) ausgeführt werden. Eine Standardisierung von Blockchains erfolgt durch das National Institute of Standards and Technology (NIST), eine amerikanische Regierungsbehörde (vgl. NIST-ABOUT 2017), die mit dem jungen Standard NIST-IR-8202 (2018) erstmalig eine Übersicht zu Blockchain-Technologie veröffentlicht. Bei NIST-IR-8202 (2018) handelt es sich um einen Standard, der innerhalb Europas nicht zwangsläufig allgemein akzeptiert wird. Da bisher hinsichtlich Blockchain-Technologie keine weiteren Standards existieren, ist NIST-IR-8202 (2018) alleinstehend und deshalb in dieser Arbeit maßgeblich. Kritisch betrachtet würde jedoch ein ausschließlicher Bezug auf NIST-IR-8202 (2018) die Arbeit inhaltlich beschränken (theoretische Schwäche). Zur Vermeidung dieser theoretischen Schwäche werden aus Objektivitätsgründen auch ergänzende Fachliteratur und Forschungsartikel der Blockchain-Forschung hinzugezogen.

2.3.3 Struktur und Bestandteile

Die Verallgemeinerung (Abstraktion) von Blockchains (Plural) wird nachfolgend verkürzt als Blockchain (Singular) bezeichnet. Die Abstraktion steht nicht in Widerspruch zu der in Kapitel 2.3.1 aufgezeigten Arbeitsdefinition des Begriffs Blockchain.

Die nun folgende allgemeine Beschreibung nach NIST-IR-8202 (2018) beinhaltet zunächst eine strukturelle Darstellung:

Abbildung 7: Struktur der Blockchain (vgl. NIST-IR-8202 2018, S. 17)

Aus Abbildung 7 ist ersichtlich, dass eine Blockchain aus einer Anzahl an Blöcken (1 bis b) besteht, die sequentiell angeordnet sind. Jeder Block ist eine in sich geschlossene bzw. gekapselte Datenstruktur (vgl. Kapitel 2.3.1). Der initiale Block einer Blockchain wird Genesis-Block genannt und ist die existenzielle Grundlage zum Anlegen und Anhängen von weiteren Blöcken (Mining). Ausgehend vom Genesis-Block erzeugt die sequentielle Aneinanderreihung von Blöcken einen Stream. Die Streams befinden sich auf einem Node (dt. Knoten). Sind mehrere Nodes in einem Computernetzwerk miteinander verbunden, werden alle Blöcke mittels eines Konsensmechanismus zwischen den Nodes repliziert. Jeder Block besteht aus dem Block-Header (Kopfbereich) und der Block-Data (Datenbereich). Der Block-Header enthält die Block-Number – eine über alle Blöcke fortlaufende Nummer, die beim Anlegen eines neuen Blocks erzeugt wird (Transparenz). Außerdem befinden sich im Kopfbereich ein Timestamp (vgl. Kapitel 2.3.1) und der Previous-Block-Header-Hash. Bei dem Previous-Block-Header-Hash handelt es sich um den resultierenden Hash-Wert (Ausgabe) der durch eine mathematische Hash-Funktion aus dem kompletten Block-Header des vorherigen Blocks (Eingabe) erzeugt wird. Nach Wätjen (2018, S. 93 f.) ist eine Hash-Funktion eine spezielle mathematische Funktion h, die für jede Eingabe x einen Hash-Wert h(x) liefert. Nach NIST-IR-8202 (2018, S. 7 f.) und Wätjen (2018, S. 93 ff.) haben Hash-Funktionen die folgenden Eigenschaften:

- Konstante Ausgabelänge: Die Funktion h bildet Eingaben x mit einer beliebigen Bitlänge, auf Ausgaben h(x) mit einer festen Bitlänge ab. Ein Bit ist eine duale Unterscheidung zwischen 0 und 1 (vgl. Fischer und Hofer 2011, S. 115). Nach Wätjen (2018, S. 93) beschreibt die Bitlänge eine Anzahl an Bits (z. B. hat 01011 die Bitlänge 5).
- Effizienz: Es seien x und h gegeben. Dann ist h(x) in wenigen Rechenschritten (effizient) zu berechnen.
- Kollisionsfreiheit: Für einen Hash-Wert z kann kein x mit h(x) = z ermittelt werden.

Jedoch haben nicht alle Hash-Funktionen die Eigenschaft der Kollisionsfreiheit gemein. Nur kollisionsfreie Hash-Funktionen werden in der Literatur als sicher (engl. secure) bezeichnet (vgl. NIST-SHA 2013, S. 1). Die Umsetzung einer mathematischen Hash-Funktion in einem Computer durch einen Algorithmus wird als Hash-Algorithmus bezeichnet. Nach Herold et al. (2017, S. 31 und S. 152 f.) ist ein Algorithmus in diesem Zusammenhang eine präzise formulierte Verarbeitungsvorschrift für einen Computer, die über eine möglichst geringe Anzahl an Schritten (Effizienz) ein bestimmtes Ziel erreicht (Determinismus). Nach NIST-IR-8202 (2018, S. 7 f.) ist für die Blockchain der Secure Hash Algorithm (SHA) von besonderer Bedeutung. Der Begriff SHA bezeichnet nach NIST-SHA (2013, S. 1) eine standardisierte Gruppe sicherer bzw. kollisionsfreier Hash-Algorithmen. Nach NIST-IR-8202 (2018, S. 7 f.) ist aus dieser Gruppe der SHA-256 für die Blockchain von Bedeutung. Der SHA-256 erzeugt zu Eingaben x mit maximal 512 Bit jeweils verschiedene, kollisionsfreie Ausgaben h(x) mit einer konstanten Länge von 256 Bit (vgl. NIST-SHA 2013, S. 2).

Die Block-Header-Hashes sind somit für die Block-Header eines jeden Blocks unterschiedlich. Manipulationen am Block-Header führen durch SHA-256 zu einem veränderten Block-Header-Hash, der dann nicht mehr mit dem Previous-Block-Header-Hash des nachfolgenden Blocks identisch ist. Auf diese Weise wird die Integrität der verketteten Blöcke sichergestellt (Manipulationsschutz). Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bestätigt, dass mittels des aufgezeigten Verfahrens Transparenz und Manipulationsschutz im Vergleich zu konventionellen Technologien verbessert werden können (vgl. Schönbohm 2020, S. 2 f.).

Die Block-Data enthält die abzulegenden Daten bzw. Nutzdaten (vgl. Kapitel 2.1.2), die durch Transaktionen in die Blockchain integriert und in mindestens einen Block oder mehrere Blöcke aufgeteilt werden. Der Begriff Transaktion bezeichnet einen atomaren Vorgang, der entweder vollständig oder gar nicht ausgeführt wird (vgl. Drescher 2017, S. 249). Transaktionen können Daten nur in Blöcke schreiben oder aus Blöcken lesen. Bereits abgelegte Daten lassen sich rückwirkend nicht mehr ändern oder löschen (Manipulationsschutz).

[...]

Ende der Leseprobe aus 110 Seiten

Details

Titel
Konzeption einer Blockchain-Schnittstelle. Organisationsübergreifende Workflows in Workflow Management Systemen
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH Mannheim
Note
1,5
Autor
Jahr
2020
Seiten
110
Katalognummer
V922060
ISBN (eBook)
9783346231598
ISBN (Buch)
9783346231604
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Blockchain Schnittstelle Workflow Management System WfMS organisationsübergreifender Workflow CoWf
Arbeit zitieren
Daniel Krüger (Autor:in), 2020, Konzeption einer Blockchain-Schnittstelle. Organisationsübergreifende Workflows in Workflow Management Systemen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/922060

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