Zusammenhang zwischen Einkommen, Materialansprüchen und Zufriedenheit

Analyse anhand des Easterlin-Paradoxes


Bachelorarbeit, 2019

45 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsdefinitionen
2.1. Einkommen
2.2. Materialanspruche
2.3. Zufriedenheit

3. Easterlin-Paradox
3.1. Beschreibung
3.2. Messprobleme
3.3. Durchfiihrung der Messung
3.3.1. Innerhalb von Landern
3.3.2. Internationale Vergleiche
3.3.3. Nationale Zeitreihen
3.4. Interpretation
3.4.1. Theorie
3.4.2. AbschlieBende Schlusse

4. Die Relevanz von Materialanspriichen
4.1. Einstieg
4.2. Auswirkung von Materialanspriichen
4.2.1. Allgemeines
4.2.2. Materialanforderungen im Lebenszyklus

5. HDI und Politikempfehlungen
5.1. Human Development Index
5.1. Gesundheitspolitik
5.2. Bildungspolitik

6. Fazit

Anhange

Quelle: Human Development Index Data

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Bild 1: Die neun generellen Kategorien der personlichen Hofmung

Bild 2: Antwortmoglichkeiten AIPO vs. NORC

Bild 3: Prozent „very happy" United States, 1972-1991

Bild 4: Subjective well-being (u) as a function of income (y) and Aspiration Level (L)

Bild 5: Birth Cohort of 1941-50

Bild 6: HDI

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Prozentuale Verteilung nach Zufriedenheit 1946-1970

Tabelle 2: Prozentuale Verteilung nach Zufriedenheit und Einkommen 1970

Tabelle 3: Personliches Zufriedenheitsrating & Einkommen pro Kopf

Tabelle 4: Prozentuale Verteilung nach Zufriedenheit 1965

Tabelle 5: Prozentuale Verteilung „good life"

Tabelle 6: Materialanforderungen und Bildung

Tabelle 7: Einkommen und Bildung

Tabelle 8: HDI, Bildung und Gesundheit

1. Einleitung

Der Zusammenhang zwischen Einkommen und Zufriedenheit spielt bereits seit meh-reren Jahrzehnten eine ausschlaggebende Rolle im Bezug auf die PolitikmaBnahmen des Staates. Immer wieder wird versucht das allgemeine Wohlbefinden der Bevolke-rung und somit deren Lebensqualitat zu erhohen. Wie jedoch sieht der Zusammen­hang genau aus? Welche Rolle spielen die Matenalanforderungen in diesem Zusam­menhang und welche Empfehlungen konnen fur die PolitikmaBnahmen ausgespro-chen werden? Diese Arbeit wird sich mit diesen Fragen beschaftigen, indem der Zu­sammenhang zwischen Einkommen und Zufriedenheit anhand des Easterlin-Paradox erklart wird, die Matenalanforderungen mit einbezogen und schlieBlich Politikemp-fehlungen beziiglich der Gesundheits- und Bildungspolitik herausgearbeitet werden. Folglich wird in Kapitel 2 versucht das Einkommen, die Matenalanforderungen und die Zufriedenheit zu definieren. Im dritten Kapitel wird das Easterlin-Paradox an­hand der Studie von 1974 von Richard A. Easterlin vorgestellt und in verschiedene Unterkapitel gegliedert. In diesen Unterkapiteln wird auf die in der Studie verwende-ten Daten, herausgestellte Messprobleme und Ergebnisse eingegangen. Die Daten zeigen drei unterschiedliche Themenbereiche auf, welche sich mit dem Vergleich in-nerhalb eines Landes, dem internationalen Vergleich oder mit dem historischen Ver­lauf beschaftigen. AbschlieBend wird in Kapitel 3 die Theorie der Studie naher erlau-tert und vorgestellt. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Relevanz der Materialan-spruche in dem Zusammenhang zwischen Einkommen und Zufriedenheit. Ebenfalls relevant fiir den Zusammenhang ist der Verlauf eines Lebenszyklus von Personen mit unterschiedlich stark ausgepragter Bildung. Dieses weist auf das funfte Kapital hin, welches sich mit dem Human Development Index und Politikempfehlungen beschaf-tigt. Insbesondere wird hier auf die Gesundheits- und Bildungspolitik am Beispiel von Deutschland eingegangen. Die Relevanz dieser Ausarbeitung steht mit heutigen Gegebenheiten in Verbindung, da die Politik immer weiter versucht MaBnahmen zu erstellen, um bestimmte Ergebnisse zu erzielen. So ist ein Ziel der Politik die Zufrie­denheit der Gesellschaft, welche uber verschiedene Faktoren erzielt werden kann. Ebenso relevant kann die Frage der Zufriedenheit fur die Unternehmen sein, da eine erhohte Zufriedenheit der Arbeitskrafte mit einer verbesserten Arbeitsmoral und so- mit einer hoheren Effizienz einhergehen kann. Die verwendete Literatur in dieser Ausarbeitung bezieht sich groBtenteils auf die Studien von Easterlin, welche den Grundstein legen. Ebenfalls sehr relevant sind soziologische- wie auch psychologi-sche Studien, welche beispielsweise durch die Studie von Cantril berucksichtigt wer-den. Die Theorien von Easterlin werden groBtenteils durch andere Studien gesriitzt, welche hier ebenfalls betrachtet werden. Gerade das letzte Kapitel befasst sich mit aktuelleren Daten, welche von 1990 bis ins Jahr 2018 gehen. Die Daten beschaftigen sich mit dem Verlauf der Bildung und der gesundheitlichen Verpflegung des genann-ten Zeitraums in Deutschland. Somit kann zum Abschluss der Arbeit ein Fazit erstellt werden, das von den grundsatzlichen Gedanken des Easterlin-Paradox tiber weitere, aktuellere Forschung zu diesem Gebiet unter Einbezug von Materialanspriichen be-einflusst wird. AuBerdem kann Bezug zu aktuellen Gegebenheiten erstellt und ver-schiedene Empfehlungen beztiglich kommender PolitikmaBnahmen ausgesprochen werden.

2. Begriffsdefinitionen

2.1. Einkommen

Unter Einkommen werden zuflieBende Leistungen in einem bestimmten Zeitraum verstanden. Im Normalfall handelt es sich hierbei um Geld, welches ein Individuum in einem vorgegebenen Zeitraum erhalt. Umgangssprachlich kann bei naturlichen Personen von einem Verdienst gesprochen werden, welcher bedeutet, dass eine Ar-beitsleistung fur einen bestimmten Zeitaufwand entlohnt wird. Bei juristischen Per­sonen wird von einem Gewinn oder Uberschuss gesprochen. Um den Gewinn eines Unternehmen zu berechnen, werden Ertrage und Aufwendungen gegenubergestellt. Bei einem daraus resultierenden Uberschuss wird von einem Gewinn gesprochen. In der Mikrookonomik wird von StromgroBen im Rahmen der Haushaltstheorie gespro­chen, welche einem Haushalt innerhalb einer Periode zuflieBen. Hierbei stehen dem Haushalt vier verschiedene Einkommensarten zur Verfugung. Zuerst das Arbeitsein-kommen, welches aus Lohnzahlungen aufgrund von Arbeitsleistungen entsteht. Das Besitzeinkommen ist ein Einkommen aus Zinsen aus der Bereitstellung von Kapital.

Darauf folgt das Transfereinkommen, welches Einkommen aus freien Zuwendungen oder rechtlichen Anspriichen ist. Ebenso relevant ist das Einkommen der Unterneh-men, welches als das Einkommen aus dem Gewinn der unternehmerischen Tatigkeit zu verstehen ist. Erganzend zu diesen vier Einkommensarten gibt es das Differenzi-aleinkommen, welches sich aus Leistungsdifferenzen von Faktoren ergibt. Die Ma-krookonomik fasst das Einkommen als Volkseinkommen auf, welches in der volks-wirtschaftlichen Gesamtrechnung die AusgangsgroBe fur die Darstellung der Ein-kommensverteilung widerspiegelt. Das Volkseinkommen ist die Summe aus Arbeit-nehmerentgelten sowie Unternehmens- und Vermogenseinkommen, welches Institu-tionen und Personen, die ihren standigen Sitz im Inland haben, zugeflossen ist. In funktionaler Gliederung wird das Arbeitnehmerentgelt von dem Unternehmensein-kommen unterschieden, in sektoraler Gliederung werden die entsprechenden Ein­kommen nach den Sektoren private Haushalte, Unternehmen und Staat gegliedert. Gemessen wird das Einkommen anhand des Bruttoinlandsproduktes. Wenn eine ein-zelne Person Angaben beziiglich des Einkommens macht, wird dieses oft iiber das BIP pro Kopf Einkommen angegeben.

2.2. Materialanspruche

Unter „material aspirations" wird ubersetzt von Materialanspruchen oder Erwartun-gen an bestimmte Guter gesprochen. Materialanforderungen reprasentieren die Er-wartungen eines Individuums an materielle Giiter. So hat jedes Individuum verschie-dene Anforderungen, welche mit dem Einkommen jenes zusammenhangen konnen. (vgl. Easterlin 1995: 41) AuBerdem werden Materialanspruche als ein weiterer Grund fur das Easterlin-Paradox genannt, da nach Easterlin die Zufriedenheit eines Indivi­duums nicht von dem Materiellen an sich abhangt, sondern davon, wie es zu dem Materiellen von anderen Individuen im Verhaltnis steht. Das Verhaltnis von Gutern zu den Materialanspruchen ist hier relevant. Sobald die Guter uberliegen, kann dies zu einem Anstieg in der personlichen Zufriedenheit fuhren. Die Frage ist nun, wie Materialanspruche definiert werden konnen. Wenn diese fur alle Individuen zu jeder Zeit und in jedem Ort gleich bestimmt waren, dann wurde mehr Einkommen zu ei­nem Anstieg von Zufriedenheit nicht nur fur Individuen, sondern auch fur Gesell- schaften iiber Zeit fuhren. Jedoch ist es von der sozialen Situation abhangig, wie die Anspruche an Guter festgelegt werden. Individuen, welche in wohlhabenderen Zeiten aufwachsen, werden andere Anspruche an Guter haben, als welche, die in armeren Zeiten aufwachsen. Somit sind Materialanspriiche ein Ergebnis aus Erfahrungen der Vergangenheit und der aktuellen Situation einer Gesellschaft. Das Individuum setzt durch die Erfahrung der Kindheit fest, welche Guter gebraucht werden, und erkennt anhand der Personen im Umfeld, wie gelebt wird, und gleicht sich somit der Gesell­schaft in einem bestimmten Ort an. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle Individuen dieses Verhalten identisch verwenden. Ebenso entstehen viele Differenzen in den An-spriichen an Gutern aufgrund von personlichen und sozialen Unterschieden. (vgl. Easterlin 1973: 8f.)

2.3. Zufriedenheit

Der englische Begriff „happiness" wird hier mit dem Begriff der Zufriedenheit tiber-setzt. Zufriedenheit bedeutet, dass ein Individuum innerlich ausgeglichen ist und nicht mehr verlangt als den eigenen Besitz. Ein weiterer Definitionsansatz ist, dass das Individuum nichts an der derzeitigen Lage auszusetzen hat und mit den gegebe-nen VerMltnissen und Leistungen einverstanden ist. Die Zufriedenheit kann ein aus-schlaggebender Faktor fur das physische sowie psychische Wohlbefinden sein, wes­halb es durchaus ein Interesse der Politik gibt, dieses in der Gesamtheit zu steigern. Durch die Veranderung der Zufriedenheit sind verschiedene Anderungen auf die Le-bensqualitat, das allgemeine Wohlbefinden und auch die Arbeitsproduktivitat denk-bar. Somit ist wirtschaftlich gesehen ein hoher Grad des Wohlbefindens der Gesell­schaft ein verfolgbares Ziel, da durch eine groflere Zufriedenheit der Arbeitskrafte die Arbeitsmoral und somit die Effizienz gesteigert werden konnte. Die Messbarkeit der Zufriedenheit kann sich als schwierig erweisen, weshalb verschiedene Subjec­tive Well-Being" Indikatoren benutzt werden, um langfristig die Faktoren der Zufrie­denheit herauszuarbeiten und somit die Zufriedenheit der Burger steigern zu konnen. Bei der Erhebung von Daten zur Zufriedenheit von Individuen fallen verschiedene Probleme an. Ein Problem ist die Subjektivitat der Empfindung „Zufriedenheit", welche jede Person mit anderen Faktoren in Verbindung setzt, weshalb oft auf den Begriff „Abwesenheit von Unzufriedenheit" ausgewichen wird und die Unzufrieden-heit mit der Nichterfullung bestimmter Leistungen erklart wird. Easterlin schreibt, dass Zufriedenheit durch verschiedene Griinde hervorgebracht werden kann und selbst bei dem „einfachen" Mann nicht nur von den materiellen Gegebenheiten ab-hangt. Wenn Befragte ihre Zufriedenheit oder ihr Gliick beschreiben sollen, wird ge-fragt, ob sie „very happy", „fairly happy" oder „not so happy" sind. AuBerdem wer­den die Befragten nach ihrer Definition von Zufriedenheit gefragt, was vermuten lasst, dass es ebenso viele Definitionen wie Befragte geben wtirde. Interessant ist je-doch zu sehen, dass es viele Ubereinstimrnungen bei verschiedenen Befragten aus unterschiedlichen Landern gibt. So entscheidet sich die Mehrheit der Befragten fur die Definition, dass Zufriedenheit von okonomischen Umstanden, familiaren Gege­benheiten und der personlichen Gesundheit abhangig ist. Weniger haufig werden Faktoren der sozialen und politischen Gegebenheiten genannt, welche nur ungefahr 10% der Befragten angegeben haben. (vgl. Easterlin 1973: 2f.)

3. Easterlin-Paradox

3.1. Beschreibung

„For many Americans, the pursuit of happiness and the pursuit of money come to much the same thing. More money means more goods (inflation aside) and thus more of the material benefits of life. As it is for the individual, so it is for society as a who­le. National economic growth — a steady upward march in average income, year af­ter year, decade after decade — means, it is supposed, greater well-being and a hap­pier society." (Easterlin 1973: 1)

Diese Hypothese gibt einen ersten Hinweis auf das Easterlin-Paradox, welches einen Zusammenhang zwischen Einkommen und Zufriedenheit darstellt. Easterlin schreibt, dass gerade zu der Zeit im Jahre 1973 der Zusammenhang zwischen der Erhohung der Zufriedenheit eines Individuums und das okonomische Wachstum in Frage ge-stellt wird, da dieses mit relevanten Nebeneffekten einhergeht. Zu den resultierenden Nebeneffekten zahlen die Umweltverschmutzung und die Uberlastung des Verkehrs-systems. Somit ergibt sich die Frage, ob die wohlhabenderen Gesellschaftsmitglieder gliicklicher sind als die weniger wohlhabenden. AuBerdem stellt Easterlin die Frage, ob die Erhohung des Einkommens aller Individuen auch die Zufriedenheit von alien erhohen wurde. (vgl. Easterlin 1973: 1) Die verwendeten Daten fur die Messung der Zufriedenheit wurden 19 verschiedenen Landern entnommen, welche Industrie- und Entwicklungslander beinhalten. Grundsatzlich handelt es sich urn individuelle Aus-sagen zur personlichen Zufriedenheit, welche nicht immer die wahren Gegebenheiten der Befragten widerspiegeln. (vgl. Easterlin; 1974: 90) Die von Easterlin verwende­ten Daten sind von zwei verschiedenen Typen gepragt, einmal eine „Gallup-poll-type" Umfrage und ein Datenset, welches 1965 von Cantril erstellt wurde. Die „Gal-lup-poll-type" Umfrage gehort zur Gallup Organization, welche eine der fuhrenden Forschungs- und Meinungsforschungsinstitute mit Sitz in Washington ist. Bei der verwendeten „Gallup-poll-type" Umfrage wird eine direkte Frage an die Befragten gestellt. Diese Frage sah so aus, dass sich die Befragten zwischen drei Antwortmog-lichkeiten entscheiden konnten, ob sie sehr glucklich, maBig glucklich oder weniger gliicklich sind. Erganzend dazu wurde manchmal die Frage gestellt, wie der Befragte Zufriedenheit fur sich selber definiert. (vgl. Easterlin 1974: 90) Die Frage wurde je-doch mit 50 oder mehr verschiedenen Umfragefragen gemischt, welche sich mit da-mals aktuellen Ereignissen und politischen Gegebenheiten befassten. Die Frage des okonomischen Status wurde gegen Ende der Befragung in Verbindung mit verschie­denen personlichen Charaktermerkmalen gestellt, wodurch die befragten Personen vom Interviewer nicht als reiche oder weniger reiche Person eingestuft wurden. (vgl. Easterlin 1974: 98) Das zweite Datenset ist von einem anspruchsvolleren Verfahren, welches von Cantril in einer wegweisenden Arbeit in Bezug auf Hoffhungen, Angste und Zufriedenheit von Personen in 14 Landern der Welt verwendet wurde. Cantril schreibt, dass die Daten mittels einer von ihm entwickelten Technik namens „Self-Anchoring Striving Scale" erhebt wurden. Das Besondere bei diesem Verfahren ist, dass zuerst die befragte Person die Basis der Befragung anhand von eigenen Erwar-tungen und Vorstellungen festlegt. AuBerdem soil die befragte Person zwei Extreme, also Minimum und Maximum einer Skala festlegen. So kann die Person beispiels-weise den untersten und obersten Punkt der Messskala bestimmen. Diese Technik kann bei einer Vielzahl von Problemen angewendet werden. In der Studie von Cantril wurde diese jedoch angewendet, um das ganze Spektrum der Werte einer Person zu erfahren. Das eine Extremum bildet die Traume und Ziele des Befragten ab, wahrend das andere von den Angsten gepragt ist. Folglich wurde eine Skala von 0-10 erstellt und die befragte Person konnte einschatzen, wo auf dieser Skala sie sich zurzeit be-fand. Somit konnte eine groBtenteils unverfalschte und unvoreingenommene Aussage gemessen werden, da die befragte Person die Skala selbst definieren konnte. (vgl. Cantril 1965: 22) Folglich gibt Cantril dem Interviewer verschiedene Fragen und Anweisungen an den Befragten vor. Zuerst wird anhand von zwei Fragen die Skala von Traumen und Angsten festgelegt. Darauf folgen beispielsweise Fragen, wo die befragte Person sich aktuell, in der Vergangenheit oder in der Zukunft auf der Skala eingliedern wiirde. (vgl. Cantril 1965: 23) Nach der Auswertung der Daten ermittelt Cantril neun Kategorien der Hoffnungen der Befragten am Beispiel der United Sta­tes. (vgl. Cantril 1965: 36) Diese werden in Bild 1 abgebildet. Sehr relevant scheint die wirtschaftliche Situation der Befragten zu sein, welche mit 65% an erster Stelle der Hoffriungen steht. Dieses bedeutet, dass 65% der Befragten angegeben haben, dass zu den Hoffriungen und Traumen eine Verbesserung der eigenen okonomischen Position zahlt. Auch relevant sind an zweiter Stelle die Gesundheit mit 48% und an dritter Stelle die Familiensituation mit 47%. Auch wenn sich die beiden Datensatze in der Technik unterscheiden, so haben sie den gleichen grundlegenden Ansatz, in dem das Konzept der Zufriedenheit zugrunde liegt. Das Vertrauen der Befragung ist in die Befragten gelegt, da jeder seine eigene Definition fur die Zufriedenheit hat. In der Gallup Umfrage hat der Befragte die Moglichkeit, zwischen breit gefacherten Antwortmoglichkeiten auszuwahlen, wahrend er in der Studie von Cantril seine Zu­friedenheit numerisch auf einer selbst definierten Skala von 0-10 bewerten kann. (vgl. Easterlin 1974: 92)

3.2. Messprobleme

Die Frage, ob die Antworten im Bezug auf emotionale Fragestellungen unverzerrt sind, bleibt weiterhin bestehen. Somit weist Easterlin darauf hin, dass die gegebenen Antworten beispielsweise durch die HQhen und Tiefen den taglichen Lebens beein- flusst werden. (vgl. Easterlin 1974: 96) Antwort darauf haben Robinson und Shaver gegeben, welche eine stabile „test-retest reliability" bestatigen konnen. Diese bedeu-tet, dass ein bestimmtes Merkmal durch ein bestimmtes Verfahren wiederholt gemes-sen werden kann und die gleichen Ergebnisse hervorbringt. (vgl. Robinson und Shaver 1969: 17) Easterlin bestatigt mittels der gewonnen Daten die Aussage von Robinson und Shaver, da zwei aufeinanderfolgende Fragen im Bezug auf die Zufrie­denheit, zwischen denen ein Zeitraum von zwei Wochen lag, nahezu identisch be-antwortet wurden. (vgl. Easterlin 1974: 96) Zu sehen ist dieses auch an Tabelle 1, welche die Prozentzahlen einer Umfrage zu verschiedenen Zeitpunkten in den United States zwischen 1946 und 1970 zeigt. Deutlich wird, dass bei zwei Zeitpunkten, wel­che zwei Monate auseinanderliegen, kaum deutliche Unterschiede in den Ergebnis-sen vorliegen. Im April 1946 wurden beispielsweise 3151 Personen befragt, wovon 39% sehr glucklich, 50% maflig glucklich, 10% nicht wirklich glucklich und 1% an-dere Angaben gegeben haben. Folgend wurden im Dezember 1947 erneut Personen befragt. Es wurden 1434 Personen befragt, wovon die prozentualen Verteilungen: 42;47;10;1 % betrugen. Ein weiteres Messproblem ist die Validitat von Selbstberich-ten uber die personliche Zufriedenheit. So fragt Easterlin, ob Personen uberhaupt in der Lage sind, ihre eigene Zufriedenheit objektiv zu bewerten. (vgl. Easterlin 1974: 96) Robinson und Shaver schreiben, dass weitere, interessante Faktoren bei der Mes-sung von Zufriedenheit auftreten konnen. Gerade psychologische Faktoren konnen eine groBe Rolle spielen, wenn Konzepte wie Depressionen, Probleme mit der Selbstachtung oder Entfremdung beriicksichtigt werden. Diese sind meistens mit den Ergebnissen korreliert und konnen somit zu Verfalschungen der Daten fuhren. (vgl. Robinson und Shaver 1969: 26) Bestatigt wird dieses von Bradburn. Dort heiBt es, dass Selbstberichte bezuglich der Zufriedenheit einer Person mit den psychologi-schen Faktoren korreliert sind. Diese konnen beispielsweise Depressionen sein oder vom Tagesablauf abhangen und somit das psychologische Wohlbefinden beeinflus-sen. (vgl. Bradburn 1969: 39) Die Ergebnisse weisen ebenso auf ein weiteres Pro­blem hin, ob eine Person ihre emotionalen Gefuhle einem anonymen Interviewer of-fenbart. Die Selbstberichte lassen sich jedoch gut mit den anderen Grundlagen iiber-priifen, was auf ehrliche Antworten vermuten lasst. Somit kommt Easterlin vorerst zu dem Entschluss, dass es kaum ernstzunehmende Probleme im Bezug auf die Mess- barkeit von Zufriedenheit gibt. Zufriedenheit konnte jedoch als sozialer Trend gese-hen werden und somit konnten die Messergebnisse aufgrund sozial wunschenswer-tem Verhalten positiv verzerrt werden. (vgl. Easterlin 1974: 97) Bradburn schreibt dazu, dass solch ein sozial erwiinschter Effekt durch das ganze Interview wirksam ist und die Verteilung der anderen relevanten Elemente beziiglich der Zufriedenheit ver-andert, aber auf die Korrelation zwischen den Elementen keinen einen Einfluss hat. (vgl. Bradburn 1969: 38) Letztlich kommt Easterlin zu dem Ergebnis, dass sich die erwartete Verzerrung in den Antworten mit einer veranderten sozialen Norm veran-dern wurden. Somit kommt die Frage auf, ob sich die Norm im Zeitverlauf verandert hat und diese in den 19 verschiedenen befragten Landern die gleiche ist. (Easterlin 1974; 98) Ebenso relevant kann der Kontext der Befragung sein, wenn beispielswei-se zuerst nach dem Einkommen und dann nach der Zufriedenheit gefragt wird. Viele Befragte verbinden die beiden Themen miteinander und beurteilen ihre Zufriedenheit aufgrund ihres derzeitigen Einkommens. (vgl. Easterlin 1974: 98) AbschlieBend ist der Effekt von der Variation der Frageformulierung beziiglich der Zufriedenheit rele­vant. So hat das National Opinion Research Center (NORC) eine ahnliche Befragung wie das American Institute of Public Opinion (AIPO) durchgefuhrt, jedoch mit Un-terschieden in den Antwortmoglichkeiten. (vgl. Easterlin 1974: 98) Bild 2 zeigt die verschiedenen Auspragungen der Antwortmoglichkeiten. Es sind jeweils drei Ant­wortmoglichkeiten vorgegeben, welche sich im ersten Punkt gleichen. Die zweite Antwortmoglichkeit ist jedoch unterschiedlich, da bei der AIPO Umfrage die Ant­wortmoglichkeit „fairly happy" und bei der NORC Umfrage die Antwortmoglichkeit „pretty happy" vorgegeben sind. Bei der dritten Antwortmoglichkeit ist wieder eine Unterscheidung erkennbar und die Auspragungen „not very happy" sind bei der AIPO Umfrage und „not too happy" bei der NORC Umfrage vorgegeben. Easterlin schreibt dazu, dass viele Befragte die zweite Antwortmoglichkeit der NORC Umfra­ge nah an der ersten und weiter weg von der dritten einordnen wurden. Somit wurden Personen, welche sich bei der AIPO Umfrage fur die erste Antwort entscheiden, bei der NORC Umfrage die zweite Antwortmoglichkeit wahlen. Ebenso wurden Perso­nen, welche bei der AIPO Umfrage die zweite Antwortmoglichkeit in Erwagung Zie­hen, bei der NORC Umfrage auf die dritte Antwort ausweichen. (vgl. Easterlin 1974: 98f.) Bestatigt wird diese Vermutung durch die Daten in Tabelle 1, wo die prozentua- le Verteilung der Bevolkerung beziiglich der Zufriedenheit abzulesen ist. Die Daten wurden in den United States von 1946-1970 entnommen. Die AIPO Poll Daten wur-den aus verschiedenen AIPO Poll Umiragen entnommen und die NORC Daten von Bradburn. Zuerst konnen die bereits beschriebenen Antwortmoglichkeiten abgelesen werden. Werden nun zwei ahnliche Daten wie beispielsweise die Daten im Marz 1957 bei der AIPO Poll Umfrage mit den Daten aus dem Fruhling 1957 bei der NORC Umfrage verglichen, so kann die von Easterlin vermutete Hypothese bestatigt werden. Im Marz 1957 geben 53% der Befragten an, dass sie sehr glucklich sind. Ebenso sind 43% einigermafien glucklich und 3% nicht wirklich glucklich. Ange-nommen, dass die eben erwahnte Theorie wtirde stimmen, so wurde die NORC eine Verteilung in Richtung der zweiten Antwortmoglichkeit ergeben. Anhand der Daten kann dieses bestatigt werden, da im Fruhling 1957 nur 35% angeben, dass sie sehr glucklich sind, wahrend 54% angeben, dass sie ziemlich glucklich sind und 11% an­geben, dass sie nicht so glucklich sind. Naturlich gibt es bei den Befragungen ver-schiedene Gruppen, welche befragt werden und die Menge der Befragten gleicht sich ebenfalls nicht. Aber es ist interessant zu sehen, dass durch eine Veranderung der Auspragung von Antwonmoglichkeiten eine veranderte Verteilung erzielt werden kann und das gewollte Ergebnis auf diesem Wege beeinflusst werden konnte.

3.3. Durchfuhrung der Messung

3.3.1. Innerhalb von Landern

Um die Antwort auf die Frage, ob ein erhohtes Einkommen zu einer erhohten Zufrie­denheit ftihrt, zu geben, startet Easterlin mit der Betrachtung des Zusammenhanges von Einkommensgruppen innerhalb eines Landes zu einem bestimmten Zeitpunkt. (vgl. Easterlin 1974: 99) Tabelle 2 zeigt die prozentuale Verteilung der Bevolkerung nach Zufriedenheit und nach der EinkommensgroBe. Die Daten sind vom AIPO Poll im Dezember 1970 veroffentlicht. Das BIP pro Kopf der Befragten in $1000 Hohe und vier verschiedene Antwortmoglichkeiten wurden gegeben. Bei der Auswertung handelt es sich um prozentuale Verteilungen. Auffallig ist, dass bei der ersten Ant- wortmoglichkeit von „very happy" eine steigende Tendenz mit einem hoherem Ein-kommen beobachtet wird. AuBerdem ist der groBte Anteil von 13% von der Ant-wortmoglichkeit „not very happy" bei der geringsten Einkommensgruppe zu finden. Die geringste Einkommensgruppe wird in dieser Tabelle mit einem BIP pro Kopf von unter 3000$ klassifiziert, wahrend die hochste Einkommensgruppe von 15000$ aufwarts abgegliedert wird. Bestatigt wird diese Vermutung von Easterlin, welcher selber darauf hinweist, dass anhand von Tabelle 2 ein positiver Zusammenhang von Einkommen und Zufriedenheit vermutet werden kann. (vgl. Easterlin 1974: 99) Um dieses Verhalten zu tiberpriifen, beschaftigt sich Easterlin mit weiteren Umfragen, um die Hypothese zu bestatigen. Es wird das Ergebnis herausgestellt, dass in jeder be-trachteten Umfrage die Befragten aus einer hoheren Einkommensschicht im Durch-schnitt glucklicher waren als Befragte der untersten Einkommensschicht. (vgl. Eas­terlin 1974: 100) Zu dem gleichen Entschluss gelangt Inkeles. Er stellt heraus wird, dass sich okonomisch besser gestellte Personen oder Personen mit hoherer Bildung meistens als zufriedener einstufen als schlechter gestellte Personen. Dieses liegt dar-an, dass die Personen aus der hoheren Einkommensschicht oder einem hoheren Bil-dungslevel mit ihrem Lebensprozess zufriedener sind. Somit kann das typische Bild „carefree but happy poor" angefochten und widerlegt werden. (vgl. Inkeles 1960: 17) Neben dem Zusammenhang zwischen Einkommen und Zufriedenheit konnen weitere Faktoren wichtig sein und die Daten verzerren. Robinson und Shaver haben sich mit diesen Faktoren befasst und kommen zu dem Entschluss, dass beispielsweise das Al­ter, der soziale Status oder die Rasse einen Einfluss haben konnen. So zeigt sich fur das Alter, dass mit steigendem Alter die Zufriedenheit der Befragten sinkt, was je­doch mit Scheidungen oder dem Tod des Partners im hoheren Alter zusammenhangt. AuBerdem sind Personen mit einem hoheren sozialen Status zufriedener als Personen mit einem geringeren sozialen Status, was jedoch in den zwei Hauptindikatoren Ein­kommen und Bildungsstand begrundet ist. Durchaus konnen Unterschiede in der eth-nischen Herkunft festgestellt werden, welche jedoch groBtenteils auf die Heirat oder Bildungseffekte ziiruckzufuhren sind. (vgl. Robinson und Shaver: 1969: 19-23) Ab-schlieBend deutet Easterlin auf die zwei Moglichkeiten, wie die hier vorhandene Kausalitat beantwortet werden kann. Es wird die Frage gestellt, ob ein hoheres Ein­kommen die Leute glucklicher macht oder ob glucklichere Leute produktiver sind und somit ein hoheres Einkommen erzielen konnen. Es wird darauf hingedeutet, dass es keine eindeutige Antwort gibt und viele Faktoren eine Rolle spielen. Neben den hier aufgefuhrten Faktoren spielen beispielsweise die personliche Gesundheit, das Erbe, das emotionale Wohl oder auch eine angeborene Fahigkeit eine ausschlagge-bende Rolle. (vgl. Easterlin 1974: 103)

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Details

Titel
Zusammenhang zwischen Einkommen, Materialansprüchen und Zufriedenheit
Untertitel
Analyse anhand des Easterlin-Paradoxes
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Note
2,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
45
Katalognummer
V901861
ISBN (eBook)
9783346189561
ISBN (Buch)
9783346189578
Sprache
Deutsch
Schlagworte
analyse, easterlin-paradox, einkommen, materialansprüchen, zufriedenheit, zusammenhang
Arbeit zitieren
Thilo Even (Autor:in), 2019, Zusammenhang zwischen Einkommen, Materialansprüchen und Zufriedenheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/901861

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