Viren, die geheimen Herrscher der Erde


Hausarbeit, 2002

28 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1. Allgemeines
1.1. Geschichte
1.2. Seuchen
1.2.1. Grippe
1.2.2. Pest
1.2.3. Pocken und Typhus
1.2.4. Tuberkulose
1.2.5. Ausblick

2. Viren, Viroide, Prionen
2.1. Viren
2.1.1. Aufbau
2.1.2. Replikation
2.1.3. Evolution
2.1.4. Rekombination
2.2. Klassifizierung (Viroide, Tumorviren)
2.3. Prionen
2.3.1. Prionerkrankungen
2.4. Strategien eines Eindringlings
2.5. Immunantwort
2.5.1. Das Immunsystem
2.5.2. Reaktion des Organismus auf eine Virusinfektion
2.6. Behandlung
2.6.1. Aktive Impfung
2.6.2. Passive Impfung
2.6.3. Stimulation des Immunsystems

3. Gentherapie
3.1. Therapieviren
3.2. Chronik der Gentherapie
3.3. Risiken der Gentherapie: Der Fall Jesse Geisinger

4. Quellen
4.1. Bildnachweis
4.2. Literaturhinweise

5. Eidesstattlich Erklärung

1. Allgemeines

1.1. Geschichte

Ansteckende Krankheiten sind seit Beginn der Menschheitsgeschichte bekannt. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts vertrat der italienische Arzt Fracastoro die Ansicht, dass ansteckende Krankheiten durch Kontakt mit einem „Ansteckungsstoff“ entstehen. Nach der Erfindung von leistungsfähigen Mikroskopen durch den Holländer van Leeuwenhoek konnte man Bakterien als Krankheitserreger entdecken. Es dauerte jedoch bis ins 19. Jahrhundert bis es erste Anzeichen auf die Existenz von Viren gab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.1.

Bei der Suche nach den Erregern der Tollwut tappte man lange im Dunkeln. Louis Pasteur (1822-1895) beschäftigte sich als einer der ersten mit dieser Krankheit. Im Körper von Hunden, die an Tollwut gestorben waren, konnte er nirgends Bakterien nachweisen. Er vermutete, dass eine Art Giftstoff für die Krankheit verantwortlich ist. Diesen Stoff nannte er „Virus“.

D.I. Iwanowski (1864–1920, Prof. in Petersburg und Warschau) konnte 1892 zeigen, dass die Säfte kranker Pflanzen auch dann noch ansteckend wirkten, wenn man sie durch Filter goss, die alle gewöhnlichen Bakterien zurückhielten. Ein derartiger Saft wurde ursprünglich als Virus bezeichnet, wenn er Krankheitserreger enthielt, die viel kleiner sind als Bakterien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.2.

Im Jahre 1897 fanden auch Friedrich Löffler und Paul Frosch Krankheitserreger, die durch bakteriendichte Filter nicht zurückgehalten werden konnten, im Lichtmikroskop nicht sichtbar waren und auf allen in der Bakteriologie verwendeten Nährböden nicht zum Wachstum gebracht werden konnten.

Für lange Zeit blieb die Frage nach der biologischen Natur dieser unfiltrierbaren Agenzien ungeklärt. Erst die Entdeckung der Bakteriophagen durch D'Herelle (1917) ebnete der Virus-Forschung neue Wege; 1935 gelang es erstmals, das von Iwanowski entdeckte Virus (Tabakmosaikvirus) zu kristallisieren.

Entscheidende Impulse erhielt die Virologie von der Molekularbiologie, insbesondere durch die Arbeiten der im folgenden erwähnten Nobelpreisträger (für Physiologie oder Medizin, in Klammern Jahr der Auszeichnung): Jacob, Lwoff und Monod (1965) beschäftigten sich mit der genetischen Kontrolle von Enzymen und Viren, Delbrück, Hershey und Luria (1969) mit deren Vererbungsmechanismus, Baltimore, Dulbecco und Temin (1975) entdeckten die reverse Transcriptase in Tumorviren. Gajdusek (1976 zusammen mit B.S. Blumberg) entwickelte das Konzept der langsamen Viren (Lentiviren). Weitere Fortschritte brachten die Entdeckung der Restriktions-endonucleasen durch Arber (1978), die Arbeiten von Sanger, Gilbert und Berg (Chemie 1980) zu Analytik und Aufbau von Nukleinsäuren, die Herstellung monoklonaler Antikörper durch Milstein und Köhler (1984), die Untersuchung von Tonegawa (1987) über die genetische Grundlagen der Differenzierung von B-Lymphocyten sowie die Studien von Bishop und Varmus (1989) an Retroviren und Onkogenen.

Erst mit der Erfindung des Elektronenmikroskops 1934, durch Ruska, konnte man sich ein Bild von den neuartigen Erregern machen. Mit rund 100 000facher Vergrößerung gelang es Viren sichtbar zu machen.

1.2. Seuchen

Moderne Nachschlagewerke definieren in weitgehend übereinstimmendem Wortlaut Seuche als Infektionskrankheit mit Massenausbreitung und schwerem Verlauf. Doch Jahrhunderte lang stand der Begriff für Krankheiten, welche die Bevölkerungsstruktur am dramatischsten, wenn auch nicht am stärksten und nachhaltigsten, veränderten.

Viren haben in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder Seuchen von beträchtlichem Ausmaß hervorgerufen und sogar ganze Zivilisationen zerstört. Athen wurde 430 vor Christus von „Loimos“ (griech: die Seuche) heimgesucht. Malaria verwandelte Rom 1000 Jahre später in eine Geisterstadt. Im Mittelalter raffte die Pest in einigen Gegenden ⅔ der Bevölkerung dahin, mehr als der 30jährige Krieg. Pocken, Cholera, Typhus, Diphtherie und Syphilis, von den Konquistadoren eingeschleppt, töteten 90% der Ureinwohner Amerikas.

1.2.1. Grippe

Influenza oder Grippe, wie sie im Volksmund heißt, ist als hoch infektiöse Erkrankung der oberen Atemwege seit weit mehr als zweitausend Jahren Begleiter der Menschheit. Das plötzliche Auftauchen einer Erkrankung der oberen Atemwege, die für einige Wochen in der Bevölkerung grassiert, um dann plötzlich wieder zu verschwinden, ist bereits durch Hippokrates beschrieben worden. Auch aus dem Mittelalter existieren zahlreiche Berichte über solche Epidemien, die häufig, aber in unregelmäßigen Abständen in Erscheinung traten. Charakteristisch für die Erkrankung ist die hohe Sterberate bei älteren Menschen. Bereits in früheren Jahrhunderten hatte man Hinweise dafür, dass sich die Epidemien von Asien her über Russland nach Europa ausbreitete. Epidemien, die mehrere Kontinente erfassen, nennt man Pandemien.

Die schlimmste Pandemie, die so genannte Spanische Grippe, ereignete sich in den Jahren 1918 und 1919. Nach zuverlässigen Schätzungen sind in dieser Zeit weit über zwanzig Millionen an den Folgen der Spanischen Grippe gestorben, weit mehr als durch die kriegerischen Auseinandersetzungen des Ersten Weltkrieges umkamen. So sind über achtzig Prozent der US-amerikanischen Verluste im Ersten Weltkrieg durch Influenzavirus-Infektionen verursacht worden. Es ist bis heute nicht klar, weshalb die Spanische Grippe einen so schweren Verlauf nahm.

Seither sind zwei weitere Pandemien aufgetreten, 1957 und 1968, die jedoch nie das Ausmaß der Spanischen Grippe erreichten. Und auch heute muss man jederzeit wieder mit dem Ausbrechen einer Pandemie rechnen.

1.2.2. Pest

Eine der wohl bekanntesten Seuchen ist die Pest, die besonders von 1348 bis 1352 Europa als Schwarzer Tod pandemisch heimsuchte, gefolgt von neun großen europäischen Epidemien bis 1722 und vielen örtlich begrenzteren Zügen. Man nimmt an, dass allein das «Grosse Sterben» in der Mitte des 14. Jahrhunderts ein Viertel bis die Hälfte der damaligen Bevölkerung des Kontinents dahinraffte, also 25 bis 50 Millionen Menschen. Einzelne Städte starben gänzlich aus. Für das Jahr 1610 notierte Felix Platter in Basel, dass von den 12 647 Ansässigen gut jeder Zweite erkrankte und jeder Dritte verstarb. Solche Zahlen entziehen sich jeder Vorstellung. Als Überträger werden heute Flöhe angenommen, die im Fell von Ratten aus dem Gebiet des heutigen Nahen Osten eingeschleppt wurden. Genauso plötzlich wie sie kam verschwand die Pest schließlich auch wieder.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4.1.

1.2.3. Pocken und Typhus

Die «pestis variolosa» oder Blatternpest, die Purpeln oder Pocken löschten das Leben vieler Kleinkinder und Kinder aus, aber auch das des französischen Königs Ludwig XV. Außerhalb von Europa waren die Menschenpocken, seit langem bekannt. Ab 1717 traten sie auch hier auf. Die Impfung mit Kuhpocken, die Vakzination, gehörte manchenorts zur volksmedizinischen Praxis, wurde aber erst 1796 nach zwanzigjährigen Untersuchungen von Edward Jenner als gesicherte Schutzimpfung bekannt gemacht und verbreitet.

Impfpflicht in verschiedenen Ländern stand eine heftige Ablehnung anderswo gegenüber. Seit dem 26. Oktober 1977 sind die Pocken offiziell ausgerottet.

Als Flecktyphus oder Fleckfieber hat man die «Pest von Athen» mit großer Wahrscheinlichkeit identifiziert, als «Kriegspest» und «Lagersucht» wurde die Krankheit beispielsweise in Napoleons Grande Armée auf dem Marsch nach Moskau bekannt, sie wurde aber ebenso sehr in Lazaretten und durch heimkehrende Kriegsleute unter der zivilen Bevölkerung verbreitet.

Festungen und geschlossene Städte, Gefängnisse, aber auch Klöster, Schulen oder Universitäten fielen ihr mit einer Mortalität bis vierzig Prozent zum Opfer, besonders wenn die Begleitumstände Klima, Hygiene, Ernährung ungünstig waren. So kam die Infektion auch in den Flüchtlingsströmen am Ende des Zweiten Weltkriegs vor.

Das «Cholera-Miasma» der vier großen europäischen Epidemien zwischen 1830 und 1898 wurde von Robert Koch 1884 mikroskopisch dingfest gemacht und «Kommabazillus» benannt.

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Abb. 5.1.

1.2.4. Tuberkulose

Koch war es auch, der zwei Jahre früher einen anderen Bazillus gefunden hatte, denjenigen der «weißen Pest» und des «bleichen Sterbens», die Schwindsucht.

Sie durchseuchte mit schlimmsten Folgen die rasch wachsenden, übervölkerten, muffigen und ärmlichen Quartiere der Städte, wo landflüchtige Fabrikarbeiter mit ihren großen Familien wohnten. Staatliche oder soziale Hilfeleistungen waren zunächst unbekannt und flossen auch später nur spärlich.

Es bedurfte einer ganzen Reihe von Faktoren, um die Tuberkulose zurückzudrängen: Verbesserung der Hygiene, der Ernährung und des Lebensunterhalts, Sanierung der Wohnräume und ganzer städtischer Wohnviertel und Isolierung der Kranken. Trotzt Tuberkulostatische Medikamente ist sie jetzt wieder im Zunehmen begriffen und Resistenzen bilden sich immer häufiger aus.

1.2.5. Ausblick

Natürlich gibt es noch weitere große Epidemien, die die Menschheit über Jahrhunderte immer wieder geißelten. Jedoch wurden Krankheiten wie: Lepra, Cholera und Ergotismus, Kinderlähmung und Malaria in früheren Quellen kaum als «Pesten» angeführt. Damit ist keineswegs bestritten, dass sie Jahrhunderte lang als übelste Plagen galten und im Verein mit anderen seuchenähnlichen Krankheiten gefürchtet waren. Seuchen werden auch in Zukunft unabwendbar sein und die Menschen in ihrer Geschichte weiterhin begleiten. Trotz modernstem Gesundheitssystem ist man heute nicht sicherer davor, als vor 100 Jahren, dies beweisen Ebola, AIDS und andere.

2. Viren, Viroide, Prionen

2.1. Viren

2.1.1. Aufbau

Viren sind eine eigenständige Gruppe von Infektionserregern, die sich in ihrem Aufbau und im Vermehrungsverhalten grundsätzlich von anderen Mikroorganismen unterscheiden. Der lateinische Ausdruck virus bedeutet allgemein ,,schleimige Absonderung "oder auch ,,Gift".

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Abb. 6.1.

Trotz ihrer Winzigkeit zählen die Viren zu den gefährlichsten Feinden des Menschen. Man kennt heute mehr als 400 human- und ferner zahlreiche tier- und pflanzenpathogene Viren

Die Spannbreite der Erkrankungen, die sie auslösen, reicht von relativ harmlosen Erkältungen und Darminfektionen über Mumps, Masern,

Röteln, oder der Kinderlähmung bis hin zu den tödlichen, wie Pocken, Gelbfieber, Tollwut und AIDS. Sie existieren in der Grenzzone zwischen lebenden Bakterien und unbelebten Eiweißmolekülen. Sie besitzen keine eigene Zellstruktur und bestehen aus so wenigen Bestandteilen, dass sie sich ohne fremde Hilfe nicht einmal vermehren können.

Viren enthalten nur einen Typ von Nukleinsäure, entweder DNA oder RNA (genetischer Träger der Erbinformation). Niemals sind beide gleichzeitig vorhanden.

Die RNA tierpathogener Viren ist meist einzelsträngig und linear, wenige Virusarten besitzen eine doppelsträngige RNA. Die DNA bei den tierpathogenen Viren ist ringförmig oder linear und meist doppelsträngig.

Die Nukleinsäure ist von einem Proteinmantel, dem Kapsid, umgeben. Dieses Kapsid besteht aus symmetrisch angeordneten morphologischen Untereinheiten, den Kapsomeren. Diese setzten sich aus einem oder mehreren Proteinen zusammen. Je nach Anordnung der Kapsomeren hat das Kapsid die Form eines Ikasaeders oder die eines Stäbchens, eine so genannte helikale Form.

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Abb. 6.2.

Die Nukleinsäure und das Kapsid bilden zusammen das Nukleokapsid, das bei einigen Virusarten von einer zusätzlichen Außenhülle (envelope) umgeben ist. Diese besteht aus Fetten, Eiweißen und Zuckern und wird während der Freisetzung des Nukleokapsids aus der Plasmamembran der infizierten Zelle gebildet. Die Fettzusammensetzung der Virushülle entspricht jener der infizierten Herkunftszelle. Die Glykolproteine der Hülle sind als virusspezifische Spikes nach außen gerichtet und dienen unter anderem der Anheftung des Virus an die Zielzelle. Sie können auch enzymatische Funktion besitzen.

2.1.2. Replikation

Als eine der einfachsten, heutzutage bekannten Strukturen, sind Viren keine Lebewesen. Sie besitzen keinen eigenen Stoffwechsel. Ihr einziges Merkmal des Lebens ist die Reizbarkeit, indem sie die Wirtsproteine auf der Zellmembran erkennen. Obwohl Viren nur auf Vermehrung angelegt sind, benötigen sie eine Wirtszelle um dies zu realisieren.

Der Replikationszyklus von Viren kann in 8 Stufen eingeteilt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7.1.

1. Adsorption
2. Penetration
3. Uncoating
4. Transkription
5. Translokation
6. Nukleinsäurensynthese
7. Virusmontage
8. Ausschleusung

Dieser Ablauf ist für DNA und RNA Viren weitgehend gleich, obwohl Teilvorgänge in erheblichen Umfang variieren können.

Der erste Kontakt zwischen Virus und Wirtszelle ist die Adsorption. Diese Anheftung eines umhüllten Virus an der Zelloberfläche erfolgt zwischen den Glykoprotein-Spikes und spezifischen Rezeptoren auf der Zelloberfläche. Bei den unbehüllten Viren erfolgt die Kontaktaufnahme zwischen spezifischen Kapsidproteinen und Zellrezeptoren.

Unterschiedliche Zellen haben Rezeptoren für verschiedene Viren. Keine Zelle hat Rezeptoren für alle Viren. Diese Rezeptoren können je nach dem physiologischen Zustand der Zelle auch erhebliche Veränderungen erfahren.

Die zweite Stufe im Replikationszyklus ist die Penetration. Elektronenmikroskopische Aufnahmen zeigen, dass Viren prinzipiell über drei unterschiedliche Wege in das Zytoplasma gelangen. Behüllte Viren erreichen das Innere der Zelle durch Fusion der viralen Membran mit der Zellmembran. Dort wird das Nukleokapsid direkt in das Zytoplasma freigesetzt. Des Weiteren wurde beobachte, wie die Zellmembran durch die Virus Spikes direkt penetriert wird und die virale DNA so durch die entstandene Öffnung injiziert wird. Der dritte Weg macht sich die Vorgänge in der Zellmembran zu Nutze. Die Rezeptor-Proteine der Zellen stülpen sich von Zeit zu Zeit nach innen. Hat ein Virus an ein solches Protein angedockt, so wird es quasi Huckepack mit in die Zelle transportiert.

Das Uncoating (Freisetzung) der Virusnukleinsäure erfolgt im Zytoplasma, wo zelleigene Enzyme die Kapsidstruktur angreifen und teilweise entfernen. Der Abbau des Virions führt dazu, dass in der Zelle kein infektiöses Virus mehr nachgewiesen werden kann. Dieses Verschwinden wird als Eklipse bezeichnet und endet mit dem ersten Auftreten neuer Viren.

Diese ersten drei Stadien sind für DNA- und RNA-Viren weitgehend gleich. Die folgenden weisen erhebliche Unterschiede auf.

Bei den DNA-Viren wandert die DNA in den Zellkern der Wirtszelle. Dort wird sie von einer zelleigenen RNA - Polymerase umgeschrieben. Die neu gebildete Virus-mRNA wird ins Zytoplasma zurücktransportiert, wo sie an den Ribosomen die Produktion von Virusproteinen initiiert. Bei fast allen RNA-Viren läuft der gesamte Replikationszyklus ohne Beeinträchtigung des Wirtszellkerns im Zytoplasma ab.

Bei temperenten Viren wird das Virus Genom mit in das Wirtsgenom eingebaut. Die virale DNA kann in diesem Zustand über längere Zeit verweilen. Dies nennt man auch lysogene Phase, wobei die Doppelstrang-DNA als sogennanter Provirus ins Wirtsgenom integriert ist. Mit den Wirtsgenen zusammen wird es bei jeder Zellteilung verdoppelt und weitervererbt, bis schließlich durch ein Induktions-Ereignis die Expression der Virusgene eingeleitet wird.

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Abb. 8.1. Schema der Vermehrung bei RNA(retro)-Viren

Bei allen Vorgängen wird also über verschieden Zwischenstufen, die virusspezifisch sind (siehe Tab. ), eine Virus mRNA gebildet. Dies nennt man Transkription. Darauf folgend ist die Translokation. Die durch die virale mRNA gebildeten Virus Enzyme und Eiweiße stellen den Stoffwechsel der Zelle vollkommen um. Diese Translokation der Zellprozesse führt zur praktischen Umprogrammierung des Wirts zur „Virus-Fabrik“.

Dies stellt den Beginn des lytischen Zyklus dar. Es kommt zur Nukleinsäuresynthese indem das Virus-Genom stark vermehrt wird. Die virale Nukleinsäure veranlasst nun den biochemischen Apparat der Zelle zur Synthese, der für ihre Replikation erforderlichen Enzyme, sowie zur Produktion von Capsid-Protein.

Schon während der Anhäufung der neu gebildeten Viren Nukleinsäure und der Capsid-Proteine beginnt die Virusmontage. Im so genannten „self-assembly“- Modus fügen sich die Einzelteile zu funktionierenden Viren zusammen. Die Verbindung erfolgt über vorhandene Enzyme und molekular-chemische Vorgänge.

Die Ausschleusung der Virus-Nachkommen erfolgt oft durch lytische Virus-Enzyme. Die Zellmembran wird durch eine Art Verdauungsenzym aufgelöst. Bei behüllten Viren kommt es vielfach auch zu einer Art Knospung (engl.: budding). Der Virus nutzt erneut die Zellfunktionen aus. Partikeln werden von der Zellmembran umhüllt und nach außen abgeschnürt. Der Endeffekt ist die Freisetzung zahlreicher neuer Viren, die alle klongleich zum Ausgangsvirus sind. Diese können nun weitere Zellen befallen.

2.1.3. Evolution

Auch Viren mit ihrer einfachen Bauweise unterliegen der Evolution. Mutationen durch äußere Einflüsse im Virus-Genom kommen relativ häufig vor, da die Proteinhülle nur einen unzureichenden Schutz bildet. Auch bei Viren ist der Großteil der Mutationen negativ und führt zum Absterben des Individuums. Für den Fall einer positiven Mutation sind Viren jedoch begünstigt. Durch die schnelle Vermehrung und die fehlende Rekombination wird eine Mutation stark gehäuft weiter gegeben. Auch Fehler bei der Verdopplung der viralen Nukleinsäure während des lytischen Zyklus führen immer wieder zu Veränderungen. Man nimmt an, dass dies auch zur Überlebensstrategie der Viren gehört. Es gibt heutzutage beispielsweise unzählige Versionen des Grippe-Virus, welche sich alle aus einem so genannten Ur-Virus entwickelt haben. Man kann also sagen, dass durch ihre große Anzahl und ihre schnelle und effiziente Vermehrung Viren evolutionär begünstigt sind. Sie könne sich schnell anpassen und entwickeln ständig neue Arten. Ähnlich wie bei den Bakterien bevölkern Viren schon jetzt jede erdenkliche ökologische Nische. Gleichzeitig sterben Viren auch nicht aus. Das Pockenvirus gilt zwar als ausgerottet, es gab aber seitdem immer wieder Fälle von Pocken, nie im großen Ausmaß, aber ein Vorhandensein gilt als sicher. Somit werden Viren auch noch lange nach uns auf unserem Planeten zu finden sein.

[...]

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Viren, die geheimen Herrscher der Erde
Hochschule
Hochschule Zittau/Görlitz; Standort Zittau
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
28
Katalognummer
V9203
ISBN (eBook)
9783638159692
Dateigröße
1149 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sehr ausführlich - viele Bilder - genauer Quellennachweis.
Schlagworte
Viren, Herrscher, Erde
Arbeit zitieren
Erik Müllers (Autor:in), 2002, Viren, die geheimen Herrscher der Erde, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9203

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