Die Rolle der schwedischen Flotte während der Großmachtzeit Schwedens 1561-1721


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die politische Situation Schwedens

3. Die schwedische Flotte
3.1 Rekrutierung der Seeleute
3.2 Die Schiffe Schwedens
3.3 Aufgaben der Flotte
3.4 Verwaltung der Flotte
3.4.1 Household Navy
3.4.2 Aristokratische Flotte („aristocratic navy“)
3.4.3 Professionelle Flotte („navy of the professionals”)
3.4.4 Flotte der Gustavianer („navy of the Gustavians“)

4. Probleme des schwedischen Reiches

5. Schwedens militärische Strategie

6. Fazit – Die Bedeutung der schwedischen Flotte in der Großmachtzeit

7. Literaturverzeichnis

Die Rolle der schwedischen Flotte während der Großmachtzeit Schwedens 1561-1721

1. Einleitung

Diese Hausarbeit befasst sich mit der Rolle der schwedischen Flotte während der Großmachtzeit Schwedens 1561-1721.

Der Ursprung der Großmachtzeit Schwedens kann im Livländischen Krieg (1557-1582) gesehen werden. In dieser Zeit vergrößerte sich der schwedische Einflussbereich vor allem dadurch, dass sich 1561 das Gebiet um Reval (Estland) Schweden unterstellte. Bis 1582 erhielt das schwedische Reich darüber hinaus das restliche Estland sowie die Stadt Narva (Polen), welche eine der wichtigsten Hafen- und Handelsstädte im baltischen Raum darstellte. Fortan war Schweden in der Lage viele Handelsrouten nach Russland zu kontrollieren.[1] Diese Kontrolle wurde jedoch stark durch die geographischen Gegebenheiten der baltischen See begrenzt. Das dominium maris baltici zeichnet sich durch viele enge Seewege, seichtes Wasser und viele, oft sehr kleine Inseln aus, von denen viele strategisch wichtig sind. Eine schlagkräftige Flotte war daher die einzige Möglichkeit für Schweden, eroberte Gebiete auch weiterhin kontrollieren und ausweiten zu können. So ist es auch nicht verwunderlich, dass vor 1560 die schwedische Flotte eher klein war und gerade einmal 40 Schiffe (1555) zählte. Nach 1560 wuchs sie jedoch rapide an – und das sogar auch während des Krieges mit Dänemark und Lübeck (1563-1570) – und wurde schließlich zur größten Flotte der Welt.[2]

Da die Flotte eine so herausragende Rolle in der schwedischen Großmachtzeit einnimmt, soll diese im Folgenden näher untersucht werden. Neben den Aufgaben, die der Flotte zugedacht waren, werden auch die besonderen Erfordernisse an den damaligen Schiffbau, die aus den geographischen Gegebenheiten resultierten, einen Teil dieser Arbeit darstellen. Außerdem soll der Wandel der Flotte, der sich von 1561 bis zum Frieden von Nystad 1721 vollzog, nachgezeichnet und untersucht werden. Um dieses bewerkstelligen zu können, werden deswegen zunächst die politische Situation Schwedens und die Gründe für die Aufstellung einer großen Flotte erörtert.

2. Die politische Situation Schwedens

Noch im 15. Jahrhundert war Schweden stark von Dänemark abhängig. Zu dieser Zeit kontrollierte Dänemark den Zugang zur Ostsee und führte 1425 sogar einen Sundzoll ein. Dieser Zoll musste von allen nichtdänischen Schiffen, die den Öresund passieren wollten, entrichtet werden. Zudem war Dänemark jederzeit dazu in der Lage den Zugang zur Ostsee zu sperren und konnte so den Warenaustausch nach Belieben steuern.[3] Auch im Süden der baltischen See hatte Schweden keinen Einfluss, da dort die Hansestadt Lübeck die Vormachtstellung innehatte, „im Osten hielten die baltischen Städte den Rußlandhandel fest in der Hand“[4]. Bei dieser Anzahl an starken Nachbarstaaten wundert es nicht, dass Schweden ein großes Bedürfnis nach nationaler Sicherheit hatte. Durch die wichtige Rolle der osteuropäischen Märkte für den internationalen Handel[5], war es zudem sinnvoll die eigene Streitmacht auszuweiten, um in wirtschaftlichen Belangen Abhängigkeiten abbauen zu können. Schwedens Chance dafür kam nach dem Angriff auf den Deutschen Orden 1558 durch den russischen Herrscher Ivan IV: der Deutsche Orden löste sich auf und gab den Weg frei für Länder, die in der Lage waren die Ausgangsrouten von Osteuropa bis zur Baltik zu kontrollieren: Russland, Polen-Litauen und Schweden.[6]

Im 16. Jahrhundert kehrte Schweden unter der Regierung von Gustav I. Wasa[7] dem Papsttum den Rücken und wandte sich dem Luthertum zu. Dies hatte sowohl für die Innen- als auch für die Außenpolitik weit reichende Folgen: durch das klare Bekenntnis der Krone zum Luthertum brachen im Land keine konfessionellen Konflikte aus und aufgrund dessen war eine starke Außenpolitik möglich.[8]

Der Sohn Gustav I. Wasas, Erik XIV., sah sich nach 1560, dem Todesjahr seines Vaters, vor neue Herausforderungen gestellt. Durch die Entdeckung der Handelsroute um Norwegen herum nach Nordrussland entstand eine neue komplizierte politische Situation, da sich diese Handelsverbindung außerhalb der Einflussmöglichkeiten der baltischen Staaten befand.[9] Um dennoch den russischen Handeln kontrollieren zu können, versuchte Erik XIV. den direkten Handel mit der Hafenstadt Narva zu unterbinden und den Haupthandel für die Russen in Viborg und Reval zu etablieren, die unter schwedischem Einfluss standen. Erik XIV. schaffte es, den gesamten Handel mit Narva zu kontrollieren, zum Teil auch durch totale Blockaden. Im Austausch für das Zahlen von Zöllen an die schwedische Krone durften bestimmte Schiffe passieren.[10] Bei diesen Blockaden war die schwedische Flotte unabdingbar, da sie den Zugang über die See überwachte.

Der Beginn des 17. Jahrhunderts verlief für das schwedische Reich ungünstig, da die Kriege unter Karl IX. nur Niederlagen mit sich brachten.[11] Sein Sohn, Gustav II. Adolf[12], bestieg 1611 den Thron und musste fortan um die Existenz Schwedens kämpfen. Um dieses Ziel zu erreichen, dehnte er das schwedische Reich aus, indem er im Osten Karelien und Ingermanland eroberte und das polnische Livland an das schwedisch besetzte Estland anschloss.[13]

1630 griff Gustav II. Adolf auf Seiten der Protestanten in den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) ein. Als eine der Siegermächte wurde Schweden zur führenden Macht in Nordeuropa und erhielt als einer der Sieger im Westfälischen Frieden einen Teil Hinterpommerns, Stettin, Vorpommern mit der Insel Rügen, den Zoll von Warnemünde, die Stadt Wismar mit Hafen, das Erzbistum Bremen und das Bistum Verden.[14]

Damit war Schweden zu einer unumstrittenen Großmacht gelangt. Diese Position, die Schweden noch bis zum Frieden von Nystad 1721 inne hatte, konnte nur durch eine starke Flotte erreicht und verteidigt werden. Wie wichtig viele Schiffe zur Verteidigung der Vormachtstellung im baltischen Raum waren, zeigt die Rede des Admiralgenerals Hans Wachtmeister aus dem Jahre 1682:

„Unsere siegesgewohnte Flotte erlitt während des letzten Krieges enorme Verluste. Die Niederlage bei Ölands Südspitze im Juni 1676 war ausschlaggebend dafür, daß wir auf dem Meer kaum noch in Erscheinung treten konnten. Jeder weiß, welche Folgen das für Schweden hatte. Es galt und gilt, daraus Lehren zu ziehen. Mit dem Anlegen der stark befestigten Basis Karlskrona schaffen wir nicht nur für die Hauptflotte einen sicheren Hafen, sondern auch für unseren künftigen Schiffsbau ein bedeutendes Zentrum. Wir müssen hart und schnell arbeiten, denn das Land benötigt Schiffe, Schiffe und abermals Schiffe, um wieder auf der Ostsee

Flagge zeigen zu können.“[15]

3. Die schwedische Flotte

Durch die geographische Situation im baltischen Raum waren Schiffe besonders für die Invasion und Verteidigung von Land geeignet. Weil das für alle Anliegerstaaten der Ostsee galt, bekam die schwedische Flotte vor allem durch dänische und russische Flotten Konkurrenz. Dabei entstand in Schweden die Flotte aufgrund eines bis dahin unüblichen starken, frühen und modernen monarchischen Staates.[16] Sie wurde also nicht in erster Linie entwickelt, um Händler und ihre Waren zu schützen, sondern vielmehr, um die Krone und das Land zu schützen. Aufgrund dessen ist es nicht verwunderlich, dass die schwedische Flotte von Historikern auch als „Lebensnerv des Reiches“[17] bezeichnet wird.

Eine permanente königliche Flotte bestand seit 1520.[18] Das Straßennetz war zu dieser Zeit eher unterentwickelt. Daher boten Schiffe höhere Kapazitäten für den Transport für Waren, Ausrüstung und Soldaten als die Strassen. Große Gebiete waren von dichtem Wald und Bergen bedeckt, so dass die Armee dort nur schwer operieren konnte.[19] Um trotzdem effektiv einen Krieg bestreiten zu können, galten sowohl für die Flotte als auch für das Heer besondere Anforderungen. Ein wichtiger Punkt hierbei war, dass beide Einheiten amphibisch sein mussten.[20] Das bedeutete, dass die Flotte auch Schiffe mit wenig Tiefgang benötigte, um die Truppen in küstennahen seichten Gewässern absetzen zu können.

Gustav II. Adolf hatte an der Weiterentwicklung der Flotte einen großen Anteil. Vor seinem Regierungsantritt 1611 wurden Feldzüge fast ausschließlich über Landwege vorbereitet und durchgeführt, die Flotte hatte kaum Anteil. Unter Gustav II. Adolf änderte sich dieses. Fortan wurde die schwedische Flotte dafür eingesetzt, Truppen auf dem Seewege zu befördern. Gleichzeitig wurden erstmal Schiffe zur Bewachung der südlichen Ostseeküste abgestellt.[21]

Bei Amtsantritt versuchte Gustav II. Adolf zunächst noch wie sein Vorgänger, den russischen Handel durch seine Flotte über die Baltische See und den Arktischen Ozean zu kontrollieren. Der Friede von Stolbova 1617 markierte daher einen Wendepunkt in der schwedischen Politik: Gustav II. Adolf versuchte fortan nicht mehr den Handel in der Arktischen und Baltischen See zu kontrollieren, sondern vielmehr den Handel aus der Arktische See zu verdrängen und in die Baltische See zu verlagern.[22]

3.1 Rekrutierung der Seeleute

1623 existierten unter Gustav II. Adolf neun große Aushebungsbezirke, die Finnland und Karelien mit einschlossen. Alle Männer zwischen 15 und 60 Jahren galten als wehrfähig. Es wurden vor allem Bauernsöhne und Knechte ausgehoben, wohingegen wohlhabende Bauern meistens keinen Dienst antreten mussten.[23] Dies änderte sich erst 1627. Fortan mussten auch Adelsbauern ihren Dienst an der Waffe leisten. 1642 änderte Gustav II. Adolf das Aushebungsverfahren erneut. Während vorher vorgegeben war, dass alle Aushebungsbezirke die gleiche Anzahl an Soldaten zur Verfügung stellen mussten, wurde nun die zu entsendende Soldatenanzahl anhand der vorhandenen Höfe in dem jeweiligen Gebiet ermittelt.[24]

[...]


[1] Lanitzki 1989, S.11.

[2] Glete 1994, S.27.

[3] Lanitzki 1989, S.11.

[4] ebd.

[5] vergl. Attman 1979, S.208.

[6] Attman 1979, S.208.

[7] Regierungszeit von Gustav I. Wasa: 1523-1560.

[8] Kinzinger 1988, S.113.

[9] Attman 1979, S.208.

[10] Attman 1979, S.209.

[11] Lanitzki 1989, S.11.

[12] Regierungszeit von Gustav II. Adolf: 1611-1632.

[13] Lanitzki 1989, S.11.

[14] ebd.

[15] Rede des Admiralgenerals Hans Wachtmeister, als er 1682 vor dem Admiralitätskollegium sein neues Flottenbauprogramm erläuterte; entnommen aus: Lanitzki, Günter: Flaggschiff Kronan – Schatzkammer vor Schwedens Küste, Berlin 1989, S.10.

[16] Glete 1994, S.10.

[17] Lanitzki 1989, S.14.

[18] Glete 1994, S.10.

[19] ders., S.11.

[20] ders., S.9.

[21] Lanitzki 1989, S.14.

[22] Attman 1979, S.214.

[23] Busch 2000, o.S.

[24] ebd.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Rolle der schwedischen Flotte während der Großmachtzeit Schwedens 1561-1721
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V91959
ISBN (eBook)
9783638053303
ISBN (Buch)
9783638947145
Dateigröße
427 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rolle, Flotte, Großmachtzeit, Schwedens
Arbeit zitieren
Kerstin Zuber (Autor:in), 2007, Die Rolle der schwedischen Flotte während der Großmachtzeit Schwedens 1561-1721, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91959

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