Christian Dietrich Grabbes Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung – ein Geniestreich aus dem Jahre 1822?


Hausarbeit, 2006

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Christian Dietrich Grabbe – eine Kurzbiografie

3. Christian Dietrich Grabbe – Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung – ein kurzer inhaltlicher Überblick

4. Christian Dietrich Grabbe – Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung – ein Geniestreich aus dem Jahre 1822?
4.1. Die Figuren und deren Bedeutung im Werk
4.2. Eine Auswahl stilistischer Aspekte in Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung
4.3. Ausgewählte Kritikpunkte im Werk

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

[...] ich will hier nur bemerken, daß besagter Dietrich Grabbe einer der größten deutschen Dichter war und von allen unseren dramatischen Dichtern wohl als derjenige genannt werden darf, der die meiste Verwandtschaft mit Shakespeare hat. [...] Aber alle seine Vorzüge sind verdunkelt durch eine Geschmacklosigkeit, einen Zynismus und eine Ausgelassenheit, die das Tollste und Abscheulichste überbieten, das je ein Gehirn zu Tage gefördert. Es ist aber nicht Krankheit, etwa Fieber oder Blödsinn, was dergleichen hervorbrachte, sondern eine geistige Intoxikation des Genies. Wie Plato den Diogenes sehr treffend einen wahnsinnigen Sokrates nannte, so könnte man unseren Grabbe leider mit doppeltem Recht einen betrunken Shakespeare nennen.[1]

Diese Beschreibung Christian Dietrich Grabbes ist in Heinrich Heines Memoiren von 1854 zu finden. Sie ermöglicht dem Rezipienten von Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung einen kurzen Einblick auf das wohlmöglich zu seiner Zeit verkannte Genie des Schriftstellers Christian Dietrich Grabbe.

Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung spielt in und bei dem Dorf des Barons von Haldungen und ist von mehreren Handlungssträngen durchzogen.[2] Auf den Inhalt soll

jedoch an späterer Stelle noch genauer eingegangen werden.

Grabbes Art und Weise, seine Figuren sowohl stilistisch als auch rhetorisch in Szene zu setzten ist außerordentlich gelungen. Durch ein hohes Maß an Übertreibung, Satire, bis zum Zynismus, schafft es Grabbe nicht nur ökonomische, gesellschaftliche und kulturelle Missstände seiner Zeit aufs Korn zu nehmen, sondern schreckt dabei auch nicht vor einer Vielzahl seiner Zeitgenossen und sich selbst zurück.

Das Talent Grabbes, auf beißend-humoristische Art dem Rezipienten seine Sicht der Welt zu vermitteln ist faszinierend und soll deshalb den Gegenstand dieser Hausarbeit bilden. Im Zentrum der anschließenden Untersuchung soll eine Inhalt- Form- Analyse des Werkes stehen, deren Ziel es ist, zu überprüfen, ob Grabbes Werk tatsächlich ein – wie von Alfred Bergmann propagiert – Geniestreich aus dem Jahre 1822 ist.[3]

2. Christian Dietrich Grabbe – eine Kurzbiografie

„Wer heute noch von Grabbe weiß, kennt meist nur Bruchstücke seiner Biographie.

Grabbe – das ist der Säufer und überspannte Ehemann, der Jurist und verhinderte Schauspieler.“[4]

Christian Dietrich Grabbe wird am 11. September 1801 in Detmold als Sohn eines Zuchthausaufsehers geboren. Mit 16 Jahren, als Schüler des Detmolder Gymnasiums, unternimmt Grabbe seine ersten Versuche als Dichter, die aber nicht von Erfolg gekrönt wurden.

Im Jahre 1820 beginnt Grabbe ein Jura-Studium in Leipzig, das ihm durch ein Stipendium der Landesfürstin ermöglicht wurde. Grabbe blieb lediglich zwei Jahre in Leipzig, bevor er es am 09.03.1822 verlässt. Er war alles andere als ein vorbildlicher Student, der seine Aufgaben gewissenhaft erledigte. „Der Leipziger Student weidet sich in renommistisch- spitzbübischer Manier an dem Entsetzen der Philister, wenn er ihnen einen Einblick in verrufene Stätten verschafft.“[5]

Mit älteren gesetzteren Personen, mit Gelehrten scheint er eben keinen Verkehr gehabt zu haben und zu höheren Gesellschaften fehlte ihm der Zutritt, wenn gleich zu ihnen der Ruf von diesem seltsamen Genie und seinem auffallendem barocken Wesen allerdings hingedrungen sein mag.[6]

Kurze Zeit später ließ sich Christian Dietrich Grabbe an der Berliner Universität einschreiben.[7] In Berlin lernte er bekannte Zeitgenossen wie Heinrich Heine kennen.

Man kann schwerlich von einem nachhaltigen stofflichen oder formalen Einfluß Heines auf Grabbe sprechen. Aber wie wir gesehen haben, existieren überzeugende Indizien dafür, daß Scherz, Satire ohne Grabbes Umzug nach Berlin, seinen Kontakt mit dem literarischen Zirkel und insbesondere mit Heine nicht entstanden wäre. Denn in diesem Kreis wurde die zeitgenössische Literatur gelesen, diskutiert und propagiert.[8]

Diese Leute konnten Grabbe in die Kreise einführen, in denen sich ihm die Möglichkeit bot, endlich Unterstützung zu finden, um seinen Traum vom Theaterstück zu verwirklichen.

„Am 2. September 1822 schreibt Grabbe an die Eltern: »in 14 Tagen bin ich mit einem Lustspiel fertig, von dem die meisten noch mehr erwarten, als von einem Trauerspiel.«“[9]

Grabbe hat immer an sich und die Verwirklichung seiner Ideen geglaubt. Umso enttäuschter

war er, als er schon nach nur einem Jahr die Berliner Universität verlässt „ [...] und schließlich im August 1823 » Nachts um 11 Uhr in das verwünschte Detmold «“ zurückkehrt.[10]

Nach der Rückkehr im Sommer 1823 litt Grabbe unter schweren depressiven Stimmungen. Sein Lebensplan hatte sich nicht realisieren lassen. Nirgends war er am Theater angestellt worden. In einem Brief an den Berliner Kumpan Ludwig Gustorf schrieb er im September 1823: »Kann ich hier nun durchaus nicht länger ausdauern und will wieder fort ... In diesem Detmold, wo ich abgeschnitten von aller Literatur, Phantasie, Freuden und Vernunft bin, stehe ich ... am Rande des Verderbens.« Grabbe war in diesen Monaten der Verzweiflung nahe.[11]

Nach der Ablegung des Juristischen Staatsexamens im Jahre 1823 bleibt es Grabbe jedoch versagt eine Stellung als Jurist in Detmold zu finden. Im April 1827 steigt Grabbe zum Militärrichter auf und wird 1828 der Nachfolger eines erkrankten Militär Auditeurs, dessen Stelle er 1826 übernommen hatte.[12]

Grabbe verfällt zunehmendst dem Alkoholismus, da er es nicht schafft, seinen Weltenschmerz und die damit verbundenen Depressionen allein zu bewältigen.

1833 heiratet er Louise Christina Clostermeier, deren gemeinsame Ehe sich schon nach kurzer Zeit als unglücklich und zukunftslos herausstellt. „Es drang schon bald in’s größere Publikum, daß beide Gatten sich wechselseitig in einander geirrt hätten und jeder Tag neue Verstimmungen und Mißstände brächte.“[13]

Im Jahre 1834 schaffte Grabbe es endlich seinen Traum vom Theater zu erfüllen. Er arbeitet an dem von seinem Freund Karl Immermann gegründeten Düsseldorfer Stadttheater und verliert aber auch hier sowohl Anstellung als auch Ansehen durch seine Alkoholexzesse.

1836 verliert Christian Dietrich Grabbe dann auch seine Frau, da diese die Scheidung einreicht.

Er kehrt noch ein weiteres Mal nach Detmold zurück, wo er dann am 12. 09.1836 einer Rückenmarksschwindsucht erliegt.

Alles in allem war Grabbe eine Mensch, der sich trotz aller Anstrengungen und Bemühungen in der Welt in der er lebte nicht zurechtfand und es nie geschafft hat in ihr wirklich glücklich zu werden. „Mein Leben, merk’ ich, wird nie durch Ruhm, Liebe oder wie das Zeugs heißt, glücklich.“[14]

3. Christian Dietrich Grabbe – Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung – ein kurzer inhaltlicher Überblick

Schauplatz der Handlung ist sowohl das Dorf des Barons von Haldungen als auch die nähere Umgebung.

Liddy, die junge und schöne Nichte des Barons wird von drei Männern verehrt. „Eine Liebesgeschichte bildet ganz nach Herkommen den nach Ausscheidung alles sprossenden Nebenwerks ziemlich bedeutungslosen Kern [...].“[15] Der erste ist der Herr von Wernthal, ihr Verlobter. Doch leider stellt sich schon nach kurzer Zeit heraus, dass dieser sie nur des Geldes wegen heiraten will.

„ Meine Braut ist witzig, schön und edel. – Aber ich habe 12 000 Rtlr. Schulden, und sie ist zu klug, um mir ein so großes Kapital ohne weiteres in die Hände zu geben, – ich wollte sie sitze auf dem Blocksberge und ich hätte ihren Geldbeutel auf meinem Buckel.“[16]

Der zweite Verehrer ist der Freiherr von Mordax, der lediglich an Liddys Schönheit und ihrem Körper interessiert ist. „Die Liddy ist ein prächtiges Tier und behagt mir superbe! Sie hat soviel ich von außen sehen kann, ein paar Zitzen, wie kein König! Ich will sie heiraten oder totstechen!“[17]

Als letztes tritt der einfache und nicht sonderlich schöne Herr Mollfels auf, der Liddy ihrer Person und ihres Geistes wegen liebt. „O Liddy; Liddy, wie ich dich liebe!“ [...] „Wäre ich nur nicht so verflucht häßlich!“[18] Diese aufrichtige und wahre Liebe des Herrn Mollfesls soll am Ende über die Nebenbuhler siegen.

Neben dieser Haupthandlung, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Werk zieht, geschehen noch einige Nebenhandlungen.

„Weil in der Hölle Großputz ist, hat seine Großmutter den Teufel auf die Erde geschickt. obwohl er“ [...] sieben dicke Pelze „[...] bekommen hat und es der heißeste Tag“ [...] seit langem im August ist, „[...] erfriert er prompt. Er wird gefunden von vier Naturhistorikern, die nach langen wissenschaftlichen Überlegungen zu dem Schluss kommen, dass ein Wesen, das so hässlich ist, nur eine deutsche Schriftstellerin sein kann.“[19] Der Teufel inszeniert durch seinen intriganten Charakter die Liebesintrige um Liddy. Er stiftet den Herrn von Wernthal dazu an, ihm Liddy für eine entsprechende Abfindung zu überlassen, worauf sich dieser bereitwillig einlässt, um seine Schulden zu tilgen. „»[...] macht zusammen 20 000 Rtlr. 3 Gr. 4 Pf. Davon ziehe ich doch 5 Gr. 2 Pf. Für den Verstand ab, – bleibt also Rest: 19 999 Rtlr. 22 Gr. 2Pf. «“ [...] „»Wann erhalte ich das Geld?« »Gleich.«“[20]

[...]


[1] Böttger, Fritz: Grabbe. Glanz und Elend eines Dichters. Berlin: Verlag der Nation. (1963). S. 9.

[2] Grabbe, Christian D.: Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Stuttgart: Reclams-Universal Bibliothek. (2004). S. 3.

[3] Ebd. S. 90.

[4] Braungart, Wolfgang: Verehrung, Kult, Distanz. Vom Umgang mit dem Dichter im 19. Jahrhundert. Tübingen: Max Niemeyer Verlag. (2004). S.189.

[5] Nieten, Otto: Christian Dietrich Grabbe. Sein Leben und seine Werke. In: Schriften der Literaturhistorischen Gesellschaft Bonn. Hrsg. von Berthold Litzmann. Bd. 4. Dortmund: Fr. Wilh. Ruhfus Verlag. (1908). S. 88-100. S. 94.

[6] Cowen, Roy C.: Christian Dietrich Grabbe: Dramatiker ungelöster Widersprüche. Bielefeld: Aisthesis Verlag. (1998). S. 60.

[7] Vgl. Ebd. S. 57.

[8] Ebd. S.69.

[9] Nieten, Otto: Christian Dietrich Grabbe. Sein Leben und seine Werke. In: Schriften der Literaturhistorischen Gesellschaft Bonn. Hrsg. von Berthold Litzmann. Bd. 4. Dortmund: Fr. Wilh. Ruhfus Verlag. (1908). S. 88-100. S. 88.

[10] Cowen, Roy C.: Christian Dietrich Grabbe: Dramatiker ungelöster Widersprüche. Bielefeld: Aisthesis Verlag. (1998). S. 57.

[11] Kopp, Detlev (Hrsg.): Christian Dietrich Grabbe-Ein Dramatiker der Moderne. Bielefeld:

Aisthesis Verlag. (1996). S. 23.

[12] Vgl. Braungart, Wolfgang: Verehrung, Kult, Distanz. Vom Umgang mit dem Dichter im 19. Jahrhundert. Tübingen: Max Niemeyer Verlag. (2004). S. 191.

[13] Ebd. S. 198.

[14] Ebd. S. 187.

[15] Nieten, Otto: Christian Dietrich Grabbe. Sein Leben und seine Werke. In: Schriften der Literaturhistorischen Gesellschaft Bonn. Hrsg. von Berthold Litzmann. Bd. 4. Dortmund: Fr. Wilh. Ruhfus Verlag. (1908). S. 88-100. S. 88.

[16] Grabbe, Christian D.: Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Stuttgart: Reclams-Universal Bibliothek. (2004). S. 27.

[17] Ebd. S. 25.

[18] Ebd. S. 37.

[19] http://de.wikipedia.org/wiki/Scherz%2C_Satire%2C_Ironie_und_tiefere_Bedeutung

[20] Grabbe, Christian D.: Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Stuttgart: Reclams-Universal Bibliothek. (2004). S. 28.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Christian Dietrich Grabbes Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung – ein Geniestreich aus dem Jahre 1822?
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Allgemeine und Angewandte Sprachwissenschaften)
Veranstaltung
Proseminar: Biedermeier – Vormärz – Junges Deutschland
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V92085
ISBN (eBook)
9783638053372
ISBN (Buch)
9783640562978
Dateigröße
607 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Christian, Dietrich, Grabbes, Scherz, Satire, Ironie, Bedeutung, Geniestreich, Jahre, Proseminar, Biedermeier, Vormärz, Junges, Deutschland
Arbeit zitieren
Anna Stöhr (Autor:in), 2006, Christian Dietrich Grabbes Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung – ein Geniestreich aus dem Jahre 1822?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92085

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