Die stolzen Weber aus Bielefeld und Oerlinghaus


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Stammbaum der Familie Weber

3. Die Stadt Bielefeld

4. Karl August Weber (1796-1872)
Exkurs: Die „Gesellschaft Ressource“

5. Carl David Weber (1824-1907)
Exkurs: Der Leinenhandel in der Krise

6. Fazit

7. Ahnentafeln der Familie Weber

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Max Weber, der am 21. April 1864 in Erfurt geboren wurde, wird neben Tönnies und Simmel als Mitbegründer der deutschen Soziologie bezeichnet und prägte diese Wissenschaft ganz entscheidend. So werden nicht nur seine Definitionen von „Herrschaft und Macht“ sowie des „Idealtypus“, sondern auch seine Einteilung des moralischen Handelns in „Gesinnungs- und Verantwortungsethik“, noch heute als wichtiger Bestandteil der Lehre betrachtet.

Zu seinen wichtigsten Werken zählen „Wirtschaft und Gesellschaft“, sowie „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“, welches für diese Arbeit von besonderer Bedeutung sein wird.

Weber, der aus einer angesehenen Bielefelder Kaufmannsfamilie stammte, bezieht sich in seinem Werk zur protestantischen Ethik in vieler Hinsicht auf seine familiären Wurzeln und schöpft daraus auch einige Inspiration. Wer Max Weber, sein Werk, sowie seine persönlichen Lebensumstände also verstehen möchte, kommt nicht umhin, sich auch mit dem dahinter liegenden Familiensystem zu beschäftigen.

Um diesem Auftrag gerecht zu werden, soll eine Darstellung des Stammbaumes der Familie Weber diese Arbeit im Punkt zwei einleiten und somit einen ersten, wenn auch groben Überblick schaffen. An dritter Stelle folgt dann ein Abschnitt, der sich mit dem Ort des Geschehens, der Stadt Bielefeld, beschäftigt. Diese war, als Stadt der Kaufleute, ein Hauptschauplatz jener Entwicklungen, denen Max Weber seine finanzielle Unabhängigkeit zu verdanken hatte.

Daran anknüpfend soll es im Abschnitt vier darum gehen, einen ersten Protagonisten, nämlich Karl August Weber, den Großvater von Max Weber jun., in den Focus der Betrachtung zu nehmen. Dieser hatte großen Einfluss auf das Werk Max Webers.

Inwiefern der zweite Protagonist, Carl David Weber, der Onkel von Max Weber jun., seinen Neffen beeinflusste, soll in Punkt fünf erörtert werden. In diesem Zusammenhang werden wir uns aus der Stadt Bielefeld hinaus, ins benachbarte Fürstentum Lippe bewegen. Dort, in dem kleinen Ort Oerlinghausen, gründete Carl David Weber einen Betrieb der mechanischen Leinenproduktion.

Abschließend folgt im sechsten Abschnitt ein Fazit, welches die dargestellten Umstände nochmals kurz umreißt und schließlich auch kritisch würdigt.

2. Stammbaum der Familie Weber

Wie man der „Ahnentafel berühmter Deutscher“ (Zwirner, Roesler 1937: 198-208) entnehmen kann, wurde die Familie Weber erstmals 1684 urkundlich erwähnt. Der Stammbaum bezieht sich darin auf einen David Weber, der in Bielefeld als Kirchenvorsteher tätig war.

Eine genauere Betrachtung der familiären Verhältnisse soll hier jedoch erst ab dem Jahr 1732 vorgenommen werden, dem Geburtsjahr von Gottfried Weber (1732-1797), dem Besitzer des freien Hofes „Pottenhof“ zu Bielefeld. Aus dessen Ehe mit Margarete Louisa Woermann (1738-1799) gingen zwei Kinder hervor. (vgl. Zwirner, Roesler 1937: 200)

Der erste Sohn, David Christian Weber (1760-1836) war Mitbegründer des Handelshauses „Weber, Laer und Niemann“ zu Bielefeld (1816-1860). Er legte damit einen Grundstein des Wohlstandes, von dem noch Max Weber jun. (1864-1920) profitieren sollte. Möglich war dies, da er Christine Wilhelmine von Laer (1762-1818) heiratete, die aus einer angesehenen Bielefelder Kaufmannsfamilie stammte. Arnold Friedrich von Laer (1728-1752), der Vater von Christine Wilhelmine, war sowohl Kaufmann und Leinenhändler, als auch Senator und Vorsteher der Stadtgemeinde zu Bielefeld und genoss Einfluss und hohes Ansehen. (vgl. Zwirner, Roesler 1937: 201)

Der zweite Sohn von Gottfried Weber und Margarete Louisa Woermann war David Friedrich Weber (1786-1869). Er war Mitbegründer des Handelshauses „Woermann und Weber“ zu Bielefeld, sowie Gründer von „D.F. Weber & Co.“ Hamburg. Aus dessen Ehe mit Henriette Nottebohm (1792-1886) gingen insgesamt 11 Kinder hervor, wobei vier der Söhne ebenfalls in das Handelsgeschäft einstiegen und später auch eigene Handelshäuser gründeten. (vgl. Zwirner, Roesler 1937: 201) Hermann Anthony Cornelius Weber (1822-1886), ebenfalls ein Sohn von David Friedrich Weber, studierte in Hamburg Rechtswissenschaften und war in den Jahren 1879, 1882 und 1885 erster Bürgermeister der Hansestadt (vgl. Koerner, Bernhard 1910: 450).

Kommen wir nun jedoch zurück zum Mitbegründer des Handelshauses „Weber, Laer und Niemann“ (1816-1860), David Christian Weber. Wie bereits erwähnt, sorgte dieser durch die Mitbegründung des Handelshauses in Bielefeld, für einen Grundstein des Wohlstandes der Familie Weber.

Sein Sohn, Karl August Weber (1796-1872), der Großvater von Max Weber jun., stieg in das Leinenhandelshaus seines Vaters ein und folgte damit dessen Vorbild. Er heiratete Marie Lucie Wilmans (1804-1882), deren Vater Dr.phil. Dr.med. Carl Arnold Wilmans (1772-1848) als Medizinalrat ebenfalls dem Bielefelder „Patriziat“ angehörte. Grundsätzlich stammte jedoch auch Carl Arnold Wilmans aus einer Bielefelder Kaufmannsfamilie, da sein Vater, Carl Friedrich Wilmans, Vorsteher, Senator und Kaufmann zu Bielefeld war. (vgl. Zwirner, Roesler 1937: 201)

Auf das Leben von Karl August Weber soll im Verlauf der Arbeit noch näher eingegangen werden, da dessen Lebensbild Max Weber jun. in seiner Arbeit zur protestantischen Ethik stark beeinflusste.

Aus der Ehe des Kaufmannes Karl August Weber und der Tochter des Arztes Carl Arnold Wilmans, Marie Lucie Wilmans, gingen sechs Kinder hervor.

Drei Söhne, unter anderem Carl David Weber (1824-1907), folgten dem Beispiel des Vaters und wurden ebenfalls Kaufleute. Max Weber (1836-1897), der Vater von Max Weber jun., durchbrach die Tradition, studierte Rechtswissenschaften und wurde später Berufspolitiker. Er war von 1867 bis 1897 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses und von 1873 bis 1884 Mitglied des Deutschen Reichstages. (vgl. Zwirner, Roesler 1937: 202)

Neben seinem Großvater Karl August Weber hatte auch Carl David Weber, der Onkel von Max Weber jun. großen Einfluss auf dessen Werk. Carl David Weber gründete 1850 das Unternehmen „Carl Weber & Co.“ im nahe gelegenen Oerlinghausen und führte damit die Tradition der Familie Weber fort. Es wird sich im Verlauf dieser Arbeit zeigen, dass sich in der Fortführung der Tradition jedoch auch ein fundamentaler Wandel vollzog. Eine Veränderung nämlich, die Max Weber jun. in seinem Werk: „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ als eine Entwicklung beschreibt, die sich von der traditionell geprägten Geschäftsführung, hin zu einer, nach kapitalistischen Maßstäben geführten Organisation, vollzieht (vgl. Weber, Max 1934: 54ff).

Max Weber, der Vater von Max Weber jun. heiratete schließlich Helene Fallenstein (1844-1919), die als Tochter von Georg Friedrich Fallenstein (1790-1853) und Emilie Souchay (1805-1881) zum Reichtum der Familie Weber beitragen konnte. Sie stammte aus dem Hugenottengeschlecht der Souchay, die als Kaufleute zu erheblichem Wohlstand gekommen waren (vgl. Roth 2001: 640).

Durch die Kapitalerträge der Familien Weber und Souchay gelang es Max Weber jun. letztlich, ein in wirtschaftlicher Hinsicht, sorgloses Leben zu führen. Dies war jedoch nicht nur durch seine eigene Herkunft und das dahinter liegende Familiensystem gewährleistet, sondern auch dadurch, dass seine Frau Marianne (1870-1954) aus dem gleichen Familiensystem stammte. Ihre Mutter Anna (1851-1873) war die Tochter von Carl David Weber, dem Onkel von Max Weber jun. (vgl. Roth 2001: 642). Durch die Heirat mit der Tochter seiner Cousine Anna, konnte Max Weber jun. also in zweifacher Weise am Kapital des Weber’schen Familiensystems profitieren.

Nun soll der Focus der Betrachtung an dieser Stelle jedoch wieder weit werden und das komplette System der Familie Weber beleuchten. Wie die Entwicklung der Familie zeigt, sprechen wir spätestens seit 1816 und der damit verbundenen Gründung des Handelshauses „Weber, Laer und Niemann“ von einer erfolgreichen Kaufmannsfamilie, deren Wohlstand und Einfluss sich im Laufe der Jahre erweiterte. Als eine Grundlage dieser Entwicklung muss nun jedoch noch ein Aspekt betrachtet werden, der bisher nur am Rande erwähnt wurde, nämlich der Ort des Geschehens, die Stadt Bielefeld. Wie der Stammbaum der Familie Weber zeigt, war diese Stadt neben Oerlinghausen und Hamburg einer der Hauptschauplätze all jener Entwicklungen, denen Max Weber jun. seine wirtschaftliche Unabhängigkeit zu verdanken hatte. Diese Stadt, die schon von deren Gründern, den Grafen von Ravensberg, als eine „Stadt der Kaufleute“ (Vogelsang 1980: 37) erdacht wurde, soll nun also im Focus der Betrachtung stehen.

3. Die Stadt Bielefeld

Die jüngere Forschung geht davon aus, dass Bielefeld etwa im Jahr 1214 von Hermann IV Graf von Ravensberg (1173-1219/1220) gegründet wurde. Dieser warb im gesamten Umland Kaufleute an, um diesen gemeinsam die Stadtgründung zu übertragen. Als Gegenleistung für ihren Dienst, wurden jenen Kaufleuten Grundstücke und Plätze, sowie politische Vorrechte im Hinblick auf die Besetzung des Rates zugebilligt. Durch dieses Vorgehen gelang es Hermann IV, Bielefeld seinem Wunsch nach, als eine „Stadt der Kaufleute“ (Vogelsang 1980: 37) zu etablieren. (vgl. Vogelsang 1980: 41)

Auch die günstige Lage Bielefelds, an einem Knotenpunkt mittelalterlicher Handelswege und einem Pass über den Teutoburger Wald, begünstigten dieses Vorhaben. (vgl. Vogelsang 1980: 43)

Die Bevölkerung Bielefelds war und ist bis in die Gegenwart eher protestantisch geprägt. Vogelsang beschreibt dies, neben der kaufmännisch-berechnenden Grundhaltung als ein „bestimmendes Merkmal“ (Vogelsang 1980: 113) der Stadt. So seien „nicht das Schloss, noch das Barockstift [...] sondern der Giebel des Kaufmannshauses“ (Vogelsang 1980: 113) Sinnbild des nüchternen Charakters der Kaufmannsstadt Bielefeld.

Als entscheidend für unsere Betrachtung, sowie für Bielefelds wirtschaftlichen Aufstieg in der Neuzeit, ist jedoch der Leinenhandel zu sehen.

So lag der Flachsanbau, als Erwerbszweig, hauptsächlich in der Verantwortung der Bauern, Kötter und Heuerlinge des Ravensberger Landes. Diese verkauften den Flachs an die Spinner, die in zahlreichen Arbeitsgängen Garn daraus sponnen. Dieses wurde anschließend als Moltgarn, Lotgarn, Vollgarn oder in anderen Sorten von Garnsammlern oder Webern aufgekauft. (vgl. Vogelsang 1980: 168)

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die stolzen Weber aus Bielefeld und Oerlinghaus
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Soziologie)
Veranstaltung
Der Bürger Max Weber
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
20
Katalognummer
V89979
ISBN (eBook)
9783638067911
ISBN (Buch)
9783638953658
Dateigröße
494 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Weber, Bielefeld, Oerlinghaus, Bürger, Weber
Arbeit zitieren
Markus Ringhofer (Autor:in), 2007, Die stolzen Weber aus Bielefeld und Oerlinghaus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89979

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