Popmusik als Teil der Narration im Film Donnie Darko von Richard Kelly


Hausarbeit, 2008

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Begriffsklärungen:
2.1 Narration und Musik
2.2 Donnie Darko, die Handlung

III. Untersuchung
3.1 INXS - Never tear us apart
3.2 Tears for Fears - Head over Heels
3.3 Joy Division – Love will tear us apart again
3.4 John Williams - Mad World

IV. Fazit

V. Anhang:
5.1 Quellen
5.2 Liedtext Mad World

I. Einleitung

Virginia, Oktober 1988: Ein sechzehnjähriger Schüler opfert sein Leben und rettet so unbemerkt die Welt. Donnie Darko. Gerade zurückgekehrt aus einem Parallel-Universum, weicht er nicht aus, als mitten in der Nacht eine Flugzeugturbine aus der Zukunft in sein Zimmer stürzt und ihn zerquetscht. Am nächsten Morgen steht Donnies Familie verstört im Vorgarten, Schaulustige beobachten die Bergung der Turbine aus dem Haus.

Dazu erklingt ein Lied aus dem Off, das die Zuschauer kennen. Es scheint die Situation des gerade zu Ende gehenden Filmes zu beschreiben: Mad World. Es klingt jetzt noch trauriger als früher in den Achtziger Jahren, der Text ist in der Neu-Aufnahme von 2001 besser zu verstehen. Eine dünne Männerstimme weint fast zum Klavier: „...I find it kind of sad, the dreams in which I´m dying are the best I´ve ever had“ (vgl. Donnie Darko 2004)

Plötzlich vermischt sich alles, das vertraute Lied, die Trauer über den Tod des jungen Filmhelden, die Ohnmacht gegenüber der Verlogenheit in Donnies Welt, melancholische Erinnerungen an die achtziger Jahre. Eine stark emotionale Erfahrung also, mit ausgelöst und mit getragen von einem eigentlich bekannten Popsong, der durch den neuen Kontext eine neue Bedeutung erhält. Doch nicht nur der Popsong erhält eine neue Bedeutung durch die Handlung des Films, sondern auch die Handlung gewinnt an Bedeutungsnuancen durch den Popsong. In Donnie Darko setzte Regisseur Richard Kelly diese gegenseitige Bedeutungsgebung von bekannter Popmusik und Handlung besonders effektiv ein.

Im Folgenden soll anhand von vier Szenen aus dem Film untersucht werden, wie Kelly bekannte Popmusik als Teil der Narration nutzte.

II. Begriffsklärungen

Zum besseren Verständnis der Untersuchung von Popmusik als Teil der Narration im Film Donnie Darko sollen im Vorfeld wichtige Begriffe geklärt werden: Der Begriff der Narration und Musik als Teil dieser, sowie der Inhalt des Films in stark verkürzter Form.

2.1 Narration und Musik

Der Begriff Narration soll im Rahmen dieses Textes nach der Definition von Bordwell und Thompson verstanden werden (vgl. Bordwell und Thompson 2004:83), als die Art und Weise, auf die im Plot enthaltene Information stückweise preisgegeben wird, um bestimmte Effekte beim Zuschauer auszulösen. Solche Effekte können zum Beispiel Spannung oder Erleichterung sein, ausgelöst werden sie sowohl durch Elemente der erzählten Geschichte als auch durch filmische Mittel wie Kameraeinstellungen, Montage und eben Musik. Zu unterscheiden ist zwischen der im On erklingenden Musik in Musikfilmen (vgl. Faulstich 2002:50), bei denen eine Musikquelle im Bild klar zu erkennen ist (vgl. Hickethier 2007:122) und der Filmmusik, die gemeinhin als Soundtrack bezeichnet wird.

Während diese meistens extra-diegetische Filmmusik für gewöhnlich aus Klängen besteht, die durch ihre jeweilige Qualität beim Zuschauer Stimmungen und Ahnungen auslösen, erfüllt der Einsatz von Filmmusik mit verständlichem Text noch eine weitere Funktion: Über die im Liedtext enthaltenen sprachlichen Signifikanten kann ganz konkret Bezug genommen werden auf bestimmte Situationen oder Figuren in der Geschichte des Filmes, also auch auf angenommene Begebenheiten außerhalb des gezeigten Plots. Streckenweise kann Filmmusik mit Text also auch eine Erzählerfunktion übernehmen und in dieser Rolle soll sie hier vorrangig untersucht werden. Es geht im Folgenden also nicht, wie von Faulstich in seinem Buch Grundkurs Filmanalyse vorgeschlagen, um eine Transkribierung und eine genaue Musikanalyse (vgl. Faulstich 2002:138), sondern vielmehr um ein Begreifen der Beziehungen zwischen den konnotativen und denotativen Aussagen von Popsongs und der filmischen Handlung.

2.2 Donnie Darko, die Handlung

Donnie Darko ist im Oktober 1988 sechzehn Jahre alt. Er lebt mit seiner Familie in einer Kleinstadt in Virginia. Donnie hat scheinbar psychische Probleme. (Ob er tatsächlich krank ist, bleibt ein Rätsel des Films.) Eines Nachts trifft Donnie auf eine imaginative, mannsgroße Hasenfigur namens Frank, die Donnie aus dem Haus lockt, als eine Flugzeugturbine vom Himmel in Donnies Zimmer fällt und dieses zertrümmert. Weiterhin teilt Frank Donnie mit, dass in 28 Tagen die Welt untergehe. In dem Glauben, Frank habe ihm das Leben gerettet, befolgt Donnie fortan die zerstörerischen Befehle Franks, außerdem beschäftigt sich Donnie nach einem Hinweis Franks mit dem Thema Zeitreisen, insbesondere liest er ein Buch[1] darüber, aus dem einzelne Seiten eingeblendet werden.

Am Tag des prophezeiten Weltuntergangs wird Donnies Freundin überfahren von einem Mann im Halloween-Hasenkostüm. Es ist Frank, doch diesmal ist er real und er kennt Donnie nicht. Verstört über den Tod seiner Freundin erschießt Donnie den realen Frank. (Jetzt erst wird klar, dass es sich bei dem imaginativen Frank, den Donnie bisher gesehen hat, um diesen von Donnie erschossenen Frank handelte, der in der Zeit zurückgereist ist.) Donnie fährt mit dem Leichnam seiner Freundin zu einem Hügel, von dem aus er offenbar eine Zeitreise unternimmt. Denn in der nächsten Szene liegt Donnie wieder in seinem Bett und lacht. Doch es ist wieder die Nacht, in der die Flugzeugturbine vom Himmel fiel. Und schon im nächsten Moment fällt sie wieder in Donnies Zimmer und tötet ihn. Am nächsten Morgen leben alle Menschen noch, die vor Donnies vermutlicher Zeitreise verunglückt waren, sie scheinen sich an das in der anderen Zeit Geschehene nur noch im Traum zu erinnern.

III. Untersuchung

Nach einer knappen Vorstellung des Inhalts und der Klärung des Begriffes Narration, soll nun mit der eigentlichen Untersuchung begonnen werden. Dabei werden vier mit bekannter Popmusik unterlegte Szenen in der Reihenfolge betrachtet, in der sie zeitlich im Film zu finden sind. Es ist hierbei wichtig zu erwähnen, dass es von dem Film zwei Versionen gibt. Hier wird die neuere Version von 2004 (vgl. Donnie Darko 2004) untersucht, weil sie diejenige ist, die der Regisseur eigentlich herstellen wollte, wie sich auch am Drehbuch erkennen lässt (vgl. Kelly 2003). Weiterhin soll nun einmal ausdrücklich darauf hingewiesen sein, dass alle im Folgenden zitierten Liedtexte und Figurenreden dem Film entnommen sind, der als Quelle unter (Donnie Darko 2004) angegeben ist. Um den Lesefluss nicht zu stören, wird dieser Sachverhalt von hier an nicht mehr kenntlich gemacht.

3.1 INXS - Never tear us apart

Der Film beginnt mit Tiergeräuschen und einem Sonnenaufgang über einem nebligen Tal. Mitten auf der Straße, das Tal überblickend, erwacht ein junger Mann neben seinem Fahrrad. Er richtet sich auf, lächelt in Nahaufnahme. Ein Rechtsschwenk über das Tal. Ein Titel wird eingeblendet: Donnie Darko. Der Billdschirm wird weiß, synchron mit der nächsten Einstellung setzt im Off ein Keyboard-Intro ein. Es ist das Intro des INXS -Hits Never tear us apart aus dem Jahr 1988.

Zu dem Lied aus dem Off werden Bilder einer Parallelfahrt montiert, Donnie Darko radelt verschlafen leere Straßen entlang, immer bergab. Es ist sonnig.

„Don´t ask me, what you know is true“ ertönt der erste Satz des Liedes. Er ist gleichzeitig der erste Satz des Films. Für sich genommen, legt er den Ton des Films fest: Stellt keine unnötigen Fragen, ihr kennt die Wahrheit. Der Film richtet sich also an ein aufgeklärtes Publikum, das sich ihm gegenüber erwachsen zu verhalten hat. Gleichwohl stimmt das Lied auf die Ära ein, in der es ein Hit war und in der der Film spielt: Die Achtziger Jahre. Da der Film im Jahr 2001 seinen Kinostart hatte und erst ab 16 freigegeben war, richtete er sich ursprünglich an ein Publikum, das die Achtziger Jahre überwiegend noch erinnern konnte, wenn auch nur aus Kindheitserinnerungen.

Diesem Zielpublikum wird nicht entgangen sein, dass der Sänger des Liedes, Michael Hutchence, sich gegen Ende der Neunziger Jahre erhängt hat. Ihn hier singen zu hören, cool und lasziv, doch eigentlich um sein trauriges Ende zu wissen, erfüllt eine weitere Funktion des Liedes in diesem Film: Es lässt das Publikum nicht in eine ungestörte Nostalgie verfallen, es vergegenwärtigt das Unwiederbringliche und das Vergangensein der Achtziger Jahre und vieler ihrer Ideale. Schließlich weckt das Wissen um das Ableben des Sängers Assoziationen an die Möglichkeit eines überraschenden Todes.[2]

Im weiteren Verlauf des Liedes fährt der junge Mann, Donnie Darko, an einem Schild vorbei, auf dem steht: Middlesex Halloween Carnival / Oct. 26th-30th.

Hiermit wissen wir also, wo er wohnt, in Middlesex, und, dass es zu Halloween Festlichkeiten geben wird. Was wir hier noch nicht wissen: Der Abend des 30.10.1988 ist der Zeitpunkt der Katastrophe des Filmes, auf die alle Handlungsstränge hinlaufen.

Von dem Schild weg schwenkt die Kamera nach links und folgt Donnie, wie er in eine Wohnsiedlung einbiegt. In der nächsten Einstellung fährt er eine zweispurige Straße hinunter, die an beiden Seiten von Bäumen gesäumt ist, hinter den Bäumen sind recht große, rustikale Häuser und gepflegte Rasen zu erkennen. Eine ordentliche Nachbarschaft also. Die Bäume werfen starke Schatten, was einen schnellen Lichtwechsel verursacht. Ein roter Sportwagen fährt aus dem Raum hinter der Kamera etwa in die Mitte des Bildes, an Donnie vorbei, der sich immer noch frontal auf die Kamera zu bewegt.

Just in dem Moment, als der Sportwagen und der Rad fahrende Donnie auf einer Höhe sind, lautet der Text des Liedes „Two worlds collided.“ Tatsächlich werden am 30.10. Donnie Darko und der Fahrer des Autos aufeinander treffen, was zur Katastrophe führen wird. Doch das ist hier noch nicht ersichtlich, so dass beim ersten Sehen des Filmes das Vorbeifahren des roten Autos nicht unbedingt wahrgenommen wird, trotz des Hinweises im Liedtext.

Parallel zum nächsten Satz im Text „They can never tear us apart“, biegt Donnie Darko ab und fährt auf das Haus zu, in dem er mit seiner Familie lebt. Der oben zitierte Satz im Text kann also auf Donnies Beziehung zu seiner Familie bezogen werden. Sie wird in der Folge vorgestelllt, während das Lied weiterläuft. Zuerst kommen der Vater und die Schwester ins Bild, sie sind im Vorgarten. Während der Textzeilen „I told you we can fly because we all have wings, but some of us don´t know why“ wird erst Donnie gezeigt, wie er in Richtung des Gartens hinterm Haus geht. Dann kommt seine kleine Schwester ins Bild, im ersten Augenblick scheint sie zu fliegen, sie springt auf einem großen Trampolin. Anschließend schwenkt die Kamera nach links unten, dort sitzt Donnies Mutter auf einer Gartenliege und liest.

[...]


[1] Dem Buch nach ist die Flugzeugturbine ein Artefakt aus der Zukunft und seit ihrem Erscheinen lebt Donnie in einem Parallel-Universum, das die Existenz des Hauptuniversums beenden wird, wenn nicht ein Lebender Empfänger durch ein Portal in der Zeit zurückreist. Alle Menschen um Donnie herum sind laut Buch Manipulierte Tote oder Manipulierte Lebende, die ihn als Lebenden Empfänger zur Zeitreise treiben sollen.

[2] Never tear us apart wurde bei Hutchences Beerdigung gespielt, während man seinen Sarg aus der Kirche trug, viele Medien berichteten darüber. (//www.bbc.co.uk/dna/h2g2/A6557097, zuletzt gesehen am 2.3.08)

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Popmusik als Teil der Narration im Film Donnie Darko von Richard Kelly
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V91394
ISBN (eBook)
9783638056366
Dateigröße
433 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Popmusik, Teil, Narration, Film, Donnie, Darko, Richard, Kelly
Arbeit zitieren
Julia Mierzwa (Autor:in), 2008, Popmusik als Teil der Narration im Film Donnie Darko von Richard Kelly, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91394

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