Gesundheitsmanagement im eSport. Eine Frage der Belastung


Bachelorarbeit, 2019

136 Seiten, Note: 0,6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG

2 ZIELSETZUNG

3 GEGENWÄRTIGER KENNTNISSTAND
3.1 Theoretische Einordnung des eSport
3.1.1 Definition der sportlichen Leistungsfähigkeit
3.1.2 Die motorischen Grundfähigkeiten
3.1.3 Ableitung des e Sport
3.2 Öffentliche Wahrnehmung und politische Relevanz
3.2.1 Politische Positionierung und der Status quo in Deutschland
3.2.2 eSport als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
3.3 Theoretische Grundlagen zum Gesundheitsmanagement
3.3.1 Grundbegriffe und Definitionen
3.3.2 Das Job Demand-Resources model
3.4 Datenlage zur Gesundheitssituation
3.4.1 Bewegung und körperliche Aktivität
3.4.2 Körperliche Beschwerden
3.4.3 Stress und Regeneration
3.4.4 Ernährung
3.5 Fazit

4 METHODIK
4.1 PENTA Entertainment UG - PENTA
4.1.1 PENTA
4.1.2 Räumliche und personelle Rahmenbedingungen
4.1.3 Teamauswahl
4.2 Darstellung des Forschungsdesigns
4.2.1 Untersuchungsplanung und Ablauf.
4.2.2 Begründung und Aufbau der Methodik
4.2.3 Aufbau und Ablauf des Interviews
4.2.4 Begründung der Inhalte und Formulierungen
4.2.4.1 Trennung von Freizeit und Beruf.
4.2.4.2 Zeitmanagement und Stress
4.2.4.3 Eigenschaften und Potentiale
4.2.4.4 Strategien zur Aufgabenbewältigung
4.2.4.5 Gesundheit und Leistungsfähigkeit

5 ERGEBNISSE
5.1 Besichtigung der Infrastruktur
5.2 Trennung von Freizeit und Beruf.
5.2.1 Ergebnisse des Experten-Interviews
5.2.2 Ergebnisse des Management-Interviews
5.2.3 Ergebnisse der Spieler-Interviews
5.3 Zeitmanagement und Stress
5.3.1 Ergebnisse des Experten-Interviews
5.3.2 Ergebnisse des Management-Interviews
5.3.3 Ergebnisse der Spieler-Interviews
5.4 Eigenschaften und Potentiale
5.4.1 Ergebnisse des Experten-Interviews
5.4.2 Ergebnisse des Management-Interviews
5.4.3 Ergebnisse der Spieler-Interviews
5.5 Strategien zur Aufgabenbewältigung
5.5.1 Ergebnisse des Experten-Interviews
5.5.2 Ergebnisse des Management-Interviews
5.5.3 Ergebnisse der Spieler-Interviews
5.6 Gesundheit und Leistungsfähigkeit
5.6.1 Ergebnisse Experten-Interviews
5.6.2 Ergebnisse des Management-Interviews
5.6.3 Ergebnisse der Spieler-Interviews
5.7 Ergebniszusammenfassung

6 DISKUSSION
6.1 Ergebnisdiskussion
6.2 Grenzen der Untersuchung und Methodenkritik
6.3 Ergebniseinordnung in den wissenschaftlichen Kenntnisstand
6.4 Handlungsempfehlungen
6.4.1 Unveränderbare Faktoren
6.4.2 Soziale Faktoren
6.4.3 Individuelle Faktoren
6.5 Ausblick

7 ZUSAMMENFASSUNG

8 LITERATURVERZEICHNIS

9 ABBILDUNGS-, TABELLEN-, ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
9.1 Abbildungsverzeichnis
9.2 Tabellenverzeichnis
9.3 Abkürzungsverzeichnis
9.4 Anhangverzeichnis

Anhang 1: Probandeninformation

Anhang 2: Datenschutzrichtlinien

Anhang 3: Einverständniserklärung

Anhang 4: Interviewleitfaden Spieler

Anhang 5: Interviewleitfaden Management

Anhang 6: Interviewleitfaden Experte

Anhang 7: Transkription vom Experteninterview Timo Schöber

Anhang 8: Transkription vom Management Andreas Schätzke

Anhang 9: Transkription des 1. Spielerinterviews

Anhang 10: Transkription des 2. Spielerinterviews

Anhang 11: Transkription des 3. Spielerinterviews

1 Einleitung und Problemstellung

Der eSport ist ein stetig wachsendes Phänomen in der deutschen und internationalen Gesellschaft und Sportszene. Mit mehr als 30 professionellen eSport-Organisationen und drei Millionen Enthusiasten deutschlandweit ist sowohl die gesellschaftliche als auch die ökonomische Relevanz gegenüber dem klassischen Sport gestiegen (eSport­Bund Deutschland [ESBD], 2018, S. 7-9). In Südkorea, China und den USA ist der eSport als Sportart etabliert, in Deutschland wird der „Sportstatus“ jedoch noch disku­tiert. Auch wenn die Diskussion um die Einstufung gesellschaftlich und politisch noch geführt wird, ist die wirtschaftliche Relevanz längst klar. Klassische Sportvereine und Wirtschaftsunternehmen unterstützen die noch junge Branche und etablieren sich dort. Deutschland ist mit 51,2 Millionen Euro Jahresumsatz Spitzenreiter in Europa in der Gaming Branche (PwC, 2018, S. 21). Bis 2020 wird mit 589 Millionen Zuschauern weltweit gerechnet (BIU, 2017, S. 19). Die Anforderungen an die jungen Athleten wachsen und die Professionalisierung wird stetig vorangetrieben. Von den Spielern wer­den Höchstleistungen erwartet und abverlangt. Oft treten Beschwerden wie Rücken­schmerzen oder Verletzungen auf. Beispielhaft für die Verletzungen steht das Karpaltun­nelsyndrom, welches durch lange Sitzzeiten bei gleichzeitiger körperlicher Inaktivität entsteht (Deutsche Sporthochschule Köln, 2018). Erfolgsdruck, Stress und wenig Schlaf gehören zum Tagesgeschäft der Szene. Die momentane Betreuung der Spieler und Teams ist noch lange nicht vergleichbar mit der von klassischen Profisportlern, obwohl körperliche wie psychische Anforderungen von Tag zu Tag steigen. Die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Spieler ist unabdingbar für den Erfolg im Wettkampf. Hierzu müssen die Anforderungen und relevanten Themenfelder der Betroffenen Spieler be­kannt sein und Maßnahmen abgeleitet werden, die eine individuelle Betreuung optimie­ren. Es ist ein Einblick in die Perspektive sowohl der Spieler als auch in die des Mana­gements notwendig. Erst dann ist die Komplexität zu verstehen, um geeignete Konzepte zu erarbeiten, welche die Konkurrenzfähigkeit erhalten, die spielerische Leistung opti­mieren sowie die Gesunderhaltung sicherstellen.

2 Zielsetzung

Ziel der Arbeit ist es, mithilfe von Interviews einen subjektiven Einblick in die Anforde­rungsbereiche und Rahmenbedingungen im professionellen eSport in Deutschland zu gewinnen. Hierzu werden im Interview sowohl das Management, als auch die Spieler eines Profiteams von PENTA, sowie ein Experte aus dem eSport über verschiedene re­levante Themenbereiche befragt. Der Einblick in die körperlichen und psychischen Be­lastungen der Spieler ermöglicht einen Abgleich des gebotenen Betreuungsangebotes und eine Bewertung dessen. Dies bietet die Grundlage in weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen ein Gesundheits- und Trainingskonzept zur Steigerung der körperli­chen und psychischen Leistungsfähigkeit und Gesunderhaltung zu erarbeiten. Zudem soll die Frage beantwortet werden, inwieweit in Deutschland das Gesundheitsmanage­ment als Werkzeug zur Unterstützung der Spieler und ihrer Aufgabenbewältigung ge­nutzt werden kann.

3 Gegenwärtiger Kenntnisstand

Um das Anforderungsfeld und die damit verbundenen Themenbereiche entsprechend der Zielsetzung zu identifizieren, werden zu Beginn Grundlagen und Definitionen an­hand von wissenschaftlichen Quellen und Untersuchungen erläutert.

3.1 Theoretische Einordnung des eSport

Im Folgenden wird anhand von Begriffen aus der Trainingslehre und mit Hilfe der Defi­nitionen motorischer Fähigkeiten das Tätigkeitsfeld des eSport umschrieben und defi­niert.

3.1.1 Definition der sportlichen Leistungsfähigkeit

Die verschiedenen Handlungsfelder, wie zum Beispiel Leistungssport, Ausdauersport oder Kraftsport, leiten sich aus der Trainingslehre ab. „Trainingslehre umfasst alle Aus­sagen, die Regeln und Regelsysteme zum Handeln im Training und in sportlichen Be­währungssituationen, speziell im Wettkampf, zum Gegenstand haben“ (Martin et al., 1993, S. 18). Eine sportliche Leistung ist das Ergebnis einer sportlichen Handlung, diese setzt eine Bewegungshandlung nach vorher festgelegten Regeln voraus (Martin et al., 1993, S. 23). Die sportliche Leistungsfähigkeit wird in der Literatur synonym mit ver­schiedenen Begriffen verwendet, wie beispielsweise physische Leistungsfähigkeit oder körperliche Leistung. Unabhängig von der Bezeichnung gibt es verschiedene Faktoren, die einen Einfluss auf diese Fähigkeit ausüben. Dazu zählen beispielsweise die Körper­konstitution (BMI), der Sozialstatus oder das Aktivitätsverhalten (Albrecht, 2015, S. 197 - 237). Aber auch Taktik, Technik, Training, materielle Bedingungen oder die Psyche spielen in der Ausprägung eine Rolle. Die sportliche Leistungsfähigkeit be­einflusst somit maßgeblich das Ergebnis und die Ausprägung der sportlichen Handlung.

3.1.2 Die motorischen Grundfähigkeiten

Während einer sportlichen Aktivität werden dem Körper unterschiedliche Fähigkeiten abverlangt. Die Trainingslehre unterscheidet fünf motorische Fähigkeiten entsprechend Abbildung 1.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Differenzierung motorischer Fähigkeiten (nach Bös, 1987, S. 94)

Die motorische Fähigkeit Kraft ist eine konditionelle Fähigkeit, bei welcher eine Mus­kelleistung über 30% der individuell realisierbaren maximalen Werte bewältigt wird (Martin et al., 1993, S. 102).

Schnelligkeit ist die Fähigkeit, auf einen Reiz schnellstmöglich zu reagieren und/oder Bewegungen bei geringen Widerständen mit höchster Geschwindigkeit zu absolvieren (Martin et al., 1993, S. 147).

Ausdauer beschreibt die Fähigkeit, eine Leistung über einen möglichst langen Zeitraum zu erhalten, ohne dabei vorzeitig körperlich oder geistig zu ermüden und sich nach der Belastung wieder schnell zu regenerieren (Martin et al., 1993, S. 173).

Die Fähigkeit, willkürliche und gezielte Bewegungen unter Nutzung der beteiligten Gelenke mit erforderlicher optimaler Schwingungsweite umzusetzen, ist als Beweglich­keit definiert (Martin et al., 1993, S. 214).

Die motorische Fähigkeit Koordination bezeichnet das Zusammenwirken des Zentral­nervensystems (ZNS) und der Skelettmuskulatur innerhalb eines gezielten Bewegungs­ablaufes (Hollmann & Hettinger, 2000, S. 143).

3.1.3 Ableitung des eSport

2006 wurde eSport als „das wettbewerbsmäßige Spielen von Computer- oder Video­spielen im Einzel- oder Mehrspielermodus“ bezeichnet (Müller-Lietzkow, 2006, S. 102­112). Geht man von der Positionierung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) aus, wird zwischen elektronischer Sportartensimulation und eGaming unter­schieden. Dabei ist eGaming das Auffangbecken für alle virtuellen Spiele, die nicht in die Kategorie der virtuellen Sportarten, wie beispielsweise Fußball, Basketball etc. fal­len (DOSB, 2018). Diese Unterteilung wird jedoch durch ein Rechtsgutachten, welches 8/136 durch den DOSB selbst in Auftrag gegeben wurde, wieder negiert. Eine Stellungnahme des DOSB dazu liegt zum Abgabezeitpunkt der Arbeit nicht vor. Der eSport-Bund Deutschland e.V (ESBD) hingegen definiert eSport als „das sportwet­tkampfmäßige Spielen von Video- bzw. Computerspielen, insbesondere auf Computern und Konsolen, nach festgelegten Regeln.“ (ESBD, 2018, S. 4). Somit greift hier per De­finition der Begriff der Trainingslehre und kann angewendet werden (vgl. Kapitel 3.1.1).

Aufgrund der Vielzahl an Spielsystemen findet eine Diversifizierung anhand der Spiel­mechaniken statt. Hierzu zählen u.a. Strategiespiele, Ego-Shooter, Simulationen oder Sport- und Rennspiele, welche im Wettkampf Mensch gegen Mensch gespielt werden (ESBD, 2018, S. 5). Um eine sportliche Leistung im Sinne des eSport zu definieren, sind folgende drei Elemente ausschlaggebend: Die motorische Leistung der Spieler am Eingabegerät, die Reaktion auf die dargestellten Inhalte auf dem Bildschirm und die Be­herrschung des Spielablaufs. Hierbei finden alle Anforderungen synchron statt. Der ESBD leitet hieraus den eSport als Präzisionssportart ab (ESBD, 2018, S. 5). Es findet demnach eine Unterscheidung zwischen der kognitiven Leistung und der körperlichen Leistung im Sinne der motorischen Grundfertigkeiten statt. Durch die große Bandbreite an Spielsystemen haben Wahrnehmungsvermögen, Feinmotorik oder Reaktionsge­schwindigkeit unterschiedliche Stellenwerte im eSport. Der ESBD beschreibt eSport als Sport im Sinne des deutschen Sportbegriffs (ESBD, 2018, S. 6).

Die genannten Definitionen des eSport weisen zum Teil große Abweichungen voneinan­der auf. Es ist jedoch ersichtlich, dass bestimmte Grundbegriffe und Fähigkeiten aus der Trainingslehre auch auf die Tätigkeiten des virtuellen Wettkampfs übertragbar sind. Um die Faktoren und Fertigkeiten zu differenzieren wird auf die motorischen Grundfertig­keiten und die Einflussfaktoren auf die sportliche Leistungsfähigkeit in den Kapiteln 4 und 5 genauer eingegangen.

3.2 Öffentliche Wahrnehmung und politische Relevanz

Im Folgenden werden die politischen Rahmenbedingungen und die Entwicklung des eSport auf der Grundlage von Kennzahlen und Tendenzen dargestellt und hergeleitet. Dies dient der Einordnung der gesellschaftlichen Relevanz des eSport im Allgemeinen.

3.2.1 Politische Positionierung und der Status quo in Deutschland

Im Koalitionsvertrag von 2018 zwischen CDU/CSU und SPD sind der eSport und seine Bedeutung benannt und soll künftig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkannt, sowie mit einer olympischen Perspektive unterstützt werden (CDU, CSU & SPD, 2018, S. 48).

Am 20.02.2019 wurden in einer öffentlichen Anhörung Sachverständige zu dieser The­matik durch den Sportausschuss des Bundestages befragt, mit dem Ergebnis stark dif­ferierender Standpunkte (Deutscher Bundestag, 2019).

Bisher wurde aus politischer Sicht wenig unternommen, das Gemeinnützigkeitsrecht und eine Sportstätten- oder Sportmittelförderung für den eSport voranzutreiben. Trotz einer Forderung des Bundestages an die Bundesregierung wurde bislang weder ein Do­ping-Regelwerk, noch ein Ethik- und Verhaltenskodex in der Szene implementiert (Lazar et al., 2018, S. 5).

Auch aufgrund der beschriebenen politischen Situation hat der eSport in Deutschland seine Wurzeln online und dort eigene Strukturen und Plattformen entwickelt. Übertra­gungsmedien wie Twitch oder Youtube ermöglichen den Zuschauern einen Austausch und bieten eine rein digitale Vernetzungsmöglichkeit. Die Spieler, deren Zahl sich schwer feststellen lässt aber bei ca. drei Millionen deutschen Enthusiasten liegt, verteilt sich teilweise dezentral auf lose Organisationen (Clans oder Teams), jedoch mittlerweile auch auf Sportvereine oder Clubs (ESBD, 2018, S. 7-8). Mehr als 70% dieser Personen-

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie beim klassischen Sport verteilen sich die Spieler zwischen Breiten- und Profisport (vgl. Abbildung 2). In Deutschland gab es im Jahre 2015 bereits 22 professionelle eSport-Clubs, Tendenz steigend (PwC, 2017, S. 9).

Bei 1001 Befragten der 14- bis 35-Jährigen gaben 80,6% an, selbst Videospiele zu spielen. Mit dem Begriff eSport konnten dabei 73,9% der Umfrageteilnehmer etwas an­fangen. Auffällig war, dass die Bekanntheit in allen untersuchten Altersklassen etwa gleich hoch ausgeprägt war. Hiervon betrieben 29,2% selbst eSport und sogar 3,3% der Befragten tat dies auf professioneller Basis (PwC, 2017, S. 14). Demnach hat ein großer Personenkreis der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland eine Schnitt­stelle mit dem eSport.

3.2.2 eSport als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt

Der eSport spielt aus wirtschaftlicher Sicht eine große Rolle für Deutschland und seine Jugend und ist ein global rasant wachsender Markt (Newzoo, 2018). Deutschland ist mit 51.2 Millionen Euro Jahresumsatz Spitzenreiter in Europa (PwC, 2018, S. 21). Weltweit bringt diese Zahl Deutschland auf Platz 4 des Umsatz-Rankings nach den USA, China und Südkorea (PwC, 2017, S. 12). In Sachen Preisgelder werden Klassiker wie Rad­sport, Golf oder Tennis bereits überboten (PwC, 2018, S. 6). Grund hierfür sind die ste­tig wachsenden Zuschauerzahlen und das damit verbundene Interesse von großen Spon­soren an der Zielgruppe. Damit einher gehen die Zuschauerzahlen von globalen eSport- Großevents. 2016 sahen etwa 43 Millionen Zuschauer das World Championship Finale von League of Legends (Multiplayer Online Game). Im Vergleich dazu schauten das Fi­nalspiel der US-Baskett-Liga NBA lediglich 31 Millionen Zuschauer (PwC, 2017, S. 8). Für 2016 bis 2020 wird ein jährliches globales Durchschnittswachstum der Zuschauer­zahlen um 20,1% prognostiziert, d.h. von 323 Millionen auf 589 Millionen Zuschauern weltweit. Im selben Zeitraum soll der weltweite eSport-Markt von 468 Millionen (2016) auf 1,412 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2020 anwachsen (BIU, 2017, S. 19).

Aufgrund der steigenden wirtschaftlichen Bedeutung gibt es eine Vielzahl unterschiedli­cher Gruppen, die sich am eSport beteiligen und diesen prägen. Zentrale Beteiligte sind u.a. Investoren, professionelle Spieler oder Streaming-Plattformbetreiber. Zum erweiter­ten Kreis zählen die Zuschauer (Hobby-Gamer), Broadcaster, Event-Organisatoren und Publisher von Spielen und Software. Im Mainstream Kreis befinden sich Zuschauer (Non-Gamer), Messebetreiber und Werbetreibende (BIU, 2017, S. 25).

Aufgrund der genannten Fakten und der Tendenz zum weiteren Wachstum der Spieler­zahlen und Interessenten hat eSport einen zunehmenden Einfluss auf das Freizeit- und Sportverhalten der 14- bis 35-Jährigen.

3.3 Theoretische Grundlagen zum Gesundheitsmanagement

Welche gesundheitlichen Auswirkungen und Folgen die körperlichen Rahmenbedingun­gen auf die Spieler haben können und wo der Zusammenhang zum Gesundheitsbegriff liegt, wird in den anschließenden Kapiteln dargestellt. Im Folgenden werden die rele­vanten Grundbegriffe und Definitionen des Gesundheitsmanagements erläutert. Hieraus leiten sich verschiedene Modelle und Ansätze ab, die zur Beantwortung der Fragestel­lung beitragen können, inwieweit das Gesundheitsmanagement als Werkzeug zur Auf­gabenbewältigung der Spieler beitragen kann.

3.3.1 Grundbegriffe und Definitionen

Gesundheit:

Der Gesundheitsbegriff hat sich in der Antike entwickelt und wird heute durch die Welt­gesundheitsorganisation (WHO) definiert. Dabei wird in den Mittelpunkt gerückt, dass die drei Säulen des körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht etwa die Abwesenheit von Krankheit einen gesunden Menschen ausmachen (WHO, 1946).

Zur Verhaltensänderung eines Individuums wird dabei auf drei zentrale Fragen Wert gelegt (Knoll et al., 2011, S. 17): Was motiviert das riskante oder gesundheitsorientierte Verhalten eines Menschen (Motivation)? Wie kommt es zu der Entscheidung, das Ver­halten anzupassen und welche Ziele werden sich gesetzt (Intention)? Wie wird die In­tention erfolgreich und nachhaltig umgesetzt (Volition)?

Diese Begrifflichkeiten dienen zum Verständnis, aber auch als Grundlage für die For­mulierungen der Fragestellungen im Interview entsprechend Kapitel 4.2.5.

Gesundheitsförderung und Prävention:

Oft werden die beiden Begriffe einheitlich oder im Zusammenhang verwendet. Dabei haben sie unterschiedliche Anwendungsbereiche und Methoden, um das jeweilige Ziel zu erreichen. Die Gesundheitsförderung befasst sich damit, Ressourcen und Lebenswei­sen zur Gesunderhaltung zu stärken und aufzubauen. Die Prävention hingegen versucht, Risikofaktoren für Krankheiten zu vermeiden oder abzubauen (Faltmaier, 2005, S. 299). Abbildung 3 bildet diesen Unterschied ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Unterschiedliche Ziele der Gesundheitsförderung und Prävention (Becker, 1997)

Setting-Ansatz:

Hierbei handelt es sich um eine Strategie zur Umsetzung der Gesundheitsförderung. Ein Setting ist im Wesentlichen ein soziales System, in welchem Umwelteinflüsse und Rahmenbedingungen, die auf eine Personengruppe zutreffen, gestaltet und verändert werden können (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung [BzgA], 2000). Es steht demnach nicht das Individuum, sondern das gesamte soziale Gefüge im Mittelpunkt. Klassische Beispiele sind Schulen, Betriebe, Städte, Gefängnisse oder Hochschulen. In­wieweit das untersuchte Team von PENTA hier eingeordnet werden kann, wird im spä­teren Verlauf dargestellt.

Betriebliches Gesundheitsmanagement:

Aufgrund der Komplexität der derzeitigen Situation und Anwendungsbereiche des Be­trieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) wird nur eine kurze Darstellung der wich­tigsten Grundlagen vorgenommen.

Das BGM ist die „Systematische sowie nachhaltige Schaffung und Gestaltung von ge­sundheitsförderlichen Strukturen und Prozessen einschließlich der Befähigung der Or­ganisationsmitglieder zu einem eigenverantwortlichen gesundheitsbewussten Verhal­ten.“ (DIN SPEC 91020, 2012:7).

Damit beschränkt sich das BGM nicht nur auf die Verhütung und Abwehr von Krank­heit zum Ziel der Gesundheitsförderung, sondern erhebt einen Anspruch an den Betrof­fenen sich selbst gegenüber (Uhle & Treier, 2011, S. 44). Das BGM stellt demnach eine spezifische Form des Gesundheitsmanagements in einem besonderen Umfeld dar. In­wieweit Maßnahmen für das untersuchte Team abgeleitet werden können und ob das BGM als Werkzeug entsprechend der Fragestellung dienen kann, wird im weiteren Ver­lauf der Bachelorarbeit geklärt.

3.3.2 Das Job Demand-Resources model

Um einen subjektiven Einblick in die Anforderungsbereiche der Spieler zu erhalten, ist ein Verständnis der Ressourcen und Anforderungen erforderlich. Zur Ableitung ver­schiedener Fragestellungen für das Interview dient das Job Demand-Resources model (JD-R model) als Grundlage. Das JD-R model sieht Belastungen als eine Folge eines Ungleichgewichts zwischen Anforderungen und Ressourcen, mit denen eine Einzelper­son umgehen muss (Bakker & Demerouti, 2007, S. 312).

Ressourcen:

Das Modell unterscheidet physische, psychische, soziale und organisatorische Ressour­cen, die zur Erreichung des beruflichen Ziels dienen. Diese minimieren die Anforderun - gen an den Spieler und damit die physischen und psychischen Belastungen. Somit sind individuelles persönliches Wachstum, das Lernen, sowie die Entwicklung der spezifi­schen Fähigkeiten gewährleistet. Die Anwesenheit dieser Ressourcen hat eine hohe Mo­tivation zur Folge. Zu diesen Ressourcen zählen u.a. Autonomie, Belohnung, Feedback oder Unterstützung (Bakker & Demerouti, 2007, S. 312-315).

Anforderungen:

Hier stehen diejenigen Arbeitsaspekte im Vordergrund, die Fähigkeiten und Anstrengun­gen erfordern und damit die Leistung mindern können. Auch wenn diese Aspekte nicht per se negativ sein müssen, sondern auch eine gewisse positive Herausforderung dar­stellen können, sind sie langfristig leistungsmindernd und führen im Extremfall zu ei­nem Zusammenbruch der Person. Anforderungen sind u.a. emotionale und körperliche Belastungen, Konflikte oder ungünstige Arbeitsbedingungen (Bakker & Demerouti, 2007, S. 312-315).

Interaktion:

Sowohl die Anforderungen, als auch die Ressourcen können einander beeinflussen und miteinander interagieren. Stress bei der Arbeit kann nur dann minimiert werden, wenn sich die Anforderungen gering darstellen. Ressourcen haben hier keine entscheidende Relevanz.

Bei höheren Anforderungen spielen die Ressourcen jedoch eine größere Rolle, um die negativen Effekte der Anforderungen zu reduzieren oder zu vermeiden. Hier spricht man vom motivationalen Prozess. Stehen jedoch hohen Anforderungen nur geringe Res- sourcen gegenüber, kann das Ungleichgewicht durch Auftreten von Stress die Leistung langfristig sehr stark mindern und zur Arbeitsunfähigkeit führen. Hierbei handelt es sich um einen Gesundheitsbeeinträchtigungsprozess, denn Energieressourcen werden perma­nent reduziert. Je nach Konstellation haben Anforderungen und Ressourcen immer orga­nisationale Folgen im Umfeld (Bakker & Demerouti, 2007, S. 314-324). Abbildung 5 stellt diesen Zusammenhang schematisch dar.

Bezogen auf die Zielsetzung der Arbeit ist es demnach notwendig, sowohl die Ressour­cen als auch die Anforderungen der Spieler in Erfahrung zu bringen. Nur mit spezifi­schen Fragestellungen entsprechend diesen beiden Aspekten kann ein ganzheitliches Bild gemäß des JD-R model für die Tätigkeit im eSport erstellt und später ausgewertet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Interaktion von Anforderungen und Ressourcen (Bakker & Demerouti, 2007, S. 320)

3.4 Datenlage zur Gesundheitssituation

Die Spieler im eSport sind besonderen körperlichen Rahmenbedingungen ausgesetzt. Dies schlägt sich auf die Gesundheitslage der Spieler nieder. Nachfolgend werden die bisher untersuchten Daten erläutert.

3.4.1 Bewegung und körperliche Aktivität

Die Sporthochschule Köln hat sich als Gemeinschaftsprojekt mit dem Lebens- und Trai­ningsstil der Spieler in der Branche beschäftigt und im Ergebnisbericht relevante Daten 15/136 veröffentlicht (Froböse, Rudolf, Wechsler, Tholl & Grieben, 2019). Es wurde deutlich, dass Amateure mit durchschnittlich 28,5 Stunden pro Woche mehr Zeit als Profis (27,7 Stunden) mit dem Spielen verbringen.

Es wurde zudem festgestellt, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen Spielstun­den und Sitzzeit besteht (Froböse et al., 2019, S. 3 - 4). Da lange Sitzzeit einen Risiko­faktor für viele Zivilisationskrankheiten darstellt, sind somit sowohl die Profispieler als auch die Amateure von einem gesundheitlichen Problem betroffen (Rezende, Mielke, Viscondi, Rey-Lopez & Garcia, 2016, S. 253-263). Dies spiegelt sich in der Untersu­chung von Froböse et al. (2019) wieder, wonach ein Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung der eigenen Gesundheit und der täglichen Sitzzeit besteht. Je mehr die Spieler sitzen, als umso ungesünder wird der eigene Lebensstil empfunden (Froböse et al., 2019, S. 4). Trotz des Fakts, dass etwa 63,8% der Befragten die Bewegungsempfeh­lung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einhalten, ist das Sitzen und die damit verbundene reduzierte Bewegungszeit ein Faktor für das Gesundheitsempfinden der Spieler (Froböse et al., 2019, S. 6).

3.4.2 Körperliche Beschwerden

Die genannten Faktoren im Bewegungsbereich und die körperliche Inaktivität der Spie­ler haben körperliche Folgen. 28,9% der Spieler hatten bereits manchmal oder öfter Rückenschmerzen, 22,2% Nackenschmerzen, 22% Augenbeschwerden und 20,5% Handgelenkbeschwerden (Grieben, Rudolf & Froböse 2018). Damit sind auch erhebli­che Verletzungsrisiken verbunden.

Bei bis zu 10 Stunden Sitzzeit und 300 bis 400 Tastenaktionen pro Minute sind Überrei­zungen und Verletzungen bei unspezifischem körperlichen Training vorprogrammiert. Zu den drei häufigsten Beschwerden zählen das Karpaltunnelsyndrom, der Tennisarm und Rückenschmerzen (Deutsche Sporthochschule Köln 2018). All diese Verletzungen schränken die Spieler in ihrer Leistungsfähigkeit stark ein und sind durch gezielte kör­perliche Aktivität vermeidbar. Aus gesundheitlicher und präventiver Sicht ist daher ein ganzheitliches und individuell angepasstes Konzept für die Spieler erforderlich.

3.4.3 Stress und Regeneration

Stress ist ein Zustand des Ungleichgewichts zwischen den Anforderungen und dem da­mit verbundenen Druck auf eine Person sowie ihrem Wissen und ihrer Fähigkeit, damit umzugehen (Leka, Griffit & Cox, 2004). Im Durchschnitt sind bei den 18- bis 29-Jähri­gen in Deutschland 66% gestresst (Techniker Krankenkasse, 2016, S. 7).

Auch unter den professionellen Spielern hat Stress eine bedeutende Rolle eingenom­men. Tendenziell sind Trainingssituationen nicht so stark von Stress geprägt wie der Wettkampf. Im Turnier steigen die Herzfrequenz und der Cortisol-Spiegel an. Es wer­den Herzfrequenzen gemessen, die im Mittelwert bei über 100 Schlägen pro Minute lie­gen, was auf akuten Stress hindeutet (Rudolf, Grieben, Achtzehn & Froböse, 2016). Die Spieler messen zudem Regeneration und Entspannung während des Tages, aber auch ausreichendem Schlaf nur einen geringen Stellenwert bei (Froböse et al., 2019, S. 7). Obwohl die Spieler sich einig sind, dass gute Fitness, eine ausgewogene Ernährung und genügend Schlaf leistungsfördernd sind, schlafen sie im Durchschnitt lediglich 7,1 Stunden (7,75 Stunden sind der Durchschnitt in Deutschland). Dabei gibt auch jeder sechste Spieler an eher schlecht zu schlafen (Froböse et al., 2019, S. 8).

3.4.4 Ernährung

Für professionelle Spieler liegen wenige wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Er­nährung vor. Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) empfiehlt eine tägliche Aufnahme von fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag (DGE, 2013). Hier erreichen gerade einmal 11% der Spieler die Vorgabe der DGE (Froböse et al., 2019, S. 9).

3.5 Fazit

Auf Grundlage der gezeigten Studien sind im deutschen eSport aus gesundheitsförderli­cher und präventiver Sicht Anpassungen notwendig. Das Bewusstsein der Spieler und Trainer muss sich zukünftig ändern, um leistungs- und konkurrenzfähig im internationa­len eSport zu bleiben. Den Spielern fällt hier, wie im regulären Sport gegenüber den Fans, eine Vorbildfunktion zu. Verstärkt wird diese durch den direkten Kontakt mit den Spielern aufgrund der stetigen Verfügbarkeit mittels Übertragungen im Internet.

Auf die zuvor genannten Inhalte und Herausforderungen der Spieler wird im Interview in den Kapiteln 4 und 5 noch speziell eingegangen. Hier findet ein Vergleich des subjek­tiven Empfindens der Spieler und des Managements beziehungsweise der angebotenen Betreuung mit Blick auf die genannten Punkte statt.

4 Methodik

Der gegenwärtige Kenntnisstand hat dargestellt, dass die Anforderungen an die Spieler sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können und teilweise unabhängig voneinander auf­treten. Da bisher wenige wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Themenkomplex durchgeführt wurden ist eine umfängliche Erfassung und Aufschlüsselung dieser Fak­toren erforderlich. Zur Unterscheidung und Hierarchisierung der Faktoren werden so­wohl Spieler, als auch das Management, stellvertretend als professionelles eSport Team in Deutschland sowie Timo Schöber als Buchautor im Bereich eSport im Interview be­fragt. Dies bietet die Grundlage, die Rahmenbedingungen entsprechend der Zielsetzung zu untersuchen und weitere Maßnahmen ableiten zu können.

4.1 PENTA Entertainment UG - PENTA

4.1.1 PENTA

Im Rahmen der Recherchearbeit zu professionellen eSport-Organisationen hat sich schnell PENTA aus Berlin als etabliertes, erfolgreiches Unternehmen mit festen Abläu­fen und Rahmenbedingungen herausgestellt. Mit dem eigenen Anspruch, zu den besten deutschen eSport-Organisationen der Welt zu gehören, wird das Ziel, sich in der profes­sionellen Szene nachhaltig zu etablieren, formuliert (PENTA Entertainment UG, 2019a). Damit steht das Unternehmen beispielhaft für die professionellen eSport-Organisationen in Deutschland. PENTA ist in den klassischen Social-Media-Kanälen vertreten und hat auf Instagram knapp 200.000 Follower (Instagram, 2019). Seit der Gründung im Jahr 2013 gelangen der Organisation verschiedene Erfolge auf internationalen Turnieren mit unterschiedlichsten Spielsystemen. PENTA entwickelte 2017 das erste eSport-Leis- tungszentrum (ELZ) in Deutschland und ist ständig bestrebt, die Professionalisierung und Etablierung des eSport voranzutreiben (PENTA Entertainment UG, 2019a).

Momentan sind im Unternehmen knapp 20 Spieler in sechs unterschiedlichen Spielen und Spielsystemen auf professioneller Basis unter Vertrag (PENTA Entertainment UG, 2019b).

4.1.2 Räumliche und personelle Rahmenbedingungen

Das ELZ wird sowohl für Trainingslager, als auch für die spezifische Turniervorberei - tung genutzt. Die Spieler werden mit Equipment und professionellem Coaching in den Bereichen Ernährung, Sport und Mentaltraining unterstützt (PENTA Entertainment UG, 2019c). In Verbindung mit den Interviews wurde eine Besichtigung des ELZ vorgenom­men. Auf die genauen Eigenheiten und die Bewertung wird in den Kapiteln 5 und 6 ge­nauer eingegangen.

4.1.3 Teamauswahl

Um der Zielsetzung entsprechend die psychischen und körperlichen Anforderungen zu identifizieren (vgl. Kapitel 2), sind Spielsysteme, die im Teamrahmen stattfinden besser geeignet, als Spiele im Einzelspielermodus. Durch die Teamkomponente wird die Koor­dination durch die Organisation besser bewertbar. Zudem werden Einblicke in die Ab­läufe eines professionellen eSport-Teams erleichtert. Aufgrund der engen Kommunikati­on mit dem Management von PENTA und den gegebenen Rahmenbedingungen bot sich das Team um das Computerspiel Apex Legends für das Interview an. Apex Legends wurde als Free-to-play und Battle Royal Spiel (BR) veröffentlicht. PENTA hat ein inter­nationale besetztes Team, bestehend aus drei sehr erfahrenen Spielern verpflichtet. So­wohl die teils mehrjährige Erfahrung der Spieler in anderen Organisationen, als auch die multinationale Besetzung sprechen für die Teamauswahl des Interviews. So ließ sich für die Interviewfragen sicherstellen, dass die Spieler zuverlässig andere Organisationen und Länder bewerten und vergleiche konnten. Zudem ist es üblich, dass in eSport-Orga- nisationen länderübergreifend gearbeitet und kommuniziert wird.

4.2 Darstellung des Forschungsdesigns

4.2.1 Untersuchungsplanung und Ablauf

Im Rahmen der Recherche wurden deutschlandweit etwa 20 professionelle eSport- Unternehmen per E-Mail kontaktiert. Orientierend an Zielsetzung der Arbeit hat sich PENTA entsprechend der in 4.1 dargestellten Inhalte für die Untersuchung qualifiziert. Die komplette Ablaufplanung wurde über das Management koordiniert, sodass der per­sönliche Erstkontakt zu den Spielern erst zum Interview entstanden ist. Zuvor wurde durch das Management der Interviewleitfaden entsprechend Anhang 4 besprochen. Al­len Interviewteilnehmern wurde die Probandeninformation zum Interview als Vorberei­tung zuzüglich der Datenschutzrichtlinien und Einverständniserklärung entsprechend der Anhänge 1 bis 3 zugesandt. Es fand zunächst das Interview mit dem Experten Timo Schöber statt. Anschließend wurde die Besichtigung des ELZ in Berlin durchgeführt und folgend die Interviews mit den Spielern sowie dem Management absolviert. Es war 19/136 notwendig, die Besichtigung der Anlage vor den Spieler- und Management-Interviews durchzuführen, um auf eventuelle Gegenfragen oder Stellungnahmen während der Inter­views angemessen reagieren zu können.

4.2.2 Begründung und Aufbau der Methodik

Aufgrund der geringen Datenlage bisheriger Untersuchungen in dem Themenfeld ist eine Abgrenzung verschiedener Bereiche notwendig. Mit Hilfe der Interviews ist es möglich, einen umfassenden Eindruck über das Thema zu erlangen und dieses für weitere Untersuchungen einzugrenzen.

In Form eines Leitfadeninterviews wurde dem aktuellen Forschungsstand der Thematik weitestgehend entsprochen. Einerseits bietet die offene Gestaltung die Möglichkeit, be­stimmte Themenbereiche einzuführen und zu besprechen. Andererseits wird ein offener Erzählraum geboten, um einen subjektiven Eindruck zu dem Untersuchungsthema zu erhalten (Helfferich, 2011, S. 179). Zudem wird durch die Standardisierung der Frage­stellungen bei allen Spielern eine einheitliche Grundstimmung erzeugt.

Zur Erstellung des Interviewleitfadens wurde nach dem SPSS-Prinzip vorgegangen (Helfferich, 2011). Das bedeutet, es wurden möglichst viele Fragen gesammelt, die ak­tuelle Rahmenbedingungen und Anforderungen der Spieler darstellen können. Anschlie­ßend wurden diese Fragen auf Brauchbarkeit in Bezug auf die Forschungsfrage über­prüft. Nach der inhaltlichen Sortierung der Fragen wurden die Themenbereiche mit der vorhandenen Literatur abgeglichen. Anschließend erfolgte die Einteilung in Hauptfra­gen (Erzählimpulse) und Unterfragen (spezifische Fragen). Zu letzterem zählen u.a. die Themenblöcke Zeitmanagement und Stress, sowie Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Die Fragen für Spieler, Management und Experten decken die gleichen Bereiche ab, sind aber entsprechend angepasst formuliert worden, um den Unterschied zwischen Wahrnehmung der Spieler gegenüber dem Management darstellen und auswerten zu können. Zudem enthält der Leitfaden einen Abschnitt zu den wichtigsten soziodemo­graphischen Daten und Hinweise zum Ablauf des Interviews. Zu jedem Frageblock be­steht die Möglichkeit, handschriftlich Notizen zu verfassen. Die kompletten Interview­leitfäden sind in den Anhängen 4 bis 6 einsehbar.

Aufgrund der teils sehr detaillierten Fragen wurden Einzelinterviews getrennt zwischen den Spielern, dem Management und dem Experten durchgeführt. Dies erzeugt Vertrau­en, um über persönliche Hürden und Ängste zu sprechen und bietet eine bessere Basis, um auf Einzelheiten der Erzählungen im Rahmen der Zielsetzung einzugehen. Durch ein anonymisiertes Einzelinterview erhielten die Spieler zudem die Sicherheit, offen über kritische Themenbereiche im Unternehmen zu sprechen, ohne direkte negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Diese Sicherheit wird durch die Form eines Face- to-Face-Interviews verstärkt. Das persönliche Kennenlernen und der Augenkontakt er­möglichen eine bessere Qualifizierung und Auswertung der Antworten und Emotionen, die mit den Themen verbunden sind.

Um die Gütekriterien und die Objektivität der Untersuchung zu sichern, wurden die In­terviews mittels Tonaufzeichnung festgehalten und anschließend, wenn erforderlich, an­onymisiert und transkribiert. Hierzu wurde bei den Interviews mit den Spielern ein Smartphone mit der App Easy Voice Recorder genutzt. Aufgrund organisatorischer Um­stände war ein persönliches Treffen mit dem Management und dem Autor nicht mög­lich. Beim Manager von PENTA wurde ein Telefoninterview durchgeführt und mit der App Cube ACR die Aufzeichnung sichergestellt. Beim Experten wurde das Interview mittels Teamspeak (TS) durchgeführt und aufgezeichnet.

Tabelle 1: Transkription (eigene Darstellung modifiziert nach Fuß & Karbach, 2014, S. 62-64)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Transkription erfolgte bei allen Interviews im Anschluss ohne weitere Hilfspro­gramme und nach den Transkriptionsregeln und Darstellungen entsprechend Tabelle 1.

Zur Auswertung der Interviews wurde eine qualitative Inhaltsanalyse nach Dresing & Pehl (2015, S. 35-41) durchgeführt. Dabei wurden die relevanten Inhalte entsprechend der Themenkomplexe und der Forschungsfrage zusammengefasst. Die drei Interviews der Spieler wurden weitestgehend gemeinsam betrachtet und ausgewertet. Anschließend wurden alle Interviewinhalte übergreifend entsprechend der Zielsetzung zusammenge­fasst und tabellarisch sortiert. Diese Tabellen dienen u.a. als Diskussionsgrundlage in Kapitel 6.

4.2.3 Aufbau und Ablauf des Interviews

Bereits im ersten Kontakt mit den Interviewpartnern wurde das „Du“ zur Ansprache gewählt. Vor dem Start der Aufzeichnung haben die Spieler die Einverständniserklärung und Datenschutzrichtlinien entsprechend der Anhänge 2 und 3 unterschrieben. Um den Interviewten auf das Thema einzustellen, wird nach einer Begrüßung und dem Dank zur Teilnahme nochmals der Zweck und die Zielsetzung der Arbeit erläutert. Um einen Auf­merksamkeitsverlust während der Arbeit zu vermeiden, wird auf die Dauer von circa 30 Minuten verwiesen und auf die Möglichkeit, jederzeit Pausen oder Unterbrechungen durchzuführen gegeben. Um kritische Situationen im Interview zu umgehen, wird dar­auf aufmerksam gemacht, dass persönliche Fragen Bestandteil des Interviews sein kön­nen und vom Empfinden unangenehme Fragen nicht beantwortet werden müssen. Dar­auf aufbauend wird ebenfalls auf die Anonymisierung mittels Transkription verwiesen, sowie eine Erlaubnis für eine Audioaufnahme eingeholt. Nach dem Ausfüllen der sozio­demographischen Daten erfolgt das Interview entsprechend der Leitfäden der Anhänge 4 bis 6.

Alle Interviews wurden in gewohnter Umgebung für den Interviewten durchgeführt, um weitere Sicherheit zu gewährleisten. Äußere Störfaktoren wurden bestmöglich ausge­schlossen, um den Fokus auf die Inhalte sicherzustellen.

Nach Beendigung des Interviews wurde sich für die Teilnahme bedankt sowie ein kur­zes Feedback zur Durchführung eingeholt. Nach dem Hinweis auf das weitere Verfahren mit den erhobenen Daten fand die Verabschiedung statt.

4.2.4 Begründung der Inhalte und Formulierungen

Alle Fragen wurden in einfacher Sprache ohne branchenspezifische Fachwörter formu­liert. Das Interview teilt sich in fünf relevante Themenbereiche auf. Zu jedem Thema gibt es ausformulierte Erzählimpulse und spezifische Fragen, um ein einheitliches Ver­ständnis bei den Teilnehmern zu ermöglichen. Auf die spezifischen Fragen wird nur zu­rückgegriffen, sollten Inhalte noch nicht durch den Interviewten aufgrund des Erzählim­pulses genannt worden. Folgend werden die einzelnen Abschnitte dargestellt und be­gründet. Die Formulierungen umfassen die Fragestellung an die Spieler. Eine gesonder­te Begründung für die Fragen an das Management und den Experten findet nicht statt, da die Inhalte identisch sind, nur die Formulierungen an den Interviewpartner angepasst wurden.

4.2.4.1 Trennung von Freizeit und Beruf

Der erste Themenblock beschäftigt sich damit, wie die Spieler ihren Beruf wahrnehmen. Die Spieler werden aufgefordert, von ihrem Werdegang im eSport zu berichten, um einen einfachen Gesprächseinstieg zu ermöglichen. Hierbei wird eingeordnet, ob die Tä­tigkeit als Hobby oder Beruf wahrgenommen wird. Daraus lässt sich im Wesentlichen ableiten, ob die Spieler eSport als Freizeitaktivität ansehen oder nicht. Die Einordnung ist notwendig, um für weiterführende Untersuchungen im Setting die richtigen Maßnah­men ableiten zu können. Darauf aufbauend wird das Stichwort Work-Life-Balance durch die spezifischen Fragen eingebracht und nachgefragt, wie gut dem Spieler die Trennung von beiden Bereichen gelingt. Dadurch soll verdeutlicht werden, was den Un­terschied für die Spieler ausmacht und wo die Herausforderungen liegen, Arbeit und Freizeit voneinander zu unterscheiden.

Eine der spezifischen Fragen bezieht sich darauf, wie diese Aufgabe besser bewältigt werden kann und welche Maßnahmen die Spieler für geeignet und notwendig erachten. Diese Formulierung findet sich in den Fragen für das Management und den Experten wieder. Dies ermöglicht in Kapitel 6, die Angebote der Organisation und Bedürfnisse der Spieler miteinander abzugleichen.

4.2.4.2 Zeitmanagement und Stress

Nachdem die Priorität des eSport durch den Spieler formuliert wurde, beschreibt der In­terviewte mittels des nächsten Erzählimpulses einen typischer Arbeitstag. Hierbei wird ersichtlich, ob nur eine gedachte Trennung zwischen Arbeit und Freizeit vollzogen wird, oder ob diese auch real gelebt wird, beziehungsweise, ob gar keine Trennung vorhanden ist. Durch die spezifischen Fragen wird erneut der Stellenwert des eSport aufgegriffen und vom Spieler formuliert. Dies ermöglicht ein ganz individuelles Bild von jedem ein­zelnen Spieler und seinem Bezug zum eSport. Zudem wird eine rein zeitliche Darstel­lung der Beschäftigung mit dem Beruf erfragt. So wird ermöglicht, einen Eindruck von der Zeiteinteilung und dem Zeitmanagement der Spieler zu erhalten.

Stress im Wettkampf und im Training kann leistungsmindernd wirken, wenn nicht genü­gend Ausgleich geboten wird (Kapitel 3.4.3). Nach dem subjektiven Stressempfinden und Erfolgsdruck wird spezifisch gefragt. Wichtig ist, ob Stress für die Spieler über­haupt wahrgenommen wird und ob die Spieler ihr Verhalten und die Auswirkungen selbst reflektieren und wissen, wie sie mit dieser Herausforderung umgehen müssen.

4.2.4.3 Eigenschaften und Potentiale

Dieser Abschnitt befasst sich mit den Fähigkeiten eines erfolgreichen Spielers. Mit der Unterteilung in körperliche, psychische und charakterliche Eigenschaften sollen die Spieler aufzählen, was sie für erforderlich halten und ihre Einschätzung begründen. Nachfolgend wird auf die körperlichen, psychischen und charakterlichen Eigenheiten des Interviewten eingegangen. Dieser soll sich selbst reflektieren und einschätzen, in­wieweit er die eigenen Anforderungen an einen erfolgreichen Spieler erfüllt und wo er sich noch verbessern kann. Der Spieler soll mögliche Einschränkungen und Verstärker für seine Entwicklung aufführen. Der gesamte Themenblock ist aufgrund der freien For­mulierung der Spieler sehr aussagekräftig für weiterführende spezifische Trainings und Untersuchungen. Es wird deutlich, ob die Spieler unterschiedliche Wahrnehmungen der Fähigkeiten haben, oder ob diese sich decken. Zudem wird ersichtlich, welche Fähigkeit dabei die höchste Priorität hat. Der Bezug zum Management und das Angebot durch die Organisation werden ebenfalls herangezogen, um einen Vergleich der Einschätzungen im weiteren Verlauf durchführen zu können.

4.2.4.4 Strategien zur Aufgabenbewältigung

Basierend auf den zuvor genannten Eigenschaften soll der Interviewte seine größte Her­ausforderung in seiner bisherigen Laufbahn beschreiben und ausführen, wie er diese be­wältigen konnte. Es wird spezifisch nachgefragt, wie die Situation entstanden ist, was am meisten zur Bewältigung geholfen hat und wie Spieler am besten auf vergleichbare Situationen vorbereitet werden können. Zum einen befasst sich das Thema damit, wel­che Arten von Herausforderungen auf einen Spieler zukommen und ob bereits Lösungs­ansätze vorhanden sind. Zum anderen geht es um die Reflektionsfähigkeit der Spieler, die Vergangenheit zu rekapitulieren und herauszufinden, wie gut die Fähigkeit ausge­prägt ist, persönliche Herausforderungen zu formulieren. Eine anschließende Nachfra­gen nach Lösungsansätzen ermöglicht einen Abgleich inwieweit Angebote und Systeme von der Organisation geboten werden die Spieler auf diese Ereignisse vorzubereiten.

4.2.4.5 Gesundheit und Leistungsfähigkeit

Der letzte Abschnitt thematisiert die rein körperliche und geistige Verfassung der Spie­ler. Es wird erfragt, in welchem Maße der Interviewte auf seine Gesundheit und Leis­tungsfähigkeit achtet und welche Rahmenbedingungen ihn dabei unterstützen. Dies er­möglicht, zu sehen, ob das Angebot von PENTA überhaupt wahrgenommen und inwie­weit darauf zurückgegriffen wird. Zudem wird daraus ersichtlich, ob Gesundheit und Leistungsfähigkeit für die Spieler überhaupt eine Rolle spielen und was sie darunter ver­stehen. Zur Selbstreflektion wird außerdem nach Verbesserungsmöglichkeiten der eige­nen Gesundheit und Leistungsfähigkeit gefragt. Die abschließende Frage lässt den Inter­viewten darstellen, wo er sich in fünf Jahren sieht und wie er auf dem Weg dorthin opti­mal unterstützt werden kann. Da das Interview mit der Einordnung des eSport als Hob­by oder Beruf begonnen hat, soll hier der Kreis geschlossen werden: Wird eSport auch in Zukunft die Haupttätigkeit der Spieler sein oder wird das professionelle Spielen nur als kurzer Lebensabschnitt empfunden und geplant?

5 Ergebnisse

Ziel der Arbeit ist es, einen subjektiven Einblick in die Anforderungsbereiche und Rah­menbedingungen im professionellen eSport in Deutschland zu gewinnen und zu prüfen, in welchem Umfang das Gesundheitsmanagement als Unterstützung der Spieler dienen kann. Im Rahmen der Ergebnisdarstellung wird sowohl auf die Einzelinterviews als auch auf die Besichtigung des ELZ in Berlin Bezug genommen. Die Darstellung der In­halte bezieht sich auf die jeweilige Transkription entsprechend der Anhänge 7 bis 11.

5.1 Besichtigung der Infrastruktur

Abbildung 5 zeigt den Grundriss des ELZ.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: PENTA ELZ Berlin (SPORT1, 2017)

Im eSport-Leistungszentrum befinden sich im Eingangsraum ein großer Streaming- und Analysebereich mit Beamer und Leinwand. Hier sind ebenfalls ein Billardtisch, ver­schiedene Sitzmöglichkeiten und eine Bar mit einer Küchenzeile vorhanden. Es gibt verschiedene Trainingsbereiche mit modernster Hardware für komplette Teams inklusi­ve Trainer für Analysegespräche. Im Standort befinden sich sowohl Schlafmöglichkei­ten mit Stauraum, als auch Sanitäranlagen mit Waschmaschine und Duschen für die Spieler (Google Ireland Limited, 2019).

Zudem sind verschiedene Baumaßnahmen und weitere Anmietungen für die Anlage in Planung (A. Schätzke, persönl. Mitteilung, 23.03.2019).

5.2 Trennung von Freizeit und Beruf

Dieser Themenblock ergründet, ob die Spieler ihre Tätigkeit als Freizeit oder Beruf wahrnehmen und welche Auswirkungen dadurch vorhanden sind. Darauf aufbauend wird der Begriff der Work-Life-Balance als Herausforderung für die Spieler thematisiert und ihr individueller Umgang mit dieser Aufgabe umschrieben.

5.2.1 Ergebnisse des Experten-Interviews

Timo Schöber war früher selbst im RTS (real-time strategy) Bereich aktiver Spieler und beschreibt im Interview seine Erfahrungen mit der Trennung von Freizeit und Beruf im eSport. Aufgrund der geringen Möglichkeit, früher viel Geld mit dem Spielen zu verdie­nen, war es für ihn immer nur ein Hobby, welches er neben seiner Haupttätigkeit, dem Studium, ausübte. Das Spielen wurde grundsätzlich als Hobby wahrgenommen und zu­sätzliche Einkünfte waren ein positiver Nebeneffekt (Anhang 7, Zeile 1-12).

In seinen Beschreibungen der heutigen Zeit bezieht sich Timo Schöber auf Vollzeit-Pro­fispieler. Hier sieht er eine stärkere Trennung von Hobby und Beruf, bedingt durch die ganzheitliche Betreuung, u.a. in Form von mentalem Training, Metaanalysen oder Geg­neranalysen. Dieser Effekt wird durch die Ablösung der klassischen 1-gegen-1-Spiele durch Teamspiele verstärkt. Die Einbindung des Teams wurde somit maßgeblich gestei­gert und Teil der Trainingspläne. Timo Schöber beschreibt im Interview den Wandel ei­ner Freizeitaktivität hin zu einem professionellen Beruf (Anhang 7, Zeile 13-29).

Zum Thema Work-Life-Balance bezieht er sich auf die Wohnsituation der Spieler. Eini­ge Teams leben zusammen in Teamhäusern, wodurch ein Ausgleich erschwert wird. Im Interview wird beschrieben, dass in der Top-Elite Turniere, Reisen und Trainings­zeiträume immer gemeinsam und sehr zeitintensiv stattfinden. Timo Schöber empfiehlt, außerhalb der Wettkampfzeiträume den Spielern die Möglichkeit zu geben, in eigenen Wohnungen zu leben, um eine bessere Work-Life-Balance zu gewährleisten (Anhang 7, Zeile 30-52).

5.2.2 Ergebnisse des Management-Interviews

Andreas Schätzke bezieht sich in seinen Ausführungen u.a. auf das persönliche Umfeld der Spieler. Hier können die persönlichen Hintergründe stark variieren. Am Beispiel ei­nes Spielers erläutert er, dass eine familiäre Unterstützung ein großer positiver Einfluss­faktor auf die Karriere und die Verbindung zwischen Beruf und Privatleben sein kann. Zum größeren Teil ist die Unterstützung aus dem Elternhaus für die teils sehr jungen 27/136 Spieler jedoch eingeschränkter und kritischer. Erst finanzielle Erfolge überzeugen viele Elternteile von der Tätigkeit. Andreas Schätzke erkennt bei wenig Affinität im Familie­numfeld eine verstärkte Trennung zwischen Freizeit und Beruf, was für die Spieler je­doch kein großes Problem darstellt (Anhang 8, Zeile 1-28).

In Bezug auf die Work-Life-Balance bezieht sich der Interviewte ebenfalls auf Beispiele aktiver Spieler. Für Andreas Schätzke ist ein großer Einflussfaktor die Erfahrung der Spieler im eSport. Die Tatsache, dass fast alle Spieler in einer festen Partnerschaft leben und teilweise ein Familienleben mit Frau und Kindern führen, betrachtet Schätzke nicht als großes Problem für die Karriere. Spieler aus anderen Ländern haben die Möglich­keit, ihre Urlaubszeiten und Reisen in die Heimat zu koordinieren. Ein wichtiger Impuls geht zudem vom Betreuerstab der Organisation aus, den Spielern bewusst zu machen, wie wichtig Zeit für sich selbst, für Körper und Geist ist. Schätzke sieht jedoch noch viel Verbesserungspotential in der Betreuung der Spieler durch die Organisation (An­hang 8, Zeile 29-45).

Neben der Erfahrung wird im Interview kurz das Alter der Spieler thematisiert. Je nach Spielsystem sind verschiedene Altersgruppen vertreten und müssen noch Lebenserfah­rung sammeln. Eine Verallgemeinerung, sagt Andreas Schätzke, sei hier nicht möglich (Anhang 8, Zeile 58-79).

Die größte Herausforderung für die Spieler wird im Interview ebenfalls als sehr indivi­duell beschrieben. Die Variablen für Andreas Schätzke sind die jeweilige Erfahrung, das eigene Alter, das familiäre Umfeld, der Charakter und die spezifische Vorgeschichte. In allen Fällen werden bei PENTA die Spieler individuell und von Mensch zu Mensch un­terschiedlich betrachtet und betreut (Anhang 8, Zeile 75-92).

5.2.3 Ergebnisse der Spieler-Interviews

In der Wahrnehmung des ersten Spielers gibt es keine Trennung zwischen seiner Frei­zeit und dem Spielen. Das komplette Leben und der gesamte Tagesablauf sind auf das Spielen ausgerichtet. Zwar besteht auch die Zeit, um Freunde zu treffen, jedoch ist auf­grund seiner Partnerschaft mit einer Freundin im eSport-Bereich die komplette Freizeit vom Spielen geprägt, andere Hobbys existieren nicht (Anhang 9, Zeile 45-60).

Der Begriff der Work-Life-Balance hat für den Spieler die Bedeutung, eine Auszeit vom Spielen nur dann haben zu müssen, wenn eine schlechte Leistung erzielt wurde und Ab­lenkung benötigt wird. Die Zeit wird in dem Fall jedoch mit dem Analysieren und Nachdenken über Spielsituationen verbracht und nicht mit der klassischen Ablenkung durch eine andere Tätigkeit (Anhang 9, Zeile 61-87).

Im zweiten Interview mit einem Spieler wird der Wandel der Szene vom Hobby mit gelegentlichem Nebenverdienst zum gut bezahlten Beruf beschrieben. Der Zeitaufwand wurde größer und auch die Möglichkeiten, beispielsweise eines Auslandsaufenthaltes, boten sich dem Spieler an (Anhang 10, Zeile 6-39).

Der Wechsel vom Hobby zum Beruf fand laut zweiten Interviewpartner ab dem Zeit­punkt statt, ab dem der Drang aufkam, etwas zu gewinnen. Damit verbunden war ein gewisser Zeitaufwand, der sich zur Pflicht zum Spielen entwickelte. Das Freizeitverhal­ten wurde aufgrund des wechselnden Tagesrhythmus eingeschränkt. Das Treffen von Freunden wurde durch die Aktivitätszeiten fast unmöglich. Die verliebende Zeit wurde stattdessen vom Spieler in physische Aktivitäten, z.B. ins Fitnessstudio, investiert (An­hang 10, Zeile 48-59).

Um eine Work-Life-Balance aufrecht zu erhalten nimmt sich dieser Spieler wöchentlich mindestens einen PC-freien Tag. Er beschreibt einen Burnout und die Erfahrung der Überlastung, womit er die Notwendigkeit von vorausgeplanten Pausen begründet. Der sogenannte „Off-Day“ hilft dabei, Zeit für die Familie und Freunde zu finden, auch wenn dieser in Zeiten intensiver Vorbereitungen wie einem Bootcamp nicht immer leicht einzuhalten ist (Anhang 10, Zeile 78-111).

Im dritten Interview berichtet der Spieler, dass er sich das erste Mal im Alter von 20 Jahren als professionellen Spieler wahrgenommen hat. Ab diesem Zeitpunkt wurde das Spielen vom Hobby zum Beruf. Dieser wird als ernste Angelegenheit, wie bei einem re­gulärer Beruf umschrieben, wobei Leistung, Training und Bezahlung als klassische Fak­toren gelten (Anhang 11, Zeile 24-30). Der Spieler verspürt eine starke Notwendigkeit, viel Zeit in das Spielen zu investieren, um stetig auf einem hohen Leistungsniveau ar­beiten zu können, da Turniere oft kurzfristig veranstaltet werden. Seine Freizeit war stark eingeschränkt (Anhang 11, Zeile 32-41).

In Verbindung mit dem Stichwort Work-Life-Balance versteht dieser Spieler alles unter dem Puncto Zeitmanagement. Mit einer guten Zeiteinteilung sind Aktivitäten wie Sport oder das Treffen von Freunden möglich. Die einzige Herausforderung, dieses Zeitmana­gement erfolgreich zu nutzen, sieht der Spieler in der eigenen Faulheit. Sobald die ge­setzten Zeiten nicht eingehalten werden, gerät vieles durcheinander und Aktivitäten fal­len weg. Lediglich beim Training im Team, so der Interviewpartner, setze er stets auf Pünktlichkeit (Anhang 11, Zeile 42-61).

[...]

Ende der Leseprobe aus 136 Seiten

Details

Titel
Gesundheitsmanagement im eSport. Eine Frage der Belastung
Hochschule
Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement GmbH
Note
0,6
Autor
Jahr
2019
Seiten
136
Katalognummer
V917092
ISBN (eBook)
9783346237408
ISBN (Buch)
9783346237415
Sprache
Deutsch
Schlagworte
gesundheitsmanagement, eine, frage, belastung, esport, esports, apex legends
Arbeit zitieren
Arno Peise (Autor:in), 2019, Gesundheitsmanagement im eSport. Eine Frage der Belastung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/917092

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