Freundschaft am Arbeitsplatz - Spezifika einer persönlichen Beziehung im beruflichen Umfeld


Bachelorarbeit, 2006

34 Seiten, Note: 1,00


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Freundschaft
2.1 Versuch einer Begriffsbestimmung
2.2 Freundschaft in der Soziologie
2.3 Charakteristika von Freundschaft
2.4 Funktionen von Freundschaft

3. Freundschaft am Arbeitsplatz
3.1 Forschungsinteresse und Fragestellungen
3.2 Forschungsstand
3.3 Methodische Vorgangsweise

4. Ergebnisse
4.1 Charakteristika
4.1.1 Kontextualität
4.1.2 Soziale Kontrolle
4.1.3 Arbeit als Inhalt und Solidarität als Grundlage der Freundschaft
4.2 Funktionen
4.2.1 Unterstützungsleistungen
4.2.2 Strukturierungsleistung
4.3 Genese der Freundschaftsbeziehung (oder: Ab wann ist ein Kollege ein Freund?)
4.4 Prekäre Freundschaft

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

Freundschaft als eine besonders positiv wahrgenommene Form zwischenmenschlicher Beziehungen beschränkt sich in ihrer Erscheinung nicht auf spezifische soziale Bereiche, sondern kann zu Stande kommen, wo und wann immer zwei Menschen Zuneigung, gegenseitige Wertschätzung und Sympathie zu einander empfinden. Freundschaftliche Beziehungen lassen sich demnach nicht nur im Privaten schließen und erhalten, sondern können auch Bestandteil des beruflichen Alltags sein. Die vorliegende Arbeit soll ebendieses Thema zum Gegenstand haben und das zwischenmenschliche Phänomen der Freundschaft im organisatorischen Kontext des Arbeitsplatzes untersuchen. Obwohl es auf den ersten Blick scheint, als wäre Freundschaft als private, gesellschaftlich nicht geregelte Beziehung nur aus der Individualität der beteiligten Akteure erklärbar, ist auch diese Art der Beziehung gesellschaftlich bestimmt und durch soziale Rahmenbedingungen beeinflusst. So liegt der vorliegenden Arbeit auch die Annahme zu Grunde, dass eine Freundschaft in einem beruflichen Kontext eine andere Beschaffenheit aufweist als in einem privaten. Freundschaft existiert also nicht unabhängig von Zeit und Ort, ist nicht nur eine Konsequenz des Zusammentreffens zweier individueller Charaktere, sondern wird in Hinblick auf Eigenschaften und Funktionen von ihrem Umfeld – in diesem Falle dem Arbeitsumfeld – beeinflusst. Die vorliegende Arbeit soll nun klären, ob die Entstehung einer Freundschaft am Arbeitsplatz möglich ist und – wenn ja – unter welchen Bedingungen. Des Weiteren stellt sich die Frage, inwieweit sich Freundschaften am Arbeitsplatz von alltäglichen Freundschaften unterscheiden, welche Charaktereigenschaften sie besitzen und welche Funktionen sie erfüllen. Diesen Fragen soll – nach einer theoretischen Aufbereitung grundlegender Begrifflichkeiten – mittels qualitativer Sozialforschung empirisch begegnet werden.

Dazu wird zu Beginn der Arbeit auf den Begriff der Freundschaft eingegangen (Kap. 2.1) und ihr Stellenwert in der soziologischen Forschung erläutert werden (Kap. 2.2). Danach werden ihre wesentlichsten Charaktereigenschaften beschrieben (Kap. 2.3) und die bedeutendsten Funktionen dargelegt (2.4). In Kapitel 3 wird das Forschungsvorhaben dargestellt, indem auf das Forschungsinteresse und die Fragestellungen (3.1), den Forschungsstand des zu untersuchenden Themas (3.2) und auf die methodische Vorgehensweise (3.3) eingegangen wird. In Kapitel 4 erfolgt die Darstellung der Ergebnisse: Zuerst werden spezifische Charaktereigenschaften (4.1) dann besondere Funktionen (4.2) und anschließend Entstehungsbedingungen (4.3) einer Freundschaft am Arbeitsplatz diskutiert. Das Fazit gibt noch einmal einen kurzen Überblick über das Gelesene und regt weiterführende Fragestellungen an.

2. Freundschaft

2.1 Versuch einer Begriffsbestimmung

„Es gibt Worte, die durch die Jahrhunderte von Mund zu Mund gehen, ohne dass ihr begrifflicher Inhalt je klar und scharf umrissen vor das innere Auge tritt.“ (Kracauer 1971: „Über die Freundschaft“)

Der Begriff der Freundschaft ist ein sehr vager, eine allgemein anerkannte Definition des vielschichtigen Phänomens noch ausstehend. Nach dem Brockhaus Lexikon etwa kann Freundschaft verstanden werden als eine „Form sozialer Beziehung zwischen zwei oder mehreren (besonders gleichgeschlechtlichen) Partnern, die durch persönlichkeitsbezogene Vertrautheit, Hilfs- und Opferbereitschaft und freiwillige Verantwortung für den anderen bestimmt ist“ (Brockhaus Lexikon 1996: 694f).

Während diesem Verständnis von Freundschaft bereits bestimmte Funktionsleistungen von beteiligten Akteuren und Akteurinnen, also Freunden und Freundinnen, implizit zu Grunde liegen, vernachlässigt das Wörterbuch der Soziologie in ihrer Definition des Begriffes diesen Aspekt und erläutert dafür dessen psychologische und soziale Bedingungen. Indem Freundschaft als „persönliche, freiwillige und dauerhafte Beziehung zwischen zwei oder mehreren Personen mit emotionaler, in der Regel aber ohne sexuelle Bindung und ohne soziale Kontrolle von außen“ (Wörterbuch der Soziologie 1989: 216) beschrieben wird, hebt sich die Bedeutung der Individualität, des Persönlichen hervor. Besonders dem Aspekt der Freiwilligkeit wird in vielen Definitionsversuchen große Bedeutung beigemessen, wird sie doch als unumgehbare Grundvoraussetzung für die Entstehung und den Erhalt einer Freundschaft betrachtet (vgl. Kap. 2.3). Auch für Friedrich Tenbruck spielt die Freiwilligkeit eine zentrale Rolle, denn „ man wählt sich einen Freund, während man Primärgruppen zugeteilt sein kann “ (Tenbruck 1964: 431).

Für Tenbruck stellt Freundschaft eine spezifische Spielart persönlicher Beziehungen dar, die wir systematisch neben anderen Formen der persönlichen Beziehungen, wie Kameradschaft, Feindschaft, Hass, Liebe und ähnlichen Erscheinungen, klassifizieren (vgl. Tenbruck 1964: 434). Auch Allan geht davon aus, dass persönliche Beziehungen viele verschiedene Formen annehmen können, wobei – außerhalb der Familie - die Freundschaft aufgrund der ihr zugesprochenen persönlichen und kulturellen Bedeutung die wichtigste darstellt (vgl. Allan 1989: 1). Eine Definition des Freundschaftsbegriffes muss von gesellschaftlichen Gegebenheiten abhängig verstanden werden, weswegen diese auch nicht für alle Epochen und Gesellschaftsformen eindeutig bestimmt werden kann (vgl. Neichl 2000: 31).

2.2 Freundschaft in der Soziologie

Trotz der hohen alltäglichen Relevanz des Themas wurde dem Phänomen der Freundschaft bisher recht wenig wissenschaftliche Beachtung geschenkt und soziologisch kaum behandelt. Schon im Jahre 1964 beklagte Tenbruck den Umstand, das sich die Soziologie dem Studium zwischenmenschlicher Beziehungen entzieht: „ Nun hat dieser Bereich in der Soziologie ein Kümmerdasein geführt. In der großen Schar von Spezialsoziologien findet sich eine Disziplin der persönlichen Beziehungen nicht. “ (Tenbruck 1964: 434f)

Jahrzehnte später scheint sich an der Situation wenig geändert haben, Freundschaft wird immer noch behandelt als „gewisses Extra, dass das Leben würzt, selber aber völlig unbedeutend ist für Ökonomie und soziale Organisation“ (vgl. Allan 1989: 2).

Allan (Allan 1989: 2) ortet zwar eine Reihe von Studien und Untersuchungen, in denen Freundschaft eine Rolle spielt, sieht diese dort aber lediglich als emergierendes Randphänomen behandelt[1]. Auch Nötzold-Linden bemangelt die fehlende Entwicklung umfassender soziologischer Konzepte auf dem Gebiet der Freundschaft und spricht in diesem Zusammenhang von einer „äußersten Vernachlässigung durch die Soziologie“ (Nötzold-Linden 1994: 31).

Nach Nötzold-Linden’s Verständnis liegt der Grund für dieses Versäumnis hauptsächlich in dem Umstand, dass die moderne Soziologie die Struktur der Gesellschaft durch ‚handfeste’ Phänomene wie z.B. Institutionen, Herrschaft, Wirtschaft oder Familie konstituiert sieht und demzufolge die Analyse dieser Untersuchungsgebiete favorisieren würde (vgl. Nötzold-Linden 1994: 56).

Ähnlich schätzt Tenbruck die Situation ein, wenn er meint, „ als bloß privates Anliegen scheint die Freundschaft, und als Stillung bloß privater Bedürfnisse scheinen allgemeiner die persönlichen Beziehungen soziologisch irrelevant.“ (Tenbruck 1964: 435)

Da die Soziologie mit der Gesellschaft, nicht aber direkt mit dem einzelnen Individuum zu tun hat, scheinen viele Soziologen und Soziologinnen vor dem Thema zurückzuschrecken. Freundschaft wird allgemein als eine persönliche Angelegenheit verstanden, und die „ist Sache des Einzelnen, nicht der Gesellschaft“ (Tenbruck 1964: 435).

Das Fehlen soziologischer Beiträge zum Thema Freundschaft liegt für Tenbruck demnach in dem Umstand, dass Freundschaft keine offensichtlich relevante gesellschaftliche Relevanz besitzt und aufgrund ihrer Beschaffenheit der soziologischen Analyse nicht zugänglich scheint:

„Ob Menschen Freunde haben oder nicht, das sehen wir als Folge ihrer persönlichen, natürlichen Anlagen, ihres Charakters, ihrer Gefühle, ihrer seelischen Eigenart. Es sieht demnach so aus, als ob eine soziologische Theorie der Freundschaft nicht nur gesellschaftlich unwichtig, sondern überdies auch unmöglich sei.“ (Tenbruck 1964: 436)

Auch Allan (vgl. Allan 1989: 3f) sieht in dem Problem der Individualität einen zentralen Grund für das soziologische Desinteresse am Sujet. Neben einem zweiten Motiv – dem Fehlen einer allgemein gültigen Definition des Freundschaftsbegriffes[2] – identifiziert er vor allem die absente gesellschaftliche Institutionalisierung des Phänomens als Ursache für das kaum vorhandene soziologische Interesse am Thema. Im Gegensatz zu anderen Kulturen wird Freundschaft in unserer modernen Gesellschaft nicht gefeiert, nicht ritualisiert und spielt demnach im öffentlichen Leben keine bedeutende Rolle[3] (vgl. Allan 1989: 4).

Dennoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass Freundschaft in unserer gegenwärtigen Gesellschaft „asozial“ passiert, also losgelöst von jeglichem sozialen Kontext und nur aufgrund der Individualität der betroffenen Akteure und Akteurinnen stattfindet (vgl. Allan 1989: 1ff). Vielmehr ist Freundschaft gesellschaftlich bestimmt und leistet ihrerseits wieder einen Beitrag zu „Struktur und Inhalt von Gesellschaft“ (Nötzold-Linden 1994: 219).

So glaubt denn auch Tenbruck in Hinblick auf die soziologische Relevanz des Themas, dass „die Freundschaft, und ganz allgemein persönliche Beziehungen gesellschaftlich wichtig sind und zur Struktur der Gesellschaft gerechnet werden müssen“ (Tenbruck 1964: 436).

2.3 Charakteristika von Freundschaft

Da Freundschaft eine Erscheinung ist, die sich nicht gleichmäßig über Räume und Zeiten verteilt (vgl. Tenbruck 1964: 437ff), in ihrer Ausprägungsform also nicht unabhängig von ihrem sozialen, kulturellen und politischen Entstehungskontext zu verstehen ist, ändern sich „die Bedeutung von Freundschaft, die Gestaltung der Freundschaftsbeziehungen und die Wirkungen auf die Gesellschaft“ (vgl. Neichl 2000: 31), was in Folge eine definitive Beschreibung der Merkmale und Charakteristika von Freundschaft unmöglich und nur aus ihrem Entstehungskontext heraus verstehbar macht.

Doch trotz der Komplexität des Phänomens und der Definitionsvielfalt des Freundschaftsbegriffes lassen sich Gemeinsamkeiten bezüglich spezifischer Merkmalszuschreibungen feststellen (vgl. Härtwig 2004: 2).

Nahezu allen Definitionen liegt die Bedingung der Freiwilligkeit zu Grunde. Wright versteht Freundschaft als „eine Beziehung, die auf freiwilliger Interaktion basiert (Wright 1974: 94; zit. nach Morrisson 2004: 2), und auch für Tenbruck unterscheidet sich die Freundschaft von anderen Arten personaler Beziehungen erst durch das Prinzip der Freiwilligkeit. Für ihn sind Freundschaften „personale Beziehungen zwischen erst einmal zwei Menschen, sofern sie das Moment der wechselseitigen Wahl in der Gesellung enthalten“ (Tenbruck 1964: 431). Dieses „Moment der wechselseitigen Wahl in der Gesinnung“ stellt denn auch für Allan eine der drei zentralen Charakteristika von Freundschaft dar (vgl. Allan 1989: 17). Nur wenn Menschen aufgrund des eigenen Willens eine Freundschaftsbeziehung zueinander eingehen, ebenso frei über die Beendigung ebendieses Verhältnisses bestimmen können und in der Gestaltung ihres Verhältnisses keiner Einflussnahme oder Kontrolle von anderen ausgesetzt sind, kann man von Freundschaft sprechen : „Certainly, any relationship which is felt to be imposed either by circumstances or by other people is not likely to be described as one of friendship.“ (Allan 1989: 17). Das Charakteristikum der Freiwilligkeit ist ein sehr bedeutendes und scheinbar unabdingbares für die Konstitution von Freundschaft. Vergessen werden darf dabei aber nicht, dass diese Freiwilligkeit von den Beteiligten zwar als solche wahrgenommen und vorausgesetzt wird, eine völlig unabhängige und von sozialen Umständen nicht beeinflusste Wahl jedoch kaum wahrscheinlich ist. Empirische Befunde weisen darauf hin, dass das Verhalten in Freundschaften von soziodemographischen Merkmalen beeinflusst wird und klare alters-, geschlechts- und schichtspezifische Unterschiede bestehen (vgl. Argyle / Henderson 1986: 87ff; zit. nach Härtwig 2004: 4)[4].

Auch Allan relativiert das Prinzip der Freiwilligkeit in Freundschaften, wenn er meint: „Friendship is a little less free than it sometimes appears, as there are clear social, and for that matter physical, limitations on opportunities and eligibility for friendship.“ (Allan 1989: 17)

Auch sieht Allan faktische Freiwilligkeit nicht mehr gegeben, wenn eine Freundschaft nur mehr aufrechterhalten wird, weil der Beendigung der Beziehung negative Konsequenzen, wie z.B. der Verlust des sozialen Netzwerkes, folgen könnten (vgl. Allan 1989: 17).

Ein weiteres bedeutendes Kriterium von Freundschaft stellt der Grundsatz der Gleichheit dar. Ebenfalls zentraler Bestandteil vieler Begriffsdefinitionen, scheint es zugleich Voraussetzung für das Funktionieren der Beziehung und ein günstiges Unterstützungskriterium für die Schließung einer Freundschaft zu sein. Schon Aristoteles betonte die Bedeutung von „trefflichen Charakteren“ und ihrer „Wesensgleichheit“ (Aristoteles 1956: 170f; zit. nach Härtwig 2004: 2) und beeinflusste damit Tönnies, für den Freundschaft „am ehesten gegeben (ist) durch Gleichheit oder Ähnlichkeit des Berufes oder der Kunst“ (Tönnies 1935: 15)[5]. Während diese Erwähnungen der Gleichheit eher auf individuell-psychologische Eigenschaften der beteiligten Personen zielen und die Möglichkeit einer Freundschaft durch Ähnlichkeiten der Lebensgestaltung begünstigt sehen, kann man das Prinzip der Gleichheit auch in einem anderen Kontext betrachten und unter einem machtpoltischen Aspekt verstehen. Gleichheit bezieht sich in diesem Zusammenhang auf eine symmetrische Machtverteilung und bezeichnet somit eine ‚Gleichberechtigung’ zwischen den beteiligten Personen. Für Allan stellt dieses Charakteristikum die „soziale Besonderheit“ von Freundschaft dar:

„This indicates one of the most interesting features of friendship from a sociological perspective: that friendship is essentially a relation of equity. (…) Within the friendship, those who are friends treat each other as equal, even if outsiders do not, and make sure there is a generel reciprocity and equivalence of exchange within their relationship.“ (Allan 1989: 20)

Eine Freundschaftsbeziehung ist demnach frei von hierarchischen Strukturen - es herrschen keinerlei autoritäre Verhältnisse, beide beteiligten Akteure haben dieselben Pflichten und verfügen über die gleichen Rechte. Durch diese gegenseitige Gewissheit schwindet auch die Befürchtung, ausgenutzt zu werden und – anderen personalen Beziehungen immanente –Kosten- Nutzen- Kalkulationen finden nicht statt (vgl. Allan 1989: 23)

Eine weitere Eigenschaft von Freundschaft, über die in der Literatur größtenteils Einigkeit zu herrschen scheint, stellt deren informeller Charakter dar. Wie schon in Kapitel 2.2 erwähnt und als Mitgrund für das soziologische Desinteresse am Thema identifiziert, weist Freundschaft in ihrer Beschaffenheit keinen formellen Rahmen und keine institutionalisierte Verbreitung auf (vgl. Tenbruck 1964: 436f; vgl. Allan 1989:4). Freundschaft verlangt weder Mitgliedschaft noch Teilnahme an einer Organisation, folgt weder vorgeschriebenen Regeln noch beinhaltet sie definierte Leistungsvereinbarungen. Inhalt und Ausgestaltung der Beziehung werden relativ frei von den Beteiligten selbst bestimmt, anstatt von äußeren Kräften und durch externe Einflüsse determiniert zu werden. In diesem Sinne ist Freundschaft nach Allan „not (…) a relationship that is embedded structurally, in the sense of being a component element of some wider social formation which depends for ist success on the performance of the friends.“ (Allan 1986: 17)[6]. Auch Winstead, Derlega und Rose betonen in ihrer Definition von Freundschaft, dass diese „eine freiwillige Beziehung“ darstellt, die „nicht durch Gesetze oder Regulierungen bestimmt“ wird und „konsequenterweise kein formales Ende aufweist“ (Winstead / Derlega / Rose 1997: 111; zit. nach Härtwig 2004: 2).

Wenngleich sich in einigen Definitionen noch zusätzliche Beschreibungskriterien für den Freundschaftsbegriff finden lassen könnten, sollte die Darstellung der eben erwähnten und erläuterten Charakteristika von Freundschaft ausreichend sein. Zum einen herrscht über etwaige zusätzliche Eigenschaften von Freundschaft keine Übereinstimmung in der Literatur, zum anderen sollte die Herausarbeitung ihrer wesentlichsten Merkmale hinreichend für den weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit und die Beantwortung der Forschungsfragen sein.

[...]


[1] Wenn auch nicht als Forschungsfokus gewählt, so kommt der Freundschaft als soziales Phänomen nach Allan hohe Bedeutung vor allem in Community Studies, Organisationsstudien und Studien persönlicher Krisen zu (vgl. Allan 1989: 2).

[2] Die Nicht-Existenz einer eindeutigen Definition von Freundschaft und die problematische Bestimmung der Rolle des Freundes/ der Freundin haben nach Allan unter anderem zur Folge, dass Befragte in Interviews dazu tendieren, Fragen zum Thema Freundschaft in Bezug auf ihren besten Freund/ ihre beste Freundin zu beantworten (vgl. Allan 1989: 3f). Demnach wäre ein großer Teil der empirischen Befunde der Freundschaftsforschung „best-friend-biased“.

[3] Tenbruck verweist in diesem Zusammenhang auf Naturvölker, deren soziales Leben in hohem Maße durch „institutionalisierte Freundschaften“ geregelt und beeinflusst wird. Freundschaften sind in vielen Stämmen – so etwa bei den südafrikanischen Bantu oder den Arapesh auf Neu-Guinea – nicht nur ritualisiert und sozial überwacht, sondern verpflichtend und durch eindeutige Normen und Gebote beschreibbar (vgl. Tenbruck 1964: 449ff).

[4] Lazarsfeld und Merton kamen schon im Jahre 1954 zu ähnlichen Schlüssen und zeigten, dass Personen dazu tendieren, Freunde mit ähnlichem sozialen, ökonomischen, religiösen und ethnischen Hintergrund zu wählen. (vgl. Lazarsfeld/ Merton 1956; zit. nach Rapsch 2004: 72ff)

[5] Tönnies misst der Arbeit generell einen sehr hohen Stellenwert in Fragen der Freundschaft bei. Seiner Meinung nach verbinde die Arbeit Menschen miteinander, bewirke ein geistiges Band zwischen ihnen und lasse infolge Freundschaften entstehen (vgl. Tönnies 1935: 15). Auf diesen Gedanken wird in Kapitel 4.1.3 noch zurückgegriffen werden.

[6] Wenngleich dyadische Beziehungen – und der Freundschaftsbegriff bezieht sich per Definition in den meisten Fällen auf Beziehungen zwischen zwei Personen – keinen formellen Charakter aufweist, so ist ein solcher in Freundschaftsgruppen oder Cliquen zumindest ansatzweise vorhanden. Allan verweist in diesem Zusammenhang auf die Herausbildung subkultureller Normen, die das Verhalten zwischen Freunden einer Gruppe beeinflussen und kontrollieren können (vgl. Allan 1989: 18).

[...]

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Freundschaft am Arbeitsplatz - Spezifika einer persönlichen Beziehung im beruflichen Umfeld
Hochschule
Universität Wien
Note
1,00
Autor
Jahr
2006
Seiten
34
Katalognummer
V88531
ISBN (eBook)
9783640096954
ISBN (Buch)
9783640099085
Dateigröße
524 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Freundschaft, Arbeitsplatz, Spezifika, Beziehung, Umfeld
Arbeit zitieren
Bakk. Daniel Rössler (Autor:in), 2006, Freundschaft am Arbeitsplatz - Spezifika einer persönlichen Beziehung im beruflichen Umfeld, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88531

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Freundschaft am Arbeitsplatz - Spezifika einer persönlichen Beziehung im beruflichen Umfeld



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden