Die Wirklichkeit und ihre Hypostasen in Metaphysik Plotins


Hausarbeit, 2006

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

A. Einleitung

B. Der Plotinische Stufenbau
1. Die erste Hypostase: Das Eine
2. Die zweite Hypostase: Der νους
3. Die Weltseele als Mittelglied zwischen mundus intelligibilis und mundus sensibilis
4. Der Kosmos und die einzelnen Seelen
5. Die ύλη

C. Der Mensch und seine Bestimmung
1. Der Abstieg der Einzelseele
2. Umkehr zum Einen

D. Schlussfolgerungen

Literatur

A. Einleitung

Plotin ist einer der Begründer und der bedeutendste Denker des Neuplatonismus. Seine Philosophie beruht sich auf die gesamte antike Philosophie, aber erfolgt unter dem Einfluss Platons. Plotin schätzt Platon hoch und hält seine Philosophie für die richtige, da Platon die Idee von der absoluten Transzendenz des Einen über Sein und Vernunft und die Idee der Wirklichkeit als Dualismus zwischen der übersinnlichen und der sinnlichen Welt vertreten hat. Obwohl die intelligible und die sinnliche Welt in einer gegenseitigen Beziehung stehen und das gesamte Bild der Wirklichkeit als Dualismus erscheint, ist Plotins Metaphysik eher monistisch konzipiert, indem „alle Sphären einem einheitlichen System angehören und nach einem und zwar nach dem Ersten sich richten“ (Plotin, 55). Das Prinzip der Einheit steht im Mittelpunkt und wird als Voraussetzung der Vielheit begriffen.

Die Philosophie Plotins steht in der Tradition griechischer Metaphysik, indem sie sich mit der Frage nach der άρχή, nach dem Urgrund der Einheit des Ganzen, beschäftigt. Dieser Urgrund ist das Eine (έν), das unbedingte und absolute Prinzip allen Sein. Plotin hebt die Bedeutung dieses Prinzips hervor und deduziert die Welt aus dem abstrakten und bestimmungslosen Einen. Das Eine ist sogleich das Gute und das Göttliche, während das Seiende als stufenweises Hervorgehen aus dem Einen verstanden wird. Aus dem jenseitigen Einen entstehen die Vernunft (νους), die Weltseele, der endliche Kosmos und die Materie (ύλη). Jede Stufe der Wirklichkeit entsteht durch Emanation aus der vorigen Stufe, und die nachfolgende Stufe ist jeweils unvollkommener als die vorige. Jede Stufe repräsentiert die Einheit für jede nachfolgende, und so bildet die Reihe der Wesen eine konsequente Hierarchie: „Alle seienden Dinge lassen so, solange sie Bestand haben, aus ihrem Wesen notwendig ein Existentes zur Wirklichkeit werden, welches außen um sie liegt und abhängt von der Gegenwart ihrer Kraft, als ein Abbild gleichsam der Urbilder aus denen es hervorwuchs …“ (Plotin, 47).

Der Anfang und das Ziel aller Philosophie ist für Plotin die Gottheit, die höchste Stufe, und darüber hinaus der Gedanke der Rückkehr zum Einen. Das Seiende zeichnet sich durch eine dialektische Rückkehr aus dem irdischen in den göttlichen Zustand aus. Durch die innerseelische Geistigkeit nehmen die Menschen an der Idee Gottes teil und sind stets mit dem Absoluten verbunden. Es handelt sich bei Plotin um die Sehnsucht nach einem Zustand der Ruhe und Wahrheit, um philosophische Mystik. Entscheidend ist der Weg zum Ursprung zu finden, und damit zur unio mystica.

B. Der Plotinische Stufenbau

Das metaphysische Modell Plotins ergibt sich als System der Wirklichkeit, das auf Stufen oder Hypostasen harmonisch strukturiert, und aus einem absoluten Urgrund abgeleitet ist. Urgrund allen Sein ist das Eine, die oberste transzendente Einheit, die sowohl jenseits des Seins als auch des Denkens steht. Außer dem Einen erkennt Plotin zwei weitere Stufen in der intelligiblen Welt, der νους und die Weltseele. Alle drei Hypostasen sind hierarchisch geordnet und jeder kommt ein unterschiedlicher Vollkommenheitsgrad zu.

Alles Seiende ist bei Plotin ein Resultat des Schauens. Das Eine ist auf sich selbst gerichtet und bringt den νους hervor: „Insofern das Eine sich selbst zuwendet und erblickt, ist es Nous. (V1, 7, 4). Denn mit dem Erblicken ist für Plotin bereits Andersheit gesetzt, und diese Andersheit nennt Plotin Nous. Nous wäre auf diese Weise nichts anderes als ein Aspekt des Hen“ (Schubert, 60). Der νους. ist das Zweite nach dem Einen und sogleich das erste Seiende. Er ist dem Einen ähnlich und beinhaltet alles Seiende. Der νους und überdies jede Wesenheit ist auf die obere Hypostase gerichtet, bekommt daraus die Kraft ihrer eigenen Wesen und zeugt ihrerseits eine weitere Stufe. So schaut der νους das Eine und erzeugt die Seele, und weiterhin, indem die Seele auf den νους blickt, erzeugt sie die Natur und die einzelnen Seelen. Die letzte Stufe ist die Materie, die ύλη, wonach kein weiteres Zeugen möglich ist. Die ύλη ist ein Grenzbegriff, reine Potentialität, das Nichtseiende und gleichzeitig das Prinzip des Bösen.

Das Seiende umfasst ausschließlich die Stufen des νους, der Seele, und der Natur: „Die Welt ist das Seiende. Sie ist nicht in sich gegründet, sondern ein Zwischensein, ausgebreitet zwischen dem Überseienden und dem Nichtseienden“ (Jaspers, 46). Das Seiende ist sowohl intelligibler als auch sinnlicher Natur, und breitet sich zwischen dem Einen und der Materie aus. Sowohl das Eine als auch die ύλη, der Begriff des Stoffes, sind reine Abstraktionen, zwei absolute Gegensätze, die außerhalb der gesamten Wirklichkeit stehen. Die Seele steht in der Mitte der Hierarchie und vermittelt zwischen der mundus intelligibilis der Vernunft und der mundus sensibilis der Natur. Sie ist der Weltschöpfer für die zeitliche Welt, aber zugleich bleibt in sich immateriell und ewig.

1. Die erste Hypostase: Das Eine

Der Urgrund allen Sein, das Eine, entzieht sich jeder Beschreibung und kann nur auf dem Weg der Negation angedeutet werden. Das Eine ist kein Sein, kein Seiende, kein Leben, kein Wesen, kein Denken: „...denn deshalb können ja alle Dinge von Jenem stammen, weil Jenes durch keinerlei Form eingenommen ist. Denn Jedes ist nur Eines; wäre es alles, so gehörte es zu den seienden Dingen; deshalb ist es nichts von den Dingen die im Geiste sind, sondern diese stammen aus ihm“ (Plotin, 51). Dem Einen kann man keine sprachlichen oder ontologischen Bestimmungen zuschreiben, auch nicht das Sein. Es ist der Ursprung aller Wesen, ist aber selbst kein Wesen. Es steht über dem νους und somit auch über den Ideen und über jedem möglichen Erkennen. Es ist das Unerkennbare, das Erste, die vollkommene Einheit und so die Voraussetzung für die Vielheit von Unterschieden, die sich auf den niederen Stufen der Wirklichkeit finden. Auch Leben, Wille oder Bewusstsein können ihm nicht zugeschrieben werden, weil das Verhältnis zu einem zweiten fehlt. Das Eine ist ewig, unteilbar, und unveränderlich.

Aus dem Einen geht unmittelbar den νους hervor, die zweite Hypostase. Der Schritt vom Einen zum Vielen hat Plotin durch Emanation erklärt. Die Emanation bezeichnet das Verhältnis zwischen Gott und den Seienden, indem die Überfülle Gottes und seine Vollkommenheit notwendigerweise zu einem Zweiten führt: „Jedoch besteht in Gott als der höchsten Form des Seins ein Überfluss; und als Folge dieser Ausströmung (Emanation) aus Gott ergibt sich alles übrige Seiende“ (Hügli u. Lübcke, 149). Das Eine ist vollkommen, und seine Überfülle bringt den νους hervor. Plotin folgt der Regel, die besagt, dass alles was vollkommen ist, notwendigerweise zeugen muss. Er behauptet: „...alles was soweit gelangt ist dass es reif ist, zeugt; das nun was ewig reif und vollendet ist, zeugt ewig und ein Ewiges, zeugt aber ebenfalls etwas das geringer ist als es“ (49). Was aus dem Einen entspringt ist etwas Verschiedenes, aber doch dem Einen ähnlich, und zwar in Form einer Vielheit.

Das Erzeugen des Zweiten versucht Plotin auch in Bildern, durch Metaphern zu schildern. Der νους ist wie das Licht um die Sonne oder wie die Kälte um das Eis. Obwohl Plotin nicht genau erklärt wie das Hervorbringen eines zweiten geschieht, sollen diese Bilder zeigen, dass das transzendente Eine aus seiner Überfülle „anderes entspringen läßt“. Was verborgen bleibt „erfolgt durchaus methodisch bewußt“, und kann durch die Jenseitigkeit des Einen und aufgrund der Unmöglichkeit, das Eine rational zu begreifen, nachvollzogen werden. (Halfwassen, 89).

2. Die zweite Hypostase: Der νους

Die Vernunft (νους) ist die zweite Hypostase und das wahrhaft Seiende. Sie ist vom „allervollkommensten“ Einen durch Selbstkontemplation hervorgebracht: „Nun, in dem Gerichtetsein auf sich selbst erblickte es sich selbst, und dies Erblicken ist der Geist (Denken)“ (Plotin, 49). Der νους steht auf einer niedrigen Stufe in der Reihe der Plotinischen Wesenheiten als das Eine, und subsumiert die gesamte geistige Wirklichkeit. Die intelligible Welt des νους ist das urbildhafte Sein, das alles Seiende umfasst, und von dem die sinnliche Welt der Natur nur ein Abbild ist. Der νους ist das κόσμος νοητός, das wahre Seiende und das Urbild des Universums.

[...]

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Details

Titel
Die Wirklichkeit und ihre Hypostasen in Metaphysik Plotins
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig  (Seminar für Philosophie)
Veranstaltung
Plotin: Enneade V. 1 (Die drei anfänglichen Hypostasen)
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
13
Katalognummer
V92098
ISBN (eBook)
9783638057561
ISBN (Buch)
9783638948302
Dateigröße
459 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirklichkeit, Hypostasen, Metaphysik, Plotins, Plotin, Enneade, Hypostasen), der Plotinische Stufenbau
Arbeit zitieren
Gabriela Bara (Autor:in), 2006, Die Wirklichkeit und ihre Hypostasen in Metaphysik Plotins, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92098

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