Unternehmensratings und ihre Aussagekraft für Eigen- und Fremdkapitalgeber

Eine kritische Würdigung


Diplomarbeit, 2007

79 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Glossar

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Gang der Arbeit

2 Grundgedanken des Rating
2.1 Ursprung und Entwicklung des Rating
2.2 Vorstellung verschiedener Ratingarten
2.2.1 Emissionsrating versus Emittentenrating
2.2.2 Solicited versus unsolicited Rating
2.2.3 Langfristiges versus kurzfristiges Rating
2.3 Ratingsymbole und ihre Bedeutung
2.4 Bedürfnisse der Investoren
2.4.1 Erläuterung der Kapitalanlageformen
2.4.2 Anforderungen der Investoren an ein Rating

3 Ratingansatz der Agentur Moody`s
3.1 Grundprinzipien des Ansatzes
3.2 Ratingprozess
3.3 Darstellung der Ratinganalyse
3.3.1 Analyse des Länderrisikos
3.3.2 Analyse von Branchenrisiken
3.3.3 Analyse von Unternehmensrisiken

4 Kritische Würdigung
4.1 Positive und negative Aspekte des Rating
4.2 Anpassungen des Rating
4.3 Mögliche Ansätze der Verbesserung

5 Fazit

Anhang 1

Anhang 2

Anhang 3

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Ratingskala von S&P und Moody´s

Abbildung 2: Beispielhafte Zusammensetzung eines Ratingkomitees

Abbildung 3: Zeitlicher Ablauf eines Ratingverfahrens

Abbildung 4: Moody`s Pyramide der Ratinganalyse

Abbildung 5: Ausfallwahrscheinlichkeiten für Ratings von Moody´s über einen Zeitraum von 5 Jahren

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Glossar

Bonität

Bezeichnet i.w.S. die Fähigkeit eines institutionellen oder privaten Schuldners, zukünftig seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. I.e.S. ist die Bonität ein Maßstab für die Kreditwürdigkeit bzw. Zahlungsfähigkeit des Schuldners, d.h. eine Quantifizierung des Grades seiner zukünftigen Schuldendienstfähigkeit.[1]

Emission

1. Die Gesamtheit der zu einer Ausgabe gehörenden Wertpapiere.
2. Ausgabe neuer Effekten. Begebung und Erstplatzierung von Wertpapieren. Die neuen Wertpapiere werden den kapitalanlagesuchenden Kreisen über Banken oder die Börse angeboten. Eine Emission dient der Kapitalbeschaffung für Privatwirtschaft und Öffentliche Hand.[2]

Eigenkapitalquote

Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital. Die Höhe der Eigenkapitalquote deutscher Unternehmen ist abhängig von der Größe, der Rechtsform, der Branchenzugehörigkeit und anderen Faktoren.[3] Sie wird durch Division des Eigenkapitals durch die Bilanzsumme berechnet.[4]

Emerging Markets

Als Emerging Markets werden die Aktienmärkte in Schwellenländern, insbesondere die in Lateinamerika, Osteuropa und Südostasien bezeichnet. Viele dieser Länder weisen im Vergleich zu den Industrienationen ein hohes Wirtschaftswachstum auf. Die Börsen der Emerging Markets sind oft gut entwickelt und weisen hohe Umsätze auf.[5]

Emittent

Juristische Person des Privatrechts oder öffentlich-rechtliche Körperschaft, die Wertpapiere ausgibt. Der Emittent ist der Antragsteller.[6]

Finanzmarkt

Finanzmarkt ist der Oberbegriff für alle Märkte auf denen Handel mit Kapital betrieben wird. Er gliedert sich einerseits in nationale und internationale Finanzmärkte und andererseits, je nach Gegenstand der gehandelten Finanzkontrakte, in Geld-, Kredit- und Kapitalmärkte und den Devisenmarkt.[7]

Geldmarkt

Im Gegensatz zum Kapitalmarkt der Markt für kurzfristige Guthaben und Kredite. Die Zinssätze am Geldmarkt richten sich nach Angebot, Nachfrage und Laufzeit (Tages-, Monats-, Diskontgeld, usw.).[8]

High-Yield-Anleihen

High-Yield-Anleihen sind festverzinsliche Wertpapiere mit schlechter Kreditqualität. Sie werden von den Ratingagenturen i.d.R. als BB+ oder schlechter eingestuft. Sie bieten höhere Renditen als Wertpapiere mit besseren Ratings, beinhalten jedoch auch höhere Risiken.[9]

Kapitalmarkt

Markt für mittel- und langfristiges Kapital (Beteiligungen, Aktien: Aktienmarkt, Kredite, festverzinsliche Wertpapiere, z.B. Anleihen, Hypothekenbriefe: Rentenmarkt). Der Handel erfolgt an Wertpapierbörsen (organisierter Kapitalmarkt) oder an freien (nicht organisierten) Kapitalmärkten.[10]

Umsatzrentabilität

Gewinn vor Steuern in Prozent des Umsatzes. Je höher sie ist, desto stärker ist die Marktstellung der Unternehmung und desto eher können Kostenerhöhungen und Preissenkungen verkraftet werden.[11] Sie errechnet sich durch Division des Jahresüberschusses durch den Umsatz.[12]

Verschuldungsgrad

Kennzahl, die auf das Verhältnis des Fremdkapitals zum Eigenkapital abstellt und Auskunft über die Proportionierung der bisher genutzten Kapitalquellen im Rahmen der Unternehmensfinanzierung geben soll. Früher wurde die 1:1-Regel bzw. 100%-Regel postuliert (Eigenkapitalquote, d.h. Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital = 1:2 oder 50%). Die Gläubiger sollen danach nicht stärker an der Kapitalausstattung beteiligt sein als deren Eigentümer (Risikoaspekt). Dieses Postulat wurde später durch die 1:2(EK/FK)-Regel ersetzt. Der Verschuldungsgrad errechnet sich durch die Division des Fremdkapitals durch das Eigenkapital.[13]

Zinsdeckung/Zinsdeckungsquote

Die Zinsdeckungsquote misst die Fähigkeit eines Unternehmens, den Zinsaufwand für Verbindlichkeiten zu zahlen. Sie wird durch Division des Betriebsergebnisses durch den Zinsaufwand berechnet.[14]

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Mit der Globalisierung und Internationalisierung der Geld- und Kapitalmärkte ist das Volumen der internationalen Finanzströme stark angestiegen.[15] Aufgrund der Kapitalintensität der Produktionsprozesse vieler Unternehmen einerseits, und dem Anwachsen der zu bewegenden Geldmengen der Gesellschaft andererseits, hat die Bedeutung dieser Finanzmärkte in den vergangenen Jahren entsprechend zugenommen.[16] Private und institutionelle Investoren treten dabei als Geldgeber auf und stellen den Emittenten über den Kapitalmarkt finanzielle Mittel zur Verfügung.[17] Ziel der Kapitalüberlassung ist es, neben der Kapitalerhaltung einen Wertzuwachs zu erzielen.[18] Dass dieses Vorhaben nicht immer erreicht wird, zeigen u.a. Insolvenzstatistiken. Zwar ist die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen in Europa in den letzten zwei Jahren zurückgegangen, dennoch gab es allein im Jahr 2006 141.448 insolvent gemeldete Unternehmen.[19] Der Anleger muss in diesem Fall befürchten, dass sein investiertes Kapital und/oder vereinbarte Zinsen nicht, nicht vollständig und/oder nicht fristgerecht gezahlt werden. Auch ohne das Eintreten einer Insolvenz kann ein Emittent in Zahlungsschwierigkeiten geraten, so dass insbesondere für Fremdkapitalgeber auch in diesem Fall ein Ausfall- und Verzugsrisiko besteht.[20]

Ein Anleger hat in der Regel das Ziel, sein Geld möglichst ertragsreich und sicher anzulegen. Die beiden Ziele Ertrag und Sicherheit schließen einander zwar nicht aus, stehen jedoch grundsätzlich miteinander im Konflikt. Eine als allgemein weniger sicher eingeschätzte Anlage muss einen höheren Ertrag versprechen, um das höhere Ausfallrisiko auszugleichen. Dementsprechend bringt eine sichere Anlage einen geringeren Ertrag. Dieser Entscheidungsprozess ist komplex, da alle Anlagen erst in der Zukunft ihre Resultate zeigen. Erst im Nachhinein wird ersichtlich, ob und in wie weit eine Anlage für den Investor erfolgreich war.[21] Eine Anlage kann dann als erfolgreich beurteilt werden, wenn der Fremdkapitalgeber sein investiertes Kapital und die Zinsen vollständig und termingerecht bzw. der Eigenkapitalgeber eine angemessene, erfolgsabhängige Zahlung oder Dividende erhalten hat.

Bei der Auswahlentscheidung muss der Anleger die erwartete Rendite dem Risiko der Anlage gegenüberstellen und entscheiden, welches Risiko er maximal einzugehen bereit ist.[22] Während der Anleger das unsystematische Risiko durch Diversifikation deutlich reduzieren oder ganz vermeiden kann,[23] kann er das systematische Risiko, häufig auch als Marktrisiko bezeichnet, nicht beeinflussen. Dieses Risiko wird durch die globale Wirtschaftsentwicklung, den Konjunkturzyklus, die Zinsentwicklung und das politische Umfeld beeinflusst. Es betrifft den ganzen Markt und nicht nur einen einzelnen Wert.[24]

Damit der Investor seine Anlageentscheidung treffen kann, muss er zunächst eine Vielzahl von Informationen über den Emittenten einholen. Es ist eine entsprechende Sachkenntnis erforderlich, um diese Daten verarbeiten zu können. Häufig scheitern Investoren an dieser Stelle, da sie nicht über das notwendige Know-how verfügen.[25] Diese Schwierigkeit wird an späterer Stelle genauer erläutert.

Für viele Investoren bietet hier das Rating eine entscheidende Orientierungshilfe. Eine Vielzahl von quantitativen und qualitativen Informationen wird von Rating-Agenturen analysiert und zu einem international anerkannten Ratingsymbol verdichtet.[26] Dieses ist einfach zu interpretieren und macht die Bonität verschiedener Emittenten vergleichbar.[27] Das Rating schafft somit ein höheres Vertrauen in die undurchsichtigen, schwer kalkulierbaren, Kapitalanlagen.[28]

Leider weist eine Bewertung durch externe Spezialisten jedoch Grenzen auf. Ratingagenturen sind nach großen Unternehmensinsolvenzen, wie Enron und Worldcom, bei denen zahlreiche Anleger immense Anlagesummen verloren, stark in die Kritik geraten. So bewerteten große Ratingagenturen Enron 4 Tage vor dem Insolvenzantrag noch als investitionswürdig.[29]

Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob und inwieweit ein Rating tatsächlich geeignet ist, den Investoren die benötigte Hilfestellung bei der Beurteilung der Investition zu geben.

1.2 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit soll es sein, die Aussagekraft eines Ratings sowohl für Fremdkapitalgeber, als auch für Eigenkapitalgeber kritisch darzustellen. Obwohl Abhandlungen über die Rolle von Ratings und der Ratingagenturen heute in keinem Lehrbuch zur Finanzwirtschaft mehr fehlen dürfen, beschränken sich die Darstellungen meist auf die Ratingsymbole, -skalen und –definitionen.[30] Dabei wird das Rating häufig aus Sicht der Aufsicht[31] oder aus Sicht der Emittenten[32] betrachtet. Allerdings gewinnt das Rating auch für Eigen- und Fremdkapitalgeber im Rahmen ihrer Anlagestrategie zunehmend an Bedeutung. Deswegen wird es für notwendig erachtet, die Position der Investoren näher zu beleuchten.

Im weiteren Kontext erfolgt eine Ausarbeitung der Anforderungen der beiden Stakeholdergruppen, Eigen- und Fremdkapitalgeber, an ein Rating und die Befriedigung der Bedürfnisse durch das Rating. Positive wie auch negative Aspekte und mögliche Ansätze zur Verbesserung werden aufgezeigt.

1.3 Gang der Arbeit

Zu Beginn dieser Arbeit wird in Kapitel 2 dargestellt, warum Eigen- und Fremdkapitalgeber ein Rating benötigen und was sie aus diesem für sich ableiten können. Der Leser erhält dadurch einen Einblick in die Problematik, die sich bei der Auswahl einer Anlagemöglichkeit für den Investor ergeben kann. Durch die anschließende Ausarbeitung der Anforderungen des Anlegers an das Rating wird deutlich, welche Voraussetzungen das Rating erfüllen sollte, um einen Nutzen für die Kapitalgeber zu bringen.

Im Anschluss wird im 3. Kapitel zum besseren Verständnis der Ratingprozess eines internationalen Marktführers, der Ratingagentur Moody`s, näher erläutert. Moody´s geniest weltweit Reputation und teilt sich mit Standard & Poor´s zu etwa 80% den Ratingmarkt. Aufgrund der ausführlichen Darstellung der Analyseschwerpunkte von Moody´s, kann der Leser nachvollziehen, welche Kriterien für das Rating entscheidend sind und wie das Urteil der Agentur zustande kommt. Parallel zu den einzelnen Schritten des Ratingansatzes werden Problembereiche, teilweise auch unter Einbeziehung der Unternehmensinsolvenz Enron, aufgezeigt. Der Prozess und die Analysestufen des Rating sind an der Bewertungsmethode für Industrieunternehmen dargestellt. Sie wurden aufgrund ihrer besonders ausführlichen Dokumentation für diese Arbeit ausgewählt.

Daraufhin werden in Kapitel 4 positive wie auch negative Aspekte des Ratingprozesses und des Rating allgemein dargestellt. Da beide Seiten oftmals zusammen hängen, werden sie gegeneinander kritisch abgewägt. Anhand der aufgeführten Problembereiche werden mögliche Ansätze der Verbesserung aufgeführt.

Abschließend erhält der Leser in einem Fazit eine Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse dieser Arbeit.

2 Grundgedanken des Rating

2.1 Ursprung und Entwicklung des Rating

Das Rating hat seinen Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts trat dort der Begriff im Zusammenhang mit der Bonitätseinstufung von Schuldnern auf.[33] Im Zuge der Industrialisierung und der damit verbundenen expandierenden Wirtschaft bestand frühzeitig der Bedarf einer Orientierungshilfe bei der Aufnahme von Kreditbeziehungen.[34] Ratings stellten eine Form von Kreditauskünften dar, die eine Bewertung der Bonität von Kaufleuten ermöglichen sollten.[35]

Die drei bekannten und angesehenen Ratingagenturen Moody´s, Standard & Poor`s und Fitch Ratings begannen bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Bewertung von einzelnen Wertpapieren.[36] Die Ergebnisse ihrer Analyse- und Bewertungstätigkeit wurden schon damals in regelmäßigen Abständen veröffentlicht und den Interessenten zur Verfügung gestellt. Das Commercial Credit Rating kann entsprechend als direkter Vorläufer des heutigen Credit Rating angesehen werden.[37] Den Kern des damals neu entstandenen Kapitalmarkts der Vereinigten Staaten von Amerika bildeten Eisenbahn- und Regierungsanleihen. Unternehmen und Staaten finanzierten sich ab nun nicht mehr ausschließlich über Bankkredite, sondern es wurde neben der traditionellen Form der Kapitalbeschaffung das Fundament des heutigen Kapitalmarkts geschaffen.[38] In den zwanziger Jahren wuchs mit Beginn der Industrialisierung in den Vereinigten Staaten der Bedarf an Fremdkapital und damit auch das Anleihevolumen. Diese Entwicklung begünstigte die Expansion der Ratingagenturen und die Erweiterung ihres Aufgabenspektrums.[39] Des Weiteren konnte mit dem Aufschwung des Rating-Markts ein Anstieg der Marktteilnehmer verzeichnet werden und damit unmittelbar eine Erhöhung der Attraktivität der Finanzmärkte.[40]

Zusätzlich förderlich für die Entwicklung des Ratingmarkts war die Übernahme des Ratingschemas von John Moody durch die anderen Agenturen, wodurch eine gewisse Vergleichbarkeit der Ratings entstand.[41]

Das Rating wurde im Laufe der Zeit immer wieder neu an die veränderten Anforderungen angepasst. Durch den Prozess der wirtschaftlichen Weiterentwicklung der letzten Jahrzehnte, verbunden mit dem Wandel der Finanzierungsmöglichkeiten von Unternehmen wird immer häufiger die Finanzierung über den Kapitalmarkt anstelle von Bankkrediten gewählt, wodurch die steigende Bedeutung der Finanzmärkte offensichtlich wird.[42] Die zunehmende Globalisierung der letzten Jahre hat ebenfalls zu der Entwicklung beigetragen, welche zu einer Verzahnung der weltweiten Geld-, Kredit und Kapitalmärkte führte.[43]

Das Rating hat insbesondere auf den amerikanischen Finanzmärkten einen hohen Stellenwert, gewinnt jedoch auch in Europa zunehmend an Bedeutung. Durch die Einführung des Euros und dem Wegfall des Währungsrisikos in weiten Teilen Europas wird die Bonität des Schuldners zum zentralen Entscheidungskriterium für grenzüberschreitende Investitionen in Europa.[44] Durch diese Entwicklung haben international tätige Agenturen ihre Präsenz im europäischen Raum ausgebaut.[45]

2.2 Vorstellung verschiedener Ratingarten

Was ist ein Rating?

Aufgrund der weitreichenden Bedeutung eines Rating ist zunächst die Definition des Ratingbegriffs erforderlich. Der Begriff Rating wird von dem englischen Verb to rate abgeleitet und bedeutet einschätzen bzw. bewerten. Von einem Rating spricht man gewöhnlich dann, wenn ein Untersuchungsobjekt hinsichtlich einer bestimmten Zielsetzung bewertet und in eine ordinale Rangordnung gebracht wird.[46] Heute findet der Begriff in jeder erdenklichen Art von Leistungsbewertung Anwendung, beispielsweise bei der Klassifizierung von Hotels, der Ermittlung von Einschaltquoten oder der Einstufung von Sportlern.[47]

In der Praxis des Bank- und Börsenwesens wird dem Begriff Rating jedoch in aller Regel die Bedeutung des Credit Rating zugeordnet.[48] Ziel ist die Beurteilung der Bonität einer Anleihe oder anderer Forderungsrechte, verbriefter Wertpapiere, sowie deren Emittenten (Staaten, Unternehmen).[49] Ratings haben je nach Untersuchungsobjekt, Zielsetzung und Auftraggeber unterschiedliche Gestaltungsformen. Im Folgenden werden einige für diese Arbeit relevante Arten erläutert.

2.2.1 Emissionsrating versus Emittentenrating

Das Credit Rat ing kann sich einerseits auf einen bestimmten Emittenten, andererseits auch auf einen genau definierten Finanztitel beziehen.

Das Rating des Emittenten [50] repräsentiert ein allgemeines Urteil über dessen Fähigkeit, die mit den von ihm ausgegebenen Finanztiteln verbundenen Zahlungsverpflichtungen rechtzeitig und im vollen Umfang erfüllen zu können.[51] Es ermöglicht dem Benutzer eine schnelle (Grob-) Orientierung über die Bonität eines Emittenten, sowie einen unkomplizierten Vergleich verschiedener Emittenten.[52] Auch beim Unternehmensrating wird das Unternehmen als Ganzes auf die Wahrscheinlichkeit von zukünftigen Zahlungsausfällen oder -verzögerungen beurteilt.[53] Daher werden beide Begriffe in dieser Arbeit nicht weiter unterschieden.

Das Emissionsrating gibt die Fähigkeit und rechtliche Bindung eines Schuldners wieder, Zins und Tilgung einer bestimmten Schuldverschreibung zu bedienen.[54] Das Rating einer Emission wird in hohem Maße von der Bonität des Emittenten bestimmt. Dennoch können sich einzelne Anleihen desselben Unternehmens in ihrem Rating durchaus unterscheiden. Das liegt daran, dass sich Emissionen eines Unternehmens in der Besicherung, der Erst- oder Nachrangigkeit und zusätzlichen Rechten oder Bedingungen für Zins- und Tilgungszahlungen unterscheiden können.[55] Da das Emissions- und Emittentenrating zusammen unter den Begriff Credit rating fallen und beide Ratingarten meist zusammen dokumentiert sind, wird das Emissionsrating in dieser Arbeit an mancher Stelle am Rande mitbehandelt. Es stellt jedoch keinen wesentlichen Bestandteil der Arbeit dar.

2.2.2 Solicited versus unsolicited Rating

Um ein so genanntes Solicited Rating handelt es sich, wenn die Ratingagentur von einem Unternehmen durch die Erteilung eines Mandats beauftragt wird. Diese Vorgehensweise findet in der Praxis häufiger Anwendung.[56] Geht die Initiative für ein Rating dagegen direkt von der Ratingagentur oder einem möglichen Geldgeber aus, handelt es sich um ein Unsolicited Rating.[57] In diesem Fall versucht die Ratingagentur Kontakt mit dem Emittenten aufzunehmen, um neben den öffentlich zugänglichen Informationen weitere für die Bonität relevante Daten zu erhalten.[58] Es hat sich am Markt allerdings der falsche Eindruck festgesetzt, dass nicht-beantragte Ratings, gleichzeitig auch ohne die Mitwirkung des Emittenten zustande kommen. Tatsächlich haben jedoch in den meisten Fällen die Emittenten aktiv am Ratingprozess mitgewirkt.[59] Verweigert das Unternehmen dennoch die Mitarbeit, kann die Agentur auf keine internen Daten zugreifen, weshalb die Aussagekraft eines solchen Rating i.d.R. geringer eingeschätzt wird.[60]

2.2.3 Langfristiges versus kurzfristiges Rating

Im Bereich des Emissionsrating wird zusätzlich zwischen kurzfristigen und langfristigen Ratings[61] unterschieden.[62] Forderungstitel mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr, wie z.B. Commercial Paper, kurzfristige Bankdepostitionen oder andere Geldmarktinstrumente, werden mit einem sogenannten kurzfristigen Rating versehen.[63] Für diese Ratings verwendet Moody´s die sog. Prime-Ratingsymbole. Für eine Emission mit einer höheren Laufzeit als 1 Jahr wird ein langfristiges Rating erstellt, für welches die gleichen Ratingsymbole wie die des Emittentenratings verwendet werden.[64]

2.3 Ratingsymbole und ihre Bedeutung

Das Ergebnis eines Rating wird in Form eines Ratingsymbols zusammengefasst.[65] Die Symbolik der heute gebräuchlichen Ratingskala geht auf John Moody zurück. Die damals willkürlich gewählten Symbole haben sich in der Finanzwelt als eine eigene Finanzsprache durchgesetzt.[66] Die Symbole reichen bei Moody´s von Aaa, für Emittenten mit bester Qualität über diverse Zwischenstufen bis C, für Unternehmen mit geringster Bonität und hohem Ausfallrisiko.[67] Die folgende Grafik stellt die Ratingsymbole[68] der marktführenden Ratingagenturen Standard & Poor´s und Moody´s dar.

Um die Stellung des Schuldners innerhalb seiner Kategorie noch näher zu unterteilen,[69] verwendet Moody´s die Ziffern 1 bis 3,[70] wobei die Ziffer 1 den oberen Bereich der betreffenden Stufe darstellt und Ziffer 3 hingegen eine Positionierung am unteren Ende der jeweiligen Stufe repräsentiert. Diese zusätzlichen Modifizierungen werden bei Emittentenratings für die Stufen von Aa bis B verwendet.[71]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Ratingskala von S&P und Moody´s

Quelle: In Anlehnung an: Everling, O./Schneck, O., 2004, S. 135.

Um Investoren bei der Anlageentscheidung eine zusätzliche Orientierungshilfe zu geben, unterteilen die Agenturen ihr Notensystem in den Investmentbereich (Investment Grade) und dem spekulativen Bereich (Speculative Grade bzw. Non Investment Grade).[72]

Diese Differenzierung wurde ursprünglich nicht von den Ratingagenturen entwickelt, sondern entspricht einer von (amerikanischen) Aufsichtsbehörden verwendeten Terminologie. Da diese Grobunterteilung jedoch zum festen Bestandteil des Fachjargon geworden ist, wurde sie von den Ratingagenturen übernommen.[73]

Besonders bedeutend ist diese Unterteilung für institutionelle Anleger. So sind z.B. Versicherungsgesellschaften dazu verpflichtet, die Gelder der Versicherungsnehmer sicher anzulegen. Dies liegt darin begründet, dass nur eine sichere Vermögensanlage die Erfüllbarkeit der abgeschlossenen Versicherungsverträge garantieren kann.[74] Die Versicherungsgesellschaft muss daher bei der Vermögensanlage einige gesetzliche Vorschriften beachten. So darf sie grundsätzlich nur in Anlagen des Investment Bereichs investieren, welche das Rating einer anerkannten Ratingagentur aufweisen. Anlagen, die ein Investment-Grade-Rating aufweisen, kann das Versicherungsunternehmen dem gebundenen Vermögen zuordnen, solange keine anderen Umstände oder Risiken, wie z.B. aktuelle negative Unternehmensnachrichten oder allgemeine Marktentwicklungen, eine abweichende Beurteilung nahelegen. In manchen Fällen können jedoch auch nicht geratete Anlagen dem gebundenen Vermögen zugeführt werden. Dazu muss eine nachweisbar positive Beurteilung des Sicherheitsniveaus durch fachlich geeignetes Personal erstellt worden sein.[75] Bei einer ausreichenden Risikotragfähigkeit kann das Versicherungsunternehmen sogar Gelder in sog. High-Yield-Anleihen anlegen, die allerdings mindestens ein B3 bzw. B- Rating aufweisen müssen. Dabei darf der Anteil an High-Yield-Anleihen 5% des Sicherungsvermögens und des sonstigen gebundenen Vermögens nicht übersteigen.[76]

Für Institutionelle Anleger ist das Rating daher von besonders großer Bedeutung. Eine eigene Beuteilung aller Anlagen wäre ohne das Rating in diesem Ausmaß kaum oder nur mit entsprechend großem Aufwand möglich.

[...]


[1] Dieser Absatz vgl. Füser, K./Gleißner, W., 2005, S. 143-144.

[2] Dieser Absatz vgl. Büschgen, H., 2001, S. 466-467.

[3] Dieser Absatz vgl. Bestmann, U., 2000, S. 266.

[4] Vgl. Füser, K./Gleißner, W., 2005, S. 207.

[5] Dieser Absatz vgl. Anleger-Lexikon, http://boerse.ard.de/lexikon.jsp?p=150&key=lexikon_18577&letter=E, (17.04.2007).

[6] Dieser Absatz vgl. Büschgen, H., 2001, S. 476.

[7] Dieser Absatz vgl. Netzwelt: Lexikon, http://www.netzwelt.de/lexikon/Finanzmarkt.html, (16.04.2007).

[8] Dieser Absatz vgl. Prudent, R., 2000, S. 73.

[9] Dieser Absatz vgl. Börse-ARD: Anleger-Lexikon, http://boerse.ard.de/lexikon.jsp?p=150&key=lexikon_18744&letter=H, (17.04.2007).

[10] Dieser Abschnitt vgl. Beyer, H./Bestmann, U., 1989, S. 153.

[11] Dieser Abschnitt vgl. Büschgen, H., 2001, S. 1491.

[12] Dieser Abschnitt vgl. Füser, K./Gleißner, W., S. 473.

[13] Dieser Abschnitt vgl. Bestmann, U., 2000, S. 864.

[14] Dieser Abschnitt vgl. Füser, K./Gleißner, W., S. 516.

[15] Vgl. Bundensverband Deutscher Banken : Argumente zum Finanzmarkt, http://www.bdb.de/download/argumente/azf_9812.pdf, (19.03.2007), S.5.

[16] Vgl. Hoffmann, P., 1991, S. 16.

[17] Vgl. Füser, K./Gleißner, W., 2005, S. 287.

[18] Vgl. Prudent, R., 2000, S. 97.

[19] Vgl. Creditreform: Insolvenzen in Europa, Jahr 2006/2007, http://www.creditreform-bonn.de/Deutsch/Creditreform/Presse/Creditreform_Wirtschaftsforschung/Insolvenzen_in_Europa/Ausgabe_2006-07/Insolvenzen_Europa_2006_Presseinfo.pdf, (21.02.2007), S. 1.

[20] Die vorangegangenen Sätze vgl. Büschgen, H./Everling, O. (Hrsg.), Behrenwaldt, U., 1996, S. 293.

[21] Dieser Absatz vgl. Büschgen, H./Everling, O., (Hrsg.), Behrenwaldt, U., 1996, S. 293.

[22] Vgl. Gerke, W., 2002, S. 680.

[23] Vgl. Gerke, W., 2002, S. 795.

[24] Die vorangegangenen Sätze vgl. Gerke, W., 2002, S. 753.

[25] Dieser Absatz vgl. Hoffmann, P., 1991, S. 16.

[26] Die vorangegangenen Sätze vgl. Kürble, G./Reichling, H. (Hrsg.), Plogmann, F., 2006, S. 130.

[27] Vgl. Engels, W. (Hrsg.), Breuer, R., 1992, S. 77.

[28] Vgl. Füser, K./Gleißner, W., 2005, S. 369.

[29] Dieser Absatz vgl. Jahn T./Johann, B., 2002, S. 40.

[30] Vgl. Everling, O./Schmidt-Bürgel, J. (Hrsg.), Everling, O., 2005, Vorwort.

[31] Vgl. z.B. Piwald, W.: Ratingagenturen - Arbeitsweise Rechtslage Entwicklung, 2005.

[32] Vgl. z.B. Wambach, M./Rödl, B.: Rating – Finanzierung für den Mittelstand, 2001.

[33] Vgl. Braun, P./Gstach, O., 2003, S. 13.

[34] Vgl. Hoffmann, P., 1991, S. 24.

[35] Vgl. Piwald, W., 2005, S.18.

[36] Vgl. Reidenbach, D., 2006, S. 275.

[37] Die vorangegangenen Sätze vgl. Hoffmann, P., 1991, S. 25.

[38] Die vorangegangenen Sätze vgl. Piwald, W., 2005, S.19.

[39] Die vorangegangenen Sätze vgl. Hoffmann, P., 1991, S. 25.

[40] Vgl. Piwald, W., 2005, S. 19.

[41] Vgl. Hoffmann, P., 1991, S. 25.

[42] Die vorangegangenen Sätze vgl. Piwald, W., 2005, S. 20.

[43] Vgl. Braun, P./Gstach, O., 2003, S. 11.

[44] Die vorangegangenen Sätze vgl. Munsch, M./Weiß, B., 2002, S. 10.

[45] Vgl. Hofmann, P., 1991, S. 103-104.

[46] Die vorangegangenen Sätze vgl. Wambach, M./Rödl, B., 2001, S. 49.

[47] Vgl. Braun, P./Gstach, O., 2003, S. 13.

[48] Vgl. Hoffmann, P., 1991, S. 17.

[49] Vgl. Wambach, M./Rödl, B., 2001, S. 49.

[50] Moody´s unterteilt das Emittentenrating in Fremdwährungs-, Inlandswährungs-Emittentenrating und Emittentratings für Anbieter derivativer Produkte. Diese Unterteilung ist für diese Arbeit nicht von Bedeutung. Eine genaue Definition dieser weiteren Unterteilung ist dem Anhang 1, S.59, zu entnehmen.

[51] Vgl. Everling, O., 1991a, S. 31.

[52] Vgl. Everling, O., 1991a, S. 34.

[53] Vgl. Wambach, M./Rödl, B., 2001, S. 53.

[54] Vgl. Büschgen, H../Everling, O. (Hrsg.), Berblinger, J., 1996, S. 34.

[55] Die vorangegangenen Sätze vgl. Wambach, M./Rödl, B., 2001, S. 51.

[56] Die vorangegangenen Sätze vgl. Achleitner, A./Everling, O. (Hrsg.), Dimitrakopoulos, D./Spahr, R., 2003, S. 151.

[57] Vgl. Wambach, M./Rödl, B., 2001, S. 52.

[58] Vgl. Everling, O., 1991a, S. 54.

[59] Die vorangegangenen Sätze, vgl. Moody´s: Kennzeichnung nicht beantragter Ratings, http://www.moodys.com/moodys/cust/research/MDCdocs/18/2000400000301314.pdf, (02.03.07), S. 3.

[60] Vgl. Everling, O., 1991a, S. 55.

[61] Moody´s verwendet hierfür die Begriffe: Ratings für kurz- und langfristige Verbindlichkeiten. Vgl. Moody´s: Ratingdefinitionen, http://www.moodys.com/deutschland/mdcsPage.aspx?mdcsId=4&template=ratingdefinitions, (02.02.2007).

[62] Vgl. Achleitner, A./Everling, O. (Hrsg.), Dimitrakopoulos, D./Spahr, R., 2003, S. 152.

[63] Vgl. Everling, O., 1991a, S. 43.

[64] Die vorangegangenen Sätze vgl. Achleitner, A./Everling, O. (Hrsg.), Dimitrakopoulos, D./Spahr, R., 2003, S. 152.

[65] Vgl. Wambach, M./Rödl, B., 2001, S. 59.

[66] Die vorangegangenen Sätze vgl. Braun, P./Gstach, O., 2003, S. 13.

[67] Vgl. Piwald, W., 2005, S. 25.

[68] Eine genaue Definition für jede einzelne Ratingstufe ist dem Anhang 1, S.59-60, zu entnehmen.

[69] Vgl. Everling, O./Schneck, O., 2004, S. 76.

[70] Standard & Poor´s verwendet eine ähnliche weitere Unterteilung innerhalb der einzelnen Ratingstufen. Diese wird nicht weiter erläutert, da es nicht relevant für diese Arbeit ist.

[71] Vgl. Moody´s : Emittentenratings : Neues Instrument für Investoren und Emittenten, http://www.moodys.com/moodys/cust/research/MDCdocs/18/2000400000300054.pdf, (13.03.2007), S. 5.

[72] Vgl. Wambach, M./Rödl, B., 2001, S. 59.

[73] Die vorangegangenen Sätze vgl. Everling, O., 1991a, S. 49.

[74] Die vorangegangenen Sätze vgl. BaFin: Rundschreiben 15-05, http://www.bafin.de/rundschreiben/89_2005/050820.htm, (20.02.2007), S. 4.

[75] Die vorangegangenen Sätze vgl. BaFin: Rundschreiben 15-05, http://www.bafin.de/rundschreiben/89_2005/050820.htm, (20.02.2007), S.6.

[76] Die vorangegangenen Sätze vgl. BaFin: Rundschreiben 15-05, http://www.bafin.de/rundschreiben/89_2005/050820.htm, (20.02.2007), S.7.

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Unternehmensratings und ihre Aussagekraft für Eigen- und Fremdkapitalgeber
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Eine kritische Würdigung
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2,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
79
Katalognummer
V90050
ISBN (eBook)
9783638039680
ISBN (Buch)
9783638937061
Dateigröße
1261 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unternehmensratings, Aussagekraft, Eigen-, Fremdkapitalgeber, Rating
Arbeit zitieren
Diplom-Betriebswirt Nadja Müller (Autor:in), 2007, Unternehmensratings und ihre Aussagekraft für Eigen- und Fremdkapitalgeber , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90050

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Titel: Unternehmensratings und ihre Aussagekraft für Eigen- und Fremdkapitalgeber



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