Liebe und Wahnsinn – Über den Wandel ritterlich-höfischer ’Paradigmen’ im Kontext epochaler Strukturierungen in "Orlando Furioso"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

28 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

II Orlando Furioso zwischen Mittelalter und Neuzeit
II.1 Zum Begriff der Renaissance
II.2 Grenzen und Möglichkeiten epochaler Strukturierungen – Von Epochen zu Epochenschwellen
II.2.1 Epochen
II.2.2 Epochenschwellen

III Liebe und Wahnsinn – Zum Wandel höfisch-ritterlicher Strukturen im OF
III.1 Liebeskonzeptionen im Orlando Furioso
III.1.1 Angelica
III.1.2 Angelica und Sacripante
III.1.3 Angelica und Orlando
III.1.4 Orlando
III.2 Wahnsinn und Heilung Orlandos
III.2.1 Entwicklung Orlandos zum Wahnsinn
III.2.2 Kennzeichen des Wahnsinn Orlandos
III.2.3 Kennzeichen der Heilung Orlandos
III.3 Zusammenfassung

IV Interpretation – Körperlichkeit, Gedächnis und Emanzipation

V Fazit – Dialogiszität als Merkmal epochaler Zuordnung

Bibliographie

Einleitung

Selbst im postmodernen und aufgeklärten 21. Jahrhundert gilt Orlando Furioso[1] als ein Klassiker italienischer Literatur. Eine tradierte Kanonzugehörigkeit ist dafür nicht mehr ausreichendes Kriterium. Offenbar hat sich der Text bis in die Gegenwart vor dem Leser bewährt. Daraus entsteht die Neugierde nach den besonderen Momenten des Textes zu suchen, die den Leser damals wie heute zu begeistern vermögen. Dies macht einen Vergleich von Vergangenem und Gegenwärtigem notwendig. Um Zeiträume vergleichen zu können, hat die Wissenschaft das Verfahren epochaler Strukturierungen entwickelt, welches auch hier zur Anwendung kommt. Methodisch ist es ein nachordnendes Verfahren. Demnach sind Versuche Gegenwärtiges epochalisieren zu wollen von unabgeschlossenem Charakter und erscheinen spekulativ. Eindeutiger wirken Beschreibungen der Vergangenheit.

So ist es das Ziel dieser Arbeit Besonderheiten des OF im sozio-kulturellen Zusammenhang seiner Entstehungszeit herauszustellen und zu beschreiben. Da die Zeit um 1500 eine Zeit des Wandels und grundlegender Veränderungen ist, ist diese Zeit in sich bereits markant (II.1). Es ist deshalb sinnvoll zu zeigen, in welcher besonderen Weise im OF sich dieser Drang zur Veränderung äussert. Es wird im Text nach Neu-Schreibungen bestehender Kontexte gesucht. Die Diskussion um epochale Strukturierungen (II.2) führt zur Entwicklung vorbildlicher Parameter, um diese Prozesse adäquat abzubilden.

In der Literaturgeschichte Volker Kapps ist zu lesen, dass Ariost mit den Erzähltechniken mittelalterlicher Literatur spielt[2]. Ist dies zutreffend, so ist es wahrscheinlich, dass mittelalterliche Liebesdarstellungen nicht mehr eindeutig auf dahinter stehende Liebeskonzeptionen verweisen, weil der verbindliche Bezugsrahmen fehlt. Eine Bestätigung der hier negativ formulierten These Rüdiger Schnells[3] bedeutete, dass Liebesdarstellungen im OF nicht verlässlich auf einzelne Liebeskonzeptualisierungen rückführbar seien. Somit obläge es dem Leser wie er einzelne Darstellungen deutet und versteht[4].

Arbeitshypothese ist, dass der eben angenommene Lösungsprozess zwischen Darstellung, Konzeption und Ordnungsrahmen im OF vollzogen und dem Leser die Verantwortung für das Verstehen des Textes zugeführt wird. Um dies zu prüfen wird folgendermaßen verfahren:

Die Analyse der Figurenkonstellationen und –konzeptionen behandelt den Verlust eines eindeutigen Bedeutungsrahmen für die Liebesdarstellungen und –konzeptionen (III.1) im OF. Dafür sind mögliche Differenzen zwischen veränderten diskursbildenden Merkmalen des Textes und gattungsspezifischen Erwartungen der höfischen Epik herauszustellen. In III.2 wird gezeigt, ob und in welcher Weise es dem Leser verbleibt Bedeutungszuweisungen selbst zu erschaffen. In welcher Weise dabei gattungsspezifische Diskurse berührt und/oder gewandelt werden ist festzuhalten. Davon ausgehend können epochenspezifische Aussagen getroffen werden, die sich mit epochalem Wandel bzw. Epochenschwellen im OF auseinandersetzen.

II Orlando Furioso zwischen Mittelalter und Neuzeit

Der Text ist Anfang des 16. Jahrhunderts (Erstausgabe 1506) entstanden. Je nach Forschungsinteresse wird dieser Zeit-Raum verschieden dargestellt.

Zur Darstellung der Vergangenheit in kultur- und geistegeschichtlichen Dimensionen hat sich die Methode epochaler Differenzierungen[5] etabliert. Dieses Verfahren kommt im 19. Jahrhundert erstmalig zur Anwendung[6]. Anhand der Beschreibung eines sich wandelnden Renaissanceverständnisses (II.1) werden im Artikel Stierles Möglichkeiten epochaler Differenzierungen veranschaulicht (II.2). Die sich daraus ableitende optimale Weise der Vergangenheitsdarstellung wird dieser Arbeit zu Grunde gelegt.

II.1 Zum Begriff der Renaissance

In einschlägigen Lexika wird das Ende des 15. Jahrhunderts der Renaissance zugeordnet[7]. Charakterisierte man die Renaissance zunächst als eine Übergangszeit zwischen Mittelalter und Neuzeit, entwickelte sich der Begriff zu einer eigenständigen Epochenbezeichnung[8]. Diese Entwicklung gilt es hier kurz nachzuzeichnen.

Der Begriff der Renaissance ist in Bezug auf Petrarca aus einem Bewußtsein der Trennung zwischen dunklem Mittelalter und heller Neuzeit entstanden. Die aus dem religiösen Bereich übernommene ’Licht-Metaphorik’ veranschaulicht ein eindeutiges Lebensgefühl dieser Zeit. Man fühlt sich an der Schwelle zwischen einem endenden dunklen und toten Zeitalter, und dem Beginn einer lebendigen lichtvollen Zeit[9]. Es wird das Bewußtsein einer Grenze etabliert. Vergangenheit wird durch eine Ordnung beschrieben, die sich über Brüche, über Diskontinuitäten organisiert.

In ihrem 1800 erschienenen und wegweisenden Essay De la littérature considérée dans se rapports avec les institutionssociales gelingt es Mme de Stael das Mittelalter in die Vorstellung eines kontinuierlich ablaufenden Prozesses kulturellen Fortschritts zu integrieren. Sie weist dem Mittelalter die Rolle zu, kulturelle Konzepte der christlichen Antike gewandelt zu haben. Mme de Stael erkennt im Mittelalter einen notwendigen Schritt zur Weiterentwicklung antik-christlicher Momente, die in der Renaissance zum Ausdruck kommen. Dem Mittelalter werden dadurch rückwärtsgewandt moderne Elemente eingeschrieben und so ein kontinuierliches Epochenverständnis unterstützt. Damit ist der Begriff der Renaissance von der Bezeichnung einer Schwelle, einer Übergangsphase zwischen zwei Zeitaltern (Mittelalter und Neuzeit) gelöst und als eigene Epochenbezeichnung etabliert.

In seinem Werk, La Renaissance von 1854, gelingt es Michelet die Vergangenheit dem Leser in eine imaginäre Gegenwart zu überführen[10]. In seinen Renaissance-Darstellungen strebt Michelet nach “La découverte du monde, la découverte de l’homme“[11]. Diese Perspektive ergibt sich aus der von ihm erkannten Möglichkeit zur Darstellung der Geschichte, der Welt, Lebenswirklichkeit zu imaginieren und so zu kreieren. Das beschriebene Verfahren ordnet Michelet der Renaissance zu. Dies führt zur “Konfrontation einer Vielzahl von Welten“[12], die Spannungen evoziert. Michelet erkennt darin zwischen Mittelalter und Renaissance einen radikalen Wechsel, der alle Lebensverhältnisse betrifft und auch für diese Arbeit als charakterisierendes Merkmal der Renaissance zu Grunde gelegt wird. Dieses Epochenverständnis der Renaissance hat sich in Frankreich ausgebildet und wirkt von dort aus in das europäische Bewußtsein ein und somit auch, national modifiziert, zurück nach Italien. OF ist in den Spähren dieses sich neu ausbildenden Bewußtseins entstanden.

II.2 Grenzen und Möglichkeiten epochaler Strukturierungen – Von Epochen zu Epochenschwellen

Mit Epoche (II.2.1) werden im allgemeinen in der Vergangenheit liegende Zeiträume bezeichnet, die in sich relativ homogen erscheinen und sich durch eine Häufung von sog. Trennereignissen (II.2.2) zum (zeitlichen) Vorher und Nachher unterscheiden.

Epochale Einteilungen der Vergangenheit wurden erstmals im 19. Jahrhundert für die Zeit zwischen Mittelalter und Neuzeit entwickelt. Die sog. Renaissance ist eine Zeit grundlegender Veränderungen. Als deren Charakteristika werden nach Stierle u.a. Spannung erzeugende ’Multiplizierungen der Welt’ angesehen. Unter Bezug auf dieses Prinzip sind epochale Strukturierungen, ist letztlich der Epochenbegriff, ausgebildet worden. In diesem Sinne birgt jede epochale Darstellung in sich dynamisches Potential, welches entweder beschrieben und/oder negiert wird, in jedem Fall aber vorhanden ist.

II.2.1 Epochen

Epochenbildungen können historische Funktionszusammenhänge zugleich konstituieren und verstehbar machen. Sie gehen aber über einen bloßen Versuch der Zusammenfassung und Strukturierung vergangener Ereignisse hinaus. Epochenbezeichnungen streben danach das besondere Moment eines Zeit-Raumes, die besondere bewußtseinsmäßige Verfasstheit, unter Beachtung sozio-kultureller Zusammenhänge sprachlich prägnant zu erfassen.

In Erweiterung der These J. Barclays in Icon Animorum (1614) wird diesbezüglich davon ausgegangen, dass jedem Zeitalter nicht nur ein ’eigener Geist’ innewohne[13]. Vielmehr wird angenommen, dass zu jeder Zeit an jedem Ort mehrere sozio-kulturell relevante Prozesse gleichzeitig, nacheinander und ineinander laufen, in denen und in deren Konstellationen zueinander Bewußtseinsstrukturen einer Zeit manifest werden[14]. Dem wird methodisch entsprochen, wenn man Epochen als vorübergehende Konzeptualisierungen versteht, die als solche relativ homogen erscheinen. Gleichzeitig müssen aber eine Vielzahl konkurrierender ’Geschichten’ mitgedacht werden, mit denen sie zur selben Zeit im selben Raum verbunden sind, von ihnen aufgelöst, getrennt oder auch durchkreuzt werden können[15]. Als ’funktionelle Einheiten’ der Geschichtsschreibung, also auch der Geistesgeschichte, bilden Epochen zur Beschreibung eines historischen Ortes zu einer ausgewählten Zeit, polychrone, pluralistische, heterogene Strukturen ab[16] +[17]. In diesem Mit- und Gegeneinander von Interessen dominieren zeitweise einzelne Diskurse, während andere überlagert werden. Es bilden sich vorübergehend vorherrschende Strukturen aus, aus denen heraus homogene epochenbildende Einheiten abgeleitet werden. Diese epochemachenden Strukturen vermitteln den Anschein eines einheitlichen Zeit-Raumes. Die überlagerten und subversiv wirksamen Prozesse bleiben dabei unberücksichtigt und der beschriebene Zeit-Raum erscheint als in sich und aus sich heraus vollständig. Die Berührungspunkte und somit die Grenzen zweier aneinandergrenzenden Epochen sind demnach schwer zu bestimmen, denn eine Epoche erscheint als ein abgeschlossener und homogener Körper, ist es aber nicht.

II.2.2 Epochenschwellen

Die Erfahrung der Andersartigkeit in der Berührung mit den Grenzen anderer Epochen kann für die Sinnzuschreibungen eines Zeit-Raumes grundlegend sein. Eine genauere Betrachtung der Grenzbereiche von Epochen ist deshalb sinnvoll. H. Blumenberg bildete dafür den Begriff der Epochenschwelle aus[18][19].

Unter Epochenschwelle sei hier ein (Zeit-) Raum des Übergangs zwischen zwei Epochen zu verstehen[20]. Diese Begrifflichkeit zielt darauf ab, die Übergänge, die Nahtstellen zwischen zwei Epochen zu identifizieren, um so neues Denken, neuartige Wirklichkeitsvorstellungen für die jeweilige Zeit abzubilden und zuzuweisen. Es sind die Berührungspunkte von Epochen an denen es zur Begegnung mit Andersartigkeiten kommt. ’Andere’, neue Diskurse dominieren und lösen ’altes’ Denken ab. Je nach Fragestellung werden verschiedene Trennereignisse und somit verschiedene Epochenschwellen herausgearbeitet. Unter Umständen führt dies zu einem neuen Verständnis bestimmter Epochen und ihren zeitlichen und wesenhaften Zuschreibungen.

Es hat sich gezeigt, dass in der Beschreibung von Zeit-Räumen Bestimmungen anhand des Epochenbegriffs und dem der Epochenschwelle methodisch ähnlich verfahren wird. Es werden Diskurse als dominant angesehen und in dieser Eigenschaft für den entsprechenden Zeit-Raum als charakterisierend gewertet.

Beide Verfahren sind ein nachgeordnetes Hierarchisieren gleichzeitig ablaufender Diskurse. Für ein geordnetes Sprechen über die Vergangenheit ist eine solche Vorgehensweise wohl unumgänglich. Um aber in der Darstellung geistesgeschichtlicher Verfasstheit der angenommenen Heterogenität und Vielfältigkeit kulturellen Seins zu entsprechen, wird es hier als angemessen erachtet, wenn in genauer Textarbeit versucht wird anhand einer Analyse der Figurenkonzeptionen und –konstellationen einzelne Diskurse und deren mögliche Interaktionen abzubilden.

Das Konzept der Epochenschwelle bietet einer solchen Vorgehensweise am meisten Raum. Verzögerungen, Beschleunigungen und Überschneidungen (etc.) sozio-kultureller Prozesse werden im Konzept der Epochenschwelle als Möglichkeiten zur Darstellung von Zeit-Räumen mitgedacht. Somit ist es möglich, je nach Perspektivierung, parallel, (zeitlich) zueinander versetzte, konstante oder in Zäsuren ablaufende Prozesse zu erfassen. Eine solche Konzeption von Wirklichkeit in all ihrer Multidimensionalität entspricht damit dem zuvor angedeuteten postmodernen Denken. Demnach seien hier unter Epochenschwellen ’Zeit-Orte’ der Begegnung von Epochen zu verstehen, die als heterogene und vielschichtig verwobene Phänomene darzustellen sind[21]. Mit deren Hilfe ist im Sinne Stierles Geschichte adäquat abzubilden. Er versteht Geschichte als kontinuierlich ablaufenden Prozess, wobei einzelnen Epochen die Möglichkeit zugestanden wird, sich als Bruch mit Vorherigem zu organisieren.

[...]


[1] Für die geamte Arbeit wird der Titel Orlando Furioso mit OF abgekürzt werden.

[2] Vgl. Kapp (Hg.), Italienische Literaturgeschichte, Metzler Stuttgart 1992, S. 132

[3] Vgl. Schnell, Rüdiger, Causa Amoris. Liebeskonzeption und Liebesdarstellung in der mittelalterlichen Literatur, Bern 1985, S. 21

[4] Vgl. Schnell, ebd., S. 52

[5] Es ging dabei um eine Gliederung der Geschichte in epochale Einheiten. Diese Vorgehensweise ist für das 19. Jahrhundert neu und steht im Gegensatz zu einem rein zeitlichen Gliederungsprinzip nach Jahrhunderten, wie es beispielsweise bei De Sanctis zur gleichen Zeit in seiner Storia zu finden ist [Vgl. Stierle, Karl-Heinz, “Renaissance – Die Entstehung eines Epochenbegriffs aus dem Geist des 19. Jahrhunderts“, in: Herzog, Reinhart/ Koselleck, Reinhart, Epochenschwelle und Epochenbewußtsein, München 1987, S. 492].

[6] Vgl. Stierle, ebd., S. 454

[7] Renaissance wird allgemein als eine gesamt-europäische Kulturepoche (ca. 1350-1600) verstanden [vgl. Wilpert, Gero von (Hg.), Sachwörterbuch der Literatur, Stuttgart 1989 (7. Aufl.), S. 763].

[8] Vgl. Stierle, ebd., S. 490f

[9] Th. E. Mommsen hat die von Petrarca wahrgenomene Schwelle seiner Zeit zwischen ’dunkler’ Vergangeneheit und ’heller’ Gegenwart und Zukunft im einzelnen nachweisen können [vgl. Mommsen, Th. E., “Petrarch’s Conception of the ’Dark’ Ages’“, in: Speculum 17 (1942), S. 226-242 ]. Gefunden in: Buck, August, Studien zu Humanismus und Renaissance, Wiesbaden 1991, S. 68

[10] Vgl. Stierle, ebd., S.488

[11] s. Michelet, Jules, La Renaissance, 1954, S. II

[12] Vgl. Stierle, ebd., S. 490

[13] Vgl. Nünning, Ansgar (Hg.), Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie, Stuttgart 1998, S. 183

[14] Im Sinne Foucaults ist Epoche „ein Diskurs, ein Raum diskursiver Formationen, die auseinander hervorgehen und aufeinander aufbauen. In immer reicheren diskursiven Formationen mit immer weiter sich ausdifferenzierenden diskursiven Einheiten, in denen und zwischen denen ein immer reicheres Wissen zirkuliert, wird der Raum der Epoche immer tiefer erschlossen. Die Bildung eines Epochenbegriffs und eines daraus hervorgehenden Epochennamens zu beschreiben, bedeutet, diesen Diskursraum und seine ihm eigene Dynamik darzustellen.“ s. Stierle, ebd., S.545

[15] Vgl. Nünning (Hg.), ebd., S. 123

[16] Vgl. Nünning (Hg.), ebd., S. 123

[17] Ein derartiges postmodernes Denken, welches auf „Erfahrungen der Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen, der Anachronie und der kulturellen Hybridisierung “ [vgl. Nünning, ebd., S.123] rückführbar ist, wird hier als Ausgangspunkt der Analyse als verbindlich und treffend erachtet.

[18] Die Entwicklung des Epochenverständnis zu einem prozessualen und unabschließbaren Verfahren, über den Begriff der Epochenschwelle differenziert erfasst, ist eine logische Fortführung des Selbstverständnises epochaler Strukturierungen, die aus dem Bedürfnis erwachsen sind, die Zeit zwischen Mittelalter und Neuzeit beschreibbar zu machen. Es ist eine Zeit der Vielfalt und Neuerungen. Dementsprechend tragen epochenstrukturierende Begrifflichkeiten stets das Potential des Wandels in sich. Dieses Moment des Übergangs markiert der Begriff Epochenschwelle augenfällig.

[19] H. Blumenberg, „Epochenschwelle und Rezeption“, in: Philosophische Rundschau, Nr. 6 (1958), S. 94-120, gefunden in: Nünning (Hg.), ebd., S. 124

[20] Vgl. Nünning (Hg.), ebd., S.123

[21] Es zeigt sich, dass Geschichte und die sie konstituierenden Epochen fiktionale Konstruktionen sind. Epochen stellen nach Foucault in diesem Sinne offene wandelbare Räume dar, die über diskursive Formationen [Vgl. Stierle, ebd., S. 453f] zu füllen sind. Anhand von Diskursen sind Epochenschwellen und damit rückbezüglich auch Epochen beschreibbar. Epochen und Epochenschwellen werden über Diskurse generiert und gewandelt. Anzahl, Beziehungsstrukturen, Inhalt und Form epochemachender Diskurse sind nicht vorgegeben. Epochen sind nach Stierle offene und wandelbare Räume, die von imaginären Vergegenwärtigungen und ebenso geschichtsphilosophischen Konstruktionen gefüllt werden können [vgl. Stierle, ebd., S. 480].

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Liebe und Wahnsinn – Über den Wandel ritterlich-höfischer ’Paradigmen’ im Kontext epochaler Strukturierungen in "Orlando Furioso"
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
28
Katalognummer
V89343
ISBN (eBook)
9783638026628
ISBN (Buch)
9783638926300
Dateigröße
565 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Liebe, Wahnsinn, Wandel, Kontext, Strukturierungen, Orlando, Furioso
Arbeit zitieren
Joern Bilkenroth (Autor:in), 2006, Liebe und Wahnsinn – Über den Wandel ritterlich-höfischer ’Paradigmen’ im Kontext epochaler Strukturierungen in "Orlando Furioso", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89343

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