Die globale Abhör- und Spionageaffäre. Auswirkungen auf die Lobbyarbeit von Apple und Google


Term Paper, 2016

44 Pages, Grade: 1,0

Anonymous


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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das demokratietheoretische Modell der USA
2.1 Robert A. Dahl
2.2 Ernst Fraenkel
2.3 Projektion der Theorien auf die USA

3 Arten und Mechanismen des Lobbying in den USA
3.1 Direct Lobbying
3.2 Indirect Lobbying
3.3 Grassroots Lobbying
3.4 Political Action Comittees

4. Statistische Darstellung des Lobbying von Apple und Google von 2011 bis 2015
4.1 Ausgaben für Lobbyarbeit
4.1.1 Lobbyausgaben Apple
4.1.2 Lobbyausgaben Google
4.2 Themenfelder des Lobbying
4.2.1 Themenfelder Apple
4.2.2 Themenfelder Google
4.3 Anzahl der Lobbyaktionen
4.3.1 Lobbyaktionen Apple
4.3.2 Lobbyaktionen Google
4.4 Zusammenfassung
4.4.1 Zusammenfassung für Apple und Google

5 Lobbying Reports
5.1 Lobbying Reports Apple 2013
5.2 Lobbying Reports Google 2013
5.3 Lobbying Reports von Apple vor und nach 2013
5.4 Lobbying Reports von Google vor und nach 2013
5.5 Zusammenfassung der Lobbying Reports

6. Wahlkampfzyklen

6.1 Wahlkampfzyklen Apple
6.2 Wahlkampfzyklen Google

Exkurs: Google NETPAC

7 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1; Apple: Ausgaben für Lobbyarabeit von 2011 bis 2015

Abbildung 2; Google: Ausgaben für Lobbyarabeit von 2011 bis 2015

Abbildung 3; Apple: Themenfelder Lobbying

Abbildung 4; Google: Themenfelder Lobbying

Abbildung 5; Apple: Lobbyaktionen

Abbildung 6; Google: Lobbyaktionen

Abbildung 7; Lobbying Report Apple I.Q. 2012

Abbildung 8; Apple: Wahlkampfbeteiligung

Abbildung 9; Google: Wahlkampfbeteiligung

Tabelle 1; Apple: Übersicht Lobbying 2011 - 2015

Tabelle 2; Google: Übersicht Lobbying 2011 - 2015

1. Einleitung

Die globale Abhör- und Spionageaffäre und die Auswirkungen auf die Lobbyarbeit US amerikanischer IT- und Softwareunternehmen am Beispiel von Apple Inc. und Google Inc. Hatten die Veröffentlichungen von Edward Snowden Einfluss auf die Lobbyarbeit?

Spätestens als am 06. Juni 2013 die britische Tageszeitung „The Guardian“ und die amerikanische „Washington Post“ erstmals davon berichteten, dass die „National Security Agency“ (NSA) massenhaft und ohne Tatverdacht Benutzerdaten von großen amerikanischen IT- und Telekommunikationsunternehmen sammelte, werden die Alarmglocken quer durch alle Bereiche von Google und Apple geläutet haben. Nicht absehbar waren zu diesem Zeitpunkt die Auswirkungen der Veröffentlichung des Edward Snowden, dem ehemaligen NSA-Mitarbeiters und heutigem „Whistleblower“1, auf die gesamte Branche. Einen vergleichbaren Skandal innerhalb der IT- und Softwarebranche, bei dem nahezu jeder Benutzer, ganz abgesehen von etwaigen Abhöraktionen gegen Staatsoberhäupter oder andere Regierungsorgane, ausgespäht werden konnte, hatte es in der jüngeren Vergangenheit nicht, vielleicht sogar nie gegeben.

In meiner Ausarbeitung möchte ich mich der Frage widmen, ob die stark verkürzt ausgeführten Ereignisse Einfluss auf die Lobbyarbeit von Google und Apple hatten, respektive haben oder es gar grundlegende Veränderungen im Lobbying dieser Unternehmen gab. Der Kernpunkt meiner Ausarbeitung wird ein Vergleich der Lobbyarbeit beider Unternehmen vor und nach der, von nun an der Einfachheit halber als Spionageaffäre betitelten, globalen Abhör- und Spionageaffäre sein. Um die wissenschaftlichen Standards zu sichern, werde ich mich bei meiner Recherche nur auf Quellen beziehen, die von offiziellen Stellen veröffentlicht oder bereitgestellt und durch Dritte veröffentlicht wurden. Der Hauptteil der Datenrecherche wird hierbei über die nichtstaatliche Internetseite „www.opensecrets.org“ [The Center for Responsive Politics] erfolgen. Wichtiger Bestandteil sind hier die quartalsweise zu erstellenden Berichte der einzelnen Lobbyabteilungen [Lobbying Report] oder der beauftragten Lobbyfirmen. In diesen Quartalsberichten ist zu erkennen, welche Lobbyisten welches Themenfeld bearbeitet haben, wie viel Geld in diesem Quartal für Lobbyarbeit ausgegeben wurde und mit welchen Institutionen Lobbyarbeit betrieben wurde.

Mindestens genauso wichtig ist die Betrachtung der Themenfelder des Lobbying und dessen Kosten. Hieraus kann man bereits Tendenzen erfassen, welche erkennen lassen, ob sich Veränderungen ergeben haben. Die Betrachtung der Themenfelder und der Gesamtkostenentwicklung stelle ich der Betrachtung der Lobbying Reports voran, um so Anhaltspunkte zu erarbeiten, die durch eine detaillierte Betrachtung der Lobbying Reports gestärkt oder verworfen werden können.

Bereits hier zeigt sich, dass vieles, trotz verschärfter Lobbygesetze und einem hohen Maß an Transparenz, immer noch im Verborgenen bleibt. Nichtsdestotrotz ist es möglich, Veränderungen der Lobbyarbeit, durch ein Studium der Lobbying Reports, aufzuzeigen.

Neben den Lobbying Reports stellen sich die „Political Action Comittees“ (PAC) als eine weitere wichtige Komponente des amerikanischen Lobbysystems und somit als Indikator einer wechselnden Lobbyarbeit oder Lobbyposition dar. Hierzu werde ich ebenfalls aus den oben genannten Quellen einen Vergleich erstellen, um zu untersuchen, ob sich eine signifikante Veränderung der Lobbyarbeit der Unternehmen Apple und Google, durch die Spionageaffäre ergeben haben könnte. Abschließend werde ich die beiden Einzelbetrachtungen zusammenführen und eine Gesamtbetrachtung erstellen.

Um ein generelles Verständnis davon zu erhalten, wieso Lobbying oder Lobbyismus innerhalb der USA einen derart großen Stellenwert hat und auch in der öffentlichen Wahrnehmung nicht gänzlich negativ konnotiert ist, werde ich vor dem eigentlichen Kern der Ausarbeitung zunächst das als pluralistisch zu betrachtende politische System der USA aus demokratietheoretischer Sicht beschreiben. Hierzu nutze ich die Theorien von Robert A. Dahl und Ernst Fraenkel. Auf eine Beschreibung des politischen Systems, seiner Funktionsweisen und Institutionen werde ich bewusst verzichten, um die Ausarbeitung nicht unnötig zu verlängern.

Die Strategien und Typen des Lobbying werde ich anhand der Ausführungen von Ronald J. Hrebenar (Interest Group Politics in America), ebenfalls vor dem Kern der Ausarbeitung beschreiben.

2. Das demokratietheoretische Modell der USA

Um im weiteren Verlauf dieser Arbeit ein demokratietheoretischen Hintergrund für das als pluralistisch anzusehende System der USA zu haben, wird ein grundlegendes Verständnis des Begriffs des Pluralismus benötigt. Hierdurch werden Vorgehensweisen und die Akzeptanz eben jener leichter verständlich. Als prägende Theoretiker der Theorie einer pluralistischen Demokratie können Robert A. Dahl und Ernst Fraenkel verstanden werden. Die grundsätzliche Unterscheidung der beiden Modelle, besteht in ihrer Zentrierung. Während Dahls Modell gesellschaftszentriert ist, zentriert Fraenkel den Staat (vgl. Schmidt 2010, S.210ff).

2.1 Robert A. Dahl

Dahl prägte - führte ihn jedoch nicht ein - den Begriff der „Polyachary“, der für alle sich als Demokratie bezeichnende Systeme gilt. Polyarchie bedeutet „Regieren eines Staates oder einer Stadt durch die Vielen“ (Schmidt 2010, S.212). Dahl benutzt diesen Begriff, da alle Demokratien zwar real aber unvollkommen seien. Durch die Verwendung des Begriffs Polyarchie, signalisiert Dahl, dass alle bestehenden Demokratien dem Ideal nicht genügen. Er kommt zu diesem Schluss, da er jeder idealen Demokratie fünf Kriterien zuordnet, welche jeweils erfüllt sein müssen (vgl. Schmidt 2010, S.212ff). Diese fünf Kategorien beschäftigen sich mit zielgenauer und wirksamer Partizipation, einem gleichen Wahlrecht und der Stimmgleichheit, einem aufgeklärtem Wissensstand, einer finalen Kontrolle der politischen Agenda durch den Demos und abschließend mit der Inklusion aller abstimmungsfähigen, erwachsenen Staatsbürger (vgl. Schmidt 2010, S.213). Die Grundform einer Polyarchie bestimmt Dahl als „[...] prozedural und institutionell [...] (Schmidt 2010, S.213). Als Kernvariablen einer Polyarchie gelten Partizipation und Wettstreit. Während Partizipation „[...] die politische Beteiligung des Großteils der erwachsenen Bevölkerung an der Erörterung öffentlicher Angelegenheiten und an der Wahl und Abwahl der Volksvertreter bzw. der Inhaber der höchsten Staatsämter“ (Schmidt 2010, S.213) meint, bedeutet Wettstreit die „[...] uneingeschränkte, wettbewerbsförmige Interessenartikulation und -bündelung, politische Willensbildung und Entscheidungsfindung“ (Schmidt 2010, S.213).

Ähnlich der fünf Kategorien, anhand derer sich eine Demokratie erfassen lässt, definiert Dahl Indikatoren für eine Polyarchie, mit Hilfe derer er in seinem Buch „Polyarchy“ eben jene identifiziert. Zu den Indikatoren zählen „Wahl und Abwahl der Amtsinhaber, [...] regelmäßig stattfindende freie und faire Wahlen, [...] ein inklusives Wahlrecht in dem Sinne, dass alle im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte befindlichen Staatsbürger bei der Wahl der Amtsinhaber aktiv stimmberechtigt und [...] passiv wahlberechtigt sind, [...] freie Meinungsäußerung, [...] Informationsfreiheit und [...] Organisations- und Koalitionsfreiheit zur Bildung politischer Parteien und Interessengruppen“ (Schmidt 2010, S.213f).

Ebenfalls definiert Dahl Funktionsvoraussetzungen, welche zum Bestehen einer Demokratie essenziell sind. Dahl ist der Meinung, dass die Kontrolle der Amtsinhaber über Militär und Polizei ebenso wichtig sind, wie eine starke demokratische Grundüberzeugung und eine demokratisch geprägte politische Kultur. Ebenso zählt zu den Funktionsvoraussetzungen, laut Dahl, eine relativ homogene Gesellschaft ohne trennscharfe Subkulturen, die sich im Konflikt befinden. Des weiteren ist Dahl der Meinung, dass die Demokratie keiner demokratiefeindlichen fremden Macht unterliegen darf und eine moderne Marktökonomie und Gesellschaft bestehen muss (vgl. Schmidt 2010, S.215f).

2.2 Ernst Fraenkel

Fraenkel geht in seiner Theorievariante davon aus, dass es kein vorab definiertes Gemeinwohl gibt (a-priori-Gemeinwohl). Nach Fraenkel entsteht das Gemeinwohl aus der Lösung konkreter Probleme, welche durch Verhandlungen, Kompromisse und Diskussionen pragmatisch gelöst werden (vgl. Schmidt 2010, S.216). Hierdurch entsteht das „a-posteriori- Gemeinwohl“. Als Beispiel nennt Fraenkel die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsch Demokratische Republik. Während er die BRD als autonom legitimiert einstuft, betrachtet er die DDR als heteronom legitimiert. Die BRD wird somit zu einem Beispiel für ein a-posteriori- Gemeinwohl, die DDR für ein a-priori-Gemeinwohl (vgl. Schmidt 2010, S.217f).

Ein weiterer wesentlicher Punkt von Fraenkels Ausführung ist aber die Tatsache, dass er den politischen Parteien und Interessenverbänden eine systemstabilisierende und schützende Wirkung zuschreibt. Hierdurch grenzt sich Fraenkel gegen Marxismus, Liberalismus, die Lehren Rousseaus und auch gegen seine eigenen älteren Thesen ab (vgl. Schmidt 2010, S.218f).

Die Staatszentrierung erhält Fraenkels Pluralismustheorie durch den Begriff der „Waffengleichheit“ (vgl. Fraenkel in Schmidt 2010, S.219). Diese Waffengleichheit ist nach Fraenkel durch den Staat herzustellen. Hierzu schreibt Fraenkel, der Staat habe sicherzustellen, dass der Einfluss jener Bevölkerungskreise, welche nicht in der Lage seien machtvolle Verbände zu gründen, nicht untergehe (vgl. Schmidt 2010, S.219).

Für eine so konzipierte pluralistische Demokratie sind die von Fraenkel geprägten Begriffe des „streitigen und unstreitigen Sektors“ unabdingbar (vgl. Schmidt 2010, S.220). Die Wortfindung ändert sich später zu „kontroverser Sektor“ und „nicht-kontroverser Sektor“. Der „nicht-kontroverse Sektor“ umfasst hierbei den „[...] unverzichtbaren Sockel an generellem Konsens.“ (Schmidt 2010, S.221). Zu diesem Sockel gehören die „Bereitschaft und Befähigung zum Kompromiss“ (Schmidt 2010, S.221) - als Basis gilt die politische Kultur (vgl. Schmidt 2010, S. 220f). Der „kontroverse Sektor“ wiederum ist der Raum, an dem die verschiedenen Interessen aufeinanderprallen und „[...] im Zusammenwirken der Partikularwillen um die bestmögliche Regelung einer künftigen Staats- und Gesellschaftsordnung gerungen wird“ (Fraenkel in Schmidt 2010, S.221). Hierbei ist es wichtig zu beachten, dass die Linie zwischen „kontroversem Sektor“ und „nicht­kontroversem Sektor“ einem Wandel unterliegt und somit nicht klar zu definieren ist. Nach Fraenkel setzt eine funktionierende pluralistische Demokratie jedoch voraus, dass der „nicht­kontroverse“ Sektor wesentlich größer als der „kontroverse“ ist.

2.3 Projektion der Theorien auf die USA

Die Indikatoren einer „Polyarchy“ nach Dahl findet man im politischen System der USA wieder. Die Kernvariablen „Wettstreit“ und „Partizipation“ sind jeweils vorhanden. Besonders interessant ist hier die Variable des „Wettstreits“, da sich hier das Lobbying verorten lässt. Uneingeschränkt, wettbewerbsförmige Interessensartikulation ist genau das, was Lobbyismus darstellt. Folgt man Fraenkel in seinen Ausführungen, so ist diese Interessenartikulation durch den Staat zu regulieren. Dies geschieht in den USA ebenfalls2. Ein weiteres Mal taucht Lobbyismus in den Funktionsvoraussetzungen einer „Polyarchy“ auf. Organisations- und Koalitionsfreiheit zur Bildung von Interessenverbänden - welche zwar hier nicht bearbeitet werden, jedoch vom grundlegenden Verständnis, nämlich der, vorangegangen erklärten, uneingeschränkten, wettbewerbsförmigen Interessenartikulation, gleich sind - zählt Dahl zu diesen Voraussetzungen. Dahl weißt somit indirekt den Lobbyismus als Funktionsvoraussetzung für eine „Polyarchy“ aus und ergänzt hier durch Fraenkel, welcher den Interessenverbänden stabilisierende Wirkung attestierte. Die von Fraenkel beschriebenen Sektoren, die eine pluralistische Demokratie auszeichnen, bestehen ebenfalls. Der „nicht kontroverse“ Sektor besteht aus den Grundwerten der Amerikaner, die laut Oldopp, „ [...] Freiheit, Individualismus, Gleichheit, Liberalismus und Fortschrittsgedanke [...]" (Oldopp 2013, S. 199) sind. Lobbyismus fällt somit in den „kontroversen“ Sektor. Die von Fraenkel beschriebene „Waffengleichheit“ muss aber angezweifelt werden, scheint doch der Schutz schlecht organisierten Interessengruppen nicht gewährleistet zu sein (vgl. Oldopp 2013, S. 141).

Man kann an dieser Stelle also erkennen, dass beide pluralistischen Demokratietheorien den Lobbyismus als wichtig erachten. Für das politische System der USA übernimmt der Lobbyismus zudem die Aufgabe der Übermittlung gesellschaftlicher Interessen an die Politiker (vgl. Oldopp 2013, S. 141). In unserem Fall gilt dies nur beschränkt, da es sich hier nicht um gesellschaftliche Interessen handelt, vielmehr steht ein privatwirtschaftliches Interesse im Vordergrund, welches jedoch auch gesamtgesellschaftliche Auswirkungen haben kann, beispielsweise im Bereich des Datenschutz. Das von Oldopp beschriebene Übermitteln gesellschaftlicher Interessen an die Politiker durch die Interessenverbände, ist tief in der politischen Kultur der USA verankert, und erklärt somit auch die nicht gänzlich ablehnende Haltung gegenüber dem Lobbyismus.

3. Arten und Mechanismen des Lobbying in den USA

Nachdem wir nun den demokratietheoretischen Zusammenhang kennen, müssen wir nun die Mechanismen kennenlernen, die vom Lobbying bedient werden. Es bietet sich an, die Arten des Lobbying zunächst in zwei große Gruppen zu unterteilen. Zum einen die Gruppe des „direct lobbying“, zum anderen die Gruppe des „indirect lobbying“ (vgl. Hrebenar 1997, S.79 und 105). Donald J. Hrebenar kategorisiert in seinem Buch „Interest Group Politics in America“ all jene Lobbyaktivitäten als direkt, in denen offizielle Repräsentanten einer Organisation in direkten Kontakt zu einem offiziellen Vertreter der Regierung treten.

3.1 Direct Lobbying

Das direkte Lobbying vergleicht Hrebenar mit dem militärischen „Frontalangriff“ (Hrebenar 1997, S.117). Hierzu ist es zunächst wichtig, Zugang zu den Entscheidungsträgern zu gewinnen. Geld und Unterhaltung sind laut Hrebenar hier die wichtigsten Kriterien. Die Art wie der Zugang hierbei durch Geld oder Unterhaltung erreicht wird, ist variabel. Während einige Lobbyisten permanente Tischreservierungen in angesagten Restaurants vorhalten, sind andere Mitglied in diversen Tennisclubs. Hier werden dann die Verbindungen und persönlichen Beziehungen zu den Regierenden und deren Administrationen geknüpft (vgl. Hrebenar 1997, S.108). Auf Bundesebene mittlerweile verboten, ist es weiterhin durchaus möglich, Politiker für das richtige Abstimmen zu honorieren. Hierbei soll dem Politiker signalisiert werden, dass man seine Entscheidung begrüßt, künftige Entscheidungen ebenfalls in die eingeschlagene Richtung gehen sollten und geknüpfte Beziehungen weiterhin bestehen sollen (vgl. Hrebenar 1997, S.107). Ein weiterer wichtiger Punkt ist nach Hrebenar, die Unterstützung neuer Regierender, wenn sie Hilfe benötigen oder in Gremien tätig werden wollen, in die sie ohne Unterstützer oder Unterstützung nicht hineinkommen würden. Zum Abschluss dieser, keinesfalls vollständigen Nennung von Möglichkeiten Zugang zu Entscheidungsträgern zu bekommen, steht die ebenfalls gängige Praxis, eben jene zu einem Urlaub oder einem politischen Kongress einzuladen, wobei hier entstehende Kosten übernommen werden und eventuell zusätzlich ein Honorar gezahlt wird (vgl. Hrebenar 1997, S.109).

Ist nun der Zugang zu den Entscheidungsträgern hergestellt, gilt es dem Interesse an geeigneter Stelle Gehör zu verschaffen. Hierzu gibt es nach Hrebenar eine einfache Strategie. Zunächst sollten die Befürworter aktiviert, dann die Zweifler überzeugt werden. Die Verfechter der Gegenpositionen sollen nicht in den Lobbyprozess einbezogen werden. Die Begründung ist einfach; durch eine Beeinflussung des politischen Gegners könnte eine Reaktion der Gegenseite ausgelöst werden (vgl. Hrebenar 1997, S.111).

Als Gut der Lobbying Kontakte gilt Information. Diese Information kann in unterschiedlicher Form vorliegen. Häufig handelt es sich um Statistiken, politische Informationen oder Meinungen der Interessengruppe, die an diesem Gespräch teilnimmt oder hier durch eine beauftragte Person vertreten wird. Hierbei ist es wichtig, dass das reine Bestehen oder Besitzen dieser Information keinen Wert darstellt. Ihren Wert erhält die Information durch die Kommunikation zwischen Lobby und Politiker oder Administration. Die direkte Kommunikation ist hierbei nur ein Weg, die Informationen der Interessensgruppe zu verbreiten. Ein weiterer ist das Auftreten bei einer öffentlichen Anhörung (vgl. Hrebenar 1997, S.112ff).

Neben der direkten Ansprachen eines Politikers oder dem Auftreten bei einer öffentlichen Anhörung, gibt es die Möglichkeit, Teil eines der über 1.100 beratenden Gremien zu werden. Als Beispiel dient hier die „Federal Power Commission“ (FPC), die ein Komitee hat, welches sie in Fragen der Auswirkungen im Bereich des Mangels an Erdgas berät. Die einzigen Verbraucher, die in diesem Komitee sitzen, kommen aus der Wirtschaft. Überhaupt ist nur einer der 36 Sitze durch eine öffentliche Interessengruppe besetzt (vgl. Hrebenar 1997, S.112ff).

3.2 Indirect Lobbying

Neben dem direkten Lobbying, sieht Hrebenar das „Indirect and Media Lobbying“ (Hrebenar 1997, S.118) als zweite große Art des Lobbying an. Hierbei, wie es der Name bereits vermuten lässt, geht es nicht um den direkt Kontakt zu einem Politiker sondern um die Artikulation der politischen Meinung auf unterschiedlichste Weisen - beispielhaft Referenden, Initiativen oder Demonstrationen. Zu den Einflussreichsten Arten des Lobbying zählt jedoch das „Media Lobbying“, welches laut Hrebenar immer mehr an Bedeutung gewinnt, da hier die öffentliche Meinung beeinflusst werden kann.

Zunächst gilt es grundlegende Strategien des „Media Lobbying“ festzuhalten. Hrebenar definiert drei Strategien; „Offensive Media Lobbying“, „Defensive Media Lobbying“ und „goodwill“ (Hrebenar 1997, S.120ff) .

Beim „Offensive Media Lobbying“ geht es um eine Veränderung einer bereits getroffenen oder bevorstehenden Entscheidung, welche dem Interesse der Interessensgruppe entgegensteht. Beispielhaft nennt Hrebenar hier die Pharmaindustrie, welche 1993 eine große Media Kampagne startete. Inhalt der Kampagne war Medikamentenpreis und das Abstreiten eines Zusammenhangs mit steigenden Gesundheitskosten. Um ein breites Publikum zu erreichen, schaltete die Pharmaindustrie ganzseitige Anzeigen in 40 Zeitungen (vgl. Hrebenar 1997, S.121f).

Das „Defensive Media Lobbying“ beschränkt seine Aktivitäten zumeist auf das Konservieren bestehender Verhältnisse. Hierbei handelt es sich laut Hrebenar häufig um bereits gut organisierte und etablierte Lobbies. Als zu Beginn der 80er Jahre die allgemeine Energiesituation zum nationalen Thema wurde und Stimmen darüber laut wurden, man solle den 18 größten Ölkonzernen der USA Einhalt gebieten, wurde von der Öl- und Energielobby ein nahezu beispielloser Aufwand betrieben, dies zu verhindern. Die sechs größten Ölkonzerne investierten zwischen 1970 und 1972 425 Millionen Dollar in Werbung. Texaco zeigte beispielsweise ein Puzzle, auf dem alle Sparten des Unternehmens abgebildet waren und titelte, dass es 75 Jahre gedauert habe diese Stücke zusammenzusetzen und nun würden es einige Politiker zerstören wollen (vgl. Hrebenar 1997, S.122ff).

Neben offensiver und defensiver Medienstrategie, spielt das Image der einzelnen Lobby eine große Rolle. Hrebenar bezeichnet diese als „Creation of Godwill“ und meint damit eine Langzeitstrategie, bei der ein positives Image erzeugt werden soll, um so späteren defensiven oder offensiven Medienkampagnen mehr Gewicht zu verleihen. Beispielhaft kann hier der „Philip Morris“ Konzern angeführt werden, der zum 200 jährigen Jubiläum der „Bill of Rights“, kostenlose Kopien anbot. Kerne dieser Aktion war die Aussage der persönlichen Freiheit, die einige Jahre später perfekt in das Schema des Konzerns passte, als es darum ging, die persönliche Freiheit des Rauchens zu verteidigen (vgl. Hrebenar 1997, S.120).

3.3 Grassroots Lobbying

Beim „Grassroots Lobbying“ geht es besonders darum, eigene Unterstützer zu mobilisieren und die Gruppe eben jener zu vergrößern. „Grassroots lobbying“ wird nicht direkt durch einen Lobbyisten durchgeführt, die Funktionsweise ist eine andere. Unternehmen, Verbände und Organisationen bedienen sich ihrer eigenen Mitarbeiten und deren persönlichem Umfeld um so eine breite Basis für ihr Interesse zu schaffen. Zwar werden diese „grassroots“-Kampagnen nicht durch einen Lobbyisten oder eine entsprechende Agentur durchgeführt, oftmals dienen sie jedoch als Organisator. Grundsätzlich handelt es sich beim „grassroots lobbying“ um eine Methode die zentral organisiert und dann dezentral durchgeführt wird. Häufig werden beim „grassroots lobbying“ Emails oder Postkarten verschickt oder Telefonate geführt (vgl. Lobbypedia 2015).

Die Darstellung der zu vermittelnden Inhalte ist im „grassroots lobbying“ zumeist persönlicher Natur. So werden Erlebnisse oder Erfahrungen genutzt, um ein bestimmtes mediales Bild zu erzeugen (vgl. Lobbypedia 2015).

Weitere wichtiger Bestandteil des Erfolgs des „grassroots lobbying“ ist die direkte Ansprache eines Politiker durch, anders als beim „direct lobbying“, ein Unternehmen oder eine partikulare Gruppe, zumeist seine Wählerschaft. Hierdurch erhält diese Lobbyingmethode eine besondere Tragweite zu Wahlkampfzeiten (vgl. Hrebenar 1997, S.157ff).

3.4 Political Action Comittees

Während die bereits beschriebenen Lobbying Methoden und Strategien sich auf die Zeitspanne zwischen Wahlen konzentrieren, erfahren die PACs ihre größte Wichtigkeit im Wahlkampf. Als Ableger von Interessenverbänden, dienen die PACs als „Spendenkomitee oder besser als Wahlkampfkomitee“ (Oldopp 2013, S.154). Auch ist es möglich, dass Einzelunternehmen PACs gründen. Die Hauptaufgabe der PACs ist das Sammeln von Spenden für den Wahlkampf. Somit fallen sie unter den „Federal Election Campaign Act“ (FECA). “Der FECA regelt den Geldfluss aller die sich in Bundeswahl engagieren“ (Oldopp 2013, S.155). Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, wie PACs dem favorisierten Kandidaten helfen können. Zunächst ist eine Direktspenden an den Kandidaten möglich. Diese Spende ist jedoch auf 5.000 Dollar pro Wahlgang begrenzt. Unbegrenzt sind hingegen die Mittel, die nicht in Absprache mit dem favorisierten Kandidaten aufgewendet werden. So ist es zum Beispiel möglich, dass PACs Wahlwerbespots produzieren und ausstrahlen lassen (vgl. Oldopp 2013, S.155).

Ein weiterer interessanter Punkt ist die Verteilung der Mittel der PACs. Oldopp beschreibt bei der Verteilung einen konservativen und pragmatischen Ansatz. PACs verteilen ihre Mittel eher an Amtsinhaber als an Herausforderer und eher an Mehrheiten im Senat (vgl. Oldopp 2013, S.156).

Da PACs maximal 5.000 Dollar pro Kandidat und Wahlgang spenden dürfen, haben sie laut Oldopp einen Mechanismus entwickelt, der es ermöglicht mehr Mittel für einen Kandidaten bereit zu stellen. Durch Kommunikation zwischen PACs und den daraus resultierenden Absprachen, ist es durchaus möglich, dass weitaus mehr als eben jene 5.000 Dollar beim Kandidaten landen. So unterstützen PACs sich untereinander (vgl. Oldopp 2013, S.157).

4. Statistische Darstellung des Lobbying von Apple und Google von 2011 bis 2015

Nun da Akteure, Strategien und Mechanismen, das theoretische Verständnis und die strukturellen Grundlagen für Lobbying in den USA bekannt sind, kehren wir zu Grundfrage zurück und betrachten im Zuge dessen die Lobbyaktivitäten von Apple und Google vor der Spionageaffäre. Hierzu definieren wir zunächst einen Betrachtungszeitraum, der die Jahre 2011 bis 2015 umfasst. Der Zeitraum stellt sich als geeignet dar, da die Spionageaffäre im Jahr 2013 stattfand und diese somit in den Betrachtungszeitraum fällt. Ziel der Betrachtung soll ein Trend sein, der erkennen lässt, ob Lobbyausgaben, Lobbyaktivitäten einer Veränderung unterlegen waren. Hierzu werden die im Folgenden statistisch dargestellten Daten benötigt. Daran anschließend erfolgt die Auswertung der Daten, um so den bereits beschriebenen Trend erarbeiten zu können.

Die Betrachtungen beziehen sich hierbei besonders auf die Gesamtausgaben für Lobbying, die Themenfelder in denen die beiden Firmen tätig waren, die Anzahl an Lobbyaktionen die stattfanden und die hieraus resultierende Intensität.

Da für das Jahr 2015 noch keine abschließenden Berichte vorliegen, wird die „Prognose“ eingeführt. Die Werte der „Prognose“ errechnen sich mit einem simplen Divisorverfahren. Hierbei werden die vorliegenden Werte, die das dritte Quartal 2015 beinhalten, durch den Faktor drei dividiert und anschließend mit dem Faktor 4 multipliziert.

4.1 Ausgaben für Lobbyarbeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2; Google: Ausgaben für Lobbyarabeit von 2011 bis 2015

Eigene Darstellung, Daten (opensecrets.org 2015u, 2015v, 2015w, 2015x, 2015y)

Die Abbildungen 1 und 2 zeigen die Lobbyausgaben durch Apple und Google von 2011 bis 2015. Auf der y-Achse ist hierfür die Summe der Ausgaben in US-Dollar aufgetragen. Die x- Achse zeigt die genannten Jahre und die Prognose für 2015. Die drei verschiedenen Graphen, welche in der Abbildung zu sehen sind, zeigen die Ausgaben für interne Lobbyarbeit, welche durch Angestellte der Firma Apple durchgeführt wurden und unter „Intern“ zu erkennen sind. Beim Graphen „Extern“ handelt es sich um die Ausgaben, die für eine Lobbyfirma angefallen sind. Summiert man nun die Graphen „Intern“ und „Extern“, so erhält man den Graphen „Summe“ der, wie der Name es bereits vermuten lässt, die Summe der Lobbyausgaben darstellt.

4.1.1 Lobbyausgaben Apple

Betrachtet man nun die Abbildung 1, so kann man erkennen, dass die Lobbyausgeben von Apple, sich im Gesamtbetrachtungszeitraum mehr als verdoppelt haben. Dies geschieht jedoch nicht linear sondern Sprunghaft nach dem Jahr 2012. Während die Gesamtausgaben von 2011 zu 2012 zunächst gefallen waren, stiegen diese in 2013 wieder an. Der Anstieg der Gesamtausgaben ist der steilste im gesamten Betrachtungszeitraum. Führt man sich vor Augen, dass die Spionageaffäre im Juni 2013 publik wurde, könnte diese Steigerung eine Reaktion auf die Auswirkungen der Spionageaffäre sein. Dieser Schluss würde dazu führen, dass die durch Apple durchgeführten Lobbyaktionen und die daraus resultierenden gestiegenen Kosten, einen Mehraufwand darstellten, der durch die Vertretung der Interessen von Apple nötig wurde. Dass sich die Entwicklung der gestiegenen Gesamtausgaben weiter fortsetzte, kann an dieser Stelle ebenfalls als Indikator einer Auswirkung der Spionageaffäre festgehalten werden. Hierbei ist die Annahme, dass die Auswirkungen der Spionageaffäre nachwirken und somit nicht nur ein punktueller Mehraufwand nötig wurde, sondern die Abarbeitung der Auswirkungen der Spionageaffäre eine Verstetigung des Mehraufwands bedeutete.

4.1.2 Lobbyausgaben Google

Bei Betrachtung der Abbildung 2 kann man einen deutlichen Anstieg der Lobbyausgaben von 2011 zu 2012 erkennen. Im Jahr 2013 fallen diese Ausgaben deutlich ab. Dies könnte ein eindeutiges Anzeichen für eine Auswirkung der Spionageaffäre sein. Zwar ist dies widersprüchlich zu den Aussagen bezüglich der Ausgaben bei Apple im vorherigen Punkt, jedoch keineswegs unrealistisch, da jede Form der Abweichung eine Reaktion auf die Spionageaffäre sein könnte. Während die eine Firma die Notwendigkeit erkennt, auf die Auswirkungen der Spionageaffäre mit einer erhöhten Lobbyaktivität zu reagieren, könnte es ebenso gut zu einer zunächst zurückhaltenden Firmenpolitik gekommen sein. Grundsätzlich gilt hier nur Veränderung als Indikator von Auswirkung.

Nachdem die Gesamtausgaben in 2013 gefallen waren, stiegen diese in 2014 und voraussichtlich auch in 2015 wieder an. Dies könnte ebenfalls ein Indikator dafür sein, dass, ähnlich wie bei Apple, ein Mehraufwand zu kompensieren war, respektive ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3; Apple: Themenfelder Lobbying

Eigene Darstellung, Daten (opensecrets.org 2015z, 2015aa, 2015ab, 2015ac, 2015ad)

[...]


1 „Beim Whistleblowing werden Hinweise auf Missstände in Unternehmen, Hochschulen, Verwaltungen etc. gegeben. Der Whistleblower ist meist Mitarbeiter oder Kunde und berichtet aus eigener Erfahrung. Er informiert Mittler und Medien oder direkt die Öffentlichkeit“ (Gabler Wirtschaftslexikon 2016)

2 beispielsweise durch FECA (vgl. S. 13) oder LDA (vgl. S. 24)

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Details

Title
Die globale Abhör- und Spionageaffäre. Auswirkungen auf die Lobbyarbeit von Apple und Google
College
University of Siegen
Course
Das politische System der USA
Grade
1,0
Year
2016
Pages
44
Catalog Number
V909388
ISBN (eBook)
9783346245205
Language
German
Keywords
Apple, Google, Lobbying
Quote paper
Anonymous, 2016, Die globale Abhör- und Spionageaffäre. Auswirkungen auf die Lobbyarbeit von Apple und Google, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/909388

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