Deutsche Erstversicherer im Zeichen der Globalisierung


Diplomarbeit, 2007

99 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Aufbau und Gang der Arbeit

2 Struktur des deutschen Erstversicherungsmarktes
2.1 Anzahl und Rechtsformen der Versicherungsunternehmen in Deutschlan
2.2 Marktteilnehmer und ihre Marktanteile
2.2.1 Vorbemerkungen
2.2.2 Lebensversicherung
2.2.3 Schaden-/Unfallversicherung
2.2.4 Krankenversicherung
2.3 Marktkonzentration im Zeitverlauf
2.4 Marktwachstum und Prognose
2.5 Zwischenfazit

3 Entwicklungen und Trends in der Versicherungswirtschaft
3.1 Vorbemerkungen
3.2 Druck durch externe Marktfaktoren
3.3 Anspruchsvolle Versicherungsnehmer
3.4 Veränderte Vertriebsstrukturen
3.5 Reduktion der Fertigungstiefe
3.6 Internationalisierung und Expansion in neue Märkte
3.7 Zwischenfazit

4 Versicherungsmärkte Republik Indien und Volksrepublik China
4.1 Makroökonomisches Umfeld
4.2 Geschichte und Entwicklung
4.3 Marktanalyse
4.3.1 Prämienvolumen und Marktwachstum
4.3.1.1 Gesamtmarkt
4.3.1.2 Lebensversicherung
4.3.1.3 Nichtlebensversicherung
4.3.1.4 Exkurs: Mikroversicherung
4.3.2 Marktteilnehmer und ihre Marktanteile
4.4 Markteintritt ausländischer Versicherungsunternehmen
4.4.1 Aufsichtskonforme Markteintrittsmöglichkeiten
4.4.2 Formelle Anforderungen für die Zulassung zum Geschäftsbetrieb
4.5 Marktbearbeitungsstrategie eines deutschen Erstversicherers am Beispiel der Allianz
4.6 Zwischenfazit

5 Zusammenfassung und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.1: Anzahl und Rechtsformen von VU in Deutschland 1954 – 2005

Abb. 2.2: Vergleich kumulierter Marktanteile nach Konzernzugehörigkeit 2000 und 2006

Abb. 2.3: Jahresdurchschnittliche Veränderungsraten der Bruttobeiträge in %

Abb. 3.1: Drei Säulen von Solvency II

Abb. 3.2: Polarisierung der Kunden zwischen Preis und Service

Abb. 3.3: Kundenbedürfnisse steuern die Vertriebsform

Abb. 3.4: Wertschöpfungskette von Versicherungsunternehmen

Abb. 3.5: Strategische Bedeutung der Prozesse im Versicherungsunternehmen

Abb. 3.6: Verbreitung von Alternative Sourcing

Abb. 4.1: Verteilung der Nichtlebenprämien in China 2004

Abb. 4.2: Verteilung der Nichtlebenprämien in Indien 2006

Tabellenverzeichnis

Tab. 2.1: Marktanteile Lebensversicherung 2006, Einzelunternehmen

Tab. 2.2: Marktanteile Lebensversicherung 2006, Konzern/Gruppe

Tab. 2.3: Marktanteile Schaden/Unfall 2006, Einzelunternehmen

Tab. 2.4: Marktanteile Schaden/Unfall 2006, Konzern/Gruppe

Tab. 2.5: Marktanteile Krankenversicherung 2006, Einzelunternehmen

Tab. 2.6: Marktanteile Krankenversicherung 2006, Konzern/Gruppe

Tab. 2.7: Marktanteile der 1/3/5/10 größten Unternehmen nach Sparten 1985-2006

Tab. 3.1: Reales Prämienwachstum 2006

„Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Windmühlen.“

Chinesisches Sprichwort

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Globalisierung ist in aller Munde. Auf der einen Seite bei Unternehmen jeglicher Bran-chen zum Schlagwort für diverse strategische Konzepte avanciert, rückte „Die Globali-sierung“ in jüngster Zeit vor allem durch ihre Gegner ins öffentliche und politische Inte-resse. Doch was ist Globalisierung eigentlich? Gemeinsamer Nenner verschiedenster Definitionen ist zweifelsohne die steigende Interaktion zwischen Volkswirtschaften der ganzen Welt. Da für die vorliegende Arbeit weniger die kulturelle oder ökologische, sondern vielmehr die wirtschaftliche und politische Dimension im Mittelpunkt steht, kann Globalisierung hier als Zunahme grenzüberschreitender finanz- und realwirtschaft-licher Verflechtungen aufgrund steigender ökonomischer Integration, Liberalisierung und Deregulierung verstanden werden.

Hinzu kommen technische Fortschritte, die Informations- und Kommunikationsmög-lichkeiten schaffen, welche noch vor einem Jahrzehnt unvorstellbar waren. Diese Ent-wicklungen begünstigen einerseits die weltweite Integration, führen andererseits aber auch zu einer steigenden Dynamisierung des Wirtschaftslebens. Zusammen mit der pa-rallel verlaufenden demographischen Entwicklung und sich wandelnden Kundenbedürf-nissen vollzieht sich durch die Dynamisierung und Globalisierung der Marktprozesse eine Intensivierung des Wettbewerbs, die in der Folge auch zu Neuordnungen in der Unternehmenslandschaft führt. Allein die Errichtung des gemeinsamen europäischen Wirtschafts- und Währungsraumes, die zweifelsohne unter die oben genannte Globali-sierungsdefinition fällt, ist direkter oder indirekter Auslöser zahlreicher Veränderungs-prozesse quer durch alle Geschäftsbereiche. Vorläufiger Höhepunkt für die Versiche-rungswirtschaft war die Vollendung des europäischen Versicherungsbinnenmarktes am 1.7.1994, als die nationale Kontrolle von Bedingungen und Prämien aufgehoben und der Marktzutritt in vollem Umfang liberalisiert wurde.[1],[2]

Vor diesem Hintergrund soll es Ziel der vorliegenden Arbeit sein, einen Überblick über die Auswirkungen einer zunehmend globalisierten Welt auf die deutsche Erstversich-erungsbranche zu geben.[3] Hierbei werden sowohl unternehmensübergreifende struktur-elle Veränderungen als auch Effekte auf Unternehmens- bzw. Geschäftsprozessebene aufgegriffen und ausgewählte Handlungsoptionen erläutert. Eine rein reaktive Betrach-tung der Veränderungen im heimischen Markt würde jedoch der Komplexität der Glo-balisierung nicht gerecht. Deshalb soll darüber hinaus auch die umgekehrte Richtung, die proaktive Nutzung der Globalisierungsentwicklungen in Form der Erschließung neuer, sich öffnender Absatzmärkte, in die Untersuchung einbezogen werden.

1.2 Aufbau und Gang der Arbeit

Als Ausgangspunkt der Überlegungen wird im folgenden Kapitel 2 zunächst die der-zeitige Situation auf dem deutschen Erstversicherungsmarkt analysiert. Hier steht vor allem die Größe und Größenverteilung der Versicherungsunternehmen in den einzelnen Sparten, in Form von Marktanteils- und Konzentrationsberechnungen, im Mittelpunkt. Mit einer Darstellung der zeitlichen Entwicklung von Marktkonzentration und Prämien-volumen sowie einem kurzen Ausblick schließt dieses Kapitel.

Kapitel 3 bietet anschließend einen umfassenden Einblick in die aktuellen Entwick-lungen der Versicherungswirtschaft. Zusammengefasst in fünf Trends werden die we-sentlichen Triebkräfte für Veränderungen, ihre Bedeutung für die einzelnen Unterneh-men bzw. die Branche sowie die Reaktionen und Handlungsoptionen der Entschei-dungsträger dargestellt.

Kapitel 4 steht schließlich im Zeichen der durch die Globalisierungs- und Liberalisie-rungstendenzen ermöglichten Erschließung ausländischer Absatzmärkte seitens deut-scher Versicherungsunternehmen. Für eine Darstellung der Möglichkeiten und Grenzen einer Marktbearbeitung in Schwellenländern werden hier stellvertretend die Versiche-rungsmärkte der Republik Indien und der Volksrepublik (VR) China herangezogen. Nach einer kurzen Darstellung der Rahmenbedingungen und der historischen Entwick-lung dieser Märkte stehen deren Prämienaufkommen, Wachstumsraten und Marktan-teilsverteilungen im Erkenntnisinteresse. Zusammen mit formellen und aufsichtsrecht-lichen Bestimmungen, ergänzt durch ein Praxisbeispiel, ergibt sich ein umfassender Einblick in die Möglichkeiten und Grenzen eines Markteintritts für deutsche Erstver-sicherer.[4]

Den Abschluss bildet Kapitel 5 mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen und Erkenntnisse sowie einem kurzen Blick in die Zukunft.

2. Struktur des deutschen Erstversicherungsmarktes

2.1 Anzahl und Rechtsformen der Versicherungsunternehmen in Deutschland

Derzeit sind 687 Versicherungsunternehmen in Deutschland zugelassen und stehen un-ter Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).[5] Darunter be-finden sich im Einzelnen 241 Schaden- und Unfallversicherer, 202 Pensions- und Ster-bekassen, 116 Lebensversicherer, 53 Krankenversicherer, 51 Rückversicherungsunter-nehmen und 24 Pensionsfonds.[6] Mit dieser Anbietervielfalt zählt der deutsche Versich-erungsmarkt vor allem im Leben- sowie Schaden- und Unfallbereich zu den am stärks-ten fragmentierten Märkten in Europa.[7] Dabei ist die Marktbereinigung in vollem Gange, die Anzahl der Versicherungsunternehmen unter deutscher Aufsicht hat sich, ausgehend von 939 Anbietern im Jahre 1960, kontinuierlich verringert.[8] Betroffen zei-gen sich vor allem die von einer Vielzahl von Anbietern gekennzeichneten Bereiche der Pensions- und Sterbekassen sowie Schadenversicherer mit 352 resp. 350 Anbietern in 1960. Auch die Anzahl der Krankenversicherer hat sich in den vergangenen 60 Jahren nahezu halbiert.[9]

Ein weiterer Trend wird deutlich, wenn man neben der Anzahl auch die Rechtsformen der zugelassenen Unternehmen untersucht. Abb. 2.1 zeigt eine deutliche Verschiebung vom Versicherungsverein a. G. zur Versicherungsaktiengesellschaft. Waren Mitte ver-gangenen Jahrhunderts noch 6-mal so viele Gegenseitigkeitsversicherer wie AGs am Markt, so hat sich die Rangfolge Mitte der 1990er Jahre umgekehrt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an GDV (2006b), Tab. 2, 3

Die wissenschaftliche Diskussion um Vor- oder Nachteile der Rechtsformen soll an dieser Stelle nicht in aller Breite wiedergegeben werden, allein die Tatsache, dass Ver-sicherungsvereine auf Gegenseitigkeit überhaupt lange Zeit neben anderen Rechts-formen Bestand hatten und weiterhin haben, zeugt davon, dass auch sie effizient sind.[10] Der historische Erfolg der Versicherungsvereine ist unbestreitbar,[11] unter den 50 welt-weit größten Versicherern finden sich immerhin 21 Gegenseitigkeitsversicherer.[12],[13] Auch künftig könnte die Notwendigkeit, sich klar am Markt zu positionieren,[14] der Rechtsform des VVaG wieder neue Attraktivität verleihen. Immerhin bietet die in der Rechtsform begründete starke Ausrichtung der Geschäftstätigkeit an den Interessen der versicherten Mitglieder und die Unabhängigkeit von, zumeist auf kurzfristig erzielbare Renditen gerichteten, Aktionärsinteressen das Potenzial dazu.[15]

Vor dem Hintergrund zunehmenden globalen Wettbewerbs sprechen derzeit aber beson-ders zwei Argumente für die Rechtsform der Aktiengesellschaft, die im Folgenden kurz erläutert werden:

1. Besserer Kapitalmarktzugang: Versicherungsvereinen fehlt im Wesentlichen die Möglichkeit externes Eigenkapital zu beziehen. Die primäre Ausweitung der Kapi-talbasis durch einbehaltene Gewinne schränkt die strategische Flexibilität der Ge-genseitigkeitsversicherer gegenüber den AGs ein, Expansionen in neue Märkte und Regionen gestalten sich so schwieriger.[16]
2. Größere Übernahmemöglichkeiten: Ursprünglich waren nach VAG Fusionen aus-schließlich zwischen Unternehmen mit gleicher Rechtsform gestattet, was die Mög-lichkeiten sowohl der VVaGs als auch der AGs ex ante stark einschränkte.[17] Mit dem novellierten UmwG wurden auch Mischverschmelzungen ermöglicht, die §§44a-c VAG fielen weg. Erlaubt ist allerdings nur die Fusion durch Aufnahme eines VVaG durch eine AG,[18] der umgekehrte Fall ist aufgrund der Struktur des VVaG weiterhin nicht möglich.[19] Damit stehen VVaGs nicht nur weniger Möglich-keiten zur Verfügung als Aktiengesellschaften, sie sind auch einer größeren Gefahr ausgesetzt selbst übernommen zu werden als in der Vergangenheit.

Diese beiden Argumente werden durch hohe bzw. steigende Aktienkurse noch verstärkt, die es den börsennotierten Versicherungsunternehmen erleichtern, Akquisitionen mittels eigener Aktien als Zahlungsmittel zu tätigen.[20] So ist es nicht verwunderlich, dass viele Versicherungsvereine zumindest über die Möglichkeit einer Demutualisierung, die Um-wandlung in eine AG, nachdenken.[21] Auch für die Vereinsmitglieder, die in Deutsch-land mit 75% der Stimmen der obersten Vertretung einer Umwandlung zustimmen müs-sen, hat die Demutualisierung faktisch keine vertragsrechtlichen Auswirkungen.[22] Tat-sächlich haben sich die Rechtsformen in ihrer Geschäftstätigkeit einander so angeglich-en,[23] dass rechtsformspezifische Unterschiede im Versicherungsangebot für die Ver-sicherten meist nicht erkennbar sind.[24] Da scheint der Wechsel vom Vereinsmitglied zum Aktionär[25] mit dauerhaften und fungiblen Besitzrechten für die Versicherungs-nehmer sogar attraktiv, was sich im fast ungeteilten Zuspruch diverser Mitgliederab-stimmungen zeigte.[26]

Die Demutualisierung muss allerdings nicht vollständig sein, nachgelagerte Tochter-gesellschaften auf Aktienbasis sind nicht minder erfolgreich und auch noch schneller zu realisieren.[27],[28] Dieser, durch Ausgliederung von Versicherungsbeständen auf Tochter-aktiengesellschaften unter Aufrechterhaltung einer Restmitgliedschaft erreichte, mittel-bare Zugang zum Kapitalmarkt trägt aber wenig zum Erhalt des VVaG an sich bei, da der ausgegliederte Bestand für den VVaG verloren ist.[29]

Die derzeitige deutsche und europäische Rechtslage und –entwicklung bietet zudem wenig Ansatzpunkte, die den Trend zur Demutualisierung stoppen oder umkehren kön-nten.[30] Eine dauerhafte Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des VVaG scheint so-mit nur durch Reformen zur Schaffung neuer bzw. zum Ausbau bestehender, mit dem Gegenseitigkeitsprinzip vereinbarer Finanzierungsinstrumente möglich.[31]

2.2 Marktteilnehmer und ihre Marktanteile

2.2.1 Vorbemerkungen

Die Konsolidierung in der Versicherungsbranche dürfte ihren Zenit noch nicht über-schritten haben, ein weiterer Rückgang der Anzahl der Versicherungsunternehmen scheint wahrscheinlich. Von den im vorangegangenen Kapitel identifizierten 687 Unter-nehmen werden nur etwa 150 als marktrelevant eingestuft,[32] bei den Verbleibenden handelt es sich um regionale oder berufsständische Anbieter, deren Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit zumindest auf Dauer fraglich erscheint.[33]

Auf der anderen Seite haben sich in den vergangenen Jahren einige wenige Großkon-zerne gebildet, die beträchtliche Marktanteile halten und gut für die Zukunft aufgestellt sind. Neben der Allianz als größtem Universalversicherer der Welt,[34] haben sich die Münchener Rück mit der Ergo-Gruppe, die italienische AMB Generali, die Schweizer Zurich und die französische AXA postiert. Damit sind gleich drei ausländische Kon-zerne direkt oder über ihre Tochtergesellschaften unter den TOP 10 in Deutschland ver-treten.[35] Die erst vor zehn Jahren aus dem Haftpflichtverband der deutschen Industrie hervorgegangene Talanx wuchs in den letzten Jahren am stärksten und konnte sich ebenfalls fest in den vorderen Rängen etablieren.[36]

Die nachfolgende Analyse des Geschäftsjahres 2006 untersucht deshalb nicht nur die Marktanteile der einzelnen Unternehmen in den Segmenten Lebensversicherung, Schaden-/Unfallversicherung und Krankenversicherung, sondern weist zusätzlich die Anteile nach Gruppen/Konzernen aus. Dies ist aus zwei Gründen notwendig: Zum einen verfolgen die Konzerne unterschiedliche Strategien. Allianz und AXA bspw. verfolgen Ein-Marken-Strategien und weisen sowohl als Rechtseinheit, wie auch als Wirtschafts-einheit in den jeweiligen Sparten dieselben Marktanteile auf. Die Vergleichbarkeit mit Mehr-Marken-Konzernen, wie Ergo oder Talanx, deren Gesamtmarktanteil sich inner-halb der Sparten auf mehrere Tochtergesellschaften verteilt, wird also erst durch die Ag-gregation der Rechtseinheiten vollständig gewährleistet. Zweitens ist für eine wettbe-werbspolitische Beurteilung der Anbieterkonzentration die Betrachtung auf Gruppen-/Konzernebene notwendig, da andernfalls die Konzentration zu niedrig ausfällt.[37]

Einen Sonderfall stellen die öffentlich-rechtlichen Versicherer dar, da sie nicht unter einheitlicher Leitung stehen, aber dennoch als verwandt angesehen werden können.[38] Aufgrund dieser Verwandtschaft werden auch die öffentlichen Versicherer als Gruppe behandelt und die Summe der jeweils drei größten jeder Sparte in den Ranglisten als ein Konzern dargestellt.[39]

Die in den nachfolgenden Tabellen ausgewiesenen kumulierten Marktanteile einer be-stimmten Anzahl an Einzelunternehmen oder Konzernen sind zugleich Konzentrations-maß in Form der Konzentrationsrate, definiert als:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit: CRm = Konzentrationsrate der jeweils m größten Merkmalsträger in einem Bereich

pi = Anteil des Merkmalsträgers i an der gesamten Merkmalssumme (0<pi<=1)

m = Anzahl der berücksichtigten Merkmalsträger

Dieses Konzentrationsmaß wird aufgrund der leichten Verständlichkeit und Verfügbar-keit der benötigten Daten häufig verwendet, eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse ist also gewährleistet.[40]

Einige größere Veränderungen bei den Marktanteilen in nächster Zukunft sind bereits jetzt abzusehen: Die im Juni 2006 bekannt gegebene Übernahme der Winterthur Group durch die AXA ist im Dezember 2006 mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden abge-schlossen worden, die vollständige Integration soll bis spätestens 2009 erreicht sein.[41] Durch das Festhalten der AXA an der Ein-Marken-Politik wird die DBV-Winterthur als Marke verschwinden und die AXA sowohl als Einzelanbieter, wie auch als Konzern in allen Bereichen Plätze gut machen.[42] Aus diesem Grund wird zu jeder Tabelle zusätz-lich kurz die fiktive Rangfolge für 2006 beschrieben, so als hätte die Integration der DBV in den AXA-Konzern bereits stattgefunden.

2.2.2 Lebensversicherung

Tab. 2.1 zeigt die Marktanteile der einzelnen Anbieter im Jahr 2006, bezogen auf ein gesamtes Prämienvolumen im Lebengeschäft i. H. v. 74,7 Mrd. €.[43] Zu den Aufsteigern 2006 gehören die Zurich-Deutscher-Herold, die sich nach der Verschmelzung mit der Zürich Lebensversicherung um zwei Plätze verbessern konnte, und die neue HDI-Gerling, die den Sprung auf Rang 9 schaffte und so den größten öffentlichen Lebensver-sicherer, die Bayern Leben, aus den TOP 10 verdrängte.

Tab. 2.1: Marktanteile Lebensversicherung 2006, Einzelunternehmen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Berechnung, Geschäftsberichte

Die AXA kommt nach Eingliederung der DBV-Winterthur Lebensversicherung c. p. auf 3.459,5 Mio. € und springt auf Platz 5. Der zusätzliche Marktanteil der DBV-Winter-thur von derzeit 1,98% erhöht die kumulierten Marktanteile aber nur geringfügig, auf Konzernebene verbessert er die AXA nur um eine Platzierung.

Bei aggregierter Betrachtung auf Ebene der Konzerne/Gruppen in Tab. 2.2 zeigt sich anhand der Abstände zwischen den vorderen Platzierungen ein deutlicher Unterschied zur Analyse auf Einzelunternehmensebene. Der Vorsprung des Marktführers Allianz zum Zweitplatzierten verringert sich von 9,17% bei Einzelunternehmen auf 3% bei Gruppen/Konzernen. Der Marktanteil der zehn größten Gruppen liegt insgesamt fast 20 Prozentpunkte über dem der zehn größten Einzelunternehmen.

Tab. 2.2: Marktanteile Lebensversicherung 2006, Konzern/Gruppe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Berechnung, Geschäftsberichte

Anm.: a) AMB Generali mit AachenMünchener, Volksfürsorge, Generali und Cosmos Direkt
b) TOP3 Öffentliche mit Bayern Leben, Provinzial (NordWest und Rheinland) und SV Lebensversicherung
c) Münchener Rück über Ergo mit Hamburg-Mannheimer, Victoria, Vorsorge und KarstadtQuelle Lebensversicherung
d) Talanx mit neue Leben, CiV Lebensversicherung, Postbank Lebensversicherung und HDI- Gerling

2.2.3 Schaden-/Unfallversicherung

Ein ähnliches Bild zeigt die Betrachtung der Schaden- und Unfall-Sparte in Tab. 2.3 und 2.4. Auch hier ist die Allianz mit deutlichem Vorsprung Spitzenreiter und wieder verringert sich der Abstand zu Platz 2 bei der Konzernbetrachtung, wenn auch nicht ganz so deutlich. Die gebuchten Bruttobeiträge lagen 2006 insgesamt bei 54,60 Mrd. €.[44]

Tab. 2.3: Marktanteile Schaden/Unfall 2006, Einzelunternehmen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Berechnung, Geschäftsberichte

Die zusätzlichen 544 Mio. € Bruttobeiträge der DBV-Winterthur bringen die AXA künftig auf den zweiten Platz, der kumulierte Marktanteil der größten Zehn erhöht sich leicht um knapp 1%. Auf Konzernebene folgen allerdings andere dichter auf die Allianz, hier reicht es für die AXA künftig nur für Platz 5.

Tab. 2.4: Marktanteile Schaden/Unfall 2006, Konzern/Gruppe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Berechnung, Geschäftsberichte

Anm.: a) Talanx mit Postbank Versicherung, HDI (Zahlen von 2005), Gerling, CiV
b) Öffentliche mit SV, Versicherungskammer Bayern (Bayerische Landesbrandversicherung, Bayerischer Versicherungsverband Versicherung) und Provinzial (Westfälische und Rheinland)
c) R+V inkl. KRAVAG
d) Münchener Rück über Ergo mit Victoria, Hamburg-Mannheimer, DAS und KarstadtQuelle
e) AMB Generali mit AachenMünchener, Advocard (Zahlen von 2005), Cosmos Direkt, Generali und Volksfürsorge
f) Zurich inkl. DA Direkt
g) Wüstenrot & Württembergische mit Württembergische und Karlsruher

2.2.4 Krankenversicherung

Tab. 2.5 zeigt die Anteile der zehn größten Anbieter an insgesamt gebuchten Brutto-beiträgen im Bereich der Krankenversicherung von 28,5 Mrd. € im Jahr 2006.[45] Hier tauchen andere Namen in den oberen Rängen auf, als im Leben- bzw. Schadengeschäft, was im Wesentlichen durch die Historie der Unternehmen begründet ist. Traditionelle Schadenversicherer wie HDI (Talanx) oder HUK-Coburg spielen in der Krankenver-sicherung bislang nur eine Nebenrolle.[46]

[...]


[1] Vgl. Farny, D. (2006), S. 162 sowie Wolters, G. (1995), S. 153.

[2] Seitdem können Versicherungsunternehmen mit der durch ihre Herkunftslandbehörde erteilten Erlaubnis zum Versicherungsbetrieb im gesamten Integrationsraum tätig werden. Vgl. Klüver, S. (2002), S. 52.

[3] Da der Bereich der Rückversicherung nicht weiter betrachtet wird, sind auch im Folgenden verwendete unspezifische Formulierungen wie Versicherungsunternehmen, Versicherer oder Assekuranz stets auf Erstversicherer und die Erstversicherungsbranche zu beziehen.

[4] Selbstverständlich sind die Rahmenbedingungen in anderen Schwellenländern teilweise grundverschieden und die Strategien sowie gezogene Rückschlüsse nicht direkt übertragbar. Dennoch musste aufgrund der Vielzahl an neuen Märkten eine Auswahl getroffen werden. Vgl. zur Begründung der Wahl von China und Indien Kap. 3.7.

[5] Zusätzlich betreiben 766 Versicherer aus dem Europäischen Wirtschaftsraum im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs oder einer Niederlassung Versicherungsgeschäfte in Deutschland. Die Aufsicht dieser Versicherungsunternehmen obliegt primär den Aufsichtsbehörden der Herkunftsländer. Vgl. BaFin (2007).

[6] Ohne kleinere VVaG unter Landesaufsicht. Stand: Jahresende 2005. Vgl. GDV (2006b), Tab. 2

[7] Vgl. Venohr, B. et. al. (1998), S. 1120f.

[8] Vgl. GDV (2006b), Tab. 2

[9] Vgl. ebenda.

[10] Vgl. Smith Jr., C. (1986), S. 708.

[11] Vgl. Kürn, T. (2001), S. 66.

[12] Vgl. Swiss Re (1999), S. 5.

[13] Auch von den 15 größten Erstversicherungskonzernen und -gruppen in Deutschland fallen sechs in das Lager der Gegenseitigkeitsversicherer. Vgl. Farny, D. (2007), S. 19.

[14] Vgl. Kap. 2.4.

[15] Vgl. Kürn, T. (2001), S. 65-69.

[16] Vgl. Swiss Re (1999), S. 15.

[17] Vgl. Settnik, U. (2006), S. 60.

[18] Vgl. § 109 Abs. 1 UmwG.

[19] Es können nur Versicherungsnehmer Mitglieder werden und keine externen natürlichen oder juristischen Personen. Vgl. Settnik, U. (2006), S. 60f.

[20] Vgl. Swiss Re (1999), S. 28.

[21] Vgl. Settnik, U. (2006), S. 61.

[22] Vgl. Weber, N. (1998), S. 1276.

[23] Vgl. ausführlich bei Farny, D. (2006), S. 223-230.

[24] Vgl. Weber, N. (1998), S. 1274.

[25] Je nach Art der Demutualisierung werden die Mitglieder entweder in Form von Aktien der neuen Gesellschaft oder in Geldform für den Verlust ihrer Mitgliedsrechte entschädigt. Vgl. Farny, D. (2006), S. 214.

[26] Vgl. Weber, N. (1998), S. 1276.

[27] Vgl. Swiss Re (1999), S. 30-34.

[28] Der HDI (alleiniger Mehrheitseigentümer der Talanx AG) liefert im folgenden Kapitel ein anschauliches Beispiel für den Erfolg dieser Strategie.

[29] Vgl. Kürn, T. (2001), S. 247f.

[30] Vgl. Kürn, T. (2001), S. 246f.

[31] Vgl. Kürn, T. (2001), S. 70f, 246ff.

[32] Vgl. Venohr, B. et. al. (1998), S. 1120f.

[33] Vgl. Settnik, U. (2006), S. 7.

[34] Vgl. Hardt, C. (2006), S. 24.

[35] Dies erfordert zugleich eine etwas breiter angelegte Definition eines deutschen Erstversicherers. Aufgrund der starken Präsenz auf dem deutschen Markt und zahlreicher Zukäufe von Unternehmen mit deutschen Wurzeln, die heute entweder als Tochtergesellschaften geführt werden oder vollständig integriert sind, können AXA, Generali usw. im weitesten Sinne auch zum Kreis der deutschen Erstversicherer gezählt und im Folgenden zumindest für Vergleichszwecke herangezogen werden.

[36] Vgl. Talanx (2006), S. 3, 14.

[37] Vgl. Eurich, A. et. al. (1997), S. 1094.

[38] Vgl. Farny, D., Willmes, O. (2001), S. 3.

[39] Vgl. für eine Übersicht der berücksichtigten Öffentlichen Unternehmen GB VÖV 2005 (2006), S. 30-32.

[40] Vgl. bspw. Klüver, S. (2002), S. 213 oder Farny, D., Willmes, O. (2001), S. 8.

[41] Vgl. GB AXA Konzern 2006 (2007), S. 3, 14.

[42] Vgl. Alich, H., Stock, O. (2006) sowie GB AXA Konzern 2006 (2007), S. 14.

[43] Vgl. GDV (2007b), S. 19.

[44] Vgl. GDV (2007a).

[45] Vgl. GDV (2007a).

[46] Vgl. Farny, D. (2007), S. 14.

Ende der Leseprobe aus 99 Seiten

Details

Titel
Deutsche Erstversicherer im Zeichen der Globalisierung
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
99
Katalognummer
V90036
ISBN (eBook)
9783638042222
ISBN (Buch)
9783638940078
Dateigröße
1813 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Deutsche, Erstversicherer, Zeichen, Globalisierung
Arbeit zitieren
René Romero-Bastil (Autor:in), 2007, Deutsche Erstversicherer im Zeichen der Globalisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90036

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