Räume privater Lebensführung und die Rolle der "alten" Wertvermittlungsinstanzen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

19 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung

II Räume privater Lebensführung
1. Definition des Begriffs „Privatheit“
2. Ehe und Familie als Räume privater Lebensführung
3. Private Lebensführung im Wandel der Zeit
3.1 Der gesellschaftliche Modernisierungsprozess und der Wandel der Lebensformen
3.2 Entstehung nichtkonventioneller Lebensformen als Folge des Wandels

III Die Rolle der „alten“ Wertvermittlungsinstanzen
1 Werte und Wertvermittlung
2 Die Instanzen der Wertvermittlung
3 Soziale Wandlungsprozesse: vom Wertewandel zum Werteverfall?
3. Die Folgen des Bedeutungsverlusts der „alten“ Wertvermittlungsinstanzen

IV Zusammenfassung und abschließende Stellungnahme

Literaturverzeichnis

I Einleitung

In der vorliegenden Arbeit soll es um Räume privater Lebensführung und die Rolle der „alten“ Wertvermittlungsinstanzen gehen. Deshalb wurde die Arbeit in folgende zwei Teile gegliedert:

Im ersten Teil wird zunächst der Begriff „Privatheit“ näher definiert, um dann auf die ursprünglichen und immer noch aktuellen Räume privater Lebensführung, nämlich Ehe und Familie, eingehen zu können. Die private Lebensführung hat sich aufgrund des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses im Laufe der Zeit verändert. Dieser Wandel soll kurz skizziert und dann auf die Entstehung nichtkonventioneller Lebensformen als dessen Folge eingegangen werden.

Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Rolle der „alten“ Instanzen der Wertvermittlung. Hierfür soll zunächst auf die Begriffe „Werte“ und „Wertvermittlung“ eingegangen werden. Danach schließt sich eine Vorstellung der Instanzen der Wertvermittlung (Kirche, Schule, Familie, Parteien, Freunde, Nachbarschaft, Vereine wie Genossenschaften, Staat, Freizeitvereine etc. – um nur einige vorwegzunehmen). Exemplarisch wird die Schule als Wertvermittlungsinstanz näher betrachtet. Im Anschluss daran folgt die Beschreibung der sog. „stillen Revolution“ in den Köpfen der Menschen und es wird die Frage diskutiert: wurde der Wertewandel zum Werteverfall? Anschließend wird die Individualisierung der Menschen und der gesellschaftlichen Beziehungen als Folge des Wertewandels und des Bedeutungsverlustes der „alten“ Wertvermittlungsinstanzen angesprochen. Zum Abschluss erfolgen einige Worte zur Aktualität der „alten“ Wertvermittlungsinstanzen und die Vermittlung anderer Werte durch diese.

Eine Zusammenfassung und abschließende Stellungnahme beenden diese Arbeit.

II Räume privater Lebensführung

Unter Räumen privater Lebensführung wird für die vorliegende Arbeit vor allem die „Familie“ verstanden, welche auf der elterlichen Ehe basiert. Diese ursprüngliche und immer noch traditionelle Form privater Lebensführung durchlebte im Zuge des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses einen Wandel und die Folge dessen ist die Entstehung nichtkonventioneller Lebensformen.

Zu den privaten Räumen zählt alles, was nicht institutionell, sondern eben privat ist wie beispielsweise auch die Freizeit. Aber was genau ist nun privat?

1. Definition des Begriffs „Privatheit“

Grundsätzlich versteht man unter Privatheit den Gegenbegriff zur Öffentlichkeit. Es ist

„derjenige Bereich sozialer Beziehungen und individueller Lebensgestaltung, der (in relativer Abkapselung von beruflichen, politischen und anderen organisatorisch überwiegend fremdbestimmten sowie verhaltensstrukturell normierten und auf allgemeine verbindliche Kooperationsmuster abgestellten Rollengefügen) noch Möglichkeiten der Selbstdarstellung, eigenen Interessenentfaltung und ungezwungener, risiko- und sanktionsfreier sozialer Kontakte bietet. Besondere Chancen für Privatheit werden in Primärgruppen (Familie, Freundschaft) erwartet.“ (HARTFIEL 1972, S. 604).

Theorien angewandter sozialwissenschaftlicher Forschung entwickeln Vorschläge dazu, wie in der Industriegesellschaft die Privatheit vor der sich immer weiter ausbreitenden Öffentlichkeit gewahrt werden kann. Kritische Theoretiker sehen in der Trennung dieser beiden Bereiche Gefahren für die Demokratisierung der Gesellschaft und die Emanzipation des Menschen (vgl. HARTFIEL 1972, S. 604).

„Privacy is a concept related to solitude, secrecy, and autonomy, but it is not synonymous with these terms;” (SIMMEL 1968, S. 480)

Es ist also nicht gleichzusetzen. Betrachten wir dies an den folgenden Beispielen etwas genauer.

2. Ehe und Familie als Räume privater Lebensführung

„Festzuhalten ist, dass man zwischen Ehe und Familie zu unterscheiden hat. Während die Ehe ein individueller Bund zwischen zwei selbständigen Personen – Mann und Frau – ist, also auch unabhängig von der Familie eingegangen werden und sich von letzterer ‚emanzipieren’ kann, ist die Familie eine primäre soziale Gruppe, die in jedem Fall mehr Personen umfasst als nur die Ehegatten“ (HETTLAGE 1998, S. 20).

Die Familie ist die verbreitetste und bedeutsamste Form der sozialen Gruppe, der das Individuum als erste in seinem Lebenslauf angehört. Sie wird auch als die bedeutendste Primärgruppe bezeichnet. Die Grundlage der Familie war lange Zeit - und ist bei einigen Theoretikern auch heute noch - die Ehe (vgl. HARTFIEL 1972, S. 197). Der Wandel der Familie wurde und wird immer noch viel diskutiert. Der Niedergang der Familie wurde oft prophezeit. Und obwohl sowohl die Heirats- als auch die Kinderzahlen in den letzten Jahrzehnten gesunken sind ging die Familie als solche nicht unter, denn sie muss heute nicht mehr auf der Ehe basieren, sondern andere Familienformen hielten Einzug in unsere moderne Gesellschaft.

Bis zum letzten Drittel des 20. Jahrhunderts gab es andere Gründe – meist ökonomischer Natur - für eine Heirat als allein die Liebe. Partnerschaft und Familie allein sind für die Aufrechterhaltung bestimmter sozialer Funktionen nicht mehr zuständig und ihre Aufgabe konzentriert sich vor allem auf die Befriedigung emotionaler Bedürfnisse (die Schaffung von Nähe, Intimität, Wärme und Geborgenheit zwischen den Mitgliedern). Die Zweckheirat erlebte einen Wandel hin zur Liebesheirat (vgl. LIPINSKI 2001, S. 32). Doch nun scheint sich das Blatt zu wenden:

„Mag sein, dass der von Simmel in seiner ‚Philosophie des Geldes’ beschriebene, typisch moderne, ‚rationale’ Umgang der Menschen miteinander - losgelöst von Emotionen, traditionalen Geltungen, Werten – nun auch in der Familie Einzug gehalten hat. Und dies paradoxerweise genau in dem Moment, als Ehe und Familie gerade aufhörten, für einen Großteil der Bevölkerung ein vorwiegend wirtschaftliches Arrangement zum Zweck des Überlebens zu sein und neuen Freiraum für romantische Liebe und ‚reine Gefühlsbeziehung’ zu bieten hatten!“ (HETTLAGE 2000, S. 86)

Die Familie unterliegt dem gesamtgesellschaftlichen Wandel. Konkret bedeutet das hinsichtlich privater Lebensführung: die Familie wird umfunktioniert zu einer identitätsstiftenden Institution. Dabei unterliegt die weibliche Normalbiographie gravierenden Veränderungen: der Rollen- und Wertewandel sowie der Widerspruch zwischen Industriegesellschaft und Kindorientierung haben weniger Kinder zur Folge. Die Vielfalt der familialen Formen und die Wahlfreiheit nehmen zu. Kinder sind die Lebenspartner der Eltern; sie stellen emotional und materiell die wichtigste Investition dar und das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern ist von Zuwendung und Unterstützung geprägt. Auch nach dem Auszug bilden Kinder und ihre Eltern eine Primärgruppe (mit „Intimität auf Distanz“) und machen so die multilokale Mehrgenerationenfamilie zum Familientyp der Zukunft. Dieser spezielle emotionale und seelische Wert (sowie die mit ihm einhergehende Bindung und Kontrolle) der engen Primärbeziehungen sind in modernen Gesellschaften sehr hoch anzusetzen. Festzuhalten ist ganz klar: die Familie wird unabhängiger von der Gesellschaft und die einzelnen Familienmitglieder werden unabhängiger voneinander. Wie es zu dieser Veränderung kam, soll im nächsten Punkt genauer getrachtet werden.

3. Private Lebensführung im Wandel der Zeit

Wie die Öffentlichkeit unterliegt auch die private Lebensführung dem Wandel der Zeit. „Lebensformen entwickeln und verbreiten sich in bestimmten Epochen nicht zufällig, sondern im Wechselspiel mit dem Wandel der Gesellschaft“ (SCHNEIDER/ROSENKRANZ/LIMMER 1998, S. 16) und ebenso entstehen die Verlaufsmuster der privaten Lebensführung. Nur in dem Zusammenhang des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses ist der Wandel von Lebensformen und Lebensführung erklärbar und verstehbar. Und die Folge dieses Wandels ist die Entstehung sog. nichtkonventioneller Lebensformen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Räume privater Lebensführung und die Rolle der "alten" Wertvermittlungsinstanzen
Hochschule
Universität Regensburg  (Soziologie)
Veranstaltung
"Individuum-Sein" in einer Gesellschaft der Individuen
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V90064
ISBN (eBook)
9783638038218
ISBN (Buch)
9783638935982
Dateigröße
430 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Räume, Lebensführung, Rolle, Wertvermittlungsinstanzen, Individuum-Sein, Gesellschaft, Individuen
Arbeit zitieren
Sonja Deml (Autor:in), 2007, Räume privater Lebensführung und die Rolle der "alten" Wertvermittlungsinstanzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90064

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