Das zweite Geschlecht. Der Geschlechterdiskurs im 18. Jahrhundert anhand von Therese Huber und ihrem Roman "Die Familie Seldorf"


Hausarbeit, 2019

20 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Sozial- gesellschaftlicher Hintergrund
2.1 Das 18. Jahrhundert- Aufklärung
2.2 Abhängigkeit- die soziale Situation der Frau im 18. Jahrhundert
2.3 Die Frau des Mannes- Erziehung, Schulbildung, Berufstätigkeit
2.4 Französische Revolution

3. Therese Huber

4. Die Familie Seldorf
4.1 Entwicklung
4.2 Handlung
4.3 Die Politisierung des weiblichen Geschlechts

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Betrachtet man die didaktischen Jahrespläne der Sekundarstufen I und II, so fallen unter der zu lesenden Pflichtlektüre fast ausschließlich Werke von männlichen Schriftstellern. Gotthold Ephraim Lessing, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, E.T.A Hoffmann, Heinrich von Kleist- sie alle sind und waren literarische Größen des 18. Jahrhunderts. Das Frauen bis heute weitestgehend unbekannt in der deutschen Literatur sind, liegt vorwiegend an der damaligen sozialen Situation der Frau in der Gesellschaft. Doch war es nicht so, dass es keine Frauen gab, die literarisch tätig gewesen wären oder nur Werke veröffentlicht hätten, die in ihrer Qualität der männlichen Literatur nachstanden. Autorinnen wie Anna Louisa Karsch, Sophia von La Roche, Christiana Mariana von Ziegler, Henriette Herz und Therese Huber sind Autorinnen, die aufgrund ihres Geschlechts einen Kampf führen mussten, um ihre Werke und literarischen Leistungen als würdig gelten zu lassen. Eine weniger bekannte, aber durchaus erfolgreiche Schriftstellerin ist Therese Huber, die im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts und in den Anfängen des 19. Jahrhunderts tätig gewesen ist und zahlreiche Werke veröffentlicht hat. Als Zeitzeugin der Französischen Revolution hat sie eine schwierige Zeit miterlebt, die sie in dem Roman Die Familie Seldorf verarbeitet.

Deshalb wird sich diese Arbeit zunächst mit dem sozial-gesellschaftlichen Hintergrund des 18. Jahrhunderts beschäftigen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frau, die in der Epoche der Aufklärung unter der Vormundschaft der Männer stand und mit vielen Rollenzuschreibungen, Erwartungen und dem gesellschaftlichen Druck umzugehen versuchte. Dabei soll deutlich werden, welche Hindernisse die Frau, im Vergleich zu den Hindernissen des Mannes, hatte und wie sie diese bewältigen konnte. Als Beispiel dient dazu dient Therese Huber. Die Beleuchtung ihres durchaus ereignisreichen Lebens und ihrer Schriftstellerinnentätigkeit soll den Beruf der Schriftstellerin zur Zeit der Aufklärung verbildlichen, wie sie zunächst im Schatten ihrer Ehemänner stand und dann den Lebensunterhalt selbst verdiente. Ihre Verarbeitung der französischen Revolution wird besonders im Roman deutlich. Die Entwicklung des literarischen Werks wird hierbei näher beleuchtet und der Inhalt spielt dabei auch eine zentrale Rolle. Die Wirkung des Romans und welche Kritik Huber in ihrem Roman versucht zu beschreiben, werden im Anschluss untersucht und mit der gesellschaftlichen Situation verglichen.

2. Sozial- gesellschaftlicher Hintergrund

2.1 Das 18. Jahrhundert- Aufklärung

Kontexte, Literatur und Themen des 18. Jahrhunderts kommen in den direkten Bezug mit der Aufklärung- der Epoche des 18. Jahrhunderts. In kaum einem anderen Jahrhundert gab es so viele literarische Strömungen wie in der Aufklärung. Das folgende Jahrhundert ist ebenfalls sehr ereignisreich verlaufen, wird aber nicht der Gegenstand dieser Arbeit sein. Die literarischen Strömungen: Sturm und Drang, Klassik und Romantik sind alle in dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts einzuordnen und weisen eine breite Spannbreite von verschiedenen Strömungen und Entwicklungen in der Literaturgeschichte der Neuzeit auf. Hier soll es aber lediglich um den Oberbegriff der Aufklärung und dessen Erläuterung gehen.

Aufkl ä rung ist der Ausgang eines Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unm ü ndigkeit. Unm ü ndigkeit ist das Unverm ö gen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unm ü ndigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschlie ß ung und des Mutes liegt, sich seiner Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Ist also der Wahlspruch der Aufkl ä rung … Zu dieser Aufkl ä rung wird aber nicht erfordert als Freiheit, und war die unsch ä dlichste unter allen, was nur Freiheit hei ß en mag, n ä mlich die: von seiner Vernunft in allen St ü cken ö ffentlich Gebrauch zu machen.1

Der besondere Augenmerkt liegt also auf der Verwirklichung des Individuums und der geistigen Entwicklung jedes Menschen. Der Verstand und kritisches Denken, das sich auf eigene Erfahrungen und Sinneswahrnehmungen stützt. Das umfasst auch die Toleranz gegenüber anderen und selbst vernünftig, sowie moralisch vertretbar zu handeln. Ein solcher Fortschritt in der Mündigkeit der Gesellschaft muss aber auch einen Fortschritt in der Politik bedeuten.

Die Staaten vereinigen die Menschen, damit durch diese und in dieser Vereinigung jeder einzelne Mensch seinen Teil von Gl ü ckseligkeit desto besser und sicherer genie ß en k ö nne.- Das Totale der einzelnen Gl ü ckseligkeit aller Glieder ist die Gl ü ckseligkeit des Staates. Au ß er dieser gibt es gar keine. Jede andere Gl ü ckseligkeit des Staates, bei welcher auch noch so wenig einzelne Glieder leiden und leiden m ü ssen, ist Bem ä ntelung und Tyrannei.2

Der Staat war bis dato eine Ständegesellschaft, die eingeteilt war in: Fürsten, Adel, Bürgertum und Bauern.3 Wie in einer solchen Hierarchie üblich, waren die Bauern die unterste soziale Schicht und standen am Ende der Gesellschaft. Durch die Bewegung der Aufklärung und der späteren Französischen Revolution begann die Auflösung des Ständestaates und führte somit zu einer Reihe von neuen lebensweltlichen Orientierungen. Durch die Veränderungen, die auch die Ökonomie betrafen, entwickelten sich neue Berufsgruppen wie Beamte, Lehrer, Mediziner, Juristen, Kaufleute, Publizisten und Verleger.4 Dieser Wandel, der sich auf den öffentlichen Bereich bezieht, macht allerdings schon deutlich für wen sich die neuen Berufe entwickelten: das männliche Geschlecht. Obwohl sich auch die Privatsphäre einem Wandel unterzog, mit der Trennung von Arbeits- und Privatbereich, sind die Aufgaben der Frau fast unverändert. Immer mehr in den Fokus gerät das Ideal der bürgerlichen Kleinfamilie.5 Die Erwerbsarbeit wird dem Mann zugeschrieben und die Frau agiert in Erziehungsaufgaben und im Haushalt. Dabei steht der Familienvater oder auch „Hausvater“6 an oberster Stelle. Im Folgenden wird der Status der Frau näher untersucht.

2.2 Abhängigkeit- die soziale Situation der Frau im 18. Jahrhundert

Europa hat sich in den vergangenen 300 Jahren verändert- besonders im Bezug auf die Rolle und die Situation der Frau in der Gesellschaft. Nach wie vor gilt bis heute in einigen Familien eine traditionelle Rollenverteilung der Geschlechter: Der Mann als Alleinverdiener und die Frau als Köchin, Putzfrau, Erzieherin, Gärtnerin und als Frau, an der Seite ihres Mannes. „Putzen ist Frauensache“ ist eine weitverbreitete Floskel im deutschsprachigen Raum.

Die Männer solcher Aussagen, werden teilweise mit Beschimpfungen wie „Macho“ konfrontiert. Grund dafür ist der sich immer weiterverbreitende Feminismus, der besonders seit den 1970er Jahren, seine Spuren hinterlassen hat. Frauen wollen immer weniger im Schatten des Mannes stehen. Zwar gibt es immer noch eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau- vor allem in der Arbeitsindustrie, aber die soziale Situation der Frau hat sich im Vergleich zum 18. Jahrhundert gewandelt. Dass Frauen arbeiten gehen ist in der heutigen Gesellschaft keine Abnormität oder ein Skandal- sondern Normalität.

Einige Frauen sind besondere Größen in der Politik, wie Angela Merkel oder Theresa May. Auch in der Wirtschaft gibt es Frauen in Führungspositionen. In moderneren Familien verschiebt sich sogar das traditionelle Familienbild und die Frau ist Alleinverdienerin der Familie und der Mann agiert als Hausmann und Erzieher. Die Frau als solche ist heute unabhängig vom Mann gedacht. Im 18. Jahrhundert war dies kaum vorstellbar. Die Frau war vollem eins: abhängig.7 Jede männliche Person war einer Frau übergeordnet. Männer, Väter, Brüder oder andere männliche Personen waren die Vormunds Gestalten der Frau. Somit war eine Frau nicht geschäftstüchtig, ohne die Erlaubnis eines Mannes und auch keine Rechtsperson im juristischen Sinn.8 Besonders wichtig war ein Ehebündnis für Frauen aus dem gehobenen Bürgertum und dem Adel. Das Leben teilte sich in den „Jungfernstand“ und in den „Ehestand“. Eine Frau, die nicht in den Stand der Ehe einging, wurde zur „alten Jungfer“ oder zur „Tante“. Oft war das ein Leben, dass von großer Armut und Mittellosigkeit geprägt war. Denn die soziale Stellung des Ehemannes, bestimmtes ebenso das Leben der Frau und ihre Position in der Gesellschaft.9 Dass die Frau sich als Hausfrau in den Dienst der Familie stellte, war eine vorausgesetzte- und als selbstverständlich angesehene Haltung an die Frauen.

Die Aufgaben der Frauen lassen sich in drei große Bereiche einteilen: Die Hauswirtschaft, die Reproduktion und die Aufgabe als Gattin. Die Reproduktion umfasst die Schwangerschaft, die Geburt und die Kleinkinderbetreuung, sowie die Erziehung der Kinder.10

In der Hauswirtschaft werden logischerweise alle anfallenden Tätigkeiten im Haus der Familie, zur Aufgabe der Frau. Die Aufgaben der Hauswirtschaft sind die Tätigkeiten die leicht zu bewältigen sind und müssen nicht mit der Verwendung des Verstandes gelöst werden, noch ist besondere Muskelkraft erforderlich. Denn diese Fähigkeiten wurden den Männern zugeschrieben.11 Zudem sind die Aufgaben wie das Gebären eines Kindes und die damit verbundenen Pflichten, sowie die häuslichen Aufgabenbereiche, Tätigkeiten, die als unrein bezeichnet wurden und die Männer somit Abstand nahmen und sich nicht zuständig fühlten. Seit der Reformation im 16. Jahrhundert wurde die Stellung der Frau als Hausmutter mit religiösen, aus der Bibel fundierten Argumenten begründet. Die Erbsünde ist somit für das ordinierte Geschlecht der Frau der Grund für die übernommene moralische Minderwertigkeit, die alle Frauen betrifft.

Und diese Minderwertigkeit kann nur durch ein besonders tugendhaftes Leben, also als Gehilfin des Mannes und als Gebärerin „seiner“ Kinder, bereinigt werden. Die Schwangerschaft und Geburt sind „Aufgaben“, die die Frau direkt betreffen, da sie die Kinder gebären und sie während der Schwangerschaft beherbergen. Somit hatten die Männer keine Zweifel daran, dass die Schwangerschaft und die Geburt schlichtweg Frauenangelegenheit war und die daraus resultierende Kindererziehung auch die Aufgabe der Frauen sei. Heute wollen viele Männer Bestandteil der Geburt ihrer Kinder sein und ihre Frauen bestmöglich unterstützen und zur Seite stehen. Das war im 18 Jahrhundert unüblich, denn die Männer blieben den Frauen unter der Geburt fern. Paradox an dieser Ansicht ist, dass auch eine Geburt große Anstrengung erfordert und somit auch der Frau solche Fähigkeiten hätten zugesprochen werden können. Da die Frau im 18. Jahrhundert keine Rechtsperson war und weder ein Vermögens- noch ein Bürgerrecht besaß, waren die Kinder in erster Linie auch die Kinder des Vaters und nicht der Mutter. Auch wenn diese ihre Kinder zur Welt brachte und sich vorwiegend um sie kümmerte.

2.3 Die Frau des Mannes- Erziehung, Schulbildung, Berufstätigkeit

Wie bereits angedeutet, wurden den Frauen besondere Tätigkeitsbereiche zugewiesen bzw. es gab eine feste Rollen- und Aufgabenverteilung ohne Kompromisse. Die Verhaltensweisen einer guten Ehefrau wurden von der Gesellschaft geformt und den Frauen gewissermaßen anerzogen. So war Schulbildung auch noch im 18 Jahrhundert ein Privileg- für Männer. Frauen bzw. Mädchen waren von Bildungseinrichtungen wie Gymnasien, Ritterakademien, Lateinschulen und Universitäten ausgeschlossen. Die geistige Bildung und Förderung der Mädchen und Frauen stellte keine Relevanz dar, da diese für den Stand als Frau ihres Mannes, keine geistige Bildung oder schulische Bildung benötigte. Erst am Ende des 18. Jahrhundert erhielten alle Mädchen den Katechismusunterricht. Viele der Mädchen besuchten außerdem den elementaren Unterricht, sowie eine Unterweisung in den „weiblichen Fertigkeiten“.12 Genauer bedeutete das: Spinnen, Handarbeiten, lesen, schreiben, rechnen, singen, tanzen und französisch, für die Töchter des gehobenen Bürgertums und des Adels.13 Die Bildung, die die Frauen erhielten, war aber keinesfalls gleichwertig zu setzen mit der geistigen Bildung, die die Jungengymnasien vermittelten.14

[...]


1 zit. n. Immanuel Kant (1724-1804) in: Was ist Aufklärung? (1784).

2 zit. n. Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) in: Ernst und Falk (1778).

3 Vgl. Vahsen: Die Politisierung des weiblichen Subjekts, S. 32.

4 Ebd.

5 Vgl. Ebd., S.35.

6 Ebd., S.36.

7 Vgl. Wurst: Frauen und Drama im achtzehnten Jahrhundert, S. 26.

8 Vgl. Ebd.

9 Becker-Cantarino: Schriftstellerinnen der Romantik, S. 20

10 Vgl. Becker-Cantarino: Schriftstellerinnen der Romantik, S. 20.

11 Vgl. Ebd., S. 21.

12 Vgl. Becker-Cantarino: Schriftstellerinnen der Romantik, S. 27.

13 Vgl. Ebd.

14 Vgl. Ebd., S. 28

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Das zweite Geschlecht. Der Geschlechterdiskurs im 18. Jahrhundert anhand von Therese Huber und ihrem Roman "Die Familie Seldorf"
Hochschule
Universität Paderborn  (Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
Schriftstellerinnen des 18. Jahrhunderts
Note
1,7
Jahr
2019
Seiten
20
Katalognummer
V904835
ISBN (eBook)
9783346207432
ISBN (Buch)
9783346207449
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aufklärung, Therese Huber, Schriftstellerinnen
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Das zweite Geschlecht. Der Geschlechterdiskurs im 18. Jahrhundert anhand von Therese Huber und ihrem Roman "Die Familie Seldorf", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/904835

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