Die Wirtschaftssymbiose: USA - Mexiko


Hausarbeit, 2007

40 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Symbiose
2.1 Wirtschaftssymbiose

3 Die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen den USA und Mexiko - Ein Rückblick

4 Das North American Free Trade Agreement - NAFTA

5 Die Interdependenz: USA - Mexiko
5.1 U.S.-Foreign Direct Investments in Mexiko
5.2 Der Güterhandel zwischen den USA und Mexiko
5.3 Die Maquiladora Industrie
5.3.1 Die Automobilindustrie als Musterbeispiel der Wirtschafts- symbiose
5.4 Mexikanische Immigranten und Arbeiter in den USA

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Wirtschaftssymbiose

Interdependenz

bilaterale Beziehung

NAFTA

Güterhandel

Maquiladora Industrie

mexikanische Immigration

Bracero-Programm

Abbildungsverzeichnis

5.1 Bilaterale FDI-Zuflüsse zwischen den USA und Mexiko, 1994-2006

5.2 Bilaterale FDI-Positionen zwischen den USA und Mexiko, 1994- 2006

5.3 Prozentualer Anteil der U.S.-FDI-Positionen am mexikanischen BIP, 1994-2006

5.4 Exporte und Handelsvolumen zwischen den USA und Mexiko, 1994-2004

5.5 Maquiladora Betriebe und Beschäftigte, 1965-2006

Tabellenverzeichnis

5.1 Bilaterale FDI zwischen den USA und Mexiko, 1994-2006

5.2 Bilaterale FDI-Positionen zwischen den USA und Mexiko, 1994- 2006

5.3 Mexikos BIP und der prozentuale Anteil der U.S.-FDI-Positionen am mexikanischen BIP, 1994-2006

5.4 Güterhandel zwischen den USA und Mexiko, 1994-2004

5.5 Anzahl der Maquiladora Betriebe und Beschäftigten, 1965-2006

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit untersucht zunächst die Existenz einer Symbiose zwischen den USA und Mexiko nach politischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Anschließend soll dann die Wirtschaftssymbiose und interdependente Beziehung zwischen den USA und Mexiko herausgestellt und nach bestimmten Interdependenzmerkmalen bewiesen und untermauert werden.

In Kapitel 2 und Kapitelabschnitt 2.1 wird im Allgemeinen auf Symbiose und deren evolutionstheoretische Entwicklung sowie speziell auf die Begrifflich- keit der Wirtschaftssymbiose eingegangen. An dieser Stelle wird darüber hinaus geklärt, inwiefern sich die daraus ergebenden Definitionen auf das bilaterale Verhältnis der USA und Mexiko anwenden und übertragen lassen.

Um einen geschichtlichen Rahmen für die Thematik zu schaffen, gibt Kapitel 3 einen historischen Rückblick auf das Verhältnis zwischen den USA und Mexiko. Es wird sich zeigen, dass beide Länder seit dem Anfang ihres Bestehens in vielerlei Hinsicht zueinander in Kontakt gestanden haben und, dass sich ihre von vielen Konflikten geprägte Beziehung im Laufe der Geschichte immer mehr zu einer kooperativen und vernetzten Form der Interdependenz entwickelt hat.1

Als separater Teil der U.S.-mexikanischen Beziehungen soll in Kapitel 4 das Nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA behandelt werden. Es wird gezeigt, inwieweit das NAFTA zum wirtschaftlichen Verhältnis zwischen den USA und Mexiko beitragen konnte und welches der beiden Länder von dem Abkommen wahrscheinlich am meisten profitiert hat.

Kapitel 5 bildet dann letztendlich das Kernstück dieser Abhandlung. In die- sem Teil wird die Wirtschaftssymbiose zwischen den USA und Mexiko anhand von vier ausgewählten Kriterien identifiziert und unterstrichen. Dabei wird auf die US Foreign Direct Investments in Mexiko, den Güterhandel zwischen beiden Ländern, die mexikanische Maquiladora Industrie und auf die Bedeutung mexi- kanischer Immigranten und Arbeiter in den USA eingegangen. In Teilabschnitt 5.3.1 soll mit Hilfe der bilateralen Automobilindustrie die Wirtschaftssymbiose beispielhaft nochmals praktisch verdeutlicht werden. Die Hausarbeit abschließend, wird in Kapitel 6 noch ein kurzes Resumee über die gewonnen Erkenntnisse und Beobachtungen gezogen.

2 Symbiose

Dieses Kapitel befasst sich mit der Begrifflichkeit der Symbiose und damit, wie sich der dahinter stehende Gedanke auf Gesellschaften und somit auch auf Länder wie die USA und Mexiko übertragen lässt. Spezifisch wichtig für die Thematik dieser Hausarbeit soll dann in diesem Kontext anschließend der Begriff der Wirtschaftssymbiose erörtert werden.

Der Begriff „Symbiose“ stammt von dem griechischen Verb symbioum ab und bedeutet zusammenleben. Symbiose kann sinngemäß dementsprechend als das Zusammenleben definiert werden.2,3

In der Biologie definiert Symbiose im weitesten Sinne das Zusammenleben und die Interdependenz zwischen Individuen verschiedener Arten, den Symbion- ten, wobei normalerweise mindestens eine der beteiligten Parteien einen Nutzen und Vorteil von der eingegangenen Beziehung genießt.4,5,6,7 Man kann an- hand des spezifischen Verhältnisses der Symbiosepartner drei wichtige Formen der Symbiose, welche sich durch entsprechende Vor- und Nachteile für eine der beteiligten Arten klassifizieren, unterscheiden: Kommensalismus, Mutualismus, und Parasitismus.8 Der Kommensalismus ist eine Form des Zusammenlebens, bei der auf der einen Seite eine Spezies einen Vorteil, die andere aber keinen erfassbaren Nachteil erfährt. Der Mutualismus bezeichnet die Beziehung zweier Arten mit bilateralem Vorteil. Ein Überleben ohne die Existenz und Hilfe der anderen Art wäre daher oftmals nicht mehr möglich. Der Parasitismus als letz- te wichtige Form der Symbiose beschreibt die Form des Zusammenlebens, bei der die eine Spezie, der so genannte Parasit, einen Vorteil erfährt, während die andere, der so genannte Wirt, einen Nachteil durch Schädigung und Verletzung erleidet.9

Bevor im Weiteren auf die Wirtschaftssymbiose eingegangen wird, soll an dieser Stelle zunächst noch einmal ein Schritt zurückgegangen werden, um zu klären, wie Symbiose als naturevolutionäres Phänomen in den Kontext von Ge- sellschaft und Wirtschaft eingeordnet werden kann. Nach neodarwinistischer Sichtweise, einer Kombination von Darwins Theorie der natürlichen Selektion und der Genetik, entwickeln sich Arten gleichmäßig im Laufe der Zeit durch zufällige genetische Veränderungen, wobei durch natürliche Auslese und den Wettbewerb zwischen den Arten nur die Individuen einer Population überleben und ihren Genpool weitertragen können, die am besten an ihre Umwelt ange- passt sind.10 Nachteilige genetische Veränderungen führen zum Aussterben der Arten.11 Zu dieser Ansicht steht jedoch die Symbiosetheorie, insbesondere die des Mutualismus, in eindeutigem Widerspruch. Zum einen muss Evolution nicht zwingend gleichmäßig verlaufen, da neue Arten beispielsweise auch durch den Zusammenschluss von zwei oder mehreren Spezies entstehen könnten. Anderer- seits wäre es ebenfalls möglich, dass Evolution unter anderem auch ein Ergeb- nis von wechselseitiger Kooperation und Interdependenz zwischen verschiedenen Arten ist. Hierbei konzentriert sich die moderne Symbiosetheorie also nicht nur auf die natürliche Selektion einzelner Individuen an sich, sondern primär auf die Beziehungen zu anderen Individuen, die diese einzelnen Organismen erst charakterisieren.12

Prince Kropotkin, einer der ersten Verfechter der Symbiosetheorie und er- klärter Gegner der darwinistischen Theorie „Survival of the Fittest,“ ist sogar der Meinung, dass „trotz existierender Auseinandersetzungen und Kämpfe zwischen den einzelnen Arten oder gar zwischen den einzelnen Individuen einer gleichen Spezies, relativer Frieden und wechselseitige Unterstützung die Beziehungen der eben genannten Parteien dominieren und auszeichnen. Die Arten, die es am be- stehen verstehen, sich gegenseitig zu ergänzen und dabei Konkurrenzkämpfe zu vermeiden, werden die besten Chancen haben zu überleben, um sich erfolgreich weiterzuentwickeln. Letztere werden daher gedeihen und vorankommen, wäh- rend die anderen zu Grunde gehen werden.“13 Dennoch gelang den Vertretern der Symbiosetheorie erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts, nachdem sich durch Nachforschungen herausgestellt hatte, dass die Symbiose allen Zweifeln zum Trotz doch weiter verbreitet war als zunächst angenommen, der endgültige Durchbruch und die öffentliche Anerkennung.14 Jan Sapp hat die Bedeutung der Symbiose für die Evolutions- und Menschheitsgeschichte treffend formuliert: „Unsere Evolution und die aller Pflanzen und Tiere basiert nicht einzig und allein aufgrund der im Laufe der Zeit angefallenen genetischen Veränderungen der einzelnen Arten. Vielmehr sind wir Produkt eines Zusammenschlusses zwei- er oder mehrerer verschiedener Arten von Organismen. Symbiose ist daher die Wurzel und Quelle unseres Daseins.“15

Dies bedeutet dementsprechend, dass im Grunde genommen kein Individuum und daher keine Spezies ohne die Existenz der anderen Arten bestehen kann. Jeder Organismus und jedwede Art von Tier oder Pflanze repräsentiert daher einen essentiellen Bestandteil des Biologischen Kreislaufes der Natur, der nur mit Hilfe aller Lebewesen existieren kann. Es gibt somit also keinen Organismus, der nicht auf irgendeine Art und Weise in eine symbiotische Beziehung mit einem anderen Organismus involviert ist und wechselseitig kooperiert.16 Mit anderen Worten: Es existiert zwischen den verschiedenen einzelnen Organismen keine perfekte Individualität, sondern immer eine Form der Symbiose oder besser gesagt der wechselseitigen Kooperation bzw. Interdependenz.

Wenn man diese Erkenntnisse nun auf Länder wie die USA und Mexiko und deren Gesellschaft und Wirtschaft überträgt, so lässt sich feststellen, dass auch in diesem Kontext die Symbiosetheorie angewendet werden kann. Auch wenn nicht im jeden Fall zwingend ein wechselseitiger Nutzen, also Mutualismus, vor- handen sein muss, so existieren dennoch immer Formen der wechselseitigen Be- ziehung, bei der zumindest einer der Beteiligten einen größeren Vorteil erfährt als der andere. Selbst wenn also eine Partei auf Kosten der anderen profitieren und somit eine Art des Parasitismus vorherrschen würde, so könnte es dennoch sein, dass der Parasit als solcher unerlässlich ist, um den Wirt am Leben zu hal- ten. Ausbeutung könnte beispielsweise vonnöten sein, damit der Ausgebeutete überleben kann.17

2.1 Wirtschaftssymbiose

Im Kontext mit der oben beschriebenen Symbiose definiert Wirtschaftssymbiose dementsprechend die „wirtschaftliche Interdependenz von Bevölkerungseinheiten in einer bestimmten Region für das Gesamtwohl aller.“18

Wirtschaftssymbiose steht damit also auch für eine kooperative Beziehung wech- selseitigen Nutzens zwischen Personen, Organisationen oder auch Ländern, wel- che in irgendeiner spezifischen Form voneinander abhängig sind und ohne den Partner nicht bestehen könnten.19,20 In den folgenden Kapiteln soll mit Bezug auf die soeben gewonnenen Erkenntnisse eruiert werden, inwiefern eine Symbio- se, speziell eine Wirtschaftssymbiose, zwischen den USA und Mexiko existent ist und durch welche Merkmale sich diese charakterisiert und nachgewiesen werden kann. Dabei sollen zunächst sowohl die wirtschaftlichen und politischen Be- ziehungen beider Länder als auch das North American Free Trade Agreement (NAFTA) rückblickend betrachtet werden, um anschließend dann konkret auf einzelne Interdependenzkriterien zwischen den USA und Mexiko einzugehen. Als exemplarische Merkmale der Wirtschaftssymbiose sollen daher die U.S. Foreign Direct Investments in Mexiko, der Güterhandel zwischen den USA und Mexiko, die Maquiladora Industrie, und abschließend die Thematik der mexikanischen Immigranten und Arbeiter in den USA behandelt werden.

3 Die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen den USA und Mexiko - Ein Rückblick

In diesem Kapitel soll die wirtschaftliche und politische Beziehung und Interdependenz zwischen den USA und Mexiko aus einer historischen Perspektive heraus betrachtet und aufgearbeitet werden. Das NAFTA wird in diesem Kontext dann anschließend in einem gesonderten Kapitel thematisiert.

Das Verhältnis zwischen den USA und Mexiko war und ist nie eine Bezie- hung von gleich starken und gleichberechtigten Partnern gewesen. Auch wenn in der jüngeren Vergangenheit Mexiko speziell als Handelspartner für die USA immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, so war und sind bis heute die USA für Mexiko in vielerlei Hinsicht der mit Abstand wichtigste Partner.21 Nichts- destotrotz lässt sich feststellen, dass die Beziehungen beider Staaten bis zum Zweiten Weltkrieg mehr von „Konflikten“ und ab diesem Zeitpunkt mehr von „Kooperation“ gekennzeichnet war.22

Zu den ersten größeren Spannungen zwischen beiden Ländern, ausgelöst durch die nach Westen und Südwesten orientierte Territorialpolitik der USA, kam es bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Diese mündeten schließ- lich aufgrund der von den USA im Jahre 1845 ausgeführten Annexion von Texas, welches einst zu Mexiko gehörte, in den mexikanisch-amerikanischen Krieg von 1846 bis 1848. Des Weiteren musste Mexiko nach dessen Kriegsniederlage die Provinzen New Mexiko und Kalifornien an die USA abtreten.23

Nach Jahren politischer und wirtschaftlicher Instabilität, blutigen Bürger- kriegen und schließlich dem Erfolg der Reformbewegung in den 1850er Jahren gelang es Mexiko unter der Regierung des Generals Porfirio Díaz von 1876 bis 1911 „einen modernen Staatsapparat aufzubauen, das ... Staatsterritorium der effektiven Kontrolle der Hauptstadt zu unterwerfen und die Voraussetzungen ... für ein markantes [Wirtschaftswachstum] ... zu schaffen.“24 Gekennzeichnet war diese Zeit außerdem von einer gegenseitigen Annäherung zwischen den USA und Mexiko. Mexikos nördlicher Nachbar, die USA, versuchten auf der einen Seite eine auf Wirtschaftskontrolle orientierte „open door-policy“ zu verfolgen, und Mexiko erkannte andererseits die Chancen und Möglichkeiten, die sich aus einer engeren wirtschaftlichen Beziehung zu den USA ergaben. Seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts trat Mexiko dementsprechend U.S.-amerikanischen Investitionsbemühungen nicht mehr negativ gegenüber, sondern förderte diese vielmehr durch die Schaffung vorteilhafter Investitionsbedingungen. Hierdurch gelangte in den darauf folgenden Jahrzehnten bis zum Ausbruch der mexikani- schen Revolution im Jahr 1910 immer mehr U.S.-amerikanisches Kapital nach Mexiko, dessen Außenhandelsströme in diesem Zusammenhang immer mehr auf den nördlichen Nachbarn ausgerichtet wurden und somit bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine deutliche Dependenz von den USA verursachten.25

Trotz des Versuchs, sich Anfang des vorigen Jahrhunderts aus dieser einsei- tige Abhängigkeit von seinem nördlichen Nachbarn zu befreien und vermehrt vor allem europäische Investitionen zu fördern, stellte sich schnell heraus, dass Mexiko sich nicht ohne Weiteres aus dem Bann der USA lösen können würde. Insbesondere globale Ereignisse wie z.B. der Erste Weltkrieg, die die USA zu einer immer signifikanteren wirtschaftlichen Großmacht aufstiegen ließen, und regionale Entwicklungen wie die mexikanische Revolution von 1910 bis 1929 verhinderten eine vollkommene Souveränität Mexikos von den USA. In diesem Kontext sind die Beziehungen beider Staaten in den Jahren zwischen der me- xikanischen Revolution und dem Zweiten Weltkrieg mehr von Spannungen und Konflikten als von Frieden und Kooperation gekennzeichnet gewesen.26

Die USA, die 1910 im Zuge der politisch chaotischen und riskanten Situati- on in Mexiko ihre „außenpolitische und außenwirtschaftliche Strategie der „open door-policy“ “27 in Gefahr sahen, versuchten seitdem, gerichtet nach ihren län- gerfristigen Interessen und Zielen den Verlauf der Revolution zu steuern und immer wieder Einfluss auf ihren südlichen Nachbarn und dessen Revolutions- bewegungen zu nehmen. Abhängig von der Lage bzw. von dem vorläufigem Ergebnis eines Revolutionssieges unterstützten die USA zeitweise die eine Re- volutionspartei oder die oppositionelle Partei. Hierbei wurden seitens der USA, mit dem Ziel, eine politische und wirtschaftliche Stabilisierung Mexikos in ih- rem Sinne zu erreichen, sowohl politisch-finanzielle Interventionen und Boykotte als auch militärische Hilfestellungen vorgenommen. Eine militärische Operation der USA 1916 in Mexiko hätte zudem beinahe zu einem offenem Krieg zwischen beiden Ländern geführt. Nur der Eintritt der USA 1917 in den Ersten Weltkrieg verhinderte eine Eskalationen der Lage und sorgte für ein wenig Entspannung. Nichtsdestotrotz blieb das Verhältnis zwischen den USA und Mexiko auch nach dem Weltkrieg, vor allem aufgrund einer nationalistischen Wirtschaftspolitik der neuen Revolutionsregierung in der Ölindustrie, weiterhin relativ angespannt.28

Erst in den Jahren von 1920 bis 1940 entspannte sich die Beziehung zwi- schen beiden Nachbarstaaten ein wenig. Der Grund hierfür war zum einen eine Stabilisierung der politischen und wirtschaftlichen Situation in Mexiko und zum anderen eine verminderte subversive Einmischung in mexikanische Belange sei- tens der U.S.-Regierung. Im Gegenteil: Die USA unterstützten die mexikanische Regierung in den Jahren 1924 bis 1929 gegen mehrere große Rebellionen und erreichten somit eine weitere deutliche Entkrampfung und Verbesserung der Be- ziehungen zu Mexiko. Des Weiteren gelang es ihnen, sogar zu Beginn der 30er Jahre des 19. Jahrhunderts ein auf Freundschaft basierendes Verhältnis zum damaligen mexikanischen Präsidenten Pultarco Elías Calles zu etablieren „und so maßgeblich Einfluss auf eine Korrektur der mexikanischen Wirtschafts- und Sozialpolitik in Richtung auf einen konservativ-ortodoxeren Kurs zu nehmen.“29

Ein weiterer Grund für die Annäherung beider Länder bestand in der Immi- grationspolitik der USA. Die „temporäre oder permanente, legale oder illegale Auswanderung mexikanischer Arbeitskräfte in die USA,“30 die bereits im 19. Jahrhundert begonnen hatte, war im Grunde genommen im Interesse und zum Vorteil beider Parteien. Einerseits mangelte es in den USA massiv an einfachen Arbeitskräften, die vor allem als kostengünstige Arbeiter in der wachsenden ka- lifornischen Agrarwirtschaft gesucht wurden, andererseits konnte Mexiko sich durch die Emigration ein wenig vom innenpolitischen Druck, verursacht durch den Mangel an produktiven Arbeitsplätzen, befreien.31 Zwar besserte sich aber- mals das Verhältnis zwischen den USA und Mexiko in Folge der in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts speziell vom damaligen U.S.-Präsidenten Franklin D. Roosevelt ausgeübten „good neighbor-policy“, eine Politik, die nicht nur die ei- genen Interessen verfolgte, sondern auch die mexikanischen respektierte. Nichts- destotrotz wurde die Beziehung primär aufgrund zweier Tendenzen auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Eine Entwicklung war die Weltwirtschaftskri- se, die eine dramatische Arbeitslosigkeit in den USA und in diesem Kontext die Abschiebung etlicher mexikanischer Immigranten zur Konsequenz hatte. Folg- lich verschärften sich Mexikos innenpolitische Probleme, resultierend aus der Weltwirtschaftskrise, um ein Vielfaches. Eine weitere Belastung für das U.S.- amerikanisch-mexikanische Verhältnis stellte die Verstaatlichung der im Besitz von Ausländern, und somit auch von Amerikanern, befindlichen Ölgesellschaften Mexikos dar. Trotz allem kam es, insbesondere vor dem Hintergrund der inter- nationalen politischen Krise mit Japan und Deutschland, aber nicht zu einer wirklichen Gefährdung der Relation zwischen den USA und Mexiko.32

Der Zweite Weltkrieg kennzeichnete einen einschneidenden Wendepunkt in der Beziehung zwischen den USA und Mexiko. Seit dieser Zeit war das Ver- hältnis auf Regierungsebene „zwar nicht frei von gelegentlichen Konflikten, im wesentlichen aber vor allem durch eine zunehmende Kooperation auf den ver- schiedensten Gebieten geprägt gewesen.“33 Der Krieg ließ beide Seiten regelrecht zusammenrücken und zwang diese zu einer engeren Kooperation, vor allem in den Bereichen Wirtschaft und Politik, aber auch im Militärressort. In diesem Zu- sammenhang wurde auch das 1942 vereinbarte Arbeiterimmigrationsprogramm von den USA und Mexiko, das sogenannte bracero-Programm, verabschiedet. Dieses Abkommen stellte sicher, dass mexikanische Arbeiter in die USA einwan- dern durften und die im Weltkrieg befindlichen U.S.-Amerikaner, ersetzten.34

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb das Verhältnis zueinander weiterhin von größeren Spannungen und Problemen befreit, wobei insbesondere die mexi- kanische politische Elite nach dem Krieg „die Bedeutung intakter Beziehungen [und die Abhängigkeit] zu den USA als wesentliche Grundlage für die von ihr angestrebte und durchgesetzte wirtschaftliche Modernisierungsstrategie“35 für Mexiko erkannte. Seither konnte sich Mexiko dementsprechend mit der Unter- stützung der USA in allen Bereichen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft wesentlich modernisieren und weiterentwickeln. Diese Dependenz Mexikos von den USA ist aber in den letzten Jahrzehnten so weit angestiegen, dass Mexiko, vor allem bei Entwicklungsprojekten und Wirtschaftskrisen, wie beispielswei- se 1982 zur Sicherung der internationalen Bonität, fast ausschließlich auf die Unterstützung der USA und deren Investitionen und Finanzspritzen angewie- sen ist. Zusätzlich diente „die Möglichkeit fortgesetzter Arbeitsemigration von Mexikanern in die USA“36 immer wieder, vor allem während der sozialen und wirtschaftlichen Krise Mexikos in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, als sogenanntes „Sicherheitsventil“ zur Abfederung innenpolitischer Konflikte.

Dieses Kapitel hat gezeigt, dass die USA und Mexiko als benachbarte Staa- ten seit jeher politisch als auch wirtschaftlich in Verbindung gestanden haben und dass ihre Beziehungen zueinander im Verlauf der Geschichte von Zeit zu Zeit von Konflikten und Problemen, in der jüngeren Vergangenheit aber ver- mehrt von Kooperation und Interdependenz, gekennzeichnet waren. Auch wenn Mexiko offensichtlich bis heute immer der wahrscheinlich schwächere Partner in dieser Relation gewesen ist, so lässt sich dennoch mit Sicherheit feststellen, dass auch die USA als der Stärkere ohne ihren südlichen Nachbarn nicht oder nur schwer auskommen würden. Zusammenfassend kann man daher mit Recht eine Symbiose, bereits aus historischer Entwicklung zwischen den USA und Mexiko konstatieren.

4 Das North American Free Trade Agreement - NAFTA

In diesem Kapitel der Hausarbeit soll das NAFTA relativ knapp als gesonderter Aspekt der Beziehung zwischen den USA und Mexiko beleuchtet werden, wo- bei es in den darauf folgenden Abschnitten immer wieder thematisiert werden wird. Darüber hinaus soll aber in diesem Teil ein Überblick der Auswirkun- gen des NAFTA speziell auf die wirtschaftliche Relation beider Länder gegeben werden, um bereits an dieser Stelle auf die Interdependenz und damit auch auf eine mögliche Wirtschaftssymbiose zwischen den USA und Mexiko hinweisen zu können.

Das NAFTA repräsentiert das derzeit wahrscheinlich markanteste Kennzei- chen des wirtschaftlichen Verhältnisses zwischen den USA und Mexiko.37 Dieses Abkommen zwischen den Ländern USA, Kanada und Mexiko und der damit entstandenen weltweit größten Freihandelszone, trat im Januar 1994 in Kraft und basiert auf der theoretischen Annahme, dass „freier Handel und praktisch uneingeschränkte Investitionsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Länder für eine gesteigerte Effizienz in der Allokation von Ressourcen sorgen. Dies soll wie- derum einen größeren Wohlstand für alle Beteiligten bewirken.“38 Zentrales Ziel des Freihandelsabkommens war es daher, Schritt für Schritt sämtliche Handels- zölle zu eliminieren und auch zollfremde Handelshemmnisse wie Importquoten und Lizenzvereinbarungen über einen Zeitraum von 15 Jahren bis ins Jahr 2009 zu reduzieren.

Auch wenn das NAFTA in diesem Zusammenhang einige Schwächen auf- weist, so brachte dieses Abkommen im Endeffekt dennoch etliche Vorteile und Gewinne mit sich.39,40,41,42 Aufgrund der reduzierten und teilweise sogar vollkommen eliminierten Handelsbarrieren kam es neben einer deutlichen „In- tensivierung der [bilateralen] Handelsbeziehungen“43 (vgl. auch 5.2) zwischen den USA und Mexiko auch zu einem Anstieg des „trilateralen Handels“44 zwi- schen den USA, Kanada und Mexiko um 76% in der Zeit zwischen 1994 und 1999. Des Weiteren konnte nach Angaben des Congressional Budget Office of the Congress of the United States seit dem Freihandelsabkommen die gesamte durchschnittliche Zollrate Mexikos von 12% im Jahr 1993 auf 1,3% im Jahr 2001 reduziert werden.

[...]


1 vgl. Tobler 1995

2 vgl. MSEncarta 2007

3 vgl. MSEncartaDictionary 2007

4 vgl. MSEncarta 2007

5 vgl. MSEncartaDictionary 2007

6 vgl. Wiktionary 2007

7 vgl. Dictionary 2007

8 vgl. MSEncarta 2007

9 vgl. MSEncarta 2007

10 vgl. Watkins 1998, S.87

11 vgl. Watkins 1998, S.94

12 vgl. Watkins 1998, S.87

13 vgl. Watkins 1998, S.96

14 vgl. Watkins 1998, S.87

15 vgl. Watkins 1998, S.87

16 vgl. Watkins 1998, S.97

17 vgl. Watkins 1998, S.100

18 vgl. Wordsmith 2007

19 vgl. MSEncartaDictionary 2007

20 vgl. Dictionary 2007

21 vgl. Tobler 1995

22 vgl. Tobler 1995, S.24

23 vgl. Tobler 1995

24 vgl. Tobler 1995, S.24

25 vgl. Tobler 1995

26 vgl. Tobler 1995

27 vgl. Tobler 1995, S.26

28 vgl. Tobler 1995

29 vgl. Tobler 1995, S.30

30 vgl. Tobler 1995, S.30

31 vgl. Tobler 1995

32 vgl. Tobler 1995

33 vgl. Tobler 1995, S.32

34 vgl. Tobler 1995

35 vgl. Tobler 1995, S.32

36 vgl. Tobler 1995, S.34

37 vgl. Villarreal 2005

38 vgl. Cole u. Ensign 2005, S.2

39 vgl. Butler u. a. 2001

40 vgl. Schulz 2002

41 vgl. Villarreal 2005

42 vgl. Bernecker u. a. 2004

43 vgl. Bernecker u. a. 2004, S.309

44 vgl. Butler u. a. 2001, S.321

Ende der Leseprobe aus 40 Seiten

Details

Titel
Die Wirtschaftssymbiose: USA - Mexiko
Hochschule
Universität Mannheim  (Romanisches Seminar)
Veranstaltung
Spanisch in den USA
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
40
Katalognummer
V89229
ISBN (eBook)
9783638028776
ISBN (Buch)
9783638926980
Dateigröße
822 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirtschaftssymbiose, Mexiko, Spanisch
Arbeit zitieren
Christian Rodiek (Autor:in), 2007, Die Wirtschaftssymbiose: USA - Mexiko, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89229

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