Zentrale Verarbeitung multimodaler sensorischer Reize nach Stimulation der Nasenschleimhaut mit Nikotin


Doktorarbeit / Dissertation, 2008

109 Seiten, Note: Magna cum laude


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Die Geruchswahrnehmung
2.1.1 Das olfaktorische System
2.1.1.1 Das periphere olfaktorische System
2.1.1.2 Anatomie des zentralen olfaktorischen Systems
2.1.2 Das trigeminale System
2.1.2.1 Das periphere trigeminale System
2.1.2.2 Anatomie des zentralen trigeminalen Systems
2.1.3 Interaktionen zwischen dem olfaktorischen und dem trigeminalen System
2.2 Funktionsweise der Magnetresonanztomographie
2.2.1 Funktionsweise der funktionellen Magnetresonanztomographie
2.2.1.1 Physikalische Grundlagen
2.2.1.2 Physiologische Grundlagen
2.2.1.3 Experimentelle fMRT-Designs
2.3 Die Substanz Nikotin
2.3.1 Struktur von Nikotin
2.3.2 Chemosensorische Eigenschaften von Nikotin

3 Fragestellungen und Hypothesen

4 Methoden
4.1 Experimenteller Ablauf
4.2 Untersuchtes Probandenkollektiv
4.3 Chemosensorische Stimulation der Nasenschleimhaut
4.4 Testsubstanz Nikotin
4.5 Schwellentests
4.5.1 Bestimmung der Geruchsschwelle von Nikotin
4.5.2 Bestimmung der Schmerzschwelle von Nikotin
4.6 Erhebung der funktionellen Bilddaten
4.6.1 Stimulationsparadigma für Nikotin in niedrigen Konzentrationen
4.6.2 Stimulationsparadigma für Nikotin in hohen Konzentrationen
4.7 Bewertung der Nikotinstimuli
4.7.1 Psychometrische Bewertung der Nikotinstimuli
4.7.1.1 Psychometrische Bewertung der Nikotinstimuli nach funktioneller Bildgebung mit niedrigen Nikotinkonzentrationen
4.7.1.2 Psychometrische Bewertung der Nikotinstimuli nach funktioneller Bildgebung mit hohen Nikotinkonzentrationen
4.7.2 Intensitätsbewertung der Nikotinstimuli
4.8 Auswertung der funktionellen Bilddaten
4.8.1 Vorverarbeitung der funktionellen Bilddaten
4.8.1.1 Bewegungskorrektur
4.8.1.2 Korrektur der Magnetfeldinhomogenitäten
4.8.1.3 Räumliche Normalisierung
4.8.1.4 Räumliche Glättung
4.8.2 Statistische Auswertung der funktionellen Bilddaten
4.8.2.1 Statistische Auswertung des fMRT-Experiments mit Nikotin in niedrigen Konzentrationen
4.8.2.2 Statistische Auswertung des fMRT-Experiments mit Nikotin in hohen Konzentrationen
4.8.2.3 Anatomische Zuordnung
4.8.2.4 ‚Voxel of Interest’ Analyse

5 Ergebnisse
5.1 Schwellentests
5.1.1 Geruchsschwellen von Nikotin
5.1.2 Schmerzschwellen von Nikotin
5.1.3 Vergleich der Geruchs- und Schmerzschwellen von Nikotin
5.2 Bewertung der Nikotinstimuli
5.2.1 Psychometrische Bewertung der Nikotinstimuli in niedrigen Konzentrationen nach dem fMRT-Experiment
5.2.2 Psychometrische Bewertung der Nikotinstimuli in hohen Konzentrationen während und nach dem fMRT-Experiment
5.2.3 Vergleich der psychometrischen Bewertungen der Nikotinstimuli in niedrigen versus hohen Konzentrationen
5.2.4 Intensitätsbewertung der Nikotinstimuli in niedrigen Konzentrationen
5.2.5 Intensitätsbewertung der Nikotinstimuli in hohen Konzentrationen
5.2.6 Vergleich der Intensitätsbewertungen der Nikotinstimuli in niedrigen versus hohen Konzentrationen
5.3 Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit Nikotin
5.3.1 Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit Nikotin in niedrigen Konzentrationen (n = 19)
5.3.2 Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit Nikotin in niedrigen Konzentrationen (n = 30)
5.3.3 Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit Nikotin in hohen Konzentrationen (n = 30)
5.3.4 Vergleich der Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit Nikotin in niedrigen versus hohen Konzentrationen

6 Diskussion
6.1 Nikotinstimulation
6.2 Vergleich der Geruchs- und Schmerzschwellen von Nikotin
6.3 Vergleich der Bewertung der Nikotinstimuli in niedrigen versus hohen Konzentrationen
6.4 Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit Nikotin in niedrigen Konzentrationen
6.5 Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit Nikotin in hohen Konzentrationen
6.6 Vergleich der Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit Nikotin in niedrigen versus hohen Konzentrationen
6.7 Schlußbetrachtungen

7 Ausblick

8 Zusammenfassung

9 Summary

Literaturverzeichnis

Anhang
Tabellen
Danksagung
Lebenslauf

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Vergleich der Geruchs- und Schmerzschwelle von intranasal appliziertem Nikotindampf und der korrespondierenden Nikotinkonzentrationen

Tab. 2 Bewertung der Intensität der Nikotinstimuli während des Experiments mit hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen

Tab. 3 Bewertung der emotionalen Valenz, der emotionalen Erregung und der ‚Pleasantness’ der Nikotinstimuli während des Experiments mit niedrigen Nikotinkonzentrationen und während des Experiments mit hohen Nikotinkonzentrationen

Tab. 4 Maxima der olfaktorischen und trigeminalen Intensitätsbewertung während des Experiments mit niedrigen, olfaktorisch leicht überschwelligen Konzentrationen und während des Experiments mit hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen

Tab. 5 Zeitparameter für die olfaktorische und trigeminale Intensitätsbewertung während des Experiments mit hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen

Tab. 6 Vergleich der prozentualen Signaländerung der ‚Voxel of Interest’ in Experiment 1 und Experiment 2

Tab. A1 Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit Nikotin in niedrigen, olfaktorisch leicht überschwelligen Konzentrationen (n = 19)

Tab. A2 Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit Nikotin in niedrigen, olfaktorisch leicht überschwelligen Konzentrationen (n = 30)

Tab. A3 Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit Nikotin in hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen (n = 30)

Tab. A4 Deaktivierungen des Gehirns nach intranasaler Stimulation mit Nikotin in hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen (n = 30)

Tab. A5 Hirnregionen, welche nach nasaler Stimulation mit Nikotinstimuli in hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen intensitätskodiert aktiviert waren (n = 29)

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Überblick über die zentralnervösen Projektionen des olfaktorischen Systems

Abb. 2 Strukturen des Riechhirns

Abb. 3 Neuronale Netzwerke für die Verarbeitung sensorischer und affektiver Schmerzinhalte

Abb. 4 Darstellung einer Häm-Gruppe des Oxyhemoglobins im Vergleich zur Häm-Gruppe des Deoxyhämoglobins

Abb. 5 BOLD-Signal mit charakteristischem zeitlichen Verlauf als Reaktion auf einen Einzelstimulus

Abb. 6 Strukturformel des verwendeten chemosensorischen Stoffs Nikotin

Abb. 7 Studienprotokoll

Abb. 8 Olfaktometer OM6b

Abb. 9 Schematische Zeichnung des Schaltprinzips des Olfaktometers

Abb. 10 Teflonschlauch in der Nase eines Probanden

Abb. 11 Darstellung der Nasenatmung und Mundatmung mit ‚velopharyngeal closure’

Abb. 12 Schematische Darstellung des Stimulationsparadigmas für Nikotin in niedrigen, olfaktorisch leicht überschwelligen Konzentrationen

Abb. 13 Schematische Darstellung des Stimulationsparadigmas für Nikotin in hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen

Abb. 14 Vergleich der Geruchs- und Schmerzschwelle von intranasal appliziertem Nikotindampf

Abb. 15 Bewertung der Schmerzintensität der Nikotinstimuli während des Experiments mit hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen

Abb. 16 Olfaktorische und trigeminale Intensitätsbewertung während des Experiments mit niedrigen, olfaktorisch leicht überschwelligen Nikotinkonzentrationen

Abb. 17 Olfaktorische und trigeminale Intensitätsbewertung während des Experiments mit hohen, trigeminal leicht überschwelligen Nikotinkonzentrationen

Abb. 18 Hirnaktivierungen nach nasaler Stimulation mit Nikotin in niedrigen, olfaktorisch leicht überschwelligen Konzentrationen (n = 19)

Abb. 19 Absolute Signalintensitäten im sekundären olfaktorischen Kortex zu Beginn und am Ende jedes Nikotinblocks

Abb. 20 Absolute Signalintensitäten im sekundären somatosensorischen Kortex zu Beginn und am Ende jedes Nikotinblocks

Abb. 21 Hirnaktivierungen nach nasaler Stimulation mit Nikotin in niedrigen, olfaktorisch leicht überschwelligen Konzentrationen (n = 30, p < 0,05 FWE-korrigiert)

Abb. 22 Hirnaktivierungen nach nasaler Stimulation mit Nikotin in niedrigen, olfaktorisch leicht überschwelligen Konzentrationen (n = 30, p < 0,05 FDR-korrigiert)

Abb. 23 Hirnaktivierungen nach nasaler Stimulation mit Nikotin in hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen (n = 30)

Abb. 24 Deaktivierungen des Gehirns nach nasaler Stimulation mit Nikotin in hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen (n = 30)

Abb. 25 Hirnregionen, welche nach nasaler Stimulation mit Nikotinstimuli in hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen intensitätskodiert aktiviert waren (n = 29)

Abb. 26 Vergleich der Hirnaktivierungen nach nasaler Stimulation mit Nikotin in niedrigen, olfaktorisch leicht überschwelligen Konzentrationen mit Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen

Abb. 27 Vergleich der Hirnaktivierungen nach nasaler Stimulation mit Nikotin in niedrigen, olfaktorisch leicht überschwelligen Konzentrationen mit Hirnaktivierungen nach intranasaler Stimulation mit hohen, trigeminal leicht überschwelligen Konzentrationen

1 Einleitung

Die chemischen Sinne gehören zu den phylogenetisch ältesten Sinnen des Menschen. Bereits primitive einzellige Organismen haben Strategien entwickelt, Änderungen der chemischen Zusammensetzung ihrer Umgebung wahrzunehmen. Im Laufe der Evolution wurden diese modifiziert und weiterentwickelt. So verfügt auch der Mensch über eine Vielzahl von Chemorezeptoren. Als Enterozeptoren messen sie beispielsweise den Kohlendioxid-Gehalt im Blut. Der Geruchssinn reagiert hingegen auf Substanzen in der Luft, die mit der Atmung an Rezeptoren der Nasen- und Rachenschleimhaut gelangen. Er wird als exterozeptiver Sinn bezeichnet, auch wenn manche der wahrgenommenen Substanzen aus dem Körperinneren stammen.

Der Geruchssinn ist bekanntermaßen für viele Tiere von existenzieller Bedeutung: olfaktorische Signale steuern die Nahrungssuche, die Orientierung in der Umwelt, das Reproduktionsverhalten und die soziale Organisation (Doty 1986; Wallace et al. 2002). Viele dieser Aspekte, die aus dem Tierreich bekannt sind, lassen sich auf den Menschen übertragen. Die dazugehörigen Wahrnehmungsprozesse gelangen allerdings oft nicht in das Bewusstsein des Menschen (Stern & McClintock 1998).

Es gibt, vor allem im Vergleich zu den übrigen menschlichen Sinnessystemen, nur wenige Untersuchungen zur Anatomie und Funktion des Geruchssinns. In den letzten Jahren gelangen jedoch enorme Fortschritte im Verständnis der Teilvorgänge des Riechvorgangs: vom ersten Kontakt der Duftstoffe mit den Rezeptorzellen der Nasenschleimhaut über die olfaktorische Signalkaskade bis hin zur zentralnervösen Verarbeitung von Geruchsreizen. Die vorliegende Studie soll einen Beitrag zur weiteren Erforschung des Geruchssinns leisten. Insbesondere sollen die Ergebnisse der vorliegenden Studie dazu dienen, die Interaktionen des olfaktorischen mit dem trigeminalen System während der Wahrnehmung eines multimodalen Duftstoffs zu erklären.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Die Geruchswahrnehmung

Was im Allgemeinen unter dem Riechen verstanden wird, setzt sich meist aus einer Vielzahl von Sinneseindrücken (Geruch, Schmerz, Berührung, Temperatur, auch Geschmack) zusammen. Während des Riechvorgangs ist die Aktivierung olfaktorischer Rezeptoren entscheidend. Es gibt Substanzen (z. B. Schwefelwasserstoff, H2S), die selektiv nur das olfaktorische System aktivieren. Ein kribbelnder oder sogar brennender Eindruck während des Riechens entsteht durch Aktivierung des trigeminalen Systems. Kohlendioxid (CO2) etwa stimuliert nahezu ausschließlich das trigeminale System (Kobal & Hummel 1988). Die Mehrheit der Duftstoffe aktiviert in Abhängigkeit von der Konzentration sowohl das olfaktorische, als auch das trigeminale System des Menschen (Cometto-Muniz et al. 1998a; Doty et al. 1978; Hummel et al. 1992b). Diese multimodalen Duftstoffe werden von zwei anatomisch voneinander unabhängigen Systemen (olfaktorisches/trigeminales System) verarbeitet. Die entsprechende Wahrnehmung wird durch eine sensorische Integration der Informationen erzeugt (Calvert 2001). Bei Tieren tragen darüber hinaus noch das Vomeronasalorgan, der Nervus terminalis und die solitären chemosensorischen Zellen zur Geruchsempfindung bei (Sbarbati & Osculati 2003). Beim Menschen konnten diese Strukturen aber bislang nicht eindeutig nachgewiesen werden. Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich mit dem olfaktorischen und dem trigeminalen System. Obwohl das derzeitige Verständnis der Organisation der Nervenbahnen des olfaktorischen und trigeminalen Systems hauptsächlich auf Studien basiert, welche an Nagetieren und Primaten durchgeführt wurden, wird angenommen, dass diese Systeme eine gleiche oder ähnliche prinzipielle Organisation im menschlichen Körper besitzen.

2.1.1 Das olfaktorische System

2.1.1.1 Das periphere olfaktorische System

Die Geruchsrezeptoren sind nicht gleichmäßig über die Nasen- und Rachenschleimhaut verteilt. Der am hinteren Nasendach gelegene Teil der Nasenschleimhaut (Regio olfactoria) beherbergt die meisten Geruchsrezeptoren. Einige olfaktorische Rezeptoren kann man auch an der oberen Nasenmuschel, am oberen Teil der mittleren Nasenmuschel, am Septum sowie im Rachenraum finden.

Die Riechschleimhaut besteht aus dem Riechepithel und der Lamina propia. Das menschliche Riechepithel ist ein mehrreihiges Flimmerepithel, in dem sich mehrere Millionen primäre olfaktorische Neurone befinden. Das Riechepithel wird durch eine Basalmembran von der Lamina propria getrennt. In der Lamina propria befinden sich neben zahlreichen Blutgefäßen und Nervenfasern die Glandulae olfactoriae (Bowman-Drüsen). Diese sind maßgeblich an der Bildung des Riechschleims beteiligt.

Olfaktorische Neurone sind bipolare Nervenzellen, deren apikaler Fortsatz in einer Auftreibung mit zahlreichen feinen Sinneshaaren (Cilia) in der das Epithel bedeckenden Schleimschicht endet. Duftstoffe, welche in den Riechschleim penetrieren, interagieren mit den olfaktorischen Rezeptorproteinen, die in der Plasmamembran der Ciliae lokalisiert sind. Die Bindung des Duftstoffs an den Golf-Protein gekoppelten Rezeptor löst eine ‚Second Messenger’ Kaskade (‚Second Messenger’: cAMP, cGMP oder IP3) aus, die zu einem Membranpotential führt. Dieses breitet sich über den Zellkörper hinweg auf das Axon aus, das basal aus dem Zellkörper des olfaktorischen Neurons hervorgeht. Die Axone der einzelnen Neurone sammeln sich zu Axonbündeln, die als Fila olfactoria bezeichnet werden. Die Gesamtheit der Fila olfactoria bilden den Nervus olfactorius, bei dem es sich nach neuroanatomischen Kriterien nicht um einen Hirnnerv im eigentlichen Sinne handelt, da es kein kranial liegender Spinalnerv ist.

Olfaktorische Neurone sind die einzigen Neurone, die in unmittelbarem Kontakt mit der Außenwelt stehen und können deshalb sehr leicht durch äußere Noxen geschädigt werden. Die durchschnittliche Lebensdauer der olfaktorischen Neurone beträgt einige Monate. Danach sterben sie ab und werden durch Ausdifferenzierung von neuronalen Stammzellen (Basalzellen), welche der Basalmembran aufliegen und auch im Erwachsenenalter noch zu regelmäßiger mitotischer Teilung fähig sind, ersetzt (Calof et al. 1996; Graziadei & Graziadei 1979). Die Stützzellen umhüllen die Dendriten der olfaktorischen Neurone und isolieren diese. Sie schützen die olfaktorischen Neurone vor äußeren Einwirkungen, deaktivieren Duftstoffe und beseitigen Zellreste untergegangener Neuronen. Zwischen den Stützzellen befinden sich verschiedene Arten von mikrovillären Zellen, die möglicherweise chemorezeptive Funktionen besitzen.

Jede olfaktorische Rezeptorzelle exprimiert einen oder höchstens zwei verschiedene Geruchsrezeptortypen. Es wird geschätzt, dass Menschen über 350 bis 400 funktionstüchtige Geruchsrezeptortypen verfügen (Malnic et al. 2004; Niimura & Nei 2005). Mit dieser begrenzten Zahl an Rezeptortypen kann der Mensch eine auf den ersten Blick sehr hohe Zahl von ca. 10.000 verschiedenen Duftstoffmolekülen wahrnehmen (Buck & Axel 1991). Dies ist möglich, da ein Duftstoff nicht nur einen spezifischen Rezeptor aktiviert, sondern mit seinen funktionellen Gruppen eine große Menge an Rezeptortypen mit unterschiedlicher Affinität aktivieren kann. Umgekehrt kann ein Rezeptor von funktionellen Gruppen verschiedener Duftstoffe aktiviert werden. Ein Geruch entsteht, wenn ein Duftstoffmolekül mit seinen funktionellen Gruppen mehrere Geruchsrezeptoren mit unterschiedlicher Intensität aktiviert und dadurch ein für diesen Duftstoff charakteristisches Intensitätsmuster an aktivierten Rezeptoren entsteht (Malnic et al. 1999). Ein anderer Duftstoff kann ein anderes Set an Rezeptoren aktivieren, von denen einige schon vom ersten Duftstoff aktiviert wurden. Wieder würde ein charakteristisches Intensitätsmuster aktivierter Geruchsrezeptoren entstehen. Demzufolge scheint die Kodierung der Geruchsqualität mit der neuronalen Analyse der topographischen Verteilung der aktivierten Rezeptorproteine eng in Verbindung zu stehen (Wiesmann et al. 2004).

2.1.1.2 Anatomie des zentralen olfaktorischen Systems

Das menschliche zentrale olfaktorische System kann in folgende Bestandteile gegliedert werden (Weismann et al. 2001; Wiesmann et al. 2004) (Abb. 1):

(1) Primärer olfaktorischer Kortex

Die olfaktorische Information wird von den olfaktorischen Rezeptoren (Neuronen 1. Ordnung) in der nasalen Mukosa über den olfaktorischen Nerv zum Bulbus olfactorius übertragen. Der Bulbus olfactorius ist entwicklungsgeschichtlich kein Ganglion, sondern eine Ausstülpung des Telenzephalons. Er gehört zum Paläokortex, dem, im Vergleich zum Neo- und Archikortex, ältesten Teil des Endhirns. Nach neuroanatomischen Kriterien muss daher der Bulbus olfactorius als primärer olfaktorischer Kortex bezeichnet werden (Albrecht & Wiesmann 2006; Boyle et al. 2007; Cleland & Linster 2003). Diese Bezeichnung stellt sich widersprüchlich zur herkömmlichen Literatur dar, in der der Bulbus olfactorius als kortikales olfaktorisches Areal meist ignoriert wird (Zatorre et al. 1992).

In der knöchernen Frontobasis des Schädels befindet sich eine vom Siebbein gebildete zarte Knochenlamelle (Lamina cribrosa). Darin ist auf jeder Seite eine Vertiefung erkennbar (Fossa olfactoria), in welcher ein Bulbus olfactorius liegt. Die Lamina cribrosa besitzt im Bereich der Fossae olfactoriae auf jeder Seite Perforationen, durch die die Fila olfactoria das Schädelinnere erreichen und zum ipsilateralen Bulbus olfactorius ziehen (Weismann et al. 2001). Im Bulbus olfactorius bilden die Axone der olfaktorischen Neurone Synapsen mit Dendriten der Mitral- und Büschelzellen (Neuronen 2. Ordnung). Dieses Netz aus Synapsen formt sich zu einer funktionellen Einheit, dem Glomerulus. Axone von olfaktorischen Rezeptorneuronen, die einen Rezeptortyp exprimieren, projizieren auf ein Glomerulus im Bulbus olfactorius. Ein Glomerulus ist also eine Art „Sammelstelle“ für Signale eines Rezeptortyps.

Mit den derzeit aktuellen bildgebenden Verfahren ist es nicht möglich, den Bulbus olfactorius des Menschen darzustellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Überblick über die zentralnervösen Projektionen des olfaktorischen Systems (Abbildung modifiziert nach Albrecht & Wiesmann (2006) )

(2) Sekundärer olfaktorischer Kortex

Die Bulbi olfactorii sind über den Pedunculus olfactorius mit dem sekundären olfaktorischen Kortex verbunden. Der Pedunculus olfactorius besteht aus dem Tractus olfactorius und einer dünnen Schicht grauer Substanz, welche zum Nucleus olfactorius anterior gehört. Die Axone aller Mitral- und Büschelzellen, die den Bulbus olfactorius verlassen, bilden zusammen den Tractus olfactorius. Dieser verläuft an der Unterseite des Frontalhirns im Sulcus olfactorius, der lateral zum Gyrus rectus gelegen ist, nach dorsal. So erreicht die olfaktorische Information ipsilaterale Hirnareale im hinteren Teil der frontobasalen Hirnoberfläche und im dorsomedialen Teil der temporalen Hirnoberfläche (Gottfried 2006). Auf diesem Weg entsendet der Tractus olfactorius Nervenfasern zum Nucleus olfactorius anterior. Direkt vor der Substantia perforata anterior teilt sich der Tractus olfactorius in drei Äste oder Striae: Stria olfactoria lateralis, Stria olfactoria intermedialis und Stria olfactoria medialis (Abb. 2). Stria olfactoria intermedialis und Stria olfactoria medialis sind bei vielen Tierarten prominente Strukturen, beim Menschen jedoch nur rudimentär angelegt (Wiesmann et al. 2004). Folglich ist die Stria olfactoria lateralis der einzige Ursprung von Afferenzen aus dem Bulbus (Price 2004). Alle Gebiete, welche direkte Projektionen des Bulbus olfactorius über die Stria olfactoria lateralis erhalten, fasst man als sekundären olfaktorischen Kortex zusammen. Dazu gehören der Nucleus olfactorius anterior, das Tuberculum olfactorium, der Cortex piriformis, Teile der Amygdala und ein kleiner Teil des Cortex entorhinalis.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Strukturen des Riechhirns (von umgebenden Strukturen freigelegt und von oben betrachtet): 1 Bulbus olfactorius, 2 Tractus olfactorius, 3 Stria olfactoria medialis, 4 Stria olfactoria lateralis, 5 Commissura anterior, 6 Tuberculum olfactorium, 7 Limen insulae, 8 Bandeletta diagonalis (diagonales Band nach Broca), 9 Pedunculus thalami inferior, 10 Fasciculus telencephalicus medialis, 11 Fibrae amygdalofugales ventrales, 12 Corpus amygdaloideum, 13 Stria terminalis, 14 Nucleus medialis thalami, 15 Stria medullaris thalami, 16 Commissura habenulae, 17 Nuclei habenulae (modifiziert nach Nieuwenhuys (1988)

Die vorhandenen Kenntnisse über Aufbau und Assoziationsverbindungen der sekundären olfaktorischen Regionen basieren auf Versuchen an Nagetieren und einzelnen Fleisch fressenden Säugetieren. In diesen Versuchen zeigte sich, dass ein ausgeprägtes System von Assoziationsverbindungen zwischen den genannten sekundären Arealen existiert (Gottfried 2006; Wiesmann et al. 2004). Jedes der Areale, außer dem Tuberculum olfactorium, entsendet Feedback-Projektionen zum Bulbus olfactorius. Die Projektionen des Bulbus olfactorius sind hauptsächlich unilateral. Allerdings gibt es auch Projektionen zwischen dem Nucleus olfactorius anterior einer Hemisphäre mit dem Nucleus olfactorius anterior der kontralateralen Hemisphäre über die Septalregion und die vordere Kommissur. Diese Projektionen stellen den Hauptweg des olfaktorischen Informationsflusses zwischen beiden Hemisphären dar (Cleland & Linster 2003; Gottfried 2006). Ähnliche Kommissurenfasern entspringen auch im vorderen Teil des piriformen Kortex (Price 2004). So können olfaktorische Informationen nach Umschaltung in sekundären olfaktorischen Arealen die kontralaterale Hemisphäre erreichen. Die olfaktorischen Bahnen, welche auf die Gegenseite ziehen, vermitteln jedoch nur inhibitorische Effekte.

Eine klare Transformation der hochstrukturierten topographischen Karte des Bulbus olfactorius auf den olfaktorischen Kortex konnte bis jetzt nicht demonstriert werden. Kleine Gebiete des Bulbus olfactorius projizieren auf nahezu den gesamten olfaktorischen Kortex und kleine Areale des olfaktorischen Kortex erhalten Afferenzen aus nahezu dem gesamten Bulbus olfactorius (Haberly & Price 1977). Die Ergebnisse einer Studie an Ratten zeigte, dass ein olfaktorischer Rezeptortyp auf diskrete neuronale Cluster im olfaktorischen Kortex projiziert (Zou et al. 2001). Daraus kann auf eine ähnliche topographische Organisation des olfaktorischen Kortex im Vergleich zum Bulbus olfactorius geschlossen werden.

Beim Menschen ist der piriforme Kortex die wichtigste und größte sekundäre olfaktorische Struktur. Er ist entlang dem Tractus olfactorius lateralis auf dem kaudolateralen Anteil des orbitalen Kortex, nahe der Verbindung zwischen dem Frontal- und dem Temporallappen gelegen und verläuft weiter auf dem dorsomedialen Anteil des Temporallappens. Deshalb wird der piriforme Kortex auch in zwei Teile unterschieden: den anterioren (frontalen) piriformen (oder präpiriformen) Kortex und den posterioren (temporalen) piriformen Kortex. Beide Teile sind im histologischen Aufbau identisch, jedoch sind sie funktionell heterogen (Gottfried 2006). Obwohl die Physiologie der sekundären olfaktorischen Regionen noch weitestgehend unerforscht ist, konnte demonstriert werden, dass der piriforme Kortex während des Riechvorgangs aktiviert wird (Koizuka et al. 1994; Levy et al. 1997; Zatorre et al. 1992). Es wird angenommen, dass der temporale Anteil des piriformen Kortex eher die basale olfaktorische Wahrnehmung vermittelt, während der frontale Anteil des piriformen Kortex die Valenz olfaktorischer Stimuli kodiert (Gottfried et al. 2002a). Sobel et al. (1998a) konnten zeigen, dass der piriforme Kortex nicht nur während des Riechens, sondern auch während des Vorgangs des aktiven ‚Schnüffelns’, auch in Abwesenheit eines Duftstoffes, aktiviert wurde. Dies führte zu der Vermutung, dass das so genannte ‚Sniffing’ (ein oder mehrere schnelle, kleine Inhalationen durch die Nase) den piriformen Kortex auf eine optimale Geruchswahrnehmung vorbereitet. Außerdem spielt der piriforme Kortex während olfaktorischen Lernens und olfaktorischer Erinnerung eine wichtige Rolle (Dade et al. 2002; Savic et al. 2000). Aktuelle Daten lassen vermuten, dass der piriforme Kortex eine Art Schlüsselstellung während der Integration der Information über die Art der olfaktorischen Rezeptoren, welche durch einen Duftstoff gleichzeitig aktiviert werden, spielt. Einzelne Zellen des piriformen Kortex erhalten Afferenzen aus unterschiedlichen Glomeruli des Bulbus olfactorius und geben die Information nur dann weiter, wenn diese Glomeruli gleichzeitig erregt sind. Man vermutet, dass auf diese Weise die oben beschriebenen charakteristischen Rezeptorintensitätsmuster kodiert werden und dadurch die Erkennung einzelner Gerüche möglich wird (Zou et al. 2005).

Weiterhin wird vermutet, dass die Amygdala an der Geruchsverarbeitung beteiligt ist. Sie spielt eine wichtige Rolle während affektiver Reaktionen im Allgemeinen und während kombinierter Valenz- und Intensitätskodierung eines Geruchs im Speziellen (Hudry et al. 2003; Winston et al. 2005; Zald & Pardo 1997). Zusätzlich ist die Amygdala auch an assoziativen Lernvorgängen (Gottfried et al. 2003; Gottfried & Dolan 2004) und emotionaler Geruchserinnerung (Herz et al. 2004) beteiligt. Der Geruchssinn ist im Vergleich zu den anderen Sinnesmodalitäten sehr eng mit der Amygdala verbunden.

Die sekundären olfaktorischen Areale des Menschen sind sehr klein und anfällig für Suszeptibilitätsartefakte während der Bildgebung, deshalb sind sie nur schwer in funktionellen Bildgebungsstudien zu visualisieren.

(3) Tertiäre olfaktorische Areale

Eine ganze Reihe von Hirnarealen erhält Projektionen aus dem sekundären olfaktorischen Kortex. Zu diesen tertiären olfaktorischen Arealen gehören der Cortex orbitofrontalis, der Inselkortex, zusätzliche Kerne der Amygdala, Teile des Hypothalamus und des Thalamus, die Basalganglien und der Hippocampus. Die Projektionen zu und innerhalb dieser Gebiete sind sehr komplex und können hier nicht im Detail erläutert werden. Die meisten der genannten Areale sind nicht spezifisch für die Verarbeitung olfaktorischer Stimuli, sondern sprechen auch auf andere sensorische Reize an. Im Gegensatz zu anderen sensorischen Modalitäten gibt es beim olfaktorischen System auch Projektionsbahnen, die ohne Umschaltung im Thalamus in das limbische System und in Areale der Großhirnrinde verlaufen. Das komplexe Netzwerk der tertiären olfaktorischen Areale bildet die Grundlage für die durch Duftstoffe hervorgerufenen Einflüsse auf Verhalten, Ernährung, Emotionen und Erinnerungen (Gottfried 2006).

Der orbitofrontale Kortex (OFC) ist das wichtigste tertiäre olfaktorische Areal, die Funktionen sind an verschiedene anatomische Ausmaße des OFC gebunden (Gottfried 2006). Der kaudale Teil des OFC ist mit olfaktorischer Verarbeitung auf niedriger Ebene, wie beispielsweise dem passiven Riechen oder der Detektion von Gerüchen, beschäftigt (Gottfried et al. 2002a; Royet et al. 2001; Zatorre et al. 1992). Mehr rostral gelegene Anteile des OFC befassen sich mit höheren Prozessen der Geruchswahrnehmung, beispielsweise dem assoziativem Lernen (Gottfried et al. 2002b; Gottfried & Dolan 2004) und Erinnerungsvorgängen (Dade et al. 2001; Savic et al. 2000). Außerdem hat man eine Aufgliederung entlang der medio-lateralen Achse des OFC beobachtet, welche mit der Valenz der Geruchsstoffe korreliert: angenehme Duftstoffe aktivieren mediale Regionen, während unangenehme Duftstoffe laterale Regionen des OFC aktivieren (Anderson et al. 2003; Gottfried et al. 2002a; Rolls et al. 2003). Da der OFC nicht nur olfaktorische, sondern auch gustatorische, visuelle, viszerale und thalamische Projektionen erhält, wird vermutet, dass er eine große Vielfalt an komplexen olfaktorischen Funktionen (multimodale Integration, Belohnung, zielgerichtetes Lernen und Verhalten) übernimmt (Gottfried 2006). Schließlich kann festgehalten werden, dass die Antwort im OFC von zahlreichen kognitiven Aufgaben wie beispielsweise der Bewertung der Intensität (Zatorre et al. 2000), der Vertrautheit (Royet et al. 1999), der Valenz der Duftstoffe (Royet et al. 2001) und von qualitativen Diskriminationsaufgaben (Savic et al. 2000) beeinflusst wird.

Eine Aktivierung des Inselkortex wurde in vielen Experimenten, die sich mit dem menschlichen Geruchssinn befassten (Savic et al. 2002; Small et al. 2005; Wiesmann et al. 2006; Yousem et al. 1997; Zald & Pardo 2000), gefunden. Der Inselkortex stellt vermutlich die Hirnregion dar, in welcher der Geschmacks- und der Geruchssinn integriert werden (Small et al. 2004; Small & Prescott 2005).

(4) Andere Hirnareale, die an der Geruchsverarbeitung beteiligt sind

Obwohl Verbindungen zwischen dem Gyrus cinguli und frontalen Regionen, die für die olfaktorische Reizverarbeitung zuständig sind, bestehen, wurde der Gyrus cinguli typischerweise nicht als ein Teil der Riechbahnen bezeichnet. Der Gyrus cinguli ist an der Verarbeitung verschiedenartiger Information beteiligt. Das vordere Cingulum ist spezifisch an der Verarbeitung von Aufgaben, welche die Aufmerksamkeit des Probanden auf sensorische Eigenschaften in der Umwelt richten, beteiligt. In olfaktorischen Studien wurden Aktivierungen sowohl in anterioren als auch in posterioren Teilen des Cingulums vermerkt (Savic & Gulyas 2000; Weismann et al. 2001). Interessanterweise ist das Cingulum auch für die Verarbeitung von Schmerzreizen von besonderer Wichtigkeit (de Leeuw et al. 2005). Deshalb kann man annehmen, dass durch einen Geruch oder Schmerz induzierte Emotionen zu ähnlichen Aktivierungsmustern im Gyrus cinguli führen (Wiesmann et al. 2004).

Noch nicht abschließend geklärt ist, warum in zahlreichen Studien nach olfaktorischer Stimulation eine Aktivierung des Cerebellums beobachtet wurde (Mainland et al. 2005; Sobel et al. 1998b; Weismann et al. 2001). Sobel et al. (1998b) und Mainland et al. (2006) postulierten, dass das Cerebellum an einem Feedback-Mechanismus beteiligt ist, der das Einatemvolumen beim Riechen, insbesondere beim ‚Sniffing’, in Abhängigkeit von der Duftstoffkonzentration steuert.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die ipsilaterale Natur der zentralen olfaktorischen Projektionen, die fehlende Umschaltung im Thalamus während der Informationsweiterleitung und die enge Überlappung mit limbischen Arealen Besonderheiten sind, die das olfaktorische System von anderen sensorischen Modalitäten unterscheidet (Gottfried 2006).

2.1.2 Das trigeminale System

Neben dem Geruchssystem spielen die durch den Nervus trigeminus (5. Hirnnerv) vermittelten somatosensorischen Empfindungen eine wichtige Rolle für die Chemorezeption. Solche durch das trigeminale System vermittelten Berührungs-, Druck-, Schmerz- und Temperaturempfindungen werden als „zu einem Geruch gehörend“ erlebt. Die Fasern des Nervus trigeminus haben große Bedeutung, da sie als Schutzsystem agieren und den Menschen vor potentiell schädlichen Substanzen warnen.

2.1.2.1 Das periphere trigeminale System

Der Nervus trigeminus unterteilt sich in drei Hauptäste: den Nervus ophthalmicus (V I), den Nervus maxillaris (V II) und den Nervus mandibularis (V III). Der Nervus ophthalmicus (V I) unterteilt sich ebenfalls in drei Äste, wobei einer dieser Äste als Nervus nasociliaris bezeichnet wird. Einer der Unteräste des Nervus nasociliaris, der Nervus ethmoidalis, gelangt schließlich durch die Lamina cribrosa in die Nasenhöhle. Die anterioren und lateralen Anteile der Nase werden durch mediale und laterale Äste des Nervus ethmoidalis innerviert. Der zweite Hauptast des Nervus trigeminus, der Nervus maxillaris (V II), teilt sich auch in mehrere Äste, wobei einer dieser Äste, der Nervus nasopalatinus, die hinteren Anteile der Nasenhöhle innerviert.

Die periphere chemosensitive Innervation des nasalen respiratorischen Epithels besteht hauptsächlich aus zwei Fasertypen: freie Nervenendigungen der myelinisierten Aδ- und der unmyelinisierten C-Fasern des Nervus trigeminus (Anton & Peppel 1991; Sekizawa & Tsubone 1994). Myelinisierte Aδ-Fasern sind beteiligt an der Vermittlung eines kurzen, stechenden Schmerzes (erster Schmerz), welcher gut lokalisierbar ist (Mackenzie et al. 1975; Torebjork & Hallin 1973). Die Aktivierung der unmyelinisierten C-Fasern führt zu einem lang andauernden, dumpfen, brennenden Schmerz (zweiter Schmerz), der nur schwer zu lokalisieren ist (Mackenzie et al. 1975; Torebjork & Hallin 1970).

Die trigeminalen Nervenfasern sind in der Lage, Rezeptoren zu exprimieren, welche spezifisch auf einen Stoff reagieren (beispielsweise Capsaicin (Szallasi et al. 1995)), aber auch durch Hitze aktiviert werden können (Caterina et al. 1997). Es konnte auch gezeigt werden, dass nikotinerge Acetylcholinrezeptoren auf den trigeminalen Nervenfasern vorhanden sind (Alimohammadi & Silver 2000). Andere reaktive Substanzen agieren vermutlich direkt oder indirekt an der Mukosa.

2.1.2.2 Anatomie des zentralen trigeminalen Systems

Der Pfad der trigeminalen Nozizeption beinhaltet afferente trigeminale Nervenfasern (Aδ-, C-Fasern, Neuronen 1. Ordnung), den spinalen Trigeminuskern (Neuronen 2. Ordnung), den Thalamus (Neuronen 3. Ordnung) und die Repräsentation des Gesichts im primären somatosensorischen Kortex (Neuronen 4. Ordnung) (Abb. 3). Die Schmerzweiterleitung funktioniert über zwei verschiedene, parallel organisierte Systeme: das laterale und das mediale Schmerzsystem (de Leeuw et al. 2005).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Neuronale Netzwerke für die Verarbeitung sensorischer und affektiver Schmerzinhalte (Abbildung modifiziert nach Wiech et al. (2001) )

Das laterale Schmerzsystem, welches auch neospinothalamischer Trakt genannt wird, leitet hauptsächlich Informationen an laterale thalamische Strukturen weiter. Die lateralen thalamischen Nuclei projizieren zum primären (S I) und sekundären (S II) somatosensorischen Kortex. Es wird angenommen, dass die lateralen thalamischen Strukturen an der Vermittlung der sensorisch-diskriminativen Komponente der Schmerzempfindung (Detektion, Lokalisation, Intensitäts- und Qualitätseinschätzung) beteiligt sind. Wenn ein Stimulus durch das laterale Schmerzsystem vermittelt wird, so wird eine kontralaterale Hirnaktivierung erwartet (Treede et al. 1999).

Das mediale Schmerzsystem oder der paläospinothalamische Trakt projiziert hauptsächlich auf mediale thalamische Strukturen. Die medialen thalamischen Nuclei senden Informationen an den Inselkortex und an den Gyrus cinguli anterior, sie vermitteln hauptsächlich den affektiv-motivationalen Anteil der Schmerzempfindung (negative hedonische Qualität; auf den Stimulus gerichtete, selektive Aufmerksamkeit; Verlangen, den Schmerz abzustellen). Das mediale Schmerzsystem besitzt spinothalamische und spinoretikuläre Projektionen zu verschiedenen Kernen im Hirnstamm und zu limbischen Strukturen (Ingvar & Hsieh 1999). Vom limbischen System wird der nozizeptive Stimulus sowohl zu rechten, als auch zu linken cerebralen Kortizes übertragen, so dass es zu einer bilateralen Aktivierung kommt. Neben dem medialen und dem lateralen Schmerzsystem sind verschiedene kortiko-kortikale Verbindungen für die Schmerzverarbeitung wichtig (Treede et al. 1999).

Die bestehenden Studien über die menschliche Schmerzempfindung implizieren, dass der Gyrus cinguli anterior sowohl in der emotional-affektiven Komponente von Schmerz, als auch bei der durch Schmerz vermittelten Aufmerksamkeit und Angst eine Rolle spielt (de Leeuw et al. 2005). Weiterhin konnten Aktivierungen im Gyrus cinguli anterior mit motorischen Antworten auf Schmerz in Zusammenhang gebracht werden (Kwan et al. 2000), als auch mit der Unterdrückung der motorischen Antwort, die durch den Schmerz ausgelöst wird (Treede et al. 1999). Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass der Gyrus cinguli anterior für die Intensitätskodierung von schädlichen mechanischen (Yamamura et al. 1996) und thermischen Reizen (Buchel et al. 2002) zuständig ist. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Gyrus cinguli anterior der Integration des Affekts, der Kognition des Schmerzes und der Auswahl der Reaktion auf einen Schmerz dient (Devinsky et al. 1995).

Sowohl der primäre somatosensorische Kortex als auch der sekundäre somatosensorische Kortex sind vermutlich an der Verarbeitung von örtlichen, zeitlichen und Intensitätsaspekten des Schmerzreizes (Bornhovd et al. 2002; Dong et al. 1989; Dong et al. 1994) und an der Integration verschiedener Empfindungen (Treede et al. 1999) beteiligt. Trotzdem ist die funktionelle Signifikanz der Aktivierung beider Regionen im Rahmen der Schmerzwahrnehmung noch nicht vollständig geklärt.

Der Inselkortex wird in zwei verschiedene Komponenten unterteilt, den anterioren und den posterioren Teil. Aktivität im anterioren Teil der Insula scheint durch die Aufmerksamkeit gegenüber schmerzhaften Stimuli ausgelöst zu werden (Brooks et al. 2002). Diese Region spielt eine wichtige Rolle in der Vermittlung des affektiv-motivationalen Teils des Schmerzes (de Leeuw et al. 2005). Es gibt Hinweise darauf, dass der posteriore Anteil der Insula für die sensorisch-diskriminative Dimension der Schmerzempfindung verantwortlich ist (Bornhovd et al. 2002; Brooks et al. 2002). Die Insula hat wahrscheinlich auch eine integrative Funktion für Schmerz, Geschmack, andere viszerale, taktile und vestibuläre Empfindungen (Treede et al. 1999).

Der Thalamus stellt ein multifunktionelles System dar. Im Hinblick auf die Schmerzerfahrung wurden drei thalamische Regionen beschrieben. Es wird vermutet, dass die posterioren Nuclei an der Weiterleitung und Verarbeitung von schmerzhaften Reizen beteiligt sind. Die lateralen Nuclei sind am Lokalisationsprozess der Schmerzempfindung und die medialen Nuclei an der Verarbeitung der affektiv-aversiven Natur der Schmerzreize beteiligt (Albe-Fessard et al. 1985).

Der präfrontale Kortex ist für die Erinnerungsabfrage und die durch den Schmerz ausgelöste Aufmerksamkeit, Emotion und den Affekt zuständig, jedoch hat der präfontrale Kortex keine intensitätskodierenden Eigenschaften (de Leeuw et al. 2005).

Höhere Schmerzverarbeitungsschritte werden auch in posterioren parietalen und insularen Hirnregionen vorgenommen, welche somatosensorische nozizeptive Reize mit anderen kontextabhängigen Reizen (z. B. dem Sehen) integrieren, um einen allumfassenden Sinn für die Bedrohung des menschlichen Körpers bereitzustellen (Price 2000).

Verschiedene Autoren, die sich mit nozizeptiver Stimulation beschäftigen, berichteten Aktivierungen der Amygdala, die als Aufmerksamkeit und aversives Verhalten in Bezug auf den Schmerzreiz interpretiert wurden (Bornhovd et al. 2002; Schneider et al. 2001).

Zusätzlich wurden als Antwort auf schmerzhafte Stimuli stetig Aktivierungen in Strukturen gefunden, die an der Erzeugung von Entzugserscheinungen beteiligt sind, beispielsweise supplementär-motorische Areale (SMA), der prämotorische Kortex, der Nucleus ruber, die Basalganglien und das Cerebellum (Bingel et al. 2002).

Obwohl zahlreiche fMRT-Studien mit Fokus auf der Verarbeitung von olfaktorischen Reizen durchgeführt wurden, widmete man bis zum heutigen Stand der Forschung dem nasalen trigeminalen System nur sehr wenig Aufmerksamkeit. Ergebnisse erster fMRT-Studien (Albrecht et al. 2005; Boyle et al. 2007; Hummel et al. 2005) lassen vermuten, dass während der Stimulation der Nasenschleimhaut mit Kohlendioxid sowohl typische olfaktorische (piriformer Kortex, Insula, orbitofrontaler Kortex), als auch typische trigeminale Hirnareale (Thalamus, sekundärer somatosensorischer Kortex, Cerebellum) aktiviert werden. Es wird vermutet, dass durch Stimulation des nasalen trigeminalen Systems im Vergleich zum olfaktorischen System ähnliche kortikale Areale aktiviert werden. Das überlappende Muster an Hirnaktivierungen wird der engen Verbindung in der Informationsverarbeitung der zwei chemosensorischen Hauptsysteme in der Nase des Menschen zugeschrieben (Boyle et al. 2007; Iannilli et al. 2007).

2.1.3 Interaktionen zwischen dem olfaktorischen und dem trigeminalen System

Natürliche Duftstoffe sind Mischungen aus verschiedenen chemischen Stoffen. Diese chemischen Stoffe können reine Duftstoffe sein (so dass sie ausschließlich das olfaktorische System stimulieren) oder sie können gleichzeitig das trigeminale System stimulieren (Cain 1976; Doty et al. 1978; Silver et al. 1985). Da sowohl das olfaktorische, als auch das trigeminale System während des Riechvorgangs aktiviert werden können, liegt es nahe, dass Interaktionen beider Systeme einen starken Einfluss auf die Geruchswahrnehmung haben (Brand 2006; Hummel & Livermore 2002).

Es gibt verschiedene Erhebungen über die Interaktion zwischen dem olfaktorischen und dem trigeminalen/somatosensorischen System. In einem Tierversuch konnten Bouvet et al. (1987) zeigen, dass die olfaktorischen Rezeptorzellen des Froschs durch die Aktivität des Nervus trigeminus beeinflusst werden. Es wird vermutet, dass solche Interaktionen über trigeminale Kollateralen in der nasalen Mukosa und im Bulbus olfactorius vermittelt werden (Schaefer et al. 2002). Inokuchi et al. (1993) zeigten, dass trigeminale Informationen olfaktorische Informationen im mediodorsalen Kern des Thalamus der Ratte hemmen. In einer psychophysischen Studie am Menschen fand Cain (1976), dass während der Wahrnehmung von n-Butanol in niedrigen Konzentrationen die trigeminale Komponente einen geringen Beitrag zum chemosensorischen Gesamteindruck ausmachte, während dieser in Abhängigkeit von der Konzentration anstieg. In einer weiteren Studie beobachteten Cain & Murphy (1980) einen inhibitorischen Einfluss der trigeminalen auf die olfaktorische Aktivität. Sie konnten zeigen, dass Kohlendioxid (CO2) die Geruchsintensität von Amylbutyrat senkte, wenn beide Duftstoffe in einer Mischung verabreicht wurden. Gleichzeitig stellten sie fest, dass CO2 als weniger schmerzhaft empfunden wurde, wenn ein Duftstoff beigemischt wurde. Kobal & Hummel (1988) entdeckten, dass der Geruch von Vanillin durch CO2 unterdrückt wurde und Livermore et al. (1992) zeigten eine Unterdrückung des Geruchs von Schwefelwasserstoff durch Carvon und CO2. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass der Verlust des Geruchssinns mit einer Verschlechterung der trigeminalen Sensitivität einhergeht (Hummel et al. 1996).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das trigeminale System das olfaktorische System moduliert (Bouvet et al. 1987; Cain & Murphy 1980; Hummel & Kobal 1992; Inokuchi et al. 1993; Kobal & Hummel 1988; Livermore et al. 1992) und dass umgekehrt das olfaktorische System auch das trigeminale System beeinflusst (Cain & Murphy 1980; Hummel et al. 1996; Kobal & Hummel 1988; Livermore et al. 1992).

Es gibt verschiedene Stellen, an denen diese Interaktionen vermutlich stattfinden (Frasnelli & Hummel 2007; Hummel & Livermore 2002; Silver 1991). Olfaktorisch-trigeminale Interaktionen können auf einem zentralen Verarbeitungsniveau (Inokuchi et al. 1993; Jacquot et al. 2004), auf Niveau des Bulbus olfactorius (Schaefer et al. 2002; Stone & Rebert 1970), auf Niveau des olfaktorischen Epithels (Bouvet et al. 1987) oder indirekt über einen nasalen trigeminalen Reflex (Finger et al. 1990) ablaufen.

2.2 Funktionsweise der Magnetresonanztomographie

Die Magnetresonanztomographie (MRT) oder auch Kernspintomographie ist ein bildgebendes Verfahren, welches magnetische Felder und hochfrequente elektromagnetische Wellen nutzt, um Strukturen im Inneren des Körpers, beispielsweise das Gehirn, abzubilden.

Der menschliche Körper besteht zu einem großen Anteil aus Wasser. Das Verhalten der Wasserstoffatome im Magnetfeld gilt als Grundlage der MRT. Ein Wasserstoffatom ist ein Proton, das einen Eigendrehimpuls (Spin) besitzt. Diese sich bewegende positive Ladung stellt einen elektrischen Strom dar, der ein Magnetfeld induziert. Die Protonen besitzen also ein magnetisches Moment. Die kreiselförmige Bewegung, die die Protonen ausführen, nennt man auch Präzession. Bringt man den Körper eines Menschen, in welchem sich viele präzedierende Protonen befinden, in ein statisches, homogenes Magnetfeld (1,5 bis 3 Tesla in klinischen Kernspintomographen), so richten sich die Protonen parallel oder antiparallel zum externen Magnetfeld aus. Dabei wird das niedrigere Energieniveau (parallele Ausrichtung) bevorzugt, so dass sich eine größere Zahl von Protonen auf diese Weise ausrichten. Die magnetische Wirkung der Protonen in paralleler Ausrichtung wird durch die Protonen in antiparalleler Ausrichtung aufgehoben. Da jedoch eine größere Anzahl an Protonen parallel zum Magnetfeld ausgerichtet ist, ergibt sich ein magnetisches Moment entlang des externen Magnetfeldes (Längsmagnetisierung). Ein hochfrequenter, elektromagnetischer Puls (HF-Puls), der dieselbe Frequenz wie die Präzessionsfrequenz der Protonen besitzt, löst Resonanz aus und überträgt einen Teil seiner Energie auf die Protonen. Dadurch richtet sich eine größere Zahl von Protonen antiparallel aus und neutralisiert die magnetische Wirkung einer entsprechend größeren Zahl von parallelen Protonen. Deshalb nimmt die Längsmagnetisierung ab. Gleichzeitig wird durch den HF-Puls die Präzession der Protonen synchronisiert, so dass die Protonen in Phase geraten. Dadurch entsteht ein neuer Magnetisierungsvektor, die Quermagnetisierung, welche in einer Antenne ein messbares Signal induziert. Nach Ausschalten des HF-Pulses kehren die Protonen wieder in ihre Ausgangslage zurück. Die Längsmagnetisierung nimmt erneut zu, dieser Prozess wird durch die Zeitkonstante T1 beschrieben, die durch die Molekülstruktur, in der das Wasserstoffatom vorliegt, beeinflusst wird. Der Prozess der T1-Relaxation wird auch Spin-Gitter-Relaxation oder longitudinale Relaxation genannt. Gleichzeitig nehmen die Quermagnetisierung und damit auch das Signal ab und verschwinden schließlich. Dieser Prozess wird durch die Zeitkonstante T2 beschrieben, welche durch die Molekülstruktur, die Unterschiede im magnetischen Verhalten benachbarter Substanzen (Suszeptibilität) und Inhomogenitäten des statischen Magnetfelds beeinflusst wird. Dieser Prozess wird auch als T2-Relaxation, transversale Relaxation oder Spin-Spin-Relaxation bezeichnet. Die Zeitkonstanten zur Wiederherstellung der messbaren Längsmagnetisierung (T1-Relaxationszeit) oder zur Abnahme der Quermagnetisierung (T2-Relaxationszeit) sind für bestimmte Gewebetypen charakteristisch. Durch Wahl der Pulsfrequenzen kann die messbare Magnetresonanz bestimmter Gewebetypen verstärkt oder abgeschwächt werden. Weiterhin ist es für die Bildgebung notwendig, dass das statische Magnetfeld mit einem weiteren Magnetfeld überlagert wird, das eine definierte räumliche Änderung besitzt. Dieses so genannte Gradientenfeld wird durch Gradientenspulen erzeugt und modifiziert die Stärke des ursprünglichen Magnetfeldes. Dadurch besitzen die Protonen in verschiedenen Regionen unterschiedliche Präzessionsfrequenzen und es wird möglich, Resonanzsignale in begrenzten Regionen zu bestimmen.

MRT-Aufnahmen sind üblicherweise aus mehreren zweidimensionalen Schichten zusammengesetzt, die aus Bildpunkten (Pixeln) bestehen. In den Pixeln wird die detektierte Signalstärke durch unterschiedliche Helligkeiten abgebildet. Das dreidimensional rekonstruierte Bild setzt sich aus kubischen Volumeneinheiten (Voxeln) zusammen.

Eine detaillierte Einführung in die Technik und Funktionsweise der MRT ist in Hendrix (2003), Schild (1997) und Weishaupt (2003) zu finden.

2.2.1 Funktionsweise der funktionellen Magnetresonanztomographie

Die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) stellt eine Erweiterung der MRT um einen funktionellen Aspekt dar. Während die MRT sich hauptsächlich mit der Darstellung der strukturellen Anatomie eines Menschen, beispielsweise mit seiner Hirnanatomie, beschäftigt, stellt die Methode der fMRT eine Möglichkeit dar, zentralnervöse Veränderungen, welche ein Stimulus auslöst und die daraus resultierenden kortikalen Interaktionen und Assoziationseffekte zu visualisieren. Vorteile der fMRT werden in der guten räumlichen Auflösung, der kurzen Messdauer und der Nicht-Invasivität der Methode gesehen. Nachteile der fMRT sind die relativ geringe zeitliche Auflösung, das geringe Signal-Rausch-Verhältnis und die hohe Sensitivität der Methode gegenüber Bewegungen der Probanden und Magnetfeldinhomogenitäten.

2.2.1.1 Physikalische Grundlagen

Die fMRT nutzt echoplanare Bildgebung (EPI) mit einer T2*-gewichteten Multischichtgradientenechosequenz. Im Vergleich zu typischen MRT-Sequenzen, die mehrere Minuten benötigen, um eine Schicht aufzunehmen, ist die echoplanare Bildgebung ein sehr schnelles Verfahren. Sie wird auch als Einzelschussverfahren (‚single shot’ Verfahren) bezeichnet, es wird also nur ein Anregungspuls genutzt, um eine Schicht des Hirns aufzunehmen. Auf diesen Anregungspuls folgt ein schnelles Umschalten eines starken Gradienten, so dass eine Serie von Gradientenechos entsteht. So können sehr viele Bilder in sehr kurzer Zeit aufgenommen werden.

Wie in Abschnitt 2.2 schon detailliert beschrieben, findet die Abnahme der Quermagnetisierung aufgrund mikroskopischer, molekularer Interaktionen mit der Zeitkonstante T2 statt. Die Abnahme der Quermagnetisierung ist jedoch nicht nur von mikroskopischen, molekularen Interaktionen, sondern auch von makroskopischen Interaktionen, wie beispielsweise örtlichen Variationen des externen Magnetfeldes (Gewebe/Luft-, Gewebe/Knochen-Grenze) abhängig. Die Quermagnetisierung zerfällt deshalb schneller mit einer Zeitkonstante, welche als T2* bezeichnet wird. Durch die T2*-Gewichtung sind die EPI-Bilder besonders sensitiv gegenüber lokalen Magnetfeldinhomogenitäten und damit relativ anfällig gegenüber Artefakten. Gleichzeitig wird die hohe Sensitivität der EPI-Bilder während der Abbildung funktionell bedingter, sehr geringer Signaländerungen ausgenutzt.

2.2.1.2 Physiologische Grundlagen

Die fMRT beruht auf dem so genannten BOLD (Blood Oxygenation Level Dependent)-Effekt (Kwong et al. 1992; Ogawa et al. 1990; 1992; Turner et al. 1991). Der BOLD-Effekt kann auf die sich ändernden magnetischen Eigenschaften des Blutfarbstoffs Hämoglobin in Abhängigkeit von dessen Sauerstoffbeladung zurückgeführt werden (Pauling & Coryell 1936). Hämoglobin besteht aus vier Häm-Gruppen, im Zentrum jeder Häm-Gruppe befindet sich ein Eisenatom, an das ein Sauerstoffmolekül binden kann. Betrachtet man Oxyhämoglobin, so liegt das Eisenatom relativ abgeschirmt im Hämoglobinmolekül vor (Abb. 4). Es hat deshalb keine Effekte auf das magnetische Feld und wird als diamagnetisch bezeichnet. Wenn Oxyhämoglobin den Sauerstoff abgibt und in Deoxyhämoglobin umgewandelt wird, ändert sich die Struktur des Moleküls. Das Eisenatom ragt aus der Häm-Gruppe heraus und stört das externe magnetische Feld. Das Deoxyhämoglobin ist deshalb paramagnetisch. Es führt zu einer lokalen Inhomogenität des magnetischen Feldes und dadurch zu einem schnelleren T2*-Zerfall und zu einem geringeren lokalen MR-Signal.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

a) b)

Abb. 4 Darstellung einer Häm-Gruppe des a) Oxyhämoglobins im Vergleich zur Häm-Gruppe des b) Deoxyhämoglobins. Der große Pfeil zeigt auf das Sauerstoffmolekül im Oxyhämoglobin. Erkennbar ist, dass das Eisenatom im Deoxyhämoglobinmolekül (kleiner Pfeil) im Vergleich zum Eisenatom im Oxyhämoglobin (kleiner Pfeil) weiter aus der Häm-Gruppe herausragt. Demzufolge kann auf unterschiedliche magnetische Eigenschaften im Vergleich von Oxy- zu Deoxyhämoglobin geschlossen werden.

Wenn ein Neuron im Gehirn des Menschen aktiv ist, so steigt die Frequenz seiner Aktionspotentiale und seine metabolische Rate nimmt zu. Der gesteigerte Energiebedarf am Ort kortikaler Aktivität wird durch einen komplizierten Regulationsmechanismus der Hirngefäße ausgeglichen. Diesen Vorgang nennt man neurovaskuläre Kopplung. Der regionale cerebrale Blutfluss (rCBF) und das regionale cerebrale Blutvolumen (rCBV) in der aktiven Hirnregion nehmen zu. Dadurch wird diese Region mit mehr sauerstoffhaltigem Blut versorgt, es kommt zu einer lokalen Zunahme des Verhältnisses von Oxy- zu Deoxyhämoglobin. Daraus resultieren eine Reduktion der lokalen Störungen des magnetischen Feldes und eine Verlängerung der T2*-Relaxationszeit. Dies schlägt sich in einer Erhöhung des MR-Signals nieder, welche bei einer Feldstärke von 1,5 Tesla im Bereich 0,5 – 5 Prozent liegt.

Das BOLD-Signal im aktivierten Hirnareal folgt einem charakteristischen zeitlichen Verlauf (Abb. 5). Man kann verschiedene Phasen erkennen, die sowohl auf den erhöhten Sauerstoffverbrauch, als auch auf die Veränderung des Durchmessers der Hirngefäße zurückführbar sind.

Die Technik der BOLD-fMRT bildet neuronale Aktivität nicht direkt ab, sondern nutzt den indirekten Weg der Sauerstoffsättigung durch Blutflussänderung, also die hämodynamische Antwort auf neuronale Aktivität.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5 BOLD (‚Blood Oxygenation Level Dependent’)-Signal mit charakteristischem zeitlichen Verlauf als Reaktion auf einen Einzelstimulus (A: initialer Abfall des BOLD-Signals, B: positives BOLD-Signal, C: Plateau des BOLD-Signals, D: Abfall des BOLD-Signals nach dem Stimulus)

2.2.1.3 Experimentelle fMRT-Designs

Der zeitliche Verlauf des BOLD-Signals erfordert ein spezifisches fMRT-Design. Im Allgemeinen finden zwei Modelle Verwendung und werden je nach Fragestellung ausgewählt oder auch kombiniert. Das erste dieser Modelle ist das so genannte Blockdesign. In einem typischen Blockdesign dauert der Stimulationsblock 10 bis maximal 60 Sekunden, während des Blocks wird die Stimulation kontinuierlich wiederholt. Darauf folgt eine Pause (Ruheblock, Baseline) von gleicher Blocklänge und anschließend wird der nächste Stimulationsblock präsentiert. Untersucht man beispielsweise die Hirnaktivierungen, welche durch olfaktorische Stimulation ausgelöst werden, so wechseln sich Stimulationsblock (olfaktorische Stimulation) mit einem Ruheblock (keine olfaktorische Stimulation) ab. Diese Art der Stimulation hat zur Folge, dass das BOLD-Signal in den entsprechenden Hirnarealen zwischen den einzelnen Stimuli innerhalb eines Blocks nicht wieder abklingt, sondern sich während des Blocks aufsummiert und erst in der Pause eine vollständige Erholung erfährt. Dadurch entsteht ein größerer Abstand des Signals vom Hintergrundrauschen, so dass auch kleinere Effekte detektierbar werden. Zum anderen kann während der fMRT auch das ereignisbezogene Design (‚event-related’ Design) verwendet werden. Dabei wird mit Einzelreizen in längeren, unregelmäßigen Abständen stimuliert, um eine mögliche Adaptation an den applizierten Stimulus und die Erwartungshaltung des Probanden zu minimieren.

2.3 Die Substanz Nikotin

Reines Nikotin ist eine ölige, farblose Flüssigkeit, die sich an der Luft rasch braun färbt. Nikotin ist natürlicherweise Bestandteil der Tabakpflanze (Nicotiana tabacum und Nicotiana rustica), aber auch anderer Nachtschattengewächse. Der Nikotingehalt von Rauchtabaksorten beträgt ein bis fünf Gewichtsprozent (Opitz & Horstmann 1981). Nikotin wird in den Wurzeln der Tabakpflanze erzeugt und wandert während der Reifung der Pflanze in die Blätter.

2.3.1 Struktur von Nikotin

Nikotin ist ein tertiäres Amin, welches aus einem Pyridin- und einem Pyrrolidinring zusammengesetzt ist (Abb. 6). Es wird deshalb auch 3(1-Methyl-2-pyrrolidin-2-yl)-pyridin genannt. Das Molekül Nikotin ist chiral, es gibt zwei mögliche optisch aktive Stereoisomere des Moleküls: das natürlich vorkommende Isomer S(-)-Nikotin (Marion 1950) und das Isomer R(+)-Nikotin, das durch Racemisierung während der Verbrennung des Tabaks entsteht (Zevin et al. 1998). Nikotin teilt eine strukturelle Eigenschaft mit Acetylcholin: beide Moleküle besitzen eine Amingruppe. Deshalb kann Nikotin als Agonist für nikotinerge Acetylcholinrezeptoren, welche im zentralen und peripheren Nervensystem vorkommen, wirken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6 Strukturformel des verwendeten chemosensorischen Stoffs Nikotin

Die nikotinergen Rezeptoren sind stereospezifisch: während S(-)-Nikotin mit hoher Affinität an nikotinerge Acetylcholinrezeptoren bindet, ist R(+)-Nikotin nur ein schwacher Agonist für cholinerge Rezeptoren (Ikushima et al. 1982).

[...]

Ende der Leseprobe aus 109 Seiten

Details

Titel
Zentrale Verarbeitung multimodaler sensorischer Reize nach Stimulation der Nasenschleimhaut mit Nikotin
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Abteilung für Neuroradiologie)
Note
Magna cum laude
Autor
Jahr
2008
Seiten
109
Katalognummer
V88583
ISBN (eBook)
9783638008761
ISBN (Buch)
9783638915748
Dateigröße
19764 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zentrale, Verarbeitung, Reize, Stimulation, Nasenschleimhaut, Nikotin
Arbeit zitieren
Jessica Albrecht (Autor:in), 2008, Zentrale Verarbeitung multimodaler sensorischer Reize nach Stimulation der Nasenschleimhaut mit Nikotin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88583

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