Das Bildnis des Herrschers im 17. und 18. Jahrhundert

Eine ikonographische Analyse des Porträts Peter I. (1717) von Jean-Marc Nattier


Hausarbeit, 2017

36 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


1. Einleitung

1.1 Einführung in das Thema der Arbeit

Zwischen dem 30. Mai und dem 24. September 2017 veranstaltete das Château de Versailles in Paris in Zusammenarbeit mit dem Ermitage- Museum St. Petersburg eine Ausstellung unter dem Namen „ Pierre le Grand. Un Tsar en France. 1717 “, die dem 300- jährigen Besuch des russischen Zaren, Peter dem Großen (1672-1725), in Frankreich gewidmet war. Unter den Exponaten befand sich das vom französischen Porträtisten Jean- Marc Nattier (1685-1766) angefertigte Staatsporträt Peter des Großen (1717), welches sich heute in der Ermitage befindet. Auf seiner zweiten Europareise 1716-1717 ließ sich Peter I. von zwei bedeutenden französischen Künstlern porträtieren – Hyacinthe Rigaud und Jean- Marc Nattier. Erhalten hat sich nur das Porträt Nattiers.1 Bei der Version der Ermitage handelt es sich allerdings um eine Kopie des gleichnamigen Porträts, welches im Münchner Residenzschloss zu finden ist. Wie dem aktuellen Forschungsstand entnommen werden kann, handelt es sich dabei um eine von vielzähligen Kopien des Gemäldes, die nach der Entstehung des Originals existierten, heute jedoch nicht mehr aufgefunden werden können.2 Die Besonderheit des Gemäldes stellt die Darstellung und Konzeption des Gemäldes dar. Denn im Allgemeinen gilt Nattiers Porträt als ein im westlichen Stil angefertigte Porträt des russischen Zaren.3 Nattier hält sich dabei sehr stark an die Vorgaben der Darstellungen europäischer Herrscher. Die Komposition ist auffällig an den Stil vielzähliger Feldherrenportäts des Künstlers gehalten, die sich dennoch in ihrer weniger prunkvollen Ausstattung vom vorliegenden Gemälde unterscheiden. Leider ist das vorliegende Porträt Peters I. weitgehend am Rande der Forschung gelassen worden. Es existieren leider keine Forschungsarbeiten, die sich explizit mit dem Gemälde Nattiers beschäftigen. Auch der Künstler selbst scheint bisher für die Forschung keine besondere Rolle zu spielen. Da keine Arbeiten bezüglich des Gemäldes vorhanden sind, erscheint die Beschäftigung mit diesem Gemälde aber umso interessanter. Insbesondere die Frage nach der ikonographischen Bedeutung des Gemäldes könnte Schlüsse auf die Deutung des Porträts zulassen. Aus diesem Grund soll sich die vorliegende Arbeit mit einer der wichtigsten Methoden des kunsthistorischen Arbeitens beschäftigen – der ikonographischen Analyse des Gemäldes. Anhand dieser Methode sollen Symbole und Attribute des Porträts analysiert und gedeutet werden, um die Bedeutung des Gemäldes für den zeitgenössischen (und heutigen) Betrachter erschließen zu können.

1.2 Literatur und Forschung

Forschungsarbeiten bezüglich des vorliegenden Porträts sind nicht vorhanden. Aus diesem Grund muss die vorliegende Arbeit in erster Linie auf eigenen Beobachtungen und Schlussfolgerungen beruhen. Als Stütze sollen dabei einige Ausstellungskataloge dienen. Dazu gehört zum einen der Ausstellungkatalog zur Ausstellung zu „ Jean- Marc Nattier. 1685-1766 “ im Musée national des château de Versailles et de Trianon herausgegeben von Xavier Salmon im Jahr 1999. Zum anderen orientiert sich die Arbeit am Ausstellungskatalog aus dem Jahr 2017 „ Pierre le Grand. Un Tsar en France. 1717 “, herausgegeben unter der Leitung von Gwenola Fermin, Francine-Dominique Liechtenhan sowie Thierry Sarmant, des Château de Versailles. Wichtige Hinweise bezüglich der ikonographischen Entschlüsselung liefert der Ausstellungskatalog „ Schätze aus dem Kreml. Peter der Große in Westeuropa “, entstanden zum Gemeinschaftsprojekt der Ausstellung der Staatlichen Museen des Moskauer Kreml und des Senats der freien Hansestadt Bremen im Jahr 1991. Darüberhinaus sollen weitere Werke hinzugezogen werden, die dabei behilflich sein können das vorliegende Werk so gut wie möglich zu entschlüsseln. Dazu gehören in erster Linie Nachschlagewerke wie das Lexikon der christlichen Ikonographie (LCI), das Handbuch der politischen Ikonographie (HPI) sowie weitere Nachschlagewerke zu Symbolen in der Kunst. Auch historische Werke sollen hinzugezogen werden, um das Gemälde in seinen historischen Kontext einzuordnen. Zur Klärung der angewandten kunsthistorischen Methode sollen in erster Linie die Werke von Frank Büttner und Andrea Gottdang4 sowie von Gabriele Kopp-Schmidt5 verwendet werden.

1.3 Vorgehensweise

Um das vorliegende Werk besser analysieren zu können, sollte zunächst die Frage nach der Methode geklärt werden. Deshalb ist eine kurze Einführung in die Methode der ikonographischen Analyse notwendig, bevor das Werk beschrieben werden soll. Dabei soll in erster Linie die Bedeutung der ikonographischen Analyse und der Vorgehensweise dieser Arbeitsweise geklärt werden. Nach der Beschreibung des vorliegenden Werks müssen wichtige Fragen bezüglich der Bedeutung des Porträts in einer eingehenden Analyse geklärt werden. Zunächst soll die Klärung der Fragen nach dem Bestand des Werks, der Provenienz oder des Werkkontexts so weit wie möglich stattfinden. Der nächste Schritt betrifft dabei die systematische ikonographische Analyse des Werks. Dabei sollen Bildinhalte benannt und analysiert werden. Unter Zuhilfenahme des historischen Kontextes, soll so die Bedeutung des Gemäldes für den Betrachter beantwortet und anschließend zusammengefasst werden.

2. Methode – Ikonographische Analyse

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einer kunsthistorischen Methode, die das Gemälde des französischen Porträtisten Jean- Marc Nattier (1685-1766), das Staatsporträt Peter des Großen (1717), mit Hilfe der ikonographischen Bestimmung analysieren soll. Bevor mit der eigentlichen Arbeit begonnen wird, muss zunächst erläutert werden was unter der ikonographischen Analyse zu verstehen ist. Diese wird anschließend für die Analyse des vorliegenden Gemäldes angewandt werden.

2.1 Was ist Ikonographie?

Unter dem Wort Ikonographie muss die Lehre von Bildinhalten verstanden werden. Geprägt wurde das Wort erst durch die kunsthistorische Wissenschaft im 19. Jahrhundert.6 Abgeleitet aus dem Griechischen eikon (Bild) und graphien (schreiben), bezeichnet das Wort Ikonographie heute eine kunsthistorische Methode, die sich in erster Linie mit den Bildinhalten beschäftigt.7 Im 19. Jahrhundert bezeichnete der Begriff die Lehre von Themen, Motiven sowie Attributen der christlichen und antiken Kunst. Den Grundstein für die ikonologische Analyse legte dabei der Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler Aby Warburg (1866-1929).8 Neben der Ikonographie (Lehre des Bildinhalts) gibt es den Begriff der Ikonologie. Begründet von Erwin Panofsky (1892-1968), hat die Ikonologie das Ziel den Bildinhalt eines Kunstwerks nicht nur zu bestimmen sondern anhand „ weltanschaulicher Vorstellungen9 zu interpretieren. Gleichzeitig entwickelte Panofsky mit dem sogenannten Dreistufigen Interpretationsmodell der Ikonologie eine methodische Grundlage, anhand der Bildinhalte eines Kunstwerks bestimmt und interpretiert werden können.10

2.2 Das Dreistufige Interpretationsmodell der Ikonologie

Das zu analysierende Werk muss bei der Anwendung des Dreistufigen Interpretationsmodells in drei Stufen abgehandelt werden. Die erste Stufe enthält die vorikonographische Beschreibung. Hierbei ist es wichtig zu erkennen wer oder was im Kunstwerk dargestellt ist. Erkannt werden müssen Symbole oder Attribute die bestimmten Personen zugeordnet sind. Auch der Ausdruck (z. Bsp. Gefühle) von Personen sollten berücksichtigt werden.

Die ikonographische Analyse bildet die zweite Stufe. Dabei sollten Fragen nach der Bedeutung der jeweiligen Symbole oder Attribute gestellt werden. Insbesondere der (Handlungs-) Zusammenhang sollte dabei berücksichtigt werden. Sind die jeweiligen Personen und Attribute identifiziert, so kann die dritte Stufe, die Ikonologische Interpretation, eingesetzt werden. Hierbei muss der eigentliche Gehalt bzw. die eigentliche Bedeutung des Kunstwerks erschlossen werden. Um das zu erreichen, sind literarische Quellen vonnöten, die dabei helfen die Bedeutung zu erschließen. Hierbei gilt es Fragen nach den Botschaften und Absichten für die Entschlüsselung des jeweiligen Bildprogramms zu beantworten. Insbesondere Hilfsmittel aus anderen wissenschaftlichen Disziplinen können hierbei hilfreich sein.11 Vor allem literarische Quellen sind dabei zu berücksichtigen.

2.3 Weitere ikonographische Deutungsstrategien

Um ein Werk so gut wie möglich ikonographisch zu analysieren, sollten neben dem Dreistufigem Interpretationsmodell weitere Punkte beachtet werden, die als Hilfestellung für die Bestimmung sowie die Deutung der Bildinhalte dienen können. In erster Linie gehört hier die Bestandssicherung und Werkgeschichte dazu. Dabei sollten wichtige Punkte bezüglich der Provenienz und dem aktuellen Zustand des Kunstwerks geklärt werden. Die Werkgenese und der Werkkontext stellen Fragen nach dem Entstehungsprozess und den historischen Zusammenhängen des Kunstwerks. Quellen, Textbeläge, Fragen nach der Rezeptionsgeschichte sowie Kritik der bereits vorhandenen Deutungen sind für die Analyse eines Werks, das aus heutiger Sicht nicht mehr problemlos verstanden werden kann, von wichtiger Bedeutung.12

3. Das Porträt Peter des Großen (1717) von Jean- Marc Nattier - Analyse

Das Gemälde des französischen Porträtisten Jean- Marc Nattier (1685-1766) „ Peter I. “ aus dem Jahr 1717, soll im Folgenden mit Zuhilfenahme von Panofskys Dreistufigem Interpretationsmodell sowie den in Kapitel 2.3 genannten Aspekten, ikonographisch Analysiert werden.

3.1 Beschreibung (Abb.1)

In einem Knie- bzw. Hüftstück präsentiert sich der russische Zar, Peter der Große (1672-1725), in einer mittelalterlich anmutenden Rüstung vor einer Schlachtszene im Hintergrund. Sein Körper ist nach links gedreht. Der Kopf wendet sich direkt dem Betrachter zu. Der Blick wandert dabei zum Betrachter. Der direkt auf den Betrachter gerichtete Blick scheint sich ein wenig nach unten zu richten, so dass von einer Untersicht des Gemäldes gesprochen werden kann. Sein Kopf wird von leichten, kurzen Locken gesäumt. Dabei scheint es sich nicht um eine Perücke zu handeln. Seine Oberlippe ist mit einem dünnen Oberlippenbart versehen. Der Hals Peters scheint von einem weißen Tuch oder einer Halskrause bedeckt zu sein an welcher ein Kleinod befestigt ist.

Gekleidet ist Peter I. in eine glänzende Ganzkörperrüstung, wobei sein rechter Arm mit einer besitzergreifenden Geste auf einem vor ihm auf einer Steinfläche abgelegten Rüstungshelm ruht. Der Helm scheint zu seiner Rüstung zu gehören und deutet in seiner Ausschmückung die Herrscherrüstung an. Denn genauso wie die restliche Rüstung ist auch der Helm mit goldenen Rändern und Borten versehen. Zudem ist dieser mit auffällig roten, voluminösen Federn geschmückt.

Während seine rechte, auf dem Helm ruhende Hand ein Fernrohr fest zu umgreifen scheint, ruht die Linke an seiner linken Seite, indem sie das an seiner Hüfte hängende, prunkvoll mit Steinen und Gold verziertes Schwert berührt. An der linken Brustseite des Herrschers bietet sich dem Blick des Betrachters ein großer achtzackiger Ordensstern mit Kreuz und Inschrift. Ergänzt wird der Ordensstern durch eine quer über seine Brust verlaufende leuchtend blaue Schärpe. Im Bereich der Hüfte ist ein Ordenskreuz zu sehen. Das Kleinod zeigt ein Kreuz welches von einem Doppeladler und Krone unterlegt zu sein scheint. Der Hüftbereich Peters wird von einer weißen Schleppe umschlungen welche sich an die rechte Bildseite zu ziehen scheint. Direkt hinter der sich aufbauschenden Schleppe eröffnet sich dem Betrachter eine direkte Sicht auf eine im Hintergrund liegende Schlachtszene. Von gelbem Nebel und Rauchfahnen umweht, sind hier kämpfende Soldaten, zu Fuß und zu Ross, erkennbar. Der Betrachter blickt dabei direkt auf das Kampfgetümmel, welches noch in vollem Gang zu sein scheint. Der Hintergrund wird von gelbem und grauem Nebel umwallt. Dieser zieht sich bis zum oberen Bildrand hin und zeichnet ein von dunklen Wolken gesäumtes Firmament.

Farblich ist das Gemälde in gelblich-grauen Tönen gehalten. Allerdings werden die blaue Schärpe, die Helmfedern sowie die roten Edelsteine des Schwerts deutlich von der monotonen Farbmasse herausgehoben. Weiße Lichtpunkte scheinen das weiße Halstuch und die weiße Schleppe zu bilden. Diese scheinen den Blick des Betrachters, genauso wie die stark farblich akzentuierte Schärpe und Federn, auf sich ziehen. Auffällig sind die Ränder des Gemäldes. Insbesondere sind hier der rechte und linke Rand zu erwähnen. An der linken Bildseite scheinen die Federn des Rüstungshelms sowie die Spitze des Fernrohrs abgeschnitten zu sein. Entsprechend verhält es sich auch mit der weißen Schleppe, die am rechten Bildrand nicht vollständig zu sehen ist.

3.2 Provenienz und Bestandssicherung

Die Provenienz des vorliegenden Werks lässt sich leider nicht vollkommen nachweisen. Als Entstehungsjahr wird das Jahr 1717 angegeben. Hierbei handelt es sich um eine der vielzähligen Versionen des vorliegenden Gemäldes. In Forscherkreisen hält sich fest die Meinung, dass es sich bei dem heute im Münchner Residenzschloss befindenden Werk um das Originalgemälde Nattiers handelt.13 Nachweise bezüglich der Gründe für diese Annahme fehlen jedoch. Laut Salmon ist diese Version des Gemäldes im Gegensatz zur in der Ermitage in St.-Petersburg befindenden Version, nur wenig bekannt. Für beide Gemälde kann leider keine zureichende Provenienz nachgewiesen werden.14

Ob es sich dabei um eine Kopie oder das Originalgemälde handelt, kann genauso wenig nachgewiesen werden. Es kann nur vermutet werden, dass es sich hierbei tatsächlich um ein Original handelt. Wie bereits in Kapitel 3.1 bemerkt, scheint das vorliegende Gemälde beschnitten worden zu sein. Denn sowohl das Fernrohr als auch die weiße Schleppe sind nicht vollständig zu sehen. Heute misst das Ölgemälde 142 x 112 Zentimeter.15 Zur Zeit der Entstehung müsste es etwas größer gewesen sein, da es laut Samlom zu einem späteren Zeitpunkt an allen vier Seiten beschnitten wurde.16 Das Gemälde aus der Ermitage dagegen scheint vollständig erhalten zu sein (vgl. Abb. 2). Die Bildseiten scheinen die Bildkomponenten ganz zu zeigen. Allerdings misst das St.- Petersburger Gemälde 142, 5 x 110 Zentimeter und ist somit zwei Zentimeter schmaler als das Münchner Gemälde. Zwar beweisen die Maße nicht das Original und weisen genauso wenig eine Kopie nach, erwecken aber dennoch den Eindruck, dass es sich beim Gemälde der Ermitage um eine Kopie handeln könnte, die zwar nach dem Original gemalt wurde, die Ränder jedoch vom Künstler vollständig rekonstruiert wurden.

Signiert und datiert ist das vorliegende Gemälde eindeutig. Denn links unten ist eine Signatur zu finden die lautet: „ peint par Nattier le jeune./a Paris 171717. Nattier signiert hier als Sohn des Porträtisten Marc Nattier mit le jeune.18 Die Frage nach dem Urheber kann deshalb eindeutig beantwortet werden. Auf der Rückseite des Gemäldes findet sich gleichzeitig eine Inschrift: PIERRE ALEXIEWITS/ EMPEREUR DE RUSSIE, die den Dargestellten eindeutig als Peter I. kennzeichnet.19

Fest steht, dass die Entstehung des Gemäldes auf den Zeitraum zwischen dem 18. Mai und dem 20. Juni 1717 vermutet werden muss. Als Auftraggeber kommt Peter der Große selbst in Frage, auf dessen Wunsch hin Nattier das Gemälde angefertigt haben soll.20 Demnach begleitete Nattier Peter I. auf seiner Europareise (1716) nach Amsterdam. Hier sollen weitere Gemälde russischer Hofleute entstanden sein. Zurück in Paris soll Nattier das vorliegende Porträt Peter I. gemalt haben. Nachdem aber der Künstler das Angebot des Zaren, nach Russland mitzukommen, ausgeschlagen hatte, kehrte Peter I. wieder nach Russland zurück ohne die bei Nattier in Auftrag gegebenen Gemälde zu bezahlen oder mitzunehmen.21 Der weitere Verbleib des Gemäldes ist unbekannt. Heute befindet sich das Porträt im Residenzschloss München, bei der Bayrischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser unter der Inventarnummer Res-Mü. G. 268.

3.3 Ikonographische Werkanalyse

Im Folgenden soll das vorliegende Gemälde systematisch anhand der Symbole und Attribute ikonographisch analysiert werden.

3.3.1 Bruststern, Schärpe und Kleinod

Im direkten Blickfeld des Betrachters befindet sich auf der linken Brustseite Peters I. ein Bruststern. Dabei handelt es sich um einen achteckigen Stern mit blauen Ring und gelber Mitte. Auf dem blauen Ring ist eine Inschrift zu sehen. Die gelbe Mitte scheint durch ein X-förmiges Kreuz ergänzt zu sein. Hierbei muss es sich eindeutig um einen Ordensstern handeln. Naheliegend erscheint es nach einem Orden zu suchen, der vom Zaren Peter I. selbst gegründet wurde. 1698 gründete Peter I. tatsächlich einen Zivil- und Militärorden der als Belohnung für geleistete Dienste unter der Devise Für Glauben und Treue an alle höhergestellten Offiziere verliehen wurde.22 Dabei handelt es sich um den Stern des St.- Andreas- Ordens. Zwar ist der Ordensstern im Gemälde etwas verzerrt dargestellt, so kann er dennoch mit dem originalen Ordensstern gut verglichen werden. Beim St.- Andreas- Orden (s. Abb. 3) handelt es sich um einen Stern der aus Silber- und Goldfäden gestickt wurde. Die Zacken bestehen aus münzenförmigen Strahlen.23 Der umlaufende blaue Ring zeigt in goldener Stickerei die Ordensdevise Für Glaube und Treue. Das goldene Medaillon zeigt in der Mitte ein X-förmiges, blaues Kreuz – das Andreaskreuz24.25

Quer über der Brust Peters I. verläuft eine blaue Schärpe, die im Hüftbereich von einem Kleinod geziert wird. Dabei handelt es sich genauso um Kreuz und Band des St.- Andreas- Ordens (vgl. Abb. 4). Das Kleinod ist ein goldenes, blau emailliertes Andreaskreuz das die Figur des gekreuzigten Heiligen zeigt. Das Kreuz wird mit den Buchstaben S – für Sanctus – und A – für Andreas – geziert. Hinterlegt ist das Andreaskreuz mit einem schwarz- goldenen Adler der die dreifache Kaiserkrone trägt.26

[...]


1 Vgl. Kat. Ausst. Jean- Marc Nattier. 1685-1766, Musée national des châteaux de Versailles et de Trianon 1999-2000, Paris 1999, S. 60; Vasil’čikov, A. A., О портретах Петра Великаго [Über die Porträts Peter des Großen], Moskau 1872, S. 30-31.

2 Vgl. Kat. Ausst. Pierre le Grand. Un Tsar en France. 1717, Château, musée et domaine national de Versailles in Partnerschaft mit dem Staatlichen Museum Ermitage 2017, Paris 2017, S. 161.

3 Vgl. Kat. Ausst. 1999, S. 63.

4 Büttner, Frank, Gottdang, Andrea, Einführung in die Ikonographie. Wege zur Deutung von Bildinhalten, München 2006.

5 Kopp-Schmidt, Gabriele, Ikonographie und Ikonologie. Eine Einführung, Köln 2004.

6 Vgl. Büttner, Frank, Gottdang, Andrea, Einführung in die Ikonographie. Wege zur Deutung von Bildinhalten, München 2006, S. 13.

7 Vgl. Kopp-Schmidt, Gabriele, Ikonographie und Ikonologie. Eine Einführung, Köln 2004, S. 44.

8 Vgl. ebd, S. 48.

9 Büttner, Frank, Gottdang, Andrea, Einführung in die Ikonographie. Wege zur Deutung von Bildinhalten, München 2006, S. 13.

10 Vgl. Kopp-Schmidt 2004, S. 59.

11 Vgl. Kopp-Schmidt 2004, S. 59-60.

12 Vgl. Büttner, Gottdang 2006, S. 191-192.

13 Vgl. Kat. Ausst. 1999, S. 57-60.

14 Vgl. ebd., S. 57.

15 Vgl. ebd., S. 57.

16 Vgl. ebd., S. 57.

17 Vgl. Kat. Ausst. Paris 1999, S. 57.

18 Vgl. Ressos, Xenia, Nattier. Jean- Marc, in: Allgemeines Künstlerlexikon Bd. 92, Berlin 2016, S. 34.

19 Vgl. Kat. Ausst. Paris 1999, S. 57.

20 Vgl. ebd., S. 57; laut Vasil’čikov kommt hier nur der 18. Mai in Frage. An diesem Tag soll Peter I. in der einzigen Sitzung für Nattier Modell gesessen haben, vgl. dazu: Vasil’čikov, A. A., О портретах Петра Великаго [Über Porträts Peter des Großen], Moskau 1872, S. 30.

21 Vgl. Firmin, Gwenola, Pierre Ier et la peinture française: un désir sans amour?, in: Kat. Ausst. Pierre le Grand. Un Tsar en France. 1717, Château, musée et domaine national de Versailles in Partnerschaft mit dem Staatlichen Museum Ermitage 2017, Paris 2017, S. 152-154.

22 Vgl. Ackermann, Gustav Adolph, Ordensbuch sämtlicher in Europa blühender und erloschener Orden und Ehrenzeichen, Annaberg 1855, S. 93-94.

23 Vgl. Merička, Váklav, Das Buch der Orden und Auszeichnungen, Hanau 1976, S. 215.

24 Vgl. ebd., S. 216.

25 Vgl. Kat. Ausst. Schätze aus dem Kreml. Peter der Große in Westeuropa, Gemeinschaftsprojekt der Staatlichen Museen des Moskauer Kreml und des Senats der Freien Hansestadt Bremen 1991, München 1991, S. 221.

26 Vgl. ebd., S. 220.

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Das Bildnis des Herrschers im 17. und 18. Jahrhundert
Untertitel
Eine ikonographische Analyse des Porträts Peter I. (1717) von Jean-Marc Nattier
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Kunsthistorisches Institut)
Note
2,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
36
Katalognummer
V906646
ISBN (eBook)
9783346195388
ISBN (Buch)
9783346195395
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ikonographie, jean, marc, nattier, herrscherporträt, analyse, peter, der, große, porträt
Arbeit zitieren
Tatjana Befuss (Autor:in), 2017, Das Bildnis des Herrschers im 17. und 18. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/906646

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