Tonsystem auf Bali

Balinesische Musik


Seminararbeit, 2006

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Einführung in die Gamelanmusik
a. Die Instrumente
b. Die Gamelanorchester
c. Die Spielweise und Grundprinzipien der Gamelanmusik.

2. Die balinesischen Skalen
a. Pelog
b. Slendro

3. Die balinesische Notation

4. Anhang

5. Literaturverzeichnis

Vorwort

Auf den Bergen wohnen die Götter, im Mehr die Dämonen. Dazwischen

versuchen die Balinesen, trotz Massentourismus, ihre Traditionen zu bewahren. Opfergaben, Tempelfeste, Gamelanmusik, sowie der Tanz und vieles mehr spielen eine große Rolle im Rhythmus der Gezeiten. Anders als die westliche Musik besitzt die Musik Balis nicht den Charakter einer selbstständigen Kunst, sondern dient in erster Linie zur Begleitung der Ritualtänze und Tanzdramen. In der folgenden Arbeit möchte ich einen kurzen Einblick in die balinesische Musik geben.

Zunächst stelle ich die Gamelanmusik mit ihren Instrumenten und Ensembleformen vor, um dann etwas näher auf die Skalen und die Notation in Bali zu kommen.

Zur Unterstützung der Vorstellung habe ich im Anhang Bilder der einzelnen Instrumente zusammengestellt.

1. Einführung in die Gamelanmusik

Folgt man auf Bali den Klängen eines Gamelanorchesters, so kann man sicher sein, auf eine Tempelzeremonie, auf eine Tanzaufführung oder auch nur eine öffentliche Probe zu stoßen. Nirgendwo prägen sich die Klänge nachhaltiger ein als auf Bali, wenn auch die Ursprünge dieser Musik in Java zu suchen sind.

Die Bezeichnung Gamelan leitet sich von gamel, was soviel wie Hammer heißt und auf die Spielweise hinweist, ab1. Bei dem Begriff Gamelan handelt es sich um eine Vereinheitlichung mehrerer unterschiedlicher Zusammensetzungen von musizierenden Gruppen. So wird beispielsweise ein nur aus wenigen Spielern bestehendes Ensemble (Gamelan legong) ebenso als Gamelan bezeichnet wie ein vielköpfiges Orchester (Gamelan g ong).

Während in westlichen Orchestern Saiten- und Blasinstrumente dominieren, ist ein Gamelan ein Ensemble von Schlagspielen.

Für abendländische Ohren klingen die Gamelanmelodien zunächst ungewohnt, da Melodik, Rhythmik und Harmonik anderen Gesetzten folgen als in der westlichen Musik.

a. Die Instrumente

Zunächst möchte ich einen Überblick von den auf Bali bestehenden Instrumenten geben.2

Gongs und Gongspiele

gong gede; kempur/kempul; (be)bende; kajar; kemong, kenong, kempli, kelenang; ponggang; kempyung; trompong; tompong barangan; reyong; reyong barangan, bonang

Metallstabspiele (jongkok)

einoktavig: gangsa gede; gangsa menengah; gangsa cenik mehroktavig: curing; curing barangan

Metallstabspiele (gantung)

einoktavig: jegogan; jublag/calung; penyacah/pemade; kantil(an)

mehroktavig: gender gede; gender barangan; pangugal/giying; gangsa

(pemade); gangsa (kantilan)

Andere Melodieinstrumente

rebab; suling pegambuhan; suling; suling barangan; suling panitir

Trommeln und andere Rhythmusinstrumente

kendang; gupekan; ceng ceng; rindik/tingklik; gumanak (gro ß , mittel und klein); kangsi; kenyor/kenyir; gentorak (mittel und klein)

Gongs verschiedener Größe und Form bilden in der Regel die Instrumentengruppe, die formale Einheiten markiert und somit die Musik gliedert. In den Gamelanorchestern fasst man den gliedernden Schlag des tiefsten Gongs als Schlusston auf. Der größere weibliche Gong (g ong wadon) besitzt sozusagen mehr Gewicht als der etwas kleinere, höher klingende männliche Gong (gong langan).3 Bei einer Achttonphase würden deswegen die Schwerpunkte auf den Schlägen 4 und 8 liegen, also genau umgekehrt als bei uns. Ganze Formteile beginnen in Bali eindeutig mit einem Gongschlag, den wir instinktiv als die eins zählen.

Wiederum etwas kleiner und höher gestimmt ist der kempur oder kempul genannte Flachgong, der in den Ensembles sekundäre Interpunktionsaufgaben erfüllt und manchmal sogar die Aufgabe des Gongs übernimmt.

„ Der kempur wird nicht als Gong klassifiziert, weil es mehr als einen Schlag pro Zyklus ausführt. Die Schläge des kempur fallen auf den fünften und siebenten Schlag des k im Acht-Schläge-Zyklus. “ 4

Weitere zur Melodieinterpunktion beitragende meist kleinere Gongs sind kemong (kleiner, vertikal hängender Flachgong) sowie die kesselförmigen, auf einem hölzernen Gestell horizontal befestigten bzw. vom Spieler im Schoß gehaltenen kempli, kelenang und kajar sowie das Kesselgongpaar ponggang.5

Hauptmelodieinstrument ist bei den großen Gamelan das aus meist 10-17 kleinen Kesselgongs bestehende t rompong, welches die Kernmelodie spielt und durch das Instrument t rompong barangan unterstützt wird. Zwei Spieler gestalten ein sehr schnelles, rhythmisch komplex ineinander verzahntes Spiel.6

Die in den meisten Gamelan verwendeten Metallophone gangsa können in zwei Gruppen eingeteilt werden. Zum einen die gangsa jongkok (Stabspiele mit auf dem hölzernen Resonanzkörper auffliegenden Klangstäben) und zum anderen die gangsa gantung (Metallophone mit an Schnüren horizontal über individuell abgestimmten Bambusresonatoren hängenden Klangstäben). Als älteste Form der gangsa gelten die in zwei oder drei verschiedenen Größen bzw. Oktavlagen gebauten einoktavigen gangsa jongkok. Sie sind heute weitgehend durch entsprechende Instrumente vom gangsa - gantung -Typus ersetzt worden und nur noch in einigen älteren Ensemblen vorhanden. Als ausgestorben können die mehroktavigen, curing genannten, Versionen dieses Instrumententyps gelten.

Am weitesten verbreitet und in den großen Ensembleformen anzutreffen sind die einoktavigen gangsa gantung. Das größte Instrument dieses Typus ist das jegogan. Eine Oktave höher gestimmt sind die Instrumente calung oder jublag, deren Gerüstmelodie durch die j egogan -Instrumente in gleichen Abständen akzentuiert wird.

Die einoktavigen, je ein oder zwei Oktaven höher als das calung gestimmten Instrumente p enyacah p emade und k antilan werden heute in der Praxis meist durch die zweioktavigen „Namensvetter“ ersetzt. Deren Aufgabe ist es, die Grundmelodie zu verzieren, was durch die „interlocking patterns“ (siehe Kapitel 2.c.) geschieht. Das am meisten verwendete g angsa g antung Instrumentenpaar ist das pangugal oder auch g iying, deren Spieler das figurative Zusammenspiel koordiniert. Die beiden Metallophonpaare g ender g ede und g ender barangan (eine Oktave höher) überzeugen mit ihren Klangstäben in ihrer Rolle als führende Melodieinstrumente.

Zu den Melodieinstrumenten auf Bali gehören die rebab und die suling.

Die rebab ist eine zweiseitige Spießgeige mit einem herzförmigen Resonanzkörper, welcher von einem hauchdünnen Fell überspannt wird und auf dem der Steg aufsitzt. Gestrichen wird sie mit einem leichten Bogen, wobei der Spieler die Bogenhaare mit seiner Hand selbst unter Spannung hält. Gestimmt werden die Saiten der rebab sowohl in pelog als auch slendro in einer reinen Quinte von 6 aus nach unten. Sie ist und bleibt das am schwierigsten zu beherrschende Instrument des Gamelanorchesters.7

Ebenfalls Träger der Hauptmelodie ist die mit Zirkularatmung kontinuierlich geblasene Bambusflöte (suling) mit sechs Grifflöchern. Die suling ist eine Außenspaltflöte, bei der der Luftstrom durch einen Windkanal außerhalb des Rohres auf die Schneidekante geführt wird. Es gibt fünf verschiedene Größen der suling, wobei die kleinste die am häufigsten verwendete Form ist.8 Die Spieler der Doppelfelltrommel kendang gelten meist als Leiter des Orchesters. Gewisse Spielfiguren werden von den Orchestermitgliedern als Spielanweisungen verstanden. Die kleinere männliche Trommel kendang lanang ist höher gestimmt, die größere weibliche kendang wadon hat einen tieferen Klang. Beide kendang sind Doppelfelltrommeln mit einem konischen Holzkörper. Die kendang lanang spielt die Einleitung und gibt das Grundtempo vor. Alle Signale zum Einsetzen oder Beenden gehen ebenfalls von der kendang lanang aus. Die kendang wadon fällt mir ihren Schlägen jeweils zwischen die Schläge der kendang lanang, durch die Kombination beider Trommelrhythmen ergibt sich eine sehr hohe Schlagdichte; pro Schlag des kajar erklingen vier Schläge der beiden kendang.

Zu den bedeutendsten Rhythmusinstrumenten gehören die ceng ceng, die meist von vier Musikern in einer rhythmisch aufeinander abgestimmten Gruppe zu 4 bis 6 unterschiedlich großen Beckenpaaren gespielt werden. Die kleinere wesentlich heller klingende Form rincik besteht aus 6 Beckenhälften, die mit der Schlagöffnung nach oben überlappend auf einer Schildkröte liegen und von einem Spieler mit zwei in den Händen gehaltenen Beckenhälften angeschlagen werden.9

b. Die Gamelanorchester Balis

Auf Bali gibt es kein Dorf, das nicht über ein Gamelanorchester verfügt, viele besitzen sogar mehrere.

Die Anzahl der verschiedenen balinesischen Ensembletypen exakt zu bestimmen ist aufgrund der regionalen Variabilität und der oft fließenden Übergänge von einem Typ zum anderen kaum möglich. Man kann sagen, es gibt rund 300 große und mehrere tausend kleine Gamelan.10 Am häufigsten zu hören ist das große Gamelan gong (auch gong gede).

„ Als klanglicher Ausdruck königlicher Machtvollkommenheit wurde er früher zu repräsentativen Anlässen im höfischen Zeremoniell, bei herausragenden Regierungshandlungen des Herrschers, bei Urteilsverkündungen, im rituellen Kontext der Götter- und Ahnenopfer im königlichen Haupttempel sowie zur Begr üß ung hoher Gäste gespielt. “ 11

Nach dem Untergang der Königreiche wurden einige Ensembles von einigen Tempeln übernommen, wo sie bis heute einzelne Rituale begleiten. Es besteht aus 30-40 Musikern, die bis zu 80 Instrumente spielen. Die Instrumente beim Gamelan gong sind Metallophone (vor allem gangsa - jongkok -Metallophone), verschiedene Gongs sowie Buckelgongs, Becken (ceng ceng), ein Gongspiel (reyong), zwei Trommeln (kendang) und Flöten (s uling). Allgemein gilt in der balinesischen Gamelanmusik, dass die Gongs das Grundgerüst eines Musikstückes bilden. Prägendes Merkmal des musikalischen Stils dieses Ensembles sind die auf die Gerüstmelodie orientierten einoktavigen Metallophone und die ebenfalls in hoher Zahl vorhandenen verschieden großen Einzelgongs, sowie die zusammengesetzten Interpunktionsmuster der Melodien.

Das aus dem gong gede um 1915 entwickelte Gamelan gong kebyar, hat sich bis heute zum kreativsten Element balinesischer Musik entwickeln. Eine Zunahme musikalischer Beweglichkeit wurde insbesondere dadurch erzielt, dass die im Ambitus eingeschränkten einoktavigen gangsa jongkok durch zweioktavige gangsa gantung ersetzt wurden und die Anzahl der reyong von vier auf zwölf angehoben wurde.12 Damit verschob sich die Gewichtung des musikalischen Klangs von der Gerüstmelodie hin zur melodischen Figuration. Besondere musikalische Merkmale des Gamelan sind ein meist explosionsartiger Unisonoschlag des gesamten Orchesters zu Beginn, verschiedene nichtmetrische Passagen, eine virtuos ineinander verzahnte Melodiefiguration in extremer Schnelligkeit und grundsätzlich eine große Spannweite dynamischer Kontraste.

Ein weiteres Ensemble auf Bali ist das Gamelan beleganjur, welches nicht wie die vorhergehenden Ensembleformen melodiefähige Instrumente enthält. Das Gamelan Beleganjur besteht meist aus 2 gong gede, einem kempur und einem bebende, zwei kendang, vier oder acht Kesselgongs und verschiedenen ceng ceng und wird von 20-30 Spielern gespielt.13 Heutzutage begegnet man dem beleganjur in fast allen Prozessionen.

Eines der kleinsten Instrumentenensembles ist der aus meist vier oder auch nur zwei zweioktavigen gender wayang bestehende pewayangan zur musikalischen Begleitung des Schattenpuppenspiels (wayang kulit). Zentrale Aufgabe der Musik ist natürlich die instrumentale Untermalung der Rezitationen und der Gesänge des dalang.

Weitere Gamelanorchester sind z.B.: das Gamelan angklung, das einzige Ensemble welches auf eine Viertonskala gestimmt ist; das Gamelan bebonangan (bewegtes Ensemble), welches dem Gamelan beleganjur sehr ähnlich ist, besteht aus Gongs, kendang und ceng ceng; Gamelan gambang, ein siebenton Ensemble mit Bambusxylophonen und Metallstabspielen; Gamelan jegog, welches nur aus rindik -Instrumenten (Bambusxylophone) verschiedener Größen (von 30cm - 2m Länge) besteht; das Gamelan joged bumbung besteht aus rindik, kendang sowie suling und dient dem joged - Tanz.

c. Die Grundprinzipien und Spielweise der balinesischen Musik

Auf Bali gibt es eine außerordentliche Vielfalt an Musikensembles und nicht immer sind die Grundprinzipien völlig gleich. Insbesondere die altbalinesischen Ritualensembles in Ostbali und Teilen der Berggegend basieren teilweise auf etwas anderen Grundlagen. Da es uns aber vor allem um die aktuelle und am weitesten verbreitete Gamelanmusik Balis geht, soll vor allem eine Ensembleform, das Gamelan gong, gleichsam repräsentativ für die meisten anderen im Vordergrund stehen.

Für fast alle Gamelanensembleformen auf Bali kann man folgende Hauptfunktionen definieren:14

- Eine gerüstbildende oder gliedernde Rahmenstruktur, die in der Regel von einem oder mehreren Gongs markiert wird. Dabei überwiegen zyklische Formen.

[...]


1 http://en.wikipedia.org/wiki/Gamelan

2 Finscher, L.: MGG, Stichwort Indonesien, 2005, Sp. 809f; siehe Anhang I 4

3 http://www.kacau-balau.de/instr-gong.html

4 http://www.kacau-balau.de/instr-kempur.html

5 Finscher, L.: MGG, Stichwort Indonesien, 2005, Sp. 808 5

6 Finscher, L.: MGG, Stichwort Indonesien, 2005, Sp. 811

7 http://www.danaumadu.de/inst_rebab.html

8 http://homepage.univie.ac.at/august.schmidhofer/musikkulturen/Skriptum06.html

9 Finscher, L.: MGG, Stichwort Indonesien, 2005, Sp. 813

10 DuMont Reiseverlag - Köln 2003, S. 59

11 Finscher, L.: MGG, Stichwort Indonesien, 2005, Sp. 817

12 Finscher, L.: MGG, Stichwort Indonesien, 2005, Sp. 817 8

13 www.kacau-balau.de

14 Mack, D: Musik aus Bali und Westjava, S 30

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Tonsystem auf Bali
Untertitel
Balinesische Musik
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Veranstaltung
Einführung in die Musikethnologie
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V91774
ISBN (eBook)
9783638058803
Dateigröße
857 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tonsystem, Bali, Einführung, Musikethnologie
Arbeit zitieren
Ulrike Becker (Autor:in), 2006, Tonsystem auf Bali, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91774

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