Hoplit und Polis in der Archaik


Hausarbeit, 2007

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Entwicklung des griechischen Hopliten als militärische Einheit
2.1 Hoplit und Phalanx
2.2 Waffen und technologischer Fortschritt
2.3 Rahmenbedingungen

3. Hoplit und Polis
3.1 Die Phalanx als militärisches Abbild der Polisgemeinschaft
3.2 Die Hopliten als Klasse in der Gesellschaft der Polis
3.3 Hopliten und Tyrannen

4. Schluss

Quellen- und Literaturverzeichnis
Quellen
Literatur

1. Einleitung

Der Hoplit[1] ist noch für den heutigen Europäer ein prägendes Merkmal griechischer Geschichte, das mit der klassischen Epoche Griechenlands und dem Zeitalter der Stadtstaaten assoziiert wird, der sich jedoch bereits in der archaischen Zeit entwickelte und eine Bedeutung erlangte, die ihn zum Sinnbild klassischer griechischer Kriegführung werden ließ.

Die Hoplitenkriegführung zeichnete sich durch offene Feldschlachten zwischen dicht gestaffelten Formationen schwerer griechischer Infanterie aus. Diese Formationen, die Phalangen[2], sind eng mit Entwicklung und Bedeutung des Hopliten verknüpft und werden in der vorliegenden Arbeit im Kontext der archaischen Polis ebenfalls behandelt. Für eine Zeitspanne von vier Jahrhunderten, von Ende des achten bis in die letzten Dekaden des vierten Jahrhunderts v. Chr. war die offene Feldschlacht zweier sich aus Hopliten zweier oder mehrerer Poleis zusammensetzenden Phalangen die übliche Art der griechischen Poliswelt, kriegerische Auseinandersetzungen auszutragen.[3]

Die Art und Weise, in der die Griechen archaischer Zeit Krieg führten, war teils Ursache, teils Folge der politischen Entfaltung des griechischen Stadtstaates.[4] Da hier primär die Zusammenhänge des Hoplitenwesens und der griechischen Polis untersucht werden sollen, sind die Gebiete Griechenlands, in denen sich zu archaischer Zeit noch keine Stadtstaaten herausgebildet hatten, zu vernachlässigen. Auch in den noch jungen Poleis bestand das Heer nicht ausschließlich als Formation von Hopliten. Die Zusammensetzung der Heere und die Bedeutung der einzelnen Truppenteile variierte; Reiterei, Fernkämpfer und Leichtbewaffnete spielten regional stark unterschiedlich Rollen. Dennoch sind die Hopliten in ihrer Bedeutung für die politische und gesellschaftliche Entwicklung der archaischen Polis einzigartig.[5] Um diese Bedeutung eingehend zu beleuchten werden die Hopliten im Folgenden isoliert betrachtet und die übrigen Truppenteile wie auch die Seestreitkräfte nicht behandelt. Auch Söldnerhopliten finden keine Beachtung, da sie nicht als Bürgersoldaten ihrer eigenen Polis kämpften und somit trotz ihrer militärischen Bedeutung nicht im Kontext der Entwicklung der Polisgesellschaft zu sehen sind.

Als Quellen dienen vor allem Dichtungen zeitgenössischer griechischer Lyriker wie Tyrtaios[6], Archilochus[7] oder Kallinos[8], die vor allem Einblicke in Kampfesweise und Motivation der Hopliten geben und einen Eindruck vermitteln, von welcher Bedeutung die Verteidigung der eigenen Polis für den Hopliten im archaische Griechenland war. Ein großes Vorkommen archäologischer Quellen gleicht den relativ geringen Informationsgehalt der schriftlichen Quellen bezüglich Taktik und Bewaffnung aus. Signifikant sind hier neben erhaltenen Rüstungsteilen und Waffenfunden vor allem Vasenmalereien.[9]

Die Literatur über die Entwicklung des Hopliten im antiken Griechenland ist kaum überschaubar. Zur Bewaffnung und Kampfesweise sind vor allem Snodgrass[10], Adcock[11] und Hanson[12] zu nennen. Die gesellschaftlichen Implikationen der Hoplitenentwicklung sind in jüngster Zeit vor allem von Raaflaub[13] und Parker[14] behandelt worden, die sehr guten Einblick in den Forschungsstand bieten, sich mit den älteren Standardwerken wie Snodgrass auseinandersetzen und die gesellschaftliche Komponente des Hoplitenwesens unter Beachtung neuester Literatur beleuchten.

Im Folgenden soll die Entwicklung des Hopliten und der ihm eigenen Art der Kriegführung, der Phalanx, im Kontext der Polis in archaischer Zeit[15] beleuchtet werden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich vor allem mit den Entwicklungen des siebten und sechsten Jahrhunderts v. Chr. in Fragen der Waffentechnik, der militärischen Entwicklung des Hopliten und seiner Kampfesweise, der Phalanx im Kontext sozialer Umwälzungen innerhalb der griechischen Polis, der Herkunft und Identität des Hopliten. Als Beispiel hierfür soll besonders Athen dienen, da hierfür ergiebige Quellen erhalten sind und Athen exemplarisch für viele andere Poleis gelten mag.

2. Die Entwicklung des griechischen Hopliten als militärische Einheit

2.1 Hoplit und Phalanx

Die Kampfesweise der in der Phalanx kämpfenden Hopliten ist aus archaischer Zeit vor allem durch Dichtung und archäologische Zeugnisse überliefert. In der Ilias wird die Formation der Griechen vor Beginn des Kampfes folgendermaßen beschrieben:

„… Schild drängte Schild, Helm Helm und Mann den Mann, und es berührten einander roßmähnige Helme mit glänzenden Bügeln, wenn sie nickten, so dicht standen sie aneinander.“[16]

Tyrtaios nutzt ganz ähnliche Worte, um die Formation im Kampfgeschehen selbst zu beschreiben:

Stemmet nur Fuß bei Fuß und Schutzschild neben dem Schutzschild, lasset den Helm an den Helm streifen und Buschen an Busch, nähert die Brust der Brust: So führet den Kampf mit dem Gegner, entweder mit dem Schwert oder dem mächtigen Speer.“[17]

Sieg oder Niederlage in einer zwischen zwei Phalangen geschlagenen Schlacht entschieden sich dadurch, welche Phalanx standhielt und welche aufbrach und sich zur Flucht wandte. Sobald sich die Formation aufgelöst hatte und die Hopliten flüchteten, war an eine Wiederaufnahme der Schlacht nicht mehr zu denken. Die frühe Hoplitenarmee verfügte nicht wie die römische Legion über ein befestigtes Feldlager, das in ihrer Kriegführung eine große Rolle gespielt und eine Rückzugsmöglichkeit geboten hätte, wo die zerschlagene Phalanx sich hätte sammeln und von wo aus sie den Kampf wieder hätte aufnehmen können.[18] Ein entscheidender Grund, weshalb eine Wiederaufnahme des Kampfes oder ein erneutes Aufeinandertreffen der Phalangen höchst unwahrscheinlich waren, war der Namensgeber des Hopliten selbst, der Hoplon[19]. Suchte ein Hoplit sein Heil in der Flucht, so war er gezwungen, seinen großen und sehr schweren Schild zurückzulassen. Da aber ebendieser Schild das entscheidende Element der Hoplitenkriegführung und das Bilden einer Phalanx ohne ihn unmöglich war, bedeutete das Aufgeben des Hoplons zur schnelleren Flucht das endgültige Verlorengeben der Schlacht.

Die Schlacht endete also mit dem Aufbrechen einer Phalanx und der Flucht der zersplitterten Kräfte. Zu einer ernsthaften Verfolgung der Flüchtenden kam es selten, da auch die siegreiche Seite durch den kurzen aber heftigen Zusammenstoß erschöpft und eine schnelle Verfolgung aufgrund der schweren Bewaffnung der Hopliten auch gar nicht möglich war.[20] Auch hätten die Sieger durch die Verfolgung ihrerseits die Phalanx auflösen und dadurch ihren Vorteil aufgeben müssen. Der Sieger beschränkte sich in den meisten Fällen darauf, das Schlachtfeld zu besetzen. Die formale Anerkennung der Niederlage erfolgte, indem der Verlierer um die Erlaubnis ersuchte, seine Toten vom Schlachtfeld holen und beerdigen zu dürfen.[21] Der Sieger errichtete auf der umkämpften Ebene ein Tropaion als Zeichen seines Sieges.[22]

2.2 Waffen und technologischer Fortschritt

Die Taktik, schwer bewaffnete Fußsoldaten in starrer Formation antreten zu lassen, war nur durch eine besondere Art der Bewaffnung möglich, die einer solchen Art der Kriegführung angemessen war. Während dies auch auf die Angriffswaffen Speer und Schwert zutraf, war vor allem die Entwicklung spezieller Schutzwaffen für den in der Phalanx kämpfenden Fußsoldaten signifikant. Der wichtigste Ausrüstungsgegenstand war der namensgebende Schild des Hopliten, der Hoplon.[23] Er war das entscheidende Element, das die Phalanx als taktische Formation überhaupt möglich machte. Weitere Rüstungsteile waren bronzene Beinschienen und ein bronzener Brust- oder Glockenpanzer, der den Oberkörper vom Hals bis zur Taille schützte. Ein schwerer bronzener Helm schützte den ganzen Kopf und bedeckte das Gesicht mit Wangen- und Nasenschutz.[24] Diese Vollrüstung war in ihrer Gesamtheit auf die Bedürfnisse des in der dichten Schlachtordnung der Phalanx kämpfenden Hopliten zugeschnitten. Sie bot größtmöglichen Schutz, machte ihn jedoch langsam und unbeweglich. Der einzelne Hoplit war aufgrund seiner schweren Rüstung und Waffen, die ihm im Schutze der Phalanx zum Vorteil gereichten, im offenen Gelände sehr angreifbar. Es war ihm nicht möglich, Fernkampf zu führen, und seine akustische und optische Wahrnehmung waren durch den Helm stark eingeschränkt.

[...]


[1] Der Hoplit war der das griechische Heerwesen dominierende schwere Infanterist des siebten bis vierten Jahrhunderts v. Chr. Sein Name leitet sich von seinem Schild, dem Hoplon, ab. Vgl. Mitchell, Stephen: Hoplite Warfare in Ancient Greece, in: Lloyd, Alan B. (ed.): Battle in Antiquity, London 1996, S. 87-105, S. 89l. Seine Ausrüstung ist in 2.2 beschrieben, seine Kampfweise in 2.1. Der Hoplit definiert sich jedoch nicht nur durch Taktik und Bewaffnung, sondern auch durch seine soziale Herkunft. Diese war im Laufe der archaischen Zeit Änderungen unterworfen und wird in 3. erläutert.

[2] Die Phalanx war eine dichte, geschlossene, aus mehreren Gliedern bestehende lineare Kampfformation, die aus Hopliten gebildet wurde. Ihre Breite und Tiefe variierten nach Anlass und Truppenstärke. Die genaue Kampfesweise der Phalanx ist umstritten und wandelte sich im Laufe der Zeit. Eine ausführliche Behandlung der Phalanx findet sich in Franz, Johann Peter: Krieger, Bauern, Bürger. Untersuchungen zu den Hopliten der archaischen und klassischen Zeit, Frankfurt a. M. 2002, S.149-159, S. 195-199.

[3] Hanson, Victor Davis: Hoplite battle as ancient Greek warfare. When, where and why?, in: van Wees (ed.): War and Violence in Ancient Greece, London 2000, S. 201-232, S. 202.

[4] Adcock, F. E.: The Greek and Macedonian Art of War, Berkeley 1957, S. 2.

[5] Bowden, Hugh: Hoplites and Homer: Warfare, hero cult, and the ideology of the polis, in: Rich, John u. Shipley, Graham (ed.): War and society in the Greek world, London 1993, S. 45-63, S. 47.

[6] Tyrtaios: Griechischer Dichter unbekannter Herkunft, verm. aus Sparta, Milet oder Athen, der in Sparta lebte. In der Zeit des zweiten Messenischen Krieges (7. Jahrhundert v. Chr.) ermahnte er die Spartaner in politischen Elegien zum tapferen Kampf für die Heimat und zum Ausharren in der Schlacht. Irmscher, Johannes (Hrsg.): Lexikon der Antike, Leipzig 1990, S. 607.

[7] Archilochos: Griechischer Lyriker, geb. nach 700 v. Chr. in Paros. Archilochos diente als Söldner und fiel im Kampf. Irmscher: Lexikon der Antike, S. 54.

[8] Kallinos: Elegischer Dichter aus Ephesos, ca. 650 v. Chr. Cancik, Hubert u. Schuster, Helmut (Hrsg.): Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Bd. 6, Stuttgart 1999, Sp. 198.

[9] Als bestes Beispiel mag hier die sog. Chigi-Vase aus dem späten siebten Jahrhundert gelten, auf welcher unter anderem der Kampf zweier Phalangen dargestellt ist. Vor allem die Bewaffnung der gezeigten Hopliten ist detailliert dargestellt. Vgl. Ducrey: Warfare in Ancient Greece, translated by Janet Lloyd, Fribourg 1985, S. 63, Parker: Kriegskultur der Archaischen Epoche Griechenlands, in: Meißner, Burkhard u. a. (Hrsg.): Krieg – Gesellschaft – Institutionen, Berlin 2005, S. 209-227, S. 216.

[10] Snodgrass, A. M.: Arms and Armor of the Greeks, London 1967.

[11] Adcock, F. E.: The Greek and Macedonian Art of War, Berkeley 1957.

[12] Hanson, Victor Davis: Der Krieg in der griechischen Antike, aus dem Englischen von Kerstin Braun, Berlin 2001.

[13] Raaflaub, Kurt: Homerische Krieger, Protohopliten und die Polis: Schritte zur Lösung alter Probleme, in: Meißner, Burkhard u. a. (Hrsg.): Krieg – Gesellschaft – Institutionen, Berlin 2005, 229-266.

[14] Parker, Victor: Die Kriegskultur der Archaischen Epoche Griechenlands, in: Meißner, Burkhard u. a. (Hrsg.): Krieg – Gesellschaft – Institutionen, Berlin 2005, S. 209-227.

[15] Umfasst das siebte und sechste Jahrhundert v. Chr. Das Ende der archaischen Epoche wird üblicherweise um das Jahr 500 v. Chr. gesehen. Parker: Kriegskultur der Archaischen Epoche, S. 209.

[16] Ilias 13, 128-30 und 13, 131-33 = 16, 215-17.

[17] Tyrtaios 11 W = 8 D, 31-34.

[18] Adcock: Art of War, S. 4.

[19] Hoplon: Großer Rundschild, ca. 90 cm Durchmesser. Vom Hopliten durch eine bronzene Armschlaufe (porpax) und einen ledernen Griff am Schildrand (antilabe) getragen. Der Schild bestand aus Bronze und einem hölzernen Rahmen. Ducrey: Warfare, S. 47f.

Das Hoplon (Rundschild) war vor Mitte des siebten Jahrhunderts v. Chr. bereits zum Standardschild des griechischen Fußsoldaten avanciert. Adcock: Art of War, S. 3.

[20] Adcock: Art of War, S. 14.

[21] Ebd.

[22] Raaflaub: Protohopliten, S. 238.

[23] Mitchell: Hoplite Warfare, S. 89.

[24] Eine genaue Beschreibung der Angriffs- und Schutzwaffen des Hopliten finden sich bei Ducrey, Pierre: Warfare in Ancient Greece, New York 1986, S. 47-56. Eine umfassende Studie hoplitischer Waffen, ihrer militärischen und sozialen Bedeutung im archaischen Griechenland bietet Sepp-Gustav Gröschel in „Waffenbesitz und Waffeneinsatz bei den Griechen“, Frankfurt a. M. 1989.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Hoplit und Polis in der Archaik
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Veranstaltung
Proseminar Alte Geschichte: Das archaische Griechenland
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V89221
ISBN (eBook)
9783638028752
ISBN (Buch)
9783638926973
Dateigröße
451 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hoplit, Polis, Archaik, Proseminar, Alte, Geschichte, Griechenland
Arbeit zitieren
Frédéric M. du Roi (Autor:in), 2007, Hoplit und Polis in der Archaik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89221

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