Über Peter Paul Rubens: "Der Medici-Zyklus"


Hausarbeit, 2001

25 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Medici-Zyklus
2.1 Geburt der Maria de’ Medici
2.1.1 Geschichtlicher Hintergrund
2.1.2 Beschreibung und Analyse des Gemäldes
2.1.3 Technik
2.1.4 Zwischenfazit
2.2 Ankunft der Maria de’ Medici in Marseille
2.2.1 Geschichtlicher Hintergrund
2.2.2 Beschreibung und Analyse des Gemäldes
2.2.3 Entwurfsprozess
2.2.4 Zwischenfazit
2.3 Hochzeit der Maria de’ Medici in Procuratione
2.3.1 Geschichtlicher Hintergrund
2.3.2 Beschreibung und Analyse des Gemäldes
2.3.3 Entwurfsprozess
2.3.4 Zwischenfazit
2.4 Die Krönung der Maria de’ Medici
2.4.1 Geschichtlicher Hintergrund
2.4.2 Beschreibung und Analyse des Gemäldes
2.4.3 Entwurfsprozess
2.4.4 Zwischenfazit

3 Schlussbemerkung

4 Literatur

1 Einleitung

Im Rahmen meiner Arbeit werde ich exemplarisch vier Bilder des Medici-Zyklus von Peter Paul Rubens vorstellen. Alle 21 Bilder plus die drei vorangestellten hier zu analysieren, würde den Umfang der Arbeit sprengen. Für das bessere Verständnis möchte ich im folgenden einige wichtige Daten aus dem Leben des Künstlers erwähnen. Da dies nicht das eigentliche Thema ist, werde ich neben Eckdaten nur auf die im Zusammenhang mit dem Gemälde-Zyklus stehenden Aspekte eingehen. Dann möchte ich auf die Auftraggeberin Maria de’ Medici und die weiteren an der Konzeption beteiligten kurz eingehen, da sie einen zum Teil erheblichen Einfluss auf die Skizzen und Gemälde hatten. Ich habe mich der Übersichtlichkeit und Kürze halber darauf beschränkt, nur die geschichtlichen Ereignisse aus dem Leben der Maria de’ Medici herauszugreifen, die in den vier von mir vorgestellten Gemälden - die Geburt, die Ankunft in Marseille, die Hochzeit und die Krönung - dargestellt werden. Sie werden alle dem ersten Teil des Medici-Zyklus zugeordnet, in dem es thematisch um die eheliche Verbindung und die Vorsorge Heinrichs IV. für den Staat geht.[1] Ich habe mich bewusst auf diesen ersten Teil bei der Wahl meiner Bilder beschränkt, weil es mir nicht möglich scheint, einen zusammenhängenden Überblick über alle 24 historisch aufeinander aufbauende Gemälde in vier Stationen zu vermitteln, über einen zusammenhängenden Teil hingegen schon.

2 Der Medici-Zyklus

Der Künstler des Medici-Zyklus (*28.6.1577, Siegen - †30.5.1640, Antwerpen) war nicht nur Maler, sondern zugleich Humanist und Diplomat.[2] Er war ein die Malerei zu seinem Zwecke einsetzender Politiker und zugleich ein politisch motivierter Maler.[3] Das heißt, seine Gemälde stehen sehr häufig im Kontext von Religion, Wissenschaft und vor allem dem politischen Geschehen seiner Zeit und können nur vor diesem Hintergrund verstanden werden. So auch der Medici-Zyklus, der ein Hauptwerk politischer Kunst darstellt.[4] Auf seinen zahlreichen Reisen setzt sich Rubens mit der italienischen Renaissance und dem Römischen Frühbarock auseinander. Der Künstler gilt wohl als einer der wichtigsten Begründer des Hochbarocks. Rubens unternimmt in den 20er Jahren diverse Reisen an den Pariser Königshof. 1621 erhält Rubens den Auftrag[5], das Programm wird entworfen[6], 1622 kommt es zum Vertragsschluss zwischen dem Maler und der Auftraggeberin Maria de’ Medici über zwei Bilderzyklen zu je 24 Gemälden. Nicht nur Maria de’ Medici selbst und ihr geistlicher Ratgeber, der Abbé von S. Ambroise, auch der Humanist Peiresc und ihr Widersacher Kardinal Richelieu[7] nahmen auf die thematischen Entwürfe des Programms Einfluss.[8] Zum Zeitpunkt des Auftrages hatte die seit dem Tod ihres Gatten König Heinrich IV. 1610 regierende Maria den Bürgerkrieg gegen den eigenen Sohn gewonnen und damit die Machtergreifung des im Jahre 1917 17-jährigen vereitelt. Die formelle Aussöhnung erfolgt 1919. Der Auftrag des Medici-Zyklus an Rubens gilt als geschickter politischer Schachzug der Königin, um die Legitimation ihrer Regentschaft aufzuzeigen und die Bewahrung des politischen Erbes Heinrichs IV. durch ihre Person zu beweisen. Ihre Taten und Bestrebungen sollten laut Simson durch Rubens Zyklus unsterblich werden.[9] Aus diesen Gründen soll der erste Zyklus Szenen und Ereignisse aus dem Leben der Maria de’ Medici zeigen, der zweite Zyklus die Kriegsheldentaten König Heinrich IV. Der Vertrag legt weiterhin die Bezahlung fest und, dass der Maler die Freiheit hat, Figurenposition und -komposition nach eigenen Vorstellungen - das heißt, eigentlich ohne die direkten Vorgaben des Königshofes, was wohl nicht der Realität entsprach - zu wählen. Allerdings hatte er die ersten 24 Gemälde in nur einem Jahr fertig zustellen, die restlichen innerhalb von zwei Jahren. Schon 1622/23 entstehen die ersten Modellskizzen, die heute hauptsächlich in der Alten Pinakothek in München und in der Eremitage in Sankt Petersburg aufbewahrt werden. Während seiner Arbeit steht Rubens weniger in Korrespondenz mit der Königin selbst, als mit eigenständigen Staatsmännern ihres Umfeldes wie Peiresc oder Richelieu.[10] So lässt sich festhalten, dass der gesamte Zyklus wohl weitgehend auf die Vorstellungen der Auftraggeberin eingeht, aber dennoch die Einflüsse anderer politischer Kräfte Frankreichs widerspiegelt.[11] Am 11 Mai 1625, also zwei Jahre später als vereinbart, wird anlässlich der Hochzeit Karl I. von England mit Henriette de France der erste Zyklus, der allegorisch, „im Stil des Symbolismus, der tief in der christlichen Metaphysik begründet ist“[12], angefertigt wurde. im Palais de Luxembourg gezeigt, der im Auftrage Marias erbaut worden war. Die Bilder für den zweiten Zyklus können aufgrund der politisch angespannten Lage nicht vollendet werden. Rubens und Maria de’ Medici müssen auf Betreiben des Ministers Richelieu und Ludwig XII., die sich gegen die Königinmutter verschworen haben, im Jahre 1630/31 aus Frankreich über Belgien und Holland fliehen.[13] 1638 wird Maria für immer ins Exil verbannt und stirbt geächtet 1642 in Köln.

Gegen Ende des Ancien Régime werden die Bilder 1781/82 abgehängt, der Palais du Luxembourg fällt dem Grafen der Provence als Morgengabe zu. Die Galerie des Palais wird 1802 wiedereröffnet. Nach einer Zwischenlagerung im Depot werden die Bilder 1815 in einer Ausstellung im Louvre in Paris gezeigt. An diesem Ort befindet sich der Medici-Zyklus bis heute.

In München befinden sich insgesamt 17 Modelli, die den letzen Planungsstand vor der Entstehung des eigentlichen Gemäldes zeigen. Erhalten sind noch acht weitere, verschiedene Planungsstadien, wovon sich fünf in Sankt Petersburg und je eine in Paris, Worms, Heilhof und London befinden.[14] Der ausgereifte Schlussentwurf als Öl- oder Farbskizze, ein Kompromiss zwischen Zeichenskizze und Ölgemälde, diente Rubens als Vertrags- und Verhandlungsgrundlage mit dem französischen Köngishause. Hierbei ist zu erwähnen, dass Maria de’ Medici die Modellskizzen nie vor Erhalt der eigentlichen Gemälde zu Gesicht bekam. Sie waren zudem eine wichtige Orientierungshilfe in dem schon manufakturartigen Werkstattbetrieb Rubens in Antwerpen, sowie eine Gedächtnisstütze für schon angefertigte und ausgelieferte Bilder. Aufgrund der als virtuos spontanen gekennzeichneten Malweise erlangten Rubens Skizzen bereits zu seinen Lebzeiten als eigenständiges Kunstwerk mit ästhetischem Eigenwert große Beliebtheit, weshalb seine Auftraggeberin auch wünschte, die Ölskizzen neben dem vollendeten Zyklus zu ihrem Besitz zählen zu dürfen.

2.1 Geburt der Maria de’ Medici

2.1.1 Geschichtlicher Hintergrund

Die Auftraggeberin Maria de’ Medici war die Tochter des Großherzogs Francesco I. de’ Medici und Johanna von Österreich. Nachdem sie 1587 verwaist war, lag die Obhut über die junge Prinzessin in den Händen ihres Onkels, Großherzog Ferdinand de’ Medici.[15]

2.1.2 Beschreibung und Analyse des Gemäldes

Das Gemälde stellt das erste große Bild der Längswand dar, nach Vetter ist es als Bild 1 bezeichnet[16]. Warnke und Simson ziehen einen Vergleich der ersten Station im Leben der Maria de’ Medici, nämlich ihrer nächtlichen Geburt, zu dem mariologischen Bildtypus der Geburt Christi oder Mariä.[17] Ein Indiz, der für diese Interpretation spricht ist der Heiligenschein des Neugeborenen, der einzigen historischen Figur im Bilde, der die Analogie bekräftigt. Renger und Simson sehen die Geburt Marias thematisch eng mit den Parzen und dem Lebensfaden verbunden.[18] Im Griechischen als Moirai oder Moiren bezeichnet, gelten die Parzen als göttliche Wesen, die den Ablauf der Ereignisse im menschlichen Leben bestimmen. Bei Hesiod sind sie drei an der Zahl und Töchter des Zeus und der Themis. Man brachte sie mit dem Bilde des Lebensfadens in Zusammenhang: Klotho spinnt den Lebensfaden, Lachesis teilt das Lebenslos zu, Atropos, die Unabwendbare, durchschneidet ihn. Bei der späteren Personifikation und Vergöttlichung der Moiren mag das Märchenmotiv der Feen, die an der Wiege des neugeborenen Kindes erscheinen, mitgewirkt haben. Das Bild der Moiren als Spinnerinnen hat man auf die vorgriechische Auffassung der Erdgöttin als spinnender, Wolle abwägender Frau zurückzuführen versucht.[19] Lucina übergibt die neugeborene Maria der Personifikation der Stadt Florenz [20] . Lucina ist eine fromme Frau aus Rom, die um die Mitte des 3. Jahrhunderts gestorben sein soll. Ihren Namen tragen mehrere heilige und frommer Frauen. Eine unter ihnen bestattete nach der Auskunft des Liber Pontificalis um die Mitte des 3. Jh. an der Via nach Ostia die aus dem Coemeterium ad Catacumbas dorthin übertragenen Gebeine des Apostelfürsten Paulus. Auch setzte sie Papst Cornelius I. auf einem ihrer Grundstücke an der Via Appia bei. Dieser Ort wird als Lucinagruft bezeichnet und gilt als der älteste Ort der Callistuskatakombe.[21]

[...]


[1] Der zweite Teil hat die Regentschaft Marias zum Thema, außenpolitisch die habsburgisch-spanisch-französische Annäherung, innenpolitisch den Konflikt und die Versöhnung mit ihrem Sohne. Vgl. Bayerische Staatsgemäldesammlung (Hrsg.): Die Pranke des Löwen. Rubens-Skizzen aus St. Petersburg und München. Ausstellungskatalog, München, 1997/1998, S.22.

[2] 1600-1608 reist Rubens beispielsweise nach Spanien und Italien und arbeitet als Hofmaler und politischer Gesandter am herzoglichen Hof in Mantua. Auch wird er Hofmaler für belgische Erzherzöge und nimmt 1622 seine Tätigkeit als Diplomat für Belgien und Spanien auf. Für weitere Informationen siehe Simson, Otto: Peter Paul Rubens (1577-1640). Humanist, Maler und Diplomat. In: Berliner Schriften zur Kunst, Bd.8, Mainz, 1996.

[3] Beispielsweise bemühte er sich, Frieden in Belgien herzustellen und übergab eine Friedensmahnung in Bildform an die verfeindeten Fürsten.

[4] Vgl. Thieme, Ulrich/Becker, Felix: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künste, Bd. 29, Leipzig, 1935, S.18ff.

[5] Zur Beziehung zwischen dem Künstler und der Königin s. Simson, Otto: Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock. Strassburg, 1936, S.258ff.

[6] Für nähere Informationen s. Simson, Otto: Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock. Strassburg, 1936, S.247ff.

[7] Zur Intrige Richelieus gegen Rubens, dem dessen Reichtum barocker Symbolik missfiel, s. Simson, Otto: Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock. Strassburg, 1936, S.262ff.

[8] Dies belegt ein Brief des Peiresc vom 22.4.1622. Auch die letztendliche Anordnung entspricht wohl eher Rubens und Peiresc Vorstellungen als Marias und ist auf eine dynamische Einheit des Raumes, wie es dem barocken Empfinden entsprach, ausgerichtet. Vgl. Simson, Otto: Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock. Strassburg, 1936, S.277ff.

[9] Simson, Otto: Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock. Strassburg, 1936, S.249.

[10] Hiervon zeugen etliche überlieferte Briefe, die aus heutiger Sicht als wichtige Quellen für den Werkprozess gelten und denen sich der externe Einfluss auf Rubens bei der Fertigstellung der Gemälde belegen lässt.

[11] Vgl. Warnke, Martin: Laudando Praecipere - der Medicizyklus des Peter Paul Rubens. Groningen, 1993, S.20.

[12] S. Simson, Otto: Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock. Strassburg, 1936, S.271.

[13] Vgl. Bayerische Staatsgemäldesammlung (Hrsg.): Die Pranke des Löwen. Rubens-Skizzen aus St. Petersburg und München. Ausstellungskatalog, München, 1997/1998, S.20. Zur Rolle Richelieus und den Umständen s. Simson, Otto: Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock. Strassburg, 1936, 252ff.

[14] Vgl. Bayerische Staatsgemäldesammlung (Hrsg.): Die Pranke des Löwen. Rubens-Skizzen aus St. Petersburg und München. Ausstellungskatalog, München, 1997/1998, S.20. und Simson, Otto: Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock. Strassburg, 1936, S.262ff.

[15] Zur Geschichte der Medici vgl. Der große Brockhaus. Kompaktausgabe in 26 Bänden. Band 14, Wiesbaden, 1983, 18. Aufl., S.142f.

[16] Vgl. Vetter, Ewald: Rubens und die Genese des Programms der Medici-Galerie. In: Pantheon, 32, 1974, S.356.

[17] Vgl. Warnke, Martin: Laudando Praecipere - der Medicizyklus des Peter Paul Rubens. Groningen, 1993, S.7 und hierzu die Zeichnung Geburt Mariens, Florenz, Uffizien von Giovanni Antonio Pordenone.

[18] Vgl. Bayerische Staatsgemäldesammlung (Hrsg.): Die Pranke des Löwen. Rubens-Skizzen aus St. Petersburg und München. Ausstellungskatalog, München, 1997/1998, S. 30ff. . Die Beschreibung Simsons weicht von den übrigen leicht ab, vgl. Simson, Otto: Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock. Strassburg, 1936, S.292ff.

[19] Vgl. Hunger, Herbert: Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Wien, 1953, S.213f.

[20] Zum Terminus Personifikation siehe Ziegler, o.V. (Hrsg.): Der kleine Pauly. Lexikon der Antike. 3.Band, 1964, S.661ff., zur Geschichte mit Abbildung von Florenz siehe Der große Brockhaus. Kompaktausgabe in 26 Bänden. Band 7, Wiesbaden, 1983, 18. Aufl., S.121f.

[21] Vgl. Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Band 16, o.O. 1999, abgerufen unter www.bautz.de/bbkl/l/lucina.shtml.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Über Peter Paul Rubens: "Der Medici-Zyklus"
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Kunstgeschichte)
Veranstaltung
Propädeutikum: Ikonographie
Note
2
Autor
Jahr
2001
Seiten
25
Katalognummer
V9053
ISBN (eBook)
9783638158633
Dateigröße
475 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Peter, Paul, Rubens, Medici-Zyklus, Propädeutikum, Ikonographie
Arbeit zitieren
Elisabeth Falgner (Autor:in), 2001, Über Peter Paul Rubens: "Der Medici-Zyklus", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9053

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