Die Reform der Leasingbilanzierung nach IFRS 16

Eine theoretische und empirische Analyse der Neuregelung


Masterarbeit, 2019

172 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Abbildungsverzeichnis

II Formelverzeichnis

III Tabellenverzeichnis

IV Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Methodik und Aufbau der Arbeit

2 Bisherige Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IAS 17
2.1 Grundlagen
2.1.1 Entwicklung und Aufbau des Standards
2.1.2 Definition von Leasingverhältnissen
2.1.3 Zielsetzung und Anwendungsbereich des Standards
2.2 Einstufung von Leasingverhältnissen
2.2.1 Finanzierungsleasingverhältnisse
2.2.2 Operating-Leasingverhältnisse
2.3 Bilanzierung von Leasingverhältnissen aus der Leasingnehmerperspektive
2.3.1 Finanzierungsleasingverhältnisse
2.3.2 Operating-Leasingverhältnisse
2.3.3 Vergleichende Betrachtung der bilanziellen Auswirkungen in Abhängigkeit der Einstufung von Leasingverhältnissen
2.4 Anhangangaben
2.5 Kritische Würdigung

3 Zukünftige Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16
3.1 Grundlagen
3.1.1 Entwicklung und Auf bau des Standards
3.1.2 Definition und Identifizierung von Leasingverhältnissen
3.1.3 Zielsetzung und Anwendungsbereich des Standards
3.2 Bilanzierung von Leasingverhältnissen aus der Leasingnehmerperspektive
3.2.1 Ansatz und Erstbewertung des Leasingverhältnisses
3.2.2 Folgebewertung des Leasingverhältnisses
3.3 Systematisierung der leasingnehmerbezogenen erwarteten Auswirkungen der Neuregelungen
3.3.1 Auswirkungen auf Bilanz, GuV, Kapitalflussrechnung und Kennzahlen
3.3.2 Unternehmensinterne Auswirkungen
3.3.3 Vergleichende Betrachtung der bisherigen und zukünftigen Bilanzierung von Leasingverhältnissen
3.4 Anhangangaben
3.5 Übergangsvorschriften
3.6 Kritische Würdigung

4 Empirische Untersuchung zur Leasingbilanzierung
4.1 Bisheriger Forschungsstand zur Leasingbilanzierung
4.1.1 Simulationsmodelle
4.1.2 Ausgewählte Simulationsstudien aus dem internationalen Umfeld
4.1.3 Ausgewählte Simulationsstudien mit Fokus auf Deutschland
4.2 Methodisches Vorgehen
4.2.1 Forschungsfragen und Ziel der Untersuchung
4.2.2 Hypothesenformulierung
4.2.3 Auswahl und Berechnung der Kennzahlen
4.2.4 Beschreibung der Stichprobe und Quellen des Datenmaterials
4.2.5 Forschungsmethodologie
4.3 Darstellung der Untersuchungsergebnisse
4.3.1 Zukünftige Verpflichtungen aus Leasingvereinbarungen
4.3.2 Auswirkungen auf ausgewählte Bilanzpositionen
4.3.3 Auswirkungen auf ausgewählte Kennzahlen
4.3.3.1 EBIT und EBITDA
4.3.3.2 Anlagenintensität
4.3.3.3 Eigenkapitalquote
4.3.3.4 Verschuldungsgrad
4.3.3.5 Gesamtkapitalrendite
4.3.3.6 Eigenkapitalrendite
4.4 Würdigung der Untersuchungsergebnisse

5 Fazit

V Anlagenverzeichnis

VI Quellenverzeichnis

Abstract

Nach einem langjährigen Standardsetzungsprozess wird der viel kritisierte Standard IAS 17 durch die neuen Vorgaben zur Leasingbilanzierung von IFRS 16 ersetzt. Während Leasinggeber davon verhältnismäßig gering betroffen sind, sehen sich Leasingnehmer mit tiefgreifenden Änderungen konfrontiert. In Zukunft sind grundsätzlich alle von ihnen abgeschlossenen Leasingvereinbarungen wie ein fremdfinanzierter Kauf bilanziell zu berücksichtigen. Durch die Aktivierung von Nutzungs-rechten und einer dazugehörigen Leasingverbindlichkeit kommt es entsprechend zu einer Bilanz-verlängerung. Leasingraten, von unter IAS 17 als Operating-Leasingverhältnis eingestuften Verträ-gen, werden nicht mehr im sonstigen Aufwand berücksichtigt, sondern beeinflussen zukünftig den Abschreibungs- und Zinsaufwand. Um ein grundlegendes Verständnis für die wesentlichen Ände-rungen zu schaffen, werden im Rahmen der vorliegenden Masterarbeit zunächst die konzeptionel-len Grundlagen der Alt- und Neuregelungen diskutiert. Die zentrale Forschungsfrage für die empi-rische Untersuchung beschäftigt sich mit den Auswirkungen, die sich im Rahmen der Reform der Leasingbilanzierung durch IFRS 16 für deutsche börsennotierte Unternehmen ergeben. Dabei soll mit Hilfe einer empirischen Untersuchung der Effekt abgeschätzt werden, wobei eine Szenario-rechnung zum Einsatz kommt, die auf der Methode der konstruktiven Kapitalisierung beruht. Durch diese Simulation wird das Zahlenwerk der untersuchten Unternehmen so adjustiert, dass Opera-ting-Leasingverhältnisse bilanzwirksam erfasst werden. Die Ergebnisse der durchgeführten Unter-suchung lassen darauf schließen, dass die Änderungen der Bilanzierungsvorgaben für einen Großteil der Unternehmen keine wesentlichen Auswirkungen auf die analysierten Kennzahlen ha-ben werden. Einzelne Unternehmen können allerdings durchaus stark betroffen sein, und vor allem die Branchen „Retail“ und „Consumer“ müssen sich auf Änderungen einstellen. Die Ergebnisse anderer Studien aus Deutschland können bestätigt werden, und die empirische Untersuchung gibt entsprechend eine Indikation über die Wesentlichkeit der Auswirkungen der Umstellung auf IFRS 16 für deutsche börsenorientierte Unternehmen. Für weiterführende Forschung wäre es inte-ressant, die Konzernabschlüsse der untersuchten Unternehmen nach verpflichtender Anwendung von IFRS 16 zu analysieren, um die vorliegenden Ergebnisse mit den tatsächlichen Umstellungsef-fekten zu vergleichen und zu prüfen inwieweit Ausnahmeregelungen in Anspruch genommen wur-den.

I Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufbau des IAS 17

Abbildung 2: All-or-nothing-approach nach IAS 17

Abbildung 3: Folgebewertung von Leasingobjekt und Leasingverbindlichkeit für ein beispielhaftes Finanzierungsleasing

Abbildung 4: Vergleich der zeitlichen Verteilung von Aufwendungen in Abhängigkeit von der

Einstufung des Leasingverhältnisses

Abbildung 5: Aufbau des IFRS 16

Abbildung 6: Identifizierung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16

Abbildung 7: Erstbewertung des Nutzungsrechts und der Leasingverbindlichkeit nach IFRS 16

Abbildung 8: Folgebewertung des Nutzungsrechts nach IFRS 16

Abbildung 9: Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit nach IFRS 16

Abbildung 10: Veränderungen in der Bilanz aufgrund von IFRS 16

Abbildung 11: Veränderungen in der GuV aufgrund von IFRS 16

Abbildung 12: Folgebewertung von Nutzungsrecht und Leasingverbindlichkeit für ein beispielhaftes Leasingverhältnis nach IFRS 16

Abbildung 13: Vergleich der zeitlichen Verteilung von Aufwendungen zwischen einem Operating-Leasingverhältnis nach IAS 17 und einem Leasingverhältnis nach IFRS 16

Abbildung 14: Vergleichende Betrachtung der Auswirkungen auf die Bilanz und GuV der

bisherigen und zukünftigen Bilanzierung anhand eines Beispiels

Abbildung 15: Anpassungen im Rahmen der Simulationsstudie in Hinblick auf Bilanz und GuV

II Formelverzeichnis

Formel 1: Funktionaler Zusammenhang zwischen Leasingverbindlichkeit und Nutzungsrecht

Formel 2: Kapitalwiedergewinnungsfaktor Restlaufzeit Leasingverhältnis

Formel 3: Kapitalwiedergewinnungsfaktor Gesamtlaufzeit Leasingverhältnis

III Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Berechnungsschema ausgewählter Kennzahlen im Rahmen der empirischen Untersuchung und deren tendenzielle Veränderung

Tabelle 2: Stichprobe nach Branche und Indexzugehörigkeit

Tabelle 3: Leasingverpflichtungen aus Finanzierungs- und Operating-Leasing nach Indexzugehörigkeit

Tabelle 4: Leasingverpflichtungen aus Finanzierungs- und Operating-Leasing nach Branchenzugehörigkeit

Tabelle 5: Unternehmen mit dem größten Anteil außerbilanzieller Leasingverpflichtungen aus Operating-Leasing

Tabelle 6: Unternehmen mit den größten absoluten Zunahmen der langfristigen Vermögenswerte nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 7: Unternehmen mit den größten absoluten Zunahmen des Fremdkapitals nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 8: Prozentuale Veränderung des EBIT bei DAX- und MDAX-Unternehmen nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 9: Prozentuale Veränderung des EBITDA bei DAX- und MDAX-Unternehmen nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 10: Unternehmen mit den größten absoluten Zunahmen des EBIT nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 11: Unternehmen mit den größten absoluten Zunahmen des EBITDA nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 12: Veränderung der Anlagenintensität in Prozentpunkten bei DAX- und MDAX-Unternehmen nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 13: DAX-Unternehmen mit der größten Veränderung der Anlagenintensität in Prozentpunkten nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 14: MDAX-Unternehmen mit der größten Veränderung der Anlagenintensität in Prozentpunkten nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 15: Branchen- und indexspezifische Übersicht über die Veränderungen der Anlagenintensität nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 16: Veränderung der Eigenkapitalquote in Prozentpunkten bei DAX- und MDAX-Unternehmen nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 17: DAX-Unternehmen mit der größten Veränderung der Eigenkapitalquote in Prozentpunkten nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 18: MDAX-Unternehmen mit der größten Veränderung der Eigenkapitalquote in Prozentpunkten nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 19: Branchen- und indexspezifische Übersicht über die Veränderungen der Eigenkapitalquote nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 20: Veränderung des Verschuldungsgrads in Punkten bei DAX- und MDAX-Unternehmen nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 21: DAX-Unternehmen mit der größten Veränderung des Verschuldungsgrads in Punkten nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 22: MDAX-Unternehmen mit der größten Veränderung des Verschuldungsgrads in Punkten nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 23: Branchen- und indexspezifische Übersicht über die Veränderungen des Verschuldungsgrads nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 24: Veränderung der Gesamtkapitalrendite in Prozentpunkten bei DAX- und MDAX-Unternehmen nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 25: DAX-Unternehmen mit der größten Veränderung der Gesamtkapitalrendite in Prozentpunkten nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 26: MDAX-Unternehmen mit der größten Veränderung der Gesamtkapitalrendite in Prozentpunkten nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 27: Branchen- und indexspezifische Übersicht über die Veränderungen der Gesamtkapitalrendite nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 28: Veränderung der Eigenkapitalrendite in Prozentpunkten bei DAX- und MDAX-Unternehmen nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 29: DAX-Unternehmen mit der größten Veränderung der Eigenkapitalrendite in Prozentpunkten nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 30: MDAX-Unternehmen mit der größten Veränderung der Eigenkapitalrendite in Prozentpunkten nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

Tabelle 31: Branchen- und indexspezifische Übersicht über die Veränderungen der Eigenkapitalrendite nach Simulation der Anwendung von IFRS 16

IV Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„ The vast majority of lease contracts are not recorded on the balance sheet, even though they usually contain a heavy element of financing. “ (Hoogervorst 2012, S. 5)

Als zentrales Charakteristikum von Leasing wird eine Trennung von Eigentum und Nutzung identi-fiziert, wobei der Leasinggeber rechtlicher Eigentümer des Leasinggegenstands bleibt. Der Lea-singnehmer wird lediglich Besitzer, wobei er das Leasingobjekt umfassend wirtschaftlich nutzen darf. Oftmals ist dabei eine ergänzende Vereinbarung einer Kaufoption nach Ablauf der Grund-mietzeit oder zur Verlängerung des Leasingvertrags nicht nur möglich, sondern gängige Praxis (vgl. Wobbe 2008, S. 103-104). Dabei eröffnete die Tendenz der letzten Jahre – dass es zum Outsourcing von Aufgaben kommt, die außerhalb der Kernkompetenz eines Unternehmens lie-gen – neue Geschäftsfelder für die Leasingbranche. Periphere Arbeiten, die mit der Nutzung des Leasinggegenstands verbunden sind, wie bspw. Wartung, Reparatur und Versicherung, lassen sich zu einem umfangreichen Leistungspakt zusammenführen. Die zunehmende Bedeutung supp-lementärer Dienstleistungen ist im Allgemeinen mit einem Vertragstyp verbunden, der speziell in Großbritannien und den USA vorherrschend ist: dem Operating-Leasing. Dabei wird die Amortisa-tionsverpflichtung für den Leasingnehmer ausgeschlossen, sodass diese Vertragsart demzufolge einem der wesentlichen Postulate für die bilanzneutrale Behandlung eines Leasingverhältnisses gemäß den International Financial Reporting Standards (IFRS) entspricht (vgl. Kratzer/Kreuzmair 2002, S. 17). Die Beliebtheit von Operating-Leasingverhältnissen führt zu dem zu Beginn des Ab-schnitts im Zitat von Hoogervorst, seines Zeichens Vorsitzender des International Accounting Standards Board (IASB), erläuterten Phänomen, wonach die Mehrheit von Leasingverträgen nicht in der Bilanz abgebildet wird, obwohl sie regelmäßig eine wesentliche Finanzierungskomponente beinhaltet.

1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

Bereits vor der Äußerung von Hoogervorst wurde die Problematik um nicht bilanziell erfasste Lea-singverhältnisse thematisiert. So wird Leasing vor allem in der Luftfahrtindustrie als gängiges Fi-nanzierungsinstrument eingesetzt (vgl. Achleitner et al. 2011, S. 183). In diesem Zusammenhang war es das Bestreben des ehemaligen IASB-Vorsitzenden Sir David Tweedie, vor seinem Tod einmal in einem Flugzeug zu fliegen, das bei der Fluggesellschafft entsprechend bilanziert ist. Er ging davon aus, dass der überwiegende Teil von Flugzeugen geleast und von den Unternehmen als Operating-Leasing klassifiziert wird, was mit hohen außerbilanziellen Verpflichtungen einher-geht (vgl. Tweedie 2008, S. 5-6). Darüber hinaus wurden die unter den aktuellen Regelungen nach IAS 17 in Hinblick auf die Einstufung von Leasingverhältnissen bestehenden Regelungslü-cken bzw. -unschärfen kritisiert, weil dadurch bilanzpolitische Spielräume geschaffen werden, die Unternehmen der Sachverhaltsgestaltung dienen. Entsprechend ist es aktuell möglich, Leasingver-träge so auszugestalten, dass eine bilanzielle Erfassung des Leasingobjekts vermieden werden kann. Die so entstehenden de-facto-Wahlrechte sind in der Praxis mit einer Erschwernis von quali-fizierten Analysen der Abschlüsse verbunden und führen zu einer eingeschränkten unternehmens-übergreifenden Vergleichbarkeit. Das IASB reagierte auf die Kritik an den aktuellen Vorgaben zur Leasingbilanzierung mit der Entwicklung des neuen Bilanzierungsstandards IFRS 16, der am 13. Januar 2016 als Ergebnis langjähriger internationaler Harmonisierungsbestrebungen des IASB sowie des Financial Accounting Standards Board1 (FASB) veröffentlicht wurde. Durch Verabschie-dung eines Nutzungsrechtmodells sollen künftig grundsätzlich alle identifizierten Leasinggegen-stände durch Aktivierung eines Nutzungsrechts und durch Passivierung einer Leasingverbindlich-keit bilanzwirksam erfasst werden (vgl. Pilhofer et al. 2017, S. 370). Die Wunschäußerung von Sir David Tweedie, die bereits mehr als zehn Jahre zurückliegt, gilt dabei häufig als Ausgangspunkt für diese Reformierung der Leasingbilanzierung (vgl. Eckl et al. 2016a, S. 661).

Durch Sachverhaltsgestaltung der Verträge, um Operating-Leasingverhältnisse zu erhalten, kön-nen der Leasinggegenstand genutzt und die dabei normalerweise mit einer Fremdfinanzierung einhergehenden bilanziellen Konsequenzen vermieden werden (vgl. Fülbier/Pferdehirt 2005, S. 277). Durch die zunehmende Beliebtheit von Leasing in Deutschland (vgl. Eckl et al. 2016a, S. 661) ist entsprechend mit Auswirkungen aus der Umstellung auf IFRS 16 zu rechnen, wenn zukünftig die bisher außerhalb der Bilanz abgebildeten Leasingverträge Eingang in die Bilanz fin-den. Dabei ist die zentrale Forschungsfrage, welche Umstellungseffekte sich für deutsche börsen-notierte Unternehmen im Rahmen der Reform der Leasingbilanzierung durch IFRS 16 ergeben. Welche Auswirkungen hat die Änderung der Regelungen für die Leasingbilanzierung auf das Zah-lenwerk der untersuchten Unternehmen? Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Auswirkungen der Reform der Leasingbilanzierung zu analysieren und in Hinblick auf deutsche börsennotierte Unter-nehmen einzuschätzen. Dabei liegt der Fokus auf den Abschlüssen von Leasingnehmern, da sich für Leasinggeber vergleichsweise wenig ändert (vgl. Findeisen/Adolph 2016, S. 486). Entspre-chend werden die Leasinggeberperspektive ebenso wie die Sale-and-leaseback-Transaktionen in der Betrachtung ausgeklammert.

1.2 Methodik und Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Masterarbeit lässt sich in zwei grundlegende Abschnitte unterteilen. In der ersten Hälfte geht es um die konzeptionellen Grundlagen der Leasingbilanzierung nach IFRS, die anhand einer Literaturrecherche erläutert werden. So wird in Kapitel 2 der oftmals kritisierte bisher anzu-wendende Leasingstandard IAS 17 dargestellt. Dabei wird die Klassifizierung anhand des all-or-nothing-approachs ausführlich dargestellt, und die Kritikpunkte werden an dem Standard analy-siert. Kapitel 3 präsentiert anschließend die neuen Bilanzierungsvorgaben nach IFRS 16. Im Zuge dessen wird der neue Ansatz, der auf der Bilanzierung von Nutzungsrechten basiert, vorgestellt. Dabei fußt dieses Kapitel überwiegend auf Quellen aus Zeitschriften, weil in den vergangenen Jah- ren in diesem Medium verstärkt Literatur zu dieser Thematik veröffentlicht wurde. Im Vergleich zu IAS 17 hat IFRS 16 noch nicht in allen einschlägigen Bilanzkommentaren Berücksichtigung gefun-den.

In der zweiten Hälfte der Arbeit wird die Situation in der Praxis durch eine empirische Analyse der Auswirkungen der Bilanzierungsreform auf ausgewählte DAX- und MDAX-Unternehmen unter Be-rücksichtigung der in den jeweiligen Geschäftsberichten veröffentlichten Informationen dargestellt. Die Untersuchung basiert auf einer Szenariorechnung, die auf der Methode der konstruktiven Kapi-talisierung beruht. Durch diese Simulation wird das Zahlenwerk der untersuchten Unternehmen so adjustiert, dass Operating-Leasingverhältnisse bilanzwirksam erfasst werden. Dabei wird in Kapi-tel 4 zunächst auf den bisherigen Forschungsstand eingegangen, um dann das methodische Vor-gehen in der vorliegenden Untersuchung zu beschreiben, um anschließend die Ergebnisse zu dis-kutieren. In diesem Kapitel werden die Forschungsfragen und Hypothesen präzisiert. Nach der Vorstellung der Forschungsergebnisse gibt es in Kapitel 5 im Rahmen einer Schlussbetrachtung eine Reflexion über die gewonnenen Erkenntnisse sowie einen kurzen Ausblick.

2 Bisherige Bilanzierung von Leasingverh ä ltnissen nach IAS 17

Im Vergleich zum deutschen Handelsrecht, das keine expliziten Vorschriften für die Bilanzierung von Leasingverhältnissen beinhaltet2 (vgl. Hayn/Waldersee 2008, S. 132), gibt es für Unterneh-men, die nach IFRS bilanzieren, hierzu konkrete Vorgaben durch die Regelungen in IAS 17. Dieser aus diversen Gründen kritisierte Standard (vgl. Pilhofer et al. 2017, S 369–370) verliert seine Gül-tigkeit für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2019 beginnen (vgl. IFRS 16.C1 i. V. m. IFRS 16.C21 sowie Pellens et al. 2017, S. 758). Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit den Altregelungen nach IAS 17. Dabei werden zunächst die Grundlagen der bisherigen Leasingbilanzierung vermittelt, um anschließend die Einstufung von Leasingverhältnissen zu erläu-tern und die damit verbundenen Schwächen des Standards hervorzuheben. Aufbauend auf der Klassifizierung werden die damit verbundenen Konsequenzen für die bilanzielle Behandlung auf-gezeigt, um anschließend die Anhangangaben darzustellen. Das Kapitel schließt mit einer kriti-schen Würdigung, in der die Schwachstellen der bisherigen Leasingbilanzierung zusammenge-fasst werden, die verdeutlichen soll, weshalb IAS 17 durch einen neuen Standard abgelöst wird.

2.1 Grundlagen

Im Folgenden soll ein grundlegendes Verständnis für Leasingbilanzierung de lege lata geschaffen werden. Dabei werden Entwicklung und Aufbau des bisherigen Standards dargestellt, der seinen Ursprung noch im vergangenen Jahrtausend hat (vgl. Pilz 2003, S. 267), um dann die dem IAS 17 zugrunde liegende Definition von Leasingverhältnissen kurz zu erläutern. Abschließend werden Zielsetzung und Anwendungsbereich des Standards konkretisiert.

2.1.1 Entwicklung und Aufbau des Standards

Über drei Jahrzehnte regelte IAS 17 „Leases“ die bisherige Leasingbilanzierung nach IFRS (vgl. Ernst & Young 2017, S. 1583). Der Standard wurde durch die angloamerikanische Rechnungsle-gung beeinflusst und basiert auf SFAS 133 (vgl. Tonner 2014, S. 156). Im Laufe der Zeit erfuhr die Ursprungsfassung aus dem Jahr 1982 eine Reihe von Überarbeitungen4 (vgl. Küting et al. 2006, S. 650 Fußnote 21) und wurde durch drei einzelfallspezifische Interpretationen (vgl. Pellens et al. 2017, S. 758) ergänzt: SIC-15 „Operating lease incentives“, SIC-27 „Evaluating the substance of transactions involving the legal form of a lease“ und IFRIC 4 „Determining whether an arrangement contains a lease“ (vgl. PwC 2009, Lease accounting Rn 19.2). Diverse Kritikpunkte an den bisheri-gen Vorschriften, die in den folgenden Ausführungen herausgearbeitet werden, führten 2006 zur gemeinsamen Initiierung eines Reformprojekts der Leasingbilanzierung durch das IASB und das FASB. Als Ergebnis hieraus werden IAS 17 und die ergänzenden Interpretationen für Unterneh men, die die IFRS anwenden, durch den neuen Standard IFRS 16 abgelöst (vgl. IFRS 16.C21 so-wie Pellens et al. 2017, S. 758).

Die verschiedenen IAS/IFRS folgen grundsätzlich einer bestimmten Struktur: IAS 17 hält den übli-chen Aufbau ein und beinhaltet zu Beginn neben der Zielsetzung den Anwendungsbereich und substanzielle Begriffsdefinitionen. Darauf folgen die Vorgaben zur homogenen Behandlung von Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisfragen, Angabepflichten und der Zeitpunkt des Inkrafttretens (vgl. Inhalte IAS 17 i. V. m. Lüdenbach 2013, S. 46). Die Regelungen für Leasingnehmer und Lea-singgeber werden dabei jeweils separat behandelt (vgl. IAS 17.20–35 sowie IAS 17.36–57). Sale-and-leaseback-Transaktionen werden ebenfalls gesondert erörtert (vgl. IAS 17.58–66). Abbildung 1 stellt diesen Aufbau von IAS 17 übersichtlich dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Aufbau des IAS 17 (eigene Darstellung in Anlehnung an Federmann/M ü ller 2011, S. 2795 )

2.1.2 Definition von Leasingverhältnissen

Ein Leasingverhältnis wird gem. IAS 17 als Vereinbarung definiert, bei der ein Leasinggeber einem Leasingnehmer gegen eine Zahlung oder eine Reihe von Zahlungen das Recht auf Nutzung eines Vermögenswerts für eine vereinbarte Periode überträgt (vgl. IAS 17.4), wobei Leasinggegenstände sowohl materieller als auch immaterieller6 Natur sein können (vgl. Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1606).

Spezifisch für diese Art von Vereinbarungen ist ein mögliches Auseinanderfallen von rechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum an einem Vermögenswert: Rechtliches Eigentum liegt üblicher-weise beim Leasinggeber; problematisch, aber für die Behandlung und Bilanzierung von Leasing-verhältnissen substanziell, ist die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums7 (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 1). Der wirtschaftliche Gehalt einer Vereinbarung bestimmt sich anhand der Risi-ken und Chancen, die mit dem Leasinggegenstand übertragen werden. Man spricht in diesem Zu-sammenhang auch vom risk-and-reward-approach (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 3; Ballwieser 2013, S. 58). Auf diese Thematik wird in Abschnitt 2.2, wenn es um die Einstufung von Leasingverhält-nissen geht, näher eingegangen werden.

2.1.3 Zielsetzung und Anwendungsbereich des Standards

IAS 17 zielt darauf ab, Leasingnehmern und Leasinggebern sachgerechte Vorgaben in Hinsicht auf Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie Angabepflichten zu machen, die im Zusam-menhang mit Leasingverhältnissen eingehalten werden müssen (vgl. IAS 17.1). Dabei ist der An-wendungsbereich des Standards weit gefasst (vgl. Mölls 2009, S. 242) und grundsätzlich auf die Bilanzierung aller Leasingverhältnisse anzuwenden (vgl. IAS 17.2). Ausweitungen und Einschrän-kungen des Anwendungsbereichs von IAS 17 werden im folgenden Absatz erläutert.

Die in Abschnitt 2.1.2 erläuterte Definition von Leasingverhältnissen bezieht sich nur auf direkte Nutzungsüberlassungen (vgl. Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1607). Diese Art von Konstella-tionen fallen demzufolge unmittelbar in den Anwendungsbereich von IAS 17 (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 9). In der Praxis gibt es überdies Vertragskonstellationen, die nach wirtschaftlichen Maß-stäben als Gewährung eines indirekten Nutzungsrechts zu betrachten sind (vgl. Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1607).

Im vorherigen Punkt wurde bereits angemerkt, dass die Bestimmung des wirtschaftlichen Eigen-tums essenziell ist. Bei der Analyse, ob eine Vereinbarung ein Leasingverhältnis beinhaltet oder nicht, ist entsprechend die wirtschaftliche Gesamtbetrachtung maßgeblich (vgl. Pferdehirt 2007, S. 85), sodass der Standard für solche Fälle indirekter Nutzungsüberlassung8 (sog. verdeckte Lea-singverhältnisse bzw. indirekte Leasingverhältnisse) entsprechend mittelbar heranzuziehen ist. Dabei ist auf die Vorgaben von IFRIC 49 abzustellen, ob sich diese Art von Verträgen als Leasing qualifizieren10 (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 1; Morfeld 2016, § 22 Rn 9; Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1607). Im Gegensatz zu der beschriebenen Ausdehnung des Anwendungsbe-reichs von IAS 17 durch IFRIC 4 (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 1) sind entsprechende Ein-schränkungen ebenfalls zwingend zu beachten (vgl. Focken/Hansmann 2011, IAS 17 Rn 6). Um-gekehrt existieren Transaktionen, die zwar rechtlich die Form eines Leasingverhältnisses aufwei-sen, denen es bilanzrechtlich allerdings an der wirtschaftlichen Substanz eines Leasingvertrags mangelt. Hier muss SIC-2711 zur Prüfung herangezogen werden (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 1; PwC 2009, Lease accounting Rn 19.2). Weiterhin ausgeschlossen vom Anwendungsbereich des IAS 17 sind Dienstleistungsverträge, die kein Nutzungsrecht an Vermögenswerten von einem Vertragspartner auf einen anderen transferieren (vgl. IAS 17.3), Vermögenswerte aus einem Fi-nanzierungsleasing, die gem. IFRS 5 als zur Veräußerung gehalten klassifiziert werden (vgl. IAS 17.41A), und die in IAS 17.212 aufgeführten Tatbestände.

2.2 Einstufung von Leasingverhältnissen

Führt die Prüfung einer Vereinbarung zur Identifizierung eines Leasingverhältnisses,13 muss im zweiten Schritt zu Beginn des Leasingverhältnisses14 eine entsprechende Klassifizierung nach IAS 17.7 ff. vorgenommen werden (vgl. IAS 17.13 i. V. m. Tesche 2014, S. 136; Pferdehirt 2007, S. 88). Dabei werden zwei Arten von Leasingverhältnissen unterschieden (vgl. IAS 17.8):

- Finanzierungsleasingverhältnisse15 (finance lease)
- Operating-Leasingverhältnisse (operative lease)16.

Relevant für die Klassifizierung eines Leasingobjekts ist die Verteilung der Risiken und Chancen. Es wird dabei auf den risk-and-reward-approach abgestellt (vgl. Lüdenbach/Freiberg 2006, S. 259), der in Abschnitt 2.1.2 bereits erwähnt wurde und auf den nun ausführlich eingegangen wird. Werden im Wesentlichen alle Risiken und Chancen, die mit dem Eigentum des Leasingob­jekts verbunden sind, übertragen, liegt ein Finanzierungsleasingverhältnis vor - andernfalls handelt es sich um ein Operating-Leasingverhältnis (vgl. IAS 17.8 i. V. m. IAS 17.4). Dieses Prinzip der wirtschaftlichen Betrachtungsweise17 ist die bedeutsamste Vorgabe für die Bilanzierung von Lea-singverhältnissen (vgl. Freidank/Velte 2013, S. 592), wobei es im Einzelfall komplex sein kann, den wirtschaftlichen Eigentümer zweifelsfrei zu identifizieren (vgl. Pellens et al. 2017, S. 759). Nach diesem Konzept muss das Leasingverhältnis in seiner Gesamtheit und nicht auf Grundlage einzel-ner vertraglicher Absprachen analysiert werden (vgl. Pellens et al. 2017, S. 762). Nicht die forma-len Merkmale eines Vertrags, sondern dessen wirtschaftlicher Charakter, der durch eine Chancen-Risiko-Abwägung zu identifizieren ist, zählt (vgl. IAS 17.10 i. V. m. Petersen et al. 2016, S. 392). Dabei werden Chancen als der erwartungsgemäß gewinnbringende Gebrauch im Geschäftspro-zess oder die Partizipation an Wertsteigerungen und Liquidationserlösen des Vermögenswerts verstanden. Zu den Risiken gehören Verlustmöglichkeiten durch ungenutzte Kapazitäten, techni-sche Veralterung oder die negative Abweichung geplanter Renditen durch geänderte ökonomische Rahmenbedingungen (vgl. IAS 17.7 sowie Winnefeld 2015, Kapitel D Rn 329). Was unter Risiken und Chancen zu verstehen ist, wird somit definiert. Allerdings bleibt offen, wann genau sie im Sin-ne der Definition von IAS 17.8 „im Wesentlichen“ als transferiert gelten. IAS 17 liefert diesbezüglich keine weiteren Ausführungen, sodass ein unbestimmter Rechtsbegriff vorliegt, der einen Ermes-sensspielraum hinsichtlich der Klassifizierung bietet (vgl. Bieg et al. 2009, S. 298). Die Einstufung ist essenziell, denn die spätere bilanzielle Behandlung ist an diese geknüpft (vgl. Baetge et al. 2017, S. 667). Im Folgenden wird deshalb in Abschnitt 2.2 konkretisiert, wie anhand des wirtschaft-lichen Gehalts von Vereinbarungen unter Einbeziehung der Übertragung von Risiken und Chancen die jeweilige Klassifizierung vorgenommen werden kann (vgl. Beine/Nardmann 2011, Leasingver-hältnisse Rn 19). Dabei liegt der Fokus auf Finanzierungsleasing, da Operating-Leasing durch eine Negativabgrenzung hierzu definiert wird (vgl. IAS 17.4 sowie Pferdehirt 2007, S. 88).

2.2.1 Finanzierungsleasingverhältnisse

In Anbetracht der unermesslichen Gestaltungsvielfalt von Leasingvereinbarungen in der Praxis kann die Einstufung von Leasingverhältnissen im Einzelfall komplex sein (vgl. Pellens et al. 2017, S. 760). Um die Abgrenzung zwischen den zwei Arten von Leasingverhältnissen anhand des wirt-schaftlichen Eigentums einfacher zu gestalten und um die unspezifische Definition von Finanzie-rungsleasing zu veranschaulichen, werden im Rahmen des IAS 17 diverse Beurteilungshilfen zur Verfügung gestellt (vgl. Bieg et al. 2009, S. 300 i. V. m. Kümpel/Becker 2006, S. 18). Das allge-meine Chancen-Risiken-Kriterium wird dabei durch Beispiele in IAS 17.10 und Indikatoren in IAS 17.11 spezifiziert (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 46), die die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums indizieren (vgl. Winnefeld 2015, Kapitel D Rn 329).

Zunächst werden die fünf Beispiele für Situationen konkretisiert, die wegen der umfassenden Übertragung von Risiken und Chancen, individuell oder in Kombination, üblicherweise zur Einstu-fung als Finanzierungsleasingverhältnis führen (vgl. IAS 17.10 i. V. m. Engel-Ciric 2009, § 5 Rn 596). Sie werden auch als primäre Indikatoren bezeichnet (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 47) und ihnen ist gemeinsam, dass sie Sachverhalte erläutern, die der Finanzierung des Kaufgegenstands entsprechen (vgl. Focken/Hansmann 2011, Leases Rn 49):

- Eigentumsübergang - IAS 17.10 (a): Das zivilrechtliche Eigentum wird am Ende der Laufzeit auf den Leasingnehmer übertragen (vgl. Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1624). Der Ei­gentumsübergang muss dabei automatisch erfolgen (vgl. Winnefeld 2015, Kapitel D Rn 329) und darf nicht unter dem Vorbehalt einer aufschiebenden Bedingung stehen (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 49). Dadurch trägt der Leasingnehmer alle mit dem Leasinggenstand einherge-henden Risiken und Chancen (vgl. Pellens et al. 2017, S. 760) und ist wirtschaftlicher Eigen-tümer (vgl. Bieg et al. 2009, S. 303; Findeisen 2008, § 71 Rn 67). Der Leasinggeber hingegen verliert jegliche Einflussmöglichkeit auf Ertrag und Substanz des Leasingobjekts (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 50). Die Übertragung kann entgeltlich oder unentgeltlich geschehen. In der Praxis ist dieses Kriterium unkompliziert, um geprüft zu werden (vgl. Engel-Ciric 2009, § 5 Rn 600).
- Günstige Kaufoption - IAS 17.10 (b): Eine günstige Kaufoption wird angenommen, wenn die Ausübung des Optionsrechts bereits bei Vertragsbeginn hinreichend sicher ist. Dies ist der Fall, wenn der Ausübungspreis deutlich niedriger als der erwartete beizulegende Zeitwert18 des Leasingobjekts zum Ausübungszeitpunkt ist (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 30; Mellwig/Sabel 2008, IAS 17 Rn 57). Darüber hinaus ist zu prüfen, ob es für den Leasingneh­mer weitere Zwänge gibt, die zur Ausübung einer solchen Option führen, auch wenn der Aus­übungspreis dem beizulegenden Zeitwert entspricht oder darüber liegt (vgl. PwC 2009, Lease accounting Rn 19.51). Die Günstigkeit der Kaufoption kann sich bspw. auch in Fällen ergeben, in denen die Opportunitätskosten einer andernfalls notwendigen Ersatzteilbeschaffung wert-mäßig so hoch sind, dass entsprechend von einer Ausübung der Option durch den Leasing­nehmer mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann (vgl. Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1626) oder in Fällen, bei denen die Leasingobjekte für die Fortführung eines Ge-schäftsbereichs notwendig sind (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 53). Es geht um Situationen, in denen alles, abgesehen von der Optionsausübung, wirtschaftlich nicht vernünftig wäre (vgl.

Focken/Hansmann 2011, Leases Rn 51) und sich entsprechend ein wirtschaftlicher Aus-übungszwang ergibt19 (vgl. Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1625). Die Ausübung der Kaufoption und die damit einhergehende Übertragung von Risiken und Chancen sind bei sol-chen Konstellationen wahrscheinlich, sodass solche Leasingverträge beim Leasingnehmer als Finanzierungsleasing einzustufen sind (vgl. Findeisen 2008, § 71 Rn 71).

Das Kriterium der günstigen Kaufoption bietet für die Bilanzierenden signifikante Ermessens-und Auslegungsspielräume. Fraglich ist, was unter einem deutlich niedrigeren Ausübungspreis zu verstehen ist. Ein Grenzpreis, bei dessen Überschreiten die Ausübung der Option unwahr-scheinlich wird, existiert nicht20 (vgl. vgl. Mellwig/Sabel 2008, IAS 17 Rn 59). Mit Problemen behaftet ist außerdem die Einschätzung bei Vertragsabschluss, ob die Kaufoption günstig ist, sodass von einer Ausübung ausgegangen werden kann (vgl. Bieg et al. 2009, S. 303). Diese ex-ante-Analyse für die Beurteilung der Optionsausübung erfordert einen erheblichen Anteil an Schätzungen durch den Bilanzierenden (vgl. Vater 2002, S. 2095). Zusätzlich ist die Bestim-mung des künftigen beizulegenden Zeitwerts des Leasingobjekts in der Praxis nicht eindeutig geklärt und mit diversen Diskussionen verbunden (vgl. Findeisen 2008, § 71 Rn 68). Vor allem bei langfristigen Vertragslaufzeiten kann sich hieraus eine erhebliche Komplexität ergeben (vgl. Engel-Ciric 2009, § 5 Rn 602). Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass es für das Vorliegen einer günstigen Kaufoption an eindeutig definierten Vorgaben mangelt, was zu er­heblichen Auslegungsfragen führt, sodass die Beurteilung daher weitestgehend im Ermessen des Bilanzierenden liegt (vgl. Vater 2002, S. 2095), was zusammengenommen einer exakten Klassifizierung des Leasinggegenstands entgegensteht (vgl. Buchholz 2017, S. 55).

- Mietzeit - IAS 17.10 (c): Ein Vertrag klassifiziert sich als Finanzierungsleasing, wenn die Lauf-zeit des zugrunde liegenden Leasingvertrags dem überwiegenden Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Leasinggegenstands entspricht. Ein späterer Übergang des Eigentums-rechts ist nicht von Bedeutung. Der Mietzeittest basiert auf der Sichtweise, dass Vermögens-werte üblicherweise über eine endliche Zeitspanne - der wirtschaftlichen Nutzungsdauer - ei­nen ökonomischen Nutzen stiften. Sichert sich ein Leasingnehmer diese Vorzüge des Lea­singobjekts über einen so langen Zeitraum, dass das mit dem Vermögenswert verknüpfte Nut- zenpotenzial mehrheitlich verbraucht wurde, bestehen für den Leasinggeber bei Rückgabe des Leasinggegenstands regelmäßig keine nennenswerten Risiken und Chancen mehr. Der Vermögenswert ist zu diesem Zeitpunkt annähernd wertlos. Das Verhältnis von Vertragslauf-zeit zur wirtschaftlichen Nutzungsdauer ist der Indikator für das Ausmaß, in dem der Leasing-nehmer das Nutzenpotenzial am Leasinggegenstand für sich beansprucht (vgl. Küm-pel/Becker 2006, S. 32-33).

Die unbestimmten Rechtsbegriffe in diesem Kriterium ermöglichen dem Bilanzierenden an dieser Stelle weitere Auslegungs- und Beurteilungsspielräume (vgl. Findeisen 2008, Rn 73). So wird bspw. beim Mietzeittest auf eine konkrete quantitative Vorgabe in Hinblick darauf, was unter dem Wortlaut „überwiegend“ zu verstehen ist, verzichtet (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 37). Dem Bilanzierenden wird lediglich eine qualitative Zeitschranke vorgegeben (vgl. Mellwig 1998, S. 5). In der Literatur gibt es entsprechende Diskussionen zu dieser Problema-tik, so werden Schwellenwerte von mehr als 50 %21 über 75 %22 bis zu fast 100 %23 erörtert24 (vgl. Findeisen 2008, § 71 Rn 76; Vater 2002, S. 2095-2096). Für die Praxis wird eine Band-breite von 75 %25 bis 90 % empfohlen (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 38; Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1627), wobei eine ganzheitliche Betrachtung aller relevanten Faktoren immer notwendig und entsprechend auch bei einem Unterschreiten der 75 %-Grenze eine Klassifizierung als Fi-nanzierungsleasing denkbar ist (vgl. KPMG 2014, Leases Rn 5.1.150.20). Die Vorgabe einer konkreten Wertgrenze würde den Ermessensspielraum an dieser Stelle nicht vollständig be-seitigen, weil die Bestimmung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Leasingobjektes wei-terhin Ermessensspielraum ermöglicht (vgl. Mellwig/Sabel 2008, IAS 17 Rn 67) und auch die Bestimmung der Laufzeit des Leasingverhältnisses26 durch fehlende Konkretisierung im Stan­dard geprägt ist (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 42-48).

- Barwert - IAS 17.10 (d): Beim Barwerttest wird der Barwert der Mindestleasingzahlungen zu Beginn des Leasingverhältnisses in Relation zum beizulegenden Zeitwert des Leasinggegen- stands gesetzt, wobei es zu einer Einstufung als Finanzierungsleasing kommt, wenn der Bar-wert im Wesentlichen dem Zeitwert gleichkommt (vgl. Engel-Ciric 2009, § 5 Rn 608) oder über ihn hinausgeht (vgl. Findeisen 1997, S. 842). Dabei wird geprüft, inwieweit das mit dem Lea-singobjekt verknüpfte Investitionsrisiko auf den Leasingnehmer übertragen wird. Bei Überein-stimmung von beizulegendem Zeitwert und dem Barwert zukünftiger Zahlungen wurde das In-vestitionsrisiko vollumfänglich vom Leasinggeber auf den Leasingnehmer übertragen, und bei ihm verbleibt ausschließlich das Bonitätsrisiko (vgl. Esser 2005, S. 432).

Abgesehen von der Referenzgröße für das Verhältnis zwischen beizulegendem Zeitwert und Barwert sind vor allem die Mindestleasingzahlungen, der beizulegende Zeitwert und der an-zuwendende Diskontierungszinssatz von Relevanz für den Barwerttest (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 48). Die Mindestleasingzahlungen sind für Leasinggeber und -nehmer abwei-chend voneinander definiert. Für den Leasingnehmer beinhalten sie sämtliche Zahlungen, die der Leasinggeber vom Leasingnehmer oder einer mit diesem verbundenen Partei einfordern kann. Sonderzahlungen, Vertragsstrafen, garantierte Restwerte sowie der Barwert einer güns-tigen Kaufoption27 sind ebenfalls Bestandteil davon (vgl. Engel-Ciric 2009, § 5 Rn 610). Keinen Bestandteil der Mindestleasingzahlungen bilden bedingte Leasingraten, die in Relation von Umsatz, Nutzungsintensität oder Zinssätzen festgelegt werden (vgl. IAS 17.4 sowie Alvarez et al. 2001, S. 938). Dies eröffnet einen großen Spielraum für die Bilanzierenden, weil es durch-aus umsetzbar ist, im Grunde sichere Zahlungen als bedingt zu konzipieren und dadurch bi-lanzielle Gestaltungsspielräume in Anspruch zu nehmen (vgl. Vater 2002, S. 2096). Die Min-destleasingzahlungen müssen mit dem internen Zinsfuß des Leasinggebers diskontiert wer-den, sofern dieser bekannt ist (vgl. Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1630). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass dieser Zinssatz dem Leasingnehmer in der Praxis nicht zur Ver-fügung steht,28 sodass der sog. Grenzfremdkapitalzins heranzuziehen ist (vgl. Vater 2002, S. 2096). Dies ist der Zinssatz für eine vergleichbare Leasingvereinbarung. Ist dieser ebenfalls unbekannt, ist der Zinssatz anzuwenden, der bei einem unterstellten Kauf für eine Refinanzie-rung des Leasingobjekts über eine vergleichbare Laufzeit ermittelt worden wäre29 (vgl. Engel-Ciric 2009, § 5 Rn 611; Findeisen 1997, S. 842). Hierbei ist es denkbar, mit Durchschnittsan-gaben zu arbeiten. Entsprechend ergeben sich in Hinblick auf den Diskontierungsfaktor nicht unwesentliche Ermessensspielräume. Dass bereits kleinste Änderungen beim Abzinsungssatz zu großen Auswirkungen führen, ist im Allgemeinen bekannt (vgl. Vater 2002, S. 2096). An- schließend ist der beizulegende Zeitwert30 zu ermitteln, um diesen mit dem Barwert der Min-destleasingzahlungen zu vergleichen und zu prüfen, ob sich diese im Wesentlichen entspre-chen. Analog zum Mietzeittest ist es denkbar, sich aufgrund fehlender konkreter Vorgaben für den Begriff „im Wesentlichen“ an den Vorschriften des US-GAAP anzulehnen.31 Demnach wä-re der Barwerttest dann erfüllt, wenn der Barwert der Mindestleasingzahlungen mindestens 90 % des beizulegenden Zeitwertes des Leasingobjekts zu Beginn des Leasingverhältnisses entspricht (vgl. Engel-Ciric 2009, Rn 612–614). Wie beim Mietzeittest darf auch hier der ge-samte wirtschaftliche Gehalt der Leasingvereinbarung nicht vernachlässigt werden. Unter Um-ständen ist demzufolge ein Unterschreiten der 90 %-Grenze für eine Einstufung als Finanzie-rungsleasing nicht schädlich (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 48; Morfeld 2016, § 22 Rn 73; KPMG 2014, Leases Rn 5.1.160.20). Davon abweichend gibt es in der Literatur Stim-men, die einen Mindestwert von 95 % oder sogar 99 % des beizulegenden Zeitwerts fordern32 (vgl. Beine/Nardmann 2011, Leasingverhältnisse Rn 23; Engel-Ciric 2009, Rn 614; Epstein/Mirza 2005, S. 434; Findeisen 1997, S. 842), wobei jede konkrete Präzisierung in der Literatur nur als Willkür betrachtet werden kann (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 48). Die Einordnung nach den Kriterien für den Barwerttest sollte, wie der Mietzeittest, auf das Ge-samtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse abstellen (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 48; Beine/Nardmann 2011, Leasingverhältnisse Rn 23).

Grundsätzlich bleibt aus den vorherigen Ausführungen festzuhalten, dass es auch diesem Kri-terium an konkret quantifizierten Vorgaben fehlt (vgl. Vater 2002, S. 2096), das eine Reihe un-bestimmter Rechtsbegriffe Spielraum für Auslegung und Beurteilung schafft (vgl. Findeisen 2008, § 71 Rn 80). Mit Vorgabe einer konkreten Prozentzahl, wann sich die zwei für den Bar-werttest relevanten Faktoren im Wesentlichen entsprechen, wäre der Ermessensspielraum al-lerdings noch nicht vollständig beseitigt. Die Freiheitsgrade für den Bilanzierenden würden sich in die Barwertberechnung und die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts verlagern (vgl. Focken/Hansmann 2011, IAS 17 Rn 52). Abschließend ist noch zu erwähnen, dass das Krite-rium in der Literatur teilweise kritisch betrachtet wird und es allein als wenig geeignet einge-stuft wird, den wirtschaftlichen Eigentümer feststellen zu können (vgl. Bieg et al. 2009, S. 305; Findeisen 2008, § 71 Rn 78; Alvarez et al. 2001, S. 939; Küting et al. 1999, S. 42–43; Mell-wig/Weinstock 1996, S. 2352).

Spezialleasing – IAS 17.10 (e): Ein auf die individuellen Anforderungen des Leasingnehmers zugeschnittenes Leasingobjekt, das ohne wesentliche Anpassungen nur von diesem sinnvoll genutzt werden kann, deutet auf das Vorliegen eines Finanzierungsleasingverhältnisses hin.33 Für solche Fälle hat sich in Deutschland der Begriff Spezialleasing aus dem Bereich des Steuerrechts etabliert (vgl. Kümpel/Becker 2006, S. 64). Dabei liegen die wesentlichen Risiken und Chancen aus dem Leasingobjekt beim Leasingnehmer. Üblicherweise wird dieses Kriteri-um geprüft, indem untersucht wird, ob abweichende Einsatzmöglichkeiten in anderen Unter-nehmen der untersuchten Branche ohne essenzielle Anpassungen umsetzbar sind34 (vgl. Heyd/Nemet 2015, Kapitel B Rn 272). Es fehlt an einem quantitativen Abgrenzungsmaßstab, wann notwendige Veränderungen am Leasingobjekt als wesentlich zu klassifizieren sind, hier müssen wiederum die Gesamtverhältnisse analysiert werden. Dabei kann eine 10 %-Grenze in Bezug auf die ursprünglichen Anschaffungskosten und die Umbaukosten ein sachdienlicher Indikator sein. Umbaukosten würden entsprechend als wesentlich gelten, sobald sie über 10 % der originären Anschaffungskosten hinausgehen (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 81).

Die vorstehend erläuterten Kriterien stellen keine abschließende Aufzählung von Beispielen dar, die zu Finanzierungsleasing führen. Sie werden durch die Indikatoren in IAS 17.11 ergänzt (vgl. Winnefeld 2015, Kapitel D Rn 329; Kümpel/Becker 2006, S. 18), die auch als sekundäre Indikato­ren35 bezeichnet werden (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 82). Dabei werden Situationen konkretisiert, die für sich genommen oder i. V. m. anderen auch zu einem Finanzierungsleasing führen könn-ten36 (vgl. IAS 17.11):

- Verlustübernahme bei vorzeitiger Kündigung - IAS 17.11 (a): Verluste aus einer vertraglich er-laubten vorzeitigen Auflösung werden vom Leasingnehmer getragen.
- Gewinne oder Verluste aus Restwertschwankungen - IAS 17.11 (b): Gewinne oder Verluste, die aus Schwankungen des beizulegenden Zeitwerts aus dem Restwert resultieren, fallen dem Leasingnehmer zu.
- Günstige Vertragsverlängerungsoption - IAS 17.11 (c): Mietverlängerungen können zu Kondi-tionen verwirklicht werden, die wesentlich unter den marktüblichen Mieten liegen.

Die erläuterten Beispiele und Indikatoren sind lediglich Auslegungshilfen (vgl. Beine/Nardmann 2011, Leasingverhältnisse Rn 24), wobei festzuhalten ist, dass sie grundsätzlich zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums führen (vgl. Grünberger 2016, S. 60). Zu beachten ist, dass das Erfüllen eines der primären oder sekundären Indikatoren nicht zwingend zu einer Einstufung als Finanzierungsleasing führen muss. IAS 17.12 weist explizit darauf hin, dass die beschriebenen Kriterien nicht immer eine exakte Schlussfolgerung zulassen, sodass in diesen Fällen für die kor-rekte Zuordnung auf die Gesamtzustände des Leasingverhältnisses abzustellen ist. Letztlich ist -wie es in diesem Kapitel herausgearbeitet wurde - eine Zuordnung der Risiken und Chancen zum Leasingnehmer unter Berücksichtigung des Gesamtbilds unabdingbar und ausschlaggebend für die Einordnung als Finanzierungsleasing (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 83), weil die vorgestellten Orientierungshilfen in Form von primären und sekundären Indikatoren nicht so verbindlich sind, dass sie zu einer verpflichtenden Zurechnungsfolge führen könnten (vgl. Mellwig 1998, S. 8) und ein Automatismus der Klassifikation an dieser Stelle entsprechend verneint werden kann37 (vgl. Fuchs 1996, S. 1833; Mellwig/Sabel 2008; IAS 17 Rn 51). Zusammenfassend ist nochmals zu be-tonen, dass die Gesamtwürdigung des zugrunde liegenden Leasingvertrags unumgänglich bleibt (vgl. Mellwig/Sabel 2008, IAS 17 Rn 51) und beim Finanzierungsleasing das wirtschaftliche Eigen-tum auf den Leasingnehmer transferiert wird (vgl. Leibfried/Rogowski 2005, S. 552).

2.2.2 Operating-Leasingverhältnisse

Wie bereits zu Anfang des Abschnitts 2.2 kurz erwähnt, wird Operating-Leasing gem. einer Nega-tivabgrenzung zum Finanzierungsleasing definiert (vgl. IAS 17.4). Werden die unter Punkt 2.2.1 beschriebenen Kriterien nicht erfüllt, gehen die Risiken und Chancen aus dem Leasingobjekt nicht auf den Leasingnehmer über. Liegt zusätzlich auch nach einer Gesamtwürdigung kein Finanzie­rungsleasing vor, kommt es zu einer Einstufung als Operating-Leasing (vgl. Mölls 2009, S. 242-243; Mellwig/Sabel 2008, IAS 17 Rn 51). Demzufolge geht das wirtschaftliche Eigentum nicht auf den Leasingnehmer über, sondern verbleibt beim Leasinggeber38 (vgl. Leibfried/Rogowski 2005, S. 552).

2.3 Bilanzierung von Leasingverhältnissen aus der Leasingnehmerperspektive

Ausgehend von der Einstufung eines Leasingverhältnisses leiten sich die entsprechenden Regeln für die Leasingbilanzierung ab (vgl. Pellens et al. 2017, S. 762). Der Leasinggegenstand wird dem-jenigen zugeordnet, der in Übereinstimmung mit den Ausführungen in Abschnitt 2.2 als wirtschaft- licher Eigentümer identifiziert wird. (vgl. Leibfried/Rogowski 2005, S. 552). Dabei entfaltet der sog. all-or-nothing-approach seine Wirkung, wonach ein Leasingverhältnis entweder vollständig (all) in die Bilanz des Leasingnehmers aufgenommen wird (Finanzierungsleasing) oder genauso vollstän-dig aus ihr ausgeschlossen (nothing) wird (Operating-Leasing) (vgl. Fülbier/Pferdehirt 2005, S. 275). Abbildung 2 veranschaulicht die vorangegangenen Ausführungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: All-or-nothing-approach nach IAS 17 (eigene Darstellung in Anlehnung an F ü lbier/Pferdehirt 2005, S. 277)

2.3.1 Finanzierungsleasingverhältnisse

Beim Finanzierungsleasing erlangt der Leasingnehmer eine eigentümerähnliche Stellung (vgl. Böhm et al. 2001, S. 411) und wird, wie bereits in Abschnitt 2.2.1 herausgestellt, zum wirtschaftli-chen Eigentümer (vgl. auch Focken/Hansmann 2011, IAS 17 Rn 61). In diesem Zusammenhang entstehen bilanzielle Effekte wie bei einem fremdfinanzierten Kauf (vgl. Pellens et al. 2017, S. 757). Zu Beginn der Laufzeit hat er das Finanzierungsleasingverhältnis in der Bilanz als Vermö-genswert zu aktivieren und eine Schuld vom gleichen Wert zu passivieren39 (vgl. IAS 17.20), wodurch die Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs gewahrt bleibt (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 130). Die simultane Aktivierung und Passivierung trägt dem Gedanken Rechnung, dass bei einer Nichterfassung des Leasinggegenstands die wirtschaftlichen Ressourcen und Verpflichtun-gen nicht in adäquater Art und Weise dargestellt werden würden (vgl. Vater 2002, S. 2097). Der Wertansatz für die Zugangsbewertung richtet sich grundsätzlich nach dem beizulegenden Zeitwert des Leasinggegenstands. Sollte allerdings der Barwert der Mindestleasingzahlungen40 darunter liegen, ist dieser niedrigere Wert für die Zugangsbewertung heranzuziehen (vgl. IAS 17.20 sowie Engel-Ciric 2009, § 5 Rn 621).

Für die Folgebewertung sind Vermögensgegenstand und Schuld losgelöst voneinander41 (vgl. Pferdehirt 2007, S. 93) und der aktivierte Leasinggegenstand ist bilanziell analog zu den übrigen Vermögenswerten zu behandeln. Entsprechend sind planmäßige Abschreibungen zu erfassen. Dabei ist für die Berechnung der Abschreibungen für Sachanlagen IAS 16 sowie für immaterielle Vermögenswerte IAS 38 heranzuziehen. Gilt der Eigentumsübergang auf den Leasingnehmer am Ende der Laufzeit des Leasingverhältnisses als hinreichend sicher, ist die Abschreibung über den Zeitraum der erwarteten Nutzung vorzunehmen. Ist er hingegen nicht hinreichend sicher, ist der Leasinggegenstand über den kürzeren der beiden Zeiträume, Laufzeit des Leasingverhältnisses oder Nutzungsdauer, komplett abzuschreiben. Zusätzlich ist ein etwaiger Wertminderungsbedarf nach IAS 36 zu prüfen (vgl. IAS 17.27 i. V. m. IAS 17.28 sowie Morfeld 2016, § 22 Rn 132; Pawlzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1661; Bieg et al. 2009, S. 310).

Die Folgebewertung der Schuld kann mit der Rückzahlung eines Annuitätendarlehens verglichen werden (vgl. Pferdehirt 2007, S. 93). Die Leasingzahlungen sind in einen Zins- (Finanzierungskos-ten) und einen Tilgungsanteil aufzuspalten. Dabei sind die Finanzierungskosten so über die Lauf-zeit zu verteilen, dass im Zeitverlauf ein konstanter Zinssatz auf den verbleibenden Restbuchwert der Verbindlichkeit erhoben wird (vgl. IAS 17.25 sowie Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1662), sodass eine konstante Verzinsung der Verpflichtung entsteht (vgl. Focken/Hansmann 2011, IAS 17 Rn 63). Dabei können zu Vereinfachungszwecken Näherungsverfahren (vgl. IAS 17.26), wie bspw. die Zinsstaffelmethode, eingesetzt werden (vgl. Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1662). Analog zum normalen kreditfinanzierten Kauf tritt die Wirkung auf die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) erst in den Folgeperioden ein, wenn der aktivierte Leasinggegenstand abgeschrieben und die pas-sivierte Schuld verzinst und getilgt wird. Abschreibungen und Finanzierungskosten beeinflussen den Aufwand. Die Tilgung hingegen reduziert erfolgsneutral die Leasingverbindlichkeit (vgl. Pellens et al. 2017, S. 768).

2.3.2 Operating-Leasingverhältnisse

Beim Operating-Leasing geht das wirtschaftliche und zivilrechtliche Eigentum am Leasinggegen-stand nicht auf den Leasingnehmer über, sondern verbleibt beim Leasinggeber (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 115). Vom Leasingnehmer wird nur ein Nutzungsrecht erworben und entsprechend ist mit Operating-Leasingverhältnissen bilanziell wie mit Mietverhältnissen zu verfahren (vgl. Engel-Ciric 2009, § 5 Rn 630). Der all-or-nothing-approach offenbart sich dadurch, dass die Verbindlichkeit aus den bestehenden Zahlungsverpflichtungen und das Leasinggut an dieser Stelle keinen Eingang in die Bilanz finden (vgl. Fülbier/Pferdehirt 2005, S. 277), weshalb im Zusammenhang mit Operating-Leasing das Schlagwort off-balance-sheet42 Verwendung findet (vgl. Dinh et al. 2015, S. 281; Fülbier/Pferdehirt 2005, S. 275). Stattdessen sind die Leasingaufwendungen grundsätzlich linear über die Laufzeit des Leasingverhältnisses in der GuV als Aufwand zu erfassen, es sei denn, eine divergierende systematische Grundlage entspricht mehr dem zeitlichen Verlauf des Nutzens für den Leasingnehmer43 (vgl. IAS 17.33–34). Bei Aufgabe der tatsächlichen Nutzung innerhalb der unkündbaren Mietzeit muss eine Drohverlustrückstellung in Höhe des Barwerts der noch zu zah-lenden Mieten gebildet werden44 (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 153).

2.3.3 Vergleichende Betrachtung der bilanziellen Auswirkungen in Abhängigkeit der Einstufung von Leasingverhältnissen

Zur Verdeutlichung der Ausführungen aus Abschnitt 2.3.1 und 2.3.2 ist ein kurzer Vergleich der Auswirkungen auf Bilanz- und GuV-Positionen über die Laufzeit des Leasingverhältnisses in Ab-hängigkeit von der jeweiligen Einstufung beim Leasingnehmer sinnvoll. Diese vergleichende Be-trachtung der bilanziellen Auswirkungen erfolgt auf Grundlage eines fiktiven Beispiels45 (Beispiel und darauf aufbauende Ausführungen sind im überwiegenden Teil in Anlehnung an Pferdehirt 2007, S. 98–101. Zusätzliche Quellen werden entsprechend genannt):

Ein Leasingvertrag wird abgeschlossen und im Zuge dessen wird dem Leasingnehmer eine Ma-schine überlassen, die einen beizulegenden Zeitwert von 85.000 GE und eine Restnutzungsdauer von 17 Jahren hat. Die Grundmietzeit beträgt 15 Jahre. Die Leasingraten betragen 9.000 GE und sind nachschüssig zu entrichten. Sonderzahlungen gibt es nicht. Weitere Kosten aus dem Lea-singverhältnis fallen nicht an. Ohne Kenntnis über den Verkaufspreis am Ende der Grundmietzeit kann der Leasingnehmer nicht den dem Leasingverhältnis zugrunde liegenden Zinssatz kalkulie-ren. Deshalb ist der Grenzfremdkapitalzinssatz des Leasingnehmers heranzuziehen (vgl. Kirsch 2016a, S. 68), der 7 % p. a. beträgt. Der Leasingnehmer hat einen konstanten Nutzen aus dem Leasinggut über die Laufzeit des Leasingvertrags. Weil es um eine vergleichende Betrachtung geht, wird an dieser Stelle darauf verzichtet, das Prüfschema aus Anlage 2 für die Einstufung des Leasingverhältnisses im Detail durchzugehen. Stattdessen wird der Leasingvertrag nach einer Gesamtwürdigung einmal als Finanzierungsleasing und einmal als Operating-Leasing eingestuft, um die entsprechenden bilanziellen Auswirkungen vergleichen zu können.

Bei einer Einstufung als Operating-Leasing kommt es nicht zu einem Bilanzansatz. Die Leasing-zahlungen werden in jeder Periode als Aufwand erfasst, da unterstellt wird, dass dies dem tatsäch- lichen Verbrauch ökonomischer Ressourcen im vorliegenden Beispiel gerecht wird. Im Beispiel werden daher jährlich Leasingaufwendungen in Höhe von 9.000 GE erfasst, was zu einem Ge-samtaufwand von 135.000 GE in der Grundmietzeit führt.

Bei einer Einstufung als Finanzierungsleasing sind am Anfang der Wert des Vermögensgegen-stands und die Verbindlichkeit für den Leasingnehmer zu ermitteln. Dabei handelt es sich um den niedrigeren Betrag aus dem beizulegenden Zeitwert der Maschine (85.000 GE) und dem Barwert der Mindestleasingzahlungen46 (81.971 GE). Dementsprechend erfolgt der Bilanzansatz mit einem Wert von 81.971 GE. Die Folgebewertung erfolgt dabei für diese zwei Bilanzpositionen unter-schiedlich. Der Leasinggegenstand wird im vorliegenden Fall linear abgeschrieben. Die Verbind-lichkeit wird mit Hilfe der Effektivzinsmethode bewertet. Die grafische Entwicklung der beiden Bi-lanzpositionen über die Laufzeit des Leasingvertrags ist Abbildung 347 zu entnehmen. Eine aus-führliche Entwicklung der Wertansätze für das beispielhafte Finanzierungsleasing findet sich in Anlage 3.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Folgebewertung von Leasingobjekt und Leasingverbindlichkeit f ü r ein beispielhaftes

Finanzierungsleasing (eigene Darstellung in Anlehnung an Pferdehirt 2007, S. 99)

Die im Rahmen dieser Arbeit bereits diskutierten unterschiedlichen Entwicklungsverläufe der bei-den beim Finanzierungsleasing anzusetzenden Bilanzpositionen kann mit Hilfe der vorstehenden Abbildung entsprechend nachvollzogen werden. Der Wert des Vermögensgegenstands wird kon-stant durch die lineare Abschreibung gemindert, während sich die Verbindlichkeit hingegen nicht geradlinig verändert. Dies ergibt sich aus einer anfänglich hohen Zinsbelastung, die im Zeitverlauf kontinuierlich abnimmt, wohingegen die Tilgungsrate entsprechend gegenläufig permanent an-steigt.48 Wie bereits in Abschnitt 2.2.1 erwähnt, reduziert der Tilgungsanteil erfolgsneutral die Ver-bindlichkeit, wohingegen der Zinsanteil erfolgswirksam zu berücksichtigen ist (vgl. auch Ei-del/Strickmann 2007, S. 91). Im Gegensatz zum OperatingLeasing resultiert hieraus eine nicht konstante Aufwandsbelastung. Weil über die Laufzeit des Vertrags bei beiden Arten von Leasing-verhältnissen ein identischer Aufwand zu erfassen ist, werden bei Finanzierungsleasingverhält-nissen die Aufwendungen vorgezogen, und es fallen in der Anfangszeit bei einer Klassifizierung als Finanzierungsleasing mehr Aufwendungen als bei einer Einstufung als Operating-Leasing an. Eine solch degressive Aufwandsverteilung, wie sie auch beim Finanzierungsleasing vorliegt, wird als Front-Loading-Effekt bezeichnet (vgl. Gruber/Hartmann-Wendels 2016a, S. 50). In späteren Perioden ist die Situation umgekehrt. Abbildung 4 zeigt die konkrete Entwicklung der Aufwendun-gen im Zeitverlauf in Abhängigkeit von der jeweiligen Einstufung des Leasingverhältnisses für das Beispiel und veranschaulicht dadurch die vorherigen Ausführungen und den beschriebenen Front-Loading-Effekt. Es bleibt festzuhalten, dass die vorangegangenen Erläuterungen in der Beispielsi-tuation bestätigt werden können. Beim Finanzierungsleasing fallen anfangs höhere Aufwendungen als bei einer Einstufung als Operating-Leasing an. Erst nach über acht Jahren kehrt sich die Situa­tion um und es werden für das Finanzierungsleasing geringere Aufwendungen als für das Opera­ting-Leasing verwirklicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Vergleich der zeitlichen Verteilung von Aufwendungen in Abh ä ngigkeit von der Einstu-fung des Leasingverh ä ltnisses (eigene Darstellung in Anlehnung an Pferdehirt 2007, S. 100)

2.4 Anhangangaben

Bei den Angaben im Anhang wird für Leasinggeber und Leasingnehmer jeweils zwischen Finanzie-rungsleasing und Operating-Leasing unterschieden, wobei, wie eingangs erwähnt, auf Vorschriften für Leasinggeber generell nicht eingegangen wird. Da für die empirische Untersuchung, die im Rahmen der vorliegenden Masterarbeit durchgeführt wird, lediglich die Anhangangaben für Opera­ting-Leasing leasingnehmerseitig relevant sind, wird nur auf diese kurz eingegangen, und für das Finanzierungsleasing wird an dieser Stelle auf IAS 17.31–32 verwiesen; dort werden die Angaben beschrieben, die in diesem Zusammenhang zu machen sind (vgl. Pferdehirt 2007, S. 107).

Für Operating-Leasing sind seit der Überarbeitung von IAS 17 im Jahre 1997 umfangreiche Pflich-ten in Hinblick auf Anhangangaben zu erfüllen (vgl. Mellwig/Sabel 2008, IAS 17 Rn 184), die sich in vier Teilbereiche gliedern (vgl. Pferdehirt 2007, S. 107). Diese Angaben sind zusätzlich zu den Vorschriften des IFRS 7 zu machen. Zunächst ist die Summe der künftigen Mindestleasingzahlun-gen aus unkündbaren Operating-Leasingverhältnissen nach Fälligkeit aufgeteilt (bis zu einem Jahr, länger als ein Jahr, bis zu fünf Jahre und länger als fünf Jahre) anzugeben. Dabei handelt es sich um die undiskontierten erwarteten Auszahlungen. In vielen Fällen wird diese Angabe freiwillig um die Angabe der Barwerte ergänzt. Außerdem sind die erwarteten unsaldierten Untermieterträge anzugeben. Als dritter Teilbereich sind die zahlungswirksamen Leasingaufwendungen einer Perio-de nach Mindestleasingzahlungen, bedingten Leasingzahlungen und Untermieten aufzuschlüsseln. Im letzten Schritt sind die wesentlichen Leasingvereinbarungen allgemein zu beschreiben. (vgl. IAS 17.35 sowie Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1690).

2.5 Kritische Würdigung

Eines der selbstgesteckten Ziele des IASB ist es, gleiche Sachverhalte einheitlich zu behandeln. Entsprechend sind Bilanzierungswahlrechte nicht beabsichtigt (vgl. IFRS Foundation o. J., Rn 13), werden jedoch nicht komplett vermieden, weil für Bilanzierende diverse Handlungsspielräume bei Ansatz, Bewertung und Berichterstattung bestehen49 (vgl. Ballwieser 2013; S. 238). IAS 17 ist ein Beispiel dafür, weil die Einstufung von Leasingverhältnissen ein faktisches Wahlrecht darstellt und Möglichkeiten zur impliziten Bilanzpolitik eröffnet (vgl. Wohlgemuth 2007, S. 355).

Die primären und sekundären Indikatoren,50 die zur Klassifikation von Leasingverhältnissen heran-gezogen werden, implizieren erst einmal eine eindeutige Einstufung der Leasingtransaktion. Auf den zweiten Blick ergeben sich allerdings durch den Mangel an eindeutig quantifizierten Vorgaben wesentliche Unklarheiten (vgl. Vater 2002, S. 2095). Letztlich wird durch die primären und sekun-dären Indikatoren nicht abschließend und konkret definiert, wann Risiken und Chancen im Wesent-lichen als transferiert gelten (vgl. Fülbier/Pferdehirt 2005, S. 276). Diese weder abschließende noch präzise Ausgestaltung der Kriterien für die Leasingeinstufung ist jedoch kein Zufall. Das IASB vermeidet an dieser Stelle bewusst konkrete und somit einfacher zu umgehende Grenzwerte und Maßgaben, um den tatsächlichen ökonomischen Gehalt einer Vereinbarung in den Fokus zu rü- cken (vgl. Fülbier/Pferdehirt 2005, S. 276). Der dadurch entstehende Freiraum51 bei der Einstufung der Leasingverhältnisse und die Möglichkeiten der Vertragsgestaltung bieten für die Kontrakt-partner genügend Aktionsradius, um die Situation wunschgerecht zu steuern (Küting et al. 1999, S. 43). De facto besteht für den Leasingnehmer in Absprache mit dem Vertragspartner ein Wahl-recht zwischen off- und on-balance-Bilanzierung (vgl. Fülbier/Pferdehirt 2005, S. 276). Dies führt in der Praxis dazu, dass Leasingverträge oftmals als Operating-Leasing ausgestaltet werden, sodass das Leasingobjekt und, noch bedeutender, die korrespondierende Schuld nicht bilanziert werden müssen (vgl. Küting/Weber 2015 S. 103 i. V. m. Fülbier/Pferdehirt 2005, S. 275). Der Leasingge-genstand kann auf diese Weise genutzt werden, ohne dass es zu den bilanziellen Konsequenzen einer entsprechend notwendigen Fremdfinanzierung kommt. Die bilanzielle Kapitalstruktur und die dazugehörigen Kennzahlen, wie bspw. der Verschuldungsgrad, werden von dieser Einstufung des Leasingverhältnisses grundsätzlich nicht tangiert. Daran ist speziell der Wunsch geknüpft, dass die Bewertung des finanzwirtschaftlichen Risikos auf der Adressatenseite unverändert bleibt und sich die Optionen und Konditionen der Fremdkapitalaufnahme nicht zum Negativen verändern (vgl. Fülbier/Pferdehirt 2005, S. 277). Für die Adressaten von Abschlüssen führt dies zu nicht in jedem Fall eindeutigen Rechenwerken und prägnanten Einschränkungen in Hinblick auf die im Rahmen-konzept geforderte Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen, da wirtschaftlich ähnliche Sachverhal-te völlig unterschiedlich behandelt werden (vgl. Fülbier/Pferdehirt 2005, S. 278). Allerdings darf an dieser Stelle nicht unberücksichtigt bleiben, dass im Anhang über ausstehende Mindestleasingzah-lungen beim Operating-Leasing berichtet werden muss (vgl. IAS 17.35). Entsprechend entschärft sich die off-balance-sheet-Problematik, weil Analysten sowie Eigen- und Fremdkapitalgeber ihre Bonitätseinschätzungen auf Kennzahlen aufbauen, die um Operating-Leasingverhältnisse modifi-ziert wurden (vgl. Esser 2005, S. 436). Die Bilanzanalyse kommt an dieser Stelle demzufolge nicht ohne manuelle Anpassungen aus (vgl. Gruber/Hartmann-Wendels 2016a, S. 52; Eckes et al. 2009, S. 215; Fülbier/Pferdehirt 2005, S. 277–278). Bestimmte Informationen, wie bspw. der dem Lea-singverhältnis zugrunde liegende Zinssatz, stehen jedoch nicht zur Verfügung (vgl. Fül-bier/Pferdehirt 2005, S. 278). Eine bilanzanalytische Gleichstellung des Operating-Leasing mit Fi-nanzierungsleasing sowie anderen bilanzwirksamen Fremdfinanzierungen und der daraus resultie-renden Möglichkeit zu unternehmensübergreifenden Vergleichen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, ohne die Notwendigkeit von Adjustierungen, wird erst bei einer bilanziellen Erfassung von Operating-Leasingverhältnissen erreicht (vgl. Küting/Weber 2015, S. 103).

Es bleibt festzuhalten, dass IAS 17 die Existenz von zum Teil erheblichen Ermessensspielräumen innerhalb der internationalen Rechnungslegungsnormen exemplarisch bestätigt.52 Dabei steht au-ßer Frage, dass die Möglichkeit für Ermessensentscheidungen nie komplett vermieden werden kann, allerdings erscheint eine Eingrenzung nötig und möglich (vgl. Vater 2002, S. 2099). Die Komplexität, die vielen Gestaltungsfreiräume und die Tatsache, dass nicht alle entscheidungsrele-vanten Informationen adäquat dargestellt werden, wurden vom IASB selbst kritisiert (vgl. Pellens et al. 2017, S. 758; Fülbier/Pferdehirt 2005, S. 276). Dabei ist es dem Board anzurechnen, dass die Problematik im Zusammenhang mit der bisherigen Leasingbilanzierung an dieser Stelle nicht ab-gestritten, sondern aktiv angegangen wurde, indem ein Überarbeitungsprozess für IAS 17 initiiert wurde (vgl. Vater 2002, S. 2099). Der neue Standard IFRS 16 stellt das Ergebnis dieser Revision dar, und auf den ersten Blick werden dadurch einfache und für bilanzpolitische Maßnahmen un-empfängliche Bilanzierungsvorgaben erzielt (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 199–200). Auf die neuen Regelungen und ob die Auswirkungen wirklich entsprechend sind, wird im nächsten Kapitel eingegangen.

3 Zukünftige Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16

Nachdem im vorangegangenen Kapitel die Altregelungen nach IAS 17 näher erläutert wurden, liegt der Fokus dieses Kapitels auf den Vorgaben für die zukünftige Bilanzierung von Leasingverhältnis-sen nach IFRS 16. Die Neuregelungen wurden am 9. November 2017 für die Anwendung in der Europäischen Union übernommen (vgl. DRSC o. J.). Der neue Standard findet erstmalig für am oder nach dem 1. Januar 2019 beginnende Geschäftsjahre Anwendung und löst nicht nur IAS 17, sondern auch die ergänzenden einzelfallspezifischen Interpretationen SIC-15, SIC-27 und IFRIC 4 ab. Die Erstanwendung von IFRS 16 darf vorgezogen werden, wenn der neue Standard IFRS 15, der für die Umsatzrealisierung relevant ist, entweder zeitgleich eingeführt wird oder bereits umge-setzt wurde (vgl. IFRS 16.C1 i. V. m. IFRS 16.C21). Dabei werden analog zum vorherigen Kapitel zunächst die Grundlagen der zukünftigen Leasingbilanzierung erarbeitet, um anschließend auf die bilanzielle Behandlung von Leasingverhältnissen und potenziellen Auswirkungen der Reform ein-zugehen. Die Anhangangaben werden nur in Kürze erläutert, um anschließend das Kapitel mit einer kritischen Würdigung zu beenden, in der analysiert wird, ob der neue Standard die an ihn gestellten Erwartungen erfüllen kann oder nicht.

3.1 Grundlagen

Im Folgenden soll ein grundlegendes Verständnis für die Leasingbilanzierung de lege ferenda ge-schaffen werden. Dabei werden Entstehungsprozess und Aufbau des neuen Standards dargestellt, um anschließend die geänderte Definition von Leasingverhältnissen einzuführen, anhand derer die Leasingverhältnisse identifiziert werden. Abschließend werden die Zielsetzung und der Anwen-dungsbereich des Standards konkretisiert.

3.1.1 Entwicklung und Aufbau des Standards

Die kritische Auseinandersetzung mit dem all-or-nothing-approach, der der bisherigen Leasingbi-lanzierung nach IAS 17 zugrunde liegt, ist kein neues Phänomen. Vielmehr reicht die Diskussion in der Literatur bis in die 1960er Jahre zurück (vgl. Küting et al. 2011b, S. 2). Erste Empfehlungen zur Überarbeitung der IFRS-Leasingbilanzierung existieren entsprechend ebenfalls schon seit länge-rem. Bereits im Jahr 1996 schlug das sog. McGregor-Papier53 u. a. für Leasingnehmer die Bilan-zierung eines barwertbezogenen Nutzungsrechts vor54 und skizzierte mit dieser Anregung offen-sichtlich den vom IASB seit Jahren verfolgten Weg (vgl. Eckl et al. 2016a, S. 661). Es beinhaltet allerdings nur wenige Detailregelungen. Sein maßgeblicher Beitrag in der Weiterentwicklung der Leasingbilanzierung ist vielmehr in dem Vorschlag zur Aufgabe der Dichotomie von Finanzierungs-und Operating-Leasing durch die Bilanzierung von Verfügungsrechten zu sehen. Im Jahr 1999 wurde an die Überlegungen des McGregor-Papiers angeknüpft und darauf aufbauend ein weiteres Diskussionspapier55 erarbeitet. Dieses weist einen höheren Detaillierungsgrad in Bezug auf Vor-gaben für die Leasingbilanzierung56 auf (vgl. Pferdehirt 2007, S. 118; Nailor/Lennard 2000, S. xi). Dieser Ansatz wurde im Jahr 2000 als Diskussionspapier durch das IASC57 veröffentlicht. Aller-dings wurden die Regelungen für die Leasingbilanzierung nach IAS 17 nicht entsprechend des veröffentlichten Konzepts angepasst (vgl. Lorenz 2010, S. 2555).

Sechs Jahre später begannen FASB und IASB mit einem gemeinsamen Konvergenzprojekt58 zur Reformierung der internationalen Leasingbilanzierung. Dieses Projekt sollte einen mehrjährigen Standardentwicklungsprozess hervorbringen (vgl. Eckl et al. 2016a, S. 661). Anfang 2009 wurde zunächst ein Diskussionspapier59 veröffentlicht, das einen Abriss zum zukünftigen Projektverlauf skizzierte und die neuen Ansätze für die Leasingnehmerbilanzierung60 konkret abbildete (vgl. Kü-ting et al. 2011b, S. 2). Darauf folgte im August 2010 der Exposure Draft ED/2010/961 „Leases“. Während im Diskussionspapier der Fokus noch im Wesentlichen auf der hauptsächlich kritisierten Leasingnehmerbilanzierung lag, wurde der ED um ein neues Konzept für eine neu gestaltete Lea-singgeberbilanzierung erweitert. Beiden Veröffentlichungen gemeinsam ist die Bilanzierung von Nutzungsrechten als zentrales Element. Diese Vorgehensweise war bereits Bestandteil der Papie-re der G4+1 Working Group62. In diesem Zusammenhang ist auch vom right-of-use-approach die Rede, auf den an späterer Stelle näher eingegangen wird. Vor dem Hintergrund der stellenweise erheblichen Kritik an dem ED, die vor allem die als zu schwierig empfundenen Regelungsdetails betrifft, wurde im Mai 2013 mit ED/2013/663 „Leases“ eine Überarbeitung des Konzepts aus dem Jahre 2010 vorgenommen (vgl. Tesche/Küting 2016, S. 621). Am right-of-use-approach wurde festgehalten, allerdings wurden im Vergleich zum ED/2010/9 durchaus erhebliche Änderungen vorgenommen (vgl. Bardens et al. 2013a, S. 453). So sollten Leasingverhältnisse nach diesem ED wieder in zwei Kategorien eingeteilt werden (vgl. IASB 2013, S. 18 Rn 28). Letztlich veröffentlichte das IASB nach annähernd einem Jahrzehnt mit vielen Diskussionen und diversen Entwürfen am 13. Januar 2016 den neuen Leasingstandard IFRS 16 „Leases“, wobei eine vollständige Konver-genz zwischen IFRS und US-GAAP nicht erreicht werden konnte (vgl. Findeisen/Adolph 2016, S. 485).

Wie in Abschnitt 2.1.1 beschrieben, folgen die IAS/IFRS grundsätzlich einer bestimmten Struktur. IFRS 16 hält diesen erläuterten üblichen Aufbau weitestgehend ein. Allerdings sind im Vergleich zu IAS 17 drei Anhänge integraler Bestandteil des Standards, und Teile, die zuvor im Standard gere-gelt waren, sind nun im Anhang zu finden. Beispielsweise wurden die Begriffsdefinition dorthin ausgelagert (vgl. Inhalte IFRS 16 i. V. m. Lüdenbach 2013, S. 46). Abbildung 5 stellt dies über-sichtlich dar, und im Vergleich zu Abbildung 1 fällt auf, dass für den Leasingnehmer die Trennung zwischen Finanzierungs- und Operating-Leasing aufgehoben wurde (vgl. Kajüter/Meinhövel 2016, S. 426).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Aufbau des IFRS 16 (eigene Darstellung)

3.1.2 Definition und Identifizierung von Leasingverhältnissen

Wie bei anderen kürzlich überarbeiteten Standards (bspw. IFRS 15) wird in Hinblick auf die neue Definition von Leasingverhältnissen dem Control-Konzept als maßgebliches Prinzip gefolgt (vgl. Schnabl et al. 2017, S. 1). Ein Vertrag begründet oder beinhaltet demnach ein Leasingverhältnis, wenn er das Recht enthält, die Nutzung eines identifizierten Vermögenswerts gegen Entgelt für eine bestimmte Periode zu kontrollieren (vgl. IFRS 16.9). Diese grundlegende Begriffsbestimmung ist überwiegend deckungsgleich mit der gegenwärtigen Vorgabe in IAS 17.4. Allerdings wird der neue Terminus in IFRS 16.9–16 i. V. m. den Leitlinien in IFRS 16.B9–B33 dezidiert konkretisiert, sodass die neuen Bestimmungen wesentlich detaillierter als die bisherigen Bestimmungen in IAS 17 und IFRIC 4 sind und die Regelungstiefe dabei zunimmt. Entsprechend gilt, dass ein Lea-singverhältnis i. S. v. IAS 17/IFRIC 4 nicht zwingend als Leasingverhältnis i. S. v. IFRS 16 einge-stuft werden muss und umgekehrt64 (vgl. Eckl et al. 2016a, S. 669). Aus der neuen Definition las-sen sich drei allgemein gehaltene Anforderungen identifizieren (vgl. Lüdenbach et al. 2018, § 15a Rn 19), die im Folgenden grundlegend konkretisiert werden.65

Üblicherweise wird ein Vermögenswert identifiziert, indem er in einem Vertrag explizit oder implizit über die Bereitstellung spezifiziert ist und der Leasinggeber nicht über ein substanzielles Recht verfügt, das es ihm ermöglicht, den Vermögenswert während der Vertragslaufzeit auszutauschen (vgl. IFRS 16.B13–14 sowie Pellens et al. 2017, S. 779). Dabei kann es sich auch nur um einen Teil des Vermögenswerts handeln, wenn er physisch unterschieden werden kann oder den we-sentlichen Anteil an der Kapazität des Objekts darstellt (vgl. IFRS 16.B20 sowie Lange/Müller 2016a, S. 112). Das substanzielle Recht liegt vor, wenn der Leasinggeber über die praktische Fä-higkeit zum Austausch verfügt und zusätzlich von dem Transfer wirtschaftlich profitieren kann. Be-dingte Austauschrechte sind dabei prinzipiell unbeachtlich (vgl. IFRS 16.B14–15 sowie Ber-ger/Nardmann 2016, S. 425). Bei der Beurteilung, ob ein substanzielles Austauschrecht vorlegt, sind alle zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns vorhandenen Fakten und Umstände zu berücksichti-gen, wobei künftige Ereignisse, deren Eintritt nicht mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, nicht zu würdigen sind (vgl. IFRS 16.B16 sowie Eckl et al. 2016a, S. 669). Ein kurz-fristiger Austausch zwecks Instandhaltung, Reparatur oder Verbesserung steht der Einstufung als Leasingverhältnis nicht entgegen (vgl. IFRS 16.B18 sowie Lange/Müller 2016a, S. 112). Prinzipiell gilt, dass Leasingnehmer bei Abgrenzungsproblemen in Hinblick auf die Substanz eines Aus-tauschrechts davon ausgehen können, dass kein substanzielles Recht vorliegt (vgl. IFRS 16.B19 sowie Berger/Nardmann 2016, S. 425). Es bleibt festzuhalten, dass sich dieses Kriterium überwie-gend mit dem bisherigen Konzept des bestimmten Vermögenswerts i. S. v. IFRIC 4 deckt (vgl. Eckl et al. 2016a, S. 669).

Für die Analyse, ob der Leasingnehmer die Nutzung eines identifizierten Vermögenswerts kontrol-lieren kann, sind lediglich die ökonomischen Vorteile miteinzubeziehen, die aus seiner Nutzung resultieren (vgl. IFRS 16.B21). Ökonomische Vorteile, die mit dem Eigentum am Vermögenswert zusammenhängen, wie bspw. Wertsteigerungspotenziale des Leasingobjekts und Steuervorteile aus Sonderabschreibungen, bleiben unberücksichtigt (vgl. Schnabl et al. 2017, S. 3). Außerdem dürfen nur die wirtschaftlichen Vorteile miteinbezogen werden, die sich aus der Verwendung inner-halb des für den Leasingnehmer spezifizierten Nutzungsumfangs des Vermögenswerts ergeben (vgl. IFRS 16.B22). In der Praxis dürfte die Ermittlung des wirtschaftlichen Nutzens nicht immer eindeutig möglich sein, sodass sich angesichts der unspezifischen Vorgaben entsprechend be-trächtliche Ermessensspielräume ergeben. Dies dürfte vor allem in Hinblick auf den unbestimmten Rechtsbegriff „im Wesentlichen“ der Fall sein (vgl. Eckl et al. 2016a, S. 670).

Der Leasingnehmer hat grundsätzlich die Möglichkeit, über den Leasinggegenstand zu verfügen, wenn er ein Entscheidungsrecht bezüglich Art und Zweck der Verwendung während der Laufzeit besitzt. Das ist bspw. dann der Fall, wenn er Beschlüsse über Art und Zeitpunkt der Produktion oder Anzahl der hergestellten Einheiten fassen kann. Dieser Entschluss kann bereits ex ante ge-troffen worden sein. Dann ist für die Analyse zu beurteilen, ob das Leasingobjekt vom Leasing-nehmer ohne Eingriffsrecht durch den Leasinggeber betrieben werden kann oder ob der Leasing-gegenstand so konzipiert ist, dass die Nutzung für den gesamten Nutzungszeitraum fixiert ist. Eventuell vorhandene Schutzrechte des Leasinggebers stehen dem Recht, über die Nutzung zu entscheiden, nicht entgegen (vgl. IFRS 16.B24–30 sowie Berger/Nardmann 2016, S. 425).

Für die Identifizierung eines Leasingverhältnisses müssen die drei vorstehend erläuterten Eigen-schaften kumulativ erfüllt sein. Dabei existiert keine zwingende Reihenfolge, die eingehalten wer-den muss. Abbildung 6, in der die erläuterten Definitionsmerkmale zusammengefasst werden, stellt entsprechend eine unverbindliche Empfehlung für die Identifizierung eines Leasingverhältnisses dar (vgl. Lüdenbach et al. 2018, § 15a Rn 19).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Identifizierung von Leasingverh ä ltnissen nach IFRS 16 (eigene Darstellung in Anlehnung an IFRS 16.B31 sowie Lüdenbach et al. 2018, § 15a Rn 18)

Wurde ein Leasingverhältnis identifiziert, ist darauf aufbauend zu prüfen, ob eine Aufspaltung in einzelne Leasing- bzw. Nichtleasingkomponenten erforderlich ist. Für die Trennungspflicht ist zu analysieren, ob ein Vermögenswert eine separate Leasingkomponente darstellt. Dies kann bejaht werden, wenn der Leasingnehmer einen Vorteil aus der alleinigen Nutzung des Vermögenswerts66 hat und dieser nicht entscheidend von einer anderen Vertragskomponente abhängig oder eng mit ihr verbunden ist. Bei Vorliegen einer Aufspaltungspflicht sind die einzelnen Komponenten grund-sätzlich separat zu bilanzieren (vgl. IFRS 16.12 i. V. m. IFRS 16.B32 sowie Berger/Nardmann 2016, S. 426). Die Aufteilung erfolgt entweder unter Verwendung der beobachtbaren relativen Ein-zelveräußerungspreise oder auf Basis einer Schätzung, bei der so viele beobachtbare Daten wie möglich heranzuziehen sind, falls keine objektiven Preise zur Verfügung stehen67 (vgl. IFRS 16.14 sowie Findeisen/Adolph 2016, S. 486). Allerdings besteht für Leasingnehmer an dieser Stelle die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Erleichterung, wonach für komplette Klassen gleichartiger Vermögenswerte optional die Leasing- und Nichtleasingkomponenten gebündelt und als ein ein-heitliches Leasingverhältnis bilanziert werden dürfen (vgl. IFRS 16.15 sowie Eckl et al. 2016a, S. 671). An dieser Stelle besteht ein Trade-off zwischen Bilanzerweiterung durch Ausübung des Wahlrechts und einer Mehrbelastung durch die Separierung von Service- und Leasingkomponen-ten (vgl. Loitz 2017, S. 160). Für Leasingnehmer kann die Inanspruchnahme der Erleichterung an dieser Stelle von Nutzen sein, wenn so aufwendige Trennungsverfahren vermieden werden kön-nen oder ein positiver Effekt für das operative Ergebnis erzielt werden soll (vgl. Findeisen/Adolph 2016, S. 486).

Bis dato war die Trennung von Leasing- und Nichtleasingkomponenten im Kontext der überwie-genden Einstufung als Operating-Leasing von untergeordneter Bedeutung, da sowohl die Leasing-als auch die Dienstleistungskomponente68 als schwebende Geschäfte keinen Eingang in die Bilanz fanden (vgl. Findeisen/Adolph 2016, S. 486). Mit den Neuregelungen der Leasingbilanzierung wird die Trennung zwischen Leasing und Dienstleistungen in Zukunft in der Praxis eine hohe Relevanz einnehmen (vgl. Eckl et al. 2016a, S. 671). Dienstleistungsgeschäfte werden weiterhin als schwe-bende Geschäfte eingestuft und finden dementsprechend keinen Eingang in die Bilanz, wohinge-gen die Leasingkomponente keine schwebenden Geschäfte mehr darstellt, was grundsätzlich zu einer bilanzierungspflichtigen unbedingten Verpflichtungen führt (vgl. Gruber/Hartmann-Wendels 2016a, S. 48). Ergänzend ist festzustellen, dass die neue Definition von Leasingverhältnissen im Kontext der Bilanzierung von Nutzungsrechten an Bedeutung zunehmen wird, da sie nicht nur den Anwendungsbereich des künftigen Standards zur Leasingbilanzierung festlegt, sondern auch die Grenze zwischen bilanzwirksamen und -unwirksamen schwebenden Geschäften markiert (vgl. Gruber 2013, S. 2223).

3.1.3 Zielsetzung und Anwendungsbereich des Standards

IFRS 16 zielt darauf ab, dass die von Leasingnehmern und Leasinggebern bereitgestellten Infor-mationen die Leasingtransaktionen zuverlässig und vertrauenswürdig widerspiegeln. Dadurch soll den Abschlussadressaten die Einschätzung, wie Leasingverhältnisse die Vermögens-, Finanz-oder Ertragslage und die Zahlungsflüsse der Bilanzierenden beeinflussen, ermöglicht werden (vgl. IFRS 16.1).

Nachdem ein Leasingverhältnis gem. IFRS 1669 identifiziert wurde, ist anschließend zu prüfen, ob es in den Anwendungsbereich der Neuregelungen fällt (vgl. Pellens et al. 2017, S. 782). Dabei gilt der neue Standard grundsätzlich für Leasingverhältnisse jeglicher Art, inklusive für Unterleasing-verhältnisse. Ausgenommen sind lediglich die unter IFRS 16.3 (a)–(e) explizit genannten Sachver-halte (vgl. IFRS 16.3), und der sachliche Anwendungsbereich von IFRS 16 ist im Vergleich zu dem von IAS 17 mehrheitlich deckungsgleich. Speziell hinsichtlich auf die von der Anwendung ausge-schlossenen Sachverhalte bestätigt sich dies, weil die in IAS 17 ausgeklammerten Sonderfälle für IFRS 16 mehrheitlich übernommen wurden. Allerdings existieren auch Abweichungen zwischen den Anwendungsbereichen. Solch ein Unterschied ergibt sich in Hinblick auf als Finanzinvestition gehaltene Immobilien i. S. v. IAS 40. Hier kommt es im Vergleich zur bisherigen Rechtslage zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs, indem diese Sachverhalte zukünftig vollumfänglich von IFRS 16 erfasst werden.70 Leasingnehmer, die entsprechend gemietete Immobilien mit Rendi-teabsicht und nicht zur Eigennutzung halten, stehen vor einer nicht unerheblichen Bilanzierungs-änderung, da sie nicht mehr auf das Wahlrecht nach IAS 40.6 zwischen bilanzwirksamer und -unwirksamer Erfassung zurückgreifen können, was im Rahmen der Erstanwendung von IFRS 16 gestrichen wird. Künftig kommt es in diesem Zusammenhang grundsätzlich zu einer bilanziellen Erfassung in Form eines Nutzungsrechts und einer korrespondierenden Leasingverbindlichkeit.71 Im Gegensatz dazu wird der verpflichtende Anwendungsbereich der Neuregelungen im Vergleich zu den Altregelungen an anderer Stelle eingeschränkt. Für immaterielle Vermögenswerte eröffnet IFRS 16.4 ein Wahlrecht72 zur Anwendung der spezifischen Leasingvorschriften. Dementspre-chend müssen Leasingnehmer dem später im Detail erläuterten komplexen Nutzungsrechtsmodell für immaterielle Vermögenswerte nicht zwingend folgen. Aufgrund fehlender einzelfallspezifischer Vorgaben ist das Wahlrecht gem. IAS 8.13 zeitlich und sachlich stetig auszuüben. Zusammenfas-send lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass der verpflichtende Anwendungsbereich von IFRS 16 dadurch faktisch auf Leasingverhältnisse in Bezug auf Sachanlagen beschränkt ist (vgl. Eckl et al. 2016a, S. 666–667).

[...]


1 Das FASB gilt als bedeutendste Institution für die Entwicklung von Rechnungslegungsvorschriften nach US-GAAP (vgl. Buchholz 2003, S. 6).

2 Für die Darstellung von Leasingverhältnissen in der Handelsbilanz sind in diesem Zusammenhang die steuerrechtlichen Leasingerlasse von Relevanz (vgl. Baetge et al. 2017, S. 659).

3 Dieser Standard zur Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach US-GAAP (vgl. u. a. Preißler/Figlin 2009, S. 120) wurde noch vor IAS 17 im Jahr 1976 erlassen (vgl. Ryan 2007, S. 347).

4 Für eine zusammenfassende Übersicht der Überarbeitungen vgl. Deloitte o. J. b, „Entstehungsgeschichte von IAS 17“.

5 In der dortigen Abbildung werden überdies SIC-32 und IFRIC 12 als zugehörige Interpretationen genannt. In der vorliegenden Masterarbeit wird bewusst auf eine Nennung dieser beiden verzichtet, weil sie in diver-sen Standardwerken der internationalen Rechnungslegung im Zusammenhang mit IAS 17 ebenfalls keine direkte Erwähnung finden (vgl. u. a. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 1; Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1607–1609; PricewaterhouseCoopers 2009, Lease accounting Rn 19.2).

6 Zwar sind bestimmte immaterielle Vermögenswerte explizit aus dem Anwendungsbereich von IAS 17 aus-genommen (vgl. IAS 17.2). Für eine weiterführende Erklärung, weshalb immaterielle Vermögenswerte den-noch nicht grundsätzlich aus dem Geltungsbereich von IAS 17 ausgeschlossen sind, vgl. Beine/Nardmann 2011, Leasingverhältnisse Rn 14.

7 Die starke Prägung des Leasingbegriffs durch den Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise wird besonders durch SIC-27 und IFRIC 4 unterstrichen (vgl. Heyd/Nemet 2015, Kapitel B Rn 220–221).

8 Für ausführliche Erläuterungen zu direkten und indirekten Nutzungsüberlassungen vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 3–12 sowie Morfeld 2016, § 22 Rn 10 und Rn 12–17.

9 Der Fokus von IFRIC 4 ist neben der Identifizierung von indirekten Leasingverhältnissen weiterhin die Auf-spaltung des zivilrechtlichen Liefer- oder Leistungsvertrages in ein eingebettetes Leasingverhältnis auf der einen Seite und andere Komponenten auf der anderen Seite (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 4). Für weitere Ausführungen vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 13; Götz/Spanheimer 2005, S. 259–265 sowie für eine kritische Auseinandersetzung mit der ergänzenden Interpretation Küting et al. 2006, S. 656–657.

10 Die Klassifizierung eines Vertrags als Leasinggeschäft folgt zusammenfassend der Entscheidungsstruktur (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 18) in Anlage 1.

11 Für weiterführende Überlegungen zu dieser ergänzenden Interpretation vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 176–182 sowie Kümpel/Becker 2006, S. 9–13.

12 Dabei werden zum einen Sachverhalte genannt, auf die sich IAS 17 nicht erstreckt, und zum anderen wird beschrieben, in welchem Kontext nicht nach IAS 17 bewertet werden darf (vgl. IAS 17.2 sowie Pawel-zik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1606).

13 Vgl. hier die Ausführungen zum Anwendungsbereich von IAS 17 in Abschnitt 2.1.3.

14 Hierunter ist nicht der Beginn der Laufzeit des Leasingverhältnisses zu verstehen (vgl. Pellens et al. 2017, S. 759). Der Beginn des Leasingverhältnisses wird in IAS 17.4 definiert.

15 Die Übersetzung des Begriffs finance lease mit Finanzierungsleasing ist eigentlich nicht zutreffend. Die Differenzierung beeinflusst im Bereich der internationalen Rechnungslegung den Ansatz des Leasingobjekts: Ein finance lease führt zur Zurechnung des Leasingobjekts beim Leasingnehmer, wobei bei einem operating lease das Leasingobjekt dem Leasinggeber zugeordnet wird. Im Sinne des deutschen Sprachgebrauchs ist bei Finanzierungsleasing allerdings die Zurechnung zum Leasingnehmer sowie zum Leasinggeber möglich (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 17; Hayn/Waldersee 2008, S. 134–135; Kümpel/Becker 2006, S. 17).

16 Im Zusammenhang mit Finanzierungs- und Operating-Leasingverhältnissen wird im Folgenden auch von Finanzierungsleasing und Operating-Leasing gesprochen.

17 In diesem Zusammenhang wird auch von substance over form gesprochen. Dieser Grundsatz ist bereits im Rahmenkonzept (F.35) festgelegt und gibt dem wirtschaftlichen Eigentum Vorrang vor dem rechtlichen (vgl. Lüdenbach 2008, S. 122). Das Rahmenkonzept enthält die grundlegenden Ziele und Definitionen der internationalen Rechnungslegung, allerdings wurde dies nicht von der EU übernommen (vgl. Zingel 2008, S. 16).

18 Hierbei handelt es sich um den Betrag, der zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern vereinbart werden würde (vgl. IAS 17.4). Zur Ermittlung des beizulegen-den Zeitwerts vgl. ausführlich IFRS 13 „Bemessung des beizulegenden Zeitwerts“. Für ausführliche Erläute-rungen zu Bewertungsverfahren inklusive einer Erläuterung der heranzuziehenden Inputfaktoren nach IFRS 13 vgl. Theile 2012, Bewertung (IFRS 13, diverse Standards) Rn 475–495. Ausführungen in Bezug auf die Schätzung des zukünftigen beizulegenden Zeitwerts von Leasinggegenständen finden sich bei Lüden-bach et al. 2016, § 15 Rn 33. Für einen zukünftigen beizulegenden Zeitwert können zur Ermittlung nur Level-3-Inputfaktoren herangezogen werden. Es handelt sich demzufolge unabhängig vom gewählten Bewer-tungsverfahren um einen geschätzten Wert (vgl. Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1625 Fußnote 2).

19 Für weitere Fälle, bei denen sich die Günstigkeit einer Kaufoption ergibt, vgl. Findeisen 2008, § 71 Rn 69– 70 sowie Mellwig/Sabel 2008, IAS 17 Rn 60. Zusätzliche Quellen zu dieser Thematik finden sich bei Tesche 2014, S. 138 Fußnote 657.

20 In Anbetracht schwer absehbarer Marktwertschwankungen gilt ein Abschlag von bis zu 20 % vom ge-schätzten zukünftigen beilzulegenden Zeitwert noch als unproblematisch und führt noch nicht zur Klassifizie-rung als Finanzierungsleasing (vgl. Pawelzik 2012, Leasing [IAS 17] Rn 1625). Eine günstige Kaufoption kann dann angenommen werden, wenn der Optionspreis den prognostizierten beizulegenden Zeitwert um mindestens 20 % unterschreitet. Durch den hohen Grenzwert kann sichergestellt werden, dass der von der günstigen Kaufoption beeinflusste wirtschaftliche Ausübungszwang vergleichbar mit dem juristischen Zwang eines automatischen Eigentumsübergangs ist (vgl. Kümpel/Becker 2006, S. 31). Eine Konkretisierung des-sen, was genau unter dem Begriff „deutlich“ im Rahmen der günstigen Kaufoption zu verstehen ist, bleibt IAS 17.10 schuldig (vgl. Bieg et al. 2009, S. 303). Die 20 %-Grenze erscheint sachgerecht, allerdings kann unter Würdigung der Gesamtsituation auch ein geringerer Vorteil zur Einstufung als Finanzierungsleasing führen (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 31).

21 Für eine ausführliche Erläuterung der 50 %-+-1-Grenze vgl. Helmschrott 2000, S. 426–428.

22 Dieser Wert wird – unter Berücksichtigung des Gesamtbilds im konkreten Einzelfall – in Anlehnung an die Vorschriften nach US-GAAP empfohlen (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 38; Morfeld 2016, § 22 Rn 68).

23 Der Maßstab hierbei ist die Vorgabe in den steuerlichen Leasingerlassen, die dann eine Zurechnung beim Leasingnehmer vorschreiben, wenn die Vertragslaufzeit mehr als 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungs-dauer des Leasingobjekts entspricht (vgl. Findeisen 1997, S. 841). Für eine ausführlichere Erläuterung der entsprechenden steuerrechtlichen Grundlage vgl. Tonner 2014, S. 40–41.

24 Für eine kritische Auseinandersetzung mit den verschiedenen Werten vgl. Vater 2002, S. 2095–2096, der zu dem Schluss kommt, dass für diesen Ermessensspielraum eine Klarstellung des IASB nötig wäre. Im Vergleich dazu ist Findeisen in der Vergangenheit zu anderen Schlussfolgerungen bezüglich der 75 %- und 90 %-Grenze gekommen (vgl. Findeisen 1997, S. 841).

25 Durch die Gleichartigkeit des Vorschriftenaufbaus der US-GAAP wird sich überwiegend an der dort für dieses Kriterium genannten 75 %-Grenze orientiert, zudem war diese konkrete Vorgabe in einem Entwurf des IAS 17 noch geplant. Allerdings kann auch diese Grenzlinie nur eine Orientierung darstellen (vgl. Findei-sen 2008, § 71, Rn 76–77).

26 Für ausführliche Erläuterungen zur Laufzeit und wirtschaftlichen Nutzungsdauer vgl. Mellwig/Sabel 2008, IAS 17 Rn 64–65; Kümpel/Becker 2006, S. 33–39; Findeisen 1997, S. 841.

27 Für eine ausführliche Erläuterung der Mindestleasingzahlungen vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 49– 59; Findeisen 2008, § 71 Rn 81–84.

28 Die Bekanntmachung des internen Zinssatzes gegenüber dem Leasingnehmer würde den Leasinggeber eventuell in Rechtfertigungs- oder Preisdruck versetzen, weil er dadurch – wenn auch nicht direkt – seine Kalkulation darlegt (vgl. Lange/Müller 2016b, S. 165).

29 Dies gilt auch, falls der Zinssatz für die vergleichbare Leasingvereinbarung dem Bilanzierenden als un-günstig erscheint (vgl. Vater 2002, S. 2096).

30 Für eine ausführliche Erläuterung zur Ermittlung im Kontext dieses Kriteriums vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 60–61.

31 Findeisen kommt hier analog zum Mietzeittest wieder zu einer konträren Meinung zum Rückgriff auf die US-GAAP-Vorschriften. Er schließt die 90 %-Grenze für die Auslegung der Vorschrift aus. Für ihn könnte sie jedoch gegebenenfalls als Barwertuntergrenze in Betracht kommen (vgl. Findeisen 1997, S. 842).

32 Es wird sogar der Standpunkt vertreten, dass sich eine Grenze unter 100 % nicht aus den Vorgaben im Standard ergibt (vgl. Mellwig/Sabel 2008, IAS 17 Rn 70).

33 Dem Kriterium wird in der Literatur oftmals nur eine klarstellende Bedeutung zugesprochen (vgl. Küm-pel/Becker 2006, S. 65; Mellwig 1998, S. 7) und es wird lediglich als Unterform bzw. Variation des Barwert-tests eingeordnet (vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 72; Esser 2005, S. 433; Findeisen 1997, S. 843). Für eine ausführliche Erläuterung, warum dem Kriterium an anderer Stelle dennoch eine eigenständige Bedeu-tung zugesprochen wird, vgl. Lüdenbach/Freiberg 2006, S. 261–262.

34 Für eine ausführliche Erläuterung der Merkmale von Spezialleasing vgl. Lüdenbach/Freiberg 2006, S. 262–264.

35 Nicht abschließend geklärt ist, ob die primären und sekundären Indikatoren hinsichtlich ihres Verbindlich-keitsgrads differenziert zu betrachten sind (vgl. Esser 2005, S. 433; Mellwig 1998, S. 6). Zum einen wird festgehalten, dass sämtliche in IAS 17 genannte Kriterien als wesentlichste Indizien für die Klassifizierung von Leasingobjekten gelten (vgl. Fuchs 1996, S. 1833). An anderer Stelle in der Literatur wird die Bedeutung von sekundären Indikatoren hingegen als geringer eingestuft. Es wird angeführt, dass sekundäre Indikatoren weniger eindeutig auf ein Finanzierungsleasing schließen lassen als primäre Indikatoren (vgl. Fo-cken/Hansmann 2011, IAS 17 Rn 53) und es sich hierbei nicht um neue Beurteilungshilfen, sondern nur um Klarstellungen, Ergänzungen und Auslegungen zu den Beispielen in IAS 17 handelt. Vgl. hierzu ausführlich Heyd/Nemet 2015, Kapitel B Rn 273; Findeisen 2008, § 71 Rn 92–95; Findeisen 1997, S. 843.

36 Der Fokus dieser Arbeit liegt auf den als relevanteren eingeschätzten primären Indikatoren. Aus diesem Grund werden die sekundären Indikatoren nur kurz behandelt. Für vertiefende Ausführungen zu dieser Thematik vgl. Mellwig/Sabel 2008, IAS 17 Rn 87–94; Kümpel/Becker 2006, S. 65–73.

37 Dies bedeutet, dass sich durch eine entsprechende Begründung auch eine Klassifizierung als Finanzie­rungsleasing ergeben kann, obwohl keines der in IAS 17.10 und IAS 17.11 genannten Kriterien erfüllt ist. Umgekehrt kann auch beim Vorhandensein einer dieser Bedingungen von einer Einstufung als Finanzie­rungsleasing abgesehen werden, sofern es sich argumentativ vertreten lässt (Fuchs 1996, S. 1833).

38 Anlage 2 fasst die vorherigen Ausführungen zum Thema Klassifizierung von Leasingverhältnissen ab-schließend zu diesem Kapitel übersichtlich zusammen.

39 Es kann vorkommen, dass sich die beiden Positionen im Moment des erstmaligen Ansatzes nicht entspre-chen, wenn zusätzlich anfängliche direkte Kosten anfallen, wie bspw. Provisionen, Rechts- und Beratungs-kosten, die dem als Vermögenswert angesetzten Betrag hinzugerechnet werden müssen (vgl. IAS 17.20 so-wie Focken/Hansmann 2011, IAS 17 Rn 61 i. V. m. Theile 2011, S. 67).

40 Die Mindestleasingzahlungen und welcher Zinssatz für die Diskontierung anzuwenden ist, wurde bereits in Abschnitt 2.2.1 beim Barwerttest erläutert. Für die Bilanzierenden ergeben sich hierbei die gleichen Ermes-sensspielräume in Hinblick auf den für die Abzinsung heranzuziehenden Zinssatz wie schon bei der Einstu-fung des Leasingverhältnisses (vgl. auch Vater 2002, S. 2097).

41 Die Mindestleasingzahlungen und welcher Zinssatz für die Diskontierung anzuwenden ist, wurde bereits in Abschnitt 2.2.1 beim Barwerttest erläutert. Für die Bilanzierenden ergeben sich hierbei die gleichen Ermes-sensspielräume in Hinblick auf den für die Abzinsung heranzuziehenden Zinssatz wie schon bei der Einstu-fung des Leasingverhältnisses (vgl. auch Vater 2002, S. 2097).

42 In diesem Zusammenhang wird entsprechend für die bilanzunwirksame Abbildung im Rahmen dieser Ar­beit auch der Ausdruck „off-balance“ herangezogen.

43 Beispielsweise ist das der Fall, wenn das Nutzenpotenzial des Leasinggegenstands degressiv bean-sprucht wird oder abweichende Zahlungsmodalitäten ausgehandelt werden (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 115).

44 Für Ausführungen zum Ansatzzeitpunkt vgl. Lüdenbach et al. 2016, § 15 Rn 154.

45 Darüber hinaus findet sich zum besseren Verständnis der Thematik in Anlage 4 eine allgemeine Gegen-überstellung der bilanziellen Auswirkungen von Finanzierungs- und Operating-Leasing inklusive Buchungs-sätzen.

46 Der Barwert wird mit Hilfe des Grenzfremdkapitalzinssatz in Höhe von 7 % durch Abzinsung der Leasing-zahlungen errechnet.

47 Die durch das Finanzierungsleasing resultierende zusätzliche Eigenkapitalbelastung errechnet sich als Dif-ferenz zwischen der Bewertung des Vermögensgegenstands und der Leasingverbindlichkeit, weil im vorlie-genden Fall die Mindestleasingzahlungen ausschließlich aus den Leasingraten bestehen, die eine konstante Höhe über die Laufzeit des Vertrags haben und der Barwert der Mindestleasingzahlungen unter dem beizu-legenden Zeitwert des Leasingobjekts liegt (vgl. Pferdehirt 2007, S. 101).

48 Vgl. hierzu auch das Zahlenwerk in Anlage 3.

49 Das IASB ist sich dieser Problematik durchaus bewusst und versucht, die Anzahl der Wahlrechte zu redu-zieren (vgl. IFRS Foundation o. J., Rn 13). Für weitere Ausführungen zu den Wahlrechten in den internatio-nalen Rechnungslegungsvorschriften vgl. Vater 2002, S. 2099.

50 Vgl. hierzu 2.2.1.

51 Auf diese Problematik wurde bereits in Abschnitt 2.2.1 eingegangen, indem die Ermessensspielräume, die sich im Bereich der Einstufung von Leasingverhältnissen ergeben, herausgearbeitet wurden. Dies gilt vor allem für das Mietzeit- und Barwertkriterium (vgl. Morfeld 2016, § 22 Rn 48), aber auch für das günstige Kaufoptionskriterium durch die Schätzung des künftigen beizulegenden Zeitwerts (vgl. Dangel et al. 2001, S. 42). Für einen weiteren ausführlichen Überblick zur Kritik an den primären und sekundären Kriterien vgl. auch Vater 2002, S. 2095–2097.

52 In diesem Zusammenhang wird sogar von einem Eldorado bilanzpolitischer Möglichkeiten gesprochen. Für eine ausführliche Übersicht aller Ermessensspielräume in IAS 17 vgl. Vater 2002, S. 2099–2100.

53 Ein zusammenfassender Überblick über die in diesem Papier geäußerte Kritik an IAS 17 und Ausführun-gen inklusive einer kritischen Würdigung zu dem Reformvorschlag findet sich bei Mellwig 1998, S. 12–16. Er kommt in diesem Artikel zu dem Schluss, dass dieses Papier nicht ausreichend sei, um die Problematik im Zusammenhang mit Leasingbilanzierung sachgerecht zu korrigieren. Allerdings wird festgestellt, dass die Notwendigkeit zur Überarbeitung von IAS 17 klar daraus hervorgeht (vgl. Mellwig 1998, S. 16). Für eine aus-führliche Darstellung ist auf das Originalwerk zu verweisen. Für die Kritik am alten Standard bzw. sich bie-tende Ermessensspielräume vgl. McGregor 1996, S. 2–4 und S. 7–13. Ausführungen zum neuen Konzept finden sich auf S. 15–24.

54 Vgl. hierzu ausführlich McGregor 1996 S. 15–17.

55 Sowohl dieses als auch das McGregor-Papier wurden von der G4+1 Working Group erarbeitet, und beide gelten als Basis für das inzwischen mit IFRS 16 erfolgreich abgeschlossene Leasingreformprojekt (vgl. Tesche/Küting 2016, S. 620; Küting et al. 2011b, S. 2). Die G4+1 Working Group bestand aus den nati-onalen Standardsetzern Australien, Kanada, Neuseeland, Großbritannien und den USA. Vertreter des IASC nahmen als Beobachter teil. Das IASC wurde durch das IASB abgelöst, und im Zuge dessen verkündete die Arbeitsgruppe bei einem letzten Treffen im Jahr 2001 ihre Auflösung. Es wurde davon ausgegangen, dass sie durch die Zusammenarbeit vom IASB und den nationalen Standardsetzern überflüssig werden würde (vgl. FASB 2001, S. 1).

56 Für eine kurze Auseinandersetzung mit dem Positionspapier vgl. Küting et al. 2000, S. 1720–1721. Ausführliche Erläuterungen zum neuen Konzept für die Leasingnehmer finden sich bei Nailor/Lennard 2000, S. 21–92.

57 Im Artikel von Lorenz 2010 ist die Rede vom IASB, wobei dieses im Jahr 2000 noch nicht etabliert war (vgl. Leibfried/Weber 2003, S. 27). Aus diesem Grund ist an dieser Stelle von seinem Vorgänger, dem IASC, die Rede (vgl. auch Deloitte o. J. a, „‚G4+1’-Studien, bei denen das IASC um Stellungnahme gebeten hat“).

58 Ein Überblick der damaligen Zusammenarbeit zwischen FASB und IASB findet sich bei FASB/IASB 2006, S. 1–4.

59 Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Diskussionspapier vgl. Schmidt et al. 2010, S. 113– 122; Findeisen/Sabel 2009, S. 1886–1894; Fülbier/Fehr 2009b, S. 674–676. Eine kritische Würdigung des Diskussionspapiers auf Basis der dazu eingegangenen Kommentierungen findet sich bei Schmidt/Thiele 2010, S. 254–263. Für einen kompletten Überblick über die Inhalte vgl. IASB 2009, S. 3–121.

60 Diese Vorschläge sind allerdings vergleichbar zu der Veröffentlichung des IASC aus dem Jahr 2000 (vgl. Eckl et al. 2016a, S. 662 Fußnote 14) und können demzufolge nicht als komplett neues Konzept gelten.

61 Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem ED vgl. Küting et al. 2011a, S. 425–430; Küting et al. 2011b, S. 2–5; Thi et al. 2011, S. 458–466; Wulf/Seebacher 2011, S. 322–331; Kroner et al. 2010a, S. 532– 539; Lorenz 2010, S. 2555–2560. Eine detaillierte Untersuchung der Auswirkungen der ursprünglich ange-dachten Änderungen aus der Leasingnehmerperspektive kann Kroner et al. 2010b, S. 605–613 entnommen werden. Eine Analyse der dazu eingegangenen Kommentierungen findet sich bei Henselmann et al. 2011, S. 188–196. Für einen kompletten Überblick über die Inhalte vgl. IASB 2010b, S. 3–65.

62 Vgl. hierzu Fußnote 55.

63 Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit diesem ED vgl. Labrenz 2015, S. 360–366; Bardens et al. 2013a, S. 453–459; Bardens et al. 2013b, S. 509–516; Nardmann/Heller 2013, S. 397–403. Eine detaillierte Fallstudie zu diesem Standardentwurf unter Berücksichtigung abschlusspolitischer Gestaltungsmöglichkeiten findet sich bei Kirsch 2013, S. 490–497. Für einen kompletten Überblick über die Inhalte vgl. IASB 2013, S. 3–88.

64 Für einen ausführlichen Vergleich der Auswirkungen der Neuabgrenzung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16 auf eingebettete Leasingverhältnisse nach IFRIC 4 vgl. Brune 2016, S. 122–124.

65 Für ergänzende Erläuterungen vgl. Lüdenbach et al. 2018, § 15a Rn 30–54;Schnabl et al. 2017, S. 2–6; Berger/Nardmann 2016, S. 425–426; Eckl et al. 2016a, S. 669–670.

66 Oder zusammen mit anderen Ressourcen, die jederzeit für den Leasingnehmer verfügbar sind (vgl. IFRS 16.B32 [a]).

67 Vgl. hierzu ausführlich Schnabl et al. 2017, S. 7–8.

68 Die Begriffe Dienstleistungs- und Nichtleasingkomponente werden im Folgenden, wie bei Eckl et al. 2016a sowie Findeisen/Adolph 2016, analog verwendet.

69 Vgl. hierzu ausführlich Abschnitt 3.1.2.

70 Für eine kurze Erläuterung des Status quo und der zukünftigen Änderung in Hinblick auf als Finanzinvesti-tion gehaltene Immobilien vgl. Warth & Klein Grant Thornton 2017, S. 4.

71 Vgl. hierzu auch Mujkanovic 2017, S. 101–102.

72 Die sowieso bereits gem. IFRS 16.3 (e) vom sachlichen Anwendungsbereich ausgeschossenen Leasing-verhältnisse, die Lizenzvereinbarungen i. S. v. IAS 38 beinhalten, fallen nicht unter dieses Wahlrecht (vgl. Eckl et al. 2016a, S. 667).

Ende der Leseprobe aus 172 Seiten

Details

Titel
Die Reform der Leasingbilanzierung nach IFRS 16
Untertitel
Eine theoretische und empirische Analyse der Neuregelung
Note
1,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
172
Katalognummer
V903606
ISBN (eBook)
9783346206107
ISBN (Buch)
9783346206114
Sprache
Deutsch
Schlagworte
IFRS 16 IAS 17 Leasing Right of Use Asset on balance
Arbeit zitieren
Irina Lauth (Autor:in), 2019, Die Reform der Leasingbilanzierung nach IFRS 16, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/903606

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