Die Seele der Mbira

Zur Funktion und Soziologie der Lamellophonmusik in Zimbabwe


Seminararbeit, 2007

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Die Seele der Mbira
2.1. Überblick: Zimbabwe
2.2. Das Volk der Shona
2.3. Die Mbira
2.4. Musik in der Gesellschaft
2.5. Die Bira
2.5.1. Die Rolle der Mbira Musik bei einer Bira
2.6. Die Struktur der Musik

3. Schluss

4. Anhang
a) Quellenverzeichnis
b) Karte: Afrika
c) Mbira Dza Vadzimu

1. Einleitung

Bei einem gemütlichen Einkaufsbummel in der Notenabteilung des Berliner Kaufhauses Dussmann sprang mir vor einiger Zeit in einer Glasvitrine ein hierzulande selten gesehenes Instrument ins Auge: eine Mbira. Neben ein paar Querflöten, Violinen und Posaunen wirkte sie wie ein exotisches Kinderspielzeug, nicht wie ein ernstzunehmendes Instrument.

Nach eingehender Auseinandersetzung mit dem Instrument wird deutlich, dass das „Kulturkaufhaus“ einen fragwürdigen Rahmen für eine ernsthafte Auseinandersetzung für die Bedeutung des Instruments in anderem kulturellen Kontext darstellt: Die Mbira ist ein traditionelles, über 1000 Jahre altes von den Shona entwickeltes Lamellophon, welches nicht bloß die Rolle eines Instrumentes zum musizieren erfüllt, sondern zugleich eine außerordentlich große spirituelle Bedeutung im Leben bestimmter Völker Afrikas, wie beispielsweise bei den Shona in Zimbabwe, einnimmt.

Um die Mbira und ihre Musik verstehen zu können, muss das Instrument in seinem kulturellen Kontext betrachtet werden. Nach einer kurzen Erläuterung über das Land, das Volk der Shona und das Instrument als solches, versuche ich die Verwendung und die Funktion der Mbira zu beschreiben, indem ich auf verschiedene Aspekte rund um das Instrument, die Musik und auch die Verwendung im täglichen Leben der Shona eingehe.

2. Die Seele der Mbira

2.1. Überblick: Zimbabwe

Die Republik Zimbabwe liegt im südlichen Teil Afrikas[1]. Das Binnenland mit subtropischem Klima hat ca. 13 Millionen Einwohner. 99%[2] der Bevölkerung gehören den Bantuvölkern an, von denen wiederum über 70%[3] zum Volk der Shona gehören. Die Shona leben vorwiegend im nördlichen Teil des Landes, im südlichen Teil leben die Ndebelen, die zweite größere Bevölkerungsgruppe.

Die Mehrheit der Bevölkerung sind Christen, etwa ein Drittel der Einwohner gehören traditionellen afrikanischen Religionen an. Ein Großteil der Bevölkerung lebt auf dem Land; auch die Wirtschaft basiert zu einem großen Teil auf Ackerbau. Seit 1980 ist die Republik unabhängig, vorher war Zimbabwe lange Zeit britische Kolonie unter dem Namen Rhodesien.

2.2. Das Volk der Shona

Shona ist sowohl die Bezeichnung für eine Bevölkerungsgruppe, der die sechs Hauptvölker Kore Kore, Zezuru, Rozwi, Ndau, Manyika und Karanga sowie weitere kleine Stämme angehören, als auch für deren Sprache, welche zu den Bantusprachen zählt. Die Shona leben in Zimbabwe und Mosambique.

Obwohl die Meisten von ihnen christlicher Konfession sind, glauben sehr viele auch weiterhin an die Geister ihrer Vorfahren. In diesem Glauben findet nach dem Tod eines Menschen eine Verwandlung statt: Die Seele verlässt den Körper des Verstorbenen und wandert etwa ein Jahr heimatlos umher bis die hinterbliebenen Verwandten mit einer speziellen Zeremonie die Seele zurück in ihre Gemeinschaft aufnehmen. Die Seelen der Vorfahren werden heilig gehalten. Auf bestimmten Zeremonien werden sie verehrt und bei Problemen um Rat gefragt. Auch können die Ahnengeister das Leben ihrer Nachfahren beeinflussen, beispielsweise indem sie diese mit Krankheiten bestrafen, nachdem man sie durch Fehlverhalten verärgert hat. Der Glaube an die Ahnengeister ist so fundamental, dass das Leben der Shona vollständig darauf gestützt ist. („...the world of the living is a function of the workings of the spirit world.“)[4] Bei der Kommunikation mit den Verstorbenen spielt die Musik der Mbira eine große Rolle, die ich später noch genauer erläutern werde.

2.3. Die Mbira

In Zimbabwe gibt es eine Vielzahl von traditionellen Musikinstrumenten. Eines davon ist die Mbira, welche der Gruppe der Lamellophone zuzurechnen ist. Die Mbira existiert in verschiedenen Formen und ist in Zimbabwe speziell bei den Shona sehr weit verbreitet. Sie hat zwischen 8 und 56 Metalllamellen und kann auf verschiedene Weisen gestimmt sein. Verwendet wird sie sowohl als Solo-Instrument als auch in Ensembles unterschiedlicher Größen.

Diese Arbeit beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Typ der Mbira Dza Vadzimu[5], der „Mbria der Vorfahren“, welche, ungleich anderer Typen, die auch Verwendung in der Unterhaltungsmusik finden, ausschließlich in Verbindung mit den Ahnengeistern der Shona verwendet wird.

Das mit den Daumen gespielte Instrument hat somit eine besonders hohe Bedeutung im Leben der Shona, da die Ahnengeister, wie bereits erwähnt, einen beträchtlichen Einfluss auf ihre Kultur und ihre Lebensform haben. Schon das Instrument an sich, welches als heilig gilt, weist einen hohen spirituellen Charakter auf: Das Material für die Lamellen wird sehr häufig aus den heiligen Bergen gewonnen, in denen ehemalige Shona-Anführer bestattet wurden. Das Klangbrett wird aus einer bestimmten Holzart gefertigt, die ein Symbol für Schutz darstellt und der Resonator besteht aus einer Frucht, die Nahrung repräsentiert.

Die genaue Spieltechnik und der Aufbau des Instrumentes sind für diese Arbeit nicht von Bedeutung und würden den Rahmen überschreiten, weshalb ich diese Aspekte nicht weiter thematisiere.

Das Interesse am Instrument wächst ständig, was einerseits mit der tiefgreifenden persönlichen Bedeutung für die Shona und andererseits mit dem wachsenden Interesse an der Shona-Religion durch eine neue nationalistische Bewegung aufgrund der wiedergewonnenen Unabhängigkeit Zimbabwes zusammenhängt.

Der Mbria werden hohe Kräfte zugeschrieben. Sie ist nicht nur Mittel zur Kommunikation mit den Vorfahren, sondern „kommuniziert“ auch selbst mit dem Musiker, sei es durch Vorschläge für neue Variationen, die dem Spieler durch Fehler beim Spielen übermittelt werden, oder durch Träume, die den Spieler verfolgen, wenn er sein Instrument längere Zeit ignoriert.

Zwischen Spieler und Instrument besteht häufig ein sehr enges Verhältnis. Der Spieler nimmt die Musik anders wahr als die Zuhörer, da der Resonator den Schall zuerst direkt zum Spieler zurückwirft. Folglich entsteht beim Musiker der Eindruck, er sei der Musik sehr nahe.

Durch die Komplexität der Stücke und Eigenschaften des spezifischen Klangs der Mbira kann der Eindruck entstehen, dass die gespielte Musik anders ist als die Musik, die dem Hörer zugänglich wird. Somit entsteht der Eindruck, Musiker und Instrument befinden sich in einer Art Wechselwirkung miteinander, der Musiker wird also vom Instrument mit neuen Ideen ausgestattet. („In a sense, then, one can regard mbira music as the product of a ‘duet’ between the player and the mbira in which the relationship between the musician and his instrument is a primary one, rather than as the product of a solo performance”).[6] Das Instrument gilt als sehr komplex, da es möglich ist, andere Musikstile und Instrumentalensembles mit ihm nachzuahmen.

[...]


[1] Lage siehe Karte im Anhang b)

[2] Simbabwe, in: Der Brockhaus in zehn Bänden, Leipzig 2005. Bd. 8, S.5798.

[3] Ebda.

[4] Berliner, Paul. The Soul of Mbira, Berkeley 1987. S. 186.

[5] Abbildung siehe Anhang c)

[6] Berliner, Paul. The Soul of Mbira, Berkeley 1987. S. 130.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Seele der Mbira
Untertitel
Zur Funktion und Soziologie der Lamellophonmusik in Zimbabwe
Hochschule
Universität der Künste Berlin  (Fakultät Musik)
Veranstaltung
Musikaufnahmen aus Afrika
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V89783
ISBN (eBook)
9783638039376
ISBN (Buch)
9783640769100
Dateigröße
1247 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Seele, Mbira, Musikaufnahmen, Afrika, Schlaginstrumente
Arbeit zitieren
Anja Börke (Autor:in), 2007, Die Seele der Mbira, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89783

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