Mittelinstanzen in den Bundesländern. Die Auflösung der Bezirksregierungen in Niedersachsen


Hausarbeit, 2017

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung

2 Überblick der makroorganisationalen Modelle in den Landesverwaltungen
2.1 Dreistufiger Aufbau
2.2 Zweistufiger Aufbau

3 Reformziele der niedersächsischen Landesregierung
3.1 Formulierte Zielsetzungen
3.2 Implizite politische Zielsetzungen

4 Diskussion der Zielerreichung
4.1 Haushaltskonsolidierung durch Personalabbau
4.2 Zweistufiger Aufbau der Landesverwaltung
4.3 Kommunalisierung unter Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Entwicklung des Ist-Beschäftigungsvolumens im Kernhaushalt10

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Einwohnerzahl und Mittelinstanzen der Flächenländer…...3

1 Einleitung

Am 04.03.2003 wurde der Wendepunkt von einem dreistufigen zu einem zweistufigen Auf-bau der Landesverwaltung in Niedersachsen eingeleitet. Die ab diesem Tag gewählte Lan-desregierung aus CDU und FDP, ließ über den amtierenden Ministerpräsidenten Christian Wulff, mit einer Regierungserklärung den im Wahlkampf angekündigten Reformen der Lan-desverwaltung, Taten folgen. Demnach sollte eine ganzheitliche Verwaltungsreform der nie-dersächsischen Landesverwaltung erfolgen, die Bezirksregierungen abgeschafft und 6.000 Stellen entbehrlich werden (zit. in Niedersächsischer Landtag 2004a: 33). Bereits am 01.01.2005 trat das entsprechende Gesetz zur Modernisierung der Verwaltung in Nieder-sachsen in Kraft (Niedersächsischer Landtag 2004b).

Mit dieser umfassenden Verwaltungsstrukturreform betrat Niedersachsen bundesweit Neu-land. Als erstes Bundesland hat es unter Auflösung der Mittelinstanzen eine weitgehend zweistufige Landesverwaltung eingerichtet. Dieses Alleinstellungsmerkmal sorgte in der Vergangenheit dafür, dass sich in der Literatur vielfach mit dem ‚niedersächsischen Weg‘ befasst wurde (Bogumil/Ebinger 2012; Bogumil/Kottmann 2006; Hesse 2012; Janssen 2010; Reiners 2008). Zudem wurde versucht für andere Bundesländer, wie Nordrhein-Westfalen (Bogumil/Kottmann 2006) oder Baden-Württemberg, (Bogumil/Ebinger 2012) Lehren aus der Reform zu ziehen.

Im Rahmen dieser Arbeit wird sich mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit die mit der Zweistufigkeit verfolgten Reformziele erreicht wurden.

Im folgenden Kapitel wird ein genereller Überblick der makroorganisationalen Modelle in den Landesverwaltungen, dem zweistufigen und dem dreistufigen Aufbau, dargestellt. In Kapitel 3 werden die Ziele der Niedersächsischen Landesregierung im Zusammenhang mit der Verwaltungsstrukturreform näher beleuchtet, um im Anschluss die Erreichung der Hauptziele anhand von Fachliteratur und statistischen Recherchen kritisch zu diskutieren (Kapitel 4) und die Ergebnisse im Fazit festzuhalten.

2 Überblick der makroorganisationalen Modelle in den Landesverwal-tungen

Die Makroorganisation hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Vollzug von staatli-chen Aufgaben (Richter 2015: 59), weswegen im Folgenden zunächst die unterschiedlichen makroorganisationalen Modelle in den Landesverwaltungen vorgestellt und deren Vor- und Nachteile analysiert werden.

Auf Ebene der Bundesländer herrscht eine hohe Aufgabendichte, aufgrund der stark födera-listischen Ausprägung der deutschen Verwaltungslandschaft. So sind die Länder nicht nur für den Vollzug ihrer Landesgesetze, sondern auch für den Vollzug von Bundesgesetzen in landeseigener Angelegenheit und in wenigen Fällen auch für den Vollzug von Bundesgeset-zen im Bundesauftrag zuständig (Bogumil/Jann 2009: 79 f.).

Die Aufgabenbereiche der Länder umfassen damit u. a. die öffentliche Sicherheit und Ord-nung, das Schul- und Hochschulwesen, den Rechtsschutz und die Finanzverwaltung (Bogumil/Jann 2009: 95).

Um diese Aufgabenvielfalt und -menge personell zu bewältigen, werden auf Landesebene1 2.066.705 Vollzeitäquivalente (VZÄ), die 54,96 %2 aller VZÄ auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene entsprechen, beschäftigt (Statistisches Bundesamt 2016: 25). In Nieder-sachsen bildeten die Personalausgaben im Haushaltsjahr 2016 einen Anteil von 38,89 %3 der Gesamtausgaben (Niedersächsisches Finanzministerium 2016: 8f.), weshalb dieser Be-reich auch ein großes Einsparpotential birgt.

Zur Koordination dieser personalintensiven Aufgaben haben sich in den Bundesländern un-terschiedliche Makroorganisationen etabliert. Die Organisationen der Länder unterscheiden sich grundsätzlich durch einen zweistufigen oder einen dreistufigen Aufbau. Größere4 Flä-chenländer weisen in der Regel einen dreistufigen Aufbau und kleinere Flächenländer einen zweistufigen Aufbau auf (s. Tabelle 1, S. 3). Die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin Kernhaushalt und Sonderrechnungen der Länder sowie Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform, die unter Aufsicht der Länder stehen und staatliche Aufgaben erfüllen. Hinzu kommen Einrichtungen in pri-vater Rechtsform, die sich mehrheitlich im Besitz der Länder befinden.

Rechnung: Anteil = VZÄ Landesebene ÷ (VZÄ Bundesebene + VZÄ Landesebene + VZÄ Kommunalebene) × 100 = (2.066.705 ÷ 3.760.225) × 100.

Rechnung: Anteil = (Personalausgaben ÷ Gesamtausgaben) × 100 = (11.375.719 ÷ 29.248.706) × 100. Größe meint in diesem Zusammenhang die Einwohnerzahl der Bundesländer. verfügen über Senate, die gleichzeitig Landes- und Gemeindeaufgaben wahrnehmen, wes-halb die Stadtstaaten als Makroorganisationen nur bedingt mit den Flächenländern ver-gleichbar sind. Eine weitere Betrachtung der Stadtstaaten entfällt daher im weiteren Verlauf dieser Arbeit.

Tabelle 1: Einwohnerzahl und Mittelinstanzen der Flächenländer

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eigene Darstellung: nach Bogumil 2015: 280 (Die Einwohnerzahlen stammen aus Statistisches Bundesamt 2016).

Neben der Zwei- und Dreistufigkeit, die in den folgenden Unterkapiteln näher betrachtet wird, ist es auch notwendig die kommunalen Gebietsstrukturen zu betrachten. Dies hängt damit zusammen, dass Verwaltungsstrukturreformen auf Ebene der Bundesländer regelmä-ßig auch Kommunalisierungen umfassen (Bogumil 2015: 279). Je leistungsfähiger die Kom-munen sind, desto eher ist es möglich Aufgaben auf die kommunale Ebene zu verlagern (Bogumil 2012:23; Reiners 2008: 71).

2.1 Dreistufiger Aufbau

Von einem dreistufigen Aufbau der Landesverwaltung spricht man, wenn mindestens eine Landesmittelbehörde der allgemeinen Verwaltung existiert, (Hesse/Götz 2003: 592) die eine staatliche Mittelinstanz zwischen den obersten Landesbehörden und den Kommunen bildet (Bogumil/Jann 2009: 100).

Generell haben Mittelinstanzen die Funktion, als jenes Bindeglied, die verschiedenen Auf-gaben und politischen Interessen der Ressorts, ggf. vor Ort, zu bündeln und zu koordinieren, (Stöbe/Brandel 1996: 14; Becker 2004: 89) sowie für einen Interessenausgleich zwischen den Akteuren zu sorgen (Bogumil 2007: 249). Man kann sie somit als „eine Instanz der ressortübergreifenden Integration“ (Stöbe/Brandel 1996: 15) verstehen. Sie nehmen zudem Kontroll- und Beratungsfunktionen gegenüber den nachgeordneten Behörden wahr, was sich zum Beispiel durch ihre Funktion als Widerspruchsinstanz zeigt (Stöbe/Brandel 1996: 16; Becker 2004: 89 f.; Bogumil 2007: 249). In der Regel werden der Mittelinstanz darüber hinaus die Funktionen Ordnung, Bewilligung, Genehmigung und Planung zugeschrieben (Stöbe/Brandel 1996: 16; Bogumil 2007: 249f.).

In der Literatur gibt es sowohl Skeptiker (Ellwein 1994; Häusler 2004; Reffken 2006) als auch Befürworter (Wagener 1982; Becker 2004) der Mittelinstanzen.

Für eine Mittelinstanz spricht dabei insbesondere, dass ihre Bündelungsfunktion schwer zu ersetzen ist (Bogumil 2007: 251). Auch werden Entscheidungen auf Ebene der Mittelinstan-zen, im Gegensatz zu der Ministerial- und Kommunalebene, eher politisch unabhängig ge-troffen (Wagener 1982: 157; Reffken 2006: 178).

Derzeit ist die Hälfte der Bundesländer dreistufig organisiert (s. Tabelle 1, S. 3), wobei sich jedoch drei unterschiedliche Modelle identifizieren lassen:

In Sachsen-Anhalt und Thüringen hat sich das Modell mit landesweit zuständigen Landes-verwaltungsämtern als Mittelinstanz etabliert (Bogumil 2015: 278).

In den Bundesländern Hessen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen5 und Bayern existieren wiederum Mittelinstanzen mit regionalen Zuständigkeiten (Land Hessen 2017; Regierungspräsidium Stuttgart/Regierungspräsidium Karlsruhe et al. 2017; Ministe-rium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen 2016; Sächsische Staatskanzlei 2017; Bayerische Staatskanzlei 2017). Die Anzahl der Mittelinstanzen variiert dabei von drei Regierungspräsidien in Hessen (Land Hessen 2017) bis zu sieben Regierun-gen in Bayern (Bayerische Staatskanzlei 2017). Anzumerken ist an dieser Stelle, dass Hesse lediglich in den Flächenländern Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen eine Mittelinstanz mit regionalen Zuständigkeiten für gerechtfertigt hält (Hesse 2004: 24).

Rheinland-Pfalz verfügt über einen dreistufigen Aufbau mit funktionalem (Bogumil 2015: 278) und regionalem Aufgabenzuschnitt.

Die 2012 gegründete Landesdirektion Sachsen kombiniert das Model des Landesverwaltungsamts mit dem Modell der regionalen Mittelinstanzen. Die Landesdirektion ist grundsätzlich landesweit zuständig, umfasst jedoch drei regionale Dienststellen. (Landesdirektion Sachsen 2017).

Es gibt sowohl die regionalen Struktur- und Genehmigungsdirektionen Nord und Süd als auch eine landesweit zuständige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (Rheinland-Pfalz 2016).

So unterschiedlich wie der dreistufige Aufbau sich generell in den Bundesländern ausprägt, so verschieden sind auch die einzelnen Mittelinstanzen im Quervergleich. Sie unterscheiden sich teilweise deutlich im Hinblick auf die Einwohnerzahl und die Fläche des Bezirks sowie die Aufgabenbereiche und die Anzahl der Mitarbeiter.

2.2 Zweistufiger Aufbau

Der zweistufige Aufbau kennzeichnet sich grundsätzlich durch das Fehlen einer Mitte-linstanz zwischen der obersten Landesverwaltung und den Kommunen (Bogumil/Jann 2009: 253 f.; Reiners 2008: 75). Die oberste und obere Landesverwaltung tritt unmittelbar in Kon-takt mit den Kommunen.

Die Aufgaben, die bei einem dreistufigen Aufbau die Mittelinstanzen wahrnehmen, werden dabei entweder vom Land nach Fachlichkeit oder vor Ort von den Kommunen übernommen (Bogumil/Jann 2009: 253 f.). Sollen Aufgaben zentral wahrgenommen werden, so verblei-ben sie auf Ebene der Landesverwaltung, indem sie von Sonderbehörden, Landesbetrieben, oberen Landesbehörden oder den Ministerien selbst wahrgenommen werden (ebd.). Eine Reduktion der Landesverwaltung kann dabei nur durch Kommunalisierungen erreicht wer-den (ebd.; Reiners 2008: 29).

Für einen zweistufigen Aufbau spricht, dass die Funktion, die Landesregierung in der Fläche zur vertreten, von Mittelinstanzen nur bedingt erfüllt wird (Ellwein 1994: 77). Denn auch in der Fläche ist die Landesregierung präsent (Ellwein 1994: 77), was durch die häufige Nut-zung des ‚kurzen Dienstweges‘ zwischen Kommunen und Ministerien deutlich wird (Ell-wein 1994: 79; Häusler 2004: 147). Des Weiteren entlasten Mittelinstanzen zwar die Mini-sterien, verursachen jedoch auch Mehraufwand für diese, indem sie ebenfalls ministerialer Steuerung und Kontrolle bedürfen (Hesse 2012: 53).

Auch das stets vorherrschende Nebeneinander zwischen Mittelinstanzen und Sonderbehör-den schwächt die Mittelinstanzen in ihrem Streben Aufgaben effektiv zu bündeln und zu koordinieren (Ellwein 1994: 79; Hesse 2012: 53). Verstärkend hinzu kommt, dass viele Auf-gaben keiner Bündelung durch Mittelinstanzen bedürfen (Häusler 2004: 148; Hesse 2012: 53).

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Mittelinstanzen in den Bundesländern. Die Auflösung der Bezirksregierungen in Niedersachsen
Hochschule
Universität Kassel  (FB Wirtschaftswissenschaften)
Veranstaltung
Entwicklung der Verwaltungsorganisation
Note
1,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
20
Katalognummer
V901429
ISBN (eBook)
9783346215451
ISBN (Buch)
9783346215468
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beirksregierung, Niedersachsen, Bundesland, Länder, Mittelinstanz
Arbeit zitieren
Marten Popp (Autor:in), 2017, Mittelinstanzen in den Bundesländern. Die Auflösung der Bezirksregierungen in Niedersachsen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/901429

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