Inklusion oder Exklusion: Vergleich von Systemen der Interessenvermittlung


Essay, 2007

12 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


In dem als Basis für diesen Essay vorliegenden Text von Heidrun Abromeit und Michael Stoiber, soll ein Vergleich zwischen verschiedenen europäischen Staaten hergestellt werden, bezüglich der Struktur und Wirkungsweise der Interessenvermittlung innerhalb des jeweiligen politischen Systems. In der vorliegenden Fassung des Textes jedoch nur am Beispiel Österreichs und Deutschlands. Ich werde mich in diesem Essay zunächst auf die Ergebnisse der beiden Autoren beziehen, um sie abschließend mit den eigenen Überlegungen verbinden zu können.

Schon früh kommen die Autoren dabei zu einem wichtigen Schluss, welcher die weitere Analyse und auch die Diskussion dieses Themas nicht unerheblich beeinflussen wird und dazu als symptomatisch gelten kann für die breit und kontrovers geführte Debatte über Theorien der Interessenvermittlung an sich. Die Autoren stellen zunächst fest, dass ein Vergleich der Interessenvermittlungssysteme verschiedener europäischer Demokratien schon deswegen schwer anzustellen sei, da sie sich in ihrer Struktur sehr unterscheiden und wenig markante Vergleichsmuster aufzeigen. Das betrifft die Art der Interesse vertretenden Akteure, die organisatorische Form der Interessenvertretung und schließlich die Art, wie die Akteure mit dem staatlichen Entscheidungssystem verbunden sind. Schwerwiegender wirkt jedoch die Tatsache, dass die zwei maßgeblichen Vergleichskategorien in der Interessenvermittlungstheorie selbst, nämlich die des Korporatismus und die des Pluralismus, an sich nur theoretische Konzepte sind, welche sich empirisch kaum prüfen lassen[1]. Sie erweitern diese beiden geläufigen Formen der indirekten Interessenvermittlung zwar noch um zwei weitere direkte Formen, nämlich die der privaten Regierung und die der Konkordanz, jedoch spielen diese im weiteren Verlauf der Untersuchung keine größere Rolle mehr. Da jedoch in der Analyse politischer Systeme über den hohen Stellenwert von Interessenvermittlungssysteme aus diesen Gründen nicht hinweggesehen werden darf, versuchen sie als Analyseschema das Maß der Selektion und Inklusion von Interessen innerhalb dieser Systeme als Vergleichswert heranzuziehen. Selektion im Sinne der Entscheidung der staatlichen Institutionen für die Durchsetzung eines bestimmten Sachverhalts und Inklusion im Sinne der, für die ideale Interessenvertretung so wichtigen, bestmöglichsten Einbindung aller, in der Gesellschaft gebildeten Interessen. Noch genauer gesagt, geht es den Autoren darum, die Input- Seite der Interessenvermittlung zu untersuchen und zu vergleichen, wobei dann die Inklusion eine größere Rolle spielt. Die Selektion soll später lediglich als erwartbarer Output zur Kenntnis genommen werden. Für die genaue Messung wählen die Autoren dabei die drei Unterkategorien Struktur der Verbändelandschaft, Verknüpfung der Verbände und gesellschaftlichen Gruppen mit den institutionellen Vetospielern und schließlich die bestimmbare Inklusivität.

Da es in der thematisch übergeordneten Seminargrundlage um den Vergleich des politischen Systems der BRD geht, beschränkt sich die gekürzte Textgrundlage auf einen Vergleich der Interessenvermittlungssysteme Deutschlands und zusätzlich Österreichs. Das deutsche System nimmt dabei im europäischen Vergleich eine Rolle im Mittelfeld ein, was die Ausrichtung des Systems an einem der zwei Pole, der in einem politischen System möglichen Interessenvertretung, anbetrifft. Österreich hingegen, welches als Musterbeispiel für einen korporatistischen Staat und damit als Idealtyp gelten kann, stellt dann eine sinnvolle Vergleichskategorie dar.

Bei den Unterschieden der Strukturmerkmale fällt auf, dass vor allem die Zahl der Interessenverbände schon immer unterschiedlich groß gewesen ist und auch später nicht in der selben Form auf wenige Bereichsmonopolisten konzentriert worden ist, welche vor allem die in allen westlichen Demokratien so wichtigen Bereiche des Kapitals und der Arbeit betreffen. In Deutschland hat diese Konzentrierung erst relativ spät stattgefunden und sich dabei auf die eben genannten Gebiete beschränkt. Eine hohe Vielfalt an kleineren und somit einflussärmeren Verbänden konnte erhalten werden. In Österreich hingegen, hat sich spätestens durch die Schaffung der Paritätischen Kommission im Jahre 1957, die ohnehin schon schwächere Fragmentierung der Verbände noch weiter konzentriert. Ähnliche Versuche in Deutschland, am bekanntesten wohl die Konzertierte Aktion in den 70er Jahren, sind an der Schwierigkeit der Organisation und dem Ungleichgewicht der Interessengewichtung gescheitert. Lediglich eine Sonderform des Korporatismus hat in Deutschland im Bereich der Ökonomie über längere Zeit funktioniert, nämlich die des Tripartismus. Hierbei ist der Versuch gemeint, die Verbände und Gegenverbände von Kapital und Arbeit an einen Tisch mit den institutionellen Vetospielern zu setzen.

Die im nächsten Punkt herausgearbeiteten Besonderheiten der Verknüpfung zwischen Verbänden mit den institutionellen Vetospielern mag dabei schon mit hoher Wahrscheinlichkeit die Gründe für die Strukturunterschiede liefern. Die in Deutschland stark ausgeprägte und moderat pluralistische Parteienstaatlichkeit wirkt sich maßgeblich auch auf die Interessenbildung durch die Verbände aus. Charakteristisch ist hierbei, dass sich einige wichtige Verbände traditionell an bestimmte Parteien binden und der Verdacht nahe liegt, dass Interessen über den Weg der Parteien vertreten werden. Begründen lässt sich dies durch die enge Zusammenarbeit der Ministerien mit den jeweiligen Verbänden. In Österreich bestimmt die lange andauernde große Koalition der beiden Volksparteien das Bild der Parteienlandschaft und der daraus resultierende schwache Pluralismus, so deuten es die Autoren an, wird ausschlaggebend gewesen sein, für die gute Zusammenarbeit der Sozialpartner mit den institutionellen Vetospielern.

[...]


[1] Abromeit, H./ Stoiber, M.: Inklusion oder Exklusion. Vergleich von Systemen der Interessenvermittlung. S. 198

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Inklusion oder Exklusion: Vergleich von Systemen der Interessenvermittlung
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Sozialwissenschaften)
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
12
Katalognummer
V91592
ISBN (eBook)
9783638050500
ISBN (Buch)
9783656206675
Dateigröße
366 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Inklusion, Exklusion, Vergleich, Systemen, Interessenvermittlung
Arbeit zitieren
BA Christian Wenske (Autor:in), 2007, Inklusion oder Exklusion: Vergleich von Systemen der Interessenvermittlung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91592

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