Kommunikation in klassischer und moderner Adoleszenzliteratur

Am Beispiel von Hermann Hesses „Unterm Rad“ und J. D. Salingers „Der Fänger im Roggen“


Facharbeit (Schule), 2020

15 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsdefinition Adoleszenz

3. Adoleszenz in der Literatur
3.1 Klassische Adoleszenzromane
3.2 Moderne Adoleszenzromane
3.3 Postmoderne Adoleszenzromane

4. Betrachtung der zwei Romanbeispiele
4.1 Hermann Hesses „Unterm Rad“
4.1.1 Zur Person Hans Giebenrath
4.1.2 Soziale Kontakte
4.1.3 Kommunikation
4.2 J. D. Salingers „Der Fänger im Roggen“
4.2.1 Zur Person Holden Caulfield
4.2.2 Soziale Kontakte
4.2.3 Kommunikation

5. Vergleich der zwei Romanbeispiele

6. Schluss

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In den letzten einhundert Jahren hat sich die Gesellschaft stark verändert. Im Zuge dieser Veränderung hat sich auch die Adoleszenzliteratur weiterentwickelt und es entstanden die Subgattungen des klassischen, modernen und des postmodernen Adoleszenzromans. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den beiden erstgenannten Gattungsausprägungen. Da der Umfang dieser Arbeit jedoch begrenzt ist, habe ich mich für den Aspekt der Kommunikation entschieden und folgende Fragestellung formuliert:

„Wie wirkt sich die Kommunikationsweise des Protagonisten auf den Verlauf seiner Adoleszenz aus?“

Diese Fragestellung möchte ich am Beispiel des klassischen Adoleszenzromans „Unterm Rad“ (1906) von Hermann Hesse und an J. D.

Salingers „Der Fänger im Roggen“ (1951) untersuchen. Der letztgenannte Roman lässt sich der Gattung des modernen Adoleszenzromans zuordnen. Die beiden Romane beschäftigen sich vor allem mit den negativen Auswirkungen mangelhafter Kommunikationsweisen.

Im ersten Teil meiner Arbeit möchte ich einen allgemeinen Überblick über das Themengebiet schaffen. Dazu werde ich den Begriff der Adoleszenz definieren und mich anschließend näher mit den oben genannten Gattungsausprägungen auseinandersetzen. Im zweiten Teil stehen die ausgewählten Romane im Vordergrund. Auf eine Inhaltsangabe verzichte ich, da es für das Verständnis dieser Arbeit zwingend notwendig ist, sich bereits im Vorfeld eingehend mit den Romanen auseinandergesetzt zu haben. Ich fange mit der Beschreibung der Hauptperson an. Darauffolgend stelle ich dessen soziale Beziehungen näher dar, um mich schließlich mit der Kommunikation auseinanderzusetzen. Dieses Vorgehen wende ich bei beiden Romanen an, damit der nachfolgende Vergleich übersichtlicher ist. Dieser Vergleich ist von besonderer Bedeutung, da durch ihn das Thema im Schluss allgemeingültiger beschrieben werden kann und so auch auf unser alltägliches Leben übertragbar ist.

Ich erhoffe mir von dieser Arbeit, neben der Beantwortung der Fragestellung, eine Erweiterung unseres Wissens, damit wir im Alltag Kommunikationsfehler aufspüren können, wissen, wie sich diese auf die betroffenen Menschen und vor allem auf Jugendliche auswirken und sie bestenfalls beheben können.

2. Begriffsdefinition Adoleszenz

Als Adoleszenz wird der Entwicklungszeitraum zwischen der Kindheit und dem Erwachsenenalter bezeichnet. Umgangssprachlich wird er auch Jugendalter genannt. In dieser Lebensphase entwickeln sich die Jugendlichen zu einem eigenständigen Erwachsenen und fügen sich in die Gesellschaft ein. Diese Phase schließt die Entwicklung der eigenen Identität, eigenen Wertvorstellun­gen und die des Körpers ein. Die Adoleszenten übernehmen Eigenverantwor­tung. Dies und die Veränderung sozialer Beziehungen hat häufig Konflikte zur Folge. Eine genaue Datierung dieser Phase lässt sich nur schwer treffen, da sie durch verschiedene Faktoren wie die Familie oder die gesellschaftlichen und kulturellen Begebenheiten beeinflusst wird. Diese Faktoren bewirken auch, dass die Adoleszenz bei jedem unterschiedlich verläuft.1

3. Adoleszenz in der Literatur

Die Gattung des Adoleszenzromans wurde im Jahre 1989 erstmals genau definiert. Der Germanist Hans Heino Ewers beschreibt ihn als „Roman mit jugendlichem Helden in existentieller Erschütterung und tiefgreifender Identitätskrise“2. Diese Definition ist heute nicht mehr allgemeingültig, da sich die Gattung immer weiterentwickelt hat. Doch auch im 18. und 19. Jahrhundert gab es schon Werke, wie zum Beispiel Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ (1774), die dieser Gattung zugeordnet werden können.3 Allerdings setzte sich die Gattung in dieser Zeit nicht genügend durch.

3.1 Klassische Adoleszenzromane

Anfang des 20. Jahrhunderts gewann die Gattung des Adoleszenzromans erneut an Bedeutung. Werke wie Emil Strauß‘ „Freund Hein“ (1902) und Hermann Hesses „Unterm Rad“ (1906) werden heute als klassische bzw. traditionelle Adoleszenzromane bezeichnet. Diese Subgattung wurde ausschließlich als Erwachsenenliteratur publiziert. Der stets männliche Jugendliche befindet sich darin auf der Suche nach seiner Identität. Klassische bzw. traditionelle Adoleszenzromane zeichnen sich durch ihre radikale Negativität aus. Die ausgeprägt autoritären Erziehungsstile in der Schule und im Elternhaus beeinflussen den meist begabten und sehr sensiblen Protagonisten so erheblich, dass er in eine existenzielle Krise gerät.

Das äußert sich auch darin, dass die Schule von dem Protagonisten meist als quälende Zwangsanstalt beschrieben wird. Zu Hause steht der Protagonist in einem Generationenkonflikt mit seinen Eltern. Die Romane enden mit dem tragischen Tod des Protagonisten.

Eine weitere Besonderheit des klassischen Adoleszenzromans ist die Tabuisierung der Sexualität. Die Sexualität und Körperentwicklung spielt in der Phase der Adoleszenz eine wichtige Rolle, jedoch war sie am Anfang des 20. Jahrhunderts so scham- und angstbesetzt4, dass der Protagonist - wie auch die in dieser Zeit lebenden Menschen - jegliche inneren Regungen ablehnt beziehungsweise unterdrückt und sich so weiter in seine Krise stürzt.

Als Kontrast zu der feindlichen Umwelt wird die friedliche Natur als ein Ort der freien Entfaltung empfunden. Auch wird der Hauptperson oft eine Kontrastfigur zur Seite gestellt, welche die unterschiedlichen Entwicklungsmöglichkeiten in der Adoleszenz verdeutlicht. Nicht selten steht diese Kontrastfigur in einem biographischen Bezug zum Autor.

3.2 Moderne Adoleszenzromane

Einen neuen Entwicklungsschub erlebte der Adoleszenzroman nach dem zweiten Weltkrieg in den 1950er Jahren. Mit der Modernisierung veränderte sich auch die Adoleszenz und schuf eine neue Subgattung des Adoleszenz­romans: Den modernen Adoleszenzroman.

Diese Subgattung zeichnet sich durch ihre Entdramatisierung aus. Erstmals eröffnen sich dem verzweifelten Protagonisten auch andere Zukunfts­perspektiven als nur der Tod. Der Generationenkonflikt bleibt weiterhin bestehen, jedoch gewinnen die inneren Werte des Protagonisten immer mehr an Bedeutung. Dieser ist durch die Studenten- und Frauenbewegung in den 1960er und 1970er Jahren nicht mehr ausschließlich männlich.5

Der Hauptkonflikt ist auf den Prämissen der modernen Subjektivität aufgebaut. Der Protagonist befindet sich auf der Suche nach einem festen Wesenskern, einer unverwechselbaren Persönlichkeit, sozialer Verantwortung und Handlungsautonomie.6 Dabei grenzt er sich stark und erstmals auch äußerlich von der Erwachsenenwelt ab, jedoch eher von den durch Erwachsene repräsentierten institutionalisierten Einrichtungen der Gesellschaft, als von der Eltern-Kind-Beziehung.7

Literarisch betrachtet erkennt man den Wandel an der nun oft episodischen statt chronologischen Handlungsstruktur, sowie an der Entwicklung des kommentierenden, auktorialen Erzählers hin zu einem Ich-Erzähler. Dieser berichtet nun meistens rückblickend distanziert und benutzt eine eher jugendliche Umgangssprache sowie Stilmittel wie Ironie und Satire.

Genau dies zeichnet J.D. Salingers Roman „The Catcher in the Rye“ (dt. „Der Fänger im Roggen“) (1951) aus. Der amerikanische Roman trug wesentlich zur Entwicklung des modernen Adoleszenzromans in Deutschland bei. Zum Beispiel wurde er vermehrt auch von Jugendlichen gelesen. Dadurch verschwammen die Grenzen zwischen der Jugend- und Erwachsenenliteratur.

3.3 Postmoderne Adoleszenzromane

Der gesellschaftliche Wandel Mitte der 1980er Jahre führte zu einer weiteren Subgattung des Adoleszenzromans. Diese wird im Folgenden der Vollständigkeit halber dargestellt, jedoch im weiteren Verlauf dieser Arbeit nicht weiter betrachtet.

In dem sogenannten postmodernen Adoleszenzroman steht nun nicht mehr die Suche nach der eigenen Identität im Vordergrund. Vielmehr sucht der Protagonist nach persönlichkeitsprägenden Erlebnissen und versucht aus seiner inneren Orientierungslosigkeit auszubrechen. Den Jugendlichen der Postmoderne stehen so viele Möglichkeiten offen, dass sie an der Planung ihrer Zukunft verzweifeln und eine regelrechte Zukunftsangst entwickeln. Auf diese beschränkt sich die Handlung dieser Subgattung. Themen wie Politik und Gesellschaft spielen nur eine untergeordnete Rolle.

Die Protagonisten sind immer häufiger weiblich. Dadurch entsteht eine neue Sicht auf die Psyche und Körperentwicklung der Heranwachsenden.

In postmodernen Adoleszenzromanen werden die Hauptfiguren häufig nicht genau charakterisiert. Sie leben in der Gegenwart und handeln, im Gegensatz zu Hauptfiguren aus klassischen und modernen Adoleszenzromanen, nicht rebellisch oder betont autonom, um ihr eigenes Leben zu gestalten, sondern suchen nach Orientierung.

Ein weiteres Merkmal dieser Subgattung ist das offene Ende. Der Roman liefert keine Lösung für die Probleme des Protagonisten. Die Erzählform enthält häufig ironische oder zynische Elemente und verzichtet auf Moral- und Wertbekundungen. Dadurch wird auch keine eindeutige soziale oder politische Botschaft deutlich, wie es in früheren Formen von Adoleszenzromanen üblich ist.

4. Betrachtung der zwei Romanbeispiele

4.1 Hermann Hesses „Unterm Rad“

4.1.1 Zur Person Hans Giebenrath

Der 14-jährige, intellektuell begabte Hans ist in der kleinen Stadt sehr bekannt („[...] jedermann gab zu, der Bub sei ein feiner Kopf und überhaupt etwas Besonderes“8 ). Die Natur ist sein Rückzugsort, er schwimmt und angelt für sein Leben gern. Dies muss er allerdings aufgeben, um für das anstehende Lands- examen9 zu lernen. Da er es als einziger der Stadt in das Seminar schafft, ist der Erfolgsdruck sehr groß. Hans wird von den Lehrern stark beansprucht, findet zwischenzeitlich aber selbst Gefallen am dauernden Lernen - selbst in seiner Erholungszeit10 - da er bemerkt wie erfolgreich er ist. Der ständige Druck bekommt ihm nicht und er wird als blasser Junge mit „übernächtigtem Gesicht“ und „blaurandigen, müden Augen“11, der sich fortwährend mit Kopfschmerzen plagt, beschrieben. Als er sich mit Hermann Heilner anfreundet, lassen seine Leistungen deutlich nach. Der ausgebrannte Hans schöpft nun keine Kraft aus der Anerkennung der Anderen, sondern aus der Freundschaft mit Hermann. Als dieser das Seminar verlässt wird Hans immer einsamer und bricht schließlich entkräftet zusammen, weshalb er das Seminar frühzeitig verlassen muss. Zusätzlich zum schulischen Scheitern belastet ihn zuhause eine unglückliche Liebe. Eines Tages wird er tot in einem Fluss aufgefunden. Ob es ein Unfall oder Selbstmord ist, bleibt unbeantwortet.

4.1.2 Soziale Kontakte

Zu der Zeit im Seminar ist Hermann Heilner der einzige Freund von Hans. Hermann ist nicht sehr strebsam und ist der Gesellschaft und dem Schulsystem gegenüber sehr kritisch, fast schon verachtend. Der Träumer und Dichter fühlt sich den anderen überlegen und bezeichnet sie als „Langweiler“ und „Duckmäuser“12. Ihn und Hans verbindet die Liebe zur Natur. Meistens treffen sie sich draußen, was auch daran liegt, dass die Lehrer versuchen, den Kontakt der beiden zu unterbinden. Hermann ist schon etwas weiter entwickelt als die anderen und zeigt seine Gefühle häufiger.13 Auch deshalb wird er von den anderen Schülern und Lehrern verachtet.

[...]


1 Dorsch Lexikon der Psychologie: Adoleszenz

2 Ewers (1989), S. 10f.

3 Vgl. Gansel (1999) und (2000); Lange (1997) und (2000)

4 Es war nicht üblich, sich mit diesen Themen öffentlich auseinanderzusetzen, also wurde es vermieden.

5 Vgl. Grenz (1990)

6 Vgl. Gansel (1999)

7 Vgl. Gansel (2000)

8 Hesse (1970), S. 9

9 Landsexamen: Aufnahmeprüfung für das theologische Seminar in Maulbronn

10 Hesse (1970), S. 10

11 Ebd. S. 12, S.18

12 Ebd. S. 74

13 Ebd. S. 66, S.76

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Kommunikation in klassischer und moderner Adoleszenzliteratur
Untertitel
Am Beispiel von Hermann Hesses „Unterm Rad“ und J. D. Salingers „Der Fänger im Roggen“
Note
1,0
Jahr
2020
Seiten
15
Katalognummer
V916458
ISBN (eBook)
9783346234056
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hermann Hesse, Unterm Rad, J. D. Salinger, Fänger im Roggen, Analyse, Kommunikation, Adoleszenz, Literatur
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Kommunikation in klassischer und moderner Adoleszenzliteratur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/916458

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Kommunikation in klassischer und moderner Adoleszenzliteratur



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden