Methodische Schwerpunkte der Unterrichtsplanung


Examensarbeit, 2008

117 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Modelle der Unterrichtsplanung
2.1 Die „Didaktische Analyse“
A) Bildungstheoretischer Hintergrund
B) Didaktischer Hintergrund
C) Funktion der Didaktischen Analyse
2.2 Das „Perspektivenschema“
A)Das „Perspektivenschema“
I) Kurzform nach Klafki
II) Strukturhilfen zum Verständnis und Umgang
a) Didaktische Felder und ihr Zusammenhang
b) Didaktische Aufgaben
c) Didaktische Hilfen
d) Umgang mit dem „Perspektivenschema“
B) Didaktischer Hintergrund
2.3 Das „Berliner Modell“
A) Die Planung
B) Funktion der Planung
C) Didaktischer Hintergrund
I) „Offene“ versus „geschlossene“ Theorie II) „Lernbegriff“ versus „Bildungsbegriff“
III)„These von der Interdependenz“ versus „These vom Primat der Inhalte“
2.4 Das „Hamburger Modell“
A)Grundstruktur und Aufgaben der Unterrichtsplanung
I) Die „Perspektivplanung“
II) Die „Umrißplanung“ III) Die „Prozeßplanung“
B) Prinzipien der Planung
C) Didaktischer Hintergrund
2.5 „PLANA“
A) Grundlagen
B) Problemstellung
C) Bedingungen eine Problemlösung
D) Theoretische Konzeption von „PLANA“
E) Das Verfahren „PLANA“
F) Konkrete Realisierung der Aufgabenklassen
G) Konstruktionskriterien für Aneignungsaufgaben
H) Konstruktionskriterien für Überprüfungsaufgaben

3. Didaktische Funktionen der Unterrichtsplanung
3.1 Sequenzierung von Lernzielen
A) Kognitive Lernzieltaxonomie
B) Affektive Lernzieltaxonomie
C) Psychomotorische Lernzieltaxonomie
D) Sozioemotionale Lernzieltaxonomie
E) Kommunikative Lernzieltaxonomie
F) „Fachliche“ und „allgemeine“ Lernziele
G) „Instrumentelle“ und „potenziell-emanzipatorische“ Lernziele
H) „Heuristische Matrix zur Bestimmung von Richtzielen“
3.2 Strukturierung von Lerninhalten
A) Grundraster inhaltlicher-thematischer Entscheidungen
B) Elementare Inhalte
C) Exemplarische Inhalte
3.3 Auswahl von Lehrmethoden
A) Die „Stufentheorie“
B) Das „Psychologisch-orientiertes Artikulationsschema“
C) Die „vier psychologischen Elemente“
3.4 Strukturierung der Unterrichtssituationen
A) „Traditioneller Fachunterricht „
B) „Gesamtunterricht“
C) „Fächerübergreifender Unterricht“
D) „Problemorientierter Unterricht“
E) „Projektunterricht“
3.5 Medienwahl
A) Kategorien
B) Unterrichtsmedien
C) Funktionen von Unterrichtsmedien
D) Der Text als Lernmedium
E) Das Bild als Lernmedium
F) Film/Fernsehen/Video als Lernmedien
G) Computer als Lernmedium

4. Planungsmodelle
4.1 „Verlaufsplanung“
A) Bildungstheoretische Didaktik
B) Lerntheoretische Didaktik
C) Lernzielorientierte Didaktik
4.2 „Phasenplanung“
A) Funktion der Phasenplanung
B) Modelle der Phasenplanung
I) Das „Phasenrezept“
II) „Psychologisch-orienierte Phasenfolge“
4.3 „Lernzielorientierte Planung“
A) Der Planungsvorgang
I) Bestimmung und Legitimierung von Lernzielen II) Elementarisierung von Lernzielen
III) Ordnung von Lernzielen
IV) Operationalisierung von Lernzielen
V) Entscheidungen über zielförderliche Maßnahmen
B) Didaktische Funktion der Planung
I) Zielorientiertes Handeln
II) Zweckorientiertes Handeln III) Kontrollierbares Handeln IV) Schülerorientiertes Handeln
C) Didaktischer Hintergrund
I) Lerntheoretische Didaktik II) Curriculumtheorie
III) Behaviorismus
IV) Theorie der Programmierten

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In den meisten Bereichen wird Berufsanfängern die Möglichkeit gegeben, Fehler zu machen, im Lehrberuf leiden unter diesen Fehlern immer die Schüler, deshalb sollte man versuchen sie zu vermeiden. Da ich das Gefühl habe, durch die Universitätsausbildung nicht ausreichend für die zweite, praxisorientierte Ausbildungsphase vorbereitet zu sein, habe ich das Thema „Methodische Schwerpunkte der Unterrichtsplanung“ für meine wissenschaftliche Arbeit ausgewählt. Die Planung von Unterricht ist eine zentrale Aufgabe im Berufsfeld des Lehrers.

Unterricht ist für den Lehrer mehr als die 45 Minuten im Klassenzimmer, er beginnt mit der Planung, worauf die Vorbereitung, der Verlauf und die Kontrolle folgen. Unterrichtsplanung meint konkret den Teil, in dem die Unterrichtsentscheidungen gefällt werden. Hier wird bestimmt, wie der Unterricht im Einzelnen ablaufen soll. Nach der Auffassung von Heimann in seinem „Berliner Modell“ wird entschieden, welche Ziele beabsichtigt werden, welche Themen ausgeführt werden, welche Methoden genutzt werden, welche Medien gewählt werden. Zudem muss ermittelt werden, unter welchen Bedingungen diese Entscheidungen getroffen werden sollen. Für die Unterrichtsplanung sind zahlreiche Konzepte entworfen worden, die sich teilweise überschneiden, aber auch voneinander abweichen. Sie unterscheiden sich vor allem in den folgenden Punkten:

- anhand der Bedeutungszumessung bezüglich der erforderlichen Entscheidungen. Die „lernzielorientierte Didaktik“ sieht in der Zielsetzung die wichtigste Entscheidung, wohingegen die „Didaktische Analyse“ am meisten Wert auf die Thematik legt.
- ob Unterrichtsplanung gänzlich dem Unterrichtsverlauf vorangehen muss oder währenddessen ablaufen kann
- ob der Lehrer alleine oder Lehrer und Schüler in Kooperation die Entscheidungen der Planung zu treffen haben. Es gelten aber auch fünf Grundsätze, die ein Lehrer bei seiner Planung immer zu berücksichtigen hat: - Das Prinzip der Kontinuität die Entscheidungen, die vom Lehrer getroffen werden, müssen stringent strukturiert sein Methodische Schwerpunkte der Unterrichtsplanung
- Das Prinzip der Reversibilität die Entscheidungen, die vom Lehrer getroffen werden, müssen ständig revidiert, falls nötig auch verändert oder aufgehoben, werden können
-Das Prinzip der Eindeutigkeit die Entscheidungen müssen vom Lehrer so getroffen werden, dass in ihnen eindeutig sichtbar wird, welche intendierten Maßnahmen als Bewegg rund zur Führung und Strukturierung des Inhalts veranlasst wurden
- Das Prinzip der Widerspruchsfreiheit die Entscheidungen, die vom Lehrer getroffen wurden, müssen stimmig sein
-Das Prinzip der Angemessenheit die Entscheidungen, die vom Lehrer getroffen werden, müssen zum einen zweckrational und zum anderen bezüglich des Aufwandes angemessen sein

Die Planungskonzepte sind immer geprägt von ihren didaktischen Hintergründen, den Theorien, auf welchen sie basieren. Entscheidet sich ein Lehrer für ein bestimmtes Konzept, muss er nicht nur die Strategie kennen, sondern auch immer die dahinterstehende Theorie verinnerlicht haben. Hiermit wird gewährleistet, dass Theorie und Praxis in Einklang sind, infolgedessen ist sich der Lehrer seines Handelns bewusst und kann, falls nötig, seine Planung unabhängig von dem gewählten Konzept ausführen.

2. Theoretische Modelle der Unterrichtsplanung

2.1 Die „Didaktische Analyse“

Die Didaktische Analyse ist ein Planungskonzept von Wolfgang Klafki, er publizierte diese 1958 unter dem Titel „Didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung“. Vereinfacht gesagt, geht es Klafki um die Beantwortung der Frage, ob sich das, was man den Schülern anzubieten hat, überhaupt lohnt. Für den Lehrer stellt sich nun das Problem, aus einer großen Menge von Lerninhalten die zu wählen, die geeignet sind. Um diese Aufgabe dem Lehrer zu erleichtern, hat Klafki fünf Grundfragen formuliert, anhand deren Erörterung sich beurteilen lässt, ob das gewählte Unterrichtsthema dem Anspruch, Allgemeinbildung zu vermitteln, gerecht wird. Der Lehrer sollte bei der Unterrichtsvorbereitung reflektieren, welcher Bildungsgehalt im Bildungsinhalt enthalten ist, der es rechtfertigt, ihn im Unterricht zu behandeln. Die fünf von Klafki formulierten Grundfragen richten sich auf:

1. Die exemplarische Bedeutung
2. Die Gegenwartsbedeutung
3. Die Zukunftsbedeutung
4. Die Struktur des Inhalts
5. Die unterrichtliche Zugänglichkeit

Inzwischen hat Klafki allerdings diesen Fragenkatalog aufgegeben, da er das „Perspektivenschema zur Unterrichtsplanung“ entwickelt hat, welches später auch noch erläutert wird. In gewisser Weise behalten die Fragen allerdings immer noch Relevanz, da sie ein effektives Modell zur Unterrichtsvorbereitung darstellen und auch heute noch genutzt werden. Der Nutzer sollte jedoch den bildungstheoretischen und didaktischen Voraussetzungen, die im Folgenden erläutert werden, zustimmen.

A) Bildungstheoretischer Hintergrund

Klafkis Planungsmodell ist an eine konkrete Bildungstheorie und deren Zielgedanken gebunden, welche besagt, dass Bildung die „ zentrierende Kategorie zur Klärung didaktischer Vorgänge und zur Entscheidungüber didaktisches Handeln “ 1 sei. Infolgedessen ist die Didaktische Analyse an die Bedingungen der „ Theorie der kategorialen Bildung “ (Klafki, 1963) geknüpft. Diese basiert auf der „Metapher der Begegnung“, welche besagt, dass Bildung durch die Begegnung eines Menschen mit der kulturellen Realität zustande kommen. Hier unterscheidet Klafki materiale und formale Bildungstheorien. Die materialen Bildungstheorien orientieren sich an der Objektseite, die Formalen an der Subjektseite des Bildungsvorgangs. Materiale Bildungstheorien gehen davon aus, dass sich der Lernende das ihm angebotene Wissen aneignet und das Ergebnis von Bildung umfassendes Wissen ist. Formale Bildungstheorien hingegen besagen, dass derjenige gebildet ist, der das Lernen gelernt hat und die Methoden beherrscht. Gebildet ist man somit, wenn man die in einem schlummernden Kräfte tatsächlich entfaltet hat.

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wurden diese beiden Theorien, laut Klafki, getrennt voneinander gesehen. Dies hatte zur Folge, dass Bildung nicht mehr als einheitlicher Prozess angesehen wurde, da die materialen Theorien die Auswahl des Inhalts nur nach gegenständlich-stofflichen Kriterien vornehmen, die formalen Bildungstheorien hingegen die Inhalte anhand ihrer Bedeutung für die Schulung der Kräfte der Lernenden auswählen.

Gemäß Klafki sind sich alle wichtigen Bildungstheorien seit Pestalozzi einig, dass Bildung ein einheitlicher Prozess ist und dass Bildung immer materiale und formale Bildung beinhaltet. Hierfür nutzt Klafki den Begriff der „kategorialen Bildung“.

Den Bildungsvorgang umschreibt er mit der Formel der „ doppelseitigen

Erschließung “ , die zu dem Ergebnis führt, „ da ß sich dem Menschen seine

Wirklichkeit kategorial erschlossen hat und da ß eben damit er selbst … für diese Wirklichkeit erschlossen worden ist2.

Hierbei steht die erschlossene Wirklichkeit für die materiale Ansicht und der erschlossene Mensch für die formale Ansicht des einheitlichen Ergebnisses der Bildung. Letztendlich ist es das Allgemeine, was Bildung ausmacht.

Die Analyse des Bildungsvorganges allein stellt für Klafki nur den formalen Rahmen dar, er füllt diesen deshalb noch mit Inhalt. Er ist der Meinung, dass eine Theorie des Handelns nur aufgestellt werden können, wenn die Ziele feststünden. Hier für nutzt er die geisteswissenschaftliche Pädagogik von Nohl, Flinter und Weniger. Diese besagt, „ da ß die pädagogische Verantwortung gegenüber dem Heranwachsenden die „ didaktische Generalinstanz “ sein mu ß , unter der alle Entscheidungenüber didaktisches Handeln zu prüfen und zu treffen sind. 3

Aus dieser Generalinstanz ergeben sich drei Aspekte für alle zielgerichteten Eingriffe in den Bildungsvorgang von Jugendlichen. Als Erstes ist bei jeglichem Bildungsbestreben zu beachten, dass der Anspruch des Lernenden auf erfüllte Gegenwart gegeben ist. Als Zweites muss darauf geachtet werden, dass der Lernenden nicht in der heutigen Zeit, sondern in der Zukunft leben wird, also müssen Vorwegnahmen unternommen werden. Als Drittes muss darauf geschaut werden, dass der gebildete Laie als Ideal gewahrt wird.

Diese drei Aspekte können laut Klafki nur realisiert werden, wenn es zur doppelseitigen Erschließung im Bildungsprozess kommt. Somit kommt die Frage auf, wie diese doppelseitige Erschließung bewirkt werden kann.

Klafki zufolge kann sie nur durch die Inhalte von Bildungsvorgängen ausgelöst werden; denn diese stellen das Medium dar, in welchem im Bildungsvorgang dem Lernenden die Realität gegenübertritt. Daraus entsteht die Frage über die Beschaffenheit der Inhalte, die eine doppelseitige Erschließung auslösen. Somit ist für ihn die Aufgabe der Didaktik zu hinterfragen, welche Bedingungen und Voraussetzungen erfüllt sein müssen, dass Inhalte zu Bildungsinhalten werden.

B) Didaktischer Hintergrund

Klafkis Theorie beschäftigt sich nur mit den Problemen der Bildungsinhalte, also den Inhalten, die die Bestimmungen der Bildungstheorie erfüllen können. Der bedeutendste Aspekt hierbei ist die Forderung nach doppelseitiger Erschließung. Diese werden laut Klafki nur von Inhalten erfüllt, die als Besonderes ein Allgemeines haben:

Es charakterisiert einen Bildungsinhalt, da ß er als einzelner Inhalt immer stellvertretend für viel Kulturinhalte steht. “ 4

Dies heißt, dass wenn einem Schüler ein besonderer Bildungsinhalt vermittelt wird, dieser ihm auch immer als Allgemeiner vermittelt werden soll. So erschließt sich erst die Wirklichkeit dem Schüler, welches die materiale Theorie darstellt, und dann erschließt sich der Schüler für die Wirklichkeit, was die formale Theorie darstellt. Besonders effektiv ist diese Methode, da dem Schüler das Allgemeine vermittelt wird und er die Fähigkeit erwirbt, dieses dann auf andere Kontexte zu übertragen. Inhalte, die diesen Aufbau aufweisen, nennt Klafki Elementaria. Er beschreibt die sieben folgenden Grundformen, die im Unterricht Anwendung finden können:

- „Fundamentales“ meint, dass es für den Schüler nur als Erlebnis existent und erfahrbar ist. Im schulischen Kontext kann das zum Beispiel das Wesen eines Unterrichtsfaches sein, das Erleben von „Es war einmal anders“.
- „Exemplarisches“ meint, dass Allgemeines am Besonderen erfahren wird. Zum Beispiel können die Merkmale der Tierart Wasservogel anhand einer Ente als Besonderes innerhalb dieser Spezies erläutert werden.
- „Typisches“ meint, dass Allgemeines im Besonderen erfahrbar wird, etwa anhand der Beispiele Gebirge als geografische Landschaft und Nadelbaum als biologischer Typus. Methodische Schwerpunkte der Unterrichtsplanung
- „Klassisches“ meint, dass Allgemeines als Wert erfahren wird, es gibt immer eine Bewertung, zum Beispiel anhand einer Musterlösung.
- „Repräsentatives“ meint, dass Allgemeines als Vergegenwärtigung erfahrbar wird, dies wird hauptsächlich im Geschichtsunterricht angetroffen, zum Beispiel eine Burg mit ihrer heutigen Erscheinung und ihrem Ursprung im Mittelalter.
- „Einfache Zweckformen“ meinen, dass Allgemeines und Besonderes zusammenfallen, und nur durch Vollziehen des Besonderen wird das Allgemeine vermittelt, etwa das Lesen.
- „Einfache ästhetische Formen“ meinen, dass Allgemeines und Besonderes zusammenfallen und sich nur in der Ausführung erschließen. Diese Formen findet man im Musikunterricht.

Hiermit zeigt Klafki, dass Subjekt und Objekt nicht getrennt gesehen werden dürfen. Eine „doppelseitige Erschließung“ können Elementaria nur auslösen, wenn der Schüler das Verhältnis zwischen Allgemeinem und Besonderem versteht und wenn die spezifische geschichtliche Ausgangslage Inhalte zu Bildungsinhalten werden lässt. Klafkis Maxime des „gebildeten Laien“ und die „Vorwegnahme“ zukünftiger Existenz sind als allgemein anzusehen und müssen in jeder geschichtlichen Situation neu definiert und mit konkreten Zielvorstellungen gefüllt werden. Klafkis Inhaltsbegriff umfasst den Gesamtkontext von Heimanns interdependenten Entscheidungsfeldern des Berliner Modells, deshalb ist Klafki auch dagegen, dass Fachwissenschaftler die Auswahl von Inhalten treffen. Diese sollten lediglich die Didaktik hinsichtlich der Frage der Gegenstandsstruktur unterstützen; denn die Didaktik ist nur für den Bildungsinhalt und dessen Bedingungszusammenhang verantwortlich und ist somit eine eigenständige Disziplin.

Die Modell des Bildungstheoretikers beschränkt sich auf die Inhaltsproblematik von Bildungsvorgängen und unterteilt dies, wie das Berliner Modell, in die „Didaktik im engeren Sinne“5 und die „Didaktik im weiteren Sinne“6. Die „Didaktik im engeren Sinne“ wird mit der These vom Primat des Inhaltes, im Gegensatz zu sämtlichen anderen Momenten didaktischer Abläufe, bekräftigt. Klafki ist der Meinung, dass

Inhalte ein permanentes „Wirkprimat“7 hätten. Hieraus zieht er den Schluss, dass durch das Ermitteln der Inhaltsproblematik von didaktischen Prozessen beifolgend die inhaltliche Gesamtproblematik ermittelt werden. Für Klafki birgt infolgedessen der

engere Begriff von Didaktik … , konsequent durchgedacht, bereits in nuce alle jene Beziehungen in sich, die in den weiteren Fassungen ausdrücklich zur Sprache gebracht werden. “ 8

Aufgrund der These vom Primat der Inhalte entscheidet sich Klafki für die didaktische Priorität und, zudem zusätzlich fundiert durch die der bildungstheoretischen Begründung der Didaktik, für einen Vorgriff in die Praxis. Er ist angesichts seiner Theorie der kategorialen Bildung der Meinung, dass ausschließlich das Allgemeine zu Bildung beiträgt. Klafki bietet dem Lehrenden zwar keine konkreten Inhalte, aber er grenzt die Entscheidungen ein. Er empfiehlt, sich zuerst den Inhalten zu widmen, diese anhand der bildungstheoretischen Forderungen abzustimmen und im Anschluss die entsprechenden Methoden und Medien zu wählen. Der Lehrende ist verpflichtet, die von der Theorie vorgegebenen normgerechten, formalen Vorentscheidungen zu akzeptieren und bezüglich der jeweiligen Situation anzuwenden.

Die Didaktische Analyse ist ein geisteswissenschaftlich-bildungstheoretisches Mittel, das bis in die Praxis reicht und sich auf die Problematik des Inhalts bezieht.

C) Funktion der Didaktischen Analyse

Die Didaktische Analyse stellt ein praktisches Modell dar, das den Lehrer bei seiner täglichen Arbeit im Klassenzimmer dabei unterstützen soll, den theoretischen Anforderungen gerecht zu werden und ein Umfeld zu schaffen, in dem kategoriale Bildungsprozesse ablaufen können. Klafkis Ambition und Intention, eine „Theorie für die Praxis“9 zu bieten, soll zudem Lösungen begründen und helfen, Entscheidungen zu treffen. Hierfür muss ein besonderes Interesse der Inhaltsauswahl geschenkt werden, da diese mit ihrer Struktur für die kategoriale Bildung verantwortlich ist, hierbei hilft die Didaktische Analyse. Sie unterstützt den Lehrenden bei der Auswahl der Inhalte und verdeutlicht hierbei, ob ein Inhalt ein Besonderes und ein Allgemeines besitzt, ob dieser der Auffassungsgabe der Lernenden und dem gegenwärtigen Erkenntnisforderungen entspricht und ob dieser die Bedingungen eines Bildungsinhalts erfüllt. Die Didaktische Analyse stellt eine Hilfe bei der Entscheidung des Lehrers dar, die letztendliche Wahl der Inhalte, die im Unterricht Anwendung finden, trifft der Lehrer allein.

Die Fragen 1) und 4) aus Klafkis Fragenkatalog nach exemplarischer Bedeutung und der Struktur des Inhalts, sollen klären, ob ein Inhalt allgemeine Einblicke bewirkt und wie diese aussehen, bei Frage 4) kommt noch die innere Struktur hinzu. Die Fragen 2) und 3) nach der Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung sollen offenlegen, ob ein Inhalt für einen Schüler Bedeutung hat oder haben wird. Hier wird überprüft, ob der Anspruch auf „ erfüllte Gegenwart “ 10 gewährt wird oder ob gegen die Maxime des „ gebildeten Laien “ 11 verstoßen wird.

Für Klafki ist seine Didaktische Analyse explizit nur der „ Kern der Unterrichtsvorbereitung “ 12, da sie sich nur auf die Inhaltsproblematik bezieht. Für ihn muss die Frage nach dem Inhalt vor der Frage nach der Methode geklärt werden. Gewiss ist aber auch, dass die Frage nach dem Ziel beantwortet wird. Anhand von Frage 5), die sich mit der unterrichtlichen Zugänglichkeit beschäftigt, wird mittels der Inhaltsfrage auch die Methodenfrage diskutiert. Diese kommt in Betracht, da sich einem Schüler ein Inhalt als zugänglich erweisen muss, dass er überhaupt Eingang ins Unterrichtsgeschehen findet. Somit werden mit der Didaktischen Analyse wichtige, aber nicht alle Voraussetzungen für erfolgreichen Unterricht diskutiert.

Klafki schätzt seine Analyse als wirklichkeitsnah ein, dies wird durch folgende Aussage klar:

Der erste Schritt der Unterrichtsvorbereitung ist das Endringen in die Bildungsinhalte. Der Praktiker mu ß die in den Lehrplaninhalten verborgene pädagogische Vorentscheidung der Lehrplangestalter gleichsam noch einmal vollziehen.13

Klafki macht deutlich, dass der Lehrende an gewisse Vorgaben, den Lehrplan, gebunden ist. Der Lehrer stellt somit nicht die erste Instanz bei der Planung von Unterricht dar, deshalb bezieht Klafki den Lehrplan in seiner Didaktische Analyse mit ein.

Somit liegt die wichtige Entscheidung über das Ausmaß des Inhalts und dessen Abstimmung auf die Unterrichtssituation, beim Lehrer selbst. Dies ist ein weiterer bedeutender Aspekt der Didaktischen Analyse, sie erkennt die jeweilige Unterrichtssituation an, sie bezieht anthropologisch- psychologische und sozialkulturelle Voraussetzungen mit ein.

Die Didaktische Analyse dient dem Praktiker aber nicht nur zu Vorbereitung von Unterricht, sondern auch zur Reflexion und bietet ihm so die Möglichkeit, sein Handeln stetig zu kontrollieren und gegebenfalls zu verbessern.

Zur Zeit der Veröffentlichung der Didaktischen Analyse wurde die deutsche Didaktik von geisteswissenschaftlichen Ansätzen geprägt. Bis heute gab es Neuerungen in der didaktischen Diskussion, wie z. B. die stärkere Individualisierung der Schüler, diese müssen bei der Anwendung beachtet werden.

Ende der 50iger Jahre, als die Didaktische Analyse entstand, war sie für eine ganze Generation von Lehrern ein hilfreiches Werkzeug zur Unterrichtsplanung. Doch durch ihre starke Verbreitung wurde sie oftmals nur noch als formales Mittel angesehen, und die pädagogischen Intentionen traten in den Hintergrund.

2.2 „Perspektivenschema“

In Wolfgang Klafkis Perspektivenschema sind Elemente seiner zu einem früheren Zeitpunkt entwickelten Didaktischen Analyse, neu strukturiert, wiederzuerkennen. Er hat aber eine Anpassung an die gegenwärtigen Umstände vollzogen. Die Didaktische Analyse als geisteswissenschaftliches Prinzip zur Unterrichtsplanung ist zur Veränderung konzipiert worden. Sie kann auf jede eintretende Situation angepasst werden. Seit den 50iger Jahren, der Entstehungszeit der Didaktischen Analyse, hat sich der Berufsalltag der Lehrer, besonders durch die Einführung von Lehrplänen in den 80iger Jahren, stark verändert. Die Lehrpläne bestimmen Unterrichtsinhalte, das heißt, dass die Lehrenden Planungsmodelle brauchten, die sich am Unterrichtsinhalt orientierten. Heute geben Lehrpläne Unterrichtsziele vor. Dieser Forderung will das Perspektivenschema gerecht werden und gibt dem Lehrer die Möglichkeit, seinen Unterricht zielorientiert zu planen.

Der Bildungstheoretiker behält bei seiner Perspektivenplanung die Grundstruktur der Didaktischen Analyse, den fünfteiligen Fragenkatalog und die entsprechenden Lösungshilfen, bei, gleicht sie aber an die neuen didaktischen Bedingungen an. Im Folgenden werden nun Unterschiede zwischen der Didaktischen Analyse und dem Perspektivenschema aufgezeigt:

- das Perspektivenschema stellt im Gegensatz zur Didaktischen Analyse ein generelles Planungsinstrument dar und ist nicht mehr nur „ Kern der Unterrichtsvorbereitung “ 14. Es beschäftigt sich nicht mehr nur mit der Frage nach dem Inhalt, sondern es geht um sämtliche Bereiche des Unterrichts.
- im Perspektivenschema sind es nicht mehr die Inhalte, denen die größte Aufmerksamkeit geschenkt wird, sondern die Ziele.
- zudem sind mit dem neuen Schema Erweisbarkeit und Überprüfung von Lehrmaßnahmen möglich.

Methodische Schwerpunkte der Unterrichtsplanung

A) Das „Perspektivenschema“

I) Kurzform nach Klafki

Klafki stellt, wie Schulz im Berliner Modell, vieles grafisch dar. Dies erleichtert die Wahrnehmung der didaktischen Felder und deren Beziehungen untereinander.

(Vorläufiges) Perspektivenschema zur Unterrichtsplanung

Bedingungsanalyse: Analyse der konkreten, sozio-kulturell vermittelten Ausgangsbedingungen einer Lerngruppe (Klasse), des/der Lehrenden sowie der unterrichtsrelevanten (kurzfristig änderbaren oder nicht änderbaren) institutionellen Bedingungen, einschließlich möglicher oder wahrscheinlicher Schwierigkeiten bzw. Störungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Entnommen: Wolfgang Klafik: Zur Unterrichtsplanung im Sinne kritisch-konstruktiver Didaktik In: König, Eckhard; Schier, Norbert; Vohland, Ulrich (Hrsg.) : Diskussion Unterrichtsvorbereitung - Verfahren und Modelle. München: Wilhelm Fink Verlag 1980; S. 30

II) Strukturhilfen zum Verständnis und Umgang mit dem Perspektivenschema

a) Didaktische Felder und ihr Zusammenhang

Die Grafik stellt die folgenden fünf Felder didaktischen Handelns dar:

- Bedingungen: meint die historischen und situativen Faktoren, die den geplanten Unterrichtsablauf beeinflussen können.
- Begründung: ist die Verknüpfung aller Gedanken zur situativen Rechtfertigung des geplanten Unterrichts
- Thema: eine Sache wird didaktisch aufbereitet, strukturiert, gewichtet und damit zum Thema gemacht.
- Zugang / Darstellung: hier wird nach idealen Möglichkeiten für eine
Lernsituation und ein Thema gesucht, um diese dem Schüler nahe bringen zu können.
- Methode: hier wird nach dem richtigen Weg gesucht, wie sich der Schüler mit dem Thema und dem Inhalt auseinandersetzten soll.

Diese Felder hängen folgendermaßen zusammen:

- die Bedingungen und ihre Faktoren wirken sich auf alle anderen Felder aus. Die relevanten Bedingungen müssen bekannt sein, um sich weitere Gedanken über die Didaktik der anderen vier Felder machen zu können. Dies resultiert aus Klafkis Annahme, dass Unterricht für bestimmte Schüler in bestimmten Unterrichtssituationen geplant wird.
- die Lernziele eines geplanten Unterrichts müssen zu Beginn jeder
didaktischen Entscheidung rechtfertigt werden, somit folgt das Perspektivschema dem „ Primat der Zielsetzung “ 15.
- die von Klafki entworfenen Felder stehen in einer Interdependenzbeziehung, das heißt, sie beeinflussen sich wechselseitig. Was aber nicht bedeutet, dass die Zielentscheidung in den Hintergrund rücken darf, sie muss stets zuerst getroffen werden.

Als Grafik zeigen sich die interdependenten Felder folgendermaßen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Entnommen: Peterßen, W.H: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen. München: Oldenborg 2000, S. 65, Abb. 4, Bedingungen und Entscheidungen bei der Unterrichtsplanung

b) Didaktische Aufgaben

Jedem der didaktischen Felder sind bestimmt didaktische Aufgaben zugeschrieben. Die Aufgaben der ersten beiden Felder, Bedingungen und Begründung, stimmen mit dem Fragenkatalog der Didaktischen Analyse überein.

Aufgaben im Bedingungsfeld:

Es sollen hier die Bedingungen analysiert und erfasst werden, die durch Personen oder Sachen eine konkrete Situation beeinflussen und eventuelle didaktische Auswirkungen haben. Diese können in einigen Fällen, wie zum Beispiel beim Klassenraum, langfristig erfasst werden, in anderen Fällen, wie beispielsweise dem Zustand der Schüler, müssen sie jedes Mal neu bestimmt werden. Ohne Einbeziehung dieser Bedingungen in die Unterrichtsplanung kann Unterricht nicht erfolgreich sein.

Aufgaben im Begründungsfeld:

Hier muss der Lehrer drei Fragen beantworten, die in Beziehung zueinander stehen und die klären, ob die vorgesehenen Zielsetzungen für die Schüler und die Situation zu rechtfertigen sind. Hier wird nach „ Gegenwartsbedeutung, vermuteter Zukunfts- und nach der exemplarischen Bedeutung “ 16 der Zielsetzungen gefragt. Der Lehrer muss nach subjektivem Ermessen diese Fragen für seine Schüler beantworten. Die Frage nach der exemplarischen Bedeutung beinhaltet die Vorstellung von der Bildung durch das Allgemeine, die auch schon in der Didaktischen Analyse Anwendung fand.

Aufgaben im thematischen Feld:

Klafki greift hier zurück auf die dritte Frage aus seinem Katalog, den er für seine Didaktische Analyse entworfen hat. Die Frage richtet sich an die “innere Struktur der Sache “, an die thematische Logik. Es werden Momente und Zusammenhänge hinterfragt, die aus der didaktischen Formulierung eines Themas resultieren. Hinzu kommen Fragen nach der „ Ü berprüfbarkeit bzw. Erweisbarkeit des Lernerfolgs “ 17 .

Aufgaben im Feld von Zugänglichkeit und Darstellung

Dieses Feld bezieht sich auf Frage fünf des Katalogs, es geht um die „ Zugänglichkeit und die Darstellbarkeit des zielorientierten Themas18. Hier tauchen jedoch einige spezielle Probleme auf. Es geht darum, ob das Thema an sich spezielle Zugänge für die entsprechende Situation anbietet, die genutzt werden können, oder ob spezielle Bemühungen einer Darstellung notwendig sind. Dies ist eine sehr wichtige Problemstellung bei der Planung von Unterricht, die hier aber nur geringfügig Beachtung findet.

Aufgaben im methodischen Feld

Hier werden Entscheidungen über die Art getroffen, in welcher sich die Schüler mit dem Unterrichtsstoff auseinandersetzen sollen. Es muss auf Abwechslung geachtet werden, worauf Klafki aber nicht sonderlich eingeht. Er legt Wert darauf, dass der

Lehrende „ entdeckende bzw. nachentdeckende “ 19 Wege findet, die das Lehren und Lernen als interaktiven Prozess darstellen.

Somit stellen sich im Perspektivenschema sieben didaktische Aufgaben dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Entnommen: Peterßen, W.H: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen. München: Oldenborg 2000 S. 65, Abb. 5, Didaktische Aufgaben bei der Unterrichtsplanung

c) Didaktische Hilfen

Klafki strukturiert erneut die Aufgaben in den Entscheidungsfeldern. Der Bildungstheoretiker gibt hier weitere Angaben, um das Verständnis und die Ausführung zu erleichtern. Doch zunächst beschränkt er sich, bei der ausführlichen Erläuterung auf zwei Aufgaben:

- Die Frage nach der exemplarischen Bedeutung (Feld: Begründung ) :

Diese Aufgabe erfragt die Lernziele, welche hierarchisch organisiert werden. Nach Klafki kann man die Lernziele vier Zielebenen zuordnen, welches Aufgabe des Lehrers ist. Es gibt folgende Lernziele:
- auf der ersten Ebene befinden sich die allgemeinen Lernziele, welche in der lernzielorientierten Didaktik als Richtwert gelten, zum Beispiel die Mündigkeit.  auf der zweiten Ebene erkennt man, ob Qualifikationen von den Schülern erworben werden können, diese sind konkreter als auf der ersten Ebene, aber noch nicht an Sachaufgaben geknüpft, wie etwa Kritikfähigkeit als Moment von Mündigkeit.
- auf der dritten Ebene findet man bereichsspezifische Lernziele, die noch nicht an Fächer gebunden sind, sondern vielmehr aus mehreren Fächern vereinte Strukturen aufweisen, wie naturwissenschaftliches Denken, das ein für die Kritikfähigkeit notwendiges Moment darstellt.
- auf der vierten Ebene zeigen sich fachliche oder fächerübergreifende Lernziele, wie zum Beispiel das Abwägen als Moment naturwissenschaftlichen Denkens.
- Die Frage nach dem Thema (Feld: Thematik)

Hier findet der Fragenkatalog der Didaktischen Analyse wieder Anwendung. Klafki gibt sieben Fragen vor, um das Thema zu gliedern:

a) „ Unter welchen Perspektiven soll das Thema bearbeitet werden? “ 20 Hier müssen die Gesichtspunkte bestimmt werden, unter denen sich die Schüler mit dem Thema beschäftigen sollen, zum Beispiel unter einem historischen Aspekt.

b) „ Welches ist die immanent-methodische Struktur der jeweils perspektivisch

gefassten Thematik?21 Hier wird nach der speziellen Genese gefragt, welche aus dem Thema resultiert.

c) „ Welche Momente konstituieren die Thematik, jeweils unter bestimmten Perspektiven? “ 22 Nun werden die Inhalte erfragt, die das Thema unter der im Vorfeld gewählten Perspektive ausmachen.

d) „ In welchem Zusammenhang stehen die ermittelten Momente (Strukturfaktoren)? “ 23 Es soll der Zusammenhang der thematischen Momente deutlich gemacht werden. Methodische Schwerpunkte der Unterrichtsplanung

e) „ Weist die Thematik eine Schichtung, etwa im Sinne von Oberflächen- und Tiefenstrukturen auf? “ 24 Hier geht es darum, wie intensiv sich die Schüler mit einem Thema befassen sollen, ob sich die Schüler nur mit einem Phänomen auseinandersetzen, oder ob sie in eine bestimmte Tiefe vordringen sollen.

f) „ In welchem gr öß eren Zusammenhang bzw. in welchen Zusammenhängen steht - je nach den gewählten Perspektiven - die Thematik? “ 25 Es soll eine Einordnung des Themas in umfassendere Zusammenhänge vorgenommen werden.

g) „ Welches sind die notwendigen begrifflichen, kategorialen Voraussetzungen für die Auseinandersetzung mit dem Thema, und welche Verfahren für die Bewältigung des Themas müssen die Schüler, sei es bereits mitbringen, sei es im Zusammenhang der Auseinandersetzung erwerben? “ 26

Es soll überprüft werden, ob die Schüler über die nötigen Voraussetzungen zur Bearbeitung des Themas verfügen oder ob diese noch vermittelt werden müssen.

d) Umgang mit dem Perspektivenschema

Bei ausschließlich pragmatischer Nutzung des Perspektivenschemas muss beachtet werden, dass die Planung mit der Erfassung und der Analyse der situativen und historischen Bedingungen eröffnet wird und dass diese Erkenntnisse bei den weiteren Entscheidungen bedacht werden. Zudem müssen die Lernziele den Schülern gegenüber verantwortet und als allgemein definiert werden können. Das Thema und die Inhalte müssen strukturiert werden und im Nachhinein überprüfbar sein. Die Darstellung und die Zugänge für die Schüler müssen ausgelotet werden, und es muss eine methodische Struktur geschaffen werden.

Das Perspektivenschema stellt eine Hilfe dar, Unterricht bündig zu planen und die nötigen Entscheidungen ohne Widerspruch entsprechend der Situation und der Schüler zu treffen. Der theoretisch geplante Unterricht soll dann in die Praxis umgesetzt werden und eine ideale Lernumgebung schaffen.

Das Perspektivenschema dient dem Lehrenden aber nicht nur zur Veranschaulichung der didaktischen Arbeit bei der Unterrichtsplanung, sondern es dient zudem der Unterstützung dieser Arbeit. Dies wurde in den didaktischen Feldern, die noch weiter ausgearbeitet werden können und sollen, sichtbar. Es besteht somit die Möglichkeit, das Schema nur anhand seiner pragmatischen Struktur zu nutzen, dies ist aber nicht zulässig. Eine rein formale Anwendung führt zu einem Erstarren des didaktischen Denkens und zu einem feststehenden, wiederkehrenden didaktischen Handeln, es widerspricht also der Forderung nach situationsgerechtem Handeln.

Der Nutzer dieses Models muss sich mit dem bildungstheoretischen Hintergrund intensiv befassen und diesem zustimmen.

Die Grenzen dieses Unterrichtsplanungskonzeptes liegen darin, dass es sich nicht um ein normatives System handelt. Da es ein allgemeindidaktisches Konzept ist, muss es von den jeweiligen Fachdidaktiken konkretisiert werden. Zudem wird Unterrichtsplanung als offener Entwurf definiert.

Matthes kritisiert in Von der geisteswissenschaftlichen zur kritisch-konstruktiven Pädagogik und Didaktik das Modell, da es zu viele Aspekte gibt, die beachtet werden müssen und dies im Alltag nicht durchführbar sei.

B) Didaktischer Hintergrund

Das Perspektivenschema und die Didaktische Analyse stimmen in einigen Punkten überein, sie basieren aber auf unterschiedlichen didaktischen Theorien. Das Perspektivenschema gehört nach Klafki immer noch zur Bildungstheorie, das betont er, indem er sagt:

„ Mit einer Reihe von Autoren - sowohl Vertretern der Frankfurter Schule der Gesellschaftsphilosophie wie Erziehungswissenschaftlern - bin ich der Auffassung, da ß der Verzicht auf den Bildungsbegriff, hier: innerhalb der Didaktik und der Unterrichtsplanung, weder notwendig noch empfehlenswert ist, ja bedenklichste Konsequenzen haben k ö nnte. Eine zentrale Kategorie wie der Bildungsbegriff oder ein Ä quivalent dafür ist unbedingt notwendig, wenn die pädagogischen Bemühungen nicht in ein unverbundenes Nebeneinander von Einzelaktivitäten auseinanderfallen sollen. “ 27

Somit entspricht dieses Schema den bildungstheoretischen Vorstellungen, es schreibt dem Lehrenden Bildungsvorstellungen vor. Im Folgenden werden diese Vorstellungen erläutert. Klafki kreiert einen neuen Bildungsbegriff mit einem sozialen und einem individuellen Ansatz. Der soziale Ansatz bringt ihn zu einem neuen „Allgemeinbildungskonzept“ und der individuelle Ansatz zu einer neuen Definition des „Bildungsideals“.

a) Das neue Allgemeinbildungskonzept

Das neue Allgemeinbildungskonzept erhebt drei Forderungen:

- Allgemeinbildung ist Bildung für alle:

meint, dass auf jeden einzelnen Schüler und seine aktuelle Gemütslage bei der Planung und Durchführung von Unterricht Rücksicht genommen werden muss. Der Lehrer darf seinen Unterricht nicht auf einen Durchschnittsschüler zuschneiden, sondern muss jedes Individuum beachten.

Methodische Schwerpunkte der Unterrichtsplanung - Allgemeinbildung ist allseitige Bildung meint, dass nicht nur intellektuelle, inhaltliche Bildung gefördert werden soll, sondern dass der Schüler auch emotionale und soziale Kompetenzen erwerben soll.

- Allgemeinbildung ist Bildung im Allgemeinen meint, dass der Begriff des „Allgemeinen“ über sich hinausweist und zum Beispiel einen größeren Lebenskreis eröffnet, nun durch das Elementare und seine Erscheinungsformen ergänzt ist. Als allgemein bezeichnet Klafki das, was aus aktuell-historischer Perspektive allgemein ist, und einen Teil der Lebenswelt der Schüler beinhaltet.

b) Das neue Bildungsideal

Zielsetzung der Didaktischen Analyse war der „gebildete Laie“, im Perspektivenschema will Klafki einen auch politisch verantwortlich und autonom tätigen Menschen ausbilden. Die „Emanzipation“ des „“gebildeten Laien“ war eine bedeutende Kategorie, die im neuen Bildungsideal durch die folgenden drei neuen Fähigkeiten ersetzt wird:

- Selbstbestimmungsfähigkeit

Ein gebildeter Mensch ist derjenige, der die Fähigkeit besitzt, über sich selbst zu bestimmen. Somit muss Unterrichts so geplant und ausgeführt werden, dass die Schüler die nötigen Kompetenzen und Qualifikationen erwerben.

- Mitbestimmungsfähigkeit

Neben Selbstbestimmungsfähigkeit sollen Schüler auch Mitbestimmungsfähigkeit erlernen. Sie sollen im Stande sein, sich selbst zurückzuhalten und ihre Ansprüche und Mittel innerhalb einer Gruppe zu integrieren.

- Solidaritätsfähigkeit

Zu den beiden zuvor genannten Fähigkeiten sollen die Schüler auch in der Lage sein, im Sinne anderer Menschen, auch solcher, die nicht zu ihrer Gruppe gehören, handeln zu können.

Jegliche Planung von Unterricht muss die Bildungsideale und das Allgemeinbildungskonzept beachten.

Das Perspektivenschema an sich ist ein Leitfaden zum Handeln, zieht man den didaktischen Hintergrund mit in Betracht, ist es eine „ Anleitung zum gerechtfertigten Handeln28, und jedes didaktische Handeln braucht eine Rechtfertigung. Hier liegt der Schwerpunkt dieser Theorie beziehungsweise der bildungstheoretischen Didaktik.

Merkmal der bildungstheoretischen Modelle ist, dass sie dem Anwender nicht direkt didaktische Überlegungen, Maßnahmen und Entscheidung anbieten, sondern ein Mittel darstellen, didaktisches Handeln selbst einzuschätzen und bezüglich der Prinzipien zu überprüfen.

Klafkis Didaktik wird als kritisch-konstruktive Theorie angesehen, weil sie gegebene Umstände nicht einfach hinnimmt, sondern sie kritisch hinterfragt. Das bezieht sich auf die didaktische Wirklichkeit und die gesellschaftlich-geschichtliche Realität. Da sie nicht nur kritisch beschreibt, sondern auch Empfehlungen für pädagogisch sinnvolle Änderungen bietet.

Sein Modell wird zudem als Mischtheorie beschrieben, weil es Elemente aus anderen didaktischen Modellen integriert hat. Von der lerntheoretischen Didaktik, dem Berliner und Hamburger Modell, ist die „Bedingungsanalyse“ übernommen worden, die Klafki „explizite Bedingungsanalyse“ nennt. Zudem ist in der „Prozeß-Struktur“ die „Strukturanalyse“ von Heimann nachempfunden. Hinzukommt, dass Klafki Wert darauf legt, dass keine Desintegration in der didaktischen Theoriebildung stattfindet. Diesen Punkt erwähnte Heimann schon vor ihm.

Seine „kritischen“ und „gesellschaftspolitischen“ Gesichtspunkte, die Ansicht, dass Unterricht ein Prozess der Interaktion ist, die Ideologiekritik und der Zielgedanke der Emanzipation gehen auf die kritisch-kommunikative Didaktik zurück. Der curricularen Didaktik und der aus ihr entstandenen lernzielorientierten Planung stammen die Elemente „Zielorientierung“, „Überprüfung“ und die „Hierarchisierung von Lernzielen“.

Klafkis Bildungstheoretische Didaktik ist systematisch gegliedert und beschreibt das Problem der Unterrichtsplanung umfassend und zutreffend. Es zeigt sich jedoch, dass diese sehr abstrakt ist und deshalb vom Lehrer mit konkreten Inhalten gefüllt werden muss. Wohl werden Anregungen zur kritischen Reflexion bei der Planung und Realisierung von Unterricht geliefert, doch stellt sie kein normatives Kriteriensystem dar.

2.3 Das „Berliner Modell“

Das Berliner Modell dient der Unterrichtsplanung und ist Teil der „Berliner Schule der Didaktik“: Es wurde 1962 von Paul Heimann, Gunter Otto und Wolfgang Schulz für die Lehrerausbildung an der Pädagogischen Hochschule in Berlin entwickelt. Es ist als Gegenmodell zur bildungstheoretischen Didaktik anzusehen, welche tatsächliche Probleme abstrahiert. Das Konzept wurde zur Grundlage einer neuen didaktischen Haltung, der lerntheoretischen Didaktik.

A) Die Planung

Die lerntheoretische Didaktik setzt voraus, dass sämtliche Unterrichtsabläufe die gleiche Grundstruktur haben.

„… aller Unterricht ist offenbar so gebaut, da ß in ihm immer … formal konstant

bleibende, inhaltlich variable Elementar-Strukturen gegeben sind.. . “ 29

Formale Konstanz und inhaltliche Varianz der Struktur sind ausschlaggebend für eine Erstellung eines einheitlichen Rasters, welches eine Analyse und Konstruktion ermöglicht.

Heimann bezieht den alltäglichen Unterrichtsablauf ein, um die notwendigen Raster deutlich zu machen:

In laiensprachlicher Formulierung lie ß e sich dann etwa sagen: im Schul-Unterricht geht es offenbar immer darum, irgendwelche Gegenstände (Lernanlässe) in bestimmter Absicht (zu Lernzwecken) und in bestimmten Situationen in den Erkenntnis-, Erlebnis-, und Tätigkeits-Horizont von Kindern oder Jugendlichen zu bringen, wobei man sich bestimmter Verfahrensweisen und Medien bedient.“30

Somit kann der Unterricht in sechs Strukturen gegliedert werden. Diese werden von Heimann bezüglich ihrer Beziehung zum Lehrer eingeteilt.

Es gibt Entscheidungsfelder, wie Intentionen, Inhalte, Methoden und Medien, hier trifft der Lehrer individuelle Entscheidungen. Und es gibt Bedienungsfelder, die der Lehrer vorfindet, zu denen anthropologisch-psychologische Voraussetzungen gehören. Dies sind Gegebenheiten wie Klassenzusammensetzung, Vorwissen, Interessen, Herkunft, Verhaltensweisen, Intelligenz, die Ausstattung der Schule, der Lehrplan oder die methodischen Formen. Zudem gehören zu den Bedienungsfeldern sozio-kulturelle Voraussetzungen, welche den altersbedingten Entwicklungsstand der Schüler, ihr entsprechendes Leistungs- und Urteilsvermögen, aber auch das Können oder die Vorlieben des Lehrers und die Beziehungen zwischen Lehrer und Schülern darstellen.

Die sechs Felder stehen in einer Interdependenz, sie sind wechselseitig voneinander abhängig. Dies hat zur Folge, dass die Felder nie getrennt voneinander betrachtet werden dürfen. Ein bestimmtes Medium, beispielsweise als Kern einer Planung, kann alle weiteren Entscheidungen wie Intentionen oder Methoden beeinflussen. Als Diagramm lässt sich dieses lerntheoretische Modell folgendermaßen darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Berliner Modell“ Strukturgefüge des Unterrichts nach Heimann

Entnommen: Peterßen, W.H: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfrage, Modelle, Stufen, Dimensionen. München: Oldenborg 2000 S. 84

[...]


1 Peterßen, W.H: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen. München: Oldenborg 2000, S. 53

2 Klafki, Wolfgang: Das pädagogische Problem des Elementaren und die Theorie der kategorialen Bildung; Weinheim 2. erw. Aufl.; 1963, S. 298

3 Klafki, Wolfgang: Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Weinheim; 1964a, S. 101 9

4 Klafki, Wolfgang: Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Weinheim; 1964a, S. 134 10

5 Peterßen, W.H: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen. München: Oldenborg 200, S. 58

6 Ebd. S. 58

7 Peterßen, W.H: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen. München: Oldenborg 2000, S. 58

8 Klafki, Wolfgang: Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Weinheim; 1964a, S. 84 12

9 Peterßen, W.H: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen. München: Oldenborg 2000 S. 59

10 Ebd. S. 59

11 Ebd. S. 59

12 Ebd. S. 59

13 Klafki, Wolfgang: Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Weinheim; 1964a, S. 128 14

14 Peterßen, W.H: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen. München: Oldenborg 2000, S. 62

15 Peterßen, W.H: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen. München: Oldenborg 2000, S. 64

16 Wolfgang Klafik: Zur Unterrichtsplanung im Sinne kritisch-konstruktiver Didaktik In: König, Eckhard; Schier, Norbert; Vohland, Ulrich (Hrsg.) : Diskussion Unterrichtsvorbereitung - Verfahren und Modelle. München: Wilhelm Fink Verlag 198, S. 29

17 Peterßen, W.H: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen. München: Oldenborg 2000, S. 66

18 Wolfgang Klafik: Zur Unterrichtsplanung im Sinne kritisch-konstruktiver Didaktik In: König, Eckhard; Schier, Norbert; Vohland, Ulrich (Hrsg.) : Diskussion Unterrichtsvorbereitung - Verfahren und Modelle. München: Wilhelm Fink Verlag 1980, S. 29

19 Peterßen, W.H: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen. München: Oldenborg 2000, S. 67

20 Wolfgang Klafik: Zur Unterrichtsplanung im Sinne kritisch-konstruktiver Didaktik In: König, Eckhard; Schier, Norbert; Vohland, Ulrich (Hrsg.) : Diskussion Unterrichtsvorbereitung - Verfahren und Modelle. München: Wilhelm Fink Verlag 1980, S. 37

21 Ebd. S. 38

22 Ebd. S. 38

23 Ebd. S. 38

24 Wolfgang Klafik: Zur Unterrichtsplanung im Sinne kritisch-konstruktiver Didaktik In: König, Eckhard; Schier, Norbert; Vohland, Ulrich (Hrsg.) : Diskussion Unterrichtsvorbereitung - Verfahren und Modelle. München: Wilhelm Fink Verlag 1980, S.38

25 Ebd. S. 38

26 Ebd. S. 39

27 Wolfgang Klafik: Zur Unterrichtsplanung im Sinne kritisch-konstruktiver Didaktik In: König, Eckhard; Schier, Norbert; Vohland, Ulrich (Hrsg.) : Diskussion Unterrichtsvorbereitung - Verfahren und Modelle. München: Wilhelm Fink Verlag 1980, S. 13

28 Peterßen, W.H: Handbuch Unterrichtsplanung. Grundfragen, Modelle, Stufen, Dimensionen. München: Oldenborg 2000, S. 77

29 Heimann, Paul: Didaktik als Theorie und Lehre; In: Die Deutsche Schule - Zeitung für Erziehungswissenschaft und Gestaltung der Schulwirklichkeit; 54. Jahrgang, Berlin/Hannover/Darmstadt Schroedel Verlag, 1962, S. 416

30 Ebd. S. 415

Ende der Leseprobe aus 117 Seiten

Details

Titel
Methodische Schwerpunkte der Unterrichtsplanung
Hochschule
Universität Konstanz
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
117
Katalognummer
V91460
ISBN (eBook)
9783638046343
Dateigröße
846 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Methodische, Schwerpunkte, Unterrichtsplanung
Arbeit zitieren
Stefanie Seidler (Autor:in), 2008, Methodische Schwerpunkte der Unterrichtsplanung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91460

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