Ganztagsbildung als Diskriminierungsausgleich bei Kindern und Jugendlichen


Hausarbeit, 2020

20 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretischer Hintergrund
2.1 Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem
2.2 Forschungsstand über Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem
2.3 Problematik des deutschen Schulsystems
2.4 System Ganztagsbildung

3. Fragestellung

4. Diskussion
4.1 Ausblick

5. Literaturverzeichnis

Abstract/ Zusammenfassung

Durch die jahrelang bewiesene Studienlage ist von der Problematik des deutschen Bildungssystems, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund Diskriminierungserfahrungen in der Schule erleben, nicht mehr wegzusehen. Dies spiegelt sich wider in der Verteilung der Bewertung an weiterführenden Schulen, den verteilten Noten bei gleich erbrachten Leistungen oder auch der erreichten Schulabschlüsse. Meistens steht dies im direkten Zusammenhang mit dem sozialen Status der Familie. Die vielseitige Problematik ist dadurch erkennbar, dass im häuslichen Rahmen beispielsweise durch sprachliche Barrieren, nicht alle Unterstützungsmaßnahmen ausgeschöpft werden können. Deswegen gilt es auf den politischen Ebenen für Jugend, Bildung, Familie und dem Arbeitsmarkt diesbezüglich Veränderungsmaßnahmen durchzuführen. Durch das Konzept der Ganztagsbildung wird eine komplementäre Verknüpfung vom Vormittagsunterricht zum Nachmittagsangebot hergestellt. Durch die Kombination von formaler und non-formaler Bildung wird eine Kooperation von Bildungsinstitutionen und Verbänden erreicht. Dadurch soll ein stabiles Netzwerk für Familien, Kinder und Jugendlichen entstehen, sodass sich jeder Schüler*In frei von der ethnisch-kulturellen Herkunft entfalten und seinen Bildungsweg genießen kann.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Übergang von Kindern aus Migrantenfamilien und Kindern aus deutschen Familien von der Grundschule in die Sekundarstufe

Abbildung 2: Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Schüler aus Zuwandererfamilien weniger Chancen haben als deutsche Schüler?

1. Einleitung

In keinem anderen Land wie Deutschland herrscht so eine langandauernde Diskrepanz im Bildungssystem bezüglich dem Werdegang der schulischen Laufbahn bis hin zum erzielten Schulabschluss zwischen deutschen Kindern und Kindern mit einem Migrationshintergrund. Im Folgenden geht es zu Beginn dieser Studienarbeit darum, erstmal zu definieren wer als Migrant gilt. Des Weiteren liegt der Fokus auf dem aktuellen Forschungsstand, der die Benachteiligung der Kinder und Jugendlichen mit einem Migrationshintergrund darstellt und auf die Problematik des deutschen Schulsystems hinweist. Im Anschluss wird das System der Ganztagsbildung vorgestellt, um im Sinne der Forschungsfrage herauszufinden, ob sie durch ihr ausgearbeitetes System von komplementären Nachmittagsangeboten passend zum Vormittagsunterricht einen Diskriminierungs-ausgleich für Kinder und Jugendliche mit einem Migrationshintergrund schaffen kann.

2. Theoretischer Hintergrund

Damit die Beantwortung der Forschungsfrage erfolgen kann, geht es zu Beginn darum zu definieren, wer unter dem Begriff der Migration fällt und zu welchen Problematiken dieser Aspekt in dem deutschen Bildungssystem führen kann. Darüber hinaus wird das Konzept der Ganztagsschule präsentiert, um zu schauen, ob die Ganztagsschule eine Möglichkeit bieten kann, Benachteiligungen bzw. Diskriminierungen gegenüber Kindern und Jugendlichen mit einem Migrations-hintergrund entgegen zu wirken.

2.1 Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem

Zur Feststellung des Problems im deutschen Bildungssystem gilt es zunächst sich die Definition von Migration vor Augen zu führen. Hierbei handelt es sich um eine Wanderung von Personen oder Personengruppen, die ihren Lebensmittelpunkt und somit den dauerhaften Wohnsitz räumlich verlegen (Diefenbach, 2010). Von internationaler Migration spricht man, wenn die Wanderung über die Staatsgrenzen hinweg verläuft. Hierbei wird deutlich, dass wenn in der Gesellschaft von Migration gesprochen wird, eigentlich die internationale Migration gemeint ist. Somit lässt sich daraus schließen, dass die Migration innerhalb eines Landes nicht von großer Bedeutung ist (bpb., 2009). In den Definitionen der Sozialwissenschaften wird ebenfalls die räumliche Wanderung betont, welche in diesem Zusammenhang als soziokulturelle Aspekte des Wohnortswechsels bezeichnet werden (Diefenbach, 2010).

Auf Deutschland bezogen werden also die Migrantenkinder als die Nachkommen der Gastarbeiter*Innen, die in den 60er Jahren aus Italien, Spanien, Griechenland, Portugal, Türkei, Marokko, Tunesien und Jugoslawien zum Arbeiten gekommen sind, bezeichnet. Dabei wird zwischen Migrantenkindern erster Ordnung und zweiter Ordnung unterschieden. Ein Migrantenkind erster Ordnung ist ein Kind, dass in einem anderen Land geboren ist und nach der Geburt nach Deutschland migriert ist. Bei einem Kind zweiter Ordnung bedeutet es, dass die Eltern dieses Kindes in einem anderen Land geboren worden sind und nach Deutschland migriert sind. Hierbei gilt es zu überdenken, ob die Kinder der zugewanderten Gastarbeiter*Innen in Deutschland geboren sind und auch eventuell die deutsche Staatsbürgerschaft haben, ebenfalls noch als „Migrantenkinder“ bzw. „-jugendliche“ bezeichnet werden können. In diesem Falle ist die passende Begrifflichkeit „Kinder mit Migrationshintergrund“ eine viel treffendere Bezeichnung. Wobei diese Bezeichnung dementsprechend wiederrum auch auf die Kinder der ersten Ordnung angewendet werden kann (ebd.).

Aufgrund der teilweise nicht eindeutig formulierten Definitionen, die auch zu Unklarheiten in den Studien führen, bleibt auch in dieser Studienarbeit der Fokus bei der Unterscheidung zwischen deutschen Familien und Familien mit einem Migrationshintergrund, bezugnehmend auf Migranten erster und zweiter Ordnung, die daraus resultierend Benachteiligungen im deutschen Bildungssystem erfahren.

2.2 Forschungsstand über Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem

Unter Anbetracht der aufgeführten Begrifflichkeiten von Migration gilt es bezüglich der Studienlage zu beachten, dass in der Bildungspolitik hauptsächlich nur zwischen deutschen und ausländischen Familien unterschieden wird. Das Problem hierbei ist, dass nicht beachtet wird, dass viele Kinder mit einem Migrationshintergrund durch die Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit erlangen und die Einordnung in zwei Kategorien von deutschen und nicht deutschen Familien in den Studien der Gesellschaft nicht mehr gerecht wird. Trotz dieser Einschränkung gilt der Fokus darauf zu prüfen, ob Kindern und Jugendlichen bezüglich ihres Migrationshintergrunds beider Ordnungen Benachteiligungen verspüren (Diefenbach, 2010).

Der Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe prägt den gesamten Lebensverlauf eines Kindes und ist somit eine der wichtigsten Bildungsentscheidungen, die getroffen wird. Sie entscheidet über den weiteren Verlauf der Schullaufbahn und beeinflusst den Zugang zu bestimmten gesellschaftlichen Positionen, welches die Durchsetzung herkunftsbedingter Ungleichheiten weiterhin aufweist. Die Ursache liegt hierbei bei den Bildungsentscheidungen der Eltern und den Empfehlungen der Lehrer*Innen, durch die eine Erlangung eines guten Notendurchschnitts mit den herkunfts-bedingten Ressourcen zusammenhängt (Diefenbach, 2010 & Kutscher, 2008).

Die folgende Studie verweist auf die unterschiedlichen Übergänge von Schüler*Innen aus deutschen Familien und Migrantenfamilien auf die weiterführenden Schulen. Der Erhebungszeitpunkt begann 1985 und verläuft bis zum Jahre 2006. Insgesamt betrachtet, wechselt der größte Anteil der Kinder, sowohl bei deutschen Familien als auch bei Migrantenfamilien auf die Hauptschule. Jedoch ist der Anteil bei den Migrantenfamilien mit 66% deutlich höher als bei den deutschen Familien mit nur 41,7%. Bei dem Wechsel auf die Realschule und das Gymnasium zeigen deutsche Familien deutlich höhere Zahlen von 18,3 % und 29,9% auf. Die Kinder aus Migrantenfamilien schaffen es hingegen nur zu 13,6% auf Realschulen und zu 9,4% auf Gymnasien. Der einzig überlappende Wert von 7,7% und 7,1% zeigt der Wechsel auf die Gesamtschulen an (Diefenbach, 2010).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Übergang von Kindern aus Migrantenfamilien und Kindern aus deutschen Familien von der Grundschule in die Sekundarstufe (Diefenbach, 2010, S. 56)

Ähnliche Studien wie die von Diefenbach (2010) erhoben wurden bezüglich dem Übergang auf die weiterführende Schule bei türkischen, griechischen, italienischen, spanischen, (ex-)jugoslawischen und deutschen Familien im Zeitraum von 1985 bis 2006, sowie die Bildungsbeteiligung von ausländischen und deutschen Schüler*Innen von 1992 bis 2006, die Über- und Unterrepräsentationen von Schüler*Innen mit Migrationshintergrund an der jeweiligen Schule und in den einzelnen Bundesländern von 2002 und der jeweilig erzielte Abschluss von deutschen und ausländischen Jugendlichen im Zeitraum von 1992 bis 2006 zeigen alle die Ergebnisse auf, dass sowohl der Wechsel auf die weiterführende Schule als auch der erreichte Bildungsabschluss der deutschen Kinder und Jugendlichen hauptsächlich auf Gymnasien und bei den Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund hauptsächlich auf Hauptschulen erlangt wird. Bei Kindern und Jugendlichen mit einem Migrationshintergrund handelt es sich hauptsächlich um Menschen aus der Türkei. Jedoch weisen die Studienergebnisse Unterschiedlichkeiten in den jeweiligen Kulturen auf. Um klare Ergebnisse zu erhalten, ist eine Differenzierung somit unabdingbar. Die Studien haben aufgezeigt, dass türkische, italienische und (ex-)jugoslawische Kinder und Jugendliche am schlechtesten im deutschen Schulsystem abschneiden. Die Ergebnisse der Studien haben jedoch auch deutlich gemacht, die Bundesländer gesondert voneinander zu betrachten, denn die Schüler*Innen erreichen tendenziell in Nordrhein-Westfalen, Bremen und Hamburg höherwertige Schulabschlüsse, als in Bayern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein (ebd.).

Laut Kutscher (2008) zeigen sich besonders ausgeprägte Homogenisierungs-wirkungen im Bereich der Hauptschule wieder. Sie spiegelt sich als eine homogene Schulform wider, welche mit einem damit kombiniertem kulturellen Kapital die bildungsbezogene Benachteiligung durch Herkunft, Peers und institutionellen Möglichkeiten bestätigt und weiterhin fester Bestandteil ist. Die deutsche Schulgeschichte hat in diesem Zusammenhang deutlich aufgezeigt, dass eine Erreichung der Homogenität durch eine institutionelle Aus-differenzierung ungleiche Bildungschancen nur verstärkt.

Diehm (2008) unterstreicht die Studien ebenfalls und hebt hervor, dass 20% der Schüler*Innen im Laufe der Sekundarstufe I in die Hauptschule absteigen. Im Vergleich hierzu sind bei den Schüler*Innen ohne Migrationshintergrund nur 10% betroffen. Im Jahre 2005 konnte feststellt werden, dass Schüler*Innen mit Migrationshintergrund, die ein Gymnasium besuchen, trotzdem noch immer aus einer defizitorientierten Perspektive betrachtet werden. Die Probleme und Schwierigkeiten werden ethisch-kulturell der außerschulischen Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen verortet (Diehm, 2008).

Auch Wiezorek und Merten (2008) unterstreichen die genannten Ergebnisse, bezugnehmend auf das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, dass der Migrationshintergrund einen Einflussfaktor für die Bildungs-beteiligung darstellt. Die Chance eines Jugendlichen mit Migrationshintergrund ein Gymnasium zu besuchen, ist im Vergleich mit den schulischen Leistungen eines deutschen Jugendlichen ungefähr um das Zweieinhalbfache geringer. Dies zeigen auch die unterschiedlichen Bildungsentscheidungen der Lehrkräfte den Kindern gegenüber, die aus divergierenden sozialen Milieus kommen, die jedoch eine vergleichbare Leistung erbringen. Der Unterschied zwischen den deutschen Kindern und Jugendlichen aus unteren sozialen Milieus, hingegen den mit Migrationshintergrund ist, dass sie zumindest die deutsche Sprache beherrschen.

In der Einwanderungsgesellschaft bildete sich eine Abwehr- und Verweigerungs-haltung, was zu einer Abschottung führte. Somit wurden sie quasi zu einer Parallelgesellschaft gedrängt, wodurch sich eine Ablehnung gegenüber dem Erlernen der deutschen Sprache als Zweitsprache entwickelte. Die Integrations-schwierigkeiten wurden somit zu der eigenen Last der Betroffenen gemacht, die sich an den Defiziten, wie mangelnde Bereitschaft zur Eingliederung durch die Verweigerung des grundlegenden Spracherwerbs, orientierten (Diehm, 2008).

Weitere mögliche Gründe für eine Benachteiligung der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund zeigt die folgende Grafik von Statista (2018) bezugnehmend auf die Bertelsmann Stiftung zum Erhebungszeitpunkt im Jahre 2010.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Schüler aus Zuwandererfamilien weniger Chancen haben als deutsche Schüler? (Statista, 2018, Bertelsmann Stiftung)

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen auf, dass die grundlegende Problematik der geringen Chancenmöglichkeiten daran liegt, dass in der Familie zu 28,7% zu wenig deutsch gesprochen wird und somit die Eltern den Kindern nicht ausreichend Unterstützung bieten können (34,3%). Dies bestätigt auch das Ergebnis von 26,4%, dass sich die Eltern keine Nachhilfemöglichkeiten für ihre Kinder leisten können. Des Weiteren bestätigt die Studie zu 21%, dass die Lehrer*Innen den Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ein vorurteilsbehaftet und somit schnell sehr überfordert sind (21,3%). Dadurch entsteht eine geringe Förderung von Seiten der Lehrer*Innen (19%). Ein weiteres Ergebnis zeigt zu 15,7% auf, dass bei den Schüler*Innen mit Migrationshintergrund eine schlechtere Beurteilung als bei deutschen Schüler*Innen mit vergleichbarer Leistung vorliegt (Statista, 2018).

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Ganztagsbildung als Diskriminierungsausgleich bei Kindern und Jugendlichen
Hochschule
Medical School Hamburg
Note
1.7
Autor
Jahr
2020
Seiten
20
Katalognummer
V901791
ISBN (eBook)
9783346206084
ISBN (Buch)
9783346206091
Sprache
Deutsch
Schlagworte
deutsches Bildungssystem, Diskriminierung, Kinder, Jugendliche, Migrationshintergrund, Problematik, Schulsystem, Ganztagsbildung als Chance, Chance auf Bildung, familiäre und soziale Herkunft, Diskriminierungsausgleich, positive Bildungserfahrungen, negative Bildungserfahrungen
Arbeit zitieren
Kristina Varvarych (Autor:in), 2020, Ganztagsbildung als Diskriminierungsausgleich bei Kindern und Jugendlichen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/901791

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