Beratungs- und Kooperationsformen und deren Herausforderungen bei der Zusammenarbeit zwischen Eltern und angehenden Lehrpersonen

Eine Untersuchung


Bachelorarbeit, 2020

42 Seiten, Note: 2,00


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Teil 1

1 Theoretische Grundlagen der Beratung und Kooperation
1.1 Definition von Beratung im schulischen Kontext
1.2 Definition von Kooperation im schulischen Kontext

2 Grundvoraussetzung für Beratungsgespräche
2.1 Beratungskompetenzen von Lehrpersonen

3 Funktionen und Fehlformen von Beratung
3.1 Informationsfunktion
3.2 Unterstützungsfunktion
3.3 Steuerfunktion
3.4 Fehlformen der Beratung

4 Formen der Beratungskonzepte
4.1 Personenzentrierte Beratung
4.1.1 Interventionstechniken
4.2 Systematische Beratung
4.2.1 Methoden der pädagogischen Beratung
4.3 Kooperative Beratung
4.3.1 Abhängigkeitsfaktoren des Ratsuchenden
4.3.2 Abhängigkeitsfaktoren des Beraters
4.3.3 Strukturen der Kooperativen Beratung
4.3.4 Die Methode der Kooperativen Beratung
4.4 Lösungsorientierte Beratung
4.5 Kontradiktische Beratung
4.6 Psychoanalytisch begründetes Beratungungskonzept

5 Herausforderungen der Beratung und Kooperation
5.1 Schwierigkeiten bei Beratungsgesprächen
5.1.1 Das Erstgespräch
5.1.2 Gesprächspausen
5.1.3 Ratschläge fordern
5.1.4 Beenden eines Beratungsgesprächs
5.2 Herausforderungen bei der Kooperation mit Eltern
5.2.1 Erwartungshaltung
5.2.2 Abhängigkeitsverhältnis
5.2.3 Kompetenzkonflikt
5.2.4 Sprache und Kommunikation
5.2.5 Belastung
5.2.6 Weitere Herausforderungen

6 Empirischer Untersuchung
6.1 Beschreibung und Begründung der Methodenwahl
6.2 Beschreibung des Untersuchungsgegenstandes
6.3 Beschreibung der Erhebungsinstrumente

7 Beschreibung der konkreten Untersuchung
7.1 Auswertung des Fragebogens

8 Vergleich der empirischen Ergebnisse mit den theoretischen Grundlage

9 Resümee

TEIL 3

10 Literaturverzeichnis

11 Abbildungsverzeichnis

12 Anhang

Abstrakt

Die vorliegende Bachelorarbeit hat das Ziel, die verschiedenen Formen der Beratung darzulegen. Darüber hinaus soll ein Überblick über die Möglichkeiten und Probleme der Kooperation zwischen Eltern und angehenden Lehrpersonen stattfinden. Zum besseren Verständnis der Arbeit sollen zu Beginn die Begriffe Beratung und Kooperation definiert werden. Dabei soll auf die Vorteile, Möglichkeiten, aber auch auf die möglichen Problemsituation einer solchen Kooperationsarbeit eigegangen werden. Zuletzt soll der Frage nachgegangen werden, ob Studierende des Fachs Inklusion andere Erwartungshaltungen und Problemprognosen einnehmen als jene, die nicht Inklusive Pädagogik studieren. Mittels eines Fragebogens werden fünf Inklusions- und fünf Nichtinklusions- Studierende zum Thema befragt. Die Ergebnisse sollen schlussendlich verglichen werden.

Vorwort

Bereits zu Beginn meines Studiums fand ich das Thema der Beratung und Kooperation sehr spannend und somit habe ich die Möglichkeit genützt mich in meiner Bachelorarbeit damit zu befassen.

Ein besonderer Dank gilt meiner, leider viel zu früh verstorbenen, Mutter, die mich immer unterstützt hat. Bedanken möchte ich mich auch bei meiner Schwester Marion, die mir immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat.

Zusätzlich möchte ich mich bei Frau Dr. phil. Erzsébet Matthes für die Betreuung dieser Arbeit bedanken.

Enns, 14. Juli 2020

Yvonne Pichler

Teil 1

1 Theoretische Grundlagen der Beratung und Kooperation

Zu Beginn dieser Arbeit sollen die Begriffe Kooperation und Beratung im Kontext Schule definiert werden. Anschließend sollen die verschiedenen Beratungskonzepte, Probleme und Herausforderungen der Beratung und Kooperation dargestellt werden. Es ist anzumerken, dass vor allem den Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer die Aufgabe zukommt mit den Eltern zu kooperieren, allerdings soll in dieser Arbeit auf die allgemeine Zusammenarbeit von Eltern und Lehrpersonen eingegangen werden, da die folgenden Kapitel bezüglich Probleme der Kooperation statusübergreifend formuliert sind.

1.1 Definition von Beratung im schulischen Kontext

Beratung bedeutet einen intensiven Interaktionsprozess zwischen der ratsuchenden Person und der beratenden Person. Die Aufgabe der beratenden Person besteht darin, einen vertrauensvollen Rahmen zu schaffen, in dem sich die ratsuchende Person selbst reflektiert und mögliche Lösungswege findet. Beratung ist als ein zielgerichtetes, kontext-spezifisches und temporäres Handeln in der pädagogischen und psychologischen Arbeit mit Personen, die Unterstützung bei der Problemlösung suchen, zu verstehen (Brunner & Schönig, 1990, S. 34). Im Beratungsgespräch soll die ratsuchende Person in ihrer die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit gestärkt werden, um ein aktuelles Problem mit Hilfe des interaktiven Prozesses zu lösen. Dies wird durch die Vermittlung neuer Informationen, Analysen und Neustrukturierungen erreicht (Schwarzer& Posse, 2005, S.53). Konkrete Entscheidungshilfen, welche durch die Beraterin oder den Berater vermittelt werden, spielen dabei für die ratsuchende Personen eine zentrale Rolle. Beratung kann als eine spezifische Form des Informationsaustauschs angesehen werden, wobei die beratende Person der ratsuchenden Person in individuellen Entscheidungssituationen und Entwicklungsprozessen zur Seite steht (Wildt 2004, S.70). Die Interaktion der Beratung beinhaltet kognitive, emotionale und praktische Problemlösungen und beruht auf einer strukturierten, planvollen, fachkundigen und methodischen Durchführung (Mutzeck, 2008, S.83).

1.2 Definition von Kooperation im schulischen Kontext

Kooperation ist als Maxime des pädagogischen Handels anzusehen. Diese Maxime ist aus drei Gründen im Kontext Schule relevant. Zum einen können Anforderungen an Schulen effizienter gemeistert werden, des weiteren führt Kooperation zur Qualitätssteigerung und Kooperation stellt das Ziel der Erziehung zur Mündigkeit und Verantwortlichkeit dar. Rosebusch 2005 beschreibt Kooperation als eine gemeinschaftliche Bündelung von individuellen Erfahrungen, Wissen und Verantwortlichkeit, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Dazu zählt die gemeinsame Zielsetzung und eine zielgerichtete interaktive Zusammenarbeit. Im schulischen Kontext soll Kooperation vor allem auf den Erfolg der Zieltätigkeit, als Erziehung und Unterricht, ausgerichtet sein.

2 Grundvoraussetzung für Beratungsgespräche

Damit Beratungsgespräche gelingen können bedarf es spezifischer Kompetenzen seitens der Lehrperson. Hertel befasste sich 2009 zum ersten Mal mit dem Thema Beratungskompetenz von Lehrpersonen (Hertel, 2009, S. 21). In dem nachfolgenden Kapitel sollen die fünf Kompetenzsäulen von Lehrpersonen der pädagogischen Beratung dargestellt werden. Desweiteren sollen die Rahmenbedingungen der Elternberatung kurz dargestellt werden.

2.1 Beratungskompetenzen von Lehrpersonen

Personale Ressourcen: Diese Säule der Beratung fokussiert sich auf die Fähigkeiten der Lehrperson ihr eignes Handel zu reflektieren und dem sogenannten Task-Monitoring, dabei soll der Beratungsauftrag im Blick behalten werden (Hertel & Schmitz, 2010, S. 60).

Soziale Kooperationskompetenz: Diese Dimension beinhaltet die Einstellung und das Handeln von Lehrpersonen in Bezug auf die Wahrnehmung der Gefühle der ratsuchenden Person. Dabei spielen Empathie, Akzeptanz, Wertschätzung und Authentizität eine wichtige Rolle (Sickendiek, 2008, S. 129-130).

Pädagogisches Wissen: Beratungspersonen benötigen ein handlungsfeldspezifisches Wissen und eine feldspezifische Kompetenzbasis, um eine professionelle Grundlage einer Beratung zu erfüllen (Engel, 2007a, S. 35). Dazu zählen unter anderem spezifische Beratungs- und Gesprächsführungsmethoden, welche in den verschiedenen Beratungsphasen zum Einsatz kommen. Dabei ist es sinnvoll Methoden verschiedener Beratungsansätze zu kombinieren (Hertel & Schmitz, 2010; Schnebel 2012). Die wesentlichen Beratungsmethoden beinhalten vor allem aktives Zuhören, wobei diese der ratsuchenden Person sowohl verbal (Nachfragen) als nonverbal (Nicken, etc.) signalisiert werden kann (Röhner & Schütz, 2012, S. 72). Ziel dieser Methode ist es, der ratsuchenden Person zu vermitteln, dass ihre Bedürfnisse wahrgenommen werden und das Gespräch zu strukturieren. Dadurch wird der ratsuchenden Person zur Klarheit verholfen, Missverständnissen vorgebeugt und eine positive Gesprächsatmosphäre geschaffen (Hertzsch & Schneider, 2013, S. 80). Ein weiteres wichtiges Handwerkszeug der Beratung stellt das systematische Fragen dar. Durch diese Fragen wird eine Wechselwirkung zwischen den Personen und deren Handeln bewirkt. Derartige Fragen wären beispielsweise Fragen nach den Zielen, Lösungswegen und Ressourcen (Hennig & Ehinger, 2010, S. 39-56). Neben diesen Fähigkeiten muss die beratende Person auch über pädagogisches Wissen verfügen. Dazu gehören folgende fünf Kategorien, Lernberatung, schulische Verhaltensauffälligkeiten, Schullaufbahnberatung, Krisen- und Erziehungsberatung (Hertel & Schmitz, 2010, S. 26).

Prozesskompetenz: Professionelle Beratung wird als Problemlösungsprozess angesehen und zeichnet sich durch geplante Gesprächsphasen aus (Thiel, 2003, S. 74). Der Beratungsprozess wird in verschiedene Phasen eingeteilt, Schwarzer und Buchwald unterteilen diesen Prozess in sechs Handlungsschritten. Die erste Phase ist die Orientierungs- und Analysephase, sie hat den Zweck so viele Informationen wie möglich zu sammeln, die beiden nachfolgenden Phasen sollen zur Bewertung, Entscheidungsfindung und Planung genützt werden. Die beiden letzten Phasen sollen dazu dienen Lösungsstrategien umzusetzen und das draus resultierende Ergebnis zu evaluieren (Schwarzer & Buchwald 2006, S. 582). Ein anderes Prozessmodell geht auf Mutzeck zurück, er unterteilt der Beratungsprozess in folgende neuen Phasen: Einführung, Problem-und Ressourcenbeschreibung, Perspektivenwechsel, Analyse der Situation, Zielbestimmung, Lösungsfindung, Entscheidungsfindung, Vorbereitung der Umsetzung und mit- und nachgehende Begleitung (Mutzeck, 2008, S.35).

Bewältigungskompetenz: Diese Dimension der Beratung nimmt Bezug auf schwierige Gesprächssituationen mit Eltern (Hertel & Schmitz, 2010, S. 119). Lehrpersonen müssen in der Lage sein eine genaue Konfliktbeschreibung durchzuführen (Hertel & Schmitz, 2010, S. 119).

3 Funktionen und Fehlformen von Beratung

Information, Unterstützung und Steuerung sind nach Schwarzer und Posse die drei Hauptsäulen der Beratung. (Schwarzer und Posse, 2005, S. 142). Die zuvor genannten Funktionen bedingen einander, wird das Augenmerk jedoch nur auf eine Funktion gelegt, kommt es zu Fehlformen der Beratung. Eine solche Fehlform liegt vor, wenn beispielsweise Informationsfunktion zur Belehrung wird oder anstelle der Steuerungsfunktion eine Manipulation stattfindet. In den folgenden Unterkapiteln sollen nun die einzelnen Funktionen genauer erläutert werden und deren Fehlformen dargestellt werden.

3.1 Informationsfunktion

Bei der Beratung im schulischen Kontext spielt der Informationsaustausch eine zentrale Rolle. Jedoch sind Lehrpersonen nicht nur dafür verantwortlich Informationen zu geben, sondern auch eine genaue Problemdefinition miteinzubeziehen (Schwing & Fryszer, 2006, S. 107). Informationen haben den Sinn, dass sowohl die ratsuchende Person, als auch die beratende Person Problemsituationen besser nachvollziehen können. Anzumerken ist, dass eine Studie von Sacher 2014 zeigt, dass eine Zusammenarbeit zwischen Lehrperson und Eltern eher als asymmetrisch zu beschreiben ist (Sacher 2014, S.53). Grewe sieht das Problem in der zeitlichen Begrenzung der schulischen Beratungsgespräche, weshalb die Sichtweise der Lehrperson häufig zu kurz kommt und eine individuelle Problemlösung nicht möglich ist. (Grewe 2005, S.14).

3.2 Unterstützungsfunktion

Bei Beratungsgesprächen werden die ratsuchenden Personen aktiv in den Interaktionsprozess einbezogen (Nußbeck, 2010, S. 21). Der Fokus einer solchen Beratung liegt nicht nur auf dem Veränderungsziel, sondern auch darauf individuelle Veränderungen vorzunehmen. Die Beratung soll als Lernprozess angesehen werden, indem die ratsuchenden Personen auf der Handlungsebene neue Perspektiven kennenlernt und einnimmt (Sickendiek et al., 2008, S. 14f). Die Aufgabe der beratenden Person besteht darin, die Stärken und Bedürfnisse des ratsuchenden zu erkennen und ressourcenorientiert und kontextbezogen Fragen zu stellen. Dabei spielt die Eigenverantwortlichkeit der ratsuchenden Person eine große Rolle, die beratende Person kann lediglich Handlungsvorschläge machen, die Entscheidung liegt jedoch letzten Endes immer bei der ratsuchenden Person (Hennig & Ehinger, 2010, S. 28). Anders ausgedrückt, Beratung stellt eine Hilfe zur Selbsthilfe dar, was das Hauptziel von Beratungsgesprächen bildet (Schwarzer & Posse, 2005, S. 140). Ausgehend von diesem Hauptziel werden weitere Ziele abgeleitet.

3.3 Steuerfunktion

Durch verschiedene Methoden und die Strukturierung des Beratungsablaufs, lenkt die Lehrperson den Beratungsprozess. Dabei greift sie auf bereits erworbene Informationen zurück. Eine inhaltliche Steuerung des Beratungsgesprächs ist manchmal notwendig, um zu große angestrebt Schritte zur Zielerreichung zu vermeiden (Schwarzer & Posse, 2005, S. 141). Hierbei ist es von großer Bedeutung, dass die Lehrperson ihr Handeln kontinuierlich reflektiert, um eine indirekte Manipulation der ratsuchenden Person zu vermeiden.

3.4 Fehlformen der Beratung

Der Unterschied von alltäglicher und professioneller Beratung im Handlungskontext wird nach Grewe häufig vernachlässigt (Grewe, 2005, S. 13-16), dies führt dazu, dass die Grundlagen der professioneller Beratung außeracht gelassen werden. Ist dies der Fall, so kann es sein, dass sich die Beratung zur Belehrung entwickelt. Nach Schwarzer und Posse gehört Manipulation ebenfalls zu den Fehlformen der Beratung, indem die ratsuchenden Personen als bedürftig dargestellt werden (Grewe, 2005, S. 142). Eine solche Form der Beratung widerspricht ebenfalls den Standards der professionellen Beratung. Gekennzeichnet sind diese Fehlformen häufig dadurch, dass das Ergebnis des Gesprächs bereits zu Beginn feststeht. Wird die Unterstützungsfunktion überbetont, so kann es dazukommen, dass die ratsuchende Person ein Abhängigkeitsverhältnis zur beratenden Person entwickelt, was die Selbsthilfe und Reflexion negativ beeinflussen kann.

4 Formen der Beratungskonzepte

Im folgenden Kapitel werden die verschiedenen Beratungskonzepte aufgezählt und beschrieben. Anhand dieser Formen sollen später die einzelnen Herausforderung der Beratung analysiert werden.

4.1 Personenzentrierte Beratung

Das Konzept der personenzentrieten Beratung wird nicht nur im psychotherapeutischen Bereich angewendet, sondern auch in der Pädagogik. Für den schulischen Bereich gibt es eine Vielzahl an Erweiterungen dieses Konzepts, darunter fallen unter anderem, schülerzentrierter Unterricht, personenzentrierter Unterricht, Schulleitungs- und Schulorgansiationsebene, Empathieförderung, sowie Kommunikation und Kooperation in der Schule. Bei der personenzentrieten Form besteht die Annahme, dass jede Person in der Lage ist, eigene Lösungswege zu finden und diese zu verwirklichen. Die Aufgabe der beratenden Person besteht darin, der ratsuchenden Person durch ein Beziehungsangebot bei der Lösungsfindung bei zu stehen. Wichtig ist dabei, das die beratende Person keine Lösung vorgibt (Diouani-Streek, 2019, S. 35). Die Aktualisierungstendenz ist als Bewertungsprozess zu verstehen, das heißt, der personenzentrierte Ansatz basiert auf dem Vertrauen in den Menschen. Das Potenzial zur eigenen Lösungsfindung kann nach Rogers nur dann erreicht werden, wenn ein positives Klima und Beziehung zwischen der ratsuchenden und der beratenden Person herrscht. Um ein solches Klima bzw. eine solche Beziehung erreichen zu können, müssen folgende drei Bedingungen erfüll werden:

Empathie, Verständnis und Rückfragen bzw. kurze inhaltliche Zusammenfassung des bisherigen Gesprächsverlauf: Die Aufgabe der beratenden Person besteht darin, die Gefühle der ratsuchenden Person zu erfassen. Durch das aktive Zuhören soll es der beratenden Person gelingen die Perspektive der ratsuchenden Person einzunehmen. Diese Technik führt oftmals dazu, dass sich die ratsuchende Person besser verstanden fühlt. Bei der Empathie geht es weder darum zu analysieren oder zu diagnostizieren. Vielmehr sollen durch leicht veränderte Wiederholungen der Äußerungen, der ratsuchenden Person, die ernsthafte Bemühung des Beraters bzw. der Beraterin deutlichen werden. Jedoch muss darauf geachtet werden, dass diese Wiederholungen nicht zum Pseudoverstehen werden. (Diouani-Streek, 2019, S. 38f).

Wertschätzung und Akzeptanz: Das Gespräch zwischen den beiden Person muss so wertungsneutral wie möglich verlaufen, das Beratungsgespräch muss frei von jeder Bewertung und Beurteilung sein. Diese wertschätzende Haltung hat den Zweck, dass die ratsuchende Person vertrauen zur Beraterin bzw. zum Berater aufbaut. Die Wertschätzung der beratenden Person äußert sich häufig durch eine nonverbale Gestik und Mimik und kann als Kontrolle dienen, um zu erkennen wie groß die Empathie zwischen ihr und der ratsuchenden Person ist.

Echtheit: Beim Beratungsgespräch spielt die Echtheit der beratenden Person eine zentrale Rolle. Sie ist sich über ihre eigene Gefühlswelt im Klaren und ist in der Lage dies ohne Unterdrückung zu verfügen. Diese Emotionen können der ratsuchenden Person offen geschildert werden, ohne diese mit den eigenen Gefühlen zu belasten. Das bedeutet, dass Echtheit und Ehrlichkeit der beratenden Person nur dann ins Gespräch eingebaut werden sollen, wenn es hilfreich und nicht destruktiv ist. Nach Hackney und Cormier ist Kongruenz bei der personenbezogenen Beratung dann sinnvoll, wenn sie drei Zielen folgt (Diouani-Streek, 2019, S. 37). Durch das Ausdrücken von Emotionen, seitens des Beraters bzw. der Beraterin wird die ratsuchende Person ermutigt dies ebenfalls zu tun. Die Offenbarung der eigenen Gefühle kann ein Gefühl von Sicherheit bei der ratsuchenden Person auslösen. Desweiteren erhält die ratsuchende Person vom Berater bzw. von der Beraterin eine Rückmeldung, wie sie auf andere wirkt. Diese drei Variablen der Beratung sind nicht voneinander zu trennen, sie bedingen einander.

An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Echtheit der beratenden Person in keinem Fall zur Gänze erfüllt werden kann. (Diouani-Streek, 2019, S. 41).

4.1.1 Interventionstechniken

Bei der Interventionstechnik geht es um die Verbesserung der Fähigkeit des Klienten zur Selbsterkundung. Diese entsteht durch genaues verbalisieren des Verstandenen, durch die Zuwendung zu den Gefühlen der ratsuchenden Person, durch konkretes Ausdrücken von Gefühlen und durch die Anwendung unterschiedlicher Interventionsstrategien, welche nun im Anschluss erläutert werden.

Spiegeln

Durch sogenanntes Spiegel kann die beratenden Person das Verstandene dem ratsuchenden noch einmaldeutlich machen. Durch ein wertfreies Feedback ermöglicht die beratende Person der ratsuchenden Person Gefühle und Situation aus einer neuen Perspektive und einer gewissen Distanz zu reflektieren und zu bewerten (Finke, 2004, S. 44).

Konfrontieren

Bei der Konfrontation hat die beratende Person die Aufgabe die ratsuchende Person auf Widersprüche in ihren Äußerungen aufmerksam zu machen. Diese Interventionstechnik ist zwar sehr wirkungsvoll, allerdings kann sie problematisch sein, wenn sie von der ratsuchenden Person als Kritik aufgefasst wird. Diese Strategie kann nur dann angewendet werden, wenn eine stabile und wertschätzende Beziehung zwischen den beiden Parteien besteht. Nach Hackney und Cormier ist diese Technik zur Erreichung folgender Ziele hilfreich. Es erfolgt eine Steigerung der Bemühung um Echtheit seitens der ratsuchenden Person und die beratende Person nimmt eine Vorbildfunktion, hinsichtlich einer offenen und direkten Gesprächsführung, an. Zusätzlich erfolgt bei beiden Parteien eine Reflexion der eigenen Verhaltensweisen und Handlungen. Anhand der Konfrontation sind ratsuchende Personen in der Lage sowohl den Inhalt des Gesprächs, als auch seine Mimik zu reflektieren (Diouani-Streek, 2019, S. 46).

Zusammenfassen

Manchmal kommt es bei Beratungsgesprächen vor, dass die ratsuchende Person den Drang zur übermäßigen Mitteilung verspürt. In einer solchen Situation ist es sinnvoll, wenn die beratende Person das Gehörte nochmals in eigenen Worten zusammenfasst und die ratsuchende Person fragt, ob alles richtig verstanden wurde. Die Methode des Zusammenfassens setzt sich aus verschiedenen Zielvorstellungen zusammen. Zum einen kann die beratende Person bestimmte Äußerungen akzentuieren, um wichtige Punkt des Gesprächs noch einmal aufzugreifen. Zum anderen kann das Zusammenfassen zur Gegenüberstellung von Problemlösungsstrategien verwendet werden, um zu entscheiden, welche Lösung geeignet, bzw. ungeeignet erscheint. Darüber hinaus ist eine Zusammenfassung häufig hilfreich um den roten Faden des Gesprächs wieder aufzugreifen (Diouani-Streek, 2019, S. 47).

Konkretisieren

In manchen Fällen fällt es Ratsuchenden schwer konkrete Situationen und Gefühle zu verbalisieren, weshalb sie auf allgemeine Äußerungen zurück greifen. Um dies zu Vermeiden und um ein besseres Verständnis zu erzielen sollen Berater bzw. Beraterinnen konkrete Fragen an die Ratsuchenden richten. Eine Konkretisierung des Anliegens erfolgt durch eine kontinuierliche Erarbeitung von konkreten und spezifischen Beratungszielen (Diouani-Streek, 2019, S. 47).

Perspektivenwechsel

Durch einen Perspektivenwechsel ist die ratsuchende Person in der Lage sich in andere Menschen hineinzuversetzen und Reaktionen anderer nachzuvollziehen. Durch dieses Rollenspiel können die ratsuchenden Personen ihre Ängste in speziellen Situationen erkennen und erkunden.

4.2 Systematische Beratung

Die Aufgabe der Lehrperson besteht neben dem Unterrichten und Erziehen , auch darin zu beraten. Beratung findet dabei im Zusammenhang mit der Bewertung der Lernvoraussetzung, des Lernprozesses und des Leistungsprofils und den dazugehörigen Problemen statt. Im schulischen Kontext werden häufig unterschiedliche Systeme miteinbezogen, wie beispielsweise das System Familie, Jugendhilfe und Gesundheitswesen (Diouani-Streek, 2019, S. 57). Im schulischen Bereich findet jedoch keine Festlegung des jeweiligen Handlungsspielraums statt, was die Gefahr einer Kompetenzüberschreitung birgt. Die pädagogische Beratung hebt sich deutlich von alltäglichen Kommunikationssituationen ab und setzt eine spezifische Qualifikation der beratenden Person voraus. Desweiteren findet pädagogische Beratung vor allem im schulischen Feld statt, wobei das Beratungsgespräch von der Gleichwertigkeit der Personen geprägt ist (Diouani-Streek, 2019, S. 61). Darüber hinaus hat die pädagogische Beratung das Ziel der Kompetenzerweiterung der ratsuchenden Person. Der Erwerb von Handlungskompetenzen ist nur dann möglich, wenn neue Informationen bezüglich des Beratungsthema gegeben werden, sowohl der Ist- als auch der Soll-Zustand groß skizziert wurde, eine Entlastung der ratsuchenden Person stattgefunden hat und vorhandene Ressourcen und Handlungsalternativen genützt und erprobt werden. Zusammengefasst bedeutet das, dass pädagogisch-systematische Beratung unter den Aspekten, Ressourcenorientierung, Lösungsorientierung, Autonomieorientierung und Systemorientierung gelingen kann (Diouani-Streek, 2019, S. 63). Zu den Beratungsanlässen einer Lehrperson zählen unter anderem Lernberatung, Berufsberatung, Präventivberatung, Erziehungsberatung und Schulorganisationsberatung. Die Schwerpunkte Kommunikationsstruktur, Selbstwertgefühl und Strukturen im Allgemeinen sind wesentlich für die pädagogische Beratung (Diouani-Streek, 2019, S. 65).

4.2.1 Methoden der pädagogischen Beratung

Im Folgenden werden die verschiedenen Techniken der pädagogischen Beratung dargestellt und beschrieben. Bei den konzeptübergreifenden Methoden werden sowohl diagnostische als auch interventive Ergebnisse erzielt. (Diouani-Streek, 2019, S. 68). Zu den wichtigsten Methoden der pädagogischen Beratung gehört das sogenannte Joining. Beim Joining soll eine Art Arbeitsbündnis entstehen, dazu muss eine Vertrauensbasis hergestellt werden und die Beratung als Schutzraum für die ratsuchende Person angesehen werden. Zirkuläres Fragen hat den Zweck die verschiedenen individuellen Realitäten der ratsuchenden Person zu erkennen und diese zur Problemlösungsperspektive umzuwandeln. Die ratsuchende Person sollte dazu die Sichtweise einzelner einnehmen. Beim Reframing geht es um die Neutralisierung festgefahrener Sichtweisen der ratsuchenden Person. Dazu ist es sinnvoll, unterschiedliche Betrachtungsmöglichkeiten zu berücksichtigen und eine gedankliche Veränderung der Beratungsbasis vorzunehmen. Bei der Technik der Skulpturarbeit soll eine Darstellung der Beziehungsaspekte durch die ratsuchende Person erfolgen, dies ermöglicht eine Schaffung des Wunschzustandes durch die Umstellung einiger Elemente. Eine weitere Methode der pädagogischen Beratung ist die Symptomverschreibung. Hierbei ist es wichtig, dass die Rahmenbedingungen von der beratenden Person festgelegt werden, um eine Verhaltensänderung bei der ratsuchenden Person zu erzielen. Die Anweisungen erscheinen paradox, das heißt die ratsuchende Person wird dazu aufgefordert das Problemverhalten beizubehalten. Allerdings ist anzumerken, dass diese Methode nur selten in Beratungsgesprächen verwendet werden sollte, da es genaue Kenntnisse über die Strukturen des Systems erfordert, welche im Einzelsetting häufig nicht gegeben sind (Diouani-Streek, 2019, S. 73).

4.3 Kooperative Beratung

Die professionelle Beratung im schulischen und außerschulischen Handlungsfeld gehört zu den wichtigsten Aufgaben einer Lehrperson. Besonders bei der Umsetzung einer „inklusiven Schule“ bietet die Beratung ein großes Spektrum an Herausforderungen und Anforderungen. Durch das Konzept der kooperativen Beratung ist es gelungen sowohl die Theorie als auch die Praxis der Beratung zu vereinen. Wolfgang Mutzeck gilt als Begründer der Kooperativen Beratung, jedoch ist diese seiner Meinung nach nicht als starre Methode anzusehen, sondern als ein lebendiges Verfahren. Wirkungsfaktoren, welche sich positiv auf Beratung auswirken, sind zum einen von der ratsuchenden Person abhängig, aber auch von spezifischen Methoden der Beratung und von den beraterabhängigen Faktoren (Diouani-Streek, 2019, S. 78). Zum besseren Verständnis sollen nun die einzelnen Wirkungsfaktoren nochmals verdeutlicht werden.

4.3.1 Abhängigkeitsfaktoren des Ratsuchenden

Den größten Einflussfaktor beim Beratungsgespräch übernimmt die ratsuchende Person. Durch ihre eigenen Vorschläge und Handlungsmöglichkeiten tragen sie zum wesentlichen Erfolg der Beratung bei. Die ratsuchende Person leistet durch ihre eigenen Ergebnisse, die vor und nach der Beratung stattfinden, einen wichtigen Beitrag. Durch alltägliche Erfahrungen beeinflusst die ratsuchende Person den Beratungsprozess enorm. Die Aufgabe der beratenden Person besteht darin die subjektive Theorie des Themeneinbringens zu erkennen und diese für das Gespräch zu nützen (Diouani-Streek, 2019, S. 80).

4.3.2 Abhängigkeitsfaktoren des Beraters

Obwohl es viele unterschiedlichen Beratungskonzepte gibt, so ist ihnen die beraterische Beziehung gemeinsam, welche als Basis für ein gelungenes Beratungsgespräch anzusehen ist. Dieser Faktor des Beratungserfolg lässt sich anhand empirischer Daten beweisen. Damit ist die Arbeitsbeziehung zwischen der beratenden und ratsuchenden Person gemeint. Laut Baldwin hängt die Qualität dieser Beziehung in der Verantwortung der Beraterin bzw. des Beraters. Ackerman und Hilsenroth haben dazu den Zusammenhang zwischen den Charakter der beratenden Person und den Beratungstechniken ebenfalls dargestellt. Eine übergeordnete Position übernimmt dabei die Empathie, welche einen großen Einfluss auf den Beratungserfolg ausübt (Diouani-Streek, 2019, S. 82).

4.3.3 Strukturen der Kooperativen Beratung

Kooperative Beratung ist als Schachteltheorie anzusehen, das bedeutet, dass nicht nur einzelne Teile dieser Methode aufgezeigt werden, sondern auch deren Beziehung zueinander. Die Struktur der Kooperativen Beratung ist hierarchisch aufgebaut, die Basis bildet dabei die Beratungskonzeption, darauf folgen die Gesprächsführungselemente, die Handlungstheorie und die Menschenbildannahme (Diouani-Streek, 2019, S. 82). Die Menschenbildannahme ist eine grundlegende Voraussetzung für die Beratung und beeinflusst den Beratungsprozess auf unterschiedliche Weise. Die Handlungskonzeption findet auf der mentalen Prozessebene statt und wird in Verbindung zur Umwelt in Bezug auf Aktualität, Soziabilität und Historizität gesetzt. Das Handeln in der kooperativen Beratung zeichnet sich durch ihre Bewusstheit, ihre Zielgerichtetheit, ihre Planbarkeit und ihre Interaktion aus. Diese Handlungen können sowohl von der beratenden, als auch von der ratsuchenden Person wahrgenommen werden. Die Beobachtung unterscheidet sich jedoch darin, dass die beratende Person die Interpretation nie die Handlungsentscheidung miteinbeziehen kann. Die ratsuchende Person hingegen erlebt eine Innenperspektive und hat eine subjektiv-individuelle Sichtweise, das bedeutet die Handlung ist operativ wirksam (Diouani-Streek, 2019, S. 87). Es bestimmt also nicht der Kontext, wie eine Person handelt, sondern ihr individueller mentaler Prozess der Wahrnehmung und Handlungsplanung. Die kooperative Beratung ist als symmetrische Interaktion anzusehen und hebt sich deutlich von der vertikalen Beratungsform ab. Bei der asymmetrischen Beratung legt die beratende Person den Gesprächsverlauf und die Struktur fest, indem sie immer wieder Fragen stellt. Die horizontale oder symmetrische Beratungsform hingegen baut auf der aktiven Teilnahme der ratsuchenden Person auf und schreibt ihr die Kompetenz der Verwendung eigener Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten zu. Die Aufgabe der beratenden Person besteht darin, die Ratsuchende oder den Ratsuchenden Hilfestellung zu geben (Diouani-Streek, 2019, S. 89). Zu den grundlegenden Gesprächsführungselementen der kooperativen Beratung gehören nach Mutzek (Mutzek, 2008, S. 83) unter anderem direkte Ansprache, aktives Zuhören, Dialogkonsens, Konkretisierung und Verbalisierung von Gefühlen und Gedanken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Bezugsrahmen und Bestandteile einer Beratungstheorie (Mutzeck 2008, 36)

4.3.4 Die Methode der Kooperativen Beratung

Nach Grawe (1989) sind vier Wirkungsprinzipien notwendig, um die Perspektive der ratsuchenden Person zu verändern. Im Folgenden werden diese Prinzipien kurz dargestellt und erläutert.

Ressourcenaktivierung: hierbei wird eine Methode beschrieben, die sowohl die beratende als auch die ratsuchende Person verwenden kann. Die Ressourcenaktivierung beinhaltet die Ressourcen der ratsuchenden Person zur gewünschten Veränderung, aber auch Lösungsansätze.

Problemaktualisierung: erfordert Methoden, die den Sinn haben Probleme und deren Lösungen erlebbar für die ratsuchende Person zu machen. Dadurch soll das emotionale Engagement gefördert werden.

[...]

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Details

Titel
Beratungs- und Kooperationsformen und deren Herausforderungen bei der Zusammenarbeit zwischen Eltern und angehenden Lehrpersonen
Untertitel
Eine Untersuchung
Hochschule
Pädagogische Hochschule Oberösterreich  (PH-OÖ)
Veranstaltung
Beratung und Kooperation
Note
2,00
Autor
Jahr
2020
Seiten
42
Katalognummer
V917593
ISBN (eBook)
9783346235961
ISBN (Buch)
9783346235978
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kooperation, Beratung, Elternarbeit, Herausforderung Untersuchung
Arbeit zitieren
Yvonne Pichler (Autor:in), 2020, Beratungs- und Kooperationsformen und deren Herausforderungen bei der Zusammenarbeit zwischen Eltern und angehenden Lehrpersonen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/917593

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