Die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Arbeitnehmerentsendungen

Eine differenzierte Betrachtung der USA und Brasilien


Bachelorarbeit, 2020

79 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Problemstellung, Zielsetzung und Gang der Untersuchung

2. Grundlagen und Motivsysteme im Entsendefall
2.1 Begriffe des internationalen Arbeitseinsatzes
2.1.1 Entsendung
2.1.2 Expatriate
2.1.3 Zielsystem der Entsendung
2.2 Besteuerungskompetenz nach nationalem Recht in Deutschland
2.2.1 Unbeschrankte Steuerpflicht
2.2.2 Erweiterte unbeschrankte Steuerpflicht
2.2.3 Folgen der unbeschrankten Steuerpflicht
2.2.4 Beschrankte Steuerpflicht
2.2.5 Einbehaltung von Lohnsteuer

3. Steuerrechtliche Aspekte der Auslandsentsendung
3.1 Allgemeines
3.2 Entsendung in einen Abkommensstaat
3.2.1 Anwendungsvoraussetzung für das Musterabkommen
3.2.2 Zuweisung der Besteuerungskompetenz bei Einkünften aus nicht- selbstandiger Arbeit
3.2.3 Aufteilung von Löhnen, Gehaltern und ahnlichen Vergütungen
3.3 Entsendung in einen Nicht-Abkommensstaat
3.3.1 Allgemeines
3.3.2 Unilaterale Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
3.3.3 Folgewirkungen der unilateralen Methoden

4. Entsendung in die USA und nach Brasilien
4.1 Entsendung in die USA (Abkommensstaat)
4.1.1 Allgemeines
4.1.2 Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für die USA
4.1.3 Einkommensteuerrecht der USA
4.1.4 Grundzüge des Doppelbesteuerungsabkommens mit den USA
4.1.4.1 Gründe für Doppelbesteuerungen
4.1.4.2 Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA
4.1.5 Regelung zu Ansassigkeit des US-amerikanischen Steuerrechts
4.1.5.1 Unbeschrankte Steuerpflicht
4.1.5.2 Beschrankte Steuerpflicht
4.1.6 Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens mit den USA
4.1.6.1 Besteuerung einzelner Vergütungselemente
4.1.6.2 Vermeidung von Doppelbesteuerungen
4.1.6.3 Einbehaltung von Lohnsteuer
4.1.6.4 Besteuerung der betrieblichen Altersversorgung
4.2 Entsendung nach Brasilien (Nicht-Abkommensstaat)
4.2.1 Allgemeines
4.2.2 Steuerpflicht in Brasilien
4.2.3 Unilaterale Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
4.2.3.1 Freistellungsmethode nach dem Auslandstatigkeitserlass
4.2.3.1.1 Voraussetzung
4.2.3.1.2 Begünstigter Arbeitslohn
4.2.3.1.3 Freistellung unter Progressionsvorbehalt
4.2.3.2 Anrechnungsmethode
4.2.3.2.1 Voraussetzung
4.2.3.2.2 Berechnung
4.2.3.2.3 Auswirkungen
4.2.3.3 Abzugsmethode
4.2.3.3.1 Voraussetzung
4.2.3.3.2 Auswirkungen
4.2.3.4 Vergleich der Methoden
4.3 Rechnerischer Vergleich von Entsendungen in die USA und nach Brasilien
4.3.1 Berechnung bei einer Entsendung in die USA
4.3.1.1 Höheres Einkommen in Deutschland
4.3.1.2 Höheres Einkommen in den USA
4.3.1.3 Keine Steuerpflicht in Deutschland
4.3.2 Berechnung bei einer Entsendung nach Brasilien
4.3.2.1 ATE - Höheres Einkommen in Deutschland
4.3.2.2 ATE - Höheres Einkommen in Brasilien
4.3.2.3 Anrechnungsmethode - Höheres Einkommen in Deutschland
4.3.2.4 Anrechnungsmethode - Höheres Einkommen in Brasilien
4.3.2.5 Abzugsmethode - Höheres Einkommen in Deutschland
4.3.2.6 Abzugsmethode - Höheres Einkommen in Brasilien
4.3.2.7 Keine Steuerpflicht in Deutschland
4.3.3 Konklusion der Ergebnisse

5. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte der Auslandsentsendung
5.1 Allgemeines
5.2 Sozialversicherungspflicht nach dem Sozialversicherungsgesetzbuch IV
5.2.1 Territorialitatsprinzip
5.2.2 Ausstrahlung im Sozialgesetz in Deutschland
5.3 Entsendungen in ein Abkommensstaat
5.3.1 Örtlicher Geltungsbereich
5.3.2 Persönlicher Geltungsbereich
5.3.3 Sachlicher Geltungsbereich
5.3.4 Zuweisung der Versicherungspflicht
5.4 Folgen bei Weitergeltung des nationalen Rechts
5.5 Folgen bei Nicht-Weitergeltung des nationalen Rechts
5.6 Sozialversicherungsabkommen Deustchland-USA
5.7 Sozialversicherungsabkommen Deustchland-Brasilien
5.8 Zusatzlicher Versicherungsschutz

6. Gestaltungsüberlegungen bei Entsendungen ins Ausland
6.1 Vorgehensweise
6.2 Empfehlungen zur steuerrechtlichen Durchführung
6.2.1 Nutzung des internationalen Steuergefalles
6.2.2 Ansassigkeit des Arbeitnehmers
6.2.3 Zeitpunkt der An- und Abreise
6.2.4 Zeitplanung der Gehaltszahlungen
6.2.5 Alternative Vergütungsformen
6.2.5.1 Deferred compansation
6.2.5.2 Zusatzleistungen und Sachbezüge
6.2.6 Methodenwahl bei einer Entsendung nach Brasilien
6.3 Empfehlungen zur sozialversicherungsrechtlichen Durchführung
6.4 Zielsystemkonflikte

7. Schlussbemerkung/Zusammenfassung

Anlagenverzeichnis

Anlagen

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.1: Zielesystem aus Sicht des Expat und des Unternehmens

Tabelle 4.1: Nichteinwanderungsvisa

Tabelle 4.2: Struktur des DBA-USA

Tabelle 4.3: Freistellungsmethode unter Progressionsvorbehalt - Höheres Einkommen in Deutschland - Entsendung in die USA

Tabelle 4.4: Freistellungsmethode unter Progressionsvorbehalt - Höheres Einkommen in den USA - Entsendung in die USA

Tabelle 4.5: Freistellungsmethode unter Progressionsvorbehalt - Höheres Einkommen in Deutschland - Entsendung nach Brasilien

Tabelle 4.6: Freistellungsmethode unter Progressionsvorbehalt - Höheres Einkommen in Brasilien - Entsendung nach Brasilien

1. Problemstellung, Zielsetzung und Gang der Untersuchung

Der dynamische Prozess der Globalisierung, welcher die wirtschaftliche Vernetzung ver- schiedener Kontinente durch unterschiedliche Vorgange wie zum Beispiel Transferierung von Dienstleistungen, Gütern und Arbeitskrafte fördert, stellt viele Unternehmen vor Herausforde- rungen. Die Verschmelzung aller wichtigen Wirtschaftsmarkte birgt für Unternehmen in glei- chermaften Chancen und auch Risiken. Die Möglichkeit, die eigenen Produkte und Dienst- leistungen auf dem Auslandsmarkt zu platzieren, bringt zeitgleich das Risiko mit sich, dass sich auslandische Unternehmen auf dem Inlandsmarkt durchsetzen und dort die heimischen Produkte und Dienstleistungen verdrangen.

Aufrund der "deutschen Qualitatsarbeit" genieften Produkte mit dem Label "Made in Germa­ny" weltweit eine grofte Anerkennung. Dies führt mitunter dazu, dass Deutschland im Jahr 2019 neben China und den USA zu den Top drei der gröftten Exportlander gehörte.1 Weitere Erfolgsfaktoren, welche dazu beigetragen haben, dass deutsche Unternehmen sich so erfolg- reich auf dem Exportmarkt etabliert haben, sind die B2B-Geschafte, welche den Industrie- kunden weltweit eine auftergewöhnliche Unterstützung bieten und die langjahrige Erfahrung in der Fertigung und Entwicklung, der Fachkrafteausbildung sowie die international flexibel einsetzbaren Mitarbeiter.

Eine Entsendung birgt jedoch nicht nur für die Unternehmen Chancen und Risiken, sondern ebenso für den Arbeitnehmer. Durch die Entsendung entstehen dem Mitarbeiter der ins Aus- land entsandt wird, Mehraufwendungen. Diese möchte der Entsandte gerne ersetzt haben, zum Beispiel durch eine Erhöhung des Nettoeinkommens. Um dies zu erfüllen, müssen so- zialversicherungsrechtlich aber auch steuerliche Vorgehensweisen bei einer Mitarbeiterent- sendung berücksichtigt werden.

Die Planung einer Arbeitnehmerentsendung und die Kenntnis über die aktuellen rechtlichen Regelungen erleichtern den Ablauf eines Auslandseinsatzes und tragen in einem erheblichen Maft zum Erfolg bei. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, herauszufinden in welchem Maft eine Doppelbesteuerung und/oder Schwierigkeiten bei der Sozialversicherungspflicht für den ent- sandten Arbeitnehmer entstehen und wie diese durch gesetzliche Regelungen vermieden wer­den kann.

Hinsichtlich der Komplexitat eines grenzüberschreitenden Arbeitseinsatzes und der Umfang dieser Arbeit wird im Folgenden die Entsendung eines deutschen Arbeitnehmers von seinem in Deutschland ansassigen Arbeitgebers betrachtet. Dabei wird das Augenmerk der Sachver- halte auf die Interessen des entsandten Mitarbeiters als auch auf die Interessen des entsen- denden Arbeitgebers gelegt.

Bei der vorliegenden Arbeit orientiert sich der Gang der Untersuchung an folgendem Schema:

Im Anschluss an die Einleitung befasst sich Kapitel zwei zunachst mit den Grundlagen und dem Motivsystem einer Entsendung. Dabei werden im Detail die Begrifflichkeiten eines Aus- landseinsatzes, die für das Verstandnis der Arbeit von Bedeutung sind und die Besteuerungs- kompetenz nach nationalem Recht im Inland erlautert.

Kapitel drei behandelt die steuerlichen Aspekte einer Auslandsentsendung, beginnend mit ein- allgemeinen Hinfürhung. AnschlieRend wird in diesem Kapitel sowohl die Entsendung in einen Abkommensstaat als auch die Entsendung in einen Nicht-Abkommensstaat betrachtet.

Die grenzüberschreitende Mitarbeiterenstendung am Beispiel Brasilien und USA wird in Ka- pitel vier bearbeitet. Den Abschluss von Kapitel vier bilden der rechnerische Verfleich und die Konklusion der Ergebnisse.

Kapitel fünf widmet sich den sozialversicherungsrechtlichen Aspekten der Auslandsentsen- dung. Dabei wird auf die Sozialversicherungspflicht gemaR SGB IV auf die Enstendung in einen Abkommensstaat und auf Folgen bei Weitergeltung und bei Nicht-Weitergeltung des nationalen Rechts eingegangen.

Im Anschluss konzentriert sich Kapitel sechs auf die Gestaltungsüberlegung einer grenz- überschreitenden Mitarbeiterentsendung. Im Zuge dessen wird auf die Vorgehensweise, eine Empfehlung zur steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Durchführung und auf die Zielsystemkonflikte naher eingegangen.

Den Abschluss der Bachelorarbeit bildet Kapitel sieben mit einer Zusammenfassung der In- halte.

2. Grundlagen und Motivsysteme im Entsendefall

2.1 Begriffe des internationalen Arbeitseinsatzes

2.1.1 Entsendung

Im Fokus dieser Bachelorarbeit steht der Begriff „Entsendung“. Da es hierfür keine Legaldefini- tion im deutschen Steuergesetz gibt, ist es vorab erforderlich, diesen naher zu erörtern und zu analysieren. Grundsatzlich handelt es sich um eine Arbeitnehmerentsendung, wenn ein Mit- arbeiter auf Anweisung seines inlandischen Arbeitgebers (entsendendes Unternehmen) in das Ausland versetzt wird und dort für eine befristete Zeit seine Beschaftigung ausübt.2 Abgesehen von dieser Konstellation handelt es sich ebenfalls um eine Entsendung, wenn der zu entsen- dende Arbeitnehmer ausschlieftlich für die Tatigkeit im Ausland von einem inlandischen Unter- nehmen eingestellt wird.3 Handelt es sich hingegen um einen Arbeitnehmer dessen Wohnsitz gem. § 8 AO im Ausland liegt bzw. ist der Arbeitnehmer im Ausland bereits erwerbstatig und nimmt für ein in Deutschland ansassiges Unternehmen von dort aus einen Tatigkeit auf, liegt keine Entsendung vor. In diesem Fall handelt es sich um eine sogenannte Ortskraft. Entspre- chendes gilt, wenn der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz nach Deutschland verlagert.4

Als Gesetzesgrundlage dient die Definition der Entsendung in § 4 SGB IV.5

2.1.2 Expatriate

Die Bezeichnung Expat (von englisch expatriate ,Auswanderer‘; von lateinisch ex ,aus‘ und patria ,Heimatland‘) beschreibt einen Arbeitnehmer, der durch seinen Arbeitgeber für eine vo- rübergehende Zeit ins Ausland entsandt wird.6 Aus der Sicht der Einsatzlandgesellschaft wird haufig die Bezeichnung Impatriat, kurz Impat, verwendet. Demnach ergeben sich folgende zwei Definitionen:

1. Es kann ein Arbeitnehmer, der von einer auslandischen Gesellschaft angestellt ist, eine Tatigkeit in Deutschland ausüben (Impat),
2. oder ein Arbeitnehmer, der aufgrund seines Angestelltenverhaltnisses vom Inland ins Aus- land eingesetzt wird (Expat).

Angesichts der Übersichtlichkeit und dem Umfang der Bachelorarbeit wird im weiteren Verlauf ausschlieftlich auf die grenzüberschreitende Delegation deutscher Mitarbeiter, die ins Ausland entsandt werden eingegangen.

Zusatzlich muss zwischen dem Begriff des Arbeitnehmers und dem Begriff des Unternehmers unterschieden werden. Gem. § 1 Abs. 1 S. 1 LStDV wird der Arbeitnehmer als eine Person beschrieben, die im privaten oder öffentlichen Dienstsektor beschaftigt ist/war und aus dem Dienstverhaltnis Lohn erhalt. Im Gegenzug hierzu ist diese Person gegenüber seinem Arbeit- geber weisungsgebunden (§ 1 Abs. 2 LStDV) und ist dazu verpflichtet eine gewisse Arbeitsleis- tung zu erbringen. Aufgrund dessen tragt der Arbeitnehmer, im Gegensatz zum Unternehmer, prinzipiell kein Vermögensrisiko und erlangt i. S. d. § 19 EStG Einkünfte aus nichtselbstandiger Arbeit.7

2.1.3 Zielsystem der Entsendung

Im Kontext der Gestaltung einer Mitarbeiterentsendung entwickeln sowohl aus Sicht des Un- ternehmers, als auch aus Sicht des Arbeitnehmers verschiedene Ansprüche gegenüber dem Entsendeprozess. Differenziert wird bei der Auslandsplanung im ersten Schritt zum einen in Arbeitgeberziele und Arbeitnehmerziele. Im zweiten Schritt werden diese auf wirtschaftlicher, persönlicher, arbeitsrechtlicher, steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Ebene be- trachtet. Werden die unterschiedlichen Ziele von Arbeitgeber und Arbeitnehmer miteinander verknüpft, resultiert daraus ein Zielsystem, welche die Basis der Auslandsplanung und des Entsendevertrags bildet.8

In der folgenden Tabelle werden die unterschiedlichen Ziele sowohl aus Arbeitgebersicht, als auch aus Arbeitnehmersicht kurz erlautert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.1: Zielesystem aus Sicht des Expat und des Unternehmens9

2.2 Besteuerungskompetenz nach nationalem Recht in Deutschland

Um eine steuerliche Beurteilung vornehmen zu können, muss zunachst festgestellt werden, wie der entsandte Mitarbeiter wahrend seiner Entsendung besteuert wird, da der entsendende Arbeitgeber weiterhin angewiesen ist, einerseits die Lohnsteuer7 8 und andererseits die Sozial- versicherung9 richtig abzurechnen.

Im Folgenden wird darauf eingegangen, wann es zu einer unbeschrankten oder zu einer be- schrankten Steuerpflicht kommt und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben.

2.2.1 Unbeschrankte Steuerpflicht

Das EStG unterscheidet zwischen der persönlichen Steuerpflicht (Steuersubjekt) und der sachlichen Steuerpflicht (Steuerobjekt).

Die Frage nach dem Steuersubjekt - wer einkommensteuerpflichtig ist - wird aus § 1 Abs 1. S. 1 EStG ersichtlich, demnach muss es sich um eine natürliche Person handeln "die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt" hat, um unbeschrankt einkommensteuer- pflichtig zu sein.10

Aus § 1 Abs. 1 S. 1 EStG gehen daher vier verschiedene Kriterien hervor:

- natürliche Person
- die im Inland
- ihren Wohnsitz (§ 8 AO)
- oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) hat.

Der Begriff der natürlichen Person und / oder juristischen Person wird im EStG selbst nicht definiert, sondern im Zivielrecht. Als natürliche Person kann jeder lebende Mensch verstanden werden, ohne andere Merkmale wie Alter, Familienstand, Staatsangehörigkeit und Geschafts- fahigkeit für die subjektive Steuerpflicht zu berücksichtigen. Aufgrund der expliziten Nennung der natürlichen Person in § 1 Abs. 1 S. 1 EStG sind im Umkehrschluss dazu die juristischen Personen ausgeschlossen. Gleiches gilt für Personengesellschaften, da nur deren Gesell- schafter der Einkommensteuerpflicht unterliegen.11

Der Inlandsbegriff wird in § 1 Abs. 1 S. EStG geregelt, demnach versteht man im Sinne des deutschen Einkommensteuerrechts unter dem Begriff Inland nicht nur die Bundesrepublik Deutschland, sondern auch den zugehörigen Teil des Festsockels, soweit dort eine wirtschaft- liche Aktivitat ausgeführt wurde.

Gemaft dem Wortlaut des § 8 AO hat jemand seinen Wohnsitz dort, "[...] wo er eine Wohnung unter Umstanden innehat, die darauf schlieften lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.“ Bei der Wohnung muss es sich um eine geeignete Raumlichkeit handeln, wel- che separat abschlieftbar ist (AEAO zu § 8 Nr.3). Des Weitere muss der Steuerpflichtige diese innehaben, d.h. er muss die tatsachliche Verfügungsmacht über die Wohnung bestitzen.12 Aus der Richtline AEAO zu § 8 Nr. 4 S. 2 ergibt sich, dass eine standige Nutzung der Wohnung nicht erforderlich ist, jedoch eine Regelmaftigkeit oder Gewohnheit vorliegen sollte.

Im Urteil vom 19.03.1997 des Bundesfinanzhof heiftt es zudem, dass ein Wohnsitz in Deutsch­land gegeben ist, wenn die Wohnung als Rückkehrmöglichkeit nach der Auslandsentsendung beibehalten wird.13 Ebenso kann eine natürliche Person mehrere Wohnsitze zur gleichen Zeit haben. Dies kann unter Umstanden dazu führen, dass der Expat aufgrund seines Auslands- aufenthaltes sowohl im In- als auch im Ausland einen Wohnsitz begründet.14

Der genaue Zeitpunkt ab wann der Wohnsitz im Inland aufgegeben, ist folglich von objektiven Faktoren abhangig. Eine An- bzw. Abmeldung bei einem Einwohnermeldeamt ist hierfür nicht entscheident, diese kann lediglich als Indiz für die Wohnsitzaufnahme / -aufgabe verwendet werden (AEAO zu § 8 Nr. 2 S. 3).

Um in der Bundesrepublik Deutschland der unbeschrankten Steuerpflicht zu unterliegen, muss jedoch nicht zwingend ein Wohnsitz im Inland vorhanden sein. Ebenso kann der gewöhnliche Aufenthalt im Inland zu einer unbeschrankten Steuerpflicht führen. Gemaft § 9 AO darf es sich bei einem gewöhnlichen Aufenthalt nicht nur um einen vorübergehenden Besuch handeln, sondern es muss sich um einen geschlossenen, mindestens sechs monatigen Aufenthalt im Inland handeln (AEAO zu § 9 Nr.1). Nach dem Gesetzeswortlaut ist es irrelevant, ob die sechs Monate in ein oder in zwei Kalenderjahre fallt. Auch ohne Bedeutung, für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts, bleiben kurzfristige Unterbrechungen.15

Ob das Tatbestandsmerkmal eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 9 AO vorliegt, ist erst zu prüfen, wenn ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerpflichtige keinen Wohnsitz nach § 8 AO hat. Kann davon ausgegangen werden, dass entweder ein Wohnsitz oder ein gewöhn- licher Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland vorliegt, ist die unbeschrankte Steuer- pflicht nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG anzunehmen.16

2.2.2 Erweiterte unbeschrankte Steuerpflicht

Die erweiterte unbeschrankte Steuerpflicht wird in § 1 Abs. 2 EStG geregelt. Die Rechtsnorm streckt die unbeschrankte Einkommensteuerpflicht auf Personen mit deutscher Staatsange- hörigkeit, welche weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Voraussetzung für die erweiterte unbeschrankte Steuerpflicht ist, dass der ins Aus- land entsandte Mitarbeiter einem Dienstverhaltnis zu einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegt,17 Einkünfte aus einer inlandischen öffentlichen Kasse bezieht18 und im Aus- land lediglich beschrankt steuerpflichtig ist.19

Auch natürliche Personen die keinen Wohnsitz und keinen gewöhnlichen Aufent- halt im Inland haben (somit eigentlich beschrankt steuerpflichtig sind) und nicht von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts angestellt sind können auf An- trag der unbeschrankten Steuerpflicht unterliegen, sofern inlandische Einkünfte nach § 49 EStG erzielt werden. MaRgeblich hierfür sind die Voraussetzungen gemaR § 1 Abs. 3 S. 2 EStG zur Grenzpendlerbesteuerung. Demzufolge müssen mindestens 90% der Einkünfte der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die auslandischen Einkünfte dürfen den Grundfreibetrag in Höhe von 9.409 EUR20 (§ 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG) nicht übersteigen. Zusatzlich benötigt der Antragsteller eine Bescheinigung der auslandischen Einkünfte von der zustandigen auslandischen Steuerbehörde.21

2.2.3 Folgen der unbeschrankten Steuerpflicht

Aus der unbeschrankten Steuerpflicht ergibt sich die Rechtsfolge, dass sowohl die inlandi- schen, als auch die auslandischen Einkünfte der unbeschrankten Einkommensteuerpflicht unterliegen (Welteinkommensprinzip), sofern hierzu keine alternative Regelungen z. B. im Doppelbesteuerungsabkommen geregelt ist (EStH H 1a zu § 1a EStG).

Abgesehen davon, dass das gesamte Welteinkommen der unbeschrankten Einkommensteu- erpflicht unterliegt, ergeben sich auch Vorteile daraus. Dazu zahlen unter anderem die Zusam- menveranlagung der damit verbundene Splittingtarif gemaR § 32a Abs. 5 EStG und Kinder- freibetrage gemaR § 32 Abs. 6 EStG. Des Weiteren kann der unbeschrankt Steuerpflichtige Sonderausgaben und auRergewöhnliche Belastungen in Anspruch nehmen.22

2.2.4 Beschrankte Steuerpflicht

Die beschrankte Steuerpflicht ergibt sich aus dem Umkehrschluss des § 1 Abs. 1 EStG, dem- nach sind natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland aufgegeben haben, nicht mehr unbeschrankt Einkommensteuerpflichtig. Endet die un- beschrankte Steuerpflicht im Inland, unterliegen lediglich die aufgelisteten inlandischen Ein- künften aus § 49 EStG der Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG).23 Abgesehen von den bereits genannten negativen Voraussetzungen, die zu einer beschrankten Steuerpflicht führen, darf weder eine unbeschrankte Steuerpflicht auf Antrag noch eine erweiterte unbeschrankte / beschrankte Steuerpflicht im Inland vorliegen.24

Prinzipiell ist für beschrankt Steuerpflichtige kein Veranlagungsverfahren durchzuführen, da diese nach § 50 Abs. 2 S.1 EStG durch den Abzug der Quellensteuer als abgegolten gilt. Aus- nahmen, bei denen die Abgeltungswirkung ausgeschlossen ist, werden in § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 1-5 EStG aufgezahlt. Des Weiteren ist eine Veranlagung durchzuführen, soweit kein Abzugs- verfahren angewandt wurde.

Nachteile der beschrankten Steuerpflicht ergeben sich daraus, dass lediglich Werbungskos- ten (§ 9 AO) oder Betriebsausgaben, die in direktem Zusammenhang mit den indlandischen Einkünften stehen, berücksichtigt werden können. Sonderausgaben, auRergewöhnliche Be- lastungen und die Inanspruchnahme des Splittingtarifs sind bei beschrankt Steuerpflichtigen vom Abzug ausgeschlossen.25

2.2.5 Einbehaltung von Lohnsteuer

Bei der Lohnsteuer handelt es sich nicht um eine eigene Steuerart, sie ist lediglich eine geson- derte Erhebungsungsform der Einkommensteuer. Aufgrund des direkten Abzugs vom Arbeits- lohn (Quelle) wird diese Erhebungsform auch als Quellensteuer bezeichnet, welche einen Vorauszahlungscharakter auf die Einkommensteuer hat.26

Grundsatzlich ist die Lohnsteuer, welche auf den Arbeitslohn (Einkünfte aus nichtselbstandi- ger Arbeit - § 19 Abs. 1 EStG) anfallt, gemaR § 38 Abs. 1 Nr. 1 EStG von einem inlandischen Arbeitgeber an das Finanzamt zu übermitteln. Um einen inlandischen Arbeitgeber handelt es sich, wenn ein gewisser Bezug zu Deutschland besteht. Dies ist unter anderem der Fall, wenn der Arbeitgeber einen Wohnsitz (§ 8 AO), einen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO), die Ge- schaftsleitung (§ 10 AO), den Sitz (§ 11 AO), eine Betriebsstatte (§ 12 AO) oder einen standi- gen Vertreter (§ 13 AO) im Inland hat.27

Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber wahrend einer Aulandstatigkeit seines Arbeitnehmers weiterhin dazu verpflichtet ist, die Lohnsteuer abzuführen, sofern der bisherige Arbeitsver- trag zur Heimatlandgesellschaft bestehen bleibt. Sollte dieser ruhend gestellt werden und für die Dauer der Enstendung ein zusatzlicher Entsendevertrag vereinbart werden, besteht kei- ne Lohnsteuerabzugsverpflichtung mehr, da der Tatbestand eines inlandischen Arbeitgebers wegfallt.

3. Steuerrechtliche Aspekte der Auslandsentsendung

3.1 Allgemeines

Die Hauptursache der internationalen Doppelbesteuerung liegt darin, dass aufgrund des grenzüberschreitenden Sachverhalts zwei oder mehrerer Staaten dazu berechtigt sind, die- selben Einkünfte einer Person zu besteuern. Das Recht eines Staates zur Vornahme von Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Rechtssprechungsakten innerhalb seiner Landesgrenzen ergibt sich aus dem Souveranitatsprinzip. Im Zuge dessen kann es bei der Entsendung eines Mitarbeiters vorkommen, dass das Territorialitatsprinzip im Quellenstaat und das Welteinkom- mensprinzip im Ansassigkeitsstaat kollidieren (sogenannte juristische Doppelbesteuerung). Weitere Ursachen einer Doppelbesteuerung können unter anderem mit der beschrankten und unbeschrankten Steuerpflicht des entsandten Mitarbeiters zusammenhangen.28

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.1: Ursachen der Doppelbesteuerung

Um eine Doppelbesteuerung der Expat-Vergütung bei einer Arbeitnehmerentsendung zu ver- hindern, bzw. zu reduzieren, muss unterschieden werden, ob es sich dabei um einen Staat mit dem ein DBA besteht oder ob es sich um einen Nicht-DBA-Staat handelt. Diese Unter- scheidung ist wesentlich, da bei einer Entsendung in einen DBA-Staat die Besteuerung der Einkünfte primar nach internationalem Recht vorgenommen wird und im Fall einer Entsendung in einen Nicht-DBA-Staat lediglich nationales Recht greift.31

In den folgenden Abschnitten, soll die Besteuerung der Vergütung wahrend der Mitarbeiterent- sendung in einen DBA-Staat und in einen Nicht-DBA Staat, sowie die bilateralen und unilate- ralen Maftnahmen zur Vermeidung / Minderung genauer betrachtet werden.

3.2 Entsendung in einen Abkommensstaat

Bereits 1963 hat der Steuerausschuss der OECD ein Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vorgelegt, welches 1977 als Grundmuster für zwischenstaatliche Ver- handlungen veröffentlicht wurde. Das OECD-MA dient somit als Grundlage für einen GroRteil der internationalen DBA.29 Zwischenzeitlich wurde mit dem BMF-Schreiben vom 17.04.2013 eine Verhandlungsgrundlage für DBA veröffentlicht, die der Struktur des OECD-MA folgt, den- noch können bei früheren DBA die Artikel zu denen des OECD-MA abweichen.30

Bei Doppelbesteuerungsabkommen handelt es sich um völkerrechtliche Vertrage (Art. 59 Abs. 2 GG)31, welche an das innerstaatliche Steuerrecht beteiligter Vertragsstaaten anschlieRt. Ge- maR der Regelung in § 2 AO haben die völkerrechtlichen Vertrage Vorrang vor dem nationalen Steuerrecht. Zu beachten ist dabei, dass in den Abkommen zur Vermeidung der Doppelbe- steuerung keine eigenstandigen Steueransprüche geregelt sind. Sie dienen lediglich der Ein- schrankung nationaler Anprüche einzelner Vertragsstaaten oder weist diesen die Besteue- rungskompetenz zu.32

Da es sich bei dem OECD-MA um ein Musterabkommen handelt, das als Vorlage für die einzelnen DBA dient, ist eine direkte Anwendung nicht möglich33. In den folgenden Unter- abschnitten von Kapitel drei wird dennoch auf die Artikel des OECD-MA eingegangen, da die Regelungen in den einzelnen DBA u. U. abweichen können.

3.2.1 Anwendungsvoraussetzung für das Musterabkommen

Um das OECD-MA anwenden zu können, muss der entsandte Mitarbeiter in mindestens einem Vertragsstaat ansassig sein. Der Begriff der Ansassigkeit wird gemaR Art. 4 Abs. 1 OECD-MA nach den gegenwertigen nationalen Rechtssprechungen der Vertragsstaaten definiert.34 Dem- zufolge ist die steuerliche Ansassigkeit nach den individuellen Gesetzen der beteiligten Staa- ten zu beurteilen und infolgedessen die Besteuerungskompetenz zuzuweisen.

Ausgehend von der Entsendung eines deutschen Arbeitnehmers ins Ausland, hat der Gesetz- geber in Deutschland die steuerliche Ansassigkeit in §§ 8 und 9 AO geregelt. Im Gastland sind entsprechend die auslandischen Gesetze zur steuerlichen Ansassigkeit zu prüfen. Folgende vier Fallgestaltungen können sich hinsichtlich der Ansassiskeit ergeben können:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.2: Fallgestaltungen aufgrund der Ansassigkeit

Abb. 3.2 verdeutlicht, inwieweit eine bilaterale Besteuerung auftreten kann. Zu beachten ist bei den abgebildeten Fallen, dass nur in Fall eins bis drei die Möglichkeit besteht das OECD-MA anzuwenden, da bereits in Art. 1 des OECD-MA die Ansassigkeit als Voraussetzung genannt ist. Des Weiteren verweist der Art. 4 des OECD-MA auf die unbeschrankte Steuerpflicht.35

Die bilateralen Abkommen offerieren Lösungen zur Vermeidung einer potenziellen Doppelbe- steuerung oder einer potenziellen Nichtbesteuerung. Um die Vorschriften des geltenden DBA anwenden zu können, muss die Ansassigkeit explizit einem der beiden Vertragsstaaten zuge- wiesen werden können. Sollte es jedoch wie in Fall 1 der Abb. 3.2 zu einer Doppelansassig- keit kommen und der Expat in beiden Vertragsstaaten unbeschrankt steuerpflichtig sein, wird in Art. 4 Abs. 2 OECD-MA die sogenannte Tie-Breaker-Klausel geregelt. Bei der Anwendung der Tie-Breaker-Klausel ist zu beachten, dass die Tatbestandsmerkmale Art. 4 Abs. 2 a) - d) OECD-MA in der gegebenen Reihenfolge zu prüfen sind.36 Eine Darstellung des Prüfungs- schemas befindet sich im Anhang 1 der Seite 54.

Folglich kann das OECD-MA lediglich dann angewandt werden, wenn der entsandte Arbeit- nehmer lediglich in einem Vertragstaat ansassig ist und seine Einkünfte dort der unbeschrank- ten Steuerpflicht unterliegen. Demgegenüber unterliegt der Expat im zweiten beteiligten Ver- tragsstaat der beschrankten Steuerpflicht, da dort, wenn auch nur fiktiv, keine Ansassigkeit begründet wird.

3.2.2 Zuweisung der Besteuerungskompetenz bei Einkünften aus nichtselbstandiger Arbeit

Das OECD-MA segmentiert die einzelnen Einkünfte aus nichtselbststandiger Arbeit in den Art. 15 bis 20 OECD-MA. Dabei wird zwischen Einkünften aus nichtselbststandiger Tatigkeit, Auf- sichtsrat- und Verwaltungsratvergütung (Art. 16 OECD-MA), Einkünfte von Künstler und Sport- ler (Art. 17 OECD-MA), Ruhegehaltern (Art. 18 OECD-MA), Einkünfte aus dem öffentlichen Dienst (Art. 19 OECD-MA) und Zahlungen an Studenten (Auszubildende und Praktikanten) (Art. 20 OECD-MA) unterschieden. Im deutschen Einkommensteuerrecht hingegen werden die Einkünfte der nichtselbstandigen Arbeit in § 19 EStG zusammengefasst. Prinzipiell wird in den Art. 15 bis 20 OECD-MA die Besteuerungskompetenz zugewiesen. Aufgrund des Um- fangs der vorliegenden Arbeit wird nur auf die Einkünfte aus unselbststandier Arbeit gemaft Art. 15 OECD-MA genauer eingegangen.

Art. 15 OECD-MA unterteilt sich in drei Absatze, die bei naherer Betrachtung ein Prüfungs- schema ergeben. In den folgenden Abschnitten wird jedoch lediglich auf Abs. 1 und Abs. 2 eingegangen, die Vergütung für unselbststandige Arbeit aus Luft- und Schifffahrt bleibt unbe- rücksichtigt.

Zunachst wird in Abs. 1 S. 1 HS. 1 dem Ansassigkeitsstaat des Expat die Besteuerungskom- petenz zugewiesen (= Ansassikeitsstaatsprinzip). Divergieren allerdings Tatigkeitsstaat und Ansassigkeitsstaat voneinander, regelt Abs. 1 S. 1 HS. 2, dass die Besteuerungskompetenz auf den Tatigkeitsstaat übergeht, in dem die Einkünfte erzielt werden (= Tatigkeitsstaatsprin- zip).*37

Eine Ausnahme bei der Verteilung des Besteuerungsrechts bildet die Vorschrift in Abs. 2. Demnach kann die Besteuerung wieder in den Ansassigkeitsstaat zurückfallen, auch wenn der Tatigkeitsstaat und Ansassigkeitsstaat voneinander abweichen. Im Folgenden werden die Voraussetzungen a) - c) des Absatzes naher erlautert.41 In Abs. 2 a) ist der Mindestaufenthalt im Ausland geregelt, um bei kurzen Auslandseinsat- zen keinen Wechsel der Besteuerungskompetenz zu haben (sog. 183-Tage-Regel). Demnach muss sich der Arbeitnehmer 183 Tage innerhalb eines 12 Monatszeitraums im Tatigkeitsstaat aufhalten, damit die Besteuerungskompetenz von dem Ansassigkeitsstaat auf den Tatigkeits- staat übergeht. Bei den Aufenthaltstagen zahlen alle Tage, an denen sich der Expat tatsach- lich im Tatigkeitsstaat aufgehalten hat, lediglich die Tage an denen der entsandte Mitarbeiter aufgrund einer Durchreise kurz im Tatigkeitsstaat befindet werden nicht hinzugerechnet. Zu beachten ist, dass in manchen DBA bei der Ermittlung der 183 Tage die Dauer der Auslands- tatigkeit maRgebend ist. Abgesehen von dieser Abweichung wird in einigen alteren DBA nicht auf den Zwölfmonatszeitraum abgestellt, sondern auf das Kalender- oder Steuerjahr. In Fallen, in denen der Vertragsstaat wie z. B. GroRbritannien im Gegensatz zu Deutschland ein abwei- chendes Steuerjahr besitzen, ist das Steuerjahr des Tatigkeitsstaates entscheidend.38

Abgesehen von der 183-Tage-Regelung muss die in Art. 15 Abs. 2 b) OECD-MA vorgeschrie- bene Nichtansassigkeit des Arbeitgebers im Tatigkeitsstaat zusatzlich erfüllt sein. Eine nahere Definition des Arbeitgeberbegriffs findet im OECD-MA nicht statt, wodurch sich nach Art. 3 Abs. 2 OECD-MA der Begriff des Arbeitnehmers nach der Rechtslage des Anwenderstaates definiert. Aufgrund dessen, dass das deutsche Einkommensteuerrecht ebenfalls keine Defini­tion aufweist und § 1 Abs. 2 LStDV nur beispielhaft aufzahlt wer Arbeitgeber sein kann,39 hat der BFH am 21.08.1984 diesbezüglich MaRnahmen verabschiedet. Demnach ist i. S. d. DBA der Arbeitgeber, dessen Gewinne durch Vergütungszahlungen geschmalert wird.40

Art. 15 Abs. 2 c) OECD-MA bildet die dritte Voraussetzung um die Besteuerungskompetenz in den Ansassigkeitsstaat zurück zu verlagern. Demnach dürfen „[...] die Vergütungen nicht von einer Betriebstatte getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat." Der Begriff einer Betriebsstatte wird in Art. 5 OECD-MA geregelt. Auch in Art. 15 Abs. 2 c) OECD-MA gilt der Grundsatz, dass es sich um eine Betriebsstatte handelt, wenn durch die Kostentragung der Gewinn reduziert wird.41

Werden die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 a) - c) OECD-MA erfüllt, verlagert sich die Be- steuerungsautoritat zurück in den Ansassigkeitsstaat.

3.2.3 Aufteilung von Löhnen, Gehaltern und ahnlichen Vergütungen

Nach der Zuweisung der Besteuerungskompetenz im vorangegangenen Unterabschnitt, muss als nachstes geklart werden, welcher Anteil der Vergütung/Arbeitslohns der Entsendung zu- gerechnet werden kann.

Da das Musterabkommen für Löhne, Gehalter und ahnliche Vergütungen ebenfalls keine De­finition enthalt, werden diese ebenfalls nach dem nationalen Recht des Anwenderstaates defi- niert.42 Aus der Sicht Deutschlands handelt es sich dabei um Einkünfte aus nichtselbstandiger Arbeit (Gehalter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschaftigung) gemaft § 19 EStG, die im Zusammenhang mit § 38 EStG darauf schlieften lassen, dass es sich hierbei um Arbeitslohn (§ 2 LStDV) handelt und in R 19.3 LStR 2013 er- lautert wird. Ebenso fallen unter den Geltungsbereich des Art. 15 OCDE-MA Zahlungen, die dem Mitarbeiter nach der abgeschlossenen Entsendung zuflieften.43

Abgesehen von der Frage, ob und wann es sich um Arbeitslohn handelt, ist die wirtschaft- lichen Zuordnung des Arbeitslohns zu klaren. Entscheident hierfür ist der Zusammenhang zwischen der Vergütung und der Auslandstatigkeit (sog. Prinzip der Sachbezogenheit). Kann der Arbeitslohn direkt der Auslandstatigkeit zugeordnet werden (z. B. laufendes Gehalt) ist eine Aufteilung des Arbeitslohns nicht notwendig. Anders verhalt es sich bei Zahlungen wel- che nicht eindeutig zugeordnet werden können, z. B. Bonuszahlungen. Kann diese Vergütung nicht direkt zugeordnet werden, ist die Aufteilung notwendig.44

Bei der Ermittlung des Aufteilungsmaftstabs sind die vereinbarten Arbeitstage zu berücksichti- gen und nicht die Dauer der Tatigkeit im Ausland. Demnach ergibt sich für die Berechnung des Aufteilungsmaftstabs folgende Formel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.3 Entsendung in einen Nicht-Abkommensstaat

3.3.1 Allgemeines

Nicht mit allen Staaten hat die Bundesrepublik Deutschland ein DBA zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung abgeschlossen. Wird ein Mitarbeiter in ein Nicht-DBA-Staat entsendet, können lediglich unilaterale bzw. nationale Maftnahmen zur Vermeidung bzw. Senkung der Doppelbesteuerung herangezogen werden. Zu den Landern, mit denen Deutschland kein DBA vereinbart hat oder die zwischenstaatliche Vereinbarung wieder aufgehoben wurde zahlen u. a. Afghanistan, Brasilien, Chile, Dominikanische Republik, Hongkong, Libyen, Nigeria, Peru und Saudi-Arabien.45

3.3.2 Unilaterale Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Wie bereits zu Beginn dieser Arbeit erwahnt, unterliegen die Einkünfte, die der Expat für die Auslandsentsendung erhalt, dem Welteinkommensprinzip. Da in anderen Staaten ahnliche Prinzipien gelten und sie für dieselben Einkünfte Steuern erheben, droht sowohl im Inland als auch im Ausland eine Besteuerung. Aufgrund dessen, dass Deutschland nicht mit allen Staa- ten ein Doppelbesteuerungsabkommen hat, kann eine Doppelbesteuerung in diesen Fallen nur durch unilaterale Maftnahmen minimiert werden.46 Die Vermeidung einer Doppelbesteue- rung bei einer Entsendung in einen Nicht-DBA-Staat kann durch folgende Maftnahmen ver­hindert werden:

- Freistellungsmethode nach ATE (§ 34c Abs. 5 EStG)

Auf die Besteuerung der Einkünfte aus dem Ausland kann in Deutschland ganz oder teilweise verzichtet werden.

- Anrechnungsmethode (§ 34c Abs. 1 EStG)

Die im Ausland gezahlte vergleichbare Steuer kann auf die inlandische Steuer an- gerechnet werden.

- Abzugsmethode (§ 34c Abs. 2 EStG)

Die im Ausland gezahlte vergleichbare Steuer kann bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte abgezogen werden; ahnlich wie Werbungskosten.47

In Kapitel 4.2 wird anhand des Beispiels einer Entsendung nach Brasilien naher auf die einzel- nen Vermeidungsmaftnahmen eingegangen.

3.3.3 Folgewirkungen der unilateralen Methoden

Im Bereich der Einkommensteuer werden diese drei Maftnahmen zur Vermeidung/Minde- rung der Doppelbesteuerung auf nationaler Ebene offeriert.48 § 34c soll sicherstellen, dass es durch die auslandischen Einkünfte weder zu einer Mehrbelastung für den Expat führt, noch die Einnahmen des Fiskus aus Steuern, aufgrund einer höheren Steuerbelastung im Ausland, schwerwiegend mindert.49 Zu beachten ist, dass die Anrechnungs- und Abzugsmethode nicht zu einer Vermeidung der Doppelbesteuerung führen, sondern diese lediglich mildern. Bei der Freistellungsmethode kann diese hingegen annahernd vermieden werden, da die auslandi- schen Einkünfte lediglich bei der Ermittlung des progressiven Steuersatzes einbezogen wer­den, nicht aber der Besteuerung unterliegen.

4. Entsendung in die USA und nach Brasilien

4.1 Entsendung in die USA (Abkommensstaat)

4.1.1 Allgemeines

1954 wurde das erste deutsch-US-amerekanische Abkommen zur Vermeidung der Doppelbe- steuerung abgeschlossen. Das DBA zwischen den USA und Deutschland hat bis heute einige Anderungen erfahren.50 Das aktuelle DBA zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepubilik Deutschland trat mit Bekanntmachung der Neufassung am 04.06.2008 in Kraft.51

4.1.2 Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für die USA

Aurgrund des Visa Waiver-Programms sind Personen, die aus Deutschland in die USA ein- reisen wollen, prinzipiell nicht mehr verpflichtet ein Visum zu beantragen. Um in die USA ein- reisen zu können, wird lediglich eine sogenannte ESTA-Genehmigung benötigt. Zu beachten ist dabei jedoch, dass im Rahmen des Visa Waiver-Programms keine Beschaftigung in den Vereinigten Staaten ausgeübt werden darf und eine Verlangerung des Aufenthalts ebenfalls ausgeschlossen ist. Darüber hinaus ist jeder Einreisende mit einem Aufenthalt über 90 Tage verpflichtet, ein Visum zu beantragen. Dabei können Beamte der Einwanderungsbehörde den- noch die Einreise verweigern, wenn trotz des Besitzes eines gültigen Visums bei der Kontrolle am Flughafen ein Ausweisungsgrund vorliegt.

Generell muss bei den Visa zwischen Nichteinwanderungsvisum und Einwanderungsvisum unterschieden werden. Das Einwanderungsvisum eignet sich besonders für Personen, die eine Daueraufenthaltsgenehmigung inklusive uneingeschrankter Aufenthalts- und Arbeitser- laubnis anstreben. Da bei einer Arbeitnehmerentsendung der Auslandsaufenthalt meistens vorab zeitlich begrenzt ist und das Erlangen eines Einwanderungsvisums sich eher schwierig gestaltet, ist ein Antrag hierzu eher unüblich. In der Regel wird bei Entsendungen ins Ausland ein Nichteinwanderungsvisum beantragt, dabei muss darauf geachtet werden, dass hierfür ein Nichteinwanderungsvisum mit Arbeitsgenehmigung benötigt wird. Die entsprechenden Antra­ge können in Deutschland entweder bei den US-Konsulaten in Frankfurt am Main, München oder bei der US-Botschaft in Berlin beantragt werden.52

In folgender Tabelle werden die gelaufigsten US-Nichteinwanderungsvisa dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4.1: Nichteinwanderungsvisa

4.1.3 Einkommensteuerrecht der USA

In diesem Abschnitt soll lediglich das System kurz beschrieben werden, auf konkrete Rege- lungen des US-amerikanischen Einkommensteuerrecht wird in spateren Abschnitten Bezug genommen.

In den USA erfolgt die Besteuerung des Einkommens, bedingt durch den dreistufigen födera- len Aufbrau, auf drei Ebenen:

1. Bundesebene Federal Income Tax
2. Bundesstaatenebene State Income Tax
3. Kommunalebene Local Income Tax

Zu beachten ist, dass aufgrund der Trennung der einzelnen Behörden, für jede Ebene eine gesonderte Einkommensteuererklarung abzugeben ist und jede eine eigene Steuerveranla- gung durchführt. Die Federal Income Tax stellt dabei die bedeutendste Steuerquelle dar und wird von der Bundessteuerbehörde IRS verwaltet. In den Vereinigten Staaten von Amerika gleicht das Steuerjahr dem Kalenderjahr, die Abgabe der Steuererklarung auf Bundesebene hat dabei bis zum 15.04. des Folgejahres zu geschehen. Als Bemessungsgrundlage dient hier das "gross income". Die State Income Tax wird hingegen von dem Department of Treasury verwaltet. Wahrend auf Bundesebene einheitliche Steuerreglungen gelten, können diese auf Ebene der Bundesstaaten bei der Höhe des Steuersatzes und der Bemessungsgrundlage abweichen. Grundsatzlich wird von den meisten Bundesstaaten das "Adjusted Gross Income" als Besteuerungsgrundlage herangezogen. Die Local Income Tax, die auf kommunaler Ebene erhoben wird, zieht als Bemessungsgrundlage das Gehalt des Angestellten in der jeweiligen Stadt heran.

Da es sich bei der Einkommensteuer auf Bundesebene und Bundesstaatenebene um eine Selbstveranlagungssteuer handelt, hat der Steuerpflichtige die Besteuerungsgrundlagen und die darauf anfallende Steuer selbst zu berechnen. Die dafür zustandige Behörde prüft generell nur auf Rechenfehler und die Schlüssigkeit.53

4.1.4 Grundzüge des Doppelbesteuerungsabkommens mit den USA

4.1.4.1 Gründe für Doppelbesteuerungen

Wie bereits in Kapitel 3 Abschnitt 3.1 erlautert, liegt die Hauptursache der Doppelbesteuerung darin, dass aufgrund des Auslandsachverhalts mind. zwei Staaten dazu berechtigt sind, die selben Einkünfte einer Person zu besteuern. So kann es u. a. zu einer Doppelbesteuerung kommen, wenn aufgrund des Wohnsitzstaatsprinzip das Welteinkommen im Inland versteu- ert werden muss und die auslandischen Einkünfte zusatzlich gemaft dem Quellenstaatsprin- zip im Ausland steuerpflichtig sind.54 Prinzipiell wird bei der Doppelbesteuerung zwischen der juristischen Doppelbesteuerung und der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung unterschieden. Demnach handelt es sich um eine juristische Doppelbesteuerung, wenn mehrere Staaten von demselben Steuersubjekt aufgrund eines identischen Steuerobjekts innerhalb des gleichen Besteuerungszeitraums zu einer vergleichbaren Steuer heranziehen.55 Die wirtschaftliche Doppelbesteuerung unterscheidet sich dahingehend, dass hierbei keine Steuersubjektidenti- tat erforderlich ist; es handelt sich demnach um unterschiedliche Steuersubjekte.56

4.1.4.2 Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA

Doppelbesteuerungsabkommen werden in Deutschland über Art. 59 Abs. 2 GG erst durch Zustimmung des Bundestags und Bundesrats in nationales Recht transformiert.57 DBA haben gemaft § 2 AO Vorrang vor dem nationalen Steuerrecht. Allerdings regeln sie keinen eigenen Steueranspruch, sondern dienen lediglich der Einschrankung nationaler Ansprüche einzelner Staaten.58 In bestimmten Fallen besteht jedoch die Möglichkeit, sich über die DBA-Regelun- gen hinwegzusetzen und der Gesetzgeber gesonderte innerstaatliche Gesetze erlasst; soge- nanntes Treaty Override.59 60

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4.2: Struktur des DBA-USA

4.1.5 Regelung zu Ansassigkeit des US-amerikanischen Steuerrechts

4.1.5.1 Unbeschrankte Steuerpflicht

Wahrend die unbeschrankte Einkommensteuerpflicht in Deutschland an den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpft, wird die unbeschrankte Steuerpflicht in den Vereinig- ten Staaten prinzipiell an die U.S. Citizenship gebunden. Allerdings gibt es hiervon auch Aus- nahmen, sodass es auch Auslandern möglich ist in den USA steuerlich ansassig zu werden und somit als Steuerinlander der unbeschrankten Steuerplicht in den USA zu unterliegen (Re­sident Aliens). Dies kann u. a. durch ein rechtmaftiges Einwanderungsvisum (Lawful Perma­nent Residence) oder einen Aufenthalt von mind. 183 Tagen (Substantial Presence) gesche- hen. Gilt ein auslandischer Steuerpflichtiger nach Sec. 7701 (b)(1)(A) IRC entweder durch den Lawful Permanent Residence Test oder den Substantial Presence Test, als Resident Alien, greift die unbeschrankte Steuerpflicht ab dem Tag der Einreise in den USA.

Da bei einer Mitarbeiterentsendung die Ausreise in die USA eher selten mit einem Einwande- rungsvisum angetreten wird, wird im folgenden lediglich kurz auf den Substantial Presence Test eingegangen. Der Substantial Presence Test wird bei auslandischen Steuerpflichtigen durchgeführt, die anhand eines Nichteinwanderungsvisums mit Arbeitserlaubnis (siehe Tabel- le 4.1: Nichteinwanderungsvisa; S. 18) in die USA eingereist sind und sich dort aufhalten. Hin- sichtlich des Substantial Presence Tests gilt jemand in den USA als steuerlich ansassig, wenn er sich in den letzten drei Kalenderjahren mind. 183 Tage aufgehalten hat. Diese werden wie folgt berechnet:

Anzahl der Tage im laufenden Kalenderjahr (mind. 31)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sollte sich der Steuerpflichtige im laufenden Jahr bereits mehr als i82 Tage in den USA auf- halten haben, sind die Vorjahre nicht zu berücksichtigen. Zu den Aufenthaltstagen in den USA zahlen u. a. auch Urlaubstage die dort verbracht wurden, nicht jedoch bestimmte Durchreise- und Krankheitstage.

Durchaus kann unter bestimmten Bedingungen trotz des erfüllten Substantial Presence Test der entsandte Mitarbeiter als beschrankt steuerpflichtig gelten. Dabei darf sich der Steuer- pflichtige im laufenden Jahr jedoch nicht mehr als i82 Tage in den Vereinigten Staaten aufhal- ten und muss zeitgleich einen im Ausland gelegenen steuerlichen Wohnsitz im Ausland haben. Zudem muss eine enge Beziehung zu dem Wohnsitzland bestehen und nachgewiesen werden können.61 Im Gegenzug hierzu kann unter bestimmten Voraussetzungen auch zum Resident Alien optiert werden. Dabei muss sich der Steuerpflichtige im Vorjahr mind. 3i zusammen- hangende Tage in den Vereinigten Staaten aufgehalten haben. Zusatzlich muss er an dem Tag der Einreise (Beginn des 3i-Tage-Zeitraum) bis zum Jahresende des Vorjahres mind. 75% der Tage in den USA verbracht haben.62

4.1.5.2 Beschrankte Steuerpflicht

Handelt es sich um einen nichtansassisgen Auslander (Nonresident Aliens), unterliegt die- ser lediglich mit seinen Einkünften aus US-amerikanischen Quellen der beschrankten Steuer- pflicht in den USA.63 Bei Einkünften aus US-amerikanischen Quellen muss generell zwischen Einkünften aus einer geschaftlichen Betatigung (ECI) und wiederkehrenden oder einmaligen Einkünfte (FDAPI) differenziert werden. Dem ECI werden dabei Einkünfte aus selbstandiger und nichtselbstandiger Arbeit zugeordnet, wahrend das FDAPI gröfttenteils passive Einkünf- te wie z. B. Dividenden, Zinsen, Sozialversicherungsleistungen und Mieteinkommen64 (Sec. 861(a) IRC). Das ECI unterliegt dabei den allgemeinen Regelungen der US-amerikanischen Besteuerung. Das FDAPI gilt hingegen durch die Quellensteuer i. H. v. 30% als abgegolten.65

4.1.6 Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens mit den USA

Um von dem DBA-USA Gebrauch machen zu können, ist einerseits der persönliche und an- dererseits der sachliche Geltungsbereich zu prüfen. Demnach gilt gemaft Art. 1 DBA-USA das Abkommen primar an natürliche Personen sowie Gesellschaften, welche in mind. einem der beiden Abkommensstaaten ansassig sind.66 Im Fall einer doppelten Ansassigkeit wird die Kol- lisionsnorm in Art. 4 Abs. 2 DBA-USA geregelt (Tie-Breaker-Klausel).67

Gemaft Art. 2 DBA-USA beziehen sich die Regelungen des DBA-USA auf Steuern vom Ein- kommen und Vermögen in den Abkommensstaaten. Im Inland betrifft dies die Gewerbe-, Kör- perschafts-, und Einkommensteuer. Auf Seiten der USA kann lediglich die Federal Income Tax erfasst werden, da es sich im wesentlichen um eine gleichartige Steuer handeln muss.68

4.1.6.1 Besteuerung einzelner Vergütungselemente

Wie bereits erwahnt, orientiert sich das DBA-USA stark am OECD-MA. Droht im Fall einer Auslandsentsendung eine Doppelbesteuerung für Löhne und Gehalter, ist prinzipiell Art. 15 DBA-USA zur Überprüfung heranzuziehen. Folglich werden Einkünfte aus nichtselbstandiger Arbeit prinzipiell im Ansassigkeitsstaat versteuert, es sei denn, die Tatigkeit wird im Quellen- staat ausgeübt und kann diesem auch steuerlich zugeordnet werden.69

[...]


1 Vgl. WTO (2020)

2 Vgl. Olbertz, K. (2019), S.1400

3 Vgl. Alben, C. (2019), S. 181

4 Vgl. Schönfeld, W. / Plenker,J. (2020), S. 674

5 Vgl. Hoffmann, N. (2019), S.1737

6 Vgl. Achter, J. C. (2019), Rz. 1

7 Mit Anderungen entnommen aus Endres, D. /Spengel, C. (Hrsg.) (2016), S.1286

8 Vgl. Knepper, M. / Graats, M. (2019), S.359

9 Vgl. Huth, M (2019), S.292

10 Vgl. Leuz, A. / Leuz, N. (Hrsg.) (2010), S.338

11 Vgl. Birk, D. / Dessens M. / Tappe H. (2019), S. 35d

12 Vgl. Birk, D. / Dessens M. / Tappe H. (2019), S. 35e

13 BFH-Urteil vom 19.03.1997, I R 69/96, DStR 1997,S. 1003

14 BFH-Urteil vom 23.10.2018, I R 74/16, IStR 2019, S. 318

15 Vgl. Düren, K.-D. (2016), S.3

16 Vgl. Ott, T. J.-P. (2018a), S.24

17 Vgl. Haas, Florian (2017a), S. 92

18 Vgl. Haas, Florian (2017a), S. 108

19 Vgl. Haas, Florian (2017a), S. 93

20 Stand: 01.01.2020

21 Vgl. Hey, J. (2018b), S. 320

22 Vgl. Birke, D. / Dessens M. / Tappe H. (2019), S. 35h

23 Vgl. Blusz, P. (2020), Rz. 91

24 Vgl. Ritzkat, U. (2020)

25 Vgl. Blusz, P (2020), Rz. 94

26 Vgl. Hey, J. (2018b), S. 281

27 Vgl. Havenith / Rindelaub / Rosarius (2019), Rz. 26 ff.

28 Vgl. Köhler S. (Hrsg.) / Kühn J. (2020), Rz. 11 Vgl. Ott, J.-P. (2018b), S. 29

29 Vgl. Haase, F. (2017b), S. 351

30 Vgl. Köhler S. (Hrsg.) / Kühn J. (2020), Rz. 20

31 Vgl. Strunk, G. / Kaminski, B. (Hrsg.) (2012), Rz. 7

32 Vgl. Lehner,M. (Hrsg.) (2015), Rz. 4 ff.

33 Vgl. Strunk, G. / Kaminski, B. (Hrsg.) (2012), Rz. 33

34 Vgl. Kaminski, B. (Hrsg) (2014), Rz. 15

35 Vgl. Prokisch, R. (2015) Rz. 6b; Gold, G. (2015) Rz. 6; Dremel, R. (2019), S.108

36 Vgl. Kaminski, B. (Hrsg) (2014), Rz. 15 ff.

37 Vgl. Bourseaux / Sendler / Rauert (2019), S.1032 Vgl. Wassermeyer, F. / Schwenke, M. (2020), Rz. 85

38 Vgl. Bourseaux / Sendler / Rauert (2019), S.1044 ff.

39 Vgl. Reinhold, M. (2019), Rz. 158

40 BFH, Urteil v. 21.8.1985 - I R 63/80, BStBl 1986 II S. 4; v. 29.1.1986 - I R 109/85, BStBl 1986 II S. 442; BMF Schreiben v. 3.5.2018 - IV B 2 - S 1300/08/10027, BStBl 2018 I S. 643

41 Vgl. Bourseaux / Sendler / Rauert (2019), S.1049 ff.

42 Vgl. Büscher, S. / Kamphaus, C. (2015), Rz. 33

43 Vgl. Reinhold, M. (2019), Rz. 87 ff.

44 BMF Schreiben v. 3.5.2018 - IV B 2 - S 1300/08/10027, BStBl 2018 I S. 643

45 Vgl. Plenker, J. / Schönfeld, W. (2020 b), 631

46 Vgl. Ritzkat, U. (2020)

47 Vgl. Wilke, K.-M. / Weber, J.-A. (Hrsg.) (2019), S. 62 ff.

48 Vgl. Schaumburg, H. (2017), S. 648 ff.

49 Vgl. Wagner,K. (2019), Rz. 1

50 Vgl. Kraft, G. (2019a), Rz. 1 ff.

51 DBA USA, BGBI 2008 II, S. 611, ber. BGBI 2008 II, S.851

52 Vgl. Buch, N. / Oehme, S. (Hrsg.) und Findeis, B. (2019), S.137 ff.

53 Vgl. Pfüger, H. (1996), S.205 ff.

54 Vgl. Wilke, K.-M. / Weber, J.-A. (Hrsg.) (2019), S. 13 f.

55 Vgl. Mössner, J. (Hrsg.) (2018a), S. 239

56 Vgl. Mössner, J. (Hrsg.) (2018a), S. 241

57 Vgl. Schwenke, M. (Hrsg.) (2020), Rz. 11

58 Vgl. Lehner,M. (Hrsg.) (2015), Rz. 4 ff.

59 Vgl. Düren, K. D. (2017), S. 3 ff.

60 Vgl. Linn, A. (2019a), Rz. 1

61 Vgl. Dendorfer, W. (2019), Rz 21 ff.

62 Vgl. Maywald, A. / Miethe, N. (Hrsg.) (20i9), Rz. 36

63 Vgl. Maywald, A. / Miethe, N. (Hrsg.) (2019), Rz. 38

64 Vgl. Dendorfer, W. (2019), Rz. 81

65 Vgl. Maywald, A. / Miethe, N. (Hrsg.) (2019), Rz. 38

66 Vgl. Linn, A. (2019b), Rz. 13

67 Vgl. Linn, A. (2019c), Rz. 34

68 Vgl. Eimermann, D. (2019a), Rz. 1 ff.

69 Vgl. Eimermann, D. (2019b), Rz. 1 ff.; Wassermeyer, F. (2019), Rz.4 ff.

Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Arbeitnehmerentsendungen
Untertitel
Eine differenzierte Betrachtung der USA und Brasilien
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart, früher: Berufsakademie Stuttgart
Note
1,5
Autor
Jahr
2020
Seiten
79
Katalognummer
V913361
ISBN (eBook)
9783346223395
ISBN (Buch)
9783346223401
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Brasilien, Arbeitnehmerentsendungen, USA, steuerliche, sozialversicherungsrechtliche, Steuer, Sozialversicherung
Arbeit zitieren
Tanja Off (Autor:in), 2020, Die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Arbeitnehmerentsendungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/913361

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