Das Menschenbild in der klassischen Ökonomik


Seminararbeit, 2004

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definitionen und Grundlagen
2.1. Begriff der klassischen Ökonomie
2.2. Anthropologie – Die Lehre des Menschen
2.3. Adam Smith

3. Das Menschenbild aus Sicht von Adam Smith
3.1. Mensch versus Tier
3.2. Ziele des Menschen
3.3. Der Mensch als Gefühlswesen
3.4. Der wirtschaftlich handelnde Mensch
3.4.1. Die Unsichtbare Hand
3.4.2. Eigeninteresse und Moral in der Wirtschaft – passt das zusammen?
3.4.2.1. Eigeninteresse in der klassischen Ökonomik
3.4.2.2. Moral in der klassischen Ökonomik
3.5. Zusammenfassung des Menschenbilds nach Adam Smith

4. Das Menschbild nach dem Theoriemodell von Friedrich List

5. Fazit

Abbildungen
Abb. 1: Arbeitsteilung und Sympathie
Abb. 2: Freiheitliche Ordnung der Klassik: Moral, Selbstinteresse, Gemeinwohl
Abb. 3: Der kreative Mensch – Das ökonomische Grundbild

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, nach dem Bilde Gottes schuf er ihn“.[1] Diese biblische Würdigung, die den Menschen als Abbild Gottes darstellt, weist auf eine Besonderheit des Menschenbildes hin. Das Menschenbild dient nicht nur der Identifikation, sondern auch der Darstellung einer Person, da es sowohl sein Abbild, als auch sein Sinnbild widerspiegelt. Je nachdem wie das Menschenbild in der Gesellschaft charakterisiert wird, besteht eine enge Beziehung zwischen dem Menschen und der vorhandenen Gesellschaft.

In den modernen Lehrbüchern der Volkswirtschaftslehre wird das menschliche Verhalten meist auf das Handeln nach dem Ökonomischen Prinzip reduziert:

- Erziele mit gegebenen Ressourcen einen möglichst hohen Ertrag (Maximumprinzip)
- Erreiche ein gegebenes Ziel mit möglichst geringen Ressourcen (Minimumprinzip)

Allerdings kann diesem Prinzip nicht uneingeschränkt zugestimmt werden. Wer macht schon beispielsweise bei der Wahl von Freundschaften einen Kosten-Nutzen-Vergleich?

Dem volkswirtschaftlichen, nutzenmaximierenden Menschen wird hauptsächlich unterstellt, dass er nur an Eigeninteresse und weniger an den Bedürfnissen der Mitmenschen interessiert ist. Das Menschenbild der Wirtschaftswissenschaften wird generell mit dem Begriff des homo oeconomicus bezeichnet, das die Ansicht besitzt, dass der Mensch erst durch Arbeit ein Mensch wird. Das Ergebnis der Arbeit ist die Ökonomie, was zur Folge hat, dass sich sowohl ein Arbeits- als auch ein Ökonomiebegriff definieren lässt. Voraussetzung beider Begriffe ist die Ausarbeitung des menschlichen Wesens. Die vorliegende Seminararbeit macht sich zum Ziel, die Vorstellungen des wirtschaftenden Menschen in der klassischen Ökonomik aus den Anschauungen von Adam Smith zu erläutern. Weiterhin wird in dieser Seminararbeit hinterfragt, ob die Ausführungen von Adam Smith zu Eigeninteresse und Moral für unsere heutige Sicht volkswirtschaftlicher Probleme noch von Bedeutung sind.

2. Definitionen und Grundlagen

2.1. Begriff der klassischen Ökonomie

Die klassische Ökonomie besteht aus einzelnen zusammenhängenden Ansichten, die durch geschichtliche Kontinuität entwickelt wurden. Es ist eine theoretische Tradition, hinter der ein bestimmtes Erkenntnisprogramm steht. Dieses Erkenntnisprogramm hat sich hauptsächlich in der schottischen Moralphilosophie des 18. Jahrhundert entfaltet und lässt sich mit Hilfe folgender Punkte charakterisieren:

- Die Begründung gesellschaftlicher Sachverhalte aus der Ableitung individueller Handlungen unter verschiedenen Bedingungen (methodologischer Individualismus).
- Das Bestehen von Gesetzmäßigkeiten.
- Die Verknappung der Mittel für die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse.
- Die Ausrichtung am Eigeninteresse für menschliches Verhalten, sowie die Ausführung vernünftigen Handelns.[2]

Die Ökonomie gilt als Notwendigkeit der Gesellschaft und sie ist die Grundlage für ein gelungenes Leben. Im 18. Jahrhundert begann die klassische Nationalökonomie mit Adam Smith und wurde von Thomas Malthus, David Ricardo, John Stuart Mill, sowie von dem Franzosen Jean-Baptiste Say weiterentwickelt. Sie vertraten eine liberale Wirtschaftspolitik mit einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung. Diese besagte, dass jeder Mensch ein angeborenes, sowie unübertragbares Recht auf individuelle Freiheit besitzt und somit der Staat einen geringen bzw. keinen Einfluss auf das Wirtschaftsleben seiner Bürger ausüben soll. Außerdem soll der Staat den Einzelnen selbstverantwortlich und im Eigeninteresse handeln lassen, da mit Hilfe der „unsichtbaren Hand” (siehe 3.4.1.) öffentlicher und privater Nutzen gemeinsam in Einklang gebracht werden. Die Forderungen der klassischen Nationalökonomen erstreckten sich über den Freihandel, den vollkommenen Wettbewerb und das Recht auf Privateigentum, die allesamt zum Wohlstand der Nation führen sollten.[3]

2.2. Anthropologie – Die Lehre des Menschen

Die Definition und die chronologische Entwicklung des Begriffs der Anthropologie ist Grundvoraussetzung für die Verdeutlichung des menschlichen Wesens. Allgemein kann unter Anthropologie jede Art einer Lehre vom Menschen verstanden werden.[4] Obwohl der Begriff Anthropologie der Antike nicht bekannt war, liegen ihre Wurzeln unbestritten bei Platon und Aristoteles. Somit gehört die Frage nach dem Menschen zu den ältesten Fragen der Philosophie.[5] Aristoteles definierte den Menschen, den er für das vollkommenste aller Lebewesen hielt, als ein in Gemeinschaft lebendes und vernünftiges Geschöpf.[6]

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts versuchen die verschiedensten Einzelwissenschaften den Menschen mit Hilfe empirisch überprüfbarer Tatsachen zu definieren. Das Ziel der Einzelwissenschaften ist, die offene Frage: „Was ist der Mensch?“, zu lösen. Auch die ökonomische Lehre vom Menschen des 19. und 20. Jahrhunderts, die grundsätzlich auf Adam Smith zurückzuführen ist, beschäftigte sich mit dieser Frage.[7]

2.3. Adam Smith

Am 05.06.1723 wurde der schottische Moralphilosoph und Nationalökonom Adam Smith, der als Vater der ökonomischen Theorie gilt, im kleinen Dorf Kirkcaldy in Schottland geboren (siehe Abb.1 im Anhang). Viele hielten und halten Adam Smith für den Mitbegründer des Konzepts des homo oeconomicus. Durch sein 1776 veröffentlichtes nationalökonomisches Hauptwerk „Inquiry into the Nature and the Causes of the Wealth of Nations“, wohl eines der einflussreichsten und berühmtesten Werke der Ökonomie, gilt Smith als Begründer der klassischen Ökonomie. Adam Smith sieht die Ökonomie nicht als getrennte Wissenschaft, sondern als Gefüge von Ethik, Recht und Politik. Vor allem beeinflussten ihn die Moralphilosophie von Hutcheson und die Lehre David Humes. Sein zweites Hauptwerk „Theory of Moral Sentiments“ befasst sich mit der Ethik und erschien 1759 bei A. Millar in London. Auf beide Hauptwerke wird später näher eingegangen.

In seinen letzten Jahren beschäftigte sich Adam Smith mit seinem philosophischen Hauptwerk „Theory of Moral Sentiments“ und schrieb dieses um bzw. vervollständigte es. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann mit diesem Buch und so wurde es auch gewissermaßen zu seinem Alterswerk. Adam Smith wurde 1779 zum Zollkontrolleur in Edinburgh ernannt und arbeitete in dieser Funktion bis er am 17.07.1790 in dieser Stadt starb.[8]

3. Das Menschenbild aus Sicht von Adam Smith

3.1. Mensch versus Tier

In der Philosophie wird der Mensch als Naturwesen dargestellt. Allerdings kann sich der Mensch in Frage stellen im Gegensatz zu Pflanzen und Tieren.[9]

Der Mensch ist in der Lage sein Hab und Gut mit seinen Mitmenschen zu teilen, denn der Austausch ist nach Adam Smith eine natürliche Anlage des Menschen. Das erfolgt durch den gegenseitigen Handel mit nicht benötigten Gütern und Dienstleistungen. Diese Art Austausch kennen Tiere nicht, da sie ihre Beute sichern und nicht aufteilen. Es hat beispielsweise noch nie jemand erlebt, „dass ein Hund mit einem anderen einen Knochen redlich und mit Bedacht gegen einen anderen Knochen ausgetauscht hätte“[10]. Tiere, wie auch gelegentlich Menschen, versuchen die Dienste dessen zu gewinnen, von dem sie etwas möchten. Da der Mensch fortwährend und in erheblichem Maße auf seine Mitmenschen angewiesen ist, muss er sich diese über ihr Eigeninteresse zu Nutze machen. Er muss seinen Artgenossen beweisen, dass es in ihrem eigenen Interesse liegt ihm zu helfen und dass sie daraus einen Vorteil erzielen. Die Existenz des Menschen ist nur gewährleistet, wenn es auch andere Menschen gibt. Dagegen sind ausgewachsene Tiere völlig selbständig. Ebenso variieren die Fähigkeiten der Tierarten gleicher Gattung viel stärker, als beim Menschen, der noch nicht von seiner Gewohnheit und seiner Erziehung beeinflusst wurde.[11]

3.2. Ziele des Menschen

Die verfolgten Ziele der Menschen sind je nach Menschentyp unterschiedlich. Dennoch ist die Verbesserung der persönlichen Situation das Hauptziel aller Menschen. Der entwickelte Mensch versucht sein Ziel dadurch zu erreichen, indem er eine Vorratshaltung aufbaut, um damit Handel zu betreiben. Der gewöhnliche Mensch hingegen, verbessert seine Situation kurzfristig, indem er seine Bedürfnisse sofort befriedigt.[12]

Beachtung und Bewunderung gehören nach Smith zu den weiteren Hauptzielen der Menschen. Diese können durch Reichtum oder Weisheit erreicht werden. Jedoch achtet die Mehrheit der Gesellschaft nicht auf die Bildung, sondern vielmehr auf den Wohlstand. Dadurch werden Reiche in der Gesellschaft eher anerkannt als Arme. Dessen ungeachtet werden von Smith die Armen angesichts ihrer positiven Eigenschaften wie beispielsweise Ehrgeiz und Intelligenz geschätzt, obwohl sie nur ihre körperliche Arbeit und den Fleiß ihres Geistes besitzen. Im Gegensatz dazu lehnt Smith die Haltung der Reichen ab, da sich diese vor der Arbeit scheuen und ihr komplettes Leben dem vornehmen Benehmen und ihrem vorhandenen Besitz widmen. Um jedoch die gesellschaftliche Anerkennung zu erreichen, verlieren die meisten Menschen ihre Tugendhaftigkeit, indem sie unmoralisch handeln.[13] „Dieser Hang, die Reichen und Mächtigen zu bewundern und beinahe göttlich zu verehren, und Personen in ärmlichen und niedrigen Verhältnissen zu verachten oder wenigstens zurückzusetzen, ist zwar notwendig, um die Standesunterscheidung und die Ordnung der Gesellschaft zu begründen und aufrechtzuerhalten, aber er ist zugleich auch die größte und allgemeinste Ursache der Verfälschung der ethischen Gefühle.“[14]

3.3. Der Mensch als Gefühlswesen

Die Grundsätze des menschlichen Handelns, sowie das Entstehen von sozialen Qualitäten arbeitet Adam Smith in seinem Hauptwerk „Theory of Moral Sentiments“ aus. Für Smith ist die Basis seiner Denkansätze das Gefühl und die menschliche Eigenschaft, vom anderen geliebt zu werden.[15] Egal wie egoistisch der Mensch auch sein mag, liegt es in seiner Natur, am Schicksal anderer teilzuhaben. Dadurch empfindet jeder Mensch eine Last, wenn jemand anderes leidet. Das menschliche Wohlwollen wird jedoch nicht nur durch Leid oder Kummer hervorgerufen, sondern auch durch Sympathie.[16] So behauptet Smith, dass gefühlvolle Menschen, die Freude und Kummer anderer verstehen, am besten geeignet sind, ihre eigenen Freuden und Sorgen zu kontrollieren, da vor allem derjenige der eine starke Selbstbeherrschung besitzt, ein großer Menschenfreund ist.[17]

Das Menschenbild von Adam Smith beruht auf dem Sympathiebegriff. Die Sympathie besteht aus dem Mitgefühl, das verschiedene Arten von Affekten besitzt, die entweder sozial, unsozial oder egoistisch sein können. Im Allgemeinen wird die Freude durch Sympathie gesteigert und der Kummer geschmälert, da eine positive Haltung für alle Menschen von Nutzen ist. Selbst wirtschaftliches Handeln setzt nach Smith Sympathie voraus (siehe Abb.2 im Anhang). Aus Vernunftgründen und Nützlichkeitsüberlegungen fordert Smith allerdings eine Aufgliederung der einzelnen Sympathieausprägungen. Er betrachtet die Sympathie als sozial und sieht es als natürlich an, wenn der Mensch an sich und an seine engeren Freunde denkt. Denn Smith sieht vor allem das Kollektiv als ein Erziehungsmittel, da sich die Menschen durch Gefühl und Fertigkeiten einander soziale Gewohnheiten vermitteln können.

Der Mensch verfolgt seine Selbsterhaltung und die Fortpflanzung seiner Art. Diese verwirklicht er mit Hilfe seiner Instinkte sowie seinen positiven menschlichen Eigenschaften wie Gerechtigkeit und Wohltätigkeit. „Er hat die Anlage, die ihn zum Erwerb vollkommenster Selbstbeherrschung befähigt, aber er hat niemals die Gelegenheit, sie sich eigen zu machen. Übung und Betätigung derselben haben ihm gefehlt und ohne diese kann niemals eine Charaktereigenschaft, sei es auch nur im leidlichen Maße, erworben werden. Mühsal und Gefahren, Unrecht und Mißgeschick, das sind die einzigen Lehrmeister, unter deren Zucht wir die Übung dieser Tugend erlernen können. Aber das alles sind Lehrer, in deren Schule kein Mensch sich freiwillig begibt“[18]

[...]


[1] Arenhoevel (Die Bibel), 1976, Genesis 1, 27

[2] Vgl. Lenk, 1977, Seite 181-183

[3] Vgl. Baßeler / Heinrich / Utecht, 2002, Seite 56f

[4] Vgl. Microsoft Encarta Enzyklopädie 2004, Artikel: Anthropologie

[5] Vgl. Manstetten, 2000, Seite 13f

[6] Vgl. Biskup / Hasse, 2000, Seite 142f

[7] Vgl. Manstetten, 2000, Seite 14-17

[8] Vgl. Smith, 1985, Seite XII - LXXI

[9] Vgl. Microsoft Encarta Enzyklopädie 2004, Artikel: Mensch (Philosophie)

[10] Smith, 1978, Seite 16

[11] Vgl. Smith, 1978, Seite 16-19

[12] Vgl. Woll, 1995, Seite 22

[13] Vgl. Woll, 1995, Seite 27

[14] Smith, 1985, Seite 86f

[15] Vgl. Woll, 1995, Seite 24

[16] Vgl. Smith, 1985, Seite 1-5

[17] Vgl. Woll, 1995, Seite 24-29

[18] Smith, 1985, Seite 228

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das Menschenbild in der klassischen Ökonomik
Hochschule
Hochschule Pforzheim
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V89918
ISBN (eBook)
9783638042123
ISBN (Buch)
9783640430215
Dateigröße
494 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Menschenbild
Arbeit zitieren
Kiryo Abraham (Autor:in), 2004, Das Menschenbild in der klassischen Ökonomik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89918

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